Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Zwar stand die Sonne im Zenith, und es war also die Zeit der größten Tageshitze; die<br />
Pferde bedurften einer kurzen Ruhe, doch wollte man ihnen diese nicht eher gewähren,<br />
als bis Wasser gefunden wurde.<br />
Das bisher ebene Terrain begann nun zu steigen. Von vorn, rechts und links traten<br />
langgestreckte Bergesrücken näher heran. Die Reiter folgten einer breiten Senkung,<br />
welche sich zwischen den Höhen hindurchwand. Sie war von den bereits erwähnten<br />
Gräsern grün. Das Buschwerk zeigte zunächst nur harte Arten, doch traten sehr bald<br />
weichere auf, strauchartige Balsampappeln, welche sich hier nicht zu Bäumen zu<br />
entwickeln schienen, und wilde Birnen von der Art, welche der Amerikaner Spiked-<br />
Hawthorn nennt.<br />
Nun wurden auch die vorher nur vereinzelt stehenden Bäume zahlreicher. Weiße Eschen,<br />
Kastanien, Zürgelbäume, Makrocarpa-Eichen, Linden und andere, an deren Stämme<br />
purpurrot blühender Osterluzey emporkletterte.<br />
Als der Weg dann hinter einer Höhe scharf nach Norden bog, sahen die Reiter bereits<br />
dicht bewaldete Berge vor sich. Dort mußte Wasser zu finden sein. Zwei wild zerklüftete<br />
Höhen ragten einander gegenüber ziemlich steil empor. Zwischen sie drängte sich ein<br />
schmales Thal hinein, auf <strong>des</strong>sen Sohle ein schmales Wässerchen sein leises Liedchen<br />
murmelte. Sollte man in dasselbe einbiegen oder der bisherigen Richtung folgen?<br />
Old Shatterhand musterte mit scharfem Blicke den Saum <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong>. Bald nickte er<br />
befriedigt vor sich hin und sagte:<br />
»Unser Weg führt hier links in das Thal hinein.«<br />
»Warum?« fragte der lange Davy<br />
»Seht Ihr nicht den Fichtenast dort im Stamme der Linde stecken?«<br />
»Ay, Sir. Es ist freilich auffällig, daß ein Nadelholz an einem Laubbaume wächst.«<br />
»Es soll ein Zeichen für Wohkadeh sein. Die Sioux haben ihn an dem Lindenstamm in der<br />
Weise angebracht, daß er nach dem Thale zeigt. Diese Richtung haben sie also<br />
eingeschlagen, und ich denke, daß wir noch auf mehrere solcher Wegweiser treffen<br />
werden. Also vorwärts!«<br />
Win<strong>net</strong>ou war bereits schweigend vorangeritten, nachdem er nur einen kurzen Blick auf<br />
die Linde geworfen hatte. Das war so seine Art und Weise; er pflegte zu handeln, ohne<br />
viel zu sagen.<br />
Als der Zug eine kurze Strecke zurückgelegt hatte, fand sich eine Stelle, welche sich<br />
außerordentlich gut zum Lagern eig<strong>net</strong>e. Hier wurde angehalten. Es gab Wasser,<br />
Schatten und vortreffliches Futtergras für die Pferde.<br />
Die Reiter stiegen ab und erlaubten den Tieren zu grasen. Die Schoschonen waren sehr<br />
gut mit in der Sonne getrock<strong>net</strong>em Fleisch versehen, und die Weißen hatten noch von<br />
dem Proviant, welchen sie aus der Wohnung <strong>des</strong> Bärentöters mitgenommen hatten. Es<br />
wurde gegessen, und dann streckten sich die Männer in das Gras oder Moos, sich einem<br />
kurzen Schlummer hinzugeben, oder sie saßen in Gruppen zusammen, um sich zu<br />
unterhalten.<br />
<strong>Der</strong> Unruhigste von allen war Bob, der Neger. Da er sich wund geritten hatte, schmerzten<br />
ihn die verletzten Stellen.<br />
»Masser Bob sein krank, sehr krank.« sagte er. »Masser Bob nicht haben mehr seine<br />
Haut an den Beinen. Ganze Haut sein fort, sein futsch, und nun kleben Hose an Beinen<br />
und thun so weh Masser Bob. Wer sein schuld daran? Die Sioux. Wenn Masser Bob sie<br />
finden, dann werden er sie totschlagen, bis sie nicht mehr sein können lebendig! Masser<br />
Bob nicht können reiten, nicht sitzen, nicht stehen, nicht liegen. Es sein, als haben Masser<br />
Bob Feuer an seinen Beinen.«<br />
(Fortsetzung folgt.)<br />
//70// 266