Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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erweckt und dadurch ein Strafverfahren veranlasst, wodurch Kosten entstehen und<br />
eine Schädigung des Staatsvermögens bewirkt wird, so wäre es stossend, wenn<br />
letztlich der einzelne Bürger als Steuerzahler für diesen Schaden aufkommen müss-<br />
te. Es ist mit Art. 6 Ziff. 2 EMRK und Art. 32 BV vereinbar, die Kostenauflage mit ei-<br />
nem fehlerhaften Verhalten des Angeschuldigten zu begründen, das sich sachlich<br />
mit dem Vorwurf deckt, der Gegenstand der strafrechtlichen Anschuldigung gebildet<br />
hat, wobei die rechtlichen Voraussetzungen für eine Verurteilung nach dem ent-<br />
sprechenden Straftatbestand gefehlt haben (zum Ganzen BGE 116 Ia 162 E. 2d.bb<br />
m.w.H.).<br />
<strong>8.</strong>2.3 Für alle Angeklagten – die zu verurteilenden und die freizusprechenden – gilt in genereller<br />
Hinsicht, was folgt: In der Anklageperiode waren weder die Steuerhinterzie-<br />
hung zum Nachteil eines ausländischen Staates noch die einfachen oder qualifizier-<br />
ten Zollwiderhandlungen als strafrechtliche Tatbestände ausgestaltet. Damit war es<br />
möglich, sich an Steuervergehen zum Nachteil eines ausländischen Staates zu<br />
beteiligen, ohne sich in der Schweiz strafbar zu machen. Der Grund für diese ge-<br />
setzliche Regelung hatte indes nicht den Zweck, in der Schweiz eine Basis der<br />
Straflosigkeit für die systematische finanzielle Schädigung anderer Staaten zu<br />
schaffen. Vielmehr beruht die Ausgestaltung der diesbezüglichen gesetzlichen Ord-<br />
nung ausschliesslich auf der Auffassung, dass Fiskaldelinquenz auch und gerade<br />
zum Nachteil des schweizerischen Fiskus grundsätzlich zwar verwaltungsrechtlich<br />
verfolgt werden, jedoch kein strafrechtliches Unrecht darstellen soll. Diese Wertung<br />
war im Rechtsbewusstsein des schweizerischen Souveräns verankert. Die Angeklagten<br />
haben die Schweiz als Basis für die Organisation des Zigarettenschwarz-<br />
handels gewählt im Wissen darum, dass sie sich in allen umliegenden Staaten als<br />
Kriminelle strafbar machen, in der Schweiz jedoch straflos bleiben würden. Sie<br />
agierten deshalb von der Schweiz aus und sie taten dies in systematischer Weise,<br />
im Wissen darum, dass sie den italienischen Fiskus in enormem Umfang schädigen.<br />
Mit dem Aufbau einer Geschäftsinfrastruktur in der Schweiz einzig zum Zwecke der<br />
den italienischen Staat massiv schädigenden eigenen Bereicherung haben sie in-<br />
soweit die schweizerische Rechtsordnung in zweckwidriger Weise benutzt, um straf-<br />
los zu bleiben. Ob sie damit rechtsmissbräuchlich im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB<br />
gehandelt haben, stellt eine Grundsatzfrage dar. Würde man den Rechtsmissbrauch<br />
bejahen, läge darin jedenfalls ein zivilrechtlich vorwerfbares Verhalten, das den hin-<br />
reichenden Grund für die Verfahrenseröffnung und damit für eine Kostenauflage an<br />
die Freigesprochenen darstellte. Die <strong>Strafkammer</strong> lässt die Frage offen, denn in<br />
Verbindung mit den weiteren konkreten Umständen ergibt sich jedenfalls, dass die<br />
Angeklagten das gegen sie geführte Strafverfahren damit in zivilrechtlich vorwerfbarer<br />
Weise auch kausal verursacht haben: So wussten sie, dass sämtliche im Aus-<br />
land, insbesondere in Italien tätigen Geschäftspartner des Schmuggelgeschäfts sich<br />
nach den nationalen Rechtsordnungen eines Delikts strafbar machen würden (was