29.10.2013 Aufrufe

Varizen Der Beine Und Thrombophlebitis

Varizen Der Beine Und Thrombophlebitis

Varizen Der Beine Und Thrombophlebitis

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Guidelines<br />

<strong>Varizen</strong> der <strong>Beine</strong> und<br />

<strong>Thrombophlebitis</strong><br />

Erstellt von Nicole Hefti, Felix Huber<br />

Zuletzt revidiert: November 2006<br />

Epidemiologie<br />

Die Prävalenz für Beinvarizen beträgt für Frauen je nach Studie 20-30%, für Männer<br />

10-40%. Die Zahlen variieren aufgrund der Population, die in den Studien untersucht<br />

wurde, sowie auch aufgrund verschiedener Definitionen von Beinvarizen.<br />

1 von 7


Pathophysiologie<br />

Es gibt 2 Theorien über die Entstehung von primären <strong>Varizen</strong>. Die erste und ältere<br />

Theorie besagt, dass die primäre Varikosis aus einem Versagen der Venenklappen<br />

resultiert und so zu einem venösen Reflux und Dilatation der Vene führt. Eine neuere<br />

Hypothese geht davon aus, dass die Klappenschlussunfähigkeit eher eine Folge von<br />

Wandveränderungen und nicht der Auslöser ist. Bestimmte strukturelle<br />

Veränderungen in den glatten Muskelzellen und der extrazellulären Matrix führen zu<br />

Wandausdehnung, woraus eine Klappendysfunktion resultiert.<br />

Risikofaktoren<br />

Zu den Risikofaktoren gehören langes Stehen, vorhergehende Schwangerschaften,<br />

zunehmendes Alter und Fettleibigkeit. Was die familiäre Vorbelastung betrifft, geht<br />

die Meinung verschiedener Studien weit auseinander.<br />

Klinik<br />

Schwere, müde, schmerzende sowie juckende <strong>Beine</strong> und Druckgefühl sind die<br />

Hauptsymptome der Beinvarizen. Milde Ödeme treten vor allem bei <strong>Varizen</strong><br />

unterhalb des Knies auf und sind auf eine zusätzlich vorhandene chronische venöse<br />

Insuffienz 1 zurückzuführen. Die „Edinburgh vein study“ verglich die Prävalenz der<br />

Symptome von Frauen und Männern. Bei Männern war das einzige Symptom<br />

Jucken, wohingegen Frauen Schwere, Spannungsgefühle, Schmerzen und Juckreiz<br />

angaben.<br />

Die Beschwerden verschlimmern sich im Allgemeinen bei langem Stehen und<br />

verbessern sich bei Hochlagerung der <strong>Beine</strong> und Umhergehen.<br />

Komplikationen<br />

Zu den wichtigsten Komplikationen der Beinvarizen gehören Blutungen,<br />

oberflächliche Thrombophlebitiden sowie Ulzerationen.<br />

Blutungen: können spontan oder als Folge von Traumen auftreten. Kompression<br />

und Hochlagerung sind die initialen Schritte der Behandlung.<br />

Oberflächliche Thrombophlebitiden: Anzeichen für eine <strong>Thrombophlebitis</strong> sind<br />

Erythem, Empfindlichkeit und Induration über der Vene. Obwohl Beinvarizen ein<br />

prädisponierender Faktor für die Entstehung von Thrombophlebitiden sind, ist das<br />

Risiko unklar.<br />

1 Chronisch venöse Insufizienz: Form der venösen Insuffizienz der unteren Extremitäten mit<br />

Störung des venösen Rücktransports aus den tiefen Venen; Grad I: Venenerweiterungen an den Seiten<br />

der Füße (Corona phlebectatica paraplantaris), am Abend Knöchelödeme; Grad II:<br />

Hyperpigmentierungen (Purpura jaune d'ocre), abakterielle Entz. (Hypodermitis), Induration von<br />

<strong>Der</strong>mis u. Subcutis (<strong>Der</strong>matoliposklerose), Depigmentierungen (Capillaritis alba); Grad III: florides<br />

od. abgeheiltes Ulcus cruris;<br />

2 von 7


Ulzerationen: Die Entstehung von Ulzerationen am Bein weisen typischerweise auf<br />

das Vorhandensein einer chronischen venösen Insuffizienz mit Beteiligung des tiefen<br />

Venensystems hin. Allerdings kann auch eine primäre ausgeprägte Varikosis z.B. bei<br />

Insuffzienz der Krosse zu Ulcera führen. Bei diesen Patienten kann chirurgische<br />

Behandlung der <strong>Varizen</strong> die lokale Therapie der Ulzera unterstützen. Besteht jedoch<br />

eine Insuffizienz des tiefen Venensystems so ist dies eine Kontraindikation für eine<br />

chirurgische Therapie. In diesem Fall sollten die Patienten neben der lokalen<br />

Behandlung Kompressionsstrümpfe tragen.<br />

Diagnostik<br />

Wann sol man eine <strong>Varizen</strong>abklärung machen?<br />

Wenn <strong>Varizen</strong> stark störend sind und der Patient wünscht, dass man etwas macht.<br />

Im Prinzip ist es in erster Linie fast immer ein kosmetisches Problem.<br />

Anamnese: Wichtig zu erfassen sind der Zeitpunkt des Beginns der <strong>Varizen</strong>, die<br />

Familienanamnese in Bezug auf die Beinvarizen, frühere Traumata oder tiefe<br />

Venenthrombosen, Anzahl früherer Schwangerschaften, frühere Operationen an den<br />

unteren Extremitäten und Symptome, welche mit einer chronischen venösen<br />

Insuffizienz assoziiert sind. Das Vorliegen einer oder mehrerer dieser Faktoren<br />

erhöht das Risiko für eine tiefe Beinvenenthrombose nach chirurgischer Therapie<br />

und kann zur Entscheidung führen, nicht zu operieren. Patienten mit früheren tiefen<br />

Venenthrombosen oder einer <strong>Thrombophlebitis</strong>, die operiert werden, sollten eine<br />

perioperative subkutane Heparinprohylaxe (z.B. 2500-5000 IE Fragmin) erhalten.<br />

Untersuchung: Bei der Untersuchung geht es darum, die Ausdehnung der<br />

Beinvarizen zu bestimmen. Dies ist insbesondere dann von Interesse, wenn eine<br />

chirurgische Therapie oder eine Sklerotherapie bevorsteht. Die Grösse und<br />

Lokalisation der betroffenen Venen werden kartographisch festgehalten, nachdem<br />

der Patient 5-10 Minuten gestanden ist. Das Ausmass der Ödeme,<br />

Hautveränderungen sowie Ulzerationen sollten beachtet und die arteriellen Pulse<br />

untersucht werden.<br />

Bildgebung<br />

• Farbkodierte Doppler-Sonographie: Die Duplex-Sonographie ist die<br />

Standarduntersuchung des venösen Systems der unteren Extremitäten. Als<br />

präoperative Untersuchung dient sie dazu, die Anatomie der Venen zu<br />

bestimmen und Refluxgebiete ausfindig zu machen.<br />

Zu den Patienten, welche eine farbkodierte Doppler-Sonographie erhalten sollen,<br />

gehören:<br />

Patienten vor einer operativen <strong>Varizen</strong>behandlung:<br />

• Patienten mit rezidivierenden <strong>Varizen</strong>, um die genaue Stelle des Rezidivs zu<br />

bestimmen<br />

• Patienten mit Beinvarizen und vorhergehender tiefer Venenthrombose oder<br />

<strong>Thrombophlebitis</strong>, um auszuschliessen, dass die oberflächlichen Venen nicht<br />

als Kollateralen von tiefen Venenobstruktionen dienen<br />

• Patienten mit venohypertensiven Hautveränderungen<br />

Wenn die tiefen Venen bei insuffizienten oberflächlichen Venen durchgängig und<br />

suffizient sind, ist die chirurgische Therapie möglicherweise kurativ.<br />

3 von 7


Therapie<br />

Sind die Beschwerden durch <strong>Varizen</strong> erklärbar?<br />

Oft schwierig zu differenzieren, ev. auch muskulo-skelettal, spondylogen etc.<br />

Ev. mit Stützstrümpfen eine Probebehandlung machen. Falls Besserung, sind die<br />

Beschwerden eher den <strong>Varizen</strong> zuzuordnen.<br />

Wo ist die Grenze zwischen kosmetischer und medizinischer Indikation?<br />

Die Grenze ist nicht klar. Sind die Beschwerden plausibel, dann ist es<br />

kassenpflichtig. Sklerotherapie ist nie kassenpflichtig.<br />

Die Behandlung von primären <strong>Varizen</strong> beinhaltet konservative Massnahmen wie<br />

Hochlagerung der <strong>Beine</strong> und das Tragen von Kompressionsstrümpfen sowie auch<br />

verschiedene Formen der Sklerotherapie und chirurgische Therapiemassnahmen.<br />

Die Lasertherapie wird bei Teleangiektasien und retikulären <strong>Varizen</strong> angewandt. Eine<br />

Insuffizienz der Perforansvenen kann durch Ligierung behoben werden. Was die<br />

oralen Venenmittel betrifft, kann man sagen, dass es keine Beweise für deren<br />

Wirksamkeit gibt. Mehr dazu weiter hinten.<br />

Patienten mit einer tiefen venösen Insuffizienz sind im Allgemeinen keine guten<br />

Sklerotherapie- oder chirurgischen Kandidaten. Aufgrund der venösen Stase besteht<br />

bei diesen eine hohe Rezidivrate und eine schlechte Wundheilung. Bei solchen<br />

Patienten sollte die zugrunde liegende venöse Insuffizienz behandelt werden. Durch<br />

eine Entfernung der oberflächlichen Venen kann sich eine venöse Insuffizienz in<br />

diesen Fällen sogar verschlechtern.<br />

Kompressionsstrümpfe: Kompressionsstrümpfe vermindern den venösen Druck<br />

sowie den Reflux und das Blutvolumen während sie getragen werden. Diese Wirkung<br />

verschwindet jedoch, sobald man sie auszieht. Bei schwerer arterieller Insuffizienz<br />

sind sie kontraindiziert. Bei Patienten mit symptomatischen <strong>Varizen</strong>, welche unter<br />

keinen arteriellen Verschlusskrankheiten leiden, ist eine anfängliche Therapie mit<br />

Kompressionsstrümpfen sinnvoll.<br />

4 von 7


Sklerotherapie<br />

Indikationen<br />

-Patienten mit einer primären Varikosis, die einen Durchmesser unter 6 mm haben<br />

und ohne Nachweis einer proximalen venösen Insuffizienz (saphenofemoraler oder<br />

saphenopoplitealer Reflux)<br />

-Patienten mit übriggebliebenen oder rezidivierenden <strong>Varizen</strong> nach chirurgischer<br />

Therapie<br />

Kontraindikationen einer Sklerotherapie sind:<br />

-<strong>Varizen</strong> mit einem Durchmesser grösser als 6 mm<br />

-bestehende Schwangerschaft<br />

-eine fortgeschrittene systemische Erkrankung mit Einschränkung der Mobilität<br />

-arterielle Insuffizienz der unteren Extremitäten<br />

-Antikoagulation<br />

-Hyperkoagulation<br />

-akute oberflächliche <strong>Thrombophlebitis</strong> oder tiefe Phlebothrombose<br />

-akute fiebrige Erkrankung<br />

-signifikante Fettleibigkeit<br />

-Allergie auf einen Inhaltsstoff der Sklerotherapie<br />

Die Vorteile der Sklerotherapie sind, dass man keine Anästhesie benötigt und sofort<br />

wieder arbeitsfähig ist. Komplikationen umfassen Schmerzen, <strong>Thrombophlebitis</strong>,<br />

Ulzerationen und Hyperpigmentationen. Sehr selten ist es zu tiefen<br />

Venenthrombosen und Lungenembolien gekommen.<br />

Die 5-Jahres-Rezidivrate der Sklerotherapie ist mit 65% höher als bei der Operation.<br />

Somit gilt die Sklerotherapie als weniger effektiv. Über die Kosteneffektivität liegen<br />

keine genauen Untersuchungen vor.<br />

Chirurgische Therapie<br />

Indikationen:<br />

-signifikante Symptome<br />

-rezidivierende Thrombophlebitiden<br />

-Blutungen: Sind selten lebensbedrohlich, können es aber sein bei sehr<br />

oberflächlichen <strong>Varizen</strong>knoten und pergamentartig-atropher Haut.<br />

Blutungsgefährliche <strong>Varizen</strong> sind somit eine Indikation für eine Behandlung. Lokale<br />

Phlebektomie.<br />

-kosmetische Gründe<br />

-keine Hinweise für eine chronische venöse Insuffizienz<br />

Die Kontraindikationen entsprechen denjenigen bei der Skleotherapie (ausser, dass<br />

der Durchmesser natürlich hier grösser sein darf als 6mm)<br />

Die chirurgische Intervention verbessert die Symptome beträchtlich. In<br />

Grossbritannien untersuchte man 150 Patienten mit einer Varikosis, die sich einer<br />

operativen Behandlung unterzogen. 64% der Patienten hatten das Gefühl, die<br />

Operation sei erfolgreich verlaufen. 22% der Patienten stuften die Behandlung als<br />

ziemlich erfolgreich ein. Wiederum 22% waren nach der Operation völlig<br />

beschwerdefrei.<br />

Bei Ligierung der V.saphena magna und Stripping der Vene besteht eine Rezidivrate<br />

von 20%. Gründe von Rezidiven beinhalten die gewählte chirurgische Therapie<br />

sowie die Entstehung neuer Venen (Neovaskularisation) oder Fortschreiten der<br />

zugrundeliegenden Krankheit. Eine Ligierung plus Stripping führt zu einer tieferen<br />

Rezidivrate als eine Ligierung alleine. Darum ist dies die bevorzugte Therapie für<br />

Patienten mit saphenofemoralem Reflux.<br />

5 von 7


Das Risiko von Komplikationen (tiefe Venenthrombose, Lungenembolie,<br />

Verletzungen von Arterien oder Nerven) ist weniger als 1%. Jedoch sind rund 17%<br />

der Patienten von kleineren Komplikationen wie vorübergehenden Neuralgien<br />

betroffen.<br />

Venenmitel: Es gibt kaum eine Indikation für orale Venenmittel. Die Studienlage ist<br />

dürftig. Deshalb drängt sich ihre Verschreibung in der Praxis heute kaum auf. Für<br />

eine Reihe von oralen Venenmitteln kann ein symptomatischer Nutzen bei<br />

Beinbeschwerden im Rahmen einer chronischen venösen Insuffizienz als genügend<br />

dokumentiert gelten.<br />

Nachtrag <strong>Thrombophlebitis</strong><br />

Die oberflächliche <strong>Thrombophlebitis</strong> wurde lange Zeit als eine selbstlimitierende<br />

Erkrankung ohne wesentliche Morbidität oder Mortalität angesehen und mit<br />

entzündungshemmenden Medikamenten und einer Kompressionstherapie behandelt.<br />

Seit der Einführung der farbkodierten Doppler-Sonographie wurde jedoch vermehrt<br />

festgestellt, dass sich die oberflächliche <strong>Thrombophlebitis</strong> in das tiefe Venensystem<br />

ausdehnen kann. Dies einerseits über die Krosse der V. saphena magna bzw. der V.<br />

saphena parva, andererseits über die Perforansvenen. Neben der Propagation in die<br />

Tiefe ist auch eine sich parallel dazu entwickelnde tiefe Beinvenenthrombose nicht<br />

selten.<br />

Je nach Literaturangabe wird die Häufigkeit einer tiefen Beinvenenthrombose bei<br />

einer oberflächlichen <strong>Thrombophlebitis</strong> mit 6-44% angegeben.<br />

Risikofaktoren: Die Risikofaktoren, eine tiefe Beinvenenthrombose bei oberflächlicher<br />

<strong>Thrombophlebitis</strong> zu erleiden, wurden retrospektiv an 186 Patienten untersucht. Es<br />

sind dies: die rezidivierende <strong>Thrombophlebitis</strong> an sich, ebenso wie Risikosituationen<br />

(Immobilisation, Operation, Trauma, Schwangerschaft) männliches Geschlecht, Alter<br />

über 60 Jahren, bilaterale <strong>Thrombophlebitis</strong>, eine durchgemachte tiefe<br />

Beinvenenthrombose, eine Infektion und Bettlägrigkeit.<br />

Lungenembolie und <strong>Thrombophlebitis</strong>: In einer Studie wurde bei 7 von 21 Patienten<br />

mit der Klinik einer oberflächlichen <strong>Thrombophlebitis</strong> gleichzeitig eine Lungenembolie<br />

festgestellt.<br />

Diagnostik: Farbkodierten Doppler-Sonographie bei <strong>Thrombophlebitis</strong> oberhalb des<br />

Kniegelenks. Ev. Duplex nach 3-7 Tagen wiederholen. Unterhalb des Kniegelenks<br />

nur dann, wenn rezidivierende Thrombophlebitiden oder Risikofaktoren für tiefe<br />

Venenthrombose.<br />

Therapie<br />

Allgemeine Massnahmen: <strong>Der</strong> Patient soll mobilisiert werden. Lokal applizierte<br />

Salben haben im Vergleich zu Placebo keinen signifikanten Nutzen gezeigt. Zur<br />

Rezidivprophylaxe wird das Tragen von Kompressionsstrümpfen empfohlen.<br />

Je nach Ausdehnung der <strong>Thrombophlebitis</strong> wird eine Therapie mit<br />

niedermolekularem Heparin in therapeutischer Dosierung empfohlen.<br />

Orale Antikoaguation bei Thrombus in der proximalen V. saphena magna nahe der<br />

Krosse: für 6-12 Wochen.<br />

6 von 7


Literatur:<br />

Uptodate.com<br />

SMF 2006;6:190-195.<br />

BMJ 2006; 333:287-292<br />

P. Ritzmann, Venenmittel, Pharma-Kritik Jahrgang 22, Nr. 07/2000;<br />

7 von 7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!