schaufenster / Kultur.Region / November 2012
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„Die Tracht und das Kochen haben etwas<br />
Gemeinsames: Beide entwickeln sich weiter.<br />
Aber wie der Saibling ein Saibling bleibt, so<br />
ist das mit den schönen alten Stoffmustern:<br />
Sie sind die Grundlage, auf der sich neue<br />
Kreationen aufbauen“, so die Köchin Johanna<br />
Maier.<br />
Altes und neues verbinden<br />
An diesem Abend wurde Johanna Maier<br />
nicht nur zur Botschafterin der Tracht<br />
ernannt, sondern sie umsorgte die über 250<br />
geladenen Gäste in der Salzburger Residenz.<br />
Müßig zu erwähnen, dass diese nahezu vollständig<br />
in Tracht erschienen waren. An den<br />
Tischen entsponnen sich angeregte Diskussionen<br />
über das Alter einer Lederhose, über die<br />
Großmütter, die Wollstutzen strickten, und<br />
über mancherlei Sticktechnik auf den Einsätzen<br />
Inntaler Festtagstrachten. Gexi Tostmann<br />
plädierte in ihrer Rede für „eine Zukunft, in<br />
der sich Altes und Neues miteinander verbindet“.<br />
Und Johanna Maier, die lieber hinter<br />
dem Buffet als auf der Bühne stand, sprach sie<br />
Mut zu: „Du musst noch ein bisschen durchhalten.“<br />
Die Laudatio für Maier sprach André<br />
Heller, der „in der Tracht des japanischen<br />
Yamamoto-Volkes“ gekommen war.<br />
Die richtige Antwort<br />
„Ja, auch ich habe Lederhosen getragen, als<br />
Kind in St. Gilgen am Wolfgangsee …“,<br />
begann Heller seine Rede. Im weiteren ging<br />
er auf jene Kleidung ein, die immer mehr den<br />
Botschafter der Tracht / 17<br />
V. l. n. r.: Lederhosen-Hersteller Markus Meindl, Anna Tostmann, André Heller, Botschafter der Tracht Markus<br />
Wasmeier, Botschafterin der Tracht Johanna Maier, Gexi Tostmann.<br />
Alltag bestimmt: „Die Freizeitkleidung hat<br />
weite Teile der Welt ruiniert. Deswegen sage<br />
ich – obwohl ich Demokrat bin –, die Kleidung<br />
selbst auszusuchen gehört abgeschafft.“<br />
Daher sein Plädoyer für Tracht, die auch<br />
praktische Gründe hat: „Ob japanischer<br />
Kimono oder indischer Sari: Die Tracht ist<br />
die richtigste Antwort auf das lokale Wetter.“<br />
Die Antwort, warum er heute keine Lederhosen<br />
mehr trage, gab André Heller auch:<br />
„Lederhosen taugen für mich nicht, dazu<br />
sind meine Waden nicht geschaffen, aber<br />
Wachauer Goldhauben stehen mir sehr gut.“<br />
Bilder aus einer idyllischen Welt brachte die<br />
Modeschau. „Ja, wir zeigen auch Klischees“,<br />
so Gexi Tostmann. Da wurden Krautköpfe<br />
geschupft und dort mit Heugabeln gewinkt.<br />
Ein Hirsch trat auf, ein Jäger. Besonders<br />
gelungen war eine Sequenz aus dem Salzburger<br />
Huberti-Kirtag mit Ringelspiel und Luftballons.<br />
Wegbegleiter tracht<br />
„Ich bin Museumsdirektor, Landwirt und<br />
Bierbrauer.“ So stellte sich der zweite Botschafter<br />
der Tracht, Markus Wasmeier, vor.<br />
Der Ex-Skirennläufer hat Höfe aus dem bayerischen<br />
Oberland gerettet und am Schliersee<br />
ein Freilichtmuseum errichtet. Für den deutschen<br />
Weltmeister ist die Tracht ein ständiger<br />
Wegbegleiter. „In Tracht“, und da kommt er<br />
ins Schwärmen, „bist du immer anders willkommen.<br />
Da bist du wer.“ Sein Laudator war<br />
der deutsche Lederhosen-Hersteller Markus<br />
<strong>schaufenster</strong> / <strong>Kultur</strong>.<strong>Region</strong> / <strong>November</strong> <strong>2012</strong><br />
Hilfe im eigenen Land-Präsidentin Sissi-Pröll und<br />
Landeshauptfrau Gabi Burgstaller.<br />
Meindl, der nicht nur die Tradition seiner<br />
Familie weiterführt, sondern – ganz im Motto<br />
dieses Abends – Altes und Neues verbindet<br />
und Modepartner eines großen deutschen<br />
Motorradherstellers ist.<br />
Besondere Paten sind die Namensgeber der<br />
überreichten Preise. Johanna Maier wurde<br />
der Emilie-Flöge-Preis überreicht, Markus<br />
Wasmeier der Konrad-Mautner-Preis. Emilie<br />
Flöge (1876–1952), Modedesignern und<br />
bekannt als Muse von Gustav Klimt, entwarf<br />
das Reformkleid, und mit Versatzstücken slowakischer<br />
Stickereien und siebenbürgischer<br />
Trachtenelemente schuf sie die Anfänge des<br />
Ethno-Looks. Die Designerin verbrachte viele<br />
Sommer im Salzkammergut und trug selbst<br />
gerne Tracht.<br />
Konrad Mautner (1876–1924) stammte aus<br />
einer Familie jüdischer Textilfabrikanten und<br />
entdeckte in der Sommerfrische am Grundelsee<br />
sein Interesse für Volkskunde. „Er hat sich<br />
flammenden Herzens in die Tracht, in die<br />
Lieder, in die Tänze verliebt“, so der Schauspieler<br />
Miguel Herz-Kestranek, selbst Botschafter<br />
der Tracht 2008. Gemeinsam mit<br />
dem Volkskundler Viktor von Geramb arbeitete<br />
Konrad Mautner an dem „Steirischen<br />
Handbuch“, das zu den Standardwerken der<br />
Volkskunde zählt. /<br />
Text: Mella Waldstein<br />
Fotos: Tostmann Trachten