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schaufenster / Kultur.Region / November 2012

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Donau.Visionen<br />

Haus der <strong>Region</strong>en / 30<br />

BRüCKE<br />

NuMMER ZWEI<br />

Brücken bauen – eine beliebte Metapher. Wenn Brücken gebaut werden,<br />

dauert das oft Jahrzehnte. Die Donaubrücke zwischen Vidin und<br />

Calafat ist ein Beispiel dafür.<br />

So soll sie aussehen: Die neue Brücke Nr. 2 zwischen Vidin und Calafat. Foto: FCC.<br />

Als während des Jugoslawienkriegs die<br />

Donaubrücke in Novi Sad (Serbien) von der<br />

NATO bombardierte wurde, beschloss man<br />

hunderte Kilometer flussbwärts ein neues<br />

Brückenprojekt: Sie heißt nüchtern „Brücke<br />

Nr. 2“ und wird ab 2013 Rumänien und Bulgarien<br />

miteinander verbinden. Eigentlich ist<br />

Nr. 2 die dritte Brücke, die die beiden Länder<br />

miteinander verbindet. Die erste wurde im<br />

4. Jahrhundert unter dem römischen Kaiser<br />

Konstantin den Großen gebaut. Die hölzerne<br />

Konstruktion erstreckte sich über 2,4 Kilometer<br />

und war die längste Brücke des<br />

Römischen Imperiums. Ihr waren nur vier<br />

Jahrzehnte beschieden. Die einzige derzeit<br />

befahrbare „Brücke der Freundschaft“ im<br />

unteren Donauabschnitt wurde 1954 auf<br />

Initiative von Stalin zwischen der bulgarischen<br />

Stadt Ruse und der rumänischen<br />

Giurgiu errichtet. „Es ist derselbe Fluss und<br />

doch ein anderer“, so Elena Shekerletova, die<br />

Botschafterin Bulgariens bei den Kamingesprächen<br />

„Donau.Visionen“ im Haus der<br />

<strong>Region</strong>en in Krems. „Hier bei Ihnen wird der<br />

Fluss in das alltägliche Leben einbezogen.<br />

Man sieht, was am anderen Ufer geschieht. Er<br />

fließt mitten durch eine Stadt, er ist keine<br />

Grenze und kein Hindernis. Bei uns in Bulgarien<br />

ist die Donau schon immer die Nordgrenze<br />

gewesen. Sie hat das Land geschützt<br />

und war gleichzeitig eine Hürde.“ 450 Kilometer<br />

Grenze zwischen den beiden Staaten<br />

Bulgarien und Rumänien und bis dato nur<br />

eine Brücke, die beide Länder verbindet.<br />

Der deutsche Reiseschriftsteller Johann<br />

Georg Kohl schrieb 1842 vom „brückenärmsten<br />

Fluss“ Europas. Budapest wurde erst zur<br />

Großstadt als die beiden selbständigen Städte<br />

Óbuda (rechtes Donauufer) und Pest durch<br />

Brücken miteinander verbunden wurden.<br />

Das war Mitte des 19. Jahrhunderts, während<br />

<strong>schaufenster</strong> / <strong>Kultur</strong>.<strong>Region</strong> / <strong>November</strong> <strong>2012</strong><br />

zu dieser Zeit über die Themse bereits 50<br />

Brücken gespannt waren. Die Donau war bis<br />

zu den Flussregulierungen im 19. Jahrhundert<br />

durch Engen und Strudel, durch Überschwemmungen<br />

und Eisgänge ein unberechenbarer<br />

Strom. Der Journalist und Autor<br />

Ernst Trost („Die Donau – Lebenslauf eines<br />

Stromes“) berichtete beim Kremser Kamingespräch<br />

von seiner Fahrt mit dem DDSG-<br />

Schubverband Kamegg, dessen Schiffe beim<br />

Eisernen Tor (Rumänien/Serbien) einzeln<br />

durch die Enge gelotst werden mussten. Erst<br />

mit der Staustufe Eisernes Tor I und II wurde<br />

die gefürchtete Strecke entschärft. Allerdings<br />

versanken durch den Bau der Staustufe auch<br />

Ortschaften und die sagenumwobene Insel<br />

Ada Kaleh, die bis 1912 eine türkische Enklave<br />

war. Trotz aller Schwierigkeiten, die<br />

Donau zu passieren, war die Donau die wichtigste<br />

Verbindung nach Europa. In Rumänien<br />

wird sie die „Straße ohne Staub“ genannt.<br />

Der in Ruse an der Donau (Bulgarien) geborene<br />

Schriftsteller Elias Canetti schrieb: „Und<br />

wenn jemand die Donau hinauf nach Wien<br />

fuhr, sagte man, er fährt nach Europa, Europa<br />

begann dort, wo das türkische Reich einmal<br />

geendet hat.“<br />

Elena Shekerletova: „Die Eröffnung der<br />

neuen Brücke ist für uns ein Ausnahmeereignis.<br />

Es hätte noch länger gedauert, wären wir<br />

nicht in der EU.“ Die Brücke Nr. 2 ist 1.800<br />

Meter lang und ein wichtiger Teil des Paneuropäischen<br />

Verkehrskorridors IV. Sie ist<br />

sowohl Eisenbahn- als auch Straßenbrücke<br />

mit einem eigenen Abschnitt für Fahrräder<br />

und Fußgänger. Sie ist im nordwestlichen Teil<br />

Bulgariens gelegen, der zu den strukturschwächsten<br />

Teilen des Landes zählt. Sie<br />

ist ein Statement für mehr Donau, mehr<br />

Brücken, mehr Europa. /<br />

Text: Mella Waldstein<br />

KREMsER KaMINgEsPRäChE<br />

———————————————————<br />

Mi, 14. 11. <strong>2012</strong>, 18.00 Uhr<br />

Donau.Räume<br />

Mi, 12. 12. <strong>2012</strong>, 18.00 Uhr<br />

Donau.Schätze<br />

Haus der <strong>Region</strong>en,<br />

3504 Krems-Stein, Donaulände 56<br />

Eintritt frei, Anmeldung erbeten!<br />

www.volkskultureuropa.org

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