Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
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genau, wie es heeßen muß. Ich war ja Mitglied vom Gesangverein, der Orpheus hieß.<br />
Wenn man sich da mal so richtig ausgesungen hatte, besonders wenn nich viele Pausen<br />
bei den Noten waren, da schlief sich's hinterher ganz wunderbar. So een Gesangverein ist<br />
das beste Mittel gegen schlaflose Nachtgedanken, und darum muß es eben Orpheus<br />
heeßen.«<br />
»Gut, lassen wir's dabei!« lachte der Dicke, indem er sich lang ins Moos streckte. »Ich will<br />
lieber schlafen, als mit ihnen solche gelehrte Nüsse aufknacken.«<br />
»Dazu fehlen Ihnen eben die Haare off den Zähnen. Wer nichts gelernt hat, der kann ooch<br />
nichts. Schlafen Sie also immer fort; die Weltgeschichte erleidet keene Einbuße dabei.«<br />
Und als er nun keinen anderen fand, den er von seiner geistigen Ueberlegenheit<br />
überzeugen konnte, machte er es sich auch bequem und versuchte ein Schlummerchen<br />
zu thun. Von Old Shatterhand aufgefordert, folgten die Schoschonen diesem Beispiele,<br />
und bald schliefen alle außer dem Anführer. Sogar die Pferde legten sich oder ließen<br />
müde die Köpfe hängen. Das hatte nicht das Aussehen, als ob nach wenigen Stunden<br />
sich hier eine blutige Scene abspielen könne.<br />
Old Shatterhand stieg von der Höhe hinab, durchschritt langsam den Cannon und blickte<br />
sich jenseits <strong>des</strong>selben forschend um. Er lächelte befriedigt, denn es war hier keine Spur<br />
zu bemerken, welche angedeutet hätte, wo Tokvi-tey sich mit seinen Leuten befand. <strong>Der</strong><br />
Schoschone hatte also seine Maßregeln sehr gut getroffen.<br />
Nun kehrte er wieder zurück und setzte sich am Ausgange der Schlucht auf einen Stein.<br />
Mit auf die Brust gesenktem Kopf saß er stundenlang unbeweglich da. Woran dachte der<br />
berühmte Jäger? Vielleicht ließ er die Tage seines vielbewegten Lebens wie ein<br />
hochinteressantes Panorama an sich vorüberziehen.<br />
Da ließ sich der Hufschlag eines Pfer<strong>des</strong> vernehmen. Old Shatterhand stand auf und<br />
lauschte um die Ecke <strong>des</strong> Felsens. Martin Baumann kam geritten; da konnte Shatterhand<br />
sich zeigen.<br />
»Ist Win<strong>net</strong>ou auch da?« fragte er.<br />
»Ja. Er wurde von Tokvi-tey angerufen und ist bei ihm geblieben, da Sie es so gewünscht<br />
haben. Auch ich soll zu ihnen zurückkehren.«<br />
»Das ist mir recht. <strong>Der</strong> Apache scheint Ihnen sein Wohlwollen zu widmen. Nehmen Sie<br />
das in acht, junger Freund! Es gibt keinen zweiten, der Ihnen hier im Westen so zu nützen<br />
vermag wie der Häuptling, dem auch ich so viel verdanke.«<br />
(Fortsetzung folgt.)<br />
//97// 407<br />
»Keinen zweiten?« fragte der Jüngling lächelnd. »Sind nicht Sie es, dem wir alle bereits<br />
so sehr viel zu danken haben?«<br />
»Pah! Kleinigkeit! Im Grunde genommen, trage doch ich die Schuld an der<br />
Gefangenschaft Ihres Vaters. Ich hoffe aber, daß Sie ihn frei und wohlbehalten<br />
wiedersehen werden. Doch jetzt haben wir anderes zu besprechen. Haben Sie die<br />
Upsarocas gesehen? Doch, was frage ich so überflüssig! Es versteht sich ja ganz von<br />
selbst, daß Sie sie gesehen haben.«<br />
»Ganz von selbst? Wie nun, wenn sie gar nicht gekommen wären?«<br />
»Pah! Jetzt wollen Sie mich auf die Probe stellen,« lachte der Jäger höchst belustigt.<br />
»Wenn sie sich noch nicht hätten sehen lassen, wären Sie noch nicht da, denn Win<strong>net</strong>ou<br />
verläßt seinen Posten sicherlich nicht eher, als bis er weiß, woran er ist. Und wenn er<br />
überzeugt wäre, daß sie überhaupt nicht kommen, so würde er nicht bei den<br />
Schoschonen bleiben, sondern mir dieselben bereits gebracht haben. Sie sehen, wenn<br />
auch der Examinand dem Examinator zuweilen eine Frage vorlegt, so ist sie doch meist<br />
überflüssig. Also, wie viele Upsarocas haben Sie gezählt?«<br />
»Sechzehn und zwei ledige Pferde.«