Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
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Stunden vergingen, und es schien, daß der Apache schlafe. Da aber stand er plötzlich<br />
auf, ergriff sein Gewehr und sagte zu Tokvi-tey:<br />
»Meine Brüder mögen ruhig liegen bleiben. Win<strong>net</strong>ou wird auf Kundschaft gehen.«<br />
Er verschwand im Dunkel der Nacht. Die Zurückbleibenden wollten nicht schlafen, bevor<br />
sie das Ergebnis seines waghalsigen Ganges vernommen hatten; aber sie mußten lange<br />
warten, denn Mitternacht war nahe, als er zurückkehrte. Er meldete allen vernehmlich und<br />
in seiner einfachen Weise:<br />
»Hong-peh-te-keh, der schwere Mokassin, lagert mit seinen Leuten am >TeufelswasserWasser <strong>des</strong> Teufels< schleichen. Howgh!«<br />
Er legte sich nieder. Seine Nachricht war eine aufregende, doch ließ keiner sich das<br />
merken. Die Schoschonen nahmen an, daß der nächste Morgen die blutige Entscheidung<br />
bringen werde. Wer von ihnen würde am Abend noch leben? Sie fragten sich das nicht.<br />
Sie waren tapfere Krieger und - schliefen ruhig ein. Natürlich aber waren Wachen<br />
ausgestellt worden.<br />
Noch graute der Morgen kaum, so weckte Win<strong>net</strong>ou den Häuptling der Schoschonen und<br />
schritt mit ihm am Flusse hinab. Sie waren gewohnheitsmäßig so vorsichtig, jede<br />
mögliche Deckung zu benutzen, doch wußte Win<strong>net</strong>ou, daß dies nicht eigentlich nötig sei.<br />
Die Sioux verließen jedenfalls ihren Lagerort nicht eher, als bis der Tag vollständig<br />
angebrochen war.<br />
Vom »Maule der Hölle« bis zum »Wasser <strong>des</strong> Teufels« war es vielleicht eine englische<br />
Meile. Als die beiden so nahe an den letzteren Ort gelangt waren, daß nun die größte<br />
Vorsicht geboten war, hatte der Morgen sich bereits so gelichtet, daß man alles genau<br />
und deutlich erblicken konnte.<br />
<strong>Der</strong> Fluß machte unweit <strong>des</strong> Lagers der Feinde eine Krümmung. Dort hinter der<br />
Felsenecke stehend, konnten die beiden Häuptlinge die Sioux beobachten. Diese<br />
letzteren holten eben ihre Pferde herbei, welche, wie früher erwähnt, unterhalb <strong>des</strong> Lagers<br />
getränkt worden waren, und nahmen dann ihr Mahl ein.<br />
Win<strong>net</strong>ou richtete seinen Blick nach der Höhe <strong>des</strong> rechten Flußufers, von woher Old<br />
Shatterhand kommen mußte, wenn er sich nicht vielleicht schon diesseits befand.<br />
»Uff!« sagte er leise. »Old Shatterhand ist da.«<br />
»Wo?« fragte Tokvi-tey.<br />
»Da droben auf dem Berge.«<br />
»Da kann man ihn ja doch nicht sehen. Dort steht ja dichter.«<br />
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»Ja, aber sieht mein Bruder denn nicht die Krähen, welche über den Bäumen schweben?<br />
Sie sind aufgestört worden. Und von wem? Nur allein von Old Shatterhand. Er wird im<br />
Walde abwärts reiten und unterhalb der Sioux, wo sie ihn nicht sehen können, über den<br />
Fluß gehen. Dann greift er sie an und treibt sie am Wasser aufwärts. Zu derselben Zeit<br />
müssen wir am »Maule der Hölle« stehen, damit sie nicht weiter können und in das Thal<br />
<strong>des</strong> Häuptlingsgrabes getrieben werden. Mein Bruder mag schnell kommen, denn wir<br />
haben nicht viel Zeit übrig.«<br />
Die beiden kehrten eilig zurück. Win<strong>net</strong>ou hatte im allgemeinen ganz richtig vermutet,<br />
wenn er auch das Einzelne nicht wissen konnte.<br />
Als sie bei den Ihrigen angekommen waren, erhielten diese von dem Apachen die nötigen<br />
Weisungen und machten sich kampfbereit. <strong>Der</strong> Feind sollte zwischen zwei Feuer<br />
genommen werden.<br />
Jetzt ertönte von unten herauf ein fürchterliches Krachen.