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Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net

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zu erkennen; nach einiger Zeit aber gab es einen mit klarem Steingries bedeckten Boden;<br />

da hörte sie plötzlich und vollständig auf.<br />

»Das ist die Lösung!« brummte Frank.<br />

»Unbegreiflich!« erklärte Jemmy. »Das Pferd muß aus der Luft gekommen und wieder in<br />

der Luft verschwunden sein. Oder ist es wirklich der Geist der Savanne gewesen? Dann<br />

wollte ich, er käme auf den guten Gedanken, sich einmal sehen zu lassen. Ich möchte<br />

doch gar zu gern wissen, wie ein Geist aussieht.«<br />

»<strong>Der</strong> Wunsch kann erfüllt werden. Sehen Sie sich ihn gefälligst an, meine Herren!«<br />

Diese Worte erklangen in deutscher Sprache hinter dem Busch hervor, an welchem sie<br />

halten geblieben waren. Einen Ruf <strong>des</strong> Schreckens ausstoßend, fuhren die beiden herum.<br />

<strong>Der</strong>, welcher gesprochen hatte, verließ das Gesträuch, welches ihm als Deckung gedient<br />

hatte.<br />

Er war von nicht sehr hoher und nicht sehr breiter Gestalt. Ein dunkelblonder Vollbart<br />

umrahmte sein sonnverbranntes Gesicht. Er trug ausgefranste Leggins und ein ebenso an<br />

den Nähten ausgefranstes Jagdhemd, lange Stiefel, welche er bis über die Knie<br />

emporgezogen hatte, und einen breitkrämpigen Filzhut, in <strong>des</strong>sen Schnur rundum die<br />

Ohrenspitzen <strong>des</strong> grauen Bären steckten. In dem breiten, aus einzelnen Riemen<br />

geflochtenen Gürtel steckten zwei Revolver und ein Bowiemesser; er schien rundum mit<br />

Patronen gefüllt zu sein. An ihm hingen außer mehreren Lederbeuteln zwei Paar<br />

Schraubenhufeisen und vier fast kreisrunde, dicke Stroh- oder Schilfgeflechte, welche mit<br />

Riemen und Schnallen versehen waren. Von der linken Schulter nach der rechten Hüfte<br />

trug er einen aus mehrfachen Riemen geflochtenen Lasso und um den Hals an einer<br />

starken Seidenschnur eine mit Kolibribälgen verzierte Friedenspfeife, in deren Kopf<br />

indianische Charaktere eingegraben waren. In der Rechten hielt er ein kurzläufiges<br />

Gewehr, <strong>des</strong>sen Schloß von ganz eigenartiger Konstruktion zu sein schien, und in der<br />

Linken eine - - -brennende Cigarre, an welcher er soeben einen kräftigen Zug that, um<br />

den Rauch mit sichtlichem Behagen von sich zu blasen.<br />

<strong>Der</strong> echte Prairiejäger gibt nichts auf Glanz und Sauberkeit. je mitgenommener er<br />

aussieht, <strong>des</strong>to mehr hat er mitgemacht. Er betrachtet einen jeden, der auf sein Aeußeres<br />

etwas gibt, mit souveräner Geringschätzung. <strong>Der</strong> größte Greuel ist ihm ein blankgeputztes<br />

Gewehr. Nach seiner festen Ueberzeugung hat kein Westläufer Zeit, sich mit solchem<br />

Schnickschnack zu befassen.<br />

Nun sah an diesem jungen fremden Manne alles so sauber aus, als sei er erst gestern<br />

von St. Louis aus nach dem Westen aufgebrochen. Sein Gewehr schien vor einer Stunde<br />

aus der Hand <strong>des</strong> Büchsenmachers<br />

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hervorgegangen zu sein. Seine Stiefel waren makellos eingefettet und die Sporen ohne<br />

eine Spur von Rost. Seinem Anzuge war kaum eine Strapaze anzusehen, und wahrhaftig,<br />

er hatte sogar seine Hände rein gewaschen.<br />

Die beiden starrten ihn an und vergaßen vor Ueberraschung, ihm zu antworten.<br />

»Nun,« fuhr er lächelnd fort, »ich denke, Sie wünschen den Flats-ghost zu sehen? Wenn<br />

Sie den meinen, <strong>des</strong>sen Spur Sie gefolgt sind, so steht er vor Ihnen.«<br />

»Alle Wetter! Da bleibt mir mehrschtentheels gleich sofort der Verschtand schtille<br />

schtehn!« rief Frank aus.<br />

»Ah, ein Sachse! Nicht?«<br />

»Sogar een geborener! Und off alle Fälle sind Sie een reener, unvermischter Deutscher?«<br />

»Ja, ich habe die Ehre. Und der andere Herr?«<br />

»Ooh, aus derselbigen schönen Gegend. <strong>Der</strong> freudige Schreck ist ihm off die Schprache<br />

gefallen. Lange dauern thut's aber bei ihm nich, so kann er wieder reden.«

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