Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
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»Meinswegen,« antwortete Frank. »Aber wir wissen noch gar nich, ob der Kerl, der da drin<br />
wohnt, vielleicht een schlechter Mensch ist.«<br />
»Pshaw! Wir haben uns getäuscht; von einem Menschen ist hier gar keine Rede. Zum<br />
Ueberflusse will ich auch vorher einmal rekognoszieren.«<br />
Er ritt, die Büchse schußfertig haltend, langsam durch das Thor und blickte sich im Hofe<br />
um. Dann drehte er sich um und winkte.<br />
»Kommt herein! Es ist keine Seele hier.«<br />
»Das will ich ooch hoffen,« meinte Frank. »Mit abgeschiedenen Seelen, die ooch een<br />
geisterhaftes Dasein off der Erde fristen, habe ich keeneswegs gern was zu thun.«<br />
Davy, Martin und Frank folgten Jemmys Aufforderung. Wohkadeh aber blieb noch<br />
vorsichtig halten.<br />
»Warum kommt mein roter Bruder nicht?« fragte der <strong>Sohn</strong> <strong>des</strong> Bärentöters.<br />
<strong>Der</strong> Indianer zog die Luft bedächtig durch die Nase und antwortete:<br />
»Bemerken meine Brüder nicht, daß es hier sehr nach Pferden riecht?«<br />
»Natürlich muß es nach ihnen riechen. Wir haben ja die unserigen mit.«<br />
»Dieser Geruch kam bereits aus der Thür, als wir noch vor ihr hielten.«<br />
»Es ist hier weder ein Mensch noch ein Tier zu sehen, auch keine Spur von beiden.«<br />
»Weil der Boden aus hartem Stein besteht. Meine Brüder mögen vorsichtig sein.«<br />
»Es gibt hier keinen Grund zu irgend einer Befürchtung,« erklärte Jemmy. »Kommt, wir<br />
wollen uns erst auch noch weiter hinten umsehen.«<br />
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Anstatt ihn das allein thun zu lassen und sich dadurch den Rückzug offen zu halten,<br />
folgten sie ihm, eng nebeneinander reitend, nach den hintersten Felsenabteilungen.<br />
Da erscholl plötzlich ein Geheul, daß es schien, als ob die Erde bebe. Eine ganz<br />
bedeutende Anzahl von Indianern brach aus dem Hintergrunde hervor, und im Nu waren<br />
die vier unvorsichtigen Männer umzingelt.<br />
Die Roten waren nicht zu Pferde, aber außerordentlich gut bewaff<strong>net</strong>. Ein langer, hagerer,<br />
aber sehniger Kerl, durch den Kopfputz als Häuptling gekennzeich<strong>net</strong>, rief den Weißen in<br />
gebrochenem Englisch zu:<br />
»Ergebt euch, sonst nehmen wir euch die Skalpe!«<br />
Es waren ganz gewiß wenigstens fünfzig Indianer. Die vier Ueberraschten sahen ein, daß<br />
jede Gegenwehr nur verderblich sein könne.<br />
»Alle Teufel!« stieß Jemmy in deutscher Sprache hervor. »Da sind wir ihnen gerade in die<br />
Hände geritten. Es sind Sioux, jedenfalls diejenigen, welche wir belauschen wollten. Aber<br />
noch gebe ich nichts verloren. Vielleicht ist durch List etwas zu erreichen.«<br />
Und zu dem Häuptlinge gewendet, fuhr er in englischer Sprache fort:<br />
»Ergeben sollen wir uns? Wir haben euch ja nichts gethan. Wir sind Freunde der roten<br />
Männer.«<br />
»Das Kriegsbeil der Sioux-Ogallala ist gegen die Bleichgesichter gerichtet,« antwortete<br />
der Lange. »Steigt ab und legt eure Waffen von euch! Wir warten nicht.«<br />
Fünfzig Paar Augen waren finster auf die Weißen gerichtet, und fünfzig rotbraune Hände<br />
lagen an den Messern. Old Shatterhand und Win<strong>net</strong>ou hätten sich wohl nicht ergeben;<br />
aber der lange Davy war der Erste, der von seinem Maultiere stieg.<br />
»Thut ihm den Willen,« sagte er zu seinen Gefährten. »Wir müssen Zeit gewinnen. Die<br />
Unsrigen kommen ganz gewiß, um uns zu befreien.«<br />
. Da stiegen die anderen auch ab und übergaben ihre Waffen. Dabei nahm der Hobble-<br />
Frank Gelegenheit, dem dicken Jemmy einen Rippenstoß zu versetzen und ihm zornig<br />
zuzurufen: