Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
solchen Falle sind Rücksichten von ihrer Seite nicht zu erwarten. Wir hatten sie so schön<br />
in unseren Händen. Sie konnten weder vor- noch rückwärts. Es war uns ein Leichtes, sie<br />
auszulöschen, wie man einige arme Zündhölzer ausbläst. Nun aber seid Ihr zu dem<br />
verteufelten Muh-mohwa gezwungen, und wer sagt Euch, daß dieser Riese Euch nicht<br />
niederschlagen oder niederstechen werde!«<br />
»Pah! Ihr seid doch sonst kein so blutdürstiger Mann. Welchen Grund habt Ihr, zu<br />
bereuen, daß wir diese Leute nicht getötet haben? Es wäre für uns, die wir ihnen so sehr<br />
überlegen waren und sie in eine Falle gelockt hatten, in der sie sich nicht bewegen und<br />
nicht verteidigen konnten, keine Ehre, sondern eine Schande gewesen, sie<br />
niederzuschießen. Dabei will ich auch gar nicht davon sprechen, daß wir Christen, aber<br />
keine Heiden sind.«<br />
»Hm! Recht habt Ihr freilich, als Christ sowohl wie auch als Mensch überhaupt. Aber<br />
mußten wir sie denn überhaupt töten? Sie waren gezwungen, sich zu ergeben, und da<br />
stand es uns doch frei, ein humanes Abkommen mit ihnen zu treffen.«<br />
»Sie hätten sich nicht ergeben, eben weil sie neue Medizinen suchen. <strong>Der</strong> Kampf wäre<br />
unvermeidlich gewesen. Und da es mir nicht einfallen kann, Menschen abzuschlachten,<br />
denen Gott ganz dieselben Rechte wie mir verliehen hat, so habe ich es vorgezogen, auf<br />
den Vorschlag <strong>des</strong> Riesen, den ich überhaupt kenne, einzugehen.«<br />
»Wie? <strong>Der</strong> Kerl ist Euch bekannt?«<br />
»Ja. Erinnert Ihr Euch vielleicht der Bemerkung, welche ich machte, als wir am Berge der<br />
Schildkröte vorüberritten? Ich erzählte, daß ich an diesem Berge einmal mit dem<br />
Upsaroca-Krieger Schunka-schatscha gelagert habe. Er erzählte mir viel von seinem<br />
Stamme. Dabei erwähnte er mit großem Stolze seines berühmten Bruders Kanteh-pehta,<br />
zu deutsch: Feuerherz.«<br />
»Meinte er etwa den großen, berühmten Medizinmann der Krähenindianer?«<br />
»Denselben. Er erzählte mir die Thaten dieses seines Bruders und beschrieb mir auch die<br />
Person <strong>des</strong>selben. Er schilderte ihn mir als einen wahren Riesen von Gestalt, dem das<br />
linke Ohr fehle. Kanteh-pehta hat einst im Kampfe mit den Sioux Ogallala einen<br />
Tomahawkhieb bekommen, welcher ihm das Ohr vom Kopfe trennte und ihn dann noch<br />
tief in die Achsel verwundete. Nun seht Euch doch einmal diesen gigantischen Upsaroca<br />
an! Ihm fehlt das linke Ohr, und aus der Haltung seines linken Armes ersehe ich, daß er<br />
da einmal verletzt worden sein muß.«<br />
»Alle Wetter! Das wäre freilich ein ganz besonderes Zusammentreffen! Aber dann bangt<br />
mir doch um Euch, Sir. Ihr seid zwar der tüchtigste Kerl, den es nur geben kann; aber<br />
dieser Kanteh-pehta ist noch nie besiegt worden. An Körperstärke ist er Euch unbedingt<br />
überlegen, während ich freilich überzeugt bin, daß er es in Beziehung auf die Gewandtheit<br />
mit Euch nicht aufzunehmen vermag. Wenn man mit dem einen Arme an den Baum<br />
gebunden ist, gibt die Stärke, aber wohl nicht die Gewandtheit den Ausschlag, und darum<br />
meine ich, daß man eher auf ihn als auf Euch wetten kann.«<br />
»Nun,« lächelte Old Shatterhand, »wenn Ihr so besorgt um mich seid, so gibt es ein sehr<br />
einfaches Mittel, mich vom sicheren Untergange zu retten.«<br />
»Welches ist das?«<br />
»Ihr kämpft an meiner Stelle mit der Krähe.«<br />
»Heigh-ho! Das fällt mir freilich nicht ein! Ich habe sonst gar keine zarten Nerven, aber<br />
dem Tode geradezu in die Arme zu laufen, das ist doch nicht nach meinem Geschmack.<br />
Uebrigens habt Ihr die Suppe eingebrockt, Sir, und nun mögt Ihr sie auch mit Appetit<br />
genießen. Ich wünsche Euch von ganzem Herzen eine geseg<strong>net</strong>e Mahlzeit!«<br />
Er hielt sein Pferd um einige Längen zurück, um die unangenehme Offerte nicht noch<br />
einmal zu bekommen. An seiner Stelle dirigierte Win<strong>net</strong>ou seinen Rappen an Old<br />
Shatterhands Seite.