Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
den Bäumen <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> Lager machen werde, aber sie hatten sich verrech<strong>net</strong>. Trotz der<br />
Dunkelheit und trotz der Beschwerlichkeit <strong>des</strong> Abstieges bestimmte er, daß noch über den<br />
Fluß gesetzt werden solle.<br />
Er kannte die Gegend; er war bereits mehreremal hier gewesen, und in seinem Hirn<br />
brütete ein Gedanke, noch finsterer und unheimlicher als der Schlammkrater, welcher da<br />
unten im Dunkel der Nacht seine scheußlichen Massen hob und senkte.<br />
Voransteigend und sein Pferd am Zügel führend, zeigte er den Seinen den Weg. Auch die<br />
Gefangenen mußten mit hinab, was natürlich außerordentliche Schwierigkeiten bereitete,<br />
da sie nicht von den Tieren losgebunden werden durften. Schließlich gelangten doch alle<br />
glücklich unten am Ufer an.<br />
An dieser Stelle war das Wasser <strong>des</strong> Feuerlochflusses nicht heiß, sondern nur warm. Man<br />
konnte hindurch, ohne sich Schaden zu thun. je zwei Sioux nahmen das Pferd eines<br />
Gefangenen zwischen sich, und dann ging es hinüber. Am Schlammkrater wurde Halt<br />
gemacht.<br />
Die Gefangenen wurden an die dort liegenden großen Steine gefesselt und Wächter bei<br />
ihnen aufgestellt; dann legten sich die anderen nieder, ohne von dem Häuptlinge Auskunft<br />
erhalten zu haben, warum er hier Lager machte, im Gestank <strong>des</strong> Kraters, und wo es<br />
weder Gras noch Wasser für die Pferde gab.<br />
Bei Anbruch <strong>des</strong> Morgens wurden die letzteren eine Strecke abwärts geführt, wo, wie der<br />
Häuptling wußte, eine reine Quelle aus dem Felsen strömte. Nach Rückkehr der Leute,<br />
die das besorgten, zog jeder ein Stück getrock<strong>net</strong>es Büffelfleisch hervor, um zu<br />
frühstücken. Jetzt nun erklärte der »schwere Moccassin« seinen Leuten mit leiser<br />
Stimme, was er in Beziehung auf Wohkadeh und den jungen Baumann beschlossen<br />
habe.<br />
Alle hielten den ersteren für einen Verräter. Er hatte zwar nichts gestanden, aber in ihren<br />
Augen war er überführt. Daß Martin an demselben Schicksale teilnehmen solle, machte<br />
ihnen nicht die geringsten Bedenken. Die Gefangenen waren alle dem Tode gewidmet,<br />
und je mehr Abwechselung bei ihrer Hinrichtung angebracht wurde, <strong>des</strong>to interessanter<br />
war es ja.<br />
//125// 524<br />
Zunächst galt es, sich an den Qualen, welche die bloße Verkündigung <strong>des</strong> Urteiles den<br />
Gefangenen bereiten mußte, zu weiden. Darum wurde ein Kreis gebildet und zunächst<br />
Wohkadeh vorgeführt.<br />
Er wußte natürlich, daß ihm der sichere Tod beschieden war, aber er glaubte keineswegs,<br />
daß das Urteil bereits jetzt an ihm vollzogen werden solle. Er war überzeugt, daß Old<br />
Shatterhand und Win<strong>net</strong>ou sehr bald erscheinen würden, und stellte sich getrosten Mutes<br />
vor seine Richter hin.<br />
Die Verhandlung wurde mit lauter Stimme geführt, damit auch die anderen Gefangenen,<br />
soweit sie die Sprache der Sioux verstanden, alles hören sollten.<br />
»Hat Wohkadeh sich besonnen, ob er weiter leugnen oder den Kriegern der Ogallala alles<br />
gestehen will?« fragte der Häuptling.<br />
»Wohkadeh hat nichts Böses gethan und also auch nichts zu gestehen,« antwortete der<br />
Gefragte.<br />
»Wohkadeh lügt. Wollte er die Wahrheit erzählen, so würde sein Urteil ein sehr mil<strong>des</strong><br />
sein!«<br />
»Mein Urteil wird dasselbe sein, gleichviel ob ich schuldig oder unschuldig bin. Ich muß<br />
sterben!«<br />
»Wohkadeh ist jung. Die Jugend hat einen kurzen Gedanken. Sie weiß oft nicht genau,<br />
was das, was sie thut, zu bedeuten hat. Darum sind wir bereit, Milde walten zu lassen;<br />
aber derjenige, welcher falsch gehandelt hat, muß aufrichtig sein!«