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Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net

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»Uff, uff!« ertönte es aus fast einem jeden Munde, und der Häuptling der Schoschonen<br />

wendete sich fragend an Win<strong>net</strong>ou:<br />

»Warum nennt mein Bruder diesen Ort K'un-tui-tempa, das Maul der Hölle? Sollte<br />

derselbe nicht lieber T'ab-tuitempa genannt werden, der Mund <strong>des</strong> Himmels?«<br />

»Nein, das wäre sehr falsch.«<br />

»Warum? Tokvi-tey hat noch niemals etwas so Herrliches gesehen.«<br />

»Mein Bruder darf sich nicht täuschen lassen. Alles Böse scheint zuerst schön zu sein; ein<br />

kluger Mann aber urteilt erst, nachdem er das Ende abgewartet hat.«<br />

Die Augen der entzückten Indianer hingen noch staunend an dem prächtigen Bilde, da<br />

that es plötzlich einen ähnlichen Donnerschlag wie vorhin, und augenblicklich änderte sich<br />

die Scene. Die Wassersäule fiel in sich selbst zusammen; einige Augenblicke wurde das<br />

Erdloch frei, aus welchem sie sich erhoben hatte; man hörte einen dumpfen, rollenden<br />

Ton, und dann stieß das Loch in einzelnen Rucken braungelbe Dampfringe aus. Diese<br />

Rucke folgten sich schneller und schneller, bis sie sich zu einem schrillen Zischen<br />

vereinigten; die einzelnen Ringe verbanden sich zu einer häßlichen Rauchsäule, und<br />

dann wurde eine dunkle, schlammartige Masse ausgeschleudert, welche beinahe gerade<br />

so hoch stieg wie vorher die Fontäne und einen entsetzlichen Gestank verbreitete.<br />

Einzelne feste Körper flogen weit über die flüssigen Massen hinaus, und wenn das<br />

geschah, so ertönte ein dumpf brüllen<strong>des</strong> Knurren, wie man es in Menagerien von<br />

hungrigen Raubtieren hört, kurz ehe sie gefüttert werden. Diese Ausbrüche erfolgten<br />

stoßweise, einer nach dem anderen, und in den Zwischenpausen erklang aus dem Loche<br />

ein Wimmern und Stöhnen, als ob da unten in der Tiefe die Seelen der Verdammten ihren<br />

Aufenthalt hätten.<br />

»Kats-angwa, schrecklich!« rief Tokvi-tey, indem er sich die Nase zuhielt. »An diesem<br />

Geruche könnte der tapferste Krieger sterben.«<br />

»Nun,« fragte Win<strong>net</strong>ou lächelnd, »will mein Bruder auch jetzt noch dieses Loch den<br />

Mund <strong>des</strong> Himmels nennen?«<br />

»Nein, Möchten alle Feinde der Schoschonen dort unten begraben sein! Wollen wir nicht<br />

lieber weiter reiten?«<br />

»Ja, aber wir werden gerade da unten am Maule der Hölle unser Lager aufschlagen.«<br />

»Uff! Ist das nötig?«<br />

»Ja. Old Shatterhand hat es uns geboten, und so müssen wir es thun. Die Hölle hat für<br />

heute zum letztenmale gespieen; sie wird die Nasen der Schoschonen nicht wieder<br />

belästigen.«<br />

»So wollen wir dir folgen; sonst aber wären wir ihr lieber fern geblieben.«<br />

Jetzt führte der Apache seine Begleiter ein Stück längs der Felsenkante hin bis dahin, wo<br />

das Ufer aus weicherem Gestein und erdigem Boden bestanden hatte. Hier waren die<br />

verborgenen Kräfte bis herauf zur Höhe thätig gewesen. Ein vor Jahrhunderten hier<br />

vorhandener Krater hatte die ganze Uferwand verschlungen; das weiche Erdreich war<br />

nachgerutscht und bildete eine Halde, welche ziemlich dicht mit halbverfaulten<br />

Baumstämmen und einzelnen Felsbrocken besäet war.<br />

Dieser Bergrutsch war steil und sah keineswegs so ungefährlich aus. Es gab da<br />

zahlreiche schwefelgelb geränderte Löcher, aus denen Wasserdämpfe emporstiegen, ein<br />

sicheres Zeichen, daß das Terrain ein unterhöhltes sei.<br />

»Hier will mein Bruder hinab?« fragte Tokvi-tey den Apachen.<br />

»Ja. Es gibt keinen anderen Weg als diesen.«<br />

»Werden wir nicht einbrechen?«<br />

»Wenn wir unvorsichtig wären, könnte das sehr leicht geschehen. Win<strong>net</strong>ou hat, als er mit<br />

Old Shatterhand hier war, diesen Ort genau untersucht. Es gibt Stellen, an denen die<br />

Rinde der Erde nicht dicker ist, als die Breite deiner Hand. Aber Win<strong>net</strong>ou wird

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