Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
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<strong>Der</strong> vorher so stolze und siegesgewisse Mann war jetzt kleinmütig und verzagt wie ein<br />
Kind. Er wankte dahin, wo die Seinen saßen, um sich zu ihnen zu setzen, drehte sich aber<br />
noch einmal um und fragte:<br />
»Erlaubt ihr uns, das Sterbelied zu singen, bevor ihr uns tötet?«<br />
//106// 442<br />
»Bevor ich dir antworte, will ich dir eine Frage geben. Komm!«<br />
Old Shatterhand führte ihn zu den Upsarocas, deutete auf den »hundertfachen Donner«<br />
und fragte:<br />
»Willst du jetzt noch diesem Krieger zürnen?«<br />
»Nein. Er konnte nicht anders. <strong>Der</strong> große Geist hat es so gewollt. Wir haben unsere<br />
Medizinen verloren.«<br />
»Ihr werdet sie oder noch viel bessere wiedererhalten.«<br />
Sie alle blickten erstaunt zu ihm empor.<br />
»Wo sollen wir sie finden?« fragte ihr Anführer. »Hier, da wir sterben müssen? Oder in<br />
den ewigen Jagdgründen, in die wir nicht gelangen können, weil wir unsere Skalpe<br />
verlieren?«<br />
»Ihr sollt euch Skalpe und euer Leben behalten. Ihr hättet uns getötet, wenn wir<br />
unterlegen wären; wir aber sind nur scheinbar auf euere Bedingungen eingegangen. Wir<br />
sind Christen und morden keinen unserer Brüder. Steht auf! Geht hin, nehmt eure Waffen<br />
und eure Pferde! Ihr seid frei und könnt reiten, wohin es euch beliebt!«<br />
Aber keiner machte eine Miene, dieser Aufforderung Folge zu leisten.<br />
»Du sagst das als Beginn der Qualen, mit denen ihr uns foltern werdet,« sagte der<br />
»Tapfere, welcher Medizin sucht«. »Wir werden dieselben ertragen, ohne daß du einen<br />
Laut der Klage aus unserem Munde vernimmst.«<br />
»Du irrst dich. Ich spreche im Ernste. Zwischen den Upsarocas und den Kriegern der<br />
Schoschonen ist das Beil <strong>des</strong> Krieges vergraben.«<br />
»Aber ihr wißt, daß wir euch töten wollten!«<br />
»Es ist euch nicht gelungen, und darum dürsten wir nicht nach eurem Blute. Wir haben<br />
keinen von uns an euch zu rächen. Kanteh-pehta, der berühmte Medizinmann der<br />
Upsarocas ist unser Freund. Er kann mit den Seinen unangefochten in seine Wigwams<br />
zurückkehren.«<br />
»Uff! Du kennst mich?« fragte der Genannte erstaunt.<br />
»Dir fehlt das Ohr, und ich erblickte hier diese Narbe; daran habe ich dich erkannt.«<br />
»Woher weißt du, daß ich diese Zeichen an mir trage?«<br />
»Von deinem Bruder Schunka-schetscha, dem großen Hunde(, der mir von dir erzählte.«<br />
»Auch diesen kennst du also?«<br />
»Ja. Ich bin einst mit ihm zusammen gewesen.«<br />
»Wann? Wo?«<br />
»Vor mehreren Sommern. Am Berge der Schildkröte haben wir uns getrennt.«<br />
Da sprang der Medizinmann, der sich bereits niedergesetzt hatte, schnell wieder auf.<br />
Seine Züge nahmen einen ganz anderen Ausdruck an. Seine Augen verloren den starren,<br />
resignierten Blick und begannen zu leuchten.<br />
»Täuscht mich dein Wort oder mein Ohr?« rief er aus. »Wenn du die Wahrheit sagst, so<br />
bis du Non-parklama, den die Weißen Old Shatterhand nennen!«<br />
»<strong>Der</strong> bin ich allerdings.«<br />
Beim Klange dieses Namens erhoben auch die anderen Upsarocas sich vom Boden. Sie<br />
schienen auf einmal ganz andere Menschen zu sein.<br />
»Wenn du dieser berühmte Jäger bist,« rief ihr Anführer, »so hat der große Geist uns<br />
noch nicht verlassen. ja, du mußt es sein, denn du hast mich mit der Faust