Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
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von ihnen. Es wurde beschlossen, ihnen die größte Schande anzuthun, welche einem<br />
roten Krieger widerfahren kann ---«<br />
»Alle Teufel!« rief Old Shatterhand. »Sie haben ihnen doch nicht etwa die größten<br />
Heiligtümer, ihre Medizinbeutel, rauben wollen?«<br />
»Mein weißer Bruder hat es erraten.«<br />
»So weiß ich nun alles, was du erzählen willst. Aber sprich nur weiter!«<br />
»Die Sioux-Ogallala ritten unter den Bäumen hin bis zur Stelle, an welcher die Pferde der<br />
Upsarocas weideten. Dort lagen deren Kleider und Waffen, dazu auch die Medizinen, die<br />
sonst kein Krieger vom Halse nimmt. Die Ogallala stiegen ab und schlichen sich hinzu. Da<br />
ein Gebüsch zwischen dem Orte und dem Flusse war, so gelang es ihnen leicht, den<br />
Diebstahl auszuführen, denn sie konnten von den Badenden nicht bemerkt werden.«<br />
»Hatten diese denn keine Wache zurückgelassen?«<br />
»Nein. Sie konnten nicht vermuten, daß ein Trupp feindlicher Ogallala dahin kommen<br />
könne, wo damals die Rosse der Upsarocas weideten. An den Waffen vergriffen die Sioux<br />
sich nicht, denn sie hatten ja selbst welche; aber die vorhandene Munition und einige<br />
Kleidungsstücke nahmen sie mit. -« Wohkadeh schwieg einen Augenblick.<br />
(Fortsetzung folgt.)<br />
//94// 393<br />
»Dann?« - frug Old Shatterhand.<br />
»Dann,« fuhr Wohkadeh fort, »stiegen sie wieder auf ihre Pferde, ergriffen ihre Tiere und<br />
galoppierten mit denselben davon. Später gaben sie die schlechten frei und behielten die<br />
guten für sich. Als die Beute geteilt wurde, bekam Wohkadeh dieses Jagdhemd für sich.<br />
Er aber wollte kein Dieb sein, sondern er schnitt sein Totem hinein und warf es dann<br />
heimlich weg.«<br />
»Wann war das?«<br />
»Zwei Tage vorher, ehe ich von den Ogallala als Kundschafter gegen die Krieger der<br />
Schoschonen ausgesandt wurde.«<br />
»Also ganz kürzlich erst. Sechs Tage später trafst du mit Jemmy und Davy zusammen.<br />
Jetzt ist mir alles klar, und es ist für uns ein großes Glück, daß wir diese beiden Upsaroca<br />
bemerkt und getötet haben. Hat Wohkadeh die Badenen gezählt?«<br />
»Nein, aber es waren weit mehr als zehn.«<br />
»Sie haben sich möglichst schnell mit neuen Pferden und neuer Munition versehen und<br />
sind den Dieben nach. Dabei wurde von ihnen dieses weggeworfene Jagdhemd<br />
gefunden, welches der rechtmäßige Eigentümer wieder an sich nahm.«<br />
»Es kann aber auch anders sein,« warf Jemmy ein. »Kann nicht irgend ein ganz<br />
unbeteiligter Mensch das Hemd gefunden und angezogen haben?«<br />
»Nein, denn in diesem Falle hatte er sein eigenes Kleidungsstück darunter. Dieser Tote<br />
hier aber hat unter demselben eine alte, zerfetzte Jacke auf dem Leibe, der man es wohl<br />
ansieht, daß sie nur als Aushilfe dienen mußte. Es gibt keine größere Schande für einen<br />
Indsman, als wenn ihm sein Heiligtum gestohlen wird. Er darf sich nicht eher wieder bei<br />
den Seinen sehen lassen, als bis er es sich wiedergeholt oder an seiner Stelle ein<br />
anderes geraubt und also den Besitzer <strong>des</strong>selben getötet hat. <strong>Der</strong> Indianer, welcher<br />
auszieht, um einen verlorenen Medizinsack zu ersetzen, entwickelt eine beinahe<br />
wahnsinnige Verwegenheit. Es ist ihm ganz gleich, ob er einen Freund oder einen Feind<br />
tötet, und so bin ich vollständig überzeugt, daß wir gestern abend einer außerordentlichen<br />
Gefahr entgangen sind. Wie nun, bester Jemmy, wenn wir uns auf Eure Augen hätten<br />
verlassen müssen?«<br />
»Hm!« antwortete der Dicke, indem er mit der Hand unter den Hut fuhr, um sich verlegen<br />
zu kratzen. »In diesem Falle lägen wir irgendwo in aller Ruhe, aber ohne Skalp und<br />
Leben. Ich verstehe zwar auch, <strong>des</strong> Nachts ein Auge zu erkennen, aber gestern war ich