Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
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Zu gleicher Zeit faßte er Bob bei den Beinen, um ihn zurückzuziehen. <strong>Der</strong> Neger aber<br />
schien ihn nichtverstanden zu haben, denn er antwortete:<br />
»Warum mich halten? Masser Bob sein<br />
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tapfer. Er werden besiegen ganzes Nest voll Opossum.«<br />
»Kein Opossum, sondern ein Bär, ein Bär!«<br />
Er hielt den Schwarzen aus Leibeskräften fest. Da ließ sich ein tiefes, zorniges Brummen<br />
hören, und zu gleicher Zeit stieß Bob einen Schrei <strong>des</strong> Schreckens aus.<br />
»Jessus! Ein Vieh, ein Ungetüm! 0 Masser Bob, o Masser Bob!«<br />
Er schob sich blitzschnell aus dem Gestrüpp heraus und sprang empor. Martin sah trotz<br />
der dunklen Haut <strong>des</strong> Schwarzen, daß diesem vor Schreck das Blut aus dem Gesicht<br />
gewichen war.<br />
»Ist er noch drin in der Höhle?« fragte der Knabe.<br />
Bob fuhr mit den Armen in der Luft herum und bewegte die Lippen, brachte aber keine<br />
Antwort hervor. Er hatte sein Gewehr fallen lassen. Seine Augen verdrehten sich, und<br />
seine Zähne knirschten aneinander.<br />
Da raschelte es im Gestrüpp - der Kopf eines Grizzly, eines grauen Bären, blickte aus<br />
demselben hervor. Das gab dem Neger die Sprache wieder.<br />
»Fort, fort!« schrie er. »Masser Bob hinauf auf Baum!«<br />
Er that einen gewaltigen Sprung vorwärts nach einer dünnen, schlanken Birke und fuhr<br />
mit der Schnelligkeit eines Eichhörnchens am Stamme derselben empor.<br />
Martin war leichenblaß im Gesicht geworden, doch nicht aus Angst. Mit einem schnellen<br />
Griff raffte er das Gewehr <strong>des</strong> Negers auf und sprang dann hinter eine starke Blutbuche,<br />
welche in der Nähe stand. Er lehnte das Gewehr an den Stamm derselben und griff dann<br />
zu seiner eigenen Doppelbüchse, welche an seiner Schulter hing.<br />
<strong>Der</strong> Bär war langsam zwischen dem Gedorn hervorgetreten. Seine kleinen Augen blickten<br />
erst nach dem Neger, welcher mit den Händen an den unteren Aesten der Birke hing, und<br />
sodann nach Martin, der ihm entfernter stand. Er senkte den Kopf, öff<strong>net</strong>e den geifernden<br />
Rachen und ließ die Zunge lang her-<br />
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vorhängen. Er schien zu überlegen, gegen welchen der beiden Feinde er sich zunächst<br />
wenden solle. Dann richtete er sich langsam und wackelnd auf die Hinterpranken empor.<br />
Er war sicherlich acht Fuß hoch und verbreitete jenen pe<strong>net</strong>ranten Geruch, welcher den<br />
Raubtieren der Wildnis allen mehr oder weniger eigen ist.<br />
Von dem Augenblicke an, an welchem Bob von der Erde aufgesprungen war, bis jetzt,<br />
war noch keine Minute vergangen. Als der Neger das riesige Tier in einer Entfernung von<br />
kaum vier Schritten von sich so drohend aufgerichtet sah, zeterte er:<br />
»For gods sake! <strong>Der</strong> Bär wollen fressen Masser Bob! Hinauf, hinauf, schnell, schnell!«<br />
Er turnte sich mit krampfhaften Bewegungen immer weiter hinauf. Leider aber war die<br />
Birke so schwach, daß sie sich unter der Last <strong>des</strong> riesigen Schwarzen bog. Er zog die<br />
Füße möglichst weit empor und klammerte sich mit Armen und Beinen möglichst fest an,<br />
konnte sich aber doch nicht in reitender Stellung erhalten. <strong>Der</strong> dünne Wipfel <strong>des</strong><br />
Bäumchens neigte sich nieder, und Bob hing nun an allen Vieren von demselben<br />
hernieder wie eine riesige Fledermaus.<br />
<strong>Der</strong> Bär schien zu begreifen, daß dieser Feind leichter zu besiegen sei als der andere; er<br />
wendete sich nach der Birke und bot dadurch Martin seine linke Seite dar. <strong>Der</strong> junge<br />
Mann, welcher halb noch Knabe war, hatte nach der Brust gegriffen. Dort hing unter dem<br />
Jagdhemde die kleine Puppy, das blutige Andenken an sein unglückliches<br />
Schwesterchen.