Karl May - Der Sohn des Bärenjägers - thule-italia.net
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Tiefernsten Tones begann Old Shatterhand:<br />
»Aber, lieber Frank, der Scherz war doch wohl ein ziemlich harmloser und auch gar nicht<br />
auf Sie allein abgesehen. Wir anderen sind ebenso Zuhörer gewesen wie Sie und haben<br />
uns nicht beleidigt gefühlt, sondern die Erzählung als das genommen, was sie war - eine<br />
Anekdote, welche uns erheitern sollte. Ihr bekanntes Gerechtigkeitsgefühl wird Ihnen<br />
sagen, daß wir von Ihnen ganz unschuldigerweise um diese Heiterkeit gebracht worden<br />
sind.«<br />
<strong>Der</strong> eindringliche Ton, in welchem diese Worte gesprochen wurden, verfehlte seine<br />
Wirkung nicht. Frank hatte ein weiches Gemüt- es that ihm wehe, vielleicht zu weit<br />
gegangen zu sein. Er antwortete:<br />
»Wenn Sie diese Angelegenheit in dieser Weise darschtellen, so bekommt die Sache<br />
freilich eene ganz andere Wendung. Ich habe Sie keineswegs in Ihrem Vergnügen<br />
schtören wollen. Aber Sie werden mir ooch zugeben, daß ich ooch Anschpruch off meine<br />
anthropologischen Menschenrechte erheben darf.«<br />
»Ganz richtig; aber wir gestehen Ihnen diese Rechte ja ganz gern zu.«<br />
»So? Warum reibt sich da der Dicke schtets an mir?«<br />
»Denken Sie einmal nach, ob Sie ihm nicht vielleicht die Veranlassung dazu geben.<br />
Lassen Sie ihm nicht immer Ihre Ueberlegenheit fühlen?«<br />
»Hm! Sie geben also zu, daß ich ihm wirklich mehrschtenteels überlegen bin?«<br />
»Wenn ich Ihre eigene Ansicht für die richtige halten soll, so muß ich das zugeben.«<br />
»Schön! Das genügt mir vollschtändig. Und da will ich denn voller Einsichtigkeet off die<br />
verlangte öffentliche Ehrenerklärung Verzicht leisten. Es soll mir niemand nachsagen, daß<br />
ich een Schtörer <strong>des</strong> allgemeinen Völkerfriedens sei. Hier, Dicker, ist meine Hand!<br />
Schlagen Sie ein! Wir wollen in trauter Eenigkeet die Pfade unseres Lebens wandeln. Ich<br />
rufe Ihnen mit Schillern zu: Soyongs, Anis, Emma!«<br />
Leider brach bei diesen letzten Worten das lang verhaltene Gelächter kräftig los. <strong>Der</strong><br />
Kleene sah sich erstaunt im Kreise um.<br />
»Was gibt's denn schon wieder?« fragte er.<br />
»Einen Fehler, den Sie gemacht haben, oder vielmehr mehrere Fehler,« antwortete<br />
Jemmy.<br />
»So? Welche denn?«<br />
»Diese Worte sind nicht von Schiller, sondern von dem französischen Dichter Corneille<br />
und heißen Soyons amis, Cinna! Es ist also weder von Anis, noch von einer Emma die<br />
Rede.«<br />
»Ah? Meenen Sie wirklich? Ich biete Ihnen meine Hand zum großen Versöhnungsfeste,<br />
und zum Dank dafür wollen Sie mich abermals korrigieren? Da kann ooch die beste<br />
Wasserleitung platzen. Wenn meine Friedfertigkeet in so solenner Weise abgewiesen<br />
wird, so mag es bei der Feindschaft bleiben, und ich werde ---«<br />
»O bitte!« fiel Old Shatterhand vermittelnd ein. »Diesesmal haben Sie sich wirklich geirrt,<br />
mein bester Frank. Ich muß Master Jemmy beistimmen, und ich hoffe, daß Sie mir ein<br />
gerechtes, unparteiisches Urteil zutrauen!«<br />
»Ja, wenn Sie es sagen, so ergebe ich mich der Uebermacht. Sie sind eene authentische<br />
Zehlabrität, vor der ich mich gerne beugen will. Selbst een Fürscht und König kann sich<br />
irren, und für ganz und gar unfehlbar will ich mich denn doch nich halten. Also hier<br />
abermals die Hand, Jemmy. Et in terra pax, Friede sei off der ganzen Erde! Ist es so<br />
richtig?«<br />
»Ja, vollständig!« antwortete der Dicke, indem er in die dargebotene Hand einschlug.<br />
»Schön! Das genügt mir. Sie erkennen mich an, und da soll alles vergeben und vergessen<br />
sein.«