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Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net

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Er blickte gar nicht nach den beiden herüber, sondern schien seine Aufmerksamkeit<br />

vorzugsweise auf das Lager gerichtet zu haben. Vielleicht interessierte ihn der Duft <strong>des</strong><br />

Fleisches, welches über dem Feuer briet, mehr, als es für einen Wachtposten geraten ist.<br />

Doch selbst wenn er seinen Blick nach der Stelle, an welcher sich die beiden befanden,<br />

gerichtet hätte, so wäre es für ihn unmöglich gewesen, sie zu bemerken, da ihre dunklen<br />

Leiber von der ebenso dunklen Grasfläche nicht zu unterscheiden waren. Sie bewegten<br />

sich nämlich schlauerweise nur in dem Schatten, welchen das Zelt nach der dem Feuer<br />

entgegengesetzten Seite warf.<br />

Und doch waren sie ihm bereits auf acht Schritte nahe!<br />

Er hatte, genau auf derselben Linie hin und her schreitend, in einem geraden Striche das<br />

Gras niedergetreten. Ein Angriff auf ihn mußte auf dieser Linie erfolgen, wenn die Spuren<br />

davon nicht zu bemerken sein sollten.<br />

Jetzt hatte er sich am äußersten Punkte der Linie umgedreht und kam langsam wieder<br />

zurück, von rechts nach links gehend - von dem Punkte aus, an welchem sich die beiden<br />

befanden, gerech<strong>net</strong>. Sie hatten natürlich ihre Gewehre zurückgelassen, um nicht in ihren<br />

Bewegungen gehindert zu sein. Er schritt an ihnen vorüber und befand sich nun im<br />

Schatten, gerade wie sie.<br />

»Schnell!« flüsterte Win<strong>net</strong>ou.<br />

Old Shatterhand richtete sich empor; zwei riesige Sprünge brachten ihn hinter den<br />

Indianer, welcher das Geräusch hörte und sich rasch umdrehte. Aber bereits schwebte<br />

Shatterhands Faust über ihm. Ein Hieb an die Schläfe, und er brach zusammen.<br />

Mit zwei gleichen Sprüngen stand Win<strong>net</strong>ou bei ihm.<br />

»Ist er tot?« fragte er.<br />

»Nein, sondern bloß besinnungslos.«<br />

»Mein Bruder mag ihn binden. Win<strong>net</strong>ou wird an seine Stelle treten.«<br />

Die Flinte <strong>des</strong> Schoschonen vom Boden aufnehmend und schulternd, schritt er davon,<br />

ganz in der Haltung, welche vorher der Schoschone innegehabt hatte. Von weitem mußte<br />

er für denselben gehalten werden. So patrouillierte nun er auf und ab. Das war sehr<br />

verwegen, aber gewiß notwendig. Unter<strong>des</strong>sen war Shatterhand bis zum Zelte <strong>des</strong><br />

Häuptlings vorgedrungen; der Jäger versuchte die Leinwand ein wenig emporzuschieben,<br />

um in das Innere zu schauen; da dies die scharf angespannte Leinwand verhinderte,<br />

mußte er erst die Schnur, welche jene mit einer Stange verband, lösen.<br />

Aber das mußte mit äußerster Vorsicht geschehen. Es konnte ja von innen bemerkt<br />

werden, und in diesem Falle war alles ver-<br />

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loren. Sich fest auf die Erde legend, brachte er die Augen so nahe wie möglich an den<br />

Boden. Leise, leise schob er den Rand der Leinwand empor. Jetzt konnte er<br />

hineinblicken.<br />

Was er sah, mußte ihn überraschen. Die Gefangenen befanden sich nämlich nicht darin,<br />

auch keine der Schoschonen. Nur allein der Häuptling saß auf einem Büffelfelle, rauchte<br />

scharf duftenden Kinnikkinnik, welcher aus Tabak und Weidenschale oder Blättern <strong>des</strong><br />

wilden Hanfes zusammengesetzt wird, und blickte zum halb offenen Zelte hinaus, die<br />

belebte Scene, welche um das Lagerfeuer spielte, still betrachtend. Er kehrte Old<br />

Shatterhand den Rücken zu.<br />

Dieser wußte gar wohl, was hier zu thun sei, wollte aber doch nicht ohne Einwilligung <strong>des</strong><br />

Apachen handeln. Darum ließ er die Leinwand wieder nieder, wendete sich vom Zelte ab,<br />

raufte einen Grashalm aus und nahm denselben in der vorhin beschriebenen Weise<br />

zwischen die beiden Daumen.<br />

Ein leises, einmaliges Zirpen ließ sich hören.<br />

»Tho-ing-kai - die Grille singt!« erklang die Stimme eines Schoschonen vom Lager her.

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