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Wechselwirkungen im System Erde-Atmosphäre - DMG

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2. Herbstschule<br />

2003<br />

<strong>System</strong> <strong>Erde</strong><br />

<strong>Erde</strong> und <strong>Atmosphäre</strong><br />

Donnerstag, 23. 10. 2003<br />

<strong>System</strong> <strong>Erde</strong> - Neues von unserem dynamischen Planeten<br />

Prof. Dr. Dr. hc. Rolf Emmermann, GFZ Potsdam<br />

Wir leben auf einem dynamischen Planeten, der sich, angetrieben durch großräumige Stoff-<br />

und Energieumlagerungsvorgänge in seinem Innern sowie durch vielfältige Einwirkungen von<br />

außen, in einem permanenten Wandel befindet. Modernes Prozessverständnis betrachtet das<br />

Zusammenwirken aller Komponenten des "<strong>System</strong>s <strong>Erde</strong>" - der Geosphäre, Kryosphäre,<br />

Hydrosphäre, <strong>Atmosphäre</strong> und Biosphäre. Heute ist es möglich, Prozesse in allen zeitlichen<br />

und räumlichen Skalenbereichen hoch aufgelöst zu erfassen und zu quantifizieren. Dazu<br />

gehört ein breites Spektrum an Methoden und Techniken, von speziellen Satelliten über<br />

Verfahren der geophysikalischen Tiefensondierung und Forschungsbohrungen bis hin zu<br />

Laborexper<strong>im</strong>enten, mathematischen Ansätzen zur <strong>System</strong>theorie und der Modellierung von<br />

Geoprozessen. Die "Erdsystemforschung" will einen maßgeblichen Beitrag zur<br />

Daseinsvorsorge leisten und Konzepte und Strategien entwickeln für die <strong>im</strong>mer drängender<br />

werdenden Fragen der Sicherung und umweltverträglichen Gewinnung natürlicher<br />

Ressourcen, der Nutzung des ober- und unterirdischen Raums, der Kl<strong>im</strong>a- und<br />

Umweltentwicklung und des anthropogenen Einflusses sowie der Vorsorge vor<br />

Naturkatastrophen und der Minderung ihrer Folgen. Ausgehend von großen internationalen<br />

Forschungsprogrammen skizziert der Vortrag den derzeitigen Kenntnisstand über das <strong>System</strong><br />

<strong>Erde</strong>, stellt die wichtigsten Geoprozesse vor und zeigt innovative Ansätze für künftige<br />

Forschungsaktivitäten.<br />

Tropische Entwaldung und Kohlenstoffkreislauf<br />

Prof. Dr. Wolfgang Cramer, PIK<br />

Die verbleibenden Kohlenstoffvorräte in feuchten tropischen Wäldern sind derzeit sowohl<br />

durch den vom Menschen verursachten Waldrückgang als auch durch die Möglichkeit einer<br />

vom Kl<strong>im</strong>awandel angetriebenen Kohlenstoff-Freisetzung gefährdet. Um die relativen Rollen<br />

der CO2-Zunahme, von sich ändernden Temperatur und Niederschlag sowie des<br />

Waldrückgangs und die Größenordnung ihres Einflusses auf die Konzentration von<br />

atmosphärischem CO2 in der Zukunft zu identifizieren, haben wir ein dynamisches globales<br />

Vegetationsmodell angewandt. Es benutzt verschiedene Szenarien des tropischen<br />

Waldrückgangs (die von Abschätzungen der gegenwärtigen Raten extrapoliert sind) und<br />

verschiedene Szenarien des sich ändernden Kl<strong>im</strong>as (abgeleitet von vier unabhängigen<br />

Modellen der Allgemeinen Zirkulation <strong>im</strong> Offline-Modus). Die Ergebnisse zeigen, dass der<br />

Waldrückgang wahrscheinlich große Kohlenstoffverluste zur Folge haben wird, trotz der<br />

Ungewissheit, die es bezüglich der Rückgangsraten gibt. In einigen Kl<strong>im</strong>amodellen werden<br />

zusätzliche starke Flüsse produziert, die von zunehmendem Trockenstress auf Grund von<br />

steigender Temperatur und zurückgehendem Niederschlag herrühren. Einem Kl<strong>im</strong>amodell<br />

zufolge gibt es jedoch eine zusätzliche Kohlenstoff-Senke. Alles in allem reichen unsere<br />

Abschätzungen der zusätzlichen Kohlenstoff-Emissionen <strong>im</strong> 21. Jahrhundert für alle Kl<strong>im</strong>a-<br />

und Waldrückgangs-Szenarios von 101 bis 367 Gt C. Das führt zu einer Zunahme der CO2-<br />

Konzentration gegenüber dem Hintergrund zwischen 29 und 129 ppm. Eine Beurteilung der<br />

Methode zeigt, dass besser Abschätzungen der tropischen Kohlenstoffquellen und -senken<br />

verbesserte Einschätzungen des gegenwärtigen und zukünftigen Waldrückgangs sowie<br />

1


konsistentere Niederschlags-Szenarios der Kl<strong>im</strong>amodelle benötigen. Trotz der Unsicherheiten<br />

wird fortgesetzter Waldrückgang in den Tropen ganz sicher eine sehr große Rolle bei der<br />

stetigen Zunahme der zukünftigen Treibhausgas-Konzentrationen spielen.<br />

Berliner Luft und Kl<strong>im</strong>a unter der Lupe<br />

Prof. Dr. Wilfried Endlicher, HU Berlin<br />

n diesem Sommer 2003 schmelzen die Gletscher der Alpen wieder sehr stark ab. Der Grund<br />

dafür ist zum einen in dem geringen Schneefall <strong>im</strong> vergangenen Winter und Frühjahr zu<br />

sehen, aber auch in den sehr hohen sommerlichen Lufttemperaturen. Wenn sich der generelle<br />

Abschmelztrend in den kommenden 100 Jahren so fortsetzt, werden viele Alpengletscher<br />

verschwunden sein. Wie ist es aber zu erklären, dass es in Europa auch Regionen gibt, die ein<br />

Anwachsen der Gletscher verzeichnen? Der hohe Abfluss durch das Abschmelzen der<br />

Gebirgsgletscher wird den Meeresspiegel nicht wesentlich erhöhen. Der Einfluss auf den<br />

Meeresspiegel muss aber be<strong>im</strong> Schmelzen der Inlandeismassen berücksichtigt werden, in<br />

denen sehr viel mehr Wasser gespeichert ist. Wie sind in diesem Zusammenhang die<br />

Inlandeismassen Grönlands und der Antarktis einzuschätzen?<br />

Macht Kl<strong>im</strong>a Geschichte?<br />

Prof. Dr. Gerald Haug, GFZ Potsdam<br />

Es ist eine alte These, dass Kl<strong>im</strong>averänderungen eine zentrale Rolle in der Chronik der<br />

Menscheits- und Zivilisationsgeschichte spielten. Es ist allerdings äußerst schwierig,<br />

Kl<strong>im</strong>adaten in ausreichender Qualität zu erstellen, um diese Hypothese zu testen. Dies ist<br />

beispielsweise anhand von geochemischen Untersuchungen der Sed<strong>im</strong>ente des Cariaco-<br />

Beckens vor der Küste Venezuelas möglich. Es ist es gelungen, ein präzises Bild der<br />

kl<strong>im</strong>atischen Rahmenbedingungen zu zeichnen, welches die Blütezeit klassischen Maya<br />

Kultur und die Phase des abrupten Kollapses dieser Kultur <strong>im</strong> 9. Jahrhundert nach Christus<br />

charakterisierten. Es konnte nachgewiesen werden, dass das Kl<strong>im</strong>a <strong>im</strong> nördlichen Südamerika<br />

<strong>im</strong> 8. und 9. Jahrhundert trockener war als zuvor. Der terrigene Sed<strong>im</strong>ent-Eintrag in dieses<br />

Becken ist durch den Titanium-Gehalt des Sed<strong>im</strong>ents charakterisiert und spiegelt den<br />

hydrologischen Zyklus in jährlich geschichteten Ablagerungen wider. Neue Analysemethoden<br />

haben nun eine nahezu monatliche Auflösung der Kl<strong>im</strong>avariabilität in der Region ergeben.<br />

Die Daten stellen damit ein präzises Kl<strong>im</strong>aarchiv dar, das die jährliche Variabilität des Kl<strong>im</strong>as<br />

der Region aufzeichnet und damit ein Abschätzung des direkten Einfluss des Kl<strong>im</strong>as auf dem<br />

Lebensraum der Maya in Yucatan zulässt. Dieses Bild ergibt deutliche Hinweise, dass das<br />

Kl<strong>im</strong>a überaus stark auf die Maya-Kultur am Ende der klassischen Blütephase einwirkte. Zu<br />

diesem Zeitpunkt wohnten auf Yucatan mehrere Millionen Menschen. Die Maya lebten in<br />

großen Städten, sie kannten gewaltige Umweltprobleme wie die Bodenerosion, was unter<br />

anderem zu Nahrungsengpässen schon in der Zeit vor dem Kollaps führte. Die neuen<br />

Kl<strong>im</strong>adaten zeigen, dass während der archäologisch gut beschriebenen Phase des Kollapses<br />

die Niederschläge generell reduziert waren. Daneben traten verstärkte Trockenperioden mit<br />

einer Dauer von 3 bis 9 Jahren auf, die sich auf etwa AD 810, 860, und 910 datieren lassen<br />

und eine gute Übereinst<strong>im</strong>mung mit wichtigen Phasen der demographischen Katastrophe der<br />

Maya aufweisen.<br />

Auswirkungen der gegenwärtigen Kl<strong>im</strong>aänderungen auf die Massenbilanz von<br />

Gletschern und Inlandeismassen<br />

Prof. Dr. Ach<strong>im</strong> Schulte, FU Berlin<br />

n diesem Sommer 2003 schmelzen die Gletscher der Alpen wieder sehr stark ab. Der Grund<br />

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dafür ist zum einen in dem geringen Schneefall <strong>im</strong> vergangenen Winter und Frühjahr zu<br />

sehen, aber auch in den sehr hohen sommerlichen Lufttemperaturen. Wenn sich der generelle<br />

Abschmelztrend in den kommenden 100 Jahren so fortsetzt, werden viele Alpengletscher<br />

verschwunden sein. Wie ist es aber zu erklären, dass es in Europa auch Regionen gibt, die ein<br />

Anwachsen der Gletscher verzeichnen? Der hohe Abfluss durch das Abschmelzen der<br />

Gebirgsgletscher wird den Meeresspiegel nicht wesentlich erhöhen. Der Einfluss auf den<br />

Meeresspiegel muss aber be<strong>im</strong> Schmelzen der Inlandeismassen berücksichtigt werden, in<br />

denen sehr viel mehr Wasser gespeichert ist. Wie sind in diesem Zusammenhang die<br />

Inlandeismassen Grönlands und der Antarktis einzuschätzen?<br />

Vulkane - geochemische Landschaftsfabriken<br />

Dr. Knut Hahne, GFZ Potsdam<br />

Weltweit sind heute Hunderte Millionen Menschen durch Vulkane bedroht. Vulkanausbrüche<br />

haben bekannterweise Auswirkungen auf die <strong>Atmosphäre</strong> und damit auf das Kl<strong>im</strong>a. Vulkane<br />

sind zugleich aber auch geochemische Landschaftsfabriken. Das Eruptionsverhalten von<br />

Vulkanen ist durch ihre Geochemie best<strong>im</strong>mt. Pyroklastische Masseströme, so genannte<br />

Ign<strong>im</strong>brite, sind eines der gefährlichsten Phänomene, die mit explosivem Vulkanismus<br />

verbunden sind. Als Modellbeispiel für diesen Vulkantyp gelten die Anden. Dort finden sich<br />

Ign<strong>im</strong>brite mit Volumina von bis zu Tausenden Kubikkilometern, die vor Jahrmillionen<br />

plateaubildend wirkten. Die Ergebnisse solch starker Eruptionen prägen bis heute die<br />

Landschaft. Derartige gewaltige Ausbrüche sind in historisch belegter Zeit noch nicht<br />

aufgetreten, sie würden heute in besiedelten Regionen Tausende von Quadratkilometern<br />

vollständig zerstören.<br />

Freitag, 24. 10. 2003<br />

Wie sagt man Kl<strong>im</strong>a vorher und wie wird es in 100 Jahren aussehen?<br />

Prof. Dr. Ulrich Cubasch, FU Berlin<br />

In der Diskussion über den Kl<strong>im</strong>awandel treffen zwei Hypothesen aufeinander: Die eine<br />

besagt, dass seit Beginn der Industrialisierung die Menschheit das Kl<strong>im</strong>a in zunehmenden<br />

Maße durch den Ausstoß von Treibhausgasen verändert und in der Zukunft sehr stark<br />

beeinflussen wird. Hieran hat das Kohlenstoffdioxid, das bei der Verbrennung fossiler<br />

Brennstoffe, z. B. Erdöl und Kohle, freigesetzt wird, den größten Anteil. Die andere besagt,<br />

dass die beobachtete Erwärmung der letzten 150 Jahre überwiegend auf Variationen der<br />

Sonneneinstrahlung zurückzuführen sei, denn es hätte schon vor der Menschheit Warm- und<br />

Kaltzeiten gegeben, die das, was der Mensch verursachen kann, in den Schatten stellen. Um<br />

das Verhältnis zwischen Sonne, Mensch und Kl<strong>im</strong>a realistisch einzuschätzen, muss man<br />

zunächst das Kl<strong>im</strong>asystem und seine Komponenten betrachten. Das Kl<strong>im</strong>asystem besteht aus<br />

der <strong>Atmosphäre</strong>, der Hydrosphäre (Ozean und Wasserkreislauf), der Kryosphäre (Eis und<br />

Schnee), der Biosphäre (Pflanzen und Tiere), der Pedosphäre (Boden) und der Lithosphäre<br />

(Gestein). Die Komponenten des Kl<strong>im</strong>asystems schwanken mit unterschiedlichen Zeitskalen<br />

und beeinflussen sich wechselseitig. Man bezeichnet dieses als "Kl<strong>im</strong>arauschen". Das<br />

Kl<strong>im</strong>asystem wird durch externe Faktoren angeregt. Dazu gehören Veränderungen in der<br />

Sonneneinstrahlung, entweder bedingt dadurch, dass sich die Bahn der <strong>Erde</strong> um die Sonne<br />

sowie die Lage der Erdachse mit der Zeit ändern oder durch Schwankungen in der<br />

Strahlungsabgabe der Sonne. Diese externen Faktoren werden den anthropogenen (d. h. durch<br />

den Mensch gemachten) Ursachen, also dem zusätzlichen Treibhauseffekt und der<br />

Schadstoffbelastung der <strong>Atmosphäre</strong> - gegenübergestellt, und ihr Effekt wird durch das<br />

Kl<strong>im</strong>arauschen überlagert. Um den physikalisch-dynamischen Zusammenhang zwischen<br />

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Sonneneinstrahlung, Treibhauseffekt und Kl<strong>im</strong>a zu berechnen, setzt man Kl<strong>im</strong>amodelle ein.<br />

Dieses sind umgebaute Wettervorhersagemodelle und kalkulieren das Kl<strong>im</strong>a aufgrund<br />

physikalischer Gesetze. Man kann mit ihnen hochrechnen, dass die von der Sonne ausgelösten<br />

Änderungen die seit 1850 beobachtete Erwärmung nur zu etwa 20 bis 30 Prozent erklären,<br />

und der Rest anthropogenen Ursprungs ist. In der Zukunft ist zu erwarten, dass der<br />

anthropogene Anteil noch zun<strong>im</strong>mt. Kl<strong>im</strong>aprojektionen für die nächsten 100 Jahre sagen<br />

voraus, dass sich die globale Mitteltemperatur um ca. 1,4 bis 5, 8 °C erhöhen wird, je<br />

nachdem, wie sich die Weltbevölkerung, ihr Energieverbrauch und die dabei eingesetzten<br />

Energieträger entwickeln werden.<br />

Mit dem Satelliten CHAMP auf der Spur von globalen Kl<strong>im</strong>aänderungen<br />

Dr. Jens Wickert, GFZ Potsdam<br />

In den 90er Jahren etablierte sich das U.S.-amerikanische Satellitennavigationssystem GPS<br />

(Global Positioning <strong>System</strong>) zum Standardverfahren für hochpräzise Navigation. Die dabei<br />

benutzten Radiosignale von derzeit 29 GPS-Satelliten werden be<strong>im</strong> Durchgang durch die<br />

Erdatmosphäre in charakteristischer Weise verändert. Für eine genaue Positionierung ist diese<br />

Tatsache eine Fehlerquelle. Die Veränderung der GPS-Signale kann allerdings auch benutzt<br />

werden, um wichtige Eigenschaften der <strong>Atmosphäre</strong> (Refraktivität, Temperatur,<br />

Wasserdampfgehalt) sehr genau zu best<strong>im</strong>men. Innerhalb des Strategiefondsprojektes GASP<br />

(GPS Atmosphere Sounding Project, 2000-2002, Projektleitung GFZ Potsdam) der<br />

Helmholtz-Gemeinschaft wurde in Deutschland eine Infrastruktur zur Nutzung des GPS für<br />

die Fernerkundung der <strong>Atmosphäre</strong> aufgebaut. Hierbei wurden sowohl boden- als auch<br />

satellitengestützte GPS-Sondierungstechniken entwickelt. Das hohe Potential der innovativen<br />

GPS-Fernerkundungsmethode für vielfältige Anwendungen in der Wettervorhersage und<br />

<strong>Atmosphäre</strong>nforschung sowie für Kl<strong>im</strong>astudien konnte dabei unter Beweis gestellt werden.<br />

Im Mittelpunkt steht die satellitengestützte GPS-Fernerkundung. Aus sogenannten GPS-<br />

Radiookkultationsmessungen, aufgezeichnet an Bord des deutschen Geoforschungssatelliten<br />

CHAMP (CHAllenging Minisatellite Payload), werden damit kontinuierlich und<br />

wetterunabhängig bis zu 200 global verteilter Vertikalprofile von Refraktivität, Temperatur<br />

und Wasserdampf von der Erdoberfläche an bis ca. 35 km Höhe abgeleitet. Die GPS-<br />

Radiookkultationstechnik wird eingeführt. Ein Überblick über die bisher von CHAMP<br />

erreichten wissenschaftliche Ergebnisse und einen Ausblick auf zukünftige<br />

Satellitenmissionen wird gegeben. Andere Verfahren der GPS-Fernerkundung<br />

(bodengestützte Wasserdampfbest<strong>im</strong>mung, Ionosphärensondierung und<br />

Reflexionsmessungen) werden kurz charakterisiert.<br />

Die Auswirkungen des globalen Kl<strong>im</strong>awandels auf die Küstenbereiche der Welt<br />

Dr. Frank Thomalla, PIK<br />

Projektionen der IPCC sagen voraus, dass der globale mittlere Meeresspiegel zwischen 1990<br />

und 2100 um 0,09 bis 0,88 Meter ansteigen wird. Zu den Folgen in den Küstenzonen gehören<br />

häufigere und stärkere Überschwemmungen, zunehmende Erosion, der Verlust von<br />

Ökosystemen wie Feuchtgebieten und Mangrovenwäldern und die Versalzung von<br />

Süßwasserreserven. Zusätzlich wirken sich Veränderungen der kl<strong>im</strong>atischen Schwankungen<br />

sowie Veränderungen der Häufigkeit und Intensität extremer Kl<strong>im</strong>aphänomene auf natürliche<br />

und von Menschen geschaffene <strong>System</strong>e <strong>im</strong> Küstenbereich aus. Für best<strong>im</strong>mte Gebiete der<br />

<strong>Erde</strong> wird eine Zunahme der Intensität und des Ausmaßes von Stürmen und deren Folgen<br />

vorhergesagt. Erhöhte Spitzenwindgeschwindigkeiten von Stürmen bedeuten ein erhöhtes<br />

Risiko für Menschenleben und Gesundheit, vermehrte Küstenerosion, vermehrte Schäden an<br />

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Küstenbauwerken und Küstenökosystemen und höhere Besitz- und Infrastrukturverluste. Die<br />

Überschwemmung von menschlichen Ansiedlungen in Küstenzonen als Folge des Anstiegs<br />

des Meeresspiegels gilt als eines der am meisten verbreiteten direkten Risiken des<br />

Kl<strong>im</strong>awandels. Hinzu kommt die rasche Verstädterung tief liegender Küstenzonen in<br />

Industrienationen und Entwicklungsländern. Die in Küstennähe wachsende Bevölkerung und<br />

die von ihr geschaffenen Vermögenswerte sind <strong>im</strong>mer mehr kl<strong>im</strong>atischen Extremen<br />

ausgesetzt. Modellrechnungen sagen eine potenzierte Zunahme der Menschen, die durch<br />

Küstenstürme und Überschwemmungen betroffen sein werden, voraus. Die geschätzten<br />

möglichen Kosten für einzelne Länder belaufen sich auf mehrere Milliarden Dollar. Die<br />

Störanfälligkeit dieser <strong>System</strong>e hängt von einer Reihe von Faktoren ab, wie z.B. ihrer<br />

geografischen Lage, den sozialen, den ökonomischen Bedingungen und den<br />

Umweltbedingungen. Viele unterentwickelte Regionen sind besonders gefährdet, weil sie<br />

Kl<strong>im</strong>averänderungen besonders ausgesetzt sind, ein großer Teil ihrer Wirtschaft in<br />

kl<strong>im</strong>aempfindlichen Branchen angesiedelt ist, oder weil sie geringe Anpassungsfähigkeit<br />

besitzen. Anpassungsstrategien für Küstenzonen haben sich in den letzten Jahren <strong>im</strong>mer mehr<br />

von harten Schutzmaßnahmen wie Mauern und Buhnen zu weichen Vorkehrungen wie<br />

Sandvorspülung, kontrolliertem Rückzug und erhöhter Flexibilität von biophysikalischen und<br />

sozioökonomischen <strong>System</strong>en in Küstenregionen verschoben.<br />

Ozon in der <strong>Atmosphäre</strong><br />

Dr. habil. Ulrike Langematz, FU Berlin<br />

Folgende Themen werden u.a. behandelt: Messungen der atmosphärischen<br />

Ozonkonzentration; beobachtete kl<strong>im</strong>atologische Verteilung sowie zeitliche und räumliche<br />

Variabilität des Ozons; Einfluss von Chemie und Dynamik auf die Ozonverteilung;<br />

Ozontrends in der Stratosphäre und Troposphäre ("Ozonloch" vs. "Ozonminiloch") sowie<br />

deren Auswirkungen auf das Kl<strong>im</strong>a.<br />

Ozeanzirkulation und Kl<strong>im</strong>a<br />

Prof. Dr. Stefan Rahmstorf, PIK<br />

Die Weltmeere bedecken rund 71 Prozent der Erdoberfläche und absorbieren etwa die<br />

doppelte Menge an Sonnenenergie wie die Landoberflächen. Sie sind daher eine wichtige<br />

Komponente des Kl<strong>im</strong>asystems. Durch ihre riesige Wärmekapazität dämpfen sie<br />

Temperaturschwankungen, aber sie spielen auch eine wesentlich aktivere und dynamischere<br />

Rolle. Meeresströme transportieren riesige Wärmemengen quer über den Planeten - etwa<br />

ebensoviel Wärme wie die <strong>Atmosphäre</strong>. Doch anders als die <strong>Atmosphäre</strong> ist der Ozean<br />

zwischen Landmassen eingeschlossen, so dass sein Wärmetransport in best<strong>im</strong>mte Regionen<br />

gelenkt wird. Die <strong>im</strong>mer wieder auftretenden El Niño-Ereignisse <strong>im</strong> tropischen Pazifik<br />

demonstrieren eindrucksvoll, wie eine regionale Änderung von Meeresströmungen - in<br />

diesem Fall u.a. dem Humboldtstrom - die kl<strong>im</strong>atischen Verhältnisse um den ganzen Globus<br />

beeinflussen kann. Dürren in den Staaten des westlichen Pazifik, verheerende Waldbrände in<br />

Südost-Asien und Überschwemmungen in Teilen Afrikas sind nur einige der Folgen. Eine<br />

weitere Region, in der der Einfluss der Meeresströmungen sich besonders stark bemerkbar<br />

macht, ist der Nordatlantik. Er befindet sich an einem Ende eines Strömungssystems, das vom<br />

Antarktischen Ozean bis ins Nordmeer reicht und riesige Wärmemengen in unsere Breiten<br />

transportiert. Der Golfstrom und sein verlängerter Arm, der Nordatlantikstrom, spielen eine<br />

wichtige Rolle in diesem <strong>System</strong>, das als thermohaline Zirkulation bezeichnet wird. Der<br />

Ausdruck beschreibt die Antriebskräfte: Temperatur (thermo) und Salzgehalt (halin) des<br />

Meerwassers best<strong>im</strong>men die Dichteunterschiede, die die Strömung antreiben. Warmes Wasser<br />

strömt dabei in der nähe der Oberfläche nach Norden, gibt die Wärme an die Luft ab, sinkt<br />

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nach unten und kehrt in 2-3 km Tiefe gen Süden zurück. Dabei wird eine Wärmemenge<br />

freigesetzt, die der Leistung von einer halben Million Großkraftwerken entspricht. Vergleicht<br />

man Orte in Europa mit vergleichbaren Orten auf dem amerikanischen Kontinent, wird die<br />

Kl<strong>im</strong>awirkung deutlich. Bodö in Norwegen hat mittlere Temperaturen von -2°C <strong>im</strong> Januar<br />

und 14°C <strong>im</strong> Juli; in Nome, an der Pazifikküste Alaskas auf demselben Breitengrad,<br />

herrschen dagegen -15°C <strong>im</strong> Januar und nur 10°C <strong>im</strong> Juli. Auf Satellitenbildern erkennt man,<br />

wie die warme Atlantikströmung das europäische Nordmeer ungewöhnlich eisfrei hält.<br />

Änderungen <strong>im</strong> Verlauf dieser Strömung haben in der Kl<strong>im</strong>ageschichte, vor allem während<br />

der letzten Eiszeit, <strong>im</strong>mer wieder zu abrupten Kl<strong>im</strong>awechseln geführt. Das Verhalten der<br />

Strömung kann in aufwendigen Computers<strong>im</strong>ulationen nachvollzogen, mit ausgefeilten<br />

Methoden der nichtlinearen Dynamik analysiert, aber in Grundzügen auch mit wenigen<br />

einfachen Gleichungen verstanden werden.<br />

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