Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
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Beide Leichen hatten ein run<strong>des</strong> Loch in der Stirn und auch ein solches im Hinterkopfe.<br />
Die Kugeln waren ihnen also durch den Kopf gegangen, ganz wie Old Shatterhand zu<br />
Win<strong>net</strong>ou gesagt hatte: »Tayassi - in die Stirn.«<br />
Die anderen waren wohl auch vortreffliche Schützen, eine so unglaubliche Sicherheit <strong>des</strong><br />
Schusses aber setzte sie in das größte Erstaunen, und die Schoschonen flüsterten<br />
heimlich miteinander und warfen abergläubische Blicke auf die beiden berühmten Männer.<br />
<strong>Der</strong> Aufbruch wurde schnell und still vorbereitet. Natürlich mußte das Feuer wieder<br />
verlöscht werden; dann setzten Win<strong>net</strong>ou und Shatterhand sich an die Spitze <strong>des</strong> Zuges,<br />
und der nächtliche Ritt begann.<br />
Wohin er gehen solle, das fragte niemand. Man verließ sich auf die beiden Führer. Das<br />
Thal wurde bald so eng, daß einer hinter dem anderen reiten mußte. Dieser Umstand und<br />
die gebotene Vorsicht ließen kein Gespräch aufkommen.<br />
Natürlich hatte man den Neger nicht im Wasser sitzen lassen. Er saß ohne Kleidung auf<br />
seinem Gaule und mußte am Ende <strong>des</strong> Zuges reiten, weil er das duftende Vermächtnis<br />
<strong>des</strong> Stinktieres noch sehr merklich an sich trug. Er hatte vom langen Davy <strong>des</strong>sen alte,<br />
zerfetzte Santillodecke, welche demselben als Sattel diente, erhalten und sie sich wie<br />
einen Südseeinsulanerschurz um die Hüften gewickelt. Er war mit sich und seinem<br />
Schicksale zerfallen, und sein immerwähren<strong>des</strong> leises Vorsichhinbrummen ließ vermuten,<br />
daß er allerhand trüben und zornigen Gedanken Audienz gebe.<br />
So ging es in möglichster Stille und möglichster Schnelligkeit stundenlang fort, erst durch<br />
das enge Thal, dann eine breite, kahle Berglehne empor, drüben wieder hinab, über eine<br />
vielfach gewundene, schmale Prairie, und als der Tag endlich zu grauen begann, stieg vor<br />
den Reitern ein steiler Paß zwischen hohe, dunkel bewaldete Berge hinein. Dort, am Fuße<br />
der letzteren, blieben die beiden Führer halten und stiegen von ihren Pferden. Die<br />
anderen folgten diesem Beispiele.<br />
Die beiden Leichen wurden von den Pferden genommen und auf die Erde gelegt. Die<br />
Schoschonen bildeten einen weiten Kreis um die Stelle. Sie wußten, daß jetzt eine<br />
Untersuchung beginnen werde, deren Schwierigkeit sie sehr gut kannten. Hier durften<br />
zunächst nur die Häuptlinge sprechen; die gewöhnlichen Krieger mußten es abwarten, ob<br />
man sie mit zu Rate ziehen werde oder nicht.<br />
Die Toten waren nach indianischer Weise teils in Zeug und teils in Leder gekleidet. Ihr<br />
Alter war kaum mehr als zwanzig Jahre.<br />
»Das dachte ich mir,« sagte Old Shatterhand. »Nur unerfahrene Krieger öffnen, wenn sie<br />
ein feindliches Lager beschleichen, die Augen so vollständig, daß deren Leuchten so gut<br />
bemerkt werden kann. Ein schlauer Kundschafter aber versteckt das Auge halb unter Lid<br />
und Wimper. Dann ist es selbst für unsereinen schwer, seinem Blicke mit dem unserigen<br />
zu begegnen. Aber zu welchem Stamme gehören sie?«<br />
Diese Frage war an Jemmy gerichtet.<br />
»Hm!« brummte dieser. »Werdet Ihr glauben, Sir, daß Euere Frage mich verlegen<br />
macht?«<br />
»Ich glaube es, denn ich kann sie in diesem Augenblicke selbst auch nicht beantworten.<br />
Auf einem Kriegszuge befinden sie sich; das ist sicher, denn die Kriegsfarben in ihren<br />
Gesichtern sind zwar ziemlich verwischt, aber doch vorhanden. Schwarz und rot! Die<br />
Farben der Ogallala. Aber die Kerls scheinen doch keine Sioux zu sein. Aus ihrer<br />
Kleidung ist nichts zu ersehen. Durchsuchen wir doch einmal ihre Taschen!«<br />
Dieselben waren vollständig leer. Trotz sorgfältigsten Suchens war nicht die geringste<br />
Kleinigkeit zu finden. Bei jeder Leiche hatte gestern abend ein Gewehr gelegen. Auch<br />
diese wurden untersucht. Sie waren geladen, zeigten aber kein Merkmal, aus welchem<br />
man auf die Stammesangehörigen der Erschossenen hätte schließen können.<br />
»Vielleicht sind sie ganz ungefährlich für uns gewesen,« bemerkte der lange