Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net

Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net

thule.italia.net
von thule.italia.net Mehr von diesem Publisher
29.10.2013 Aufrufe

»Das >Teufelswasser< erhebt seine Stimme,« erklärte Winnetou. »Nun wird auch bald der >Mund der Hölle< speien. Reitet ein Stück zurück, daß es euch nicht trifft!« Er wußte von früher, daß die beiden Krater in Verbindung miteinander standen, und wich eine genügende Strecke zurück. Er hörte bald, daß die Eruption des >Teufelswassers< aufgehört hatte, und infolgedessen vernahm er das Kriegsgeschrei der dreißig Schoschonen und Upsarocas, welche sich in diesem Augenblicke auf die Sioux warfen. Was er vorausgesagt hatte, trat jetzt ein, das »Höllenmaul« begann zu speien, gerade wie gestern gegen Abend, als er angekommen war. Unter Donnern und Zischen stieg die Wassersäule empor, und ihre oben auseinander gehenden Strahlen flossen in weitem Umkreise nieder. Dadurch entstand für Winnetou und die Seinen eine prächtige Deckung, denn die herbeistürmenden Sioux konnten nun die hinter der Riesenfontäne haltenden Schoschonen nicht sehen. Winnetou trieb sein Pferd möglichst weit zur Seite, um stromabwärts blicken zu können. Er sah die Feinde kommen, flüchtig, einer ohne Ordnung hinter oder neben dem andern, von einem geradezu panischen Entsetzen gejagt. »Sie kommen!« rief er. »Wenn ich das Zeichen gebe, brechen wir hinter dem speienden Maule hervor und lassen sie nicht zwischen demselben und dem Flusse aufwärts. Sie müssen links hinein in das Thal des Grabes. Aber schießt nicht. Der Schreck allein treibt sie hinein!« Jetzt waren die vordersten Sioux ganz in der Nähe. Sie wollten wirklich flußaufwärts weiter. Da aber brach Winnetou hinter der Fontäne hervor. Sein, »Jiiiiiüi!« gellte schrill durch die Morgenluft, und die Schoschonen stimmten ein. Die Sioux sahen sich den Weg verlegt und warfen ihre Pferde eine Viertelwendung herum. Sie suchten ihre Rettung in dem Felsenkessel. Hinter diesen ersten, vordersten Feinden zeigte sich eine dicht zusammengedrängte Gruppe von mehreren Reitern, über welche der Apache nicht sofort klug werden konnte. Es war ein aus Sioux und Weißen bestehender, in fliegendem Galopp daherfegender Knäuel. Den Kein desselben bildete der Häuptling der Ogallalla, Baumann, der Bärentöter und Hobble-Frank, der gelehrte Sachse. Die auf die Pferde gefesselten Gefangenen hatten sich, wie bereits erwähnt, ihren Befreiern entgegengewendet. Da ertönte ein mehrstimmiger Schrei. Martin Baumann, Wohkadeh und der Neger Bob, welcher die beiden ersteren losgeschnitten hatte, hatten ihn ausgestoßen, als sie sahen, daß der Häuptling der Sioux Baumann mit sich fortriß. Frank hörte den Schrei und sah sich um. Sein Blick fiel auf den Sioux, und er erkannte, in welcher Gefahr sich sein lieber Herr befand. Er warf, trotz seiner Fesseln, nur mit Hilfe des Schenkeldruckes augenblicklich sein Pferd herum und hielt es vor dem Neger an. »Schneide mich los, Bob! Schnell, schnell!« rief er. Bob gehorchte diesem Befehle. Frank warf sich vom Pferde, riß einem der beiden von Old Shatterhand erschossenen Sioux den Tomahawk aus dem Gürtel, schwang sich blitzschnell wieder in den Sattel und jagte davon, dem feindlichen Häuptlinge nach. Bob hatte kein Pferd. Martin und Wohkadeh hätten keine Hilfe bringen können, da ihre Glieder zu sehr von den Fesseln verletzt waren. Sie konnten nur schreien. Dadurch machten sie Jemmy aufmerksam. Er blickte hinter sich und rief entsetzt seinem langen Freunde zu: »Davy, zurück! Der Sioux entführt uns Baumann!« Da stand Bob auch schon vor ihnen und zerschnitt ihre Fesseln. Jemmy entriß ihm das Messer und galoppierte dem Sachsen nach, Davy ohne Waffen hinter ihm her. Jetzt brausten die Schoschonen und Upsaroca heran und vorüber, den Freunden und Feinden nach, und zu gleicher Zeit gelangte Old Shatterhand, Bobs zurückgelassenes Pferd neben sich am Zügel führend, an das diesseitige Ufer. Niemand hatte in der Verwirrung auf ihn geachtet, ihm aber war nichts entgangen.

»Hier dein Pferd und Gewehr, braver Bob,« rief er, ihm Zügel und Büchse zuwerfend. »Befreie die noch Gefesselten; dann kommt ihr uns gemächlich nach.« Sein vorhin abgeschossenes Gewehr während des Reitens ladend, stürmte er weiter. Er hatte bisher dazu keine Zeit gehabt, denn sofort nach den beiden Schüssen, als er überzeugt war, daß seine Kugeln getroffen hatten, war es sein Bestreben gewesen, schleunigst an das linke Ufer des Flusses zu kommen. Nun bot die zwischen dem »Maule der Hölle« und dem »Wasser des Teufels« liegende Strecke dieses Ufers ein mehr als kriegerisches Bild. Sioux Ogallalla, Upsarocas, Schoschonen und Weiße schrieen aus Leibeskräften. Von den Fliehenden nahm keiner auf den andern Bedacht; jeder wollte nur sich selbst retten. Die Freunde jagten an den Feinden vorüber, ohne diese zu belästigen, denn der einzige Gedanke der ersteren war, Baumann zu befreien. Old Shatterhand stand hoch in den Bügeln, den Stutzen übergeworfen und die Doppelbüchse in der Hand. Er war der hinterste; aber sein Pferd berührte mit dem Leibe fast die Erde, und so erreichte er die Upsarocas und fünfzehn Schoschonen. »Langsamer!« rief er ihnen zu, indem er an ihnen vorüberflog. »Habt nur acht, die Sioux zu treiben. Da oben hält Winnetou und läßt sie nicht vorüber. Es darf keiner entkommen. Aber tötet sie nicht!« So ging es weiter, an Freunden und Feinden vorüber. Die Hufe seines Pferdes »verschlangen« den Weg. Es galt, den bereits erwähnten Knäuel zu erreichen, bevor da ein Unglück geschah. Das Pferd des kleinen Sachsen war kein edler Renner; aber Frank brüllte so entsetzlich und bearbeitete es mit dem Stiele seines Tomahawk in der Weise, daß es dahinraste, als ob es Flügel habe. Lange konnte es das freilich nicht aushalten; das war vorauszusehen. Es gelang ihm, den Häuptling der Sioux-0gallalla einzuholen. Er trieb sein Pferd an die Seite desselben, holte mit dem Tomahawk zum Schlage aus und rief: »Schonka, ta ha na, deh peh - Hund, komm her! Mit dir ist's aus!« »Tschi-ga schi tscha lehg-tscha!« antwortete der Häuptling hohnlachend - »armseliger Zwerg! Schlag einmal zu!« Er wendete sich zu Frank herüber und parierte dessen Hieb mit der bloßen Faust in der Weise, daß er mit derselben von unten herauf gegen die Faust des Sachsen schlug, Wodurch die Waffe aus Franks Hand geprellt wurde. Dann riß er das Messer aus dem Gürtel, um den einstigen »Forschtbeamten« vom Pferde zu stechen. »Frank, nehmen Sie sich in acht!« rief Jemmy, welcher hinter ihnen sein Pferd antrieb, um heranzukommen. »Haben Sie nur keene Angst!« schrie der Kleine zurück. »Mich murkst so leicht kee Roter ab.« Er hielt sein Pferd um einen Schritt zurück, so daß er nicht getroffen wurde, und schnellte sich dann mit einem kühnen Schwunge aus dem Sattel und hinüber auf das Pferd des Ogallalla, den er sofort umschlang, um ihm die Arme an den Leib zu drücken. Der Häuptling brüllte laut auf vor Wut. Er suchte seine Arme zu befreien, aber es gelang ihm nicht, denn Frank hielt aus Leibeskräften fest. (Fortsetzung folgt.) //135// 585 »So ist's recht!« rief Jemmy. »Laß nicht los! Ich komme schon.« »Da schputen Sie sich een bißchen! So eenen Kerl zu zerquetschen, das is keene Kleenigkeet!« Das war natürlich alles blitzschnell geschehen, viel schneller, als man es zu erzählen vermag. Der Ogallalla hielt in der Rechten sein Messer und in der Linken den Zügel von

»Hier dein Pferd und Gewehr, braver Bob,« rief er, ihm Zügel und Büchse zuwerfend.<br />

»Befreie die noch Gefesselten; dann kommt ihr uns gemächlich nach.«<br />

Sein vorhin abgeschossenes Gewehr während <strong>des</strong> Reitens ladend, stürmte er weiter. Er<br />

hatte bisher dazu keine Zeit gehabt, denn sofort nach den beiden Schüssen, als er<br />

überzeugt war, daß seine Kugeln getroffen hatten, war es sein Bestreben gewesen,<br />

schleunigst an das linke Ufer <strong>des</strong> Flusses zu kommen.<br />

Nun bot die zwischen dem »Maule der Hölle« und dem »Wasser <strong>des</strong> Teufels« liegende<br />

Strecke dieses Ufers ein mehr als kriegerisches Bild. Sioux Ogallalla, Upsarocas,<br />

Schoschonen und Weiße schrieen aus Leibeskräften. Von den Fliehenden nahm keiner<br />

auf den andern Bedacht; jeder wollte nur sich selbst retten. Die Freunde jagten an den<br />

Feinden vorüber, ohne diese zu belästigen, denn der einzige Gedanke der ersteren war,<br />

Baumann zu befreien.<br />

Old Shatterhand stand hoch in den Bügeln, den Stutzen übergeworfen und die<br />

Doppelbüchse in der Hand. Er war der hinterste; aber sein Pferd berührte mit dem Leibe<br />

fast die Erde, und so erreichte er die Upsarocas und fünfzehn Schoschonen.<br />

»Langsamer!« rief er ihnen zu, indem er an ihnen vorüberflog. »Habt nur acht, die Sioux<br />

zu treiben. Da oben hält Win<strong>net</strong>ou und läßt sie nicht vorüber. Es darf keiner entkommen.<br />

Aber tötet sie nicht!«<br />

So ging es weiter, an Freunden und Feinden vorüber. Die Hufe seines Pfer<strong>des</strong><br />

»verschlangen« den Weg. Es galt, den bereits erwähnten Knäuel zu erreichen, bevor da<br />

ein Unglück geschah.<br />

Das Pferd <strong>des</strong> kleinen Sachsen war kein edler Renner; aber Frank brüllte so entsetzlich<br />

und bearbeitete es mit dem Stiele seines Tomahawk in der Weise, daß es dahinraste, als<br />

ob es Flügel habe. Lange konnte es das freilich nicht aushalten; das war vorauszusehen.<br />

Es gelang ihm, den Häuptling der Sioux-0gallalla einzuholen. Er trieb sein Pferd an die<br />

Seite <strong>des</strong>selben, holte mit dem Tomahawk zum Schlage aus und rief:<br />

»Schonka, ta ha na, deh peh - Hund, komm her! Mit dir ist's aus!«<br />

»Tschi-ga schi tscha lehg-tscha!« antwortete der Häuptling hohnlachend - »armseliger<br />

Zwerg! Schlag einmal zu!«<br />

Er wendete sich zu Frank herüber und parierte <strong>des</strong>sen Hieb mit der bloßen Faust in der<br />

Weise, daß er mit derselben von unten herauf gegen die Faust <strong>des</strong> Sachsen schlug,<br />

Wodurch die Waffe aus Franks Hand geprellt wurde. Dann riß er das Messer aus dem<br />

Gürtel, um den einstigen »Forschtbeamten« vom Pferde zu stechen.<br />

»Frank, nehmen Sie sich in acht!« rief Jemmy, welcher hinter ihnen sein Pferd antrieb, um<br />

heranzukommen.<br />

»Haben Sie nur keene Angst!« schrie der Kleine zurück. »Mich murkst so leicht kee Roter<br />

ab.«<br />

Er hielt sein Pferd um einen Schritt zurück, so daß er nicht getroffen wurde, und schnellte<br />

sich dann mit einem kühnen Schwunge aus dem Sattel und hinüber auf das Pferd <strong>des</strong><br />

Ogallalla, den er sofort umschlang, um ihm die Arme an den Leib zu drücken.<br />

<strong>Der</strong> Häuptling brüllte laut auf vor Wut. Er suchte seine Arme zu befreien, aber es gelang<br />

ihm nicht, denn Frank hielt aus Leibeskräften fest.<br />

(Fortsetzung folgt.)<br />

//135// 585<br />

»So ist's recht!« rief Jemmy. »Laß nicht los! Ich komme schon.«<br />

»Da schputen Sie sich een bißchen! So eenen Kerl zu zerquetschen, das is keene<br />

Kleenigkeet!«<br />

Das war natürlich alles blitzschnell geschehen, viel schneller, als man es zu erzählen<br />

vermag. <strong>Der</strong> Ogallalla hielt in der Rechten sein Messer und in der Linken den Zügel von

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!