Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
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»Fällt mir nich ein! Ich schpreche meine feine Umgangsschprache nach dem richtigen<br />
schtrategischen System, und Sie können Ihr Kauderwelsch ooch reden, wie es Ihnen<br />
beliebt. Die Hauptsache ist, daß Sie es ooch an den Mann bringen, der sich's mit<br />
übermenschlicher Geduld gefallen läßt. Uebrigens wird an Ihrer sogenannten<br />
Bärengeschichte vielleicht gar nich sehre viel sein. Vielleicht hat sich's gar nich in<br />
wahrhaftiger Wirklichkeet ereig<strong>net</strong>.«<br />
»O doch! Ich kann es beeiden.«<br />
»Nun, wo denn?«<br />
»In einem Quellflusse <strong>des</strong> Platte-River.«<br />
»Was? Etwa mitten im Flusse drin?«<br />
»Ja.«<br />
»Da haben Sie die ganze Nacht mit eenem Bären geschlafen?«<br />
»Gewiß!«<br />
»Na, das ist die allergrößte Lüge, die gemacht werden kann! Wenn sich das<br />
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faktisch begeben hätte, so wären Sie beede, nämlich Sie und der Bär, den Sie uns jetzt<br />
offbinden wollen, am frühen Morgen als ertrunkene Leichen ans Ufer geschwommen.«<br />
»Ach so, Sie meinen, ich habe im Wasser geschlafen?«<br />
»Natürlich!«<br />
»Nein. So unvorsichtig bin ich freilich nicht. Ich hatte vielmehr mein Nachtquartier auf<br />
einer kleinen Insel aufgeschlagen.«<br />
»Ach so l Off eener Insel! Das will ich mir eher gefallen lassen. Das gibt der Sache freilich<br />
eene etwas größere Wahrscheinlichkeet. Uebrigens ist im Plattefluß fast schtets nur<br />
wenig Wasser zu finden.«<br />
»Außer im Frühjahre. Wenn nach einem warmen Regen der Schnee auf den Bergen taut,<br />
so kommt es vor, daß der Fluß, <strong>des</strong>sen Wasser einem kaum bis an die Kniee reichte, in<br />
Zeit einer Stunde die hohen Ufer füllt. Dann ist es höchst gefährlich, sich den tosenden,<br />
schmutziggelben Fluten anzuvertrauen. <strong>Der</strong> Strom gleicht dann einem wilden Tiere,<br />
welches plötzlich erwacht ist und nach Opfern brüllt.«<br />
»Das läßt sich denken. Und dabei erinnert man sich sofort an die schönen Dichterworte:<br />
»Gefährlich ist's, den Leim zu wecken;<br />
Verderblich ist <strong>des</strong> Tigers Zahn.<br />
Und bleibt man in dem Schlamme schtecken,<br />
Hilft keene Gondel und keen Kahn.«<br />
Das war wohl damals ooch der Fall mit Ihnen und dem Bären?«<br />
»Ja, nur daß es nicht Leim, sondern Leu heißen muß, mein bester Frank.«<br />
»Kommen Sie mir nich schon wieder mit so eener grundlosen Ausschtellung. Sie befinden<br />
sich da im allergrößten Widerschpruch mit den Koriphäern der Dichtkunst und <strong>des</strong><br />
musikalischen Generalbasses. Begeben Sie sich doch nicht off höhere Gebiete, in denen<br />
Sie unbekannt sind, und erzählen Sie lieber in schlichten und bescheidenen Worten die<br />
verschprochene Geschichte.«<br />
Die anderen lachten; darum fuhr der kleine Gelehrte, zu Old Shatterhand gewendet, fort:<br />
»So ist es recht! Lachen Sie den Kerl mal ordentlich aus! Wenn er sieht, daß er sich<br />
blamiert, wird er endlich mal offhören, den Dongki-Schottländer zu schpielen.«<br />
»Don Quichote heißt es,« warf Jemmy ein.<br />
jetzt wurde Frank wirklich zornig. Er stand auf und sagte:<br />
»Schon wieder! Das wird mir zu bunt. Eener, der sich in Moritzburg so wie ich mit der<br />
Leihbibliothek beschäftigt hat, den Band zu drei Pfennigen wöchentlich, der hat wohl ooch<br />
den Dongki-Schottländer gelesen, und wenn ich mir meine litterarische Bildung hier<br />
wieder und wieder verschimpfieren lassen soll, so schtehe ich eenfach off und setze mich