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Gesamte Ausgabe runterladen - Zentralverband der Ärzte für ...

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EDITORIAL<br />

Dr. med. Martin Adler<br />

Vorstandsmitglied des ZÄN<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Weiterbildungskommission<br />

des ZÄN<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Wo bleibt unser Kampfgeist?<br />

Sehr verehrte Kolleginnen<br />

und Kollegen,<br />

am Ende eines Jahres lässt einen das<br />

Erlebte geläutert und nachdenklich zugleich<br />

viele Dinge am geistigen Auge<br />

vorbeigleiten.<br />

Wir <strong>Ärzte</strong> sind in den letzten zwei Jahren<br />

berufspolitisch und auch wirtschaftlich<br />

stark gebeutelt worden und in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit wird dauerhaft an unserem<br />

guten Image gekratzt.<br />

Die Vorstandmitglie<strong>der</strong> des ZÄN haben<br />

mit Erfolg eine positive Meinungsbildung<br />

sowohl im Ministerium <strong>für</strong><br />

Gesundheit, als auch bei den entsprechenden<br />

Berufsverbänden durchgeführt.<br />

Trotz Hinweis auf die Bedeutung <strong>der</strong><br />

Naturheilverfahren <strong>für</strong> fast jeden Arzt –<br />

egal welcher Fachrichtung – ist die Bedeutung<br />

dieser wirtschaftlichen Methode<br />

vielerorts nicht erkannt und entsprechend<br />

gewürdigt worden.<br />

Für das neue Jahrtausend – denn es beginnt<br />

ja nun erst – möchten wir uns gemeinsam<br />

mit Ihnen gegen diesen Druck<br />

<strong>der</strong> Nichtanerkennung sowohl von <strong>der</strong><br />

EU als auch von nationalen Verbanden<br />

stellen.<br />

Das bedeutet, dass wir auf Ihre Mitarbeit<br />

angewiesen sind und dieses dürfte im<br />

Rahmen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Medien mit E-<br />

Mail, Internet etc. nicht so problematisch<br />

sein wie bei <strong>der</strong> Gründung des ZÄN vor<br />

50 Jahren.<br />

Hier möchte man aber glauben, dass <strong>der</strong><br />

Geist zur Kooperation vor 50 Jahren<br />

unsere ehrwürdigen Kollegen zu mehr<br />

Engagement geführt hat als im Zeitalter<br />

<strong>der</strong> Direktübertragung. Wo bleibt unser<br />

Kampfgeist?<br />

791<br />

Ein Katalysator soll unser 100. Kongress<br />

im März 2001 sein, zu dem ich Sie heute<br />

schon recht herzlich einladen möchte.<br />

Ich persönlich wünsche Ihnen eine besinnliche<br />

Adventszeit, eine gesegnete<br />

und friedvolle Weihnacht und beruflich<br />

viel Erfolg <strong>für</strong> das Jahr 2001.<br />

In herzlicher Verbundenheit<br />

Ihr<br />

Dr. med. Martin Adler


812<br />

Rationale Phytotherapie<br />

Die Anwendung von Pflanzen zur Behandlung von<br />

Krankheitszuständen kann auf eine Jahrtausende alte<br />

Geschichte zurückblicken. Der therapeutische Nutzen<br />

vieler pflanzlicher Drogen bzw. Präparate wurde<br />

allerdings nur empirisch dokumentiert und von<br />

Generation zu Generation überlliefert. In Abgrenzung<br />

hierzu werden all jene Arzneipflanzen, <strong>für</strong> <strong>der</strong>en<br />

Wirksamkeitsnachweis es umfangreiches wissenschaftliches<br />

Erkenntnismaterial gibt, rationale Phytopharmaka<br />

genannt. In seiner Arbeit über die Anwendung<br />

rationaler Phytopharmaka in <strong>der</strong> Praxis geht<br />

Prof. Dr. D. Loew ausführlich auf die Behandlung von<br />

Herzinsuffizienz mit Crataegus und <strong>der</strong> Demenz mit<br />

Extrakten aus Ginkgo biloba ein.<br />

822<br />

Störfeld Tonsillen<br />

Der über viele Jahre umstrittene Begriff des Störfeldes<br />

(nach Huneke) hat mittlerweile einen festen<br />

Platz in <strong>der</strong> naturheilkundlichen Praxis gefunden.<br />

Störfel<strong>der</strong> finden sich im gynäkologischen Raum, in<br />

Zusammenhang mit OP- o<strong>der</strong> Verletzungsnarben, im<br />

Zahn-Kiefer-Bereich und im Bereich <strong>der</strong> Tonsillen.<br />

Ihre Auswirkungen – über vegetative Nervenfasern –<br />

auf z.T. weit entfernte Regionen des Körpers können<br />

fatal sein. In ihrer Arbeit geht Frau Dr. U. Aldag auf die<br />

beson<strong>der</strong>e Bedeutung <strong>der</strong> Injektion an die Mandelpole<br />

z.B. im Zusammenhang mit Schulterschmerzen<br />

ein.<br />

Inhalt<br />

Praxis<br />

Ganzheitliches Praxismanagement 797<br />

Gentechnisch verän<strong>der</strong>te Lebensmittel 798<br />

Originalarbeiten<br />

STUDIEN<br />

F. Kohl: Die Progressive Muskelentspannung nach<br />

E. Jacobson – ein „natürliches Entspannungsverfahren“<br />

800<br />

Kommentar von O. Kuhnke zum Artikel 810<br />

D. Loew: Anwendung rationaler Phytopharmaka<br />

in <strong>der</strong> täglichen Praxis 812<br />

U. Aldag: Die Injektion an die Tonsillenpole –<br />

eine anatomische Betrachtung 822<br />

Kommentar von O. Kuhnke zum Artikel 830<br />

Aus dem ZÄN<br />

Nachruf auf Dr. med. Norbert Breidenbach 832<br />

Serie<br />

ERNÄHRUNGSTHERAPIE<br />

Ernährung bei Kolondivertikulose 834<br />

Kongressberichte<br />

Mehr Mut zur Subjektivität 836<br />

Aryuveda und Schulmedizin 837<br />

Varia<br />

Buchmesse Frankfurt 846<br />

Olympia – ein ganz beson<strong>der</strong>es Erlebnis 847<br />

KLEINANZEIGEN 825<br />

IMPRESSUM 840<br />

792<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Kongress-Programm<br />

Allgemeines<br />

Anmeldung zum Kongress 856<br />

Gebühren 857<br />

Programmübersicht chronologisch 866<br />

Veranstaltungen nach Themen<br />

Medizin <strong>der</strong> Zukunft – Festveranstaltungen 870<br />

Regulationsmedizin 872<br />

HNO- und Kin<strong>der</strong>heilkunde 874<br />

Ganzheitliche Zahnmedizin 875<br />

Vortrags- und Industrieveranstaltungen 876<br />

Fortbildungsseminare 886<br />

Weiterbildung Zusatzbezeichnung<br />

Naturheilverfahren 892<br />

Weiterbildung Homöopathie 896<br />

Weiterbildung Psychotherapie / Hypnose /<br />

Hypnotherapie / Progressive Muskelentspannung<br />

899<br />

Weiterbildung Chirotherapie 901<br />

Weiterbildung Osteopathie 902<br />

Fortbildung Akupunktur 903<br />

Fortbildung Tibetische Medizin 907<br />

Fortbildung Ayurveda 908<br />

Fortbildung Elektroakupunktur nach Voll 909<br />

Fortbildung Neuraltherapie nach Huneke 910<br />

Fortbildung Applied Kinesiology 912<br />

Fortbildung Brain Gym 913<br />

Fortbildung Qigong / Yoga 914<br />

Biologische Tiermedizin 915<br />

Begleitprogramm 917<br />

Abendprogramm 920<br />

Ausstellung <strong>der</strong> biologisch-pharmazeutischen<br />

Industrie 922<br />

Referentenverzeichnis 924<br />

Das ist <strong>der</strong> ZÄN 929<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Inhalt<br />

793<br />

851<br />

Jubiläum: 50 Jahre ZÄN und<br />

100. ZÄN Kongress in Freudenstadt<br />

Seit nunmehr 50 Jahren ist <strong>der</strong> <strong>Zentralverband</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Ärzte</strong> <strong>für</strong> Naturheilverfahren eine führende Kraft in <strong>der</strong><br />

ärztlichen Fort- und Weiterbildung und eine politische<br />

Interessenvertretung <strong>der</strong> verschiedenen naturheilkundlichen<br />

und komplementären Therapieverfahren.<br />

Im Laufe <strong>der</strong> Jahre haben mehr als 40.000 <strong>Ärzte</strong> aller<br />

Fachrichtungen die ZÄN-Kongresse in Freudenstadt<br />

besucht – viele kamen mehrfach und einige sind<br />

ständige Teilnehmer unserer Kongresse geworden.<br />

Auf dem Kongress im März 2001 werden gleich zwei<br />

Jubiläen gefeiert: 50 Jahre ZÄN und <strong>der</strong> 100. Kongress<br />

in Freudenstadt. Dementsprechend umfangreich<br />

ist das Fest- und Begleitprogramm. Aber auch<br />

das wissenschaftliche Programm hat wie<strong>der</strong> zahlreiche<br />

Highlights zu bieten. Feiern Sie mit uns. Wir<br />

freuen uns auf Ihr Kommen!<br />

Genaue Angaben zu den Vorträgen und Kursen entnehmen<br />

Sie bitte dem Kursprogramm – in diesem<br />

Heft. Auf den Seiten 851 bis 928 werden alle Termine,<br />

Gebühren und Ziffern <strong>der</strong> im Frühjahr in Freudenstadt<br />

angebotenen Veranstaltungen nach Themen geglie<strong>der</strong>t<br />

und übersichtlich dargestellt. Wie schon in<br />

den vorangegangenen Jahren werden alle Kurse und<br />

Seminare einzeln vorgestellt und beschrieben.<br />

Sollten Sie weitere Fragen zum Kongress haben,<br />

wenden Sie sich bitte an die<br />

Geschäftsstelle des ZÄN<br />

Am Promenadenplatz 1<br />

72250 Freudenstadt<br />

Tel.: 07441 / 91 858 0<br />

Der ZÄN vertritt die Methoden <strong>der</strong> Naturheilverfahren und<br />

die Verfahren seiner angeschlossenen Gesellschaften. In<br />

<strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren stellt er darüber<br />

hinaus neue Verfahren vor bzw. Anschauungen und<br />

Meinungen zur Diskussion.


LESERSERVICE<br />

An die<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren<br />

Dipl.-Biol. Jens Meyer-Wegener<br />

Landsberger Straße 495<br />

81241 München<br />

Meine Frage lautet:<br />

Fax:<br />

089<br />

83964255<br />

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794<br />

Liebe Leserinnen und Leser!<br />

Ein Arzneimittel kann nur dann<br />

wirken, wenn es vom Patienten auch<br />

eingenommen wird. Das gilt im<br />

übertragenen Sinne auch <strong>für</strong> eine<br />

Zeitschrift: Eine Zeitschrift kann nur<br />

dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie<br />

gelesen wird. Aber ob die Zeitschrift<br />

gelesen wird beziehungsweise wie sie<br />

gelesen wird, erfahren wir nur durch<br />

ein entsprechendes „Feed-back“.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: Wir freuen<br />

uns über jeden Leserbrief! Bitte<br />

schreiben Sie uns, was Ihnen an <strong>der</strong><br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren<br />

gefällt, und natürlich auch, was<br />

Ihnen nicht gefällt. Machen Sie Vorschläge<br />

zu Themen, die Sie interessieren.<br />

Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen.<br />

Zudem möchten wir Ihnen einen<br />

neuen Service anbieten:<br />

Sollten Sie Fragen zu naturheilkundlichen<br />

Themen haben, bitte<br />

schreiben Sie uns (Seite heraustrennen,<br />

beschreiben, faxen!). Wir werden<br />

Ihre Frage an einen Experten <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Fachrichtung beziehungsweise<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Naturheilmethode<br />

weiterleiten und Ihnen umgehend<br />

eine Antwort zusenden.<br />

Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!<br />

Ihre Redaktion <strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong>zeitschrift<br />

<strong>für</strong> Naturheilverfahren.<br />

Absen<strong>der</strong>:<br />

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Name<br />

––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Straße<br />

––––––––––––––––––––––––––––––<br />

PLZ/Ort<br />

Praxisstempel<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Leserbrief<br />

Entgegnung von<br />

Dirk Weickmann<br />

Siehe dazu <strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong><br />

Naturheilverfahren 11/2000 bzw.<br />

Weickmanns Originalarbeit in <strong>der</strong><br />

<strong>Ausgabe</strong> 3/2000.<br />

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,<br />

in <strong>der</strong> ÄN 11/2000 haben Sie den Brief<br />

von Herrn Nentwig abgedruckt, zu dem<br />

ich gerne Stellung nehmen möchte.<br />

Weshalb Herr Nentwig so, wie er es tut<br />

und mit aller Macht, reagiert, ist <strong>für</strong> mich<br />

nicht nachzuvollziehen. Ob ich als Tierquäler<br />

durchgehe, wird letztlich wohl<br />

gerichtlich entschieden werden müssen.<br />

Betrüger bin ich ganz gewiss nicht. Ich<br />

selbst sehe we<strong>der</strong> das eine noch das an<strong>der</strong>e<br />

als gegeben an. Vielmehr erschreckt mich,<br />

mit welchen profanen Lügen und Anschuldigungen<br />

ich konfrontiert werde,<br />

ohne je eine <strong>der</strong> involvierten Personen<br />

direkt angegriffen zu haben. Zunehmend<br />

drängt sich <strong>der</strong> Verdacht auf, dass wir mit<br />

unseren Forschungsansätzen Interessen<br />

an<strong>der</strong>er stark tangiert haben. Sinnigerweise<br />

sollte ich an dieser Stelle vielleicht<br />

darauf hinweisen, dass ich nicht alleine<br />

arbeite und darüber hinaus, dass Herr<br />

Nentwig auch mit Spinnengiften arbeitet.<br />

Außerdem habe ich in Deisenhofen mit<br />

an<strong>der</strong>en Dingen geforscht. Zwei Brutschränke<br />

wurden bei <strong>der</strong> Behördenaktion<br />

gegen mich zerstört, ebenso mehrere Finnpipetten,<br />

ein Vortex, mein Computer und<br />

zwei Elektrophorese-Apparaturen.<br />

In meiner Originalarbeit (ÄN 3/2000), auf<br />

die sich Herr Nentwig bezieht, wird an<br />

keiner Stelle behauptet, dass wir Krebs<br />

heilen können. Darüber hinaus sind wir<br />

<strong>der</strong> Meinung, dass man von <strong>der</strong> allgemeinen<br />

Vorstellung, man „könne Krebs<br />

heilen“, wegkommen muss. Vielmehr<br />

muss man die einzelnen Tumorformen<br />

versuchen schematisch und statistisch<br />

noch genauer zu differenzieren, um dann<br />

einzelne Formen gezielt bekämpfen zu<br />

können. Dies geschieht schon vielerorts –<br />

lei<strong>der</strong> nicht in <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Therapeutika –<br />

und wir stießen nochmals darauf, als wir<br />

sahen, dass einzelne Gifte unterschiedlich<br />

auf menschliche Zellen reagieren. So<br />

stellen wir vielmehr unsere Forschungs-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

795<br />

Müller/<br />

Göppingen


ansätze zur Diskussion, was in einer aufgeschlossenen<br />

Gesellschaft eigentlich eine<br />

Selbstverständlichkeit sein sollte! Traurig,<br />

dass Herr Nentwig – auch hier ohne wirkliche<br />

Kenntnis <strong>der</strong> Materie – noch versucht,<br />

wissenschaftlich auf den Bericht zu<br />

reagieren.<br />

Obwohl ich nicht mag, kann ich doch<br />

nicht umhin und muss schon um <strong>der</strong> Sache<br />

willen einiges korrigieren. Beginnen werde<br />

ich mit dem Ende des Leserbriefes. Der<br />

Gesamtgiftcocktail von Sicarius ist sehr<br />

wohl potenziell pathogen, was ja auch im<br />

Bericht selbst steht: „Der Gesamtgiftcocktail<br />

ist <strong>für</strong> alle ausgetesteten Zelllinien<br />

100 % letal.“ Doch was eine gezielt krebszell-<br />

bzw. zellzerstörende Wirkung hat,<br />

sind einzelne Substanzen bzw. <strong>der</strong>en<br />

Kombinationen. Allein schon um den<br />

Giftcocktail von Sicarius in seine Bestandteile<br />

zu zerlegen, bedarf es einiger physikalisch-chemischer<br />

Erfahrung, um das<br />

richtige Trennverfahren zu finden. Eine<br />

weitere wichtige Passage in <strong>der</strong> Tiergiftforschung<br />

ist die Art <strong>der</strong> Giftgewinnung.<br />

Im Gegensatz zu Herrn Nentwig, <strong>der</strong> unseres<br />

Wissens nach vor allem durch elektrische<br />

Stimulation seine Gifte gewinnt,<br />

melken wir unsere Spinnen rein mechanisch,<br />

was eine Ausbeute letztendlich<br />

effektiviert. Nebenbei erwähnt erfuhren<br />

wir mittlerweile von M. Ziegler/ Berlin<br />

(ehem. Leiten<strong>der</strong> Angestellter des PTI)<br />

und von Dr. Miles/Johannesburg, dass<br />

man mit noch feineren Analysemethoden<br />

knapp 50 <strong>der</strong> höhermolekularen Substanzen<br />

im Gesamtgiftcocktail von Sicarius<br />

finden kann. An dieser Stelle passt eine<br />

weitere Rüge auf Herrn Nentwig, <strong>der</strong><br />

scheinbar auch im biochemischen Bereich<br />

seine Hausaufgaben hätte sorgfältiger erledigen<br />

müssen. Er schreibt von den Peptidtoxinen,<br />

die Proteine genannt werden<br />

müssten, doch verhält es sich so, dass die<br />

Gifte höherkettige Enzyme mit toxischem<br />

Peptidcharakter o<strong>der</strong> gleich Peptidtoxine<br />

sind. Vgl. hierzu auch: Suarez et al.: Effect<br />

Extracts of the venom. Gland of the Recluse<br />

Spi<strong>der</strong>, Loxosceleslaeta, on human<br />

cells in Culture. Toxicon 1976 Vol. 14.<br />

Leserbrief<br />

Eine Charakterisierung <strong>der</strong> Toxine erfolgte<br />

bislang ebensowenig wie eine Charakterisierung<br />

<strong>der</strong> Enzyme. Allerdings konnte<br />

eine Verwandtschaftsbeziehung sowie eine<br />

Grundcharakterisierung mittels <strong>der</strong> genannten<br />

Methoden und einiger nicht beschriebener<br />

elektrophoretischer und an<strong>der</strong>er<br />

chemisch-physikalischer Vorversuche<br />

neben <strong>der</strong> Kenntnis <strong>der</strong> vorhandenen<br />

Literatur klar erkannt werden. Statistisch<br />

genauere Daten und Fakten hätten Herr<br />

Nentwig und, wie wir wissen, auch einige<br />

an<strong>der</strong>e Personen wohl gerne; doch dies ist<br />

nicht möglich, da es sich bei <strong>der</strong> vorgestellten<br />

Arbeit ja um eine noch im Patentverfahren<br />

befindliche Erfindung handelt.<br />

So muss man manchmal allgemein formulieren.<br />

Um etwas Näheres über die allgemeinen<br />

Enzymwirkungen zu erfahren,<br />

empfehle ich aber die Lektüre von H.<br />

Zollner Handbook of Enzym Inhibitors,<br />

Part A & B und H. Bisswanger Enzymkinetik<br />

neben F. Lottspeich/H. Zorbas Bioanalytik.<br />

Ob Zitate aus Fachzeitschriften<br />

wirklich so wichtig gewesen wären, kann<br />

ich <strong>für</strong> unsere Arbeit auch nicht bejahen,<br />

da es sich dann um mehr patentrechtliche<br />

Aussagen handeln würde, wodurch unsere<br />

Erfindung schon Stand <strong>der</strong> Technik und<br />

damit nicht mehr patentierfähig wäre!? So<br />

bewegen wir uns auch hierbei mit den<br />

Pseudoangriffen von Herrn Nentwig im<br />

Kreise; zumindest solange, bis das Patentverfahren<br />

abgeschlossen ist und wir noch<br />

offener publizieren können.<br />

Was Herr Nentwig gegen meine Person<br />

hat, weiß ich nach wie vor nicht, doch<br />

muss ich ihm auch hier bei <strong>der</strong>en Einstufung<br />

wi<strong>der</strong>sprechen. Laborant bin ich<br />

schon mal gar nicht. Da<strong>für</strong> pharmazeutisch-<br />

und chemisch-technischer Assistent,<br />

Toxinologe (Toxinologie ist die Lehre <strong>der</strong><br />

biogenen Gifte, die ich studierte und bei<br />

meiner Arbeit immer noch studiere! Tier-,<br />

Pflanzen-, Pilz- und Bakteriengigte) und<br />

Sanitäter!! Eine Promotion habe ich 1994<br />

mit PD Dr. F. Parsche über Drogen in<br />

Mumien angefangen, lei<strong>der</strong> ist Dr. Parsche<br />

dann unter tragischen Umständen verstorben.<br />

Vorlesungen und Praktika habe<br />

796<br />

ich oft als Gasthörer besucht; darüber gibt<br />

es auch Unterlagen. Eingeschrieben war<br />

ich nie an einer Universität, was ich jedoch<br />

so auch nie behauptete – immer nur Gasto<strong>der</strong><br />

Nebenhörer!! Der Grund da<strong>für</strong> ist,<br />

dass meine Eltern geschieden sind, mein<br />

Vater nie zum Zahlen „überredet“ werden<br />

konnte und ich so eigentlich schneller ins<br />

Berufsleben hätte eintreten sollen. Doch<br />

war meine Neugier auf viele wissenschaftliche<br />

Fragen zu groß, so dass ich es alleine<br />

versuchte. Da ich viele Forschungen frei<br />

(nicht an Universitäten o<strong>der</strong> Firmen gebunden)<br />

machte, hatte ich schon immer<br />

Nei<strong>der</strong> und Missgönner. Arbeitgeber<br />

wechselte ich natürlich des Öfteren, um<br />

mir auch neue Horizonte zu erschließen,<br />

letztendlich möchte ich mich ja auch<br />

selbstständig machen. Übrigens ist die<br />

Arachnologische Gesellschaft nicht die<br />

einzige Gesellschaft von Spinnenfachleuten<br />

in Deutschland. Es gibt da noch die<br />

DeArGe (Deutsche Arachnologische Gesellschaft)<br />

und meine Giftspinnen-AG, die<br />

beide unabhängig von <strong>der</strong> Arach. Ges.<br />

arbeiten. Mehrere Gesellschaften, weil die<br />

Spinnenleute sich oft spinnefein<strong>der</strong> sind<br />

als die Spinnen selbst (traurig, aber wahr),<br />

wie Sie ja im Moment selbst erleben müssen.<br />

Das erhaltene Biopsiematerial bekam ich<br />

legal zur Verfügung gestellt. Blut- und<br />

Hautzellen hatte ich von mir selbst. Was<br />

nun mein damaliges Alter mit <strong>der</strong> Sache zu<br />

tun haben soll, kann ich nur erahnen.<br />

Auf Grund <strong>der</strong> Umstände ist <strong>der</strong> Bericht<br />

also schlechtestenfalls – so man ihm Böses<br />

will – zu oberflächlich, sicher aber nicht<br />

unseriös. Fehlbeobachtungen bin ich<br />

sicherlich nicht aufgesessen. Ob man<br />

früher o<strong>der</strong> später an Patienten anwenden,<br />

kann hängt von weiteren Forschungen und<br />

von <strong>der</strong> Stärke und Überzeugungskraft<br />

unserer Gegner ab.<br />

Die Redaktion behält sich vor,<br />

Leserbriefe zu kürzen.<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Ganzheitliches<br />

Praxismanagement<br />

Auszug aus einem Beratungsgespräch<br />

Uns <strong>Ärzte</strong>n wird von einer Vielzahl selbst ernannter<br />

Berater guter Rat angeboten, aufgedrängt und verkauft.<br />

Von <strong>der</strong> praktischen Tätigkeit des Arztes haben<br />

diese Verkäufer oft überhaupt keine Ahnung. An<strong>der</strong>erseits<br />

fehlen betriebswirtschaftliche Inhalte im Medizinstudium<br />

fast völlig.<br />

Der Verfasser hat sich zur Aufgabe gemacht, diese<br />

Lücke mit seiner Erfahrung aus 15 Jahren naturheilkundlicher<br />

Praxistätigkeit zu füllen. Sie lesen im Folgenden<br />

den Auszug aus einem Beratungsgespräch mit Frau Dr. R.<br />

aus P., die seit einigen Quartalen eine naturheilkundlich<br />

orientierte Allgemeinpraxis aufbaut.<br />

Dr. R: Ich möchte ein Institut zusätzlich zur Praxis<br />

gründen. Was muss ich dabei beachten, darf ich es in den<br />

Praxisräumen betreiben?<br />

Dr. M: Wozu soll das Institut Ihnen vor allem dienen:<br />

Umsatzsteigerung, Zeitersparnis durch Delegation o<strong>der</strong><br />

Werbemöglichkeiten?<br />

Dr. R: Natürlich alles, aber wenn ich’s mir genau<br />

überlege, brauche ich vor allem Umsatz außerhalb <strong>der</strong><br />

Kassenbeschränkungen. Ich habe bisher erst eine<br />

Arzthelferin und die Praxis ist noch zu klein zum Delegieren<br />

in größerem Umfang. Zuerst möchte ich die<br />

Patienten an meine Person binden.<br />

Dr. M: Als einzige Ärztin im Einzugsgebiet haben Sie<br />

sicher eine beson<strong>der</strong>e Klientel. Da genügen vorerst die üblichen<br />

Werbemöglichkeiten einer Praxis.<br />

Dr. R: Zu mir kommen jetzt schon viele Kin<strong>der</strong>, da <strong>der</strong><br />

einzige Kin<strong>der</strong>arzt bei uns eher ruppig und sehr<br />

chemiefreudig ist. Meine Praxis liegt außerdem neben<br />

dem regionalen Einkaufszentrum, das ständig viele Menschen<br />

aus den Nachbarorten anzieht.<br />

Dr. M: Wenn Sie weiteres Personal suchen, geben Sie in<br />

<strong>der</strong> Anzeige gleich die volle Praxisadresse an und im hoch<br />

gesteckten Anfor<strong>der</strong>ungsprofil Hinweise auf Ihre Tätigkeit,<br />

z.B.: „freundlicher Umgang mit Kin<strong>der</strong>n, sehr gepflegte<br />

Umgangsformen“. Das erweckt bei potenziellen<br />

Patienten die richtigen Erwartungen. Wenn Sie über das<br />

Übliche hinausgehende Werbung machen würden, provozieren<br />

Sie Feinde und Nei<strong>der</strong>.<br />

Dr. R: Ich führe Vitamininfusionen und Akupunktur durch.<br />

Viele Frauen um die 40 fragen mich nach kosmetisch<br />

wirksamen Aufbautherapien. Ich denke daran, eine<br />

Kosmetikerin im Institut anzustellen.<br />

Dr. M: Akupunktur und solche Infusionen sind normale<br />

Arztleistungen außerhalb des Kassenspektrums, da<strong>für</strong><br />

brauchen Sie kein Institut. Schließen Sie mit jedem<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

797<br />

Dr. Klein


Patienten eine schriftliche Honorarvereinbarung<br />

ab?<br />

Dr. R: Muss ich das?<br />

Dr. M: Das Kassenrecht verlangt das,<br />

außerdem könnte <strong>der</strong> Patient sonst<br />

später die Zahlung verweigern – nach<br />

dem Motto: „Hab ich nicht gewusst,<br />

dass das was kostet, ich bin doch<br />

Kassenpatient.“ Wir besprechen noch<br />

die beson<strong>der</strong>en Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>für</strong><br />

diese Honorarvereinbarung und die<br />

faire, umsatzsteigernde Gesprächstaktik<br />

<strong>für</strong> diese Son<strong>der</strong>therapien. Das<br />

mit <strong>der</strong> Kosmetikerin ist eine super<br />

Idee, weil Sie persönlich das überzeugend<br />

rüberbringen und eine Kosmetikerin<br />

auch nebenher Produkte<br />

verkaufen kann. Der private Verbrauch<br />

<strong>der</strong> Arztfamilie lässt sich dann<br />

auch günstiger beziehen . . . Die Kosmetikerin<br />

brauchte einen eigenen ge-<br />

Ein erheblicher Anteil unserer Lebensmittel<br />

trägt genetisch verän<strong>der</strong>tes<br />

Material in sich. Das ist das<br />

Ergebnis einer aktuellen Untersuchung<br />

<strong>der</strong> Stiftung Warentest in<br />

Berlin. Wie die Stiftung mitteilte,<br />

wurden 81 Produkte aus Supermärkten<br />

– allesamt Markenartikel –<br />

auf verän<strong>der</strong>te Erbsubstanz hin untersucht.<br />

Praxis<br />

trennten Eingang, wäre juristisch gesehen<br />

besser selbstständig als angestellt<br />

und könnte dann auch Werbung<br />

machen, zunächst besser ohne Hinweis<br />

auf ärztliche Leistungen. Sie<br />

müsste aber wirklich überdurchschnittlich<br />

gut sein und Ihre ganzheitliche<br />

Philosophie teilen.<br />

Dr. R: Vielen Dank, da habe ich nun<br />

einiges vor mir. Diese Mitarbeiterin<br />

muss ich jetzt finden.<br />

Dr. med. Roman Machens<br />

Allgemeinarzt – Naturheilverfahren<br />

Wir weisen auf die Referate von<br />

Dr. Machens hin, die er auf dem<br />

100. ZÄN-Kongress halten wird.<br />

Kurs-Nr. 54, 87, 93, vgl. Text im<br />

Programmteil.<br />

Genetisch verän<strong>der</strong>te Lebensmittel<br />

sind Realität<br />

Untersuchung <strong>der</strong> Stiftung Warentest bringt es an den Tag<br />

Die Analyse <strong>der</strong> Stiftung Warentest<br />

umfasste drei Stufen. In einem<br />

ersten Schritt untersuchten Wissenschaftler<br />

die stichprobenhaft ausgewählten<br />

Lebensmittel auf „Marker-<br />

Gene“. Mit diesem Testsystem konnten<br />

sie feststellen, ob überhaupt gentechnische<br />

Verän<strong>der</strong>ungen stattgefunden<br />

hatten. In einem zweiten Schritt<br />

machten die Forscher dann die beteiligten<br />

gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Sorten<br />

dingfest, um schließlich in einer<br />

dritten Stufe den Anteil an genetisch<br />

verän<strong>der</strong>tem Material zu erfassen.<br />

Über ein Drittel <strong>der</strong> Proben<br />

positiv<br />

Das Ergebnis war geradezu nie<strong>der</strong>schmetternd:<br />

Bei immerhin 31 <strong>der</strong><br />

Proben – also bei mehr als einem<br />

Drittel – wurden die Wissenschaftler<br />

fündig. Beson<strong>der</strong>s „anfällig“ <strong>für</strong> gene-<br />

798<br />

tische Verän<strong>der</strong>ungen waren demnach<br />

Produkte, die Soja o<strong>der</strong> Mais enthielten.<br />

In den 31 positiven Proben wurden<br />

sechs in <strong>der</strong> EU zugelassene<br />

transgene Sorten, aber auch eine nicht<br />

zugelassene Sorte gefunden. Die gentechnisch<br />

verän<strong>der</strong>ten Lebensmittel<br />

enthielten überwiegend sehr geringe<br />

(0,1 Prozent und weniger) o<strong>der</strong><br />

geringe (0,2 bis ein Prozent) Anteile<br />

transgener Soja- o<strong>der</strong> Maisanteile,<br />

aber in drei Proben lag <strong>der</strong> Anteil bei<br />

20 Prozent. Keines <strong>der</strong> geprüften<br />

Lebensmittel war gekennzeichnet.<br />

Hintergrund <strong>der</strong> Untersuchung ist<br />

eine seit April dieses Jahres gültige<br />

EU-Verordnung, wonach transgene<br />

Anteile in Lebensmitteln bis zu einer<br />

Größenordnung von einem Prozent<br />

toleriert werden – vorausgesetzt sie<br />

beruhen auf einer zufälligen Kontamination.<br />

Aufgrund ihres Untersuchungsergebnisses<br />

setzt sich die<br />

Stiftung Warentest jetzt <strong>für</strong> einen<br />

behutsameren Umgang mit genetisch<br />

verän<strong>der</strong>ten Lebensmitteln ein. Im<br />

Detail for<strong>der</strong>t die Stiftung eine strikte<br />

Kennzeichnungspflicht <strong>für</strong> gentechnisch<br />

verän<strong>der</strong>te Ware – und zwar<br />

vom Saatgut bis zur Rohware – sowie<br />

eine Absenkung des Schwellenwertes<br />

<strong>für</strong> den tolerierbaren Anteil an genetisch<br />

verän<strong>der</strong>tem Material in Lebensmitteln<br />

auf 0,5 Prozent. CS<br />

Gentechnik in Lebensmitteln. Stiftung Warentest<br />

(2000) 8, 79-84<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Zusammenfassung<br />

Summary<br />

Resumen<br />

Originalarbeit<br />

Die Progressive Muskelentspannung<br />

nach E. Jacobson – ein „natürliches<br />

Entspannungsverfahren“<br />

F. Kohl<br />

Die Progressive Muskelentspannung (= PME) ist als „natürliches Entspannungsverfahren“<br />

weltweit anerkannt und in ihrer therapeutischen Effizienz an einem<br />

breiten indikativen Spektrum vielfältig belegt. Die Methode wurde nach etlichen<br />

vorbereitenden Arbeiten in den 1920er Jahren vom amerikanischen Arzt und<br />

Physiologen Edmund Jacobson entwickelt. Der Artikel zeichnet den Entwicklungsgang<br />

des Verfahrens sowie die dabei leitenden Konzepte Jacobsons nach<br />

und schil<strong>der</strong>t die Modifikationen seit den 1970er Jahren; abschließend werden die<br />

Grundlagen <strong>der</strong> heutigen Standard-Methode – die auf Forschungen von Bernstein<br />

und Borkovec zurückgeht – skizziert. Eine Charakterisierung <strong>der</strong> aktuellen Anwendungspraxis<br />

und ihrer Prinzipien grenzt das Verfahren gegenüber an<strong>der</strong>en<br />

Entspannungsmethoden ab.<br />

Schlüsselwörter: Progressive Muskelentspannung (= PME); „natürliches Entspannungsverfahren“;<br />

Edmund Jacobson; Standard-Methode von Bernstein und<br />

Borkovec<br />

As a „natural“ relaxation method, the progressive muscle relaxation technique<br />

(= PMR) of E. Jacobson has gained worldwide acceptance and the therapeutic<br />

efficiency of the technique has been documented on a broad spectrum of<br />

indications. This contribution describes the development of the procedure over<br />

time with an emphasis on the un<strong>der</strong>lying concepts and modifications incorporated<br />

since the 1970s, and concludes with an outline of the basic principles guiding the<br />

current standard method. The description of the current practical application of the<br />

method and its guiding principles is used to contrast Jacobson’s technique to<br />

other relaxation methods.<br />

Key words: Progressive Muscle Relaxation, PMR, Edmund Jacobson, Standard<br />

method of Bernstein and Borkovec<br />

La relajación muscular progresiva según E. Jacobson (= PME) goza de reconocimiento<br />

universal, siendo ampliamente documentada su eficiencia terapéutica<br />

como un „proceso de relajación natural“ en un amplio espectro indicativo. El<br />

artículo presenta el desenvolvimiento progresivo del procedimiento así como los<br />

conceptos rectores de Jacobsen y describe las modificaciones verificadas desde<br />

los años setenta. Finalmente se esbozan los fundamentos del método estándar<br />

actual. Una caracterización de la práctica de aplicación actual y sus principios<br />

delimitan el procedimiento otras técnicas de relajación.<br />

Términos claves: Relajación muscular progresiva, PME, Edmund Jacobson,<br />

método estándar de Bernstein y Borkovec<br />

800<br />

Einleitung<br />

Das Bedürfnis nach Beruhigung, Sedierung,<br />

Entspannung und „Stressbewältigung“<br />

spielt keineswegs nur<br />

bei den so genannten „Befindlichkeitsstörungen“,<br />

son<strong>der</strong>n auch bei<br />

einer breiten Palette von somatischen,<br />

psychosomatischen und psychischen<br />

Störungen eine erhebliche Rolle; die<br />

Bedeutung dieses Aspekts dürfte in<br />

<strong>der</strong> ärztlichen Praxis in den nächsten<br />

Jahrzehnten eher noch zunehmen.<br />

Angesichts dieser Entwicklungen<br />

finden Entspannungsverfahren seit<br />

längerem wie<strong>der</strong> verstärktes Interesse,<br />

wobei neben <strong>der</strong> heterosuggestiven<br />

Hypnose und dem autosuggestiven<br />

Autogenen Training nach J. H.<br />

SCHULTZ (11; 15) gerade <strong>der</strong> Progressiven<br />

Muskelentspannung als übendautoinstruktivem<br />

Verfahren mit breitem<br />

Indikationsspektrum eine zunehmende<br />

Bedeutung zukommt, nicht<br />

zuletzt wegen seiner guten Integrierbarkeit<br />

auch in übergeordnete Therapiekonzepte.<br />

Die Progressive Muskelentspannung<br />

nach E. JACOBSON (im Folgenden<br />

als PME abgekürzt) hat in den<br />

letzten beiden Jahrzehnten auch in den<br />

deutschsprachigen Län<strong>der</strong>n zunehmende<br />

Akzeptanz und Verbreitung gefunden.<br />

Seit 1987 ist das Verfahren<br />

kassenrechtlich nicht nur im stationären,<br />

son<strong>der</strong>n auch im ambulanten<br />

Behandlungsbereich voll anerkannt.<br />

Aus historischen Gründen bestand anfangs<br />

eine beson<strong>der</strong>s enge Verbindung<br />

zwischen <strong>der</strong> Progressiven Muskelentspannung<br />

und den verhaltenstherapeutischen<br />

Verfahren; inzwischen haben<br />

aber auch zahlreiche psychodyna-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


misch ausgerichtete <strong>Ärzte</strong> und Therapeuten<br />

die Progressive Muskelentspannung<br />

in ihr Methodenrepertoire<br />

aufgenommen und tragen maßgeblich<br />

zur weiteren Verbreitung dieses Verfahrens<br />

bei (2; 3; 4).<br />

Im folgenden Beitrag soll zunächst<br />

versucht werden, einen kompakten<br />

Überblick zur Entstehung, zur konzeptionellen<br />

Entwicklung und zum<br />

gegenwärtigen Stand und Standard<br />

dieses Verfahrens zu geben. Neben <strong>der</strong><br />

Prophylaxe und <strong>der</strong> Rehabilitation<br />

kann die PME auch bei einer Anzahl<br />

definierter medizinischer Störungsbil<strong>der</strong><br />

als Behandlungselement eingesetzt<br />

werden. Die Progressive Muskelentspannung<br />

hat somit grundsätzlich<br />

ein ausgeprochen breites Indikationsfeld,<br />

wobei ihrer Anwendung bei<br />

Angsterkrankungen wie diejenige bei<br />

Schmerzsyndromen eine quantitativ<br />

beson<strong>der</strong>s hohe Bedeutung zukommt.<br />

Es versteht sich von selbst, dass<br />

auf dem zur Verfügung stehenden<br />

begrenzten Raum keine vollständige<br />

und alle Details erfassende Beschreibung<br />

geboten werden kann. Ebenfalls<br />

kann in diesem Rahmen keine bis ins<br />

Detail manualisierte Anleitung <strong>für</strong> die<br />

praktische Anwendung mit ihren<br />

spezifischen Varianten, Indikationen<br />

und Differentialindikationen gegeben<br />

werden. Hierzu kann aber <strong>der</strong> speziell<br />

Interessierte auf die inzwischen in<br />

größerer Zahl vorliegenden Handbücher,<br />

Fibeln und sonstigen Darstellungen<br />

zur Progressiven Muskelentspannung<br />

verwiesen werden (1; 4; 6;<br />

18).<br />

Jacobson, <strong>der</strong> Inaugurator<br />

<strong>der</strong> Progressiven Muskelentspannung<br />

(= PME)<br />

Das in Deutschland vorwiegend als<br />

Progressive Muskelentspannung (auch<br />

progressive Muskelrelaxation o<strong>der</strong><br />

Tiefenmuskel-Entspannung genannt)<br />

bezeichnete Entspannungsverfahren<br />

geht hinsichtlich gedanklicher Konzeption<br />

und methodischer Entwick-<br />

Originalarbeit<br />

lung auf das Wirken des amerikanischen<br />

Arztes, Physiologen und Psychologen<br />

EDMUND JACOBSON (1885-<br />

1976) zurück. Obwohl annähernd<br />

zeitgleich mit JOHANNES HEINRICH<br />

SCHULTZ (1884-1970) lebend und<br />

tätig, sind Leben und Werk JACOBSONs<br />

namentlich in Deutschland nach wie<br />

vor so wenig bekannt, dass eine kurze<br />

Skizze seines Schaffens gerechtfertigt<br />

scheint. Dabei wird sich zeigen, dass<br />

nicht wenige Parallelen zu dem deutschen<br />

Nervenarzt SCHULTZ in Jena und<br />

später Berlin bestehen, die insbeson<strong>der</strong>e<br />

in den 1920er Jahren frappierende<br />

Perspektiven andeuten (6; 10; 15).<br />

JACOBSON entstammt einer wohlhabenden<br />

Familie im Bereich <strong>der</strong><br />

Oberen Seen (USA), er studierte<br />

zunächst Psychologie an <strong>der</strong> Harvard<br />

Universität in Boston/Massachusetts.<br />

Aufgrund persönlicher Erfahrungen<br />

interessierten ihn schon früh die<br />

Wechselwirkungen zwischen muskulärer<br />

Anspannung und seelischem<br />

Wohlbefinden. Seine ersten akademischen<br />

Arbeiten galten unter dem Einfluss<br />

<strong>der</strong> damals in <strong>der</strong> nordamerika-<br />

802<br />

nischen Psychologie dominierenden<br />

Lehrer wie WILLIAM JAMES (1842-<br />

1910) und EDWARD TITCHENER (1867-<br />

1927) zunächst allgemein-psychologischen<br />

Fragen sowie <strong>der</strong> Leib-Seele-<br />

Problematik. Früh schon wandte er<br />

sich <strong>der</strong> Experimental-Psychologie<br />

zu, hier wurde <strong>der</strong> aus Deutschland<br />

emigrierte und <strong>der</strong> WUNDTschen<br />

Schule zugehörende HUGO MÜNSTER-<br />

BERG (1863-1916) sein wichtigster<br />

Lehrer. Ab 1909 beschäftigte sich<br />

JACOBSON mit den Vorarbeiten zu seinen<br />

später wegweisenden experimental-psychologischen<br />

und experimental-physiologischen<br />

Studien zur Entspannungsreaktion.<br />

Nach seinem Studienabschluss in<br />

Psychologie (1912) schloss sich eine<br />

medizinische und im Weiteren insbeson<strong>der</strong>s<br />

eine physiologische Ausbildung<br />

an. Auf diesem Gebiet wurde <strong>der</strong><br />

große amerikanische Physiologe<br />

WALTER B. CANNON (1871-1945) sein<br />

wichtigster akademischer Lehrer.<br />

JACOBSON wirkte eine Zeitlang an <strong>der</strong><br />

Cornell University/New York und<br />

ging dann nach Chicago, wo er zunächst<br />

überwiegend klinisch arbeitete<br />

und ab 1936 – weitgehend aus eigenen<br />

Mitteln finanziert – ein eigenes Labor<br />

eröffnen konnte. Die nachfolgenden<br />

vier Lebensjahrzehnte waren ganz <strong>der</strong><br />

weiteren Ausarbeitung, <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Fundierung und <strong>der</strong> klinischen<br />

Anwendungsüberprüfung <strong>der</strong><br />

Progressiven Muskelrelaxation gewidmet.<br />

Nach zahlreichen wegweisenden<br />

Vorarbeiten erschien die Bezeichnung<br />

„progressive muscle relaxation“ erstmals<br />

im Jahre 1925 in einem eigenständigen<br />

Zeitschriftenaufsatz. Einige<br />

Jahre später (1929) legte JACOBSON<br />

ein umfassend dokumentiertes und auf<br />

<strong>der</strong> europäischen und nordamerikanischen<br />

Experimentalphysiologie und<br />

–psychologie begründetes Kompendium<br />

zu dieser Thematik vor (7), das<br />

1938 in einer nochmals verbesserten<br />

zweiten Auflage erschien. Dem Bedürfnis<br />

nach einer sehr populären Darstellung<br />

folgend, erschien im Jahre<br />

1934 unter dem Titel „You must re-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


lax“ (8) eine an das allgemeine Publikum gerichtete<br />

Fassung, die bis in die 1970er Jahre wie<strong>der</strong>holt neu aufgelegt<br />

wurde und seit 1990 auch in deutscher Sprache<br />

vorliegt (9). Parallel erschienen seit den 1920er Jahren<br />

mehrere Dutzend Aufsätze von JACOBSON und seinen Mitarbeitern<br />

zu verschiedenen experimentellen und anwendungspraktischen<br />

Fragestellungen seiner „progressive<br />

muscle relaxation“.<br />

Die gemeinsamen Grundlagen <strong>der</strong><br />

Entspannungsverfahren<br />

Naturgemäß kann kein Entspannungsverfahren – auch<br />

nicht dasjenige nach JACOBSON – eine Entspannung erzwingen<br />

o<strong>der</strong> einen neuen, biophysiologisch nicht<br />

vorgesehenen Körperzustand herstellen. Vielmehr gehört<br />

die grundsätzliche Fähigkeit zur Entspannung zur<br />

anthropologischen Grundausstattung des Menschen. Seit<br />

urdenklichen Zeiten haben Menschen nach Entspannung<br />

gesucht und verschiedene Mittel gefunden, diese herzustellen.<br />

In den industrialisierten und zivilisierten<br />

Nationen ist seit dem 19. Jahrhun<strong>der</strong>t die mechanisierte<br />

und hochgradig strukturierte Arbeit zur quantitativ<br />

bedeutsamsten Anstrengung und Anspannung geworden;<br />

daher kann es kaum verwun<strong>der</strong>n, dass kompensatorisch<br />

auch das Bedürfnis nach Entspannung entstand, wobei<br />

diese nicht selten in eher konsumptiven Prozessen (Essen,<br />

Trinken, Rauchen, Kaufen usw.) gesucht wurde denn in<br />

einer Rückbesinnung auf die dem Menschen in seiner<br />

natürlichen Konstitution gegebenen Grundmechanismen.<br />

Bezeichnen<strong>der</strong>weise tritt zu Beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

dann annähernd parallel in Europa und in Nordamerika<br />

die Suche nach formalisierten und standardisierbaren<br />

Entspannungstechniken in medizinisch-psychologischen<br />

Kontexten in Erscheinung. Parallel entstand in verschiedenen<br />

Bereichen <strong>der</strong> Gesellschaft die Tendenz zur<br />

„neuen Natürlichkeit“, im Weiteren auch zu „Naturheilverfahren“.<br />

Auch wenn <strong>der</strong> Begriff „Entspannungsverfahren“<br />

vornehmlich solche aus dem medizinischen und psychologischen<br />

Bereich bezeichnet, ist doch hervorzuheben,<br />

dass die damit intendierte Entspannungsreaktion keineswegs<br />

ausschließlich über diese Techniken erreicht werden<br />

kann, son<strong>der</strong>n ein geradezu ubiquitäres Phänomen ist,<br />

dass auch durch Alltagserfahrungen und „freudvolle Betätigungen“<br />

erreichbar ist. Die medizinisch etablierten Entspannungsverfahren<br />

zeichnen sich demgegenüber durch<br />

einen höheren Grad an Formalisierung, Standardisierung<br />

und eine dadurch gegebene effiziente Lehr- und Lernbarkeit<br />

aus. Für die kassenrechtlich anerkannten Entspannungsverfahren<br />

kommt hinzu, dass sie – mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong><br />

gut – auch wissenschaftlich fundiert untersucht und in<br />

ihrer therapeutischen Anwendung validiert und „qualitäts-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Originalarbeit<br />

803<br />

Cefak-1


gesichert“ durchführbar sind. Die<br />

Aufrechterhaltung und fortlaufende<br />

Verbesserung von wissenschaftlicher<br />

Evidenz und Qualitätssicherung des<br />

Verfahrens ist dabei anhaltendes<br />

Postulat ihrer Anwen<strong>der</strong> (3; 14; 20).<br />

Entsprechend <strong>der</strong> gemeinsamen<br />

Nutzung psychophysiologischer<br />

Basismechanismen des menschlichen<br />

Organismus (2; 4; 21) weisen die anerkannten<br />

Entspannungsverfahren<br />

auch etliche Gemeinsamkeiten auf,<br />

insbeson<strong>der</strong>e die Wirkungsinduktion<br />

über eine so genannte psychophysische<br />

Entspannungsreaktion. Diese ist<br />

definiert als ein Prozess, <strong>der</strong> sich auf<br />

einem Kontinuum von Aktiviertheit<br />

und Desaktivierung bewegt, psychophysische<br />

Elemente mit einbezieht<br />

und durch Gefühle des Wohlbefindens,<br />

<strong>der</strong> Ruhe und <strong>der</strong> Gelöstheit<br />

gekennzeichnet ist. Es handelt sich<br />

dabei um ein biologisch determiniertes<br />

Reaktionsmuster, das jedem Menschen<br />

prinzipiell zur Verfügung steht<br />

und zur „natürlichen Verhaltensausstattung“<br />

und dem organismischen<br />

Repertoire des Menschen gehört. Der<br />

Entspannungsreaktion entgegengesetzt<br />

sind die ebenfalls psychophysiologisch<br />

determinierten Prozesse <strong>der</strong><br />

Alarm- und Stressreaktion, die namentlich<br />

bei Angst- und Schmerzzuständen<br />

nahezu regelmäßig zu beobachten<br />

sind.<br />

Merke<br />

Entspannung ist ein ubiquitäres<br />

Bedürfnis; die Methoden<br />

zu ihrer Erreichung sind vielfältig<br />

und nutzen gemeinsame<br />

biophysiologische Basismechanismen<br />

des menschlichen<br />

Körpers. Dies erklärt die zahlreichen<br />

Gemeinsamkeiten und<br />

Parallelen <strong>der</strong> gängigen Entspannungsverfahren<br />

(und die<br />

indikative Eignung <strong>der</strong> PME <strong>für</strong><br />

ein breites Einsatzgebiet).<br />

Originalarbeit<br />

Die spezifische Jacobson-<br />

Methodik zur Erreichung <strong>der</strong><br />

Entspannungsreaktion<br />

Die Entspannungsreaktion wird durch<br />

bestimmte und <strong>für</strong> das jeweilige Verfahren<br />

spezifische Induktionsmethoden<br />

in Gang gesetzt, also durch eine<br />

spezifische Induktionstechnik, einen<br />

„Zugangsweg“, mit dem die biologisch<br />

präformierte Entspannungsreaktion<br />

eingeleitet bzw. ausgelöst<br />

wird. Im Hinblick auf diese charakteristische<br />

Induktionsmethodik wird <strong>der</strong><br />

Ablauf <strong>der</strong> einzelnen Übungen auch<br />

bei <strong>der</strong> Progressiven Muskelentspannung<br />

immer wie<strong>der</strong> in gleicher Form<br />

durchgeführt; mit Ausklingen <strong>der</strong><br />

Übung wird <strong>der</strong> Entspannungszustand<br />

durch eine definierte „Rücknahmeprozedur“<br />

ordnungsgemäß beendet.<br />

Im Weiteren kann es durch regelmäßiges<br />

Üben einem Großteil <strong>der</strong> Menschen<br />

gelingen, Entspannungsreaktionen<br />

zunehmend rascher zu erreichen<br />

und länger zu stabilisieren, sodass sie<br />

effektiver und in verschiedenen äußeren<br />

Bedingungskonstellationen hervorgerufen<br />

werden können. Dadurch<br />

entwickeln die Übenden eine innere<br />

Ruhe und Gelassenheit, verbesserte<br />

Schlaf- und Erholungsfähigkeit sowie<br />

Fähigkeiten zur Stress- und Angstbewältigung.<br />

Zusätzlich zur Induktion<br />

<strong>der</strong> Entspannungsreaktion bewirkt das<br />

regelmäßige Üben auch das subjektiv<br />

zumeist angenehm konnotierte Erleben<br />

von Selbststeuerung und Selbstkontrolle.<br />

Für die Progressive Muskelentspannung<br />

ist – wie auch <strong>für</strong> die übrigen<br />

Entspannungsverfahren – charakteristisch,<br />

dass ihre Wirksamkeit erst<br />

nach einer mehr o<strong>der</strong> weniger langen<br />

Übungszeit entfaltet werden kann. Für<br />

die Dauer dieser Zeit sind die Charakteristika<br />

des jeweiligen Entspannungsverfahrens,<br />

aber auch Patienten- und<br />

Therapeuten-Variablen maßgeblich.<br />

Durch die verbesserte Selbstkontrolle<br />

kann etwa <strong>der</strong> Angstpatient einen<br />

günstigen Einfluss auf zukünftige<br />

paroxysmale Angstmanifestationen<br />

(Angstattacken) ausüben.<br />

804<br />

Während die älteren Entspannungsverfahren<br />

(Hypnose, Suggestion)<br />

vorwiegend heterosuggestiv ausgelegt<br />

waren und das Autogene Training<br />

(ab ca. 1920) versuchte, einen<br />

autosuggestiven bzw. autoinstruktiven<br />

Modus <strong>der</strong> Entspannungsinduktion zu<br />

etablieren, versuchte E. JACOBSON<br />

zeitlebens zu betonen, dass die Progressive<br />

Muskelentspannung nicht<br />

primär aus dieser Tradition entstand<br />

und dass sie nicht primär auf fremdo<strong>der</strong><br />

autosuggestiven Prozessen beruht.<br />

Die Progressive Muskelentspannung<br />

stellt in <strong>der</strong> Konzeption JACOB-<br />

SONs vielmehr ein übendes, auf das<br />

Muskelorgan gerichtetes – also muskulotropes<br />

– Verfahren dar, das auf<br />

den ersten Blick eine gewisse Ähnlichkeit<br />

mit <strong>der</strong> Gymnastik o<strong>der</strong> sonstigen<br />

körperlichen Übungen zu haben<br />

scheint (4; 12). Das Charakteristische<br />

ist aber, dass es durch bewusst vollzogene<br />

muskuläre Übungen und<br />

muskuläre Wahrnehmungsschulung<br />

letztlich am Gesamtorganismus einen<br />

gewissen Entspannungseffekt intendiert.<br />

Das Prinzip besteht darin, dass<br />

nacheinan<strong>der</strong> verschiedene Muskelgruppen<br />

angespannt und wie<strong>der</strong> entspannt<br />

werden, wobei das übende Individuum<br />

sich auf die Wahrnehmung<br />

<strong>der</strong> Spannungsunterschiede zwischen<br />

An- und Entspannung konzentriert<br />

und dadurch eine mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

generalisierte psychophysische Entspannungsreaktion<br />

herbeiführt, an<br />

<strong>der</strong>en Zustandekommen mehrere Teilprozesse<br />

mitwirken.<br />

Merke<br />

Von an<strong>der</strong>en Entspannungsverfahren<br />

unterscheidet sich<br />

die Progressive Muskelentspannung<br />

dadurch, dass die<br />

biologisch präformierte psychophysischeEntspannungsreaktion<br />

über ein systematisches<br />

An- und Entspannen <strong>der</strong><br />

willkürlichen (quergestreiften)<br />

Körpermuskulatur erzielt wird.<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Jacobsons originale Konzeption und<br />

<strong>der</strong>en spätere Abwandlung<br />

in verschiedenen Varianten<br />

Der Grundgedanke <strong>der</strong> PME basiert auf <strong>der</strong> Annahme<br />

einer engen und unlöslichen Wechselwirkung von psychisch-mentalen<br />

und (neuro-) muskulären Prozessen. Ausgangspunkt<br />

waren insbeson<strong>der</strong>e JACOBSONs Beobachtungen<br />

und Studien an Zuständen von Unruhe, Angst und<br />

Schreck, wobei es jeweils zu einer signifikanten Tonuserhöhung<br />

im muskulären System kam. Seine Behandlungsrationale<br />

ging dahin, durch eine übungsmäßig zu<br />

erlernende Beeinflussung des (neuro-) muskulären Tonus<br />

und des subjektiv erlebten Muskelentspannungsgefühls<br />

auch die Zustände <strong>der</strong> Angst und <strong>der</strong> inneren Unruhe zu<br />

verän<strong>der</strong>n (7; 12). Entsprechend arbeitete er zunächst<br />

vorwiegend mit Patienten, die ängstlich, „nervös“ o<strong>der</strong><br />

verspannt waren. Später kamen solche mit gastrointestinalen<br />

und kardiovaskulären Problemen hinzu (19).<br />

Da historische und konzeptionsgeschichtliche Aspekte in<br />

diesem Kontext nicht zu differenziert dargestellt werden<br />

können, sei <strong>der</strong> spezifisch Interessierte auf einige frühere<br />

Arbeiten des Autors (10; 12; 15) verwiesen.<br />

Faktisch ging JACOBSON so vor, dass er seinen Versuchspersonen<br />

bzw. Patienten die Grundlagen seines<br />

übenden Verfahrens erläuterte, um sie dadurch <strong>für</strong> ein<br />

Arbeitsbündnis zu gewinnen. Sie wurden dabei zunächst<br />

angehalten, den Spannungszustand in den einzelnen<br />

Muskelgruppen wahrzunehmen. Im ersten Schritt sollte<br />

dabei <strong>der</strong> Anspannungsgrad, im zweiten jeweils <strong>der</strong> komplementäre<br />

Entspannungszustand exerziert werden. Das<br />

Grundprinzip bestand darin, über das willentlich herbeigeführte<br />

Kontrasterleben zwischen angespannter und<br />

entspannter Muskulatur zu einer kontinuierlichen Reduktion<br />

<strong>der</strong> Anspannung in den einzelnen Gruppen des<br />

Bewegungsapparates zu kommen. Mit dieser Methode des<br />

aktiven Anspannens und nachfolgenden Entspannens geht<br />

implizit und parallel eine Art Wahrnehmungsschulung <strong>für</strong><br />

muskuläre Entspannungszustände einher. Dadurch wird<br />

<strong>der</strong> Patient im Laufe seiner Übungen – die im Intervall<br />

zwischen den Sitzungen auch allein durchgeführt werden<br />

sollen – befähigt, möglichst subtile und geringfügige Verspannungen<br />

einzelner Muskeln und Muskelgruppen rasch<br />

wahrzunehmen und dann entsprechend mit Entspannung<br />

darauf zu reagieren.<br />

JACOBSON ließ seine Patienten in definierten Positionen,<br />

die sich jeweils nach spezifischen Muskelgruppen<br />

orientierten, üben. Die Illustrationen seines ersten Handbuchs<br />

geben davon beredtes Zeugnis. Sobald technisch<br />

möglich, versuchte er auch, zumindest von Zeit zu Zeit die<br />

noch vorhandene „Restspannung“ apparativ zu erfassen<br />

und zu dokumentieren. Dieses Verfahren stellte an die<br />

Motivation und Kooperativität des Patienten recht hohe<br />

Ansprüche, weil er zunächst nach dem „Prinzip <strong>der</strong> mini-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Originalarbeit<br />

805<br />

Cefak-2


malen Kontraste“ verfuhr. Der geübte<br />

Patient sollte dabei in den Stand<br />

versetzt werden, möglichst bereits<br />

minimale Kontraste wahrzunehmen<br />

und die Muskulatur möglichst<br />

geringfügig anzuspannen, um ein<br />

Kontrasterlebnis zu bekommen und<br />

schließlich auch die Restspannungen<br />

noch abzubauen.<br />

Seit den 1970er Jahren setzte dann<br />

eine Neuentwicklung ein, die zu einer<br />

weitgehenden Umgestaltung <strong>der</strong> ursprünglichen<br />

Originalversion von E.<br />

JACOBSON führte. Zwei nordamerikanische<br />

Psychologie-Professoren (BERN-<br />

STEIN und BORKOVEC) entwickelten<br />

mit ihren Arbeitsgruppen an<strong>der</strong>e, primär<br />

verkürzte Varianten <strong>der</strong> ursprünglichen<br />

JACOBSON-Version und konnten<br />

diese auch in verschiedenen evaluativen<br />

Studien <strong>für</strong> bestimmte Behandlungsgruppen<br />

gut validieren. Die Verän<strong>der</strong>ungen,<br />

die von BERNSTEIN und<br />

BORKOVEC ausgingen, führten allerdings<br />

nicht nur zu einer Straffung <strong>der</strong><br />

Methoden und zu einem Aufblühen<br />

immer neuer Varianten. Sie modifizierten<br />

auch das „Prinzip <strong>der</strong> minimalen<br />

Kontraste“, behielten aber das<br />

zentrale Paradigma JACOBSONs bei,<br />

nämlich dasjenige <strong>der</strong> Wechselwirkung<br />

von muskulärem Spannungszustand<br />

und gesamtorganismischer<br />

Befindlichkeit.<br />

Theoretisch wurde im Weiteren<br />

das Prinzip <strong>der</strong> minimalen Kontraste<br />

fast völlig aufgegeben und von BERN-<br />

STEIN und BORKOVEC die Methode <strong>der</strong><br />

maximalen Kontraste vorgeschlagen<br />

und propagiert. Sie gingen davon aus,<br />

dass <strong>der</strong> Entspannungseffekt umso<br />

größer ist bzw. einfacher zu erzielen<br />

ist, je stärker die unmittelbar vorhergehende<br />

aktive Anspannung einzelner<br />

Muskelgruppen gewesen ist. Im praktischen<br />

Vorgehen sind sie zudem deutlich<br />

pragmatischer als JACOBSON: Sie<br />

schlagen eine Hauptversion mit 16<br />

Übungsschritten vor, die zu Beginn<br />

des Trainings erlernt werden sollte<br />

und gegenüber <strong>der</strong> Originalversion<br />

von JACOBSON nicht nur zeitlich erheblich<br />

verkürzt ist, son<strong>der</strong>n auch teilweise<br />

an<strong>der</strong>e Muskelgruppen bein-<br />

Originalarbeit<br />

haltet und einen verän<strong>der</strong>ten Übungsablauf<br />

impliziert. Sobald <strong>der</strong> Proband<br />

diese Übungen kennt und weitgehend<br />

beherrscht, besteht zudem die Möglichkeit,<br />

zu einer nochmals gestrafften,<br />

jetzt 7 Übungsschritte umfassenden<br />

Variante überzugehen. Während<br />

die 16-Schritt-Version noch ca. 30<br />

Minuten Übungszeit beansprucht, genügen<br />

in <strong>der</strong> 7-Schritt-Version ganze<br />

15-20 Minuten. Außerdem existieren<br />

nochmals verkürzte Übungsvarianten,<br />

die bei 4-5 Übungsschritten nur noch<br />

etwa 10 Minuten dauern, wenn <strong>der</strong><br />

Patient genügend trainiert ist.<br />

Diese Vorschläge von BERNSTEIN<br />

und BORKOVEC haben international<br />

eine große Resonanz und Akzeptanz<br />

gefunden und – in Verbindung mit <strong>der</strong><br />

aufstrebenden Verhaltenstherapie/<br />

Verhaltensmedizin – wesentlich zur<br />

eingangs beschriebenen Entwicklung<br />

einer immer breiteren Anwendung <strong>der</strong><br />

PME beigetragen. Es gab im Zuge<br />

dieser Entwicklung noch weitere Erneuerungen,<br />

welche nicht nur die<br />

Anzahl <strong>der</strong> real praktizierten Varianten<br />

nochmals vermehrte, son<strong>der</strong>n teilweise<br />

auch in geradezu eklektizistischer<br />

Manier zur Aufnahme von<br />

Atemformeln, Ruhesuggestion und<br />

insbeson<strong>der</strong>e praktischen Elementen<br />

führte. Dadurch ist die reale Praxis <strong>der</strong><br />

PME heute und im internationalen<br />

Vergleich nicht nur erheblich variantenreicher<br />

geworden, sie hat sich auch<br />

von ursprünglichen Konzepten<br />

JACOBSONs teilweise entfernt. Entsprechend<br />

werden diese Varianten häufig<br />

unter <strong>der</strong> Bezeichnung „Progressive<br />

Muskelrelaxation nach JACOBSON“<br />

zusammengefasst.<br />

Grundcharakteristika <strong>der</strong><br />

Progressiven Muskelrelaxation<br />

Gerade angesichts verschiedener historischer<br />

„Paradigmenwechsel“ und<br />

<strong>der</strong> Kontamination mit Formen und<br />

Elementen an<strong>der</strong>er Verfahren erscheint<br />

es zusammenfassend wichtig,<br />

806<br />

die Hauptcharakteristika <strong>der</strong> Progressiven<br />

Muskelrelaxation in ihrer aktuellen<br />

Standardversion, <strong>der</strong>jenigen<br />

nach BERNSTEIN und BORKOVEC, wie<br />

folgt zusammenzufassen:<br />

1. Die PME beruht auf dem Prinzip<br />

<strong>der</strong> Kontrastwahrnehmung von<br />

Unterschieden <strong>der</strong> (Skelett-) Muskelspannung,<br />

insbeson<strong>der</strong>e des<br />

Kontrasts zwischen <strong>der</strong> Anspannung<br />

und <strong>der</strong> konsekutiven Entspannung.<br />

2. Im Laufe eines definierten sukzessiven<br />

bzw. progressiven Vorgehens<br />

werden die wichtigsten Muskelgruppen<br />

<strong>der</strong> größeren Körperregionen<br />

angespannt und wie<strong>der</strong><br />

entspannt.<br />

3. Dadurch kommt es zu einer (gewollten)<br />

Wahrnehmungsschulung<br />

<strong>für</strong> Tonusdifferenzen, welche das<br />

Individuum zusätzlich in die Lage<br />

versetzen soll, etwaige Verspannungszustände<br />

frühzeitig zu erkennen.<br />

4. Praktiziert wird die Methode <strong>der</strong><br />

maximalen Kontraste (aber unterhalb<br />

<strong>der</strong> Schmerzgrenze).<br />

5. Die Fähigkeit, sich zu entspannen,<br />

wird als eine erlernbare Eigenschaft<br />

des Individuums verstanden;<br />

wie an<strong>der</strong>e Fähigkeiten kann<br />

auch diese durch Lernen und durch<br />

Übungen verbessert werden.<br />

6. Die Anspannung wird genutzt, um<br />

letztlich möglichst weitgehende<br />

Entspannung <strong>der</strong> Muskulatur zu<br />

erreichen. Davon wird eine gesamtorganismische<br />

Wirkung erwartet,<br />

die sich auch auf mentale<br />

und psychische Prozesse erstreckt.<br />

7. Die einzelnen Übungsschritte <strong>der</strong><br />

16-Schritt-Version beginnen an<br />

den Extremitäten mit <strong>der</strong> dominanten<br />

Seite und gehen zur nicht<br />

dominanten über. Mit zunehmen<strong>der</strong><br />

Übung kann die Zahl <strong>der</strong><br />

simultan angespannten Muskelgruppen<br />

erweitert werden.<br />

8. Nach wie vor versteht sich die<br />

PME als übendes, selbst instruktives<br />

und aktives Verfahren. Suggestive<br />

o<strong>der</strong> gar hypnotische<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Mechanismen werden nicht primär<br />

angestrebt und als methodenfremd<br />

erachtet. Allerdings wird zunehmend<br />

eine meditative o<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e<br />

imaginative Phase angeschlossen.<br />

Hinweis<br />

Der zweite Teil dieser Arbeit, <strong>der</strong> im<br />

kommenden Heft erscheinen wird,<br />

befasst sich mit den pragmatischen<br />

und indikativen Aspekten <strong>der</strong> Progressiven<br />

Muskelentspannung.<br />

Literatur<br />

1. Bernstein, D.A., Th. D. Borkovec: Entspannungs-Training.<br />

Handbuch <strong>der</strong> Progressiven<br />

Muskelentspannung. 4. Aufl. J.<br />

Pfeiffer, München 1987<br />

2. Feiereis, H.: Übende Verfahren. In: Stephan<br />

Ahrens (Hrsg.): Lehrbuch <strong>der</strong> Psychotherapeutischen<br />

Medizin. Schattauer Verlag,<br />

Stuttgart/New York 1997, S. 77-80<br />

3. Grawe, K., R. Donati, F. Bernauer: Psychotherapie<br />

im Wandel. Von <strong>der</strong> Konfession<br />

zur Profession. Hogrefe, Göttingen 1994<br />

4. Gröninger, S., J. Stade-Gröninger: Progressive<br />

Relaxation. Indikation, Anwendung,<br />

Forschung, Honorierung. J. Pfeiffer, München<br />

1996<br />

5. Haring, C.: Hypnose und autogenes Training.<br />

In: H.J. Möller (Hrsg.): Therapie<br />

psychiatrischer Erkrankungen. Ferdinand<br />

Enke Verlag. Stuttgart 1993. S. 23-31<br />

6. Hoffmann, B.: Handbuch des autogenen<br />

Trainings. Grundlagen, Technik, Anwendung.<br />

Deutscher Taschenbuch Verlag, 10.<br />

Aufl. 1992<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Originalarbeit<br />

7. Jacobson, E.: Progressive relaxation. University<br />

of Chicago, III. University of Chicago<br />

Press. (1. Edition 1929, 2. Edition<br />

1938)<br />

8. Jacobson, E.: You must relax. Mc. Graw-<br />

Hill, New York 1934<br />

9. Jacobson, E.: Entspannung als Therapie.<br />

Pfeiffer, München 1991<br />

10. Kohl, F.: Der lange Weg zur Entdeckung<br />

des EEG beim Menschen. Hans Berger<br />

(1873-1941). In: Psycho 20 (1994), 177-<br />

180<br />

11. Kohl, F.: James Braid (1795-1860): Der<br />

Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hypnoselehre und -therapie<br />

wurde vor 200 Jahren geboren. Psychotherapeut<br />

1996, 41: 151-155<br />

12. Kohl, F.: Die „Progressive Muskelrelaxation“<br />

nach Jacobson – methodischer Ansatz,<br />

konzeptionelle Entwicklungen und<br />

Grundzüge <strong>der</strong> gegenwärtigen Anwendungspraxis.<br />

Krankenhauspsychiatrie 8<br />

(1997) 189-193<br />

13. Kohl, F.: Alternative Schmerztherapie.<br />

Heilberufe 49 (1997), 16-17<br />

14. Kohl, F.: Aspekte <strong>der</strong> Ethik und Qualitätssicherung<br />

bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Progressiven<br />

Muskelentspannung (PME) nach<br />

E. Jacobson. In: Spektrum <strong>der</strong> Psychiatrie,<br />

Psychotherapie und Nervenheilkunde 4<br />

(1999), S. 105-107<br />

15. Kohl, F.: Entspannungsverfahren in <strong>der</strong><br />

Medizin. Zur Geschichte und Entwicklung<br />

ihrer wichtigsten Konzepte und Anwendungsmethoden.<br />

Fundamenta Psychiatrica<br />

1999; 13: 180-184<br />

16. Kohl, F.: Die Progressive Muskelentspannung<br />

nach Jacobson – Indikationen,<br />

Kontraindikationen und Differentialindikationen<br />

gegenüber an<strong>der</strong>en Entspannungsverfahren<br />

(in Vorber.)<br />

17. Linden, M.: Entspannungstraining. In:<br />

Linden M., Hautzinger M. (Hrsg.): Verhaltenstherapie.<br />

Berlin, Springer 1993, 135-<br />

138<br />

809<br />

18. Ohm, D.: Progressive Relaxation. Tiefmuskelentspannung<br />

nach Jacobson. Einführung<br />

und Übungen. Kombinationsmöglichkeiten<br />

mit dem Autogenen Training.<br />

Thieme, Stuttgart 1992<br />

19. Ohm, D.: Entspannungsverfahren in <strong>der</strong><br />

kardiologischen Rehabilitation.<br />

Praxis <strong>der</strong> Klinischen Verhaltensmedizin und<br />

Rehabilitation, Heft 20, Dezember 1992, S.<br />

286-293<br />

20. Sulz, S.: Entspannungsverfahren: Progressive<br />

Muskelrelaxation nach Jacobson.<br />

Fundamenta Psychiatrica 1995; 9: 25-31<br />

21. Wahl, R., F. Kohl: Entspannungsverfahren<br />

bei Angsterkrankungen. In: Kasper, S., H.<br />

Möller (Hrsg.): Angst- und Panikerkrankungen.<br />

G. Fischer, Jena 1995<br />

Dr. med. F. Kohl<br />

Facharzt <strong>für</strong> Neurologie, Psychiatrie<br />

und Psychotherapie<br />

Facharzt <strong>für</strong> Psychotherapeutische<br />

Medizin, Spezielle Schmerztherapie/<br />

Rehabilitationswesen<br />

Schillerstraße 18<br />

79102 Freiburg i.Br.


Kommentar zum Artikel<br />

Dem Verfasser ist zu danken, dass er<br />

die Entwicklung <strong>der</strong> Progressiven<br />

Muskelentspannung nach Jacobson<br />

in diesem Rahmen vorstellt. Die Veröffentlichung<br />

<strong>der</strong>artiger Beiträge in<br />

unserer Zeitschrift ist eigentlich auch<br />

ein kleiner „Paradigmenwechsel“ (sofern<br />

man diesen Terminus – <strong>der</strong> ja<br />

schon inflationär, gleichsam bei <strong>der</strong><br />

Einführung neuer Jogurtmarken gebraucht<br />

wird – noch gebrauchen<br />

mag). Zeigt er uns doch deutlich,<br />

dass wir uns nicht mehr nur mit sensationellen<br />

neuen Methoden und Erkenntnissen<br />

aus <strong>der</strong> Tiefe des Grundsystems<br />

o<strong>der</strong> einer nur quantenphysikalisch<br />

zu beschreibenden Dimension<br />

zu befassen haben, son<strong>der</strong>n<br />

mit außerordentlich individuellen,<br />

aber doch gegenständlichen, patientengerichteten<br />

Problemen und Methoden.<br />

Originalarbeit<br />

Es wäre denn doch ein grober –<br />

wenn auch aus <strong>der</strong> Sicht des „Abendlän<strong>der</strong>s“<br />

verständlicher – Fehler,<br />

wenn wir als naturheilkundliche o<strong>der</strong><br />

regulationsmedizinisch tätige <strong>Ärzte</strong><br />

den aristotelisch verordneten und<br />

römisch-katholisch perpetuierten<br />

Leib-Seele-Dualismus weiterführen<br />

und, geradewegs am Muskel- und<br />

Skelettsystem vorbei, ausschließlich<br />

ins Grundsystem o<strong>der</strong> womöglich in<br />

„die Aura“ verlagern würden.<br />

Es tut in diesem Zusammenhang<br />

sicher gut, dass einmal mehr darauf<br />

aufmerksam gemacht wird, dass Arbeit<br />

am und mit dem leiblichen Körper<br />

des Patienten auch eine ärztliche<br />

Aufgabe ist, nicht „nur“ eine Delegationsleistung<br />

<strong>für</strong> den Physiotherapeuten;<br />

aber auch, dass die Selbstverantwortung<br />

(durch Selbstwahrnehmung)<br />

des Patienten eine erst-<br />

810<br />

rangige Rolle spielt. lmmerhin ist bemerkenswert,<br />

dass <strong>der</strong> Methode <strong>der</strong><br />

Blick über den eigenen „Gartenzaun“<br />

hin zu „meditativen“ und/o<strong>der</strong> „imaginativen“<br />

Zusatztechniken nicht erspart<br />

bleibt.<br />

Die Zukunft scheint auch hier erst<br />

angebrochen und wir dürfen gespannt<br />

sein, welche Verän<strong>der</strong>ungen<br />

und Modifikationen die verschiedenen<br />

Verfahren zur inneren bzw.<br />

äußeren Korrektur (von Yoga über<br />

autogenes Training bis zur Technik<br />

nach Alexan<strong>der</strong> o<strong>der</strong> eben Jacobson)<br />

noch erleben werden.<br />

Dr. med. O. Kuhnke<br />

Vorstandsmitglied des ZÄN<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Zusammenfassung<br />

Summary<br />

Resumen<br />

Originalarbeit<br />

Anwendung rationaler Phytopharmaka<br />

in <strong>der</strong> täglichen Praxis<br />

D. Loew<br />

Arzneipflanzen zählen zu den ältesten Heilmitteln. Diesen traditionell und empirisch<br />

angewendeten Arzneipflanzen stehen sog. rationale Phytopharmaka gegenüber.<br />

Von ihnen liegen Unterlagen zur Qualität, klinischen Wirksamkeit und<br />

Unbedenklichkeit entsprechend aktuellem Wissensstand vor. Da es sich um spezial<br />

hergestellte Extrakte handelt, ergibt sich zwangsläufig das Problem <strong>der</strong><br />

Gleichwertigkeit. Zur Austauschbarkeit sind Nachweis <strong>der</strong> pharmazeutischen, biopharmazeutischen<br />

Qualität, <strong>der</strong> Bioäquivalenz anhand von pharmakokinetischen<br />

Daten bzw. Bioassays o<strong>der</strong> präparatespezifische Studien zur klinischen Wirksamkeit<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Am Beispiel von standardisierten Crataegus- und Ginkgobiloba-Extrakten<br />

werden pharmakologische Wirkungen und klinische Wirksamkeit<br />

bei chronischer Herzinsuffizienz NYHA II und Alzheimer Demenz als Alternative<br />

zu chemisch definierten Präparaten aufgezeigt.<br />

Schlüsselwörter: Phytotherapie, Phytopharmakon, Arzneimittel (pflanzliche),<br />

Ginkgo biloba, Crataegus<br />

Medicinal herbs are some of the oldest remedies in human medicine. The socalled<br />

rational phytopharmaceuticals have been <strong>der</strong>ived from these traditional<br />

remedies whose applications were predominated by empirical means. Rational<br />

phytopharmaceuticals are characterised by the currently available evidence<br />

regards their quality, clinical efficacy, and safety. Since these preparations are<br />

specially prepared extracts there is the issue of equivalence to the original<br />

herb(s). The pharmaceutical and bio-pharmaceutical quality and bio-equivalence<br />

of the preparations must be documented by means of pharmacokinetic data,<br />

bioassays or specialised efficacy studies in or<strong>der</strong> to document the equivalence of<br />

herb and preparation. The pharmacological effects and clinical efficacy of standardised<br />

Crataegus and Ginkgo biloba extracts in chronic cardiac insufficiency,<br />

NYHA II, and Alzheimer dementia patients were investigated in this study to<br />

demonstrate that these preparations are suitable alternatives to chemicallydefined<br />

preparations.<br />

Key words: Phytotherapy, phytopharmaceuticals, plant-<strong>der</strong>ived drugs, Ginkgo<br />

biloba, Crataegus<br />

Las plantas medicinales figuran entre los medicamentos más antiguos. A estas<br />

plantas medicinales, de aplicación tradicional y empírica, se oponen los llamados<br />

psicofármacos racionales. Sobre estos existe una documentación en relación a la<br />

calidad, la eficiencia clínica y a la compatibilidad de acuerdo al estado actual del<br />

conocimiento. Tratándose de extractos especialmente producidos, surge inevitablemente<br />

el problema de la equivalencia. Para la intercambiabilidad se necesita<br />

la comprobación de la calidad farmacéutica y biofarmacéutica, de la bioequivalencia,<br />

en base a datos farmacoquinéticos o bioensayos, resp., o estudios<br />

específicos sobre la eficiencia de los respectivos preparados. A través del<br />

ejemplo de extractos de oxiacanta y gingko biloba estandarizados, se muestran<br />

los efectos farmacológios y la eficiencia clínica en casos de insuficiencia cardiovascular<br />

crónica NYHA II y enfermedad de Alzheimer como alternativa a los preparados<br />

químicamente definidos.<br />

Términos claves: Psicoterapia, fitofármaco, medicamentos vegetales, gingko<br />

biloba, oxiacanta<br />

812<br />

Einleitung<br />

Die Anwendung von Pflanzen bzw.<br />

Pflanzenteilen zur Behandlung von<br />

Krankheitszuständen findet sich seit<br />

Jahrtausenden in den unterschiedlichsten<br />

Kulturen. Dabei wurden<br />

pflanzliche Heilmittel zunächst nach<br />

dem Prinzip <strong>der</strong> Erfahrung angewendet.<br />

Was sich in <strong>der</strong> Therapie bewährte,<br />

wurde in den sich ständig vergrößernden<br />

Arzneimittelfundus aufgenommen<br />

und fortgeschrieben (trial<br />

and error). In Rezeptarien, Medikamentarien<br />

und Kräuterbüchern wurden<br />

Wirkungen, Anwendungsgebiete<br />

und mitunter Darreichungsformen<br />

zum Teil präzise beschrieben. In dieser<br />

Tradition werden auch heute noch<br />

vielfach pflanzliche Präparate angewandt,<br />

<strong>der</strong>en Nutzen lediglich auf<br />

Empirie und langer Tradition beruht.<br />

<strong>Ärzte</strong>, kritische Patienten, Krankenkassen<br />

und Zulassungsbehörden<br />

verlangen heute mit Recht wissenschaftliche<br />

Belege zur Qualität, klinischen<br />

Wirksamkeit und Verträglichkeit<br />

von Phytopharmaka. Für pflanzliche<br />

Arzneimittel mit solchen wissenschaftlichen<br />

Belegen wurde zwecks<br />

Präzisierung und Abgrenzung zur reinen<br />

Erfahrungsmedizin <strong>der</strong> Ausdruck<br />

„rationale Phytopharmaka“ geprägt.<br />

Definition rationaler<br />

Phytopharmaka<br />

Rationale Phytopharmaka sind Arzneimittel<br />

pflanzlicher Herkunft, <strong>für</strong><br />

die mit den anerkannten wissenschaftlichen<br />

Methoden <strong>der</strong> Nachweis <strong>der</strong><br />

pharmazeutischen Qualität sowie <strong>der</strong><br />

therapeutischen Wirksamkeit und<br />

Unbedenklichkeit erbracht wurde. Sie<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


stehen insofern gleichrangig neben<br />

chemisch definierten Arzneimitteln<br />

(14).<br />

Als Wirkstoffe enthalten rationale<br />

Phytopharmaka im Unterschied zu<br />

chemisch definierten Substanzen und<br />

isolierten, chemisch identifizierten<br />

pflanzlichen Reinstoffen (z.B. Digoxin)<br />

pflanzliche Zubereitungen, vorwiegend<br />

standardisierte und/o<strong>der</strong> normierte<br />

Extrakte. Enthält ein Phytopharmakon<br />

als Wirkstoff einen Extrakt<br />

aus einem o<strong>der</strong> mehreren Drogenteilen<br />

<strong>der</strong>selben Arzneipflanze,<br />

wird es als Monopräparat deklariert.<br />

Der Extrakt ist in seiner Gesamtheit<br />

<strong>der</strong> Wirkstoff. Dagegen enthält ein<br />

pflanzliches Kombinationspräparat<br />

mehrere Kombinationspartner aus<br />

verschiedenen Arzneipflanzen in<br />

Extraktform. Rationale Phytopharmaka<br />

werden in den üblichen Zubereitungsformen<br />

angeboten und kommen<br />

nach den Regeln <strong>der</strong> wissen-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 40, 8 (1999)<br />

Originalarbeit<br />

schaftlich vorgehenden Medizin bei<br />

bestimmten Indikationen und in definierten<br />

Dosierungen zur Anwendung.<br />

Äquivalenz rationaler<br />

Phytopharmaka<br />

Ein spezielles Problem bei <strong>der</strong> Beurteilung<br />

von Arzneimitteln aus pflanzlichen<br />

Zubereitungen stellt die Äquivalenz<br />

hinsichtlich klinischer Wirksamkeit<br />

und möglicher Nebenwirkungen<br />

dar. Extrakte sind komplex<br />

zusammengesetzte Vielstoffgemische,<br />

<strong>der</strong>en Vergleichbarkeit von verschiedenen<br />

Faktoren abhängt (14). Dazu<br />

gehören neben <strong>der</strong> exakten Definition<br />

<strong>der</strong> Pflanze bzw. Pflanzenteile die aufgrund<br />

<strong>der</strong> natürlichen Gewinnung<br />

schwankenden Wirkstoffkonzentrationen,<br />

die durch eine geeignete Standardisierung<br />

ausgeglichen werden müssen.<br />

Auch die Art des Extraktions-<br />

ratiopharm<br />

813<br />

mittels sowie die genaue Deklaration<br />

des Droge-Extrakt-Verhältnisses<br />

(DEV) und <strong>der</strong> Wirkstoffmenge einschließlich<br />

definierter Leitsubstanzen<br />

sind <strong>für</strong> die gleich bleibenden Eigenschaften<br />

des pflanzlichen Arzneimittels<br />

und damit <strong>für</strong> die pharmazeutische<br />

Äquivalenz von Bedeutung. Eine<br />

regelmäßige Kontrolle <strong>der</strong> genannten<br />

Kriterien beim Hersteller muss durch<br />

ein zuverlässiges Qualitätsmanagement<br />

sichergestellt sein. Schon aus<br />

diesen Gründen können die wissenschaftlichen<br />

Belege <strong>für</strong> einen bestimmten<br />

standardisierten Extrakt<br />

nicht ohne weiteres auf Extrakte an<strong>der</strong>er<br />

Hersteller übertragen werden.<br />

Die pharmazeutische Äquivalenz<br />

ist insbeson<strong>der</strong>e auch unter Sicherheitsaspekten<br />

von erheblicher Bedeutung.<br />

In jüngster Zeit wurde in <strong>der</strong><br />

Fachliteratur über mehrere bekannt<br />

gewordene Fälle berichtet, in denen es<br />

durch kontaminierte Präparate pflanz-


licher Herkunft zu ernsthaften medizinischen<br />

Problemen gekommen war<br />

(1). So traten z.B. durch Beimischung<br />

entsprechen<strong>der</strong> Pflanzenteile in einem<br />

pflanzlichen Mischpräparat schwerwiegende<br />

Digitalisintoxikationen auf<br />

(17). In einem an<strong>der</strong>en Fall kam es zu<br />

einer chronischen Bleivergiftung<br />

durch Einnahme eines kontaminierten<br />

pflanzlichen „Diabetes-Präparates“<br />

(2). Wie diese aktuellen Beispiele<br />

zeigen, können bei <strong>der</strong> Anwendung<br />

von an sich gut verträglichen Phytopharmaka<br />

klinisch relevante Sicherheitsprobleme<br />

auftreten, wenn die<br />

pharmazeutische Qualität nicht gewährleistet<br />

ist. Auch bei biopharmazeutischer<br />

Äquivalenz von Pflanzenextrakten<br />

ist zusätzlich <strong>der</strong> Nachweis<br />

<strong>der</strong> Bioäquivalenz <strong>der</strong> daraus hergestellten<br />

Medikamente anhand pharmakokinetischer<br />

und pharmakodynamischer<br />

Parameter bzw. Bioassays erfor<strong>der</strong>lich,<br />

da z.B. die galenische Zubereitung<br />

erhebliche Auswirkungen<br />

auf Wirksamkeit und Verträglichkeit<br />

haben kann. Deshalb ist als weitere<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> eine nachgewiesene<br />

Äquivalenz ein direkter Wirkungsund<br />

Nebenwirkungsvergleich anhand<br />

von klinischen Studien wünschenswert.<br />

Diese Bedingung kann jedoch –<br />

schon aus ethischen Gründen – nicht<br />

regelmäßig erfüllt werden. Jedoch<br />

sollten klinische Wirksamkeit und<br />

Verträglichkeit <strong>für</strong> jedes aus einem<br />

standardisierten Extrakt hergestellte<br />

Arzneimittel durch eigene klinische<br />

Prüfungen belegt sein.<br />

Beispiele <strong>für</strong> rationale<br />

Phytopharmaka<br />

Der wissenschaftliche Erkenntnisstand<br />

bei den verschiedenen angebotenen<br />

pflanzlichen Arzneimitteln ist zur<br />

Zeit noch sehr unterschiedlich. Bei einigen<br />

Phytopharmaka kann aufgrund<br />

<strong>der</strong> durchgeführten Untersuchungen<br />

* Crataegutt ® novo 450, Hersteller: Dr. Willmar<br />

Schwabe GmbH & Co., Karlsruhe<br />

** Faros ®300/600, Hersteller: Lichtwer Pharma<br />

AG, Berlin<br />

Originalarbeit<br />

und des daraus resultierenden wissenschaftlichen<br />

Nachweismaterials bereits<br />

von rationalen Phytopharmaka<br />

gesprochen werden. Beispielhaft sollen<br />

hier die Erkenntnisse zu Arzneimitteln<br />

aus Crataegus (Weißdorn) und<br />

Ginkgo biloba dargestellt werden.<br />

BEISPIEL 1:<br />

Extrakte aus Crataegus<br />

bei Herzinsuffizienz<br />

Crataegus-Extrakte werden seit langem<br />

zur Behandlung von Patienten<br />

mit chronischer Herzinsuffizienz eingesetzt.<br />

Das wissenschaftliche Erkenntnismaterial<br />

zu aus Blättern mit<br />

Blüten des Weißdorns (Crataegi<br />

folium cum flore) hergestellten standardisierten<br />

Extrakten wurde gutachterlich<br />

bewertet und in Form einer<br />

Monografie im Bundesanzeiger veröffentlicht<br />

(15). Zahlreiche Ergebnisse<br />

aus experimentellen Untersuchungen<br />

und klinischen Studien liegen <strong>für</strong><br />

den Crataegus-Spezialextrakt WS<br />

1442* (im Folgenden als Beispiel<br />

beschrieben) und LI 132** vor.<br />

Crataegus-Spezialextrakt WS 1442<br />

Bei diesem handelt es sich um einen<br />

45%igen wässrig-ethanolischen Crataegus-Extrakt,<br />

standardisiert auf<br />

18,75% oligomere Procyanidine. Die<br />

pharmakologischen Wirkungen dieses<br />

Extraktes konnten in zahlreichen experimentellen<br />

Untersuchungen herausgearbeitet<br />

werden (14).<br />

So wurden kardioprotektive Effekte<br />

von WS 1442 in einem Ischämieund<br />

Reperfusionsmodell bei <strong>der</strong> Ratte<br />

demonstriert (9). Dabei führte die<br />

orale Vorbehandlung mit WS 1442 in<br />

einer Dosierung von 100 mg/kg KG<br />

zu einer statistisch signifikanten Vermin<strong>der</strong>ung<br />

von reperfusionsbedingter<br />

Mortalität, hypotensiver Krise und<br />

Kammerflimmern sowie zu einer<br />

deutlichen Reduktion von Inzidenz<br />

und Dauer <strong>der</strong> Kammertachykardie.<br />

Weiterführende Untersuchungen<br />

(4) zur Identifizierung <strong>der</strong> Wirkkom-<br />

814<br />

ponenten und <strong>der</strong> Charakterisierung<br />

<strong>der</strong> Wirkmechanismen zeigten, dass<br />

die oligomeren Procyanidine (OPC)<br />

wichtige, aktive Inhaltsstoffe von WS<br />

1442 darstellen. Nach <strong>der</strong> oralen Vorbehandlung<br />

von Ratten mit 20<br />

mg/kg/d einer OPC-reichen Subfraktion<br />

des <strong>Gesamte</strong>xtraktes wurden ähnliche<br />

protektive Eigenschaften im<br />

Ischämie-Reperfusionsmodell beobachtet,<br />

wie sie nach <strong>der</strong> Gabe des <strong>Gesamte</strong>xtraktes<br />

WS 1442 in einer Dosierung<br />

von 100 mg/kg/d beobachtet<br />

worden waren. Auch in den Untersuchungen<br />

zu den Wirkmechanismen<br />

zeigten sich mit <strong>der</strong> OPC-reichen Subfraktion<br />

ausgeprägtere Radikalfängereigenschaften<br />

und eine potentere<br />

Hemmwirkung auf die humane neutrophile<br />

Elastase. Beide Mechanismen<br />

sind sehr wahrscheinlich <strong>für</strong> die gezeigten<br />

kardialen Wirkungen von Bedeutung.<br />

An nach Herztransplantation gewonnenem<br />

menschlichem Herzmuskelgewebe<br />

schwer herzinsuffizienter<br />

Patienten konnte gezeigt werden, dass<br />

WS 1442 selbst am schwerstgradig<br />

insuffizienten Myokard die Kontraktionskraft<br />

steigert (3). Die Untersuchungen<br />

ergaben, dass die positiv<br />

inotrope Wirkung unabhängig von<br />

einer Aktivierung <strong>der</strong> Adenylatzyklase<br />

war und möglicherweise über eine<br />

Blockade <strong>der</strong> Na+/K+-ATPase vermittelt<br />

wird.<br />

Klinische Wirksamkeit von<br />

Crataegus-Spezialextrakt WS 1442<br />

bei herzinsuffizienten Patienten<br />

Zum Nachweis <strong>der</strong> Wirksamkeit von<br />

standardisierten Crataegus-Spezialextrakten<br />

entsprechend den aktuellen<br />

methodischen Anfor<strong>der</strong>ungen wurden<br />

kontrollierte klinische Prüfungen bei<br />

Patienten mit Herzinsuffizienz durchgeführt.<br />

Dabei wurde die Wirkung auf<br />

klinisch relevante Parameter (z.B.<br />

Herzleistung) sowie auf definierte<br />

subjektive Symptome untersucht.<br />

In einer doppelblinden, plazebokontrollierten<br />

klinischen Studie mit 30<br />

herzinsuffizienten Patienten im Stadium<br />

II nach NYHA wurde die Wir-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


kung von Crataegus-Spezialextrakt<br />

WS 1442 auf die Herzarbeit geprüft<br />

(11). Hauptzielgröße war die Än<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Druckfrequenzprodukt-<br />

Differenz [DFP = systolischer Blutdruck<br />

x (Herzfrequenz/100), Differenz<br />

bei 50 W Belastung vs. Ruhe]<br />

unter <strong>der</strong> Therapie. Eine Abnahme<br />

dieses Parameters entspricht einer<br />

Ökonomisierung <strong>der</strong> Herzleistung.<br />

Unter WS 1442 nahm die DFP-<br />

Differenz kontinuierlich ab und lag<br />

nach acht Wochen Behandlung statistisch<br />

signifikant unter <strong>der</strong> DFP-<br />

Differenz <strong>der</strong> Plazebogruppe (p <<br />

0,05). Auch die Zunahme <strong>der</strong> Herzfrequenz<br />

<strong>für</strong> alle Belastungsstufen<br />

wurde in <strong>der</strong> Verumgruppe im Therapieverlauf<br />

geringer, während unter<br />

Plazebobehandlung keine Verän<strong>der</strong>ung<br />

eintrat. Neben den objektiven<br />

Parametern zur Herzleistung wurde<br />

auch die Besserung <strong>der</strong> Beschwerden<br />

mithilfe <strong>der</strong> Beschwerdeliste nach<br />

VON ZERSSEN (22) (B-L-Gesamtscore)<br />

erfasst. Unter WS 1442 nahm <strong>der</strong> mediane<br />

Gesamtscore im Therapieverlauf<br />

mit einem Rückgang von 38 auf<br />

21,5 deutlicher ab als unter Plazebo<br />

mit 31 auf 27. Die Verträglichkeit war<br />

in beiden Gruppen sehr gut.<br />

Eine weitere plazebokontrollierte<br />

Doppelblindstudie zur Wirksamkeit<br />

Abb. 1: Mittlere Abnahme <strong>der</strong> Druckfrequenzprodukt-<br />

Differenz (= Ökonomisierung <strong>der</strong> Herzarbeit) nach<br />

Therapie mit Crataegus-Spezialextrakt WS 1442<br />

(Differenz zwischen Aufnahme und Therapiebeginn bzw.<br />

zwischen Aufnahme und Ende <strong>der</strong> achtwöchigen<br />

Therapie; Erläuterungen siehe Text)<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Originalarbeit<br />

von Crataegus-Spezialextrakt WS<br />

1442 wurde multizentrisch mit 136<br />

herzinsuffizienten Patienten im Stadium<br />

NYHA II durchgeführt (18).<br />

Auch in dieser Studie ließ sich anhand<br />

<strong>der</strong> Druckfrequenzprodukt-Differenz<br />

eine deutliche Verbesserung <strong>der</strong> Herzleistung<br />

in <strong>der</strong> Verumgruppe nachweisen,<br />

während in <strong>der</strong> Plazebogruppe<br />

eine progrediente Verschlechterung zu<br />

verzeichnen war (Abb. 1). Der Therapiegruppenunterschied<br />

nach acht<br />

Wochen Behandlung war auch hier<br />

statistisch signifikant (p = 0,018). Das<br />

positive Ergebnis <strong>für</strong> den objektiven<br />

Wirksamkeitsparameter wurde durch<br />

die subjektive Bewertung <strong>der</strong> Patienten<br />

hinsichtlich ihrer Hauptbeschwerden<br />

bestätigt. Unter <strong>der</strong> Behandlung<br />

mit WS 1442 zeigte sich eine<br />

deutliche und im Vergleich zu Plazebo<br />

statistisch signifikant überlegene Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Hauptbeschwerden (p =<br />

0,05) wie z.B. eingeschränkte Belastbarkeit,<br />

Kurzatmigkeit, Knöchelödeme<br />

o<strong>der</strong> Nykturie (Abb. 2). Darüber<br />

hinaus führte die aktive Therapie<br />

im Vergleich zu Plazebo im<br />

Patientenurteil zu einer erhöhten<br />

Lebensqualität durch positive Än<strong>der</strong>ungen<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> erfassten diesbezüglichen<br />

Merkmale (Leistungsfähigkeit,<br />

Symptombelastung, Ge-<br />

815<br />

nuss- und Entspannungsfähigkeit,<br />

Stimmung, Kontaktvermögen, Zugehörigkeitsgefühl).<br />

Die Verträglichkeit<br />

von WS 1442 war wie<strong>der</strong>um sehr gut.<br />

Behandlung <strong>der</strong> Herzinsuffizienz<br />

mit Crataegus-Extrakten<br />

Therapieziele bei <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong><br />

Herzinsuffizienz sind die Senkung <strong>der</strong><br />

Vor- und Nachlast sowie die Normalisierung<br />

<strong>der</strong> kompensatorisch übersteuerten<br />

neurohumoralen Aktivität<br />

des Sympathikus und des Renin-<br />

Angiotensin-Systems, Verbesserung<br />

bzw. Normalisierung <strong>der</strong> Pumpfunktion<br />

des Herzens und damit <strong>der</strong><br />

Perfusion lebenswichtiger Organe,<br />

Verhin<strong>der</strong>ung des Fortschreitens in<br />

prognostisch ungünstige Stadien,<br />

Reduktion <strong>der</strong> Morbidität, verbesserte<br />

Lebensqualität und verlängerte Überlebenszeit<br />

(14).<br />

Die <strong>für</strong> Crataegus-Spezialextrakt<br />

WS 1442 nachgewiesenen Verbesserungen<br />

objektiver kardialer Leistungsparameter<br />

und subjektiver Symptome<br />

stehen in Übereinstimmung mit diesen<br />

Therapiezielen und belegen den Nutzen<br />

<strong>der</strong> Anwendung von Crataegus in<br />

<strong>der</strong> Therapie <strong>der</strong> chronischen Herzinsuffizienz<br />

im Stadium II nach<br />

NYHA. Die experimentellen und klinischen<br />

Befunde zur pharmakologi-<br />

Abb. 2: Verän<strong>der</strong>ung (Prozent <strong>der</strong> Patienten) <strong>der</strong> Hauptbeschwerden<br />

im Vergleich zur Ausgangslage nach achtwöchiger<br />

Therapie mit Crataegus-Spezialextrakt WS<br />

1442 bzw. Plazebo (Erläuterungen siehe Text)


schen Wirkung und klinischen Wirksamkeit<br />

konnten in ähnlicher Form<br />

auch <strong>für</strong> einen an<strong>der</strong>en auf Flavonoide<br />

standardisierten Crataegus-Extrakt<br />

mit <strong>der</strong> Bezeichnung LI 132 gezeigt<br />

werden (12, 13).<br />

Eine Übersicht über die Wirkungen<br />

standardisierter Crataegus-Extrakte<br />

im Vergleich zu an<strong>der</strong>en in <strong>der</strong><br />

Therapie <strong>der</strong> Herzinsuffizienz angewendeten<br />

Wirkstoffen zeigt Tabelle 1.<br />

Dabei ist insbeson<strong>der</strong>e das günstige<br />

Risikoprofil von Crataegus bemerkenswert.<br />

Wenn auch Ergebnisse von<br />

Langzeitstudien mit ausreichend großen<br />

Patientenzahlen zum Nachweis<br />

<strong>der</strong> Verlängerung <strong>der</strong> Überlebenszeit<br />

<strong>für</strong> Crataegus wie beispielsweise <strong>für</strong><br />

an<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Therapie <strong>der</strong> Herzinsuffizienz<br />

eingesetzten Wirkstoffe<br />

bisher noch fehlen – <strong>der</strong>zeit wird die<br />

diesbezügliche Studie „SPICE“ mit<br />

dem Crataegus-Spezialextrakt WS<br />

1442 durchgeführt (7) –, stellen Crataegus-Extrakte<br />

in vielen Fällen insbeson<strong>der</strong>e<br />

wegen ihres im Vergleich<br />

günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses<br />

eine sinnvolle Behandlungsalternative<br />

im Stadium NYHA II dar.<br />

Nutzen Digitalis Diuretika ACE-Hemmer β-Blocker* Crataegus<br />

Steigerung <strong>der</strong> Pumpleistung + – – – +<br />

Senkung <strong>der</strong> Vorlast – + + – –<br />

Senkung <strong>der</strong> Nachlast – + + + +<br />

Vasodilatation – – + + +<br />

Radikal-Fänger-Aktivität – – – + +<br />

Einfluss auf neurohumorale Parameter – – + + +<br />

Kardioprotektion – – + + +<br />

Risiko<br />

Wechselwirkungen + + + + keine<br />

Nebenwirkungen + + + + gering<br />

Einfluss auf Elektrolyte + + + + keine<br />

Therapeutische Breite gering groß groß groß groß<br />

* 3. Generation<br />

Originalarbeit<br />

BEISPIEL 2:<br />

Extrakte aus Ginkgo biloba<br />

bei Demenz<br />

In <strong>der</strong> Behandlung demenzieller Syndrome<br />

mit Leitsymptomen wie Gedächtnis-<br />

und Konzentrationsstörungen,<br />

depressiven Verstimmungen,<br />

Schwindel, Ohrensausen und Kopfschmerzen<br />

ist die Anwendung von<br />

Ginkgo biloba seit vielen Jahren etabliert.<br />

Die in zahlreichen experimentellen<br />

und klinischen Studien erzielten<br />

Ergebnisse zu den Eigenschaften<br />

standardisierter Extrakte aus Ginkgobiloba-Blättern<br />

sind Grundlage <strong>der</strong> im<br />

Bundesanzeiger veröffentlichten<br />

Monografie (16). Beson<strong>der</strong>s gut dokumentiert<br />

sind die Wirkungen des standardisierten<br />

Ginkgo-Spezialextraktes<br />

EGb 761 ® (14).<br />

Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761 ®<br />

Dieser Extrakt aus Ginkgo-biloba-<br />

Blättern (Droge-Extrakt-Verhältnis<br />

35-67:1) ist standardisiert auf 21,6-<br />

26,4% Ginkgoflavonglykoside und<br />

5,4-6,6% Terpenlactone (Ginkgolide,<br />

Bilobalid) und hat einen Gehalt an<br />

Ginkgolsäuren von weniger als 5<br />

ppm. Für diesen Extrakt liegen umfangreiche<br />

Studienergebnisse zu pharmakologischen<br />

Wirkungen vor, die<br />

unter den Begriffen Neuroprotektion,<br />

Radikalfängereigenschaften, PAF-<br />

Antagonismus und Rheologie zusammengefasst<br />

werden können und in<br />

Tabelle 2 aufgeführt sind.<br />

Klinische Wirksamkeit von Ginkgo-<br />

Spezialextrakt EGb 761® bei<br />

Patienten mit Demenz<br />

Die Wirksamkeit von Ginkgo-Extrakten<br />

bei Demenz wurde in zahlreichen<br />

kontrollierten klinischen Prüfungen<br />

untersucht (6, 21). Dabei erreichten<br />

die Unterschiede zwischen aktiver<br />

Therapie und Plazebo auf den drei<br />

gefor<strong>der</strong>ten relevanten Beobachtungsebenen<br />

Psychopathologie, Hirnleistung<br />

und Alltagskompetenz (5) meist<br />

statistische Signifikanz.<br />

So zeigte sich in einer 24-wöchigen,<br />

plazebokontrollierten, multizentrischen<br />

Studie mit 205 Patienten<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> psychopathologischen<br />

Ebene (ermittelt mittels Clinical<br />

Global Impressions, Item 2) sowie <strong>der</strong><br />

Tab. 1: Nutzen-Risiko-Profil von Wirkstoffen, die bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz eingesetzt werden<br />

(+ Effekt, – kein Effekt). Modifiziert nach (14).<br />

816<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


psychometrischen Ebene (ermittelt<br />

mittels Syndrom-Kurztest) eine statistisch<br />

signifikante Überlegenheit <strong>der</strong><br />

Behandlung mit EGb 761 ® im Vergleich<br />

zu Plazebo (8).<br />

Beson<strong>der</strong>e Beachtung fanden die<br />

Ergebnisse einer in den USA durchgeführten<br />

plazebokontrollierten multizentrischen<br />

klinischen Prüfung, in <strong>der</strong><br />

die Wirksamkeit von EGb 761 ® erstmals<br />

bei größeren Patientenzahlen<br />

nachgewiesen werden konnte (10).<br />

Die 309 eingeschlossenen Patienten<br />

litten unter leichter bis mittelschwerer<br />

Alzheimer-Demenz bzw. Multiinfarkt-Demenz<br />

und wurden über 52<br />

Wochen randomisiert entwe<strong>der</strong> mit<br />

120 mg/d EGb 761 ® o<strong>der</strong> Plazebo<br />

behandelt. Hauptzielgrößen waren die<br />

jeweiligen Ergebnisse <strong>der</strong> ADAS-cog<br />

(Alzheimer’s Disease Assessment<br />

Scale-Cognitive subscale), <strong>der</strong> GERRI<br />

(Geriatric Evaluation by Relative’s<br />

Rating Instrument) sowie des CGIC<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Originalarbeit<br />

Neuroprotektion Neurotransmitter- Radikalfänger PAF*- Durchblutung,<br />

Systeme Antagonismus Rheologie<br />

Hemmwirkung auf Einfluss auf zentrale Hemmwirkung auf Hemmung <strong>der</strong> Schutz vor Hämolyse<br />

cholinerge Systeme<br />

– zytotoxische – Lipidper- – PAF-induzierten Stabilisierung <strong>der</strong><br />

Hirnödeme Abnahme altersbedingter oxidation Thrombozyten- Gefäßpermeabilität<br />

– primäre Neurotransmitter-Defizite – Radikalproduktion aggregation<br />

Neurotoxizität von Granulozyten – Thrombozyten- Senkung <strong>der</strong><br />

– För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> – Radikalinduzierte adhäsion<br />

Verbesserung von Cholinaufnahme im Membranschäden – PAF-induzierten – Vollblut- und<br />

Hippocampus Leukozyten- Plasmaviskosität<br />

– zerebralem Energie- – Erhöhung <strong>der</strong> Dichte Regulation des aktivierung – Erythrozytenstoffwechsel,<br />

muskarinerger Thromboxan- – PAF-induzierten aggregation<br />

Schutz vor Rezeptoren im Prostazyklin- Ca 2+-Akkumulation – Thrombozyten-<br />

Hypoxie- und Hippocampus Gleichgewichts / – PAF-induzierten aggregation<br />

Ischämiefolgen – Zunahme <strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong> Ödementstehung – erhöhten<br />

– Gedächtnis- noradrenergen und Prostazyklin- – postischämischen Fibrinogenwerte<br />

leistung und 5-HT 1A-Rezeptoren synthese Zellschäden<br />

Lernvermögen im Cortex Steigerung <strong>der</strong><br />

– Stressadaption – Schutz vor stress- Beschleunigung – Erythrozyteninduzierter<br />

Desensi- postischämischer flexibilität<br />

Schutz vor Läsion bilisierung <strong>der</strong> Reparationsvorgänge – Leukozytenzerebraler<br />

Strukturen 5-HT 1A-Rezeptoren flexibilität<br />

im Hippocampus – Durchblutung im<br />

Bereich <strong>der</strong><br />

Mikrozirkulation<br />

* PAF: Platelet activating factor<br />

Tab. 2: Pharmakologische Wirkungen des Ginkgo-Spezialextraktes EGb 761®<br />

(Clinical Global Impression of<br />

Change). Die Intention-to-treat-Analyse<br />

zeigte eine statistisch signifikante<br />

Überlegenheit <strong>der</strong> Behandlung mit<br />

EGb 761 ® im Vergleich zu Plazebo<br />

sowohl hinsichtlich <strong>der</strong> kognitiven<br />

Fähigkeiten (ADAS-cog; Abb. 3) als<br />

auch bei <strong>der</strong> Beurteilung des Zustandes<br />

<strong>der</strong> Patienten durch die Angehörigen<br />

(GERRI; Abb. 4). Eine Verbesserung<br />

um mindestens 4 Punkte in <strong>der</strong><br />

ADAS-cog zeigten 27 Prozent <strong>der</strong><br />

Patienten unter EGb 761 ®, jedoch nur<br />

14 Prozent <strong>der</strong> mit Plazebo behandelten<br />

Patienten. Von den Angehörigen<br />

wurden 37 Prozent <strong>der</strong> mit EGb 761 ®<br />

behandelten Patienten als gebessert<br />

beurteilt, verglichen mit nur 23 Prozent<br />

unter Plazebo. Diese Unterschiede<br />

waren jeweils statistisch<br />

signifikant (p = 0,005 bzw. p = 0,003).<br />

In <strong>der</strong> Verträglichkeit unterschieden<br />

sich EGb 761 ® und Plazebo nicht. Die<br />

Ergebnisse zeigen, dass bei Patienten<br />

819<br />

mit Demenz unterschiedlicher Genese<br />

die kognitiven Fähigkeiten und die<br />

sozialen Eigenschaften in einem Zeitraum<br />

bis zu einem Jahr stabilisiert und<br />

zu einem erheblichen Teil auch verbessert<br />

werden können.<br />

Behandlung <strong>der</strong> Demenz mit<br />

Ginkgo-Extrakten<br />

Ziel <strong>der</strong> therapeutischen Maßnahmen<br />

bei <strong>der</strong> Demenz ist es, das Fortschreiten<br />

<strong>der</strong> degenerativen Erkrankung<br />

aufzuhalten, sodass Alltagskompetenz<br />

und Lebensqualität möglichst lange<br />

erhalten bleiben. Da es bisher keine<br />

kausale Therapie beginnen<strong>der</strong> und<br />

manifester primärer demenzieller Erkrankungen<br />

gibt, müssen kombinierte<br />

Therapiekonzepte mit internistischer<br />

Basistherapie, zerebralem Training,<br />

Bewegungstherapie und körperlicher<br />

Aktivität, einer medikamentösen Therapie<br />

mit Antidementiva und Psychopharmaka,<br />

die Vermittlung sozialer


Abb. 3: Mittlere Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Hauptzielgröße ADAS-cog<br />

nach 12, 26, 39 und 52 Wochen Therapie mit Ginkgo-<br />

Spezialextrakt EGb 761 ® bzw. Plazebo (Erläuterungen<br />

siehe Text). lntention-to-treat, statistisch signifikante<br />

Gruppenunterschiede p ≤ 0,05 (*). Modifiziert nach (10).<br />

Hilfen und die psychotherapeutische<br />

Beratung und Führung entsprechend<br />

<strong>der</strong> Gesamtsituation des jeweiligen<br />

Patienten zur Anwendung kommen.<br />

Die Prognose <strong>der</strong> Erkrankung kann<br />

durch eine frühzeitige konsequente<br />

Therapie wesentlich verbessert werden<br />

(14).<br />

Bei <strong>der</strong> medikamentösen Therapie<br />

im Rahmen des Therapiekonzeptes<br />

werden verschiedene Wirkstoffe eingesetzt<br />

(20). Die <strong>für</strong> die Behandlung<br />

mit dem Ginkgo-Spezialextrakt EGb<br />

761 ® nachgewiesenen Verbesserungen<br />

<strong>der</strong> kognitiven Fähigkeiten und<br />

<strong>der</strong> sozialen Eigenschaften sind als<br />

wichtiger Beitrag zur Erhaltung <strong>der</strong><br />

Alltagskompetenz und <strong>der</strong> Lebensqualität<br />

von Patienten mit demenziellem<br />

Syndrom und insbeson<strong>der</strong>e als<br />

positive Rückwirkungen auf die<br />

Pflegebedürftigkeit anzusehen. Dabei<br />

zeigen sich Häufigkeit, Ausmaß und<br />

Dauer <strong>der</strong> Therapieerfolge mit dem<br />

Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761 ® als<br />

vergleichbar mit denjenigen verschiedener<br />

Acetylcholinesterasehemmer<br />

(19). Da Patienten mit demenziellem<br />

Syndrom häufig an weiteren Erkrankungen<br />

leiden und mit diversen<br />

Begleitmedikationen zu rechnen ist,<br />

ist das geringe Risikopotenzial <strong>der</strong><br />

Ginkgo-biloba-Behandlung unter kli-<br />

Originalarbeit<br />

nischen und pharmakoökonomischen<br />

Gesichtspunkten von beson<strong>der</strong>em<br />

Vorteil im Vergleich zu an<strong>der</strong>en medikamentösen<br />

Therapiealternativen.<br />

Zusammenfassung<br />

Die Anwendung von pflanzlichen<br />

Arzneimitteln kommt aus <strong>der</strong> Tradition<br />

<strong>der</strong> Erfahrungsmedizin und sieht<br />

sich unter den heutigen Bedingungen<br />

mit dem Anspruch auf wissenschaftliche<br />

Überprüfung von Wirksamkeit,<br />

Verträglichkeit und pharmazeutischer<br />

Qualität konfrontiert. Für Arzneimittel<br />

pflanzlicher Herkunft, <strong>für</strong> die die Erfüllung<br />

<strong>der</strong> <strong>für</strong> alle Arzneimittel geltenden<br />

Kriterien entsprechend den<br />

aktuellen methodischen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

nachgewiesen werden konnte,<br />

wurde <strong>der</strong> Begriff „rationale Phytopharmaka“<br />

geprägt.<br />

Die Komplexität <strong>der</strong> Inhaltsstoffe<br />

pflanzlicher Wirkstoffe und <strong>der</strong>en<br />

synergistisches und komplementäres<br />

Zusammenspiel werden als Ursache<br />

ihrer beson<strong>der</strong>en Eigenschaften – sowohl<br />

bezüglich <strong>der</strong> Wirkung als insbeson<strong>der</strong>e<br />

auch ihrer geringen Nebenwirkungsraten<br />

– angesehen. Damit<br />

sind aber auch die <strong>für</strong> pflanzliche<br />

Arzneimittel spezifischen Probleme<br />

820<br />

Abb. 4: Mittlere Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Hauptzielgröße GERRI<br />

nach 12, 26, 39 und 52 Wochen Therapie mit Ginkgo-<br />

Spezialextrakt EGb 761 ® bzw. Plazebo (Erläuterungen<br />

siehe Text). Intention-to-treat, statistisch signifikante<br />

Gruppenunterschiede p ≤0,05 (*), p ≤ 0,01 (+). Modifiziert<br />

nach (10).<br />

hinsichtlich gleich bleiben<strong>der</strong> pharmazeutischer<br />

Qualität und Äquivalenz<br />

von Pflanzenextrakten bzw. Arzneimittelzubereitungen<br />

verschiedener<br />

Hersteller verbunden. Von den wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen zu<br />

einem Arzneimittel aus einem standardisierten<br />

Pflanzenextrakt eines Herstellers<br />

kann nicht ohne weiteres auf<br />

die Eigenschaften an<strong>der</strong>er Arzneimittel<br />

aus solchen Extrakten geschlossen<br />

werden. Neben Abweichungen bei<br />

<strong>der</strong> pharmazeutischen Qualität des<br />

Extraktes können auch an<strong>der</strong>e Faktoren<br />

wie z.B. eine an<strong>der</strong>e Galenik zu<br />

Unterschieden hinsichtlich Wirksamkeit<br />

und Verträglichkeit führen. Dies<br />

ist insbeson<strong>der</strong>e auch unter Sicherheitsaspekten<br />

von klinischer Bedeutung.<br />

Im Idealfall sollten deshalb zum<br />

Nachweis <strong>der</strong> therapeutischen Äquivalenz<br />

entsprechende klinische Vergleichsstudien<br />

vorliegen bzw. in<br />

jedem Fall eigene Studien mit den<br />

jeweiligen Arzneimittelzubereitungen<br />

zum Nachweis von Wirksamkeit und<br />

Verträglichkeit durchgeführt worden<br />

sein.<br />

Beispiele <strong>für</strong> rationale Phytopharmaka<br />

sind Arzneimittelzubereitungen<br />

aus Crataegus (Weißdorn) und<br />

Ginkgo biloba. Für die entsprechenden<br />

Extrakte liegt inzwischen um-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


fangreiches wissenschaftliches Nachweismaterial<br />

vor. Experimentelle Untersuchungen<br />

konnten pharmakologische<br />

Eigenschaften von standardisierten<br />

Crataegus-Extrakten aufzeigen,<br />

die zur Erklärung <strong>der</strong> seit langem beobachteten<br />

Wirksamkeit von Crataegus-Zubereitungen<br />

bei Patienten<br />

mit chronischer Herzinsuffizienz beitragen.<br />

Inzwischen konnte die positive<br />

Wirkung von Crataegus-Spezialextrakt<br />

WS 1442 und LI 132 auf Herzleistungsparameter<br />

und klinische<br />

Symptome auch in plazebokontrollierten<br />

klinischen Studien bei Patienten<br />

mit chronischer Herzinsuffizienz<br />

NYHA II nachgewiesen werden.<br />

Für Arzneimittelzubereitungen aus<br />

Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761® gibt<br />

es in <strong>der</strong> Therapie demenzieller Syndrome<br />

bereits umfangreiches wissenschaftliches<br />

Erkenntnismaterial nach<br />

mo<strong>der</strong>nsten Prüfkriterien. Hier haben<br />

insbeson<strong>der</strong>e die positiven Ergebnisse<br />

einer größeren plazebokontrollierten<br />

klinischen Studie aus den USA (10),<br />

die eine statistisch signifikante Verbesserung<br />

kognitiver Fähigkeiten und<br />

sozialer Eigenschaften zeigten, den<br />

klinischen Nutzen einer Therapie mit<br />

Ginkgo biloba nachgewiesen.<br />

In allen klinischen Studien mit<br />

Crataegus-Spezialextrakt WS 1442,<br />

LI 132 und mit Ginkgo-Spezialextrakt<br />

EGb 761® konnte die gute Verträglichkeit<br />

dieser Extrakte bestätigt<br />

werden. Arzneimittel aus standardisierten<br />

Pflanzenextrakten mit nachgewiesener<br />

Wirksamkeit und Verträglichkeit<br />

in definierten Anwendungsgebieten,<br />

d.h. rationale Phytopharmaka,<br />

können deshalb eine den chemisch<br />

definierten Arzneimitteln gleichwertige,<br />

wegen ihres günstigen Nutzen-<br />

Risiko-Profils unter Umständen sogar<br />

mitunter überlegene therapeutische<br />

Alternative darstellen.<br />

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Auflage. Steinkopff, Darmstadt<br />

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vom 19.07.1994<br />

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Betz JM, Love LA (1998) Contamination<br />

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20. Woelk H (1992) Therapie von Hirnleistungsstörungen<br />

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22. Zerssen D von (1971) Die Beschwerden-<br />

Liste als Test. Therapiewoche 21: 1908<br />

Prof. Dr. Dr. med. Dieter Loew<br />

Am Allersberg 7<br />

65191 Wiesbaden


Zusammenfassung<br />

Summary<br />

Resumen<br />

Originalarbeit<br />

Die Injektion an die Tonsillenpole –<br />

eine anatomische Betrachtung<br />

U. Aldag<br />

In <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit wird veranschaulicht, dass die anatomischen<br />

Gegebenheiten im Bereich <strong>der</strong> Tonsillen <strong>der</strong> Grund <strong>für</strong> die beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Injektion an die Mandelpole sind. Diese Stelle ist das<br />

häufigste Störfeld <strong>der</strong> Neuraltherapie, beson<strong>der</strong>s bei Schulterschmerzen.<br />

Hier bestehen nervale, vegetative Verbindungen zwischen Hirnnerven,<br />

Ganglien, Grenzstrang und Halsgefäßen. Relaiszellen im Gehirn und Gi-<br />

Trakt übernehmen die Kopplung von Soma zu Psyche.<br />

Schlüsselwörter: Neuraltherapie, Tonsillenpole, Störfeld, Hirnnerven,<br />

Relaiszellen, Dermatom, Schulterschmerz, Waldeyerscher Rachenring<br />

This contribution illustrates that the details of the anatomical structure of<br />

the tonsils are the basis for the significance of injection at the tonsillar<br />

poles, since these are the most common sites of chronic irritation centres<br />

in neural therapy, especially with regard to shoul<strong>der</strong> pain. The tonsillar<br />

poles host vegetative neural connections between the brain nerves,<br />

ganglia, sympathetic trunk, and neck vessels. Situated in this area are<br />

relay cells of the brain and GI tract which are responsible for coupling<br />

soma to psyche.<br />

Key words: Neural therapy, tonsillar poles, chronic irritation centre, brain<br />

nerves, relay cells, <strong>der</strong>matoma, shoul<strong>der</strong> pain, Waldeyer’s tonsillar ring<br />

En el presente trabajo queda ilustrado que las condiciones anatómicas en<br />

la zona de las tonsilas constituyen el motivo para la importancia especial<br />

de la inyección a los polos de tonsila. Este punto es el campo perturbador<br />

más frecuente de la terapia neural, especialmente en caso de dolores de<br />

la región escapular. Aquí existen comunicaciones nerviosas, vegetativos<br />

entre nervios cerebrales, ganglios, tronco simpático y vasos cervicales.<br />

Las células relé en el cerebro y el tracto gastrointestinal asumen el<br />

acoplamiento del soma a la psique.<br />

Términos claves: Terapia neural, polos de tonsila, campo perturbador,<br />

nervios cerebrales, células relé, <strong>der</strong>matoma, dolores de la región<br />

escapular, anillo faringeo de Waldeyer<br />

822<br />

Das Störfeld<br />

Der Begriff Störfeld im Sinne <strong>der</strong><br />

Neuraltherapie nach Huneke steht <strong>für</strong><br />

eine Stelle (o<strong>der</strong> ein Organ) des Körpers,<br />

die pathologisch verän<strong>der</strong>t ist<br />

und die Fähigkeit angenommen hat,<br />

sogar über die nächste Umgebung<br />

hinaus, Erkrankungen hervorzurufen<br />

o<strong>der</strong> zu unterhalten. Diese Fernstörung<br />

wird nicht wie früher angenommen<br />

toxisch-humoral vermittelt,<br />

son<strong>der</strong>n durch vegetative Nervenfasern<br />

induziert.<br />

Das vegetative, autonome, mit<br />

an<strong>der</strong>en Worten, das unwillkürliche<br />

Nervensystem kommt in allen Strukturen<br />

des Körpers vor, außer in<br />

Haaren, Zähnen und Nägeln. Es ist im<br />

Ganzen miteinan<strong>der</strong> verbunden und<br />

durch die Matrix (dem Grundsystem)<br />

mit seiner Gitterstruktur aus Proteoglykanen<br />

und Strukturproteinen vernetzt.<br />

Ein Störfeld kann wie ein<br />

Sen<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Gegenden informatorisch<br />

beeinflussen.<br />

Das Vegetativum in <strong>der</strong><br />

Adventitia <strong>der</strong> Gefäße<br />

Eine negative Beeinflussung bedeutet<br />

meist eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Durchblutung,<br />

denn in <strong>der</strong> Adventitia aller<br />

Gefäße sind Fasern des vegetativen<br />

Nervensystems anzutreffen. Vereinfacht<br />

ausgedrückt bedeutet das: Ein<br />

Störsen<strong>der</strong> im Körper kann den<br />

Dauerbefehl zur Gefäßdrosselung an<br />

einer entfernten Stelle geben, was zur<br />

Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Durchblutung führt<br />

und folglich Ernährungsstörungen mit<br />

dem Ergebnis eines Schmerzes o<strong>der</strong><br />

einer Funktionsstörung ergibt.<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Tonsillen als Störfeldvorreiter<br />

Um sich dies konkreter vorstellen zu<br />

können, ziehe ich das wohl bekannte<br />

Beispiel „Tonsille als Störfeld <strong>für</strong> die<br />

Schulter“ heran.<br />

Eine Tonsillitis wird nicht a priori<br />

ein Störfeld. Aus jahrzehntelanger Erfahrung<br />

<strong>der</strong> Neuraltherapeuten sind<br />

jedoch die Tonsillen zu 80 Prozent<br />

Störfel<strong>der</strong>. Der Zahn-Kiefer-Bereich<br />

und Narbengebiete folgen direkt danach<br />

als störfeldpotente Strukturen.<br />

Alle Kin<strong>der</strong>erkrankungen gehen<br />

mit nasopharyngealen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

einher. Die erste Bearbeitungsstation<br />

von Viren, Bakterien, Nahrung und<br />

dem, was sonst noch emotional geschluckt<br />

werden muss, ist <strong>der</strong> Wal-<br />

Diese Injektion hat <strong>für</strong> den Neuraltherapeuten eine<br />

herausragende Funktion.<br />

Die Stelle <strong>der</strong> Injektion ist mehreren Hirnnerven<br />

zugänglich, wobei dem 9. Hirnnerv die wichtigste<br />

Position zukommt.<br />

Abb. 1: Verlauf des N. glossopharyngeus<br />

Originalarbeit<br />

deyersche Rachenring. Kin<strong>der</strong>ärzte<br />

wissen sehr wohl zu berichten, dass<br />

bei häuslichen Problemen Anginen bei<br />

kleineren Kin<strong>der</strong>n, die ihre Bedürfnisse<br />

im Zusammenhang mit den Eltern<br />

noch nicht formulieren können,<br />

auftreten.<br />

Bei Chronizität hypertrophieren<br />

die Mandeln und schrumpfen später<br />

o<strong>der</strong> sie werden extirpiert. Auf jeden<br />

Fall ist <strong>der</strong> „Müllverarbeitungsplatz“<br />

Rachen dann überlastet, die pathologischen<br />

Informationen werden nicht<br />

mehr vor Ort bewältigt, son<strong>der</strong>n über<br />

die vegetative Vermittlung „ferngestreut“.<br />

Platt gesagt: Mandeln überfor<strong>der</strong>t<br />

– Hahn dicht, z.B. <strong>für</strong> Schulter<br />

– Durchblutungsstörung – Milieuverän<strong>der</strong>ung<br />

– Schmerz – Funktionsstörung<br />

– Verkalkung in Bursa.<br />

Das Sekundenphänomen<br />

Es bestehen nervale Verbindungsmöglichkeiten<br />

vom Rachenring (Tonsille) zu Hirnnerven,<br />

Ganglien, Grenzstrang und Gefäßen.<br />

Durch Relaiszellen vornehmlich im Nucleus<br />

ambiguus besteht sogar eine Kopplungsmöglichkeit<br />

von Soma zur Psyche.<br />

824<br />

Der Neuraltherapeut injiziert nun Procain<br />

an die Tonsillenpole o<strong>der</strong> in die<br />

TE-Narbe. Procain verbessert die<br />

Durchblutung und damit die Nutrition<br />

am Ort, die Fähigkeit des Tonsillengebietes<br />

zur Abwehr wird restauriert<br />

und die negative Fernwirkung verschwindet.<br />

Wie<strong>der</strong> platt formuliert:<br />

Procainspritze an das Störfeld – Arm<br />

gebessert. Der pathologische Informationsfluss<br />

wird beim Huneke-Sekundenphänomen<br />

unterbrochen. Die<br />

krank machenden Impulse fallen kurzschlussartig<br />

weg.<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Abb. 2: Vegetative Verbindungswege (Tonsille)<br />

Abb. 3: Verlauf des N. accessorius<br />

Originalarbeit<br />

826<br />

Verbindungsmöglichkeiten<br />

in alle Richtungen<br />

Durch Darstellung <strong>der</strong> wichtigsten<br />

örtlichen, vegetativen Verbindungswege<br />

im Mandelbereich möchte ich<br />

zeigen, dass das Sekundenphänomen,<br />

wie z.B. das Nachlassen eines Schulterschmerzes<br />

nach Injektion an die<br />

Tonsillenpole, keine „Zauberei“ ist,<br />

son<strong>der</strong>n sich anatomisch verfolgen<br />

und erklären lässt.<br />

Nerven im Tonsillenbereich<br />

Der Sitz <strong>der</strong> Tonsillen wird nerval<br />

vom 9. Hirnnerven, dem N. glosso-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


pharyngeus innerviert (Abb. 1). Die<br />

Injektionsstellen erreichen die Rr.<br />

pharyngei und Rr. linguales. Alle<br />

Hirnnerven haben eine hohe Verschaltungsfrequenz<br />

im Gehirn. Über viele<br />

Relaiszellen <strong>der</strong> Hirnkerne sind Koppelungen<br />

zu an<strong>der</strong>en Hirnnerven möglich.<br />

Dieser Umstand wird <strong>der</strong> Grund<br />

<strong>für</strong> die Störfeldanhäufung im Kopfbereich,<br />

dem Quellgebiet <strong>der</strong> 12 Hirnnerven,<br />

sein.<br />

Verbindungsmöglichkeiten<br />

in alle Richtungen<br />

Wie stark die Beeinflussungsmöglichkeiten<br />

<strong>der</strong> Tonsillenpole sind, verdeutlicht<br />

die Vielzahl <strong>der</strong> vegetativen Verbindungen<br />

(Abb. 2). Die Therapiestellen<br />

gehören zum Plexus pharyngeus.<br />

Die Informationsweiterleitung erfolgt<br />

1. 2 x direkt nach peripher<br />

zum Glomus caroticum an <strong>der</strong><br />

Carotisgabel<br />

A. über Fasern des N. glossopharyngeus<br />

B. über sympathische Fasern in<br />

<strong>der</strong> Adventitia <strong>der</strong> Rr. tonsillares,<br />

über die A. facialis auf<br />

<strong>der</strong> Nase lang via A. carotis<br />

externa zur Carotisgabel.<br />

Eine Durchblutungsverän<strong>der</strong>ung am<br />

Glomus caroticum mit z.B. Blutdruckverän<strong>der</strong>ung<br />

kann erreicht werden:<br />

2. nach zentral<br />

A. vom Pl. pharyngeus mit vagalen<br />

Fasern zu dem präcraniellen<br />

Ggl. nodosum o<strong>der</strong><br />

B. über Glossopharyngeusfasern<br />

zu einem an<strong>der</strong>en präcraniellen<br />

Ganglion.<br />

Über diese präcraniellen Ganglien<br />

gehen die Wege wie<strong>der</strong><br />

1. nach peripher<br />

A. mit Glossopharyngeusfasern<br />

über das Ggl. oticum, das Ggl.<br />

gasseri zum N. mandibularis,<br />

dem 3. Trigeminusast im Bereich<br />

des unteren Gesichtsschädels.<br />

O<strong>der</strong><br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Originalarbeit<br />

B. mit dem Vagus entlang dem<br />

Magen-Darm-Trakt in Richtung<br />

Bauch zum Ggl. coeliacum<br />

ect.<br />

Der gesamte Magen-Darm-Trakt ist<br />

sehr gut vegetativ autonom versorgt.<br />

Die Auswüchse <strong>der</strong> Tätigkeit des<br />

Plexus Auerbach und Meißner kennt<br />

sicher je<strong>der</strong> Kollege als Durchfall bei<br />

Aufregung, Muffensausen des Anus<br />

bei Angst o.Ä. Weniger bekannt ist,<br />

dass diese vegetativen Relaiszellen<br />

schon im Epipharynx beginnen und<br />

Ekel mit Erbrechen nach Anblick von<br />

Scheußlichem führen können.<br />

2. nach zentral<br />

zu den diversen Hirnkernen, die<br />

miteinan<strong>der</strong> in Verbindung stehen,<br />

über viele Relaiszellen verfügen<br />

und dadurch die Informationen<br />

untereinan<strong>der</strong> verschalten.<br />

Schmerzhafte Schulterhöhe<br />

Denken sie an die so genannten<br />

Mandelpunkte auf <strong>der</strong> Schulterhöhe.<br />

Das sind schmerzhafte, gelotische<br />

Knubbel im M. trapezius, die bei<br />

akuten und chronischen Tonsillen-<br />

affektionen schmerzen. Zuständig ist,<br />

wie in Abbildung 2 zu sehen, eine<br />

Verbindung vom Rachen über den Nc.<br />

ambiguus zum 11. Hirnnerven, dem<br />

N. accessorius (Abb. 3). Er erzeugt<br />

über diesen Weg o<strong>der</strong> direkt über den<br />

R. internus zwischen Vagus und<br />

Accessorius auf <strong>der</strong> Schulterhöhe eine<br />

Verspannung.<br />

Durchblutung ist alles<br />

Dass nun eine Schultererkrankung<br />

durch die Injektion an die Tonsillenpole,<br />

bei Störfeldleiden, sofort besser<br />

wird, liegt hauptsächlich an <strong>der</strong> sympathischen<br />

Verbindung vom Pl. pharyngeus:<br />

1. zum Grenzstrang direkt über das<br />

Ggl. nodosum und dem N. jugularis<br />

und<br />

2. an <strong>der</strong> sympathischen Verbindung<br />

zur Gefäßadventitia über die Carotis<br />

via A. subclavia zur arteriellen<br />

Schulterversorgung.<br />

Da die einflussreichsten Verbindungen<br />

zur Schulter sympathisch sind,<br />

erklärt sich die starke emotionale Abhängigkeit<br />

des Schulterschmerzes.<br />

Abb. 4: Dermatom C4 (entspricht cutiviszeraler Organzone<br />

Tonsille)<br />

829


Persönlichkeitsstellwerk<br />

Sympathicus<br />

Der Sympathicus ist als eine Einheit<br />

zu betrachten (im Gegensatz zum<br />

Parasympathicus). Der ganze Patient<br />

mit Soma und Psyche befindet sich in<br />

jedem Moment in einem bestimmten<br />

Regelzustand, <strong>der</strong> durch den jeweiligen<br />

Sympathicustonus definiert ist.<br />

Der Therapeut sollte bei nächtlichen<br />

Schmerzen die vegetative Tingierung<br />

bemerken und an die Herd-<br />

Störfeld-Erkrankung Tonsille-Schulter<br />

denken.<br />

Da wo’s wehtut<br />

Auf die Frage „Wo tut es weh?“, zeigen<br />

die Schulterpatienten meist auf<br />

die Headsche Zone C4 (Abb. 4): Da<br />

wo’s wehtut. Die cutane Schmerzzone<br />

<strong>der</strong> Schulter fällt in das Dermatom C4.<br />

D.h. Irritationen des Halsspinalnerven<br />

C4 machen Schmerzen im Headschen<br />

C4 Dermatom, <strong>der</strong> Organzone Tonsille.<br />

Kommentar zum Artikel<br />

Gemeinhin werden – zumindest nach<br />

dem Physikum – anatomische Kenntnisse<br />

zu jener Art von Wissen gerechnet,<br />

das man als Arzt als „entbehrlich“<br />

betrachtet. Diese bedauernswerte<br />

Tatsache erklärt auch,<br />

warum so vielen Kollegen das Verständnis<br />

<strong>für</strong> viele regulationsmedizinische<br />

Zusammenhänge und neuraltherapeutische<br />

Phänomene fehlt.<br />

Die enormen Chancen, über den Vorposten<br />

des Lymphatikums (nämlich<br />

die Tonsillen) in eine Vielzahl von<br />

Krankheitsbil<strong>der</strong>n einzugreifen, erklärt<br />

Frau Aldag in dem vorliegenden<br />

Artikel. Es ist immer wie<strong>der</strong> erstaunlich,<br />

dass nicht nur „simple“ Krankheitsbil<strong>der</strong><br />

wie Kopfschmerzen durch<br />

diesen scheinbar alltäglichen Eingriff<br />

verän<strong>der</strong>t, gebessert, ja geheilt werden<br />

können.<br />

Originalarbeit<br />

Entlang jedem Spinalnerven verlaufen<br />

sympathische Fasern des<br />

Grenzstranges. Somit sehen wir wie<strong>der</strong><br />

den direkten Link von <strong>der</strong> Tonsille<br />

im Plexus pharyngeus zur cutivisceralen<br />

Organzone im Dermatom C4 an<br />

<strong>der</strong> Schulter.<br />

Kein Hokuspokus<br />

Die hier vorgestellte Übersicht soll<br />

verdeutlichen, dass eine gekonnte<br />

neuraltherapeutische Störfeldbehandlung<br />

mit dem Huneke-Sekundenphänomen<br />

nichts Unerklärliches an<br />

sich hat. Ähnlich, wie am Beispiel<br />

Tonsille – Schulter erläutert, gibt es<br />

vielfältige neuraltherapeutisch-anatomische<br />

Verbindungswege. Für den,<br />

<strong>der</strong> diese Wege kennt und versteht,<br />

verliert das Sekundenphänomen seine<br />

Mystik. Es begeistert nur noch, weil<br />

die Heilungschancen <strong>der</strong> Segmenttherapie<br />

deutlich verbessert werden<br />

können durch Ausschaltung des<br />

krank machenden Sen<strong>der</strong>s.<br />

Aus eigener Praxis können die hier<br />

aus anatomisch-theoretischer Sicht<br />

geschil<strong>der</strong>ten Vernetzungen nur bestätigt<br />

werden:<br />

Die intensiven Verbindungen zum<br />

vagalen System bedingen eine<br />

(wechselseitige) Beeinflussung, z.B.<br />

zum Leber-Galle-System (vom Verfasser<br />

selbst erlebt; Unterbrechung<br />

von Gallenkoliken – ohne Steinleiden<br />

– durch Tonsillenanspritzung),<br />

die Beziehung zum 11. Hirnnerven/<br />

Schulter bedingt unter Umständen<br />

das Persistieren von Schmerzzuständen,<br />

die durch ätiologisch vollständig<br />

an<strong>der</strong>e Erkrankungen getriggert<br />

wurden (Verfasser: Verschwinden<br />

von Borreliose-induzierten Schultergelenksschmerzen<br />

nach Tonsillenanspritzung<br />

bzw. nachfolgen<strong>der</strong><br />

HNO-ärztlicher Sanierung),<br />

830<br />

Literatur<br />

Aldag, U.: Freudenstädter Vortrag. 1996<br />

Aldag, U.: Erfahrungsheilkunde Neuraltherapie<br />

bei Magen-Darm-Störungen. 1996<br />

Benninghoff-Goerttler: Lehrbuch <strong>der</strong> Anatomie<br />

des Menschen. 1968<br />

Dosch, Peter: Lehrbuch <strong>der</strong> Neuraltherapie<br />

nach Huneke. 1986<br />

Huneke: Das Sekundenphänomen <strong>der</strong> Neuraltherapie.<br />

1989<br />

Krause, W.: Freudenstädter Vorträge. 1988<br />

Weber, E. Eduard: Schemata <strong>der</strong> Leitungsbahnen<br />

des Menschen. 1960<br />

Ulrike Aldag<br />

Fachärztin <strong>für</strong> Chirurgie, Naturheilverfahren,<br />

Homöopathie<br />

Im Kieferngrund 7<br />

14163 Berlin<br />

die Verknüpfung mit dem N. accessorius<br />

und dem Segment C4 ist oft<br />

wesentlicher Mitbestandteil <strong>der</strong> Ursachen<br />

„fibromyalgischer Beschwerden“<br />

samt <strong>der</strong> zu dieser Entität gehörigen<br />

psychischen Verän<strong>der</strong>ungen.<br />

Fazit: Die Beschäftigung mit <strong>der</strong><br />

Anatomie ist keine vertane Zeit, gerade<br />

<strong>der</strong> Regulationsmediziner hat<br />

keine Ursache, sich hinter <strong>der</strong> „Ubiquität“<br />

des Grundsystems, „Holistik“<br />

o<strong>der</strong> purer Psychosomatik zu verschanzen.<br />

Der vorliegende Artikel<br />

zeigt, dass die Beschäftigung mit den<br />

drei irdischen Dimensionen durchaus<br />

lohnenswert, weil ärztlich zielführend,<br />

sein kann.<br />

Dr. med. O. Kuhnke<br />

Vorstandsmitglied des ZÄN<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


ZÄN Termine und Informationen ZÄN Termine und Informationen<br />

Aus dem ZÄN<br />

Nachruf auf<br />

Dr. med. Norbert<br />

Breidenbach<br />

Am 2. Oktober 2000 ist im Alter von 93 Jahren einer<br />

<strong>der</strong> ganz Großen und Mitarchitekten des <strong>Zentralverband</strong>es<br />

<strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong> <strong>für</strong> Naturheilverfahren in Überlingen/Bodensee<br />

verstorben. Generalarzt a.D. Dr. med.<br />

NORBERT BREIDENBACH hat als überragende integrierende<br />

Gestalt die Geschichte des ZÄN entscheidend<br />

beeinflusst, und wenn <strong>der</strong> ZÄN heute <strong>der</strong> größte<br />

ärztliche Verband <strong>für</strong> Naturheilverfahren ist, so ist dies<br />

weitgehend ein Mitverdienst von NORBERT<br />

BREIDENBACH.<br />

Nach dem Studium <strong>der</strong> Medizin an den Universitäten<br />

Gießen, Innsbruck und Kiel und <strong>der</strong> Approbation<br />

und Promotion in Gießen trat Dr. BREIDENBACH 1934<br />

als aktiver Sanitätsoffizier in die Reichswehr ein. Im 2.<br />

Weltkrieg war er als Sanitätsoffizier in Frankreich und<br />

Russland eingesetzt und trat 1956 <strong>der</strong> neu gegründeten<br />

Bundeswehr bei. Zum Arzt <strong>für</strong> Naturheilverfahren bildete<br />

er sich von 1953 bis 1956 in Hamburg weiter. 1958<br />

bis 1966 war NORBERT BREIDENBACH Chefarzt des Bundeswehrlazaretts<br />

in Koblenz, und während seiner Zeit<br />

als Chefarzt wurde Koblenz nicht nur zum national,<br />

son<strong>der</strong>n auch zum international höchst renommierten<br />

Zentrallazarett <strong>der</strong> Bundeswehr ausgebaut. 1963 wurde<br />

Dr. BREIDENBACH zum Generalarzt beför<strong>der</strong>t.<br />

Gleich nach einer ersten Begegnung im Jahre 1954<br />

mit dem damaligen 1. Vorsitzenden des ZÄN und Chefarzt<br />

<strong>der</strong> Abteilung Naturheilverfahren am Virchow-<br />

Klinikum/Berlin, Dr. med. HANNS KUSCHE, beteiligte<br />

sich NORBERT BREIDENBACH an <strong>der</strong> Mitarbeit eines ersten<br />

Curriculums – dem ersten in <strong>der</strong> Bundesrepublik –<br />

<strong>für</strong> die Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren.<br />

Zusammen mit R. F. WEIß, HANS HAFERKAMP,<br />

832<br />

HEINZ GIESENBAUER und KLAUS SCHIMMEL, den folgenden<br />

1. Vorsitzenden des ZÄN, bestimmte BREIDENBACH<br />

nahezu über zwei Jahrzehnte maßgeblich die Organisation<br />

und auch die Inhalte <strong>der</strong> Freudenstädter Fort- und<br />

Weiterbildungskongresse. Von 1964 bis 1980 war er<br />

ständiges Vorstandsmitglied des ZÄN, davon acht Jahre<br />

lang geschäftsführen<strong>der</strong> Arzt des Verbandes. Als solcher<br />

begab er sich von Überlingen aus nahezu wöchentlich<br />

in die ZÄN-Geschäftsstelle, um dort zusammen mit<br />

den Leiterinnen <strong>der</strong> Geschäftsstelle die vielfältigen Verbandsaufgaben<br />

und „Tagesgeschäfte“ zu erledigen.<br />

NORBERT BREIDENBACH war nicht nur ein großartiger<br />

und mit viel Idealismus ausgestatteter Organisator,<br />

son<strong>der</strong>n auch das integrierende Bindeglied zu befreundeten<br />

Fachverbänden wie dem Hartmannbund, dem<br />

Kneipp-<strong>Ärzte</strong>bund, dem Bundesverband <strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong> <strong>für</strong><br />

Naturheilverfahren u.a. Durch seine Initiative ist die<br />

„Confoe<strong>der</strong>ation <strong>Ärzte</strong> <strong>für</strong> Naturheilverfahren“ – ein<br />

Zusammenschluss des ZÄN mit dem Kneipp-<br />

<strong>Ärzte</strong>bund und dem Bundesverband <strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong> <strong>für</strong><br />

Naturheilverfahren – sowie <strong>der</strong> Ausschuss „<strong>Ärzte</strong> <strong>für</strong><br />

Physiotherapie“ im Hartmannbund gegründet worden.<br />

Den Ausschuss im Hartmannbund leitete er 12 Jahre<br />

als Vorsitzen<strong>der</strong>. Im Arbeitskreis „<strong>Ärzte</strong> in <strong>der</strong> Bundeswehr<br />

und im Zivilschutz“ im Hartmannbund war er 20<br />

Jahre lang im Vorstand. Für seine langjährige Tätigkeit<br />

als Mitglied des Beirates und Ehrenrates des Hartmannbundes<br />

wurden ihm 1985 die Hartmann-Thieding-<br />

Plakette sowie das Bundesverdienstkreuz verliehen.<br />

Der ZÄN ehrte Dr. BREIDENBACH mit <strong>der</strong> Hufeland-<br />

Medaille. Das große Bestreben von Dr. NORBERT<br />

BREIDENBACH war es, die Naturheilverfahren in ärzt-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


licher Hand zu halten. Dabei war immer sein Anliegen,<br />

die Verbindung <strong>der</strong> praktisch angewendeten Naturheilverfahren<br />

zu den Disziplinen <strong>der</strong> Hochschule herzustellen.<br />

Er war daher sehr bemüht, renommierte Universitätskliniker<br />

als Redner <strong>für</strong> den einleitenden Grundsatzvortrag<br />

zu gewinnen.<br />

Als kritischer Kliniker und langjähriger Chefarzt<br />

des Zentrallazaretts <strong>der</strong> Bundeswehr war er bei aller<br />

Begeisterung <strong>für</strong> die Erfolge <strong>der</strong> Naturheilverfahren<br />

immer auch ein Mahner, <strong>der</strong> ständige Selbstkritik und<br />

eine Qualitätskontrolle for<strong>der</strong>te und den Kontakt zu<br />

Forschung und Lehre suchte, damit die Naturheilverfahren<br />

als Teil <strong>der</strong> Gesamtmedizin auch aus universitärer<br />

Sicht akzeptiert würden.<br />

Auch wenn die „Handschrift“ unseres Grandseigneurs<br />

in den letzten zehn Jahren bei den Freudenstädter<br />

Kongressen nicht mehr so deutlich zu erkennen<br />

war, so werden sich die älteren Mitglie<strong>der</strong> des ZÄN<br />

sehr gerne an die von NORBERT BREIDENBACH organisierten<br />

Fortbildungskongresse erinnern und sich in<br />

großer Ehrfurcht vor dem enormen Engagement ihres<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Aus dem ZÄN<br />

früheren geschäftsführenden Arztes und unermüdlichen<br />

Streiters <strong>für</strong> die Sache <strong>der</strong> Naturheilverfahren verneigen.<br />

Mich selbst, <strong>der</strong> ich NORBERT BREIDENBACH<br />

rund 20 Jahre lang begleiten durfte und seine enorme<br />

Leistung bei je<strong>der</strong> Vorstandssitzung schätzen gelernt<br />

habe, erfüllt nicht nur große Trauer, son<strong>der</strong>n mir kommt<br />

auch ein Satz von JEAN PAUL in den Sinn, <strong>der</strong> da lautet: Informationen<br />

„Die Erinnerung ist das einzige Paradies, woraus wir<br />

nicht vertrieben werden können.“<br />

Der <strong>Zentralverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong> <strong>für</strong> Naturheilverfahren<br />

wird ihr verdienstvolles Mitglied Generalarzt<br />

a.D. Dr. med. NORBERT BREIDENBACH in stetiger und und<br />

dankbarer Erinnerung behalten. Der ZÄN hat eine<br />

herausragende Persönlichkeit und die Familie einen<br />

liebevoll sorgenden Gatten, Vater und Großvater verloren.<br />

Unser größter Respekt gilt auch <strong>der</strong> Witwe, Frau<br />

INGEBORG BREIDENBACH, <strong>für</strong> ihr großes Verständnis <strong>für</strong><br />

die aufopferungsvolle ehrenamtliche Verbandsarbeit<br />

ihres Mannes.<br />

Für den ZÄN-Vorstand<br />

Prof. Dr. Heinz Schilcher<br />

Termine ZÄN Informationen und Termine<br />

833 ZÄN


Ernährungstherapie<br />

Aktuelles aus <strong>der</strong> Reformhaus-<br />

Fachakademie<br />

Ernährungsempfehlungen<br />

bei Kolondivertikulose<br />

Als Ursache <strong>der</strong> Divertikulose wird ein zu geringer Anteil an<br />

Ballaststoffen in <strong>der</strong> Nahrung vermutet, da ihr Auftreten in<br />

Län<strong>der</strong>n, <strong>der</strong>en Ernährung mit einem hohen Ballaststoffgehalt<br />

einhergeht, extrem selten ist. Da ein hoher intrakolischer<br />

Druck die Schleimhaut im Bereich von „Schwachstellen“<br />

ausstülpt, steht bei <strong>der</strong> Ernährungstherapie eine<br />

ballaststoffreiche Kost (20-30 g/Tag) im Vor<strong>der</strong>grund, die den<br />

intrakolischen Druck normalisiert.<br />

Beson<strong>der</strong>s wirkungsvoll ist die Ergänzung<br />

<strong>der</strong> Nahrung mit Weizenkleie<br />

(Ballaststoffgehalt: 45,2g/<br />

100g), die in Studien bei <strong>der</strong> Mehrzahl<br />

<strong>der</strong> Patienten zu einem Schwinden<br />

ihrer abdominellen Symptome führte.<br />

Die Wirkung verschiedener Kleiearten<br />

ist von <strong>der</strong> Partikelgröße <strong>der</strong> Kleie<br />

abhängig. Grobe Kleiepartikel mit<br />

einem Durchmesser von mehr als 1<br />

mm haben die beste Wirkung. Der<br />

gewünschte Effekt stellt sich allerdings<br />

erst nach etwa 2-4 Wochen ein.<br />

Weitere Ballaststofflieferanten sind<br />

Leinsamen, Apfelfasern o<strong>der</strong> Flohsamen.<br />

Die Umstellung auf eine ballaststoffreiche<br />

Ernährung sollte schrittweise<br />

erfolgen, z.B. durch Austausch<br />

verschiedener Lebensmittel (Mischbrot<br />

gegen Vollkornbrot) und unbedingt<br />

mit vermehrter Flüssigkeitszufuhr<br />

einhergehen.<br />

Ballaststoffreich sind Brotsorten<br />

wie Weizenschrot- und Vollkornbrot<br />

(8,4g/100g); Knäckebrot (14g/100g);<br />

Pumpernickel (9,3g/100g) o<strong>der</strong> Müsli<br />

(7,7g/100g). Gemüse und Hülsen-<br />

834<br />

früchte wie gekochte Bohnen (3g/<br />

100g); Broccoli (2,7g/100g); Möhren<br />

(2,5g/100g); Weißkohl (3g/100g);<br />

Obst wie rote Johannisbeeren (3,5g/<br />

100g); Äpfel (2g/100g); Trockenfrüchte<br />

wie Aprikosen (8,6g/100g);<br />

Feigen (12,9g/100g); Nüsse und Saaten<br />

wie Haselnüsse (7,4g/100g); Leinsamen<br />

(38,6g/100g); Sesam (11,2g/<br />

100g).<br />

Unterstützend wirkt auch die<br />

Zufuhr von milchsäure- und fruchtsäurehaltigen<br />

Lebensmitteln bzw.<br />

Getränken wie Buttermilch, Jogurt,<br />

milchsauer vergorene Gemüsesäfte,<br />

Trauben- und Apfelsaft.<br />

LEBENSMITTELKUNDE<br />

Einsatz und Unterschiede<br />

bei Leinsamen<br />

Leinsamen ist <strong>der</strong> Samen des Leins<br />

o<strong>der</strong> Flachses. Es gibt beim Lein Sorten,<br />

die primär fasern produzieren<br />

(Faserlein) und an<strong>der</strong>e, die bevorzugt<br />

Öl bilden (Öllein), sowie Mischformen.<br />

Lein ist eine alte Kulturpflanze,<br />

die schon vor 6000-8000 Jahren angebaut<br />

wurde. Heute steht <strong>der</strong> Anbau des<br />

Ölleins im Vor<strong>der</strong>grund. Leinöl ist<br />

aufgrund seines hohen Gehaltes an<br />

mehrfach ungesättigten Fettsäuren<br />

(73%), insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> alpha-<br />

Linolensäure (bis zu 58%) geeignet<br />

zur Speisenzubereitung bei Herz-<br />

Kreislauf-Erkrankungen.<br />

Bei Leinsamen wird eine Vielzahl<br />

verschiedener Sorten und Spezialzüchtungen<br />

angeboten, die sich in<br />

ihrem Inhaltsstoffspektrum unterscheiden.<br />

Es werden klein-, mittel und<br />

großkörnige Sorten neben braunem<br />

und goldgelbem Leinsamen angebaut.<br />

Aufgebrochener Leinsamen wurde<br />

mittels eines Spezialverfahrens leicht<br />

angequetscht (=aufgebrochen). Dieses<br />

Verfahren ist nicht mit dem „Schroten“<br />

gleichzusetzen und verbessert die<br />

gleichmäßige Quellung im Darm.<br />

In 100 g Leinsamen sind zwischen<br />

30-40 g Ballaststoffe, 20-25 g Eiweiß,<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Rezepte<br />

Marzipan-Orangen-<br />

Kuchen<br />

(ergibt ca. 20 Stücke))<br />

Das brauche ich<br />

125 g gehackte Mandeln, 250 g Butter<br />

o<strong>der</strong> ungehärtete Pflanzenmargarine,<br />

200 g Vollzucker o<strong>der</strong> Ursüße, 2 Päckchen<br />

Vanillezucker,<br />

abgeriebene Schale<br />

von 2 unbehandelten<br />

Orangen, 250 g<br />

Marzipanrohmasse<br />

(zimmerwarm),<br />

1 Prise Meersalz,<br />

5 Eier, 1 Päckchen<br />

Weinsteinbackpulver,<br />

400 g Weizenmehl<br />

Type 1050,<br />

100 g kleingeschnittenes<br />

Orangeat,<br />

Fett <strong>für</strong> die Form,<br />

evtl. 4 EL Orangenmarmelade<br />

Das mache ich<br />

Mandeln ohne Fett<br />

kurz anrösten, abkühlen<br />

lassen. – Fett, Zucker, Vanillezucker,<br />

Orangenschale, zerbröckelte<br />

Marzipanrohmasse und Salz mit dem<br />

elektrischen Handrührer cremig rühren.<br />

Eier nach und nach einrühren. Backpulver<br />

mit Mehl mischen und zusammen<br />

mit Mandeln und Orangeat zur Crememasse<br />

geben. Alles gut verrühren und<br />

in eine gefettete große Gugelhupfform<br />

füllen (nur bis zur Hälfte einfüllen, sonst<br />

läuft <strong>der</strong> Teig über).<br />

Im vorgeheizten Backofen bei 175-190<br />

oC ca. 50 Min. backen.<br />

Der Kuchen kann noch warm mit verrührter<br />

Orangenmarmelade bestrichen<br />

werden o<strong>der</strong> abgekühlt mit Staubzucker<br />

bestreut werden.<br />

Pro Stück ca. 280 Kcal, 1.120 KJ.<br />

ReformhausKOCHSTUDIO<br />

38-43 g Fett, 4-6 g Mineralstoffe und<br />

etwa 470 kcal enthalten. Die Verfügbarkeit<br />

<strong>der</strong> Energie aus Leinsamen ist<br />

abhängig von <strong>der</strong> Zubereitungsform.<br />

So liefert ganzer Leinsamen nur<br />

wenig Kalorien, geschroteter dagegen<br />

fast den ganzen Brennwert.<br />

Leinsamen wird innerlich gegen<br />

Obstipation und bei Magenverstimmung<br />

eingesetzt. Dabei sollte auf Arzneileinsamen<br />

aus einer Spezialzüch-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Ernährungstherapie<br />

tung zurückgegriffen werden, <strong>der</strong> sich<br />

durch eine hohe Quellzahl auszeichnet.<br />

Bei Obstipation wird die<br />

Einnahme mit viel Flüssigkeit empfohlen,<br />

d.h. 1 Esslöffel mit einem Glas<br />

Wasser o<strong>der</strong> Tee unzerkaut zu den<br />

Mahlzeiten. Bei Magenverstimmung<br />

o<strong>der</strong> Gastritis wird die Schleimabkochung<br />

empfohlen. 2 Esslöffel werden<br />

mit 1/ 2 Liter Wasser<br />

aufgekocht. Anschließend<br />

wird die noch<br />

warme Flüssigkeit abgesiebt,<br />

mit einem<br />

säurearmen Fruchtsaft<br />

gemischt und über den<br />

Tag verteilt getrunken.<br />

Mittlerweile gibt es<br />

auch Arzneileinsaat im<br />

Teebeutel, <strong>der</strong> nach<br />

exakt 10 Minuten die<br />

optimale Schleimabson<strong>der</strong>ung<br />

hat.<br />

NAHRUNGSERGÄNZUNG<br />

Grundsubstanz Silicium<br />

Silizium kommt als Salz <strong>der</strong> Kieselsäure<br />

vor. Beim Menschen dient es als<br />

Gerüstsubstanz und besitzt vor allem<br />

eine Bedeutung <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Knochen und Knorpelsubstanz. Es<br />

trägt zur Wasserhaltefähigkeit und<br />

Elastizität des Bindegewebes bei und<br />

schützt vor einer Verhärtung, Einengung<br />

und einem Verlust an Elastizität<br />

in den Gefäßen.<br />

In einer Studie konnte durch den<br />

Einsatz von Kieselsäure bei altersbedingter<br />

Hypertonie <strong>der</strong> systolische<br />

Blutdruck um 20-35 mm Hg gesenkt<br />

werden. Desweiteren ist Silizium an<br />

<strong>der</strong> Quervernetzung von Keratinbausteinen<br />

und somit an <strong>der</strong> Stabilität von<br />

Haaren und Nägeln beteiligt. In <strong>der</strong><br />

Therapie findet Silizium auch einen<br />

Einsatz bei einer Reihe von Befindlichkeitsstörungen<br />

wie Blähungen,<br />

Durchfall und um überschüssige<br />

Magensäure zu binden.<br />

Silizium kommt vor allem in<br />

pflanzlichen gering verarbeiteten und<br />

ballaststoffreichen Lebensmitteln vor.<br />

Hirse enthält 500 mgSi/100g, Hafer<br />

425 mg; Gerste 187 mg; Haselnüsse<br />

10 mg; Bananen 8mg und Kartoffeln<br />

0,2 mg. Demgegenüber ist <strong>der</strong> Gehalt<br />

in Lebensmitteln tierischer Herkunft<br />

gering.<br />

Die Aufnahme im Darm ist nur gering,<br />

da Silizium in Form von schwer<br />

lösbaren Kieselsäureverbindungen<br />

vorliegt. Für die therapeutische Anwendung<br />

ist es deshalb besser auf ein<br />

gut resorbierbares Präparat zurückzugreifen,<br />

wie z.B. „Silicea“. Er wird aus<br />

Quarzgestein gewonnen, mittels Mineralsäuren<br />

ausgefällt und über Koloidmühlen<br />

in Wasser feinst verteilt.<br />

Seminare <strong>für</strong> gesundes Leben an <strong>der</strong> Reformhaus-Fachakademie<br />

Ausbildung <strong>für</strong> Arzthelferinnen zur Beginn: 02.03.2001<br />

„Ernährungs- und Diätberaterin“<br />

Anerkannt durch den ZÄN und den Berufsverband <strong>der</strong> Arzthelferinnen (BdA)<br />

Ausbildung „Gesundheitsberater/in – Beginn: 19.02.2001<br />

ganzheitliche Gesundheit“<br />

Ganzheitlich orientierte Seminarreihe. Wertvolles Wissen und praktische<br />

Empfehlungen zu den klassischen Naturheilverfahren<br />

Augenschule <strong>für</strong> gesundes und lebendiges Sehen 09.-11.02.2001<br />

Sehproblemen vorbeugen, Sehkraft regenerieren und stärken durch<br />

integratives Sehtraining<br />

Ayurveda 09.-11.02.2001<br />

Ganzheitliches Medizinsystem, spezielle Massagen, Ernährungssystem<br />

Weitere Informationen bei <strong>der</strong> Reformhaus-Fachakademie, Gotische Str. 15,<br />

61440 Oberursel (Tel: 06172 / 3009-822 bzw. Fax: 06172 / 3009-819)<br />

E-Mail: rfa@reformhaus.de Internet: www.reformhaus-fachakademie.de<br />

835


Etwa ein Drittel aller Patienten in<br />

Deutschland leidet mittlerweile an<br />

chronischen Krankheiten. Bei diesen<br />

Krankheiten spielt die Biografie eines<br />

Menschen eine ebenso große Rolle<br />

wie die objektiv messbaren, pathogenetisch<br />

verän<strong>der</strong>ten Werte. Auch<br />

subjektive Aussagen <strong>der</strong> Patienten<br />

sollten vom Arzt mit berücksichtigt<br />

werden, um den Krankheitsverlauf<br />

verstehen zu können. Das erklärte Dr.<br />

KARL-HEINZ GEBHARDT, 1. Vorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong>gesellschaft <strong>für</strong> Erfahrungsheilkunde,<br />

zur Eröffnung <strong>der</strong> 34.<br />

Medizinischen Woche in Baden-<br />

Baden.<br />

Dr. med. Karl-Heinz Gebhardt<br />

Karlsruhe<br />

In seiner Eröffnungsrede wies<br />

GEBHARDT darauf hin, dass es notwendig<br />

sei, diagnostische und therapeutische<br />

Kenntnisse „über den Gartenzaun<br />

<strong>der</strong> Schulmedizin“ zu erwerben.<br />

Er betonte aber auch: „Die beson<strong>der</strong>en<br />

Therapierichtungen sind <strong>für</strong> die Gesamtmedizin<br />

unverzichtbar, um die<br />

naturwissenschaftliche Medizin aus<br />

zahlreichen Therapienotständen herauszuführen,<br />

die Zufriedenheit <strong>der</strong><br />

Kongressberichte<br />

MEDIZINISCHE WOCHE BADEN-BADEN<br />

Mehr Mut zur Subjektivität<br />

Trotz aller Fortschritte in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Medizin werden heute<br />

insbeson<strong>der</strong>e Patienten mit chronischen Krankheiten nur selten<br />

adäquat behandelt. Ein Grund: Die Schulmedizin konzentriert sich<br />

in Diagnostik und Therapie überwiegend auf objektive Symptome,<br />

die sie z.B. aus Blutwerten o<strong>der</strong> bildgebenden Verfahren ableiten<br />

kann. Das Individuum wird dabei häufig vernachlässigt. Diesem<br />

Thema „Subjektivität und Objektivität in <strong>der</strong> Medizin“ war die diesjährige<br />

34. Medizinische Woche in Baden-Baden gewidmet.<br />

Patienten zu erhöhen und vor allem<br />

auch, um Kosten im Gesundheitswesen<br />

zu senken.“ Die Schulmedizin<br />

reduziere den „Wirksamkeitsnachweis“<br />

ihrer Methoden meist nur auf<br />

<strong>der</strong>en „Wirkung“. Das bedeutet, dass<br />

Krankheitssymptome verschwinden,<br />

aber nicht, dass eine Heilung <strong>der</strong><br />

Krankheit eintritt. Darauf begründe<br />

sich auch das sprunghafte Ansteigen<br />

<strong>der</strong> Behandlungskosten.<br />

Die naturheilkundlich tätigen<br />

<strong>Ärzte</strong> gehen in ihren Behandlungsansätzen<br />

weiter. Sie sehen den gesamten<br />

Menschen als eine Einheit aus Leib,<br />

Seele und Geist. Um diese ganzheitliche<br />

Sicht in Diagnostik und Therapie<br />

erfolgreich einzusetzen, ist jedoch ein<br />

lebenslanges Lernen notwendig. GEB-<br />

HARDT for<strong>der</strong>t in diesem Zusammenhang,<br />

Lehrstühle <strong>für</strong> Naturheilverfahren<br />

und Homöopathie an möglichst<br />

vielen Universitäten einzurichten, damit<br />

Studenten frühzeitig qualifiziert<br />

ausgebildet werden.<br />

<strong>Ärzte</strong> <strong>für</strong> Naturheilverfahren<br />

gegen „Aus“ <strong>für</strong><br />

komplementäre Heilmittel<br />

Die in Baden-Baden versammelten<br />

<strong>Ärzte</strong> protestierten in einer Resolution<br />

gegen die weitere Beschränkung <strong>der</strong><br />

naturheilkundlichen Therapien. Durch<br />

die seit dem 1. Juli dieses Jahres in<br />

Kraft getretene 10. Novelle zum Arzneimittelgesetz<br />

entfallen die 1975<br />

verabschiedeten spezifischen Zulas-<br />

836<br />

sungsvoraussetzungen <strong>für</strong> die Therapeutika<br />

<strong>der</strong> Naturheilverfahren. Alle<br />

Mittel <strong>der</strong> Naturheilkunde müssen nun<br />

die gleichen Zulassungsvoraussetzungen<br />

wie schulmedizinische Arzneimittel<br />

erfüllen.<br />

Das bedeutet, ihre Wirksamkeit ist<br />

zunächst nach schulmedizinisch wissenschaftlichen<br />

Kriterien nachzuweisen,<br />

bevor eine Neuzulassung<br />

möglich wird. Außerdem werden alle<br />

naturheilkundlichen Präparate vom<br />

Markt verschwinden, die Bestandteile<br />

verschiedener Therapierichtungen<br />

enthalten wie z.B. Homöopathika und<br />

Pflanzenextrakte. Schätzungen zufolge<br />

sind dadurch künftig 70 Prozent<br />

<strong>der</strong> naturheilkundlichen Arzneimittel<br />

nicht mehr verfügbar. Dabei hatte <strong>der</strong><br />

gesundheitspolitische Ausschuss des<br />

deutschen Bundestages 1975 erklärt,<br />

dass <strong>der</strong> Gesetzgeber bei <strong>der</strong> Zulassung<br />

von Arzneimitteln nicht die<br />

Dr. Karl Buchleitner<br />

Maßstäbe einer Therapierichtung zum<br />

allgemein gültigen Standard erheben<br />

dürfte. Genau das sei jedoch mit <strong>der</strong><br />

10. Novelle zum Arzneimittelgesetz<br />

geschehen, klagt Dr. KARL BUCH-<br />

LEITNER, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Aktion <strong>für</strong><br />

Biologische Medizin.<br />

Leidtragende dieser Regelung sind<br />

vor allem die chronisch Kranken. Gerade<br />

ihnen kann die Schulmedizin oft<br />

keine nachhaltige Hilfe ermöglichen.<br />

Sehr viel Geld investieren sie oft aus<br />

eigener Tasche, um sich mit „sanften“<br />

Mitteln zu behandeln, womit sie das<br />

Gesundheitswesen erheblich entlasten.<br />

„Sind diese Medikamente einmal<br />

vom Markt verschwunden o<strong>der</strong> nur<br />

noch in verän<strong>der</strong>ter Form erhältlich,<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


icht ein entscheiden<strong>der</strong> Teil des<br />

Jahrhun<strong>der</strong>te alten naturheilkundlichen<br />

Arzneischatzes weg“, ergänzte<br />

GEBHARDT. Die geplante Positivliste<br />

würde einen weiteren Eingriff in den<br />

Pluralismus <strong>der</strong> Medizin bedeuten.<br />

Mit einer deutschlandweiten Unterschriften-Kampagne<br />

versuchen die<br />

unterschiedlichen Patientenorganisationen<br />

und Fachgesellschaften <strong>der</strong><br />

Der wesentliche Unterschied zwischen<br />

Ayurveda und <strong>der</strong> Schulmedizin<br />

ist laut DANDEKAR das zugrunde<br />

liegende Weltbild – und das<br />

daraus resultierende Menschenbild.<br />

Das Weltbild und Menschenbild <strong>der</strong><br />

mo<strong>der</strong>nen Medizin basiert auf den<br />

Naturwissenschaften, <strong>der</strong> Physik, <strong>der</strong><br />

Chemie und <strong>der</strong> Biologie. Um ein<br />

komplexes Geschehen zu untersuchen,<br />

bedient sich diese Art <strong>der</strong> Medizin<br />

<strong>der</strong> reduktiven analytischen<br />

Methode. Nach diesem Verfahren<br />

wird aus <strong>der</strong> Vielfalt <strong>der</strong> Ursachen, die<br />

Dr. Govin Dandekar<br />

Wasserburg<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Kongressberichte<br />

naturheilkundlichen Therapieverfahren<br />

nun, gegen den staatlichen Dirigismus<br />

in <strong>der</strong> Medizin mobil zu machen.<br />

Wichtig sei jetzt, die Bürger über die<br />

Konsequenzen des politischen Handelns<br />

aufzuklären, so BUCHLEITNER.<br />

34. Medizinische Woche, Baden-<br />

Baden, 28.10. - 3.11.2000<br />

INDISCHE NATURHEILVERFAHREN<br />

Ayurveda und Schulmedizin<br />

schließen sich nicht aus<br />

In <strong>der</strong> täglichen Praxis können Verfahren <strong>der</strong> Schulmedizin und<br />

<strong>der</strong> altindischen Heilkunde Ayurveda durchaus kombiniert<br />

angewendet werden. Wie Dr. G. Dandekar, Wasserburg, auf dem<br />

diesjährigen Herbstkongress des ZÄN in Freudenstadt erläuterte,<br />

ist die Schulmedizin bei akuten schweren Krankheiten die bessere<br />

Wahl, während das indische Naturheilverfahren bei chronischen,<br />

multikausalen Krankheiten seine Trümpfe ausspielt.<br />

zu einem Phänomen führen, jeweils<br />

nur eine untersucht, um die Sache<br />

nicht zu komplizieren. Das bedeutet<br />

aber auch, so DANDEKAR, dass nur ein<br />

einziger Aspekt von vielen wahrgenommen<br />

wird. Ihrem Menschenbild<br />

entsprechend richtet sich die Therapie<br />

<strong>der</strong> Schulmedizin nach dem „Maschinen-Modell“.<br />

Man versucht, so DAN-<br />

DEKAR, „den Defekt zu reparieren“.<br />

Der Mensch als Einheit von<br />

Körper und Psyche<br />

Naturheilverfahren wie etwa Ayurveda<br />

befassen sich im Gegensatz dazu<br />

mit dem ganzen Menschen, mit all<br />

seinen Organen, die kybernetisch miteinan<strong>der</strong><br />

verknüpft sind. Dabei wird<br />

auch die Psyche des Patienten stets<br />

mit einbezogen. Denn, so DANDEKAR:<br />

„Der Mensch ist ein interaktives,<br />

interagierendes, bio-psycho-soziales<br />

Wesen und kein Bioroboter.“ Der<br />

Mensch wird als Einheit gesehen,<br />

wobei sich Körper und Psyche<br />

837<br />

gegenseitig beeinflussen. Krankheit<br />

wird in diesem Sinne als eine Störung<br />

<strong>der</strong> Harmonie des Organismus verstanden.<br />

Auf <strong>der</strong> Grundlage dieses<br />

Welt- und Menschenbildes unterscheidet<br />

sich Ayurveda auch therapeutisch<br />

deutlich von <strong>der</strong> Schulmedizin.<br />

Ziel <strong>der</strong> indischen Medizin<br />

ist es nicht, Defekte zu beheben und<br />

gezielt in Stoffwechselreaktionen einzugreifen,<br />

son<strong>der</strong>n die Harmonie des<br />

Körpers wie<strong>der</strong>herzustellen. Dabei<br />

glie<strong>der</strong>t sich <strong>der</strong> therapeutische Gesamtansatz<br />

in<br />

Lebensführung und Ordnungstherapie,<br />

Ernährungstherapie,<br />

Ausleitungstherapien,<br />

geeignete Phytotherapie und gegebenenfalls<br />

Psychotherapie nach Ayurveda.<br />

Nicht falsch, nur einseitig<br />

Trotz ihrer offensichtlichen Mängel<br />

hält DANDEKAR die reduktive, analytische<br />

Methode <strong>der</strong> Schulmedizin<br />

nicht <strong>für</strong> falsch – nur <strong>für</strong> einseitig und<br />

nicht überall einsetzbar. Bei akuten<br />

und schweren Krankheiten ist <strong>für</strong><br />

DANDEKAR die Schulmedizin „die<br />

bessere Wahl“, denn bei diesen Erkrankungen<br />

sei schnelle Hilfe vonnöten.<br />

Auch auf an<strong>der</strong>e Errungenschaften<br />

<strong>der</strong> Schulmedizin, wie Antibiotika,<br />

Narkoseverfahren, verschiedene<br />

Untersuchungsmethoden und<br />

Impfungen, kann nach Ansicht von<br />

DANDEKAR nicht verzichtet werden.<br />

Wenn es jedoch um die Lenkung eines<br />

Krankheitsprozesses in Richtung Gesundheit,<br />

um Zivilisationskrankheiten,<br />

Störungen <strong>der</strong> Abwehrkräfte,<br />

degenerative Erkrankungen, Alterskrankheiten<br />

und vor allem um die Problematik<br />

<strong>der</strong> Befindlichkeitsstörungen<br />

gehe, seien die sanften Therapien des<br />

Ayurveda eindeutig die bessere Alternative.<br />

CS<br />

Vortrag von Dr. G. Dandekar im Rahmen<br />

des 99. ZÄN Kongresses, Freudenstadt,<br />

14. bis 20. September 2000


Aus Industrie und Forschung<br />

Kurznachrichten<br />

Das unter dieser Rubrik zur Veröffentlichung kommende Material wird von den Firmen zur Verfügung gestellt.<br />

Deshalb erscheinen diese Meldungen außerhalb <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong> Schriftleitung.<br />

Therapiespiegel Bewegung<br />

Die A. Pflüger GmbH & Co. KG hat ihre neue Therapieratgeber-Reihe<br />

erweitert. Aktuell hinzugekommen ist <strong>der</strong><br />

Ratgeber zum Thema „Erkrankungen des Bewegungsapparates“.<br />

Zwei nie<strong>der</strong>gelassene, naturheilkundliche Therapeuten<br />

berichten, wie sie in ihrer Praxis die zu den häufigsten<br />

Gesundheitsstörungen zählenden Erkrankungen<br />

ganzheitlich behandeln. Vorwiegend chronische Erkrankungen,<br />

akute traumatische Erkrankungen und Wirbelsäulenerkrankungen<br />

werden in dem aktuellen Therapiespiegel<br />

vorgestellt. Symptome, Pathologie und Therapie je<strong>der</strong><br />

Erkrankung werden durch Fallbeispiele ergänzt, womit ein<br />

wertvoller, mit vielen therapeutischen Tipps angereicherter<br />

Ratgeber vorliegt.<br />

Die Broschüre kann kostenlos unter dem Stichwort<br />

„Therapiespiegel Bewegung“ angefor<strong>der</strong>t werden bei:<br />

Homöopathisches Laboratorium<br />

A. Pflüger GmbH & Co.KG<br />

Bielefel<strong>der</strong> Straße 17; 33378 Rheda-Wiedenbrück<br />

Fax: 05242 / 55 932; E-Mail: info@pfIueger.de<br />

Kreatin bei Köhler Pharma!<br />

Köhler Pharma erweitert seine Produktpalette um den<br />

Powerstoff Kreatin. Die Eiweißverbindung Kreatin verbessert<br />

die Energiezufuhr in fast allen Körperzellen. Daher<br />

wird <strong>der</strong> Stoff nicht nur zum Muskelaufbau, son<strong>der</strong>n auch<br />

zur allgemeinen Verbesserung <strong>der</strong> Konstitution eingesetzt.<br />

Köhler Pharma bietet Kreatin als Kau- und Lutschtablette<br />

(Kreatin plus) und in Pulverform (Kreatin optifit) an. Eine<br />

Kreatintablette enthält ein Gramm Kreatin. Die Packungseinheit<br />

beinhaltet 100 Stück. Beim Kreatinpulver Kreatin<br />

optifit enthält die Dose 125 g, welches in etwa 83 g Kreatinmonohydrat<br />

entspricht. Beide Produkte sind Nahrungsergänzungen<br />

mit einem überaus angenehmen Geschmack!<br />

Die Versorgung mit Kreatin ist grundlegend <strong>für</strong> den<br />

Energiestoffwechsel. Die aktive Form von Kreatin ist Kreatinphosphat.<br />

Kreatinphosphat liefert Energie <strong>für</strong> die Stoff-<br />

methatec<br />

838<br />

wechselvorgänge des Körpers. Kreatin wird als Kreatinin<br />

über die Niere vom Körper ausgeschieden.<br />

Zunächst nutzte man den Energievorteil von Kreatin nur<br />

zum Muskelaufbau. Seit neuem weiß man, aufgeladene<br />

Kreatinspeicher sind zur Unterstützung von Bewegungstherapien<br />

wichtig, zum Beispiel bei Osteoporose o<strong>der</strong><br />

Arthrose <strong>der</strong> Gelenke.<br />

Mittlerweile profitieren viele auch von den konzentrationsför<strong>der</strong>nden<br />

Eigenschaften. Kreatin ist nach Traubenzucker<br />

und Sauerstoff einer <strong>der</strong> wichtigsten Stoffe im<br />

Gehirn. Es ist auch hier <strong>für</strong> den Energiestatus <strong>der</strong> Hirn- und<br />

Nervenzellen zuständig. Damit liegt es nahe, dass Kreatin<br />

die Gedächtnisfunktion, das Lernen, die Kreativität beeinflusst.<br />

Köhler Pharma GmbH, Neue Bergstr. 5, 64665 Alsbach<br />

Ganz aktuell: Misteltherapie mft Iscador<br />

Komplett überarbeitet, klar strukturiert und übersichtlich<br />

sind die neuen Therapierichtlinien zu Iscador, die jetzt von<br />

<strong>der</strong> Weleda AG den Fachkreisen angeboten werden, um den<br />

Einstieg in die Therapie mit dem Marktführer <strong>der</strong> Mistelpräparate<br />

Iscador zu erleichtern o<strong>der</strong> um das Wissen <strong>der</strong><br />

bereits mit Mistel therapierenden Kollegen und Kolleginnen<br />

durch neueste Erfahrungen und Erkenntnisse zu ergänzen.<br />

Jedem das Seine:<br />

Basis- o<strong>der</strong> Standardtherapie mit Iscador<br />

Sowohl die Lektin-normierte Therapie mit Iscador speziell<br />

als auch die klassische Therapieführung <strong>der</strong> anthroposophischen<br />

Medizin mit den Iscador Serien- und Sortenvarianten<br />

sind einfach und praxisgerecht aufbereitet. Für die häufigsten<br />

Diagnosen sind Therapieempfehlungen bereits vorbereitet<br />

und je<strong>der</strong>zeit schnell nachzuschlagen. Für detailliert<br />

Interessierte bieten die Richtlinien Studien-Übersichten und<br />

Literaturlisten zu dem Präparat Iscador, das als erstes<br />

Mistelpräparat heute noch weltweit das meist untersuchte<br />

und – ebenfalls weltweit – das meist verordnete Mistelpräparat<br />

ist.<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Auf dem neuesten Stand: Forschung und Erfahrung<br />

Die aktuellen Forschungsergebnisse zu <strong>der</strong> Kernfrage „Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Lebensqualität“ werden ebenso kurz dargestellt,<br />

wie auch die ganz alltäglichen Fragen nach dem „Was<br />

mache ich wenn?“ beantwortet werden. Studien- und Literaturübersicht<br />

dokumentieren in beeindrucken<strong>der</strong> Weise über<br />

80 Jahre Erfahrung und Forschung.<br />

Bis hin zur Therapiebegleitung:<br />

Das umfassende Iscador Angebot<br />

Last but not least bieten die Darstellungen <strong>der</strong> Bausteine<br />

mo<strong>der</strong>ner Onkologie die Erläuterungen zur anthroposophisch<br />

erweiterten Medizin und die Zusammenstellung<br />

supportiver Therapiemaßnahmen eine gute Unterstützung<br />

bei Gesprächen mit Patienten und Betroffenen.<br />

Mit den neuen Therapierichtlinien ist jetzt auch das therapiebegleitende<br />

Informationsmaterial komplett: Therapiekarten<br />

<strong>für</strong> die schnelle Übersicht, Schmerz- und Befindlichkeitstagebuch<br />

<strong>für</strong> die Patientendokumentation, Therapieübersicht<br />

als Patientenpass mit erläuternden Hinweisen und<br />

individuell erfassbaren Therapiedaten und <strong>der</strong> umfangreiche<br />

Patientenratgeber runden das Angebot <strong>der</strong> Weleda AG so ab,<br />

dass die Misteltherapie <strong>für</strong> den nie<strong>der</strong>gelassenen Arzt<br />

mo<strong>der</strong>n und praxisgerecht durchzuführen ist.<br />

Die aktuellen Iscador Therapierichtlinien 2000 können<br />

abgefor<strong>der</strong>t werden bei:<br />

Weleda AG, Möhlerstr 3, 73525 Schwäbisch Gmünd<br />

Neu bei Bionorica Arzneimittel: Assalix ®<br />

Zum 01.11.2000 wurde das von <strong>der</strong> Firma Plantina AG<br />

entwickelte pflanzliche Rheumapräparat Assalix ® von <strong>der</strong><br />

Firma Bionorica Arzneimittel GmbH, Neumarkt i.d.OPf.,<br />

übernommen.<br />

Assalix ®, ein hochkonzentrierter Weidenrindenextrakt,<br />

wurde 1998 erstmals nach neuem Arzneimittelrecht zugelassen.<br />

Wie in einer ganzen Reihe von klinischen Studien<br />

gezeigt werden konnte, ist das Phytoanalgetikum stark wirksam<br />

und sehr gut verträglich. Sehr gut untersucht ist bereits<br />

die Wirksamkeit bei chronischen Rückenschmerzen und bei<br />

degenerativen Erkrankungen wie Gon- und Coxarthrose.<br />

Ein Dragee Assalix ® enthalt 393,24 mg Weidenrindenextrakt,<br />

entsprechend 60 mg Salicin. Neuesten pharmakolo-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Aus Industrie und Forschung<br />

Kurznachrichten<br />

Neomed<br />

839<br />

gischen Untersuchungen zufolge ist allerdings nicht das<br />

Salicin allein <strong>für</strong> die therapeutische Wirksamkeit verantwortlich,<br />

son<strong>der</strong>n die native Kombination aus Salicin<strong>der</strong>ivaten,<br />

Procyanidinen und Flavonoiden, sprich <strong>der</strong> <strong>Gesamte</strong>xtrakt.<br />

Die Dosierungsempfehlungen reichen, je nach Indikation<br />

und Schweregrad <strong>der</strong> Erkrankung, von 2x1 Dragee (entsprechend<br />

120 mg Salicin) bis 2x2 Dragees Assalix ®<br />

(entsprechend 240 mg Salicin) pro Tag.<br />

Das Packungsdesign wurde im Rahmen <strong>der</strong> Übernahme<br />

indikationsbezogen und patientenfreundlich neu gestaltet<br />

und damit an das Erscheinungsbild <strong>der</strong> übrigen Bionorica-<br />

Arzneimittel angepasst. Assalix ® ist in allen Apotheken erhältlich.<br />

Bionorica Arzneimittel GmbH<br />

Kerschensteiner Straße 11-15, 92318 Neumarkt i.d.OPf.<br />

Lieferbare Präparate von Pascoe<br />

Das lange Warten hat ein Ende: Seit dem 15.10.2000 sind<br />

die unten genannten Präparate von Pascoe wie<strong>der</strong> lieferbar:<br />

– Grippe comp. Nosode<br />

– Angina comp. N Nosode<br />

– Sinusitis comp. N Nosode<br />

– Vitamin-B-Komplex-Injektopas ® N<br />

– Redox-Injektopas ® N<br />

Die fehlenden Rohstoffe sind teilweise wie<strong>der</strong> verfügbar<br />

bzw. überhaupt nicht mehr erhältliche Wirkstoffe dürfen nun<br />

nach Genehmigung durch das BfArM entfernt werden, so<br />

dass die Präparate wie<strong>der</strong> lieferbar sind. Detaillierte Informationen<br />

über die Firmenanschrift:<br />

Pascoe Naturmedizin; Postfach 10 07 55; 35337 Gießen<br />

Tel.: 0641 / 79 60-0; Fax: 0641 / 79 60-123<br />

E-Mail: webmaster@pascoe.de<br />

Internet: http://www.pascoe.de


Impressum / Hinweise <strong>für</strong> die Autoren<br />

Verlag:<br />

Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft mbH<br />

Postfach 1151/1152, D-29501 Uelzen<br />

Tel. 0581 / 808 -150 (Verlagsleitung); Fax 0581 / 808-158<br />

E-Mail: ML.Verlag.Uelzen@t-online.de; http://www.MLVerlag.de<br />

Buch- u. Abo-Service/Buchhaltung 808-151, E-Mail: b.burandt@mlverlag.de;<br />

Anzeigen/Buchhaltung 808-152, E-Mail: m.zipser-jess@mlverlag.de;<br />

Lektorat/Rezensionen 808-154, E-Mail: s.cdb@mlverlag.de;<br />

Druck:<br />

Druckerei Buchheister KG, Postfach 1204, 21302 Lüneburg<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Zentralverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong> <strong>für</strong> Naturheilverfahren e.V. Sitz Stuttgart<br />

Geschäftsstelle: Am Promenadenplatz 1, 72250 Freudenstadt<br />

Tel. 07441 / 91 858 0, Fax 07441 / 91 858 22<br />

Chefredaktion:<br />

Dipl.-Biologe Jens Meyer-Wegener, Landsberger Str. 495, 81241 München<br />

Tel.: 089 / 83 96 42 25, Fax: 089 / 83 96 42 55,<br />

E-Mail: meyer-wegener@t-online.de.<br />

Redaktion:<br />

Dr. rer. nat. Claudia Schöllmann, Rainer H. Bubenzer<br />

Dr. med. H. P. Legal, Auslandskorrespondent, Kongressberichterstatter<br />

Grafische Gestaltung:<br />

daedalus design Stefan Oestreich, Manzingerweg 8, 81241 München<br />

Schriftleitung:<br />

Prof. Dr. med. Martin Hörning, Arminiusstr. 9, 32839 Steinheim<br />

Tel.: 05233 / 956 131, Fax: 05233 / 956 112,<br />

E-Mail: Martin.Hoerning@t-online.de.<br />

Dr. med. Antonius Pollmann, Schafsbecken 7, 29320 Hermannsburg<br />

Tel.: 05052 / 97 57 67, Fax: 05052 / 97 57 69<br />

Wissenschaftlicher Beirat:<br />

Dr. med. K. Ch. Schimmel, Batzerstr. 11, 81375 München<br />

(Vorsitzen<strong>der</strong> des Wissenschaftlichen Beirats)<br />

Dr. med. W. Schmitz-Harbauer, Bismarckstr. 114, 47799 Krefeld<br />

(Mo<strong>der</strong>ne Naturheilverfahren)<br />

Dr. med. M. Adler, Rathausstraße 2, 57078 Siegen-Geisweid<br />

(Weiterbildung Naturheilverfahren)<br />

Dr. med. M. Thyson, Kaiserlauterner Str. 16, 67098 Bad Dürkheim<br />

(Internationale Medizinische Gesellschaft <strong>für</strong> Elektroakupunktur nach Voll e.V.)<br />

Dr. med. H. Huneke, Erwin-v.-Witzleben-Straße 17, 40474 Düsseldorf-Nord<br />

(Internationale Medizinische Gesellschaft <strong>für</strong> Neuraltherapie nach Huneke –<br />

Regulationstherapie e.V.)<br />

Dr. med. R. H. Croon, Auf <strong>der</strong> Steinkaut 48-50, 61352 Bad Homburg<br />

(Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Elektroneuraldiagnostik und -therapie<br />

nach Croon e.V.)<br />

Dr. med. Franz-Anselm Graf von Ingelheim, Bischof-Blum-Platz 10<br />

65366 Geisenheim<br />

(Internationale Gesellschaft <strong>für</strong> Homotoxikologie und antihomotoxische<br />

Therapie e.V.)<br />

Dr. med. R. Stange, Krankenhaus Moabit, Turmstr. 21, 10559 Berlin<br />

(<strong>Ärzte</strong>gesellschaft <strong>für</strong> Naturheilverfahren (Physiotherapie), Berlin-<br />

Brandenburg e.V.)<br />

Dr. med. K. Buxbaum, Am Lachgraben 22, 63303 Dreieich<br />

(Internationale <strong>Ärzte</strong>gesellschaft <strong>für</strong> Sauerstofftherapie und Forschung e.V.)<br />

Prof. Dr. med. R. Berz, Einöde 2, 88416 Bellamont<br />

(Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Thermographie e.V.)<br />

Dr. med. J. Beck, Wer<strong>der</strong>str. 80A, 74899 Sinsheim<br />

(Internationale Ärztliche Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> Ultraviolettbestrahlung des<br />

Blutes HOT und UVB e.V.)<br />

Dr. med. G. Dandekar, Schabhalde 9, 88142 Wasserburg<br />

(Ayoga-International e.V.)<br />

Prof. Dr. H. Schilcher, Alfred-Naumann-Anger 17, 81737 München<br />

(Phytotherapie)<br />

Originalien und Mitteilung:<br />

Zuschriften mit Originalien (wissenschaftlichen Beiträgen). Referate, redaktionelle<br />

Nachrichten und Verbandsangelegenheiten werden an das Redaktionssekretariat<br />

<strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren erbeten.<br />

(Anschrift siehe oben)<br />

Die Schriftleitung behält sich den Zeitpunkt <strong>der</strong> Veröffentlichung vor. Grundsätzlich<br />

werden nur Erstveröffentlichungen angenommen. Grundsätzlich werden<br />

nur solche Arbeiten angenommen, die vorher we<strong>der</strong> im Inland noch im<br />

840<br />

Ausland veröffentlicht worden sind. Die Manuskripte dürfen auch nicht gleichzeitig<br />

an<strong>der</strong>en Blättern zum Abdruck angeboten werden. – Mit <strong>der</strong> Annahme<br />

des Manuskriptes erwirbt <strong>der</strong> Verlag <strong>für</strong> die Dauer <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Schutzfrist die ausschließliche Befugnis zur Wahrnehmung <strong>der</strong> Verwertungsrechte<br />

im Sinne des § 15 f. des Urheberrechtsgesetzes. – Übersetzung,<br />

Nachdruck – auch von Abbildungen –, Vervielfältigungen auf fotomechanischem<br />

o<strong>der</strong> ähnlichem Wege o<strong>der</strong> in Magnetton-Verfahren, Vortrag, Funkund<br />

Fernsehsendungen sowie Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen –<br />

auch auszugsweise – sind nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlages<br />

gestattet. – Für den persönlichen Gebrauch dürfen von Beiträgen o<strong>der</strong> Teilen<br />

von diesen einzelne Kopien hergestellt werden.<br />

Wichtige Hinweise <strong>für</strong> Autoren:<br />

– Jede Arbeit soll eine Zusammenfassung enthalten, die beim Abdruck dem.<br />

Text vorgeschaltet wird. Diese wäre von Ihnen selbst zu verfassen. Sie<br />

sollte aber 15 Druckzeilen nicht überschreiten.<br />

– Die Arbeit sollte von den Charakteristika des mündlichen Vortrages befreit<br />

und noch vom Autor so bearbeitet werden, dass sie druckreif vorliegt<br />

(wenn möglich auf Diskette).<br />

– In <strong>der</strong> Regel gilt als maximale Länge <strong>für</strong> jede Arbeit 3-4 Schreibmaschinenseiten<br />

(1zeilig, 70 Anschläge pro Zeile).<br />

– Pro Arbeit sollten max. 5 Abbildungen zur Publikation vorgelegt werden.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Verantwortung übernommen,<br />

Rücksendung erfolgt nur, wenn Rückporto beigefügt ist. Editorials<br />

drücken die persönliche Meinung des Autors, jedoch nicht unbedingt die von<br />

Herausgeber o<strong>der</strong> Schriftleitung aus.<br />

Alle Manuskripte werden von <strong>der</strong> Schriftleitung nach medizinisch-wissenschaftlichen<br />

und vom Lektor des Verlages nach stilistisch-sprachlichen Gesichtspunkten<br />

redigiert. Die Nennung von Markenbzeichnungen lässt keinerlei<br />

Rückschlüsse zu, ob es sich um geschützte Zeichen handelt.<br />

Bei Leserzuschriften behalten wir uns die Veröffentlichung o<strong>der</strong> Kürzung aus<br />

redaktionellen Gründen vor.<br />

Son<strong>der</strong>drucke:<br />

Von Originalbeiträgen erhalten die Verfasser auf Verlangen 10 Hefte kostenlos.<br />

Dies muss jedoch mit den Einreichen des Manuskriptes ausdrücklich<br />

vermerkt werden. Wird eine höhere Stückzahl gewünscht, so erfolgt <strong>für</strong> diese<br />

eine Berechnung.<br />

Nachdruck:<br />

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, <strong>der</strong> fotomechanischen<br />

Wie<strong>der</strong>gabe und <strong>der</strong> Übersetzung bleiben dem Verband nach Maßgabe<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Bestimmungen vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise,<br />

ist nur mit genauer Quellenangabe gestattet und bedarf bei<br />

Originalbeiträgen <strong>der</strong> schriftlichen Genehmigung des Verbandes.<br />

Anzeigenpreisliste:<br />

Ab 1.1.2000 gilt die Liste Nr. 37.<br />

Erfüllungsort und Gerichtsstand Uelzen.<br />

Erscheinungsweise: monatlich<br />

Bezugsbedingungen:<br />

Der Bezugspreis beträgt jährlich 98,- DM einschl. UST. Studentenpreis 73,50<br />

DM. Preise jeweils zuzüglich Versandkosten. Einzelhefte werden zum Preis<br />

von je 12,- DM abgegeben. Abonnementsgebühren sind nach Rechnungserhalt<br />

fällig o<strong>der</strong> zahlbar netto Kasse.<br />

Im Falle höherer Gewalt o<strong>der</strong> bei Störungen des Arbeitsfriedens besteht kein<br />

Anspruch auf Kürzung bzw. Rückzahlung des Bezugsgeldes.<br />

Die Kündigung des Jahresabonnements kann nur schriftlich mit einer Frist<br />

von 6 Wochen zum Jahresende beim Verlag erfolgen; nach diesem Termin<br />

eingehende Abbestellungen werden <strong>für</strong> das nächste Jahr vorgemerkt.<br />

Für die Bearbeitung aller Zuschriften bitte die Lesernummer angeben.<br />

Haftung:<br />

Sämtliche Angaben in diesem Heft sind nach bestem wissenschaftlichen Können<br />

<strong>der</strong> einzelnen Autoren gemacht. Eine Gewähr wird <strong>für</strong> diese Beiträge<br />

nicht übernommen. Im Einzelfall bleibt es dem Leser überlassen, diese Aussagen<br />

einer eigenen Prüfung zu unterziehen. Die Arzneimittel- und Gerätehersteller<br />

haften selbst <strong>für</strong> ihre in den Anzeigen gemachten Angaben. Ebenfalls<br />

übernimmt <strong>der</strong> Verlag keine Haftung <strong>für</strong> Schäden, die durch fehlerhafte<br />

o<strong>der</strong> unterbliebene Ausführungen im Text o<strong>der</strong> in den Anzeigen entstehen.<br />

Zahlungen:<br />

Postbank Hamburg, Kto.-Nr. 2 392 16-201 BLZ 200 100 20<br />

Sparkasse Uelzen, Kto.-Nr. 5 405, BLZ 258 501 10<br />

Gerichtsstand Uelzen.<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Kombination <strong>der</strong><br />

Vitamine E und C<br />

bietet Schutz vor<br />

Demenzerkrankung<br />

In einer aktuellen Studie nahmen<br />

3.385 Männer im Alter zwischen 71<br />

und 93 Jahren über einen längeren<br />

Zeitraum die beiden Vitamine E<br />

und C. Die beteiligten Personen waren<br />

am Ende <strong>der</strong> Studie 5 Gruppen<br />

zuzuordnen: ohne o<strong>der</strong> mit leichten<br />

kognitiven Beschwerden, mit eindeutig<br />

festgestellter Alzheimer Erkrankung,<br />

vaskulärer Demenz und<br />

gemischten/an<strong>der</strong>en Demenzformen.<br />

Es konnte nachgewiesen werden,<br />

dass die gleichzeitige Einnahme<br />

<strong>der</strong> Vitamine E und C (wie z.B. in<br />

EVINA mit 200 I.E. Vitamin E und<br />

500 mg Vitamin C, Rodisma-Med<br />

Pharma GmbH, Köln) signifikant das<br />

Auftreten von vaskulärer Demenz<br />

reduziert (88%ige Reduktion). Die<br />

Personen, die beide Vitamine einnahmen,<br />

waren ebenfalls geschützt<br />

gegenüber verschiedenen, gemischten<br />

Demenzformen (69%ige Reduktion<br />

des Auftretens). Zusätzlich verbesserte<br />

sich die geistige Leistungsfähigkeit.<br />

Mit zunehmendem Alter steigt<br />

exponentiell die Zahl <strong>der</strong> Demenz-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Aus Industrie und Forschung<br />

Therapiereport<br />

Betroffenen. Während von den über<br />

65-Jährigen 4-11 % betroffen sind,<br />

liegt die Rate bei den über 85-Jährigen<br />

bereits bei 24-47 %. Freie Radikale<br />

scheinen mitverantwortlich zu sein <strong>für</strong><br />

ein beschleunigtes Altern. Die hochreaktiven<br />

Sauerstoffspezies verursachen<br />

oxidative Schäden an Zellorganellen<br />

und Zellmembranen. Man<br />

weiß, dass freie Radikale bei <strong>der</strong><br />

Pathogenese verschiedenster im Alter<br />

vermehrt auftretenden Erkrankungen<br />

eine wichtige Rolle spielen.<br />

Da die Membranen von Nervenzellen<br />

einen hohen Anteil oxidationsanfälliger<br />

mehrfach ungesättigter Fettsäuren<br />

enthalten, ist Nervengewebe<br />

beson<strong>der</strong>s anfällig gegenüber freien<br />

Radikalen. Vermutlich beeinflusst ein<br />

Überschuss dieser freien Radikale<br />

(sog. oxidativer Stress) Alterungsvorgänge<br />

im Gehirn, so dass kognitive<br />

Fähigkeiten nachlassen (Beeinträchtigung<br />

<strong>der</strong> Gedächtnisleistung und<br />

Orientierungsfähigkeit) und unterschiedliche<br />

Demenzformen entstehen<br />

können.<br />

Die antioxidativ wirkenden Vitamine<br />

E und C bewahren Gefäße vor<br />

arteriosklerotischen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

und schützen vor bestimmten Demenzformen.<br />

EB<br />

Masaki, K. H., Losonczy, K. G. et al.: Association<br />

of vitamin E and C supplement use with<br />

cognitive function and dementia in el<strong>der</strong>ly men.<br />

Neurology 2000 (54), 1265-1272<br />

841<br />

Gaschler


Gute Wirksamkeit<br />

von Sinuselect ®<br />

bestätigt<br />

Mit dem Homöopathikum Sinuselect<br />

® lassen sich Sinusitis und<br />

Rhino-Sinusitis sehr wirksam und<br />

zugleich verträglich behandeln.<br />

Dies konnte nun erstmals <strong>für</strong> ein<br />

homöopathisches Komplexmittel im<br />

Rahmen einer kontrollierten Anwendungsbeobachtung<br />

sowohl anhand<br />

<strong>der</strong> subjektiven Beurteilung<br />

durch die Patienten als auch durch<br />

objektive diagnostische Parameter<br />

bestätigt werden.<br />

Atemwegsinfekte zählen weltweit<br />

zu den häufigsten Infektionskrankheiten.<br />

Zwei- bis dreimal pro<br />

Jahr erkranken Erwachsene durchschnittlich<br />

an einer akuten Virusrhinitis<br />

und Kin<strong>der</strong> trifft es mit bis zu<br />

fünf Erkrankungen pro Jahr noch<br />

deutlich häufiger. Um die Entstehung<br />

eines Circulus vitiosus mit verschwollenen<br />

Nebenhöhlenostien und nachfolgen<strong>der</strong><br />

Entzündungsreaktion in den<br />

abhängigen Nebenhöhlen zu vermeiden,<br />

gilt es frühzeitig in den Chronifizierungsprozess<br />

einzugreifen und die<br />

akute Erkrankung wirksam zu behandeln.<br />

Aus Industrie und Forschung<br />

Therapiereport<br />

Eine Anwendungsbeobachtung an<br />

24 Patienten mit akuter Rhinitis und<br />

Rhino-Sinusitis konnte nun bestätigen,<br />

dass Sinuselect ® eine sehr wirksame<br />

und zugleich äußerst verträgliche<br />

Behandlungsoption bietet. Die<br />

Patienten wurden über 14 Tage gemäß<br />

<strong>der</strong> Dosierungsempfehlung behandelt<br />

und die Wirksamkeit und Verträglichkeit<br />

des Medikamentes an den<br />

Tagen 1, 7 und 14 dokumentiert. Wie<br />

die Ergebnisse zeigen, besserte sich<br />

die subjektive Befindlichkeit <strong>der</strong> Patienten<br />

unter <strong>der</strong> 14-tägigen Behandlung<br />

signifikant. Während die Patienten<br />

anfangs über starke Kopfschmerzen<br />

klagten, waren die meisten Beschwerden<br />

bei dem Großteil <strong>der</strong> Patienten<br />

nach zwei Wochen so gut wie<br />

nicht mehr vorhanden. Der Niesreiz,<br />

<strong>der</strong> die Patienten am Tag <strong>der</strong> Einschlussuntersuchung<br />

deutlich belastete,<br />

besserte sich bereits nach einer<br />

Woche <strong>der</strong> Behandlung mit dem Homöopathikum<br />

signifikant. Auch weitere<br />

Symptome, wie eine laufende<br />

Nase und <strong>der</strong> Allgemeinbefund <strong>der</strong><br />

Patienten, waren zum Abschluss <strong>der</strong><br />

Behandlung statistisch signifikant gebessert.<br />

Bestätigung findet die gute Wirksamkeit<br />

durch die Ultraschalldiagnostik,<br />

die einen deutlichen Rückgang <strong>der</strong><br />

entzündlichen Verän<strong>der</strong>ungen wi<strong>der</strong>spiegelt.<br />

Darüber hinaus wurden erst-<br />

hypo-A<br />

842<br />

mals in einer Therapiestudie mit<br />

einem Homöopathikum auch Entzündungsparameter<br />

im Nasensekret gemessen.<br />

Dabei gingen im Nasensekret<br />

drei von vier Entzündungsparametern<br />

statistisch signifikant zurück, was <strong>für</strong><br />

eine Reduktion <strong>der</strong> Entzündungsreaktion<br />

und eine Schleimhautrestitution<br />

spricht.<br />

Auch bei Patienten mit sehr starker<br />

Symptomausprägung zeigt Sinuselect<br />

® eine gute Wirksamkeit. So belegt<br />

die Anwendungsbeobachtung,<br />

dass sich die objektiven Entzündungsparameter<br />

unter <strong>der</strong> alleinigen Behandlung<br />

vergleichbar rasch und gut<br />

bessern wie bei einer zusätzlichen<br />

Gabe von Antibiotika. Die objektiven<br />

Parameter <strong>der</strong> Entzündungsreaktion<br />

waren bei den Patienten mit antibiotischer<br />

Zusatzmedikation keinesfalls<br />

deutlicher rückläufig als bei Patienten,<br />

die ausschließlich mit dem Homöopathikum<br />

behandelt wurden.<br />

Lediglich in drei Fällen wurde von<br />

den Patienten im Rahmen dieser Anwendungsbeobachtung<br />

über unerwünschte<br />

Ereignisse berichtet, wobei<br />

in keinem Fall ein Zusammenhang mit<br />

<strong>der</strong> Studienmedikation gesehen<br />

wurde. Neben <strong>der</strong> guten Wirksamkeit<br />

gibt die Anwendungsbeobachtung<br />

somit ein weiteres Indiz <strong>für</strong> die sehr<br />

gute Verträglichkeit des Homöopathikums.<br />

EB<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


Phytotherapie –<br />

wirksam in <strong>der</strong><br />

Rheumatherapie<br />

Allein in Deutschland leiden über<br />

20 Millionen Menschen an Schmerzen<br />

im Bewegungsapparat, die<br />

unter dem Oberbegriff Rheuma<br />

subsummiert werden. Die klassische<br />

Therapie mit Nichtsteroidalen<br />

Antirheumatika ist zwar in aller<br />

Regel wirksam, aber mit starken<br />

Nebenwirkungen behaftet. Viele <strong>der</strong><br />

Betroffenen sind daher auf <strong>der</strong><br />

Suche nach an<strong>der</strong>en – effektiven<br />

und verträglichen – Therapieverfahren<br />

bzw. Arzneimitteln.<br />

Beson<strong>der</strong>s pflanzliche Arzneimittel<br />

sind – in diesem Zusammenhang<br />

– in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen<br />

Interesses geraten, allen voran<br />

die Weidenrinde, Teufelskralle, Birkenblätter<br />

sowie ein Extrakt aus <strong>der</strong><br />

Rinde des südamerikanischen Baumes<br />

Heisteria Pallida. Diese Heilpflanzen<br />

werden allein o<strong>der</strong> in Kombination<br />

seit einigen Jahren als wirksame und<br />

nebenwirkungsarme Phytoanalgetika<br />

diskutiert und propagiert.<br />

Wie in wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

gezeigt werden konnte,<br />

führt eine Kombination dieser vier<br />

pflanzlichen Wirkstoffe – als Tinktur,<br />

zur tropfenweisen Einnahme (Dr.<br />

Wiemann´s Rheumatonikum) – be-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Aus Industrie und Forschung<br />

Therapiereport<br />

reits innerhalb weniger Wochen zu<br />

einer deutlichen Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Schmerzen und zu einer Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Beweglichkeit <strong>der</strong> Gelenke und<br />

Gliedmaßen.<br />

In die erste Untersuchung – einer<br />

multizentrische Anwendungsbeobachtung<br />

– wurden insgesamt 102 Patienten<br />

im Alter von durchschn. 57 Jahren<br />

mit akuten und chronischen, entzündlichen<br />

Erkrankungen des rheumatischen<br />

Formenkreises einbezogen. Die<br />

Patienten erhielten die Prüfarznei, Dr.<br />

Wiemann´s Rheumatonikum, über<br />

einen Zeitraum von drei Monaten. Ein<br />

Begleitmedikation war erlaubt, musste<br />

aber in den Prüfunterlagen vermerkt<br />

werden. In Abständen von zwei bzw.<br />

vier Wochen – nach <strong>der</strong> 2., 4., 8. und<br />

12. Woche – wurden die krankheitsspezifischen<br />

Symptome, Tagesschmerz,<br />

Nachtschmerz, Ruhe- und<br />

Bewegungsschmerz, Morgensteifigkeit<br />

und Schwellung, dokumentiert<br />

und bewertet. Die Ausprägungsgrade<br />

wurden über Ordinalskalen abgefragt.<br />

Bei 22 <strong>der</strong> 102 Patienten wurde die<br />

Therapie von den <strong>Ärzte</strong>n als sehr gut,<br />

bei 44 als gut und bei 28 als mäßig<br />

bewertet. Nur bei 8 Patienten konnte<br />

keine Verbesserung <strong>der</strong> Beschwerden<br />

erzielt werden. Beson<strong>der</strong>s bei den<br />

Symptomen Tages- und Nacht- sowie<br />

Bewegungsschmerz zeigte sich bei<br />

<strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Patienten eine deutliche<br />

Verbesserung. Einige Patienten<br />

brachen die Studie sogar vorzeitig ab,<br />

da sie keine Beschwerden mehr hatten.<br />

Nur bei 4 Patienten (3,9 Prozent)<br />

traten Nebenwirkungen auf.<br />

Zusammenfassend kamen die behandelnden<br />

<strong>Ärzte</strong> daher zu <strong>der</strong> Überzeugung:<br />

„Der günstige Nutzen-/<br />

Risiko-Quotient spricht <strong>für</strong> den Einsatz<br />

von Dr. Wiemann´s Rheumatonikum<br />

auch unter Langzeitbedingungen,<br />

wobei gerade die ausgezeichnete Verträglichkeit<br />

das Armentarium des<br />

behandelnden Arztes entscheidend<br />

erweitert.“<br />

Quelle: M. Raba und A. Meier, Abschlussbericht<br />

zu einer Beobachtungsstudie (multizentrisch)<br />

mit Dr. Wiemann´s Rheumatonikum,<br />

Oberhaching/Bad Wörishofen, Dezember 1993<br />

843<br />

Beethoven


East meets West<br />

Viele Krankheiten haben sowohl körperliche als auch seelische<br />

Ursachen. So wird inzwischen davon ausgegangen,<br />

dass von 100 Patienten, die in die Praxis eines Allgemeinarztes<br />

kommen, nahezu 80 an einer psychosomatischen<br />

Erkrankung leiden.<br />

Die westliche Medizin verordnet Medikamente <strong>für</strong> den<br />

Körper und Psychotherapie <strong>für</strong> die Seele. Psyche und Soma<br />

sind linear aufeinan<strong>der</strong> bezogen und zwei voneinan<strong>der</strong><br />

getrennte Größen.<br />

In <strong>der</strong> chinesischen<br />

Medizin<br />

hingegen sind<br />

Psyche und Soma<br />

im System <strong>der</strong><br />

Wandlungsphasen<br />

gleichwertig miteinan<strong>der</strong><br />

vernetzt<br />

und stehen in<br />

ständiger Wechselwirkung.<br />

KLAUS DIETER<br />

PLATSCH zeigt in<br />

seinem Buch<br />

„Psychosomatik in <strong>der</strong> chinesischen Medizin“ Wege, um<br />

dem Patienten in seiner leiblich-seelisch-geistigen Einheit<br />

gerecht zu werden und einen tief greifenden Heilungsprozess<br />

in Gang zu setzen. Aus <strong>der</strong> Verbindung von östlicher<br />

und westlicher Medizin entwickelt er ein ganzheitliches<br />

Welt- und Menschenbild mit dem Menschen als Mittelpunkt<br />

ärztlichen Denkens und Handelns.<br />

Differenziert und in einfühlsamen facettenreichen Bil<strong>der</strong>n<br />

werden die Beziehungen zwischen Soma, Emotionen,<br />

Psyche und Spiritualität beleuchtet – immer an den klar<br />

vorgegebenen Bil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> phänomenologischen Analogien<br />

orientiert, die die einzelnen Meridiane und Funktionskreise<br />

in sich tragen.<br />

Zahlreiche Analysen von Krankengeschichten und Behandlungsverläufen<br />

bewegen den Leser durch die Tiefe und<br />

Genauigkeit ihrer Darstellung und stellen eine Fundgrube<br />

<strong>für</strong> die eigene Praxis jedes Praktizierenden dar.<br />

Qi-Dynamik und Disharmoniemuster <strong>der</strong> Emotionen –<br />

Wirkung <strong>der</strong> Emotionen auf die Zang-fu-Organe, die Grund-<br />

Buchbesprechungen<br />

S+L Pharma<br />

844<br />

substanzen und die Leitbahnen – Träume und Traumverständnis<br />

– Ganzheitliche Diagnostik und Therapie – Philosophische<br />

und spirituelle Aspekte – Zahlreiche Kasuistiken.<br />

Das erste umfassende Werk zum Thema – <strong>für</strong> <strong>Ärzte</strong>,<br />

Psychologen und Therapeuten an<strong>der</strong>er Fachdisziplinen.<br />

Klaus Dieter Platsch: Psychosomatik in <strong>der</strong> Chinesischen<br />

Medizin. Wenn Geist Essenz durchdringt. 1. Aufl.,<br />

368 S., 18 Abb., 15 Tab., 17 x 24, Urban & Fischer 2000,<br />

DM 68,–/öS 496,–/SFr 62,–, ISBN 3-437-56110-3<br />

Die Bibel <strong>der</strong> Medizin<br />

Das Merck Manual ist das älteste kontinuierlich publizierte<br />

und am weitesten verbreitete Textbuch zur Allgemeinmedizin.<br />

1999 erschien die 17. Auflage als Jahrhun<strong>der</strong>tausgabe.<br />

Das MSD Manual ist die komplette Übersetzung<br />

aus dem Amerikanischen ins Deutsche und jetzt in <strong>der</strong> 6.<br />

Auflage erschienen.<br />

Für die 6. Auflage wurde das Buch vollständig überarbeitet,<br />

aktualisiert und um Themen wie Raucherentwöhnung,<br />

Golfkrieg-Syndrom, chronisches Erschöpfungssyndrom<br />

o<strong>der</strong> die medikamentöse Behandlung des Älteren erweitert.<br />

Die neue Auflage ist zweispaltig und damit leichter<br />

lesbar. Alle Tabellen und Abbildungen sind dem neuen<br />

Format angepasst.<br />

Das MSD Manual glie<strong>der</strong>t sich in 23 Hauptabschnitte,<br />

die das Wissen aller Gebiete <strong>der</strong> Medizin einschließlich <strong>der</strong><br />

Fachbereiche Pädiatrie, Gynäkologie und Geburtshilfe,<br />

Pharmakologie und Zahnheilkunde abdecken. Der umfangreiche<br />

und sorgfältig erstellte Index sowie die am Beginn<br />

jeden Abschnitts stehenden Inhaltsverzeichnisse ermöglichen<br />

ein schnelles Auffinden <strong>der</strong> gesuchten Information.<br />

Bemerkenswert ist, dass es den Herausgebern trotz des<br />

großen Umfangs – immerhin werden 1.700 Krankheitsbil<strong>der</strong><br />

dargestellt – gelungen ist, die einzelnen Abschnitte und<br />

Kapitel weitgehend einheitlich aufzubauen: Für jedes<br />

Krankheitsbild wird auf die Ätiologie und Pathophysiologie/<br />

Pathogenese eingegangen. Daran schließen sich Abschnitte<br />

zur Symptomatik, Diagnostik, Prognose und Therapie an.<br />

Wo erfor<strong>der</strong>lich, sind Differentialdiagnose und Laborbefunde<br />

erläutert (Angabe in konventionellen Einheiten, in<br />

den meisten Fällen SI-Einheiten in Klammern dahinter). Die<br />

empfohlenen Medikamente werden mit <strong>der</strong> Substanz-<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


ezeichnung aufgeführt. Im Kapitel Pharmakologie sind zur<br />

leichteren Orientierung die gebräuchlichsten Substanzen mit<br />

ein o<strong>der</strong> zwei Präparatebeispielen zu finden.<br />

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums hat man sich<br />

etwas einfallen lassen: Gratis zum Buch gibt es den Faksimile-Druck<br />

<strong>der</strong> 1. Auflage des Merck-Manuals von 1899 –<br />

ein hübsches, in Le<strong>der</strong> gebundenes Bändchen.<br />

Schon im Vorwort <strong>der</strong> 1. Auflage ist <strong>der</strong> Anspruch auf<br />

umfassende Information und die Übersichtlichkeit dokumentiert:<br />

„Das Gedächtnis ist trügerisch. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>für</strong> alle diejenigen, die viel zu tun haben ... in Fällen,<br />

die ein wenig aus <strong>der</strong> Reihe tanzen, (dann) ist es schwierig,<br />

... all die verfügbaren Medikamente in <strong>der</strong> Weise in das<br />

Gedächtnis zu rufen, um das beste auswählen zu können. ...<br />

Alles, was <strong>der</strong> praktizierende Arzt braucht, ist eine Erinnerungsstütze,<br />

die ihn Herr <strong>der</strong> Lage und ihn exakt das<br />

verordnen lässt, was seinem Urteil nach bei dieser Gelegenheit<br />

erfor<strong>der</strong>lich ist.“ Ganze 192 Seiten umfasste damals die<br />

amerikanische „Gedächtnisstütze“ <strong>für</strong> <strong>Ärzte</strong>.<br />

100 Jahre später: Die 17. Auflage <strong>der</strong> amerikanischen<br />

<strong>Ausgabe</strong> ist auf 2.655 Seiten, die 6. deutsche Auflage auf<br />

3.384 Seiten angewachsen. Der Anspruch des inzwischen<br />

ältesten kontinuierlich publizierten Textbuchs zur Allgemeinmedizin,<br />

jedes Thema genau, adäquat, hinreichend und<br />

zugleich einfach und klar darzustellen, ist geblieben.<br />

Dabei liest sich die 100-jährige Geschichte des MSD<br />

Manual wie eine Geschichte <strong>der</strong> Medizin. Die rasante Entwicklung<br />

in <strong>der</strong> Medizin und die Vervielfachung des<br />

medizinischen Wissens machten immer wie<strong>der</strong> neue Auflagen<br />

und Verän<strong>der</strong>ungen innerhalb <strong>der</strong> Buchstruktur<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Viele medizinische Aussagen wurden im Laufe<br />

<strong>der</strong> Zeit von neuen Erkenntnissen überrollt. So war beispielsweise<br />

in <strong>der</strong> 6. Auflage des Merck Manuals von 1934<br />

noch zu lesen, dass Autofahren eine potenzielle Abortursache<br />

sei – bei dem Zustand <strong>der</strong> damaligen Straßen vielleicht<br />

eine richtige Aussage. Heute mag man darüber nur<br />

noch schmunzeln. Aber vielleicht wird in weiteren 100<br />

Jahren über den medizinischen Standard von heute ebenso<br />

gelächelt.<br />

MSD Manual. 6. Aufl., 3424 S., 171 Abb., 538 Tab., geb.,<br />

Urban & Fischer 2000<br />

Mit Griffregister: ISBN 3-437-21750-X<br />

DM 128,–/öS 934,–/ SFr 114,–<br />

Ohne Griffregister: ISBN: 3-437-21760-7<br />

DM 98,–/öS 715,–/SFr 89,–<br />

CD-ROM: ISBN: 3-437-21770-4<br />

DM 98,–/715,–/SFr 89,–<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Buchbesprechungen<br />

NAM-1<br />

845<br />

Pflanzenheilkunde auf humoralpathologischer<br />

Basis<br />

Eine Pflanzenheilkunde auf humoralpathologischer Basis<br />

stellt eine wichtige Grundlage naturheilkundlichen Denkens<br />

und Handelns dar. Aufbauend auf dem individuellen biologischen<br />

Funktions- und Abwehrprogramm, dem „inneren<br />

Arzt“ eines Menschen, kann sie konstitutionell stabilisierend<br />

und auf sanfte Weise korrigierend unterstützen.<br />

Das Buch „Pflanzenheilkunde nach humoralpathologischen<br />

Kriterien“ befasst sich mit <strong>der</strong> Frage: Wie kann eine<br />

humoralpathologisch orientierte<br />

Pflanzenheilkunde in <strong>der</strong> heutigen<br />

Naturheilkunde realisiert<br />

werden? FRIEDEMANN GARVEL-<br />

MANN geht von seiner langjährigen<br />

Erfahrung aus und überarbeitet<br />

die traditionellen Quellen,<br />

vor allem die aus dem 17.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t stammenden umfangreichen<br />

Werke. Er macht die<br />

traditionelle europäische Naturheilkunde<br />

<strong>für</strong> den mo<strong>der</strong>nen Behandler<br />

zugänglich und praktisch<br />

anwendbar. Das Buch ist als übersichtliches tabellarisches<br />

Nachschlagewerk konzipiert und fasst die <strong>für</strong> die Rezeptur<br />

wichtigsten Informationen zusammen – humorale Qualitäten<br />

und Indikationen <strong>der</strong> einzelnen Heilpflanzen, ihre Apothekenverfügbarkeit<br />

sowie Zubereitungsformen.<br />

Die angefügten konstitutionstherapeutischen Hinweise<br />

zu den Pflanzen sind vor allem <strong>für</strong> Irisdiagnostiker von<br />

Bedeutung. Aufgrund <strong>der</strong> prinzipiellen Parallelen zwischen<br />

<strong>der</strong> Humoralpathologie und <strong>der</strong> Traditionellen Chinesischen<br />

Medizin bietet das Buch jetzt auch <strong>für</strong> Therapeuten dieser<br />

Richtung die Basis, europäische Heilpflanzen nach energetischen<br />

Gesichtspunkten einzusetzen. Als Wegweiser <strong>für</strong><br />

eine individuelle Diätetik werden in einem Zusatzkapitel die<br />

humoralen Qualitäten wichtiger Nahrungsmittel tabellarisch<br />

vorgestellt. Ein Register <strong>der</strong> deutschen und lateinischen<br />

Pflanzennamen sowie ein humoralpathologisch orientiertes<br />

Indikationsverzeichnis machen das Buch zum hilfreichen<br />

Werkzeug <strong>für</strong> die tägliche Praxis.<br />

Friedemann Garvelmann: Pflanzenheilkunde in <strong>der</strong><br />

Humoralpathologie. 259 S., brosch., 17 x 24 cm, DM 49,–,<br />

Richard Pflaum Verlag, München 2000, ISBN 3-7905-<br />

0835-7


Traditionelle Chinesische Medizin<br />

wird von vielen Laien noch mit<br />

Akupunktur gleichgesetzt. Dass TCM<br />

nicht ausschließlich Akupunktur, son<strong>der</strong>n<br />

auch die Phytotherapie und die<br />

Diätetik beinhaltet, erfuhren die Besucher<br />

<strong>der</strong> Frankfurter Buchmesse am<br />

Stand des Urban & Fischer Verlags. In<br />

einer „Livesprechstunde“ informierte<br />

<strong>der</strong> bekannte Mo<strong>der</strong>ator <strong>der</strong> ZDF-Sendung<br />

Gesundheit, Dr. GÜNTER GER-<br />

HARDT, über die Möglichkeiten und<br />

Grenzen <strong>der</strong> TCM. Gemeinsam mit<br />

Dr. UDAYANA GENDO, Autor des Praxishandbuchs<br />

Chinesische Medizin, und<br />

<strong>der</strong> TCM-Therapeutin und Ärztin JÜ<br />

TANG antworteten sie auf Fragen aus<br />

dem Publikum.<br />

Dabei reichte die Bandbreite <strong>der</strong><br />

gestellten Fragen von <strong>der</strong> allgemeinen<br />

Wirkung <strong>der</strong> TCM bis zu ganz konkreten<br />

Problemen wie Beschwerden<br />

im Alter o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Einsatz von Akupunktur<br />

bei <strong>der</strong> Behandlung von Kin<strong>der</strong>n.<br />

„Ist Akupunktur auch bei Span-<br />

Varia<br />

Buchmesse Frankfurt:<br />

Verstehen Sie Chinesisch?<br />

Livesprechstunde mit Dr. Günter Gerhardt<br />

nungskopfschmerzen denkbar und<br />

sinnvoll?“, wollte beispielsweise ein<br />

älterer Herr aus dem Publikum wissen.<br />

„Natürlich“, so Dr. GENDO, „aber<br />

nicht sofort. Sie müssen erst die Ursache<br />

des Kopfschmerzes finden. Oft<br />

helfen hier Gespräche über die Lebens-<br />

und Essgewohnheiten. Manchmal<br />

sind es Schmerzen, die an ganz<br />

an<strong>der</strong>en Stellen im Körper entstehen.<br />

Der TCM-Arzt sieht den Menschen<br />

als Ganzes und nicht nur den Kopf.<br />

Geduld ist wichtig, wenn Sie sich zu<br />

einem TCM-Therapeuten begeben“,<br />

führte er weiter aus. Ergänzt mit zahlreichen<br />

Beispielen aus seiner Praxis<br />

vermittelte er den Umstehenden den<br />

ganzheitlichen Ansatz <strong>der</strong> TCM und<br />

die bedeutende Rolle <strong>der</strong> Diätetik und<br />

<strong>der</strong> Phytotherapie in <strong>der</strong> TCM.<br />

„Wie ist es mit Menstruationsbeschwerden,<br />

kann Akupunktur da helfen?“,<br />

fragte eine junge Pflegeschülerin<br />

JÜ TANG, Autorin des Buches<br />

Rase<br />

846<br />

Chinesische Medizin in <strong>der</strong> Gynäkologie.<br />

Anschaulich erklärte sie das<br />

Wechselspiel von Qi als Fülle- bzw.<br />

Mangelzustand des Chong Mai. Wie<br />

Dr. GENDO hob auch sie die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> intensiven Befragung <strong>der</strong><br />

Patienten nach Alter, Beruf, Familienstand,<br />

Lebensumständen, Zyklen hervor.<br />

„Der TCM-Arzt sieht, riecht, hört<br />

und fühlt die Patientin und versucht<br />

so, die Frau als Ganzes zu erfassen<br />

und die Sicht nicht auf die Organe zu<br />

beschränken“, erklärte JÜ TANG.<br />

Besucher, die sich am Stand des<br />

Urban & Fischer Verlags über das<br />

neue Programm informierten, blieben<br />

stehen und lauschten aufmerksam <strong>der</strong><br />

Diskussion. Viele verweilten am<br />

Stand und nutzten die Möglichkeit,<br />

„richtige“ TCM-<strong>Ärzte</strong> zu befragen.<br />

Dr. GERHARDT, <strong>der</strong> die Veranstaltung<br />

gekonnt mo<strong>der</strong>ierte und mit viel<br />

Schwung selbst zurückhaltende „Zaungäste“<br />

zum Fragen ermutigte, verdeutlichte,<br />

dass die Krankheiten im Osten<br />

und Westen dieselben seien, die Herangehensweise<br />

hingegen unterschiedlich.<br />

Mit dieser Veranstaltung gelang es<br />

dem Verlag Urban & Fischer, eine<br />

Brücke zwischen <strong>der</strong> östlichen und<br />

westlichen Medizin zu schlagen, was<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


sich auch im Programm des Verlags<br />

wi<strong>der</strong>spiegelt: So reicht das Spektrum<br />

des Fachverlags von Literatur <strong>für</strong><br />

Medizinstudenten über Standardliteratur<br />

<strong>für</strong> Mediziner wie das neu erschienene<br />

MSD Manual o<strong>der</strong> Roche<br />

Lexikon bis zur Literatur im Bereich<br />

<strong>der</strong> Ganzheitsmedizin.<br />

Dabei legt <strong>der</strong> Verlag großen Wert<br />

auf wissenschaftlich fundierte Fachinformation.<br />

„Für uns als medizinischer<br />

Fachverlag ist die Qualität <strong>der</strong><br />

Information entscheidend, darauf<br />

verwenden wir große Sorgfalt“, erklärte<br />

dazu URSULA HAMPEL von <strong>der</strong><br />

Pressestelle des Verlags. „Gerade im<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Varia<br />

Bereich Ganzheitsmedizin prüfen wir<br />

sehr genau, welche Titel veröffentlicht<br />

werden“, führte sie weiter aus. „Der<br />

Bereich ist ein Wachstumsmarkt, auch<br />

unser Programm wurde in den letzten<br />

Jahren konsequent ausgebaut.“ Über<br />

die TCM hinaus findet <strong>der</strong> Arzt bei<br />

Urban & Fischer zahlreiche Bücher zu<br />

allgemeinen naturheilkundlichen Methoden<br />

und Verfahren, zur Phytotherapie,<br />

Homöopathie o<strong>der</strong> Osteopathie.<br />

Wer sich einen Überblick über das<br />

komplette Programm verschaffen<br />

möchte, findet unter www. urban<br />

fischer.de weitere Informationen.<br />

Olympia bedeutet immer ein<br />

ganz beson<strong>der</strong>es Erlebnis<br />

Als Olympiaarzt in Sydney 2000<br />

Es gibt keinen Zweifel daran, dass<br />

die jetzt stattgefundenen Olympischen<br />

Spiele 2000 in Sydney die besten<br />

überhaupt waren, welche in <strong>der</strong><br />

neuen Zeitrechnung ausgetragen wurden.<br />

Darüber sind sich alle Experten<br />

und Besucher einig. (Ich persönlich<br />

besuchte sieben Spiele – genug um<br />

mir ein Urteil zu erlauben.) Diese<br />

Aussage trifft sowohl <strong>für</strong> die perfekte<br />

Organisation, die hervorragende Ausstattung<br />

<strong>der</strong> Sportstätten, das stets<br />

aufmerksame und freundliche Personal<br />

sowie die enthusiastische Begeisterung<br />

des australischen Publikums<br />

zu. Die Kriterien sind wichtig<br />

<strong>für</strong> ein gutes Gelingen von Mammutveranstaltungen,<br />

welche die Olympiade<br />

darstellt.<br />

Ich persönlich überblicke am besten<br />

den Bereich <strong>der</strong> Medizin. Dazu<br />

sollen einige Fakten genannt werden,<br />

um die Dimension dieses so wichtigen<br />

Gebiets zu ermessen. Wenn man vergleicht<br />

mit 1972, <strong>der</strong> Olympiade im<br />

eigenen Lande (München), dann sind<br />

in den 28 Jahren gewaltige neue An-<br />

for<strong>der</strong>ungen an dieses Fach gestellt<br />

worden. Als damals noch recht junger<br />

Arzt bekam ich den Zuschlag als Einsatzleiter<br />

(stellvertreten<strong>der</strong> Chief<br />

Medical Officer des Organisations-<br />

Komitees) <strong>für</strong> die Vorbereitung und<br />

Durchführung <strong>der</strong> „Münchner“ Spiele.<br />

Auch sie waren <strong>für</strong> die damalige Zeit<br />

einmalig. Lei<strong>der</strong> kam das Attentat dazwischen,<br />

das auf tragische Weise den<br />

ganzen Ablauf überschattete. 1972<br />

waren ca. 625 <strong>Ärzte</strong>, 1770 medizinische<br />

Mitarbeiter (Sanitätspersonal,<br />

Schwestern, Pfleger, Masseure etc.)<br />

und gut 600 Personen (z.B. Fahrer,<br />

Verwaltungskräfte etc.) eingesetzt.<br />

Nicht mitgerechnet die medizinischen<br />

Mitarbeiter (<strong>Ärzte</strong>, Masseure etc.) <strong>der</strong><br />

einzelnen teilnehmenden Nationen.<br />

Eine gewaltige Logistik, welche von<br />

uns damals bewältigt werden musste.<br />

Wohlgemerkt ohne Computer, Internet,<br />

E-Mail etc. – heutzutage unvorstellbar!<br />

In <strong>der</strong> vorbereitenden Stabsstelle<br />

des OK wurden alle eingehenden<br />

Bewerbungen (waschkörbeweise)<br />

gesichtet, kontrolliert, z.B. auf Quali-<br />

847<br />

Dr.Wolz


fikation (Zeugnisse), Einsätze etc.<br />

Nachdem das geschehen war, musste<br />

eine Schulung, Einweisung in die<br />

Tätigkeit erfolgen. Es ist klar, dass bei<br />

dieser Arbeit nicht Monate, son<strong>der</strong>n<br />

zwei bis drei Jahre erfor<strong>der</strong>lich sind.<br />

Auch die Doping-Kontrolle gab es damals<br />

schon. Die Medizinische Kom-<br />

Der Stadioneingang in Sydney<br />

mission des Internationalen Olympischen<br />

Komitees (IOC), welche als<br />

oberste „Behörde“ über die medizinischen<br />

Regeln <strong>der</strong> Spiele wacht, hat<br />

klare Richtlinien, Kontrollen und Vorschriften<br />

erlassen. Jede auszurichtende<br />

Stadt bzw. Land muss diese Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

befolgen. Die Sexkontrolle<br />

klärt, ob ein Athlet wirklich männlich<br />

o<strong>der</strong> weiblich bzw. ein Zwitterwesen<br />

darstellt. In <strong>der</strong> Vergangenheit gab es<br />

immer wie<strong>der</strong> spektakuläre Fälle, wo<br />

Medaillen an das falsche Geschlecht<br />

gereicht wurden. Wichtig ist auch die<br />

Auswahl <strong>der</strong> pharmazeutischen Produkte,<br />

medizinischen Geräte, Verbandsstoffe,<br />

Diagnostika etc. Alle<br />

Sportstätten und wichtigen Gebäude<br />

waren ausreichend mit Sanitätsräumen<br />

zu bestücken. Zusätzlich muss im<br />

Zuschauerraum auch Sanitätspersonal<br />

anwesend sein, um schnell erste Hilfe<br />

zu leisten. Die Sportler werden von<br />

ihren eigenen <strong>Ärzte</strong>n und Physiotherapeuten<br />

aber auch auf Bitte von<br />

Doktoren des örtlichen Organisationskomitees<br />

betreut. Große Nationen<br />

haben bekannterweise ganze Medizin-<br />

Varia<br />

stäbe mitgebracht, kleine Län<strong>der</strong><br />

können sich manchmal keine eigenen<br />

<strong>Ärzte</strong> aus Kostengründen leisten. Das<br />

wird alles in <strong>der</strong> Organisation berücksichtigt.<br />

Alle Arbeiten gehen teilweise<br />

in mehreren Schichten vor sich. Das<br />

ist notwendig, da alle freiwilligen<br />

Helfer (also ohne Bezahlung) auch ge-<br />

legentlich mal Wettkämpfe besuchen<br />

wollen. Selbstverständlich wird <strong>für</strong><br />

dieses Personal die Übernachtung,<br />

Verpflegung und Kleidung (Uniform)<br />

gestellt. Viele opfern ihren Urlaub <strong>für</strong><br />

dieses oft einmalige Ereignis in ihrem<br />

Leben.<br />

Größere Sportarenen haben eigene<br />

Praxen bzw. kleine Kliniken. Das gilt<br />

vor allem <strong>für</strong> das olympische Dorf<br />

bzw. das Hauptstadion. Dort befindet<br />

sich meist eine Poliklinik mit allen nur<br />

848<br />

möglichen Fachabteilungen. Dies ist<br />

notwendig, da sich die Frequenz <strong>der</strong><br />

Besuche von Sportlern und Betreuern<br />

usw. am Tag auf einige hun<strong>der</strong>t bis<br />

tausend Personen beläuft. Kurios am<br />

Rande sei erwähnt, dass viele Athleten<br />

aus ärmeren Län<strong>der</strong>n (Afrika, Asien,<br />

Ostblock) ständig um neue Zähne<br />

(Zahnersatz) und Sehhilfen (Brille)<br />

bitten. Oftmals die einmalige Gelegenheit<br />

kostenfrei heranzukommen.<br />

Natürlich werden auch Massagen,<br />

medizinische Bä<strong>der</strong> und orthopädische<br />

Hilfsmittel gewünscht. Sogar<br />

eine Krankenstation (Quarantäne) ist<br />

vorhanden. Überall sind Krankenwagen<br />

und Hubschrauber stationiert,<br />

um schnellstens im Notfall die Patienten<br />

in eine größere Spezialklinik zu<br />

bringen. Gott sei Dank stellt diese Art<br />

von Zwischenfällen eine Seltenheit<br />

dar. Neben <strong>der</strong> allgemeinen Sprechstunde<br />

(also wie beim Hausarzt) gibt<br />

es Spezialberatungen, z.B. in psychischer,<br />

physischer, nutrativer, prophylaktischer<br />

Art etc., in den medizinischen<br />

Einrichtungen. Sportler sind<br />

sehr sensibel und hellhörig, können<br />

schon mal anstrengend sein. Man<br />

muss bei jeglicher Therapie beachten,<br />

dass keine verbotenen Substanzen<br />

verabreicht werden, welche mit den<br />

Dopingregeln nicht in Einklang gebracht<br />

werden können. Das ist ein<br />

äußerst heikles Thema und hat schon<br />

zu vielen Härtefällen geführt. Man hat<br />

es immer wie<strong>der</strong> in den Medien<br />

erfahren. Als Chief Medical Officer<br />

Der<br />

Berichterstatter<br />

an seinem<br />

Arbeitsplatz<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)


hat man die gesamte Verantwortung<br />

<strong>für</strong> den medizinischen Ablauf <strong>der</strong><br />

Spiele. Die Medizin besitzt heutzutage<br />

eine enorme Bedeutung. Hängt<br />

doch unter Umständen von <strong>der</strong><br />

richtigen Behandlung ab, ob jemand<br />

Medaillengewinner wird o<strong>der</strong> nicht.<br />

In Sydney waren ca. 5000 Personen<br />

allein auf diesem Sektor tätig. Alle<br />

müssen geschult und straff geführt<br />

werden.<br />

Viel Arbeit <strong>für</strong> Mediziner<br />

Als Assistent des Chief Medical<br />

Officers hatte ich auch eine enorme<br />

Verantwortung und war von früh bis<br />

abends auf den Beinen. Aber man<br />

merkt den Stress nicht so, da die<br />

Arbeit viel Freude bereitet und <strong>der</strong><br />

Tag so schnell vergeht. Alle mo<strong>der</strong>nen<br />

Hilfsmittel wie z.B. Dienstwagen mit<br />

Fahrer, Funkgerät, Assistent etc. erleichtern<br />

den Ablauf <strong>der</strong> Tätigkeit. Die<br />

Zusammenarbeit mit den Kollegen<br />

klappte ausgezeichnet. Aufgrund<br />

meiner Erfahrungen aus den früheren<br />

Olympischen Spielen bzw. Fußballweltmeisterschaften<br />

war es einfach <strong>für</strong><br />

mich, die Arbeit exakt auszuführen.<br />

Im Organisations-Komitee <strong>der</strong> Spiele<br />

(SOCOG) war ich in <strong>der</strong> Medizinabteilung<br />

<strong>der</strong> einzige deutsche Mitarbeiter.<br />

Das spielt aber keine Rolle,<br />

die nationale Angehörigkeit bei<br />

Olympia ist zweitrangig. Und das ist<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)<br />

Varia<br />

Der Olympiasieger im 800-Meter-<br />

Lauf Jens Schumann<br />

gut so. Soll doch gerade Sport völkerverbindend<br />

wirken. Ich hatte eine sehr<br />

gute Zeit in Australien. Die Monate<br />

vergingen wie im Fluge. Das Resultat<br />

des gesamten Teams kann sich sehen<br />

lassen. Die Medien waren bekanntlich<br />

voll des Lobes über organisatorische<br />

Belange. Olympiaden sind wie ein<br />

großer Wan<strong>der</strong>zirkus. Die nächste<br />

steht bereits bevor. Da ich nur Sommerolympiaden<br />

vorbereite, bin ich <strong>für</strong><br />

Athen 2004 schon wie<strong>der</strong> engagiert.<br />

Chief Medical Officer Dr. COSTAS<br />

PARISIS, so ist sein Name, nahm mich<br />

mit offenen Armen auf. Für ihn sind es<br />

die ersten Olympischen Spiele. Wir<br />

beide freuen uns sehr auf eine gute<br />

Zusammenarbeit. Es wird allerdings<br />

schwer, Sydney 2000 zu überbieten.<br />

Jamava<br />

849<br />

Athen 2004 hat nur dann eine Chance,<br />

wenn sie sich auf die klassischen<br />

Elemente von Olympia besinnt bzw.<br />

konzentriert. Dazu benötigt man nicht<br />

diesen bombastischen Stil, den Sydney<br />

vorgelegt hat. Schon in nächster<br />

Zeit fliege ich nach Athen, um meine<br />

Beratertätigkeit aufzunehmen. Dazu<br />

gehören viele Neuerungen z.B. in Bezug<br />

auf Doping, Ausfuhrbestimmungen,<br />

Literatur etc. Ein internationaler<br />

medizinischer Kongress ist immer obligatorisch.<br />

Er beschäftigt sich meist<br />

mit sportärztlichen Themen. Dazu<br />

kann man heutzutage schon die deutschen<br />

Kollegen einladen. Das Gleiche<br />

gilt <strong>für</strong> eine evtl. Mitarbeit von<br />

<strong>Ärzte</strong>n, Physiotherapeuten, medizinischem<br />

Hilfspersonal etc. Freiwillige<br />

sind immer willkommen.<br />

Halten wir die olympische Idee<br />

hoch, treiben wir alle jeden Tag etwas<br />

Sport. Das gilt auch <strong>für</strong> Behin<strong>der</strong>te.<br />

Die Paralympics bezeugen es, was<br />

möglich ist. Gerade in unserer schnelllebigen,<br />

teilweise hektischen Welt mit<br />

kriegerischen Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

seien wir froh, dass es eine Olympiade<br />

als Hort des Friedens und <strong>der</strong> Freude<br />

gibt. Die Olympischen Spiele führen<br />

Menschen aus allen Erdteilen zusammen<br />

und vereinen uns zu einer großen<br />

Völkergemeinschaft. Hoffentlich<br />

bleiben sie uns <strong>für</strong> ewig erhalten.<br />

Dr. med. Hans Peter Legal<br />

Olympiaarzt<br />

Arzt <strong>der</strong> Fußballweltmeisterschaft


Verleihung des Hans-<br />

Heinrich-Reckeweg-<br />

Preises<br />

Irr Rahmen <strong>der</strong> Medizinischen Woche in Baden-Baden wird<br />

<strong>der</strong> (seit diesem Jahr) mit DM 30.000 hoch dotierte Hans-<br />

Heinrich-Reckeweg-Preis verliehen Der Preis ist bestimmt<br />

<strong>für</strong> herausragende wissenschaftliche o<strong>der</strong> grundlegende<br />

Arbeiten auf dem Gebiet <strong>der</strong> Antihomotoxischen Arzneimittel<br />

bzw. Homotoxikologie sowie angrenzen<strong>der</strong> Bereiche<br />

biologischer Medizin und Tiermedizin.<br />

In diesem Jahr ging <strong>der</strong> Preis an Frau Dr. BERNADETTE<br />

GLATTHAAR-SAALMÜLLER, Münster. Die Preisträgerin erhielt<br />

diese Auszeichnung <strong>für</strong> ihre wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

mit Euphorbium compositum Nasentropfen,<br />

einem homöopathischen Arzneimittel, das therapeutisch bei<br />

Entzündungen <strong>der</strong> Nasenschleimhaut und <strong>der</strong> Nebenhöhlen<br />

eingesetzt wird. Durch gezielte In-vitro-Untersuchungen<br />

(Plaque-Reduktions-Essay) konnte sie nachweisen, dass<br />

Euphorbium compositum eine antivirale Wirkung gegen die<br />

Erreger Respiratory Syncytial Virus (RSV) und Herpes<br />

simplex Typ-1-Virus (HSV-1) entfaltet.<br />

Nach dem Nachweis <strong>der</strong> antiviralen Wirkung des Gesamtpräparates<br />

(einem Kombinationspräparat), erfolgte in<br />

einem zweiten Schritt die Überprüfung <strong>der</strong> Einzelwirkstoffe<br />

Euphorbium resinifera, Pulsatilla pratensis und Luffa operculata.<br />

Beson<strong>der</strong>s Euphorbium und Pulsatilla zeigten dabei<br />

eine ausgeprägte Wirkung gegen RSV.<br />

Varia<br />

NAM-2<br />

850<br />

Nach Aussage <strong>der</strong> Jury stellt die Arbeit einen wichtigen<br />

Schritt in Richtung einer wissenschaftlichen Begründung<br />

<strong>der</strong> (physiologischen) Wirkung homöopathischer Wirkstoffe<br />

bzw. Wirkstoffkombinationen dar.<br />

Der Hans-Heinrich-Reckeweg-Preis wird von <strong>der</strong> Firma<br />

Biologische Heilmittel Heel GmbH, Baden-Baden, gestiftet.<br />

Candida-<br />

Forschungspreis 2000<br />

verliehen<br />

Im Mai 2000 fand in <strong>der</strong> Wiedemann-Parkklinik in<br />

Meersburg ein Candida-Symposium statt, bei dem <strong>der</strong> mit<br />

10.000 DM dotierte Forschungspreis <strong>der</strong> Internationalen<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Immunitäts- und Resistenzforschung<br />

(Hamburg) verliehen wurde. Aus einer Fülle von Einsendungen<br />

möglichst praxisbezogener Arbeiten wählte die Jury<br />

schlussendlich drei Preisträger aus.<br />

C. MUSS (Augsburg) wurde wegen einer richtungsweisenden<br />

Praxisstudie prämiert, in <strong>der</strong> er mögliche Zusammenhänge<br />

zwischen Zahngoldabrieb und intestinalen Candidosen<br />

untersuchte. J. SCHREIBER et al. (Städtisches<br />

Klinikum Dessau) erweiterten den Kenntnisstand hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> Zusammenhänge zwischen intestinalen Candidosen<br />

und allergischen Krankheiten: Offensichtlich können passager<br />

im zirkulierenden Blut vorhandene Candidaantigene im<br />

Alveolarbereich akute allergische Reaktionen auslösen,<br />

welche mit einer teils dramatischen klinischen Reaktion<br />

einhergehen. Die Antigenquelle konnte im Darm<br />

objektiviert werden. R. WÜRZNER et al. von <strong>der</strong> Universität<br />

Innsbruck befassten sich mit den Wechselwirkungen<br />

zwischen Candida albicans und HIV-Erregern. Aufgrund<br />

biomolekularer Interaktionen kann die Bindung von HIV an<br />

Candida-Pilze <strong>der</strong>en Virulenz verstärken; auch wird die Phagozytose<br />

durch Makrophagen reduziert. Werden jedoch<br />

HIV-Proteasehemmer eingesetzt, führt dieses im In-vivo-<br />

Experiment zur Virulenzabschwächung bei den Candida-<br />

Hefen.<br />

Aus den vorliegenden Ergebnissen <strong>der</strong> genannten Studien<br />

resultieren bedeutungsvolle Ansatzpunkte <strong>für</strong> eine<br />

weitergehende Forschung.<br />

<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 41, 12 (2000)

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