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Handreichung Neues Kommunales Finanzmangement 5 ... - MIK NRW

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II.<br />

Das Haushaltsrecht<br />

in der<br />

Gemeindeordnung<br />

290


1. Die Reform des Gemeindehaushaltsrechts<br />

1.1 Die Grundlagen der Reform<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Das Haushaltsrecht<br />

in der Gemeindeordnung<br />

Das Kernstück der Reform des Gemeindehaushaltsrechts war die Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements<br />

(NKF) in den Jahren 2005 bis 2009. Die Gemeinden begannen ab dieser Zeit mit der Erfassung<br />

und Abbildung der gemeindlichen Ressourcen. Sie stellten eine Bilanz als Vermögensrechnung auf und führten<br />

eine neue Steuerung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft (Finanzmanagement) sowie das System der doppelten<br />

Buchführung ein. Die gemeindlichen Ressourcen werden seitdem mithilfe der Rechengrößen „Ertrag“ und<br />

„Aufwand“ ermittelt. Sie werden im gemeindlichen Haushaltsplan veranschlagt sowie im Jahresabschluss der<br />

Gemeinde bezogen auf das Haushaltsjahr nachgewiesen.<br />

Die haushaltsrechtlichen Vorschriften in der Gemeindeordnung sind deshalb in einem wesentlichen Umfang entsprechend<br />

den Anforderungen des NKF gepasst worden. Sie beinhalten die notwendigen allgemeinen Vorgaben<br />

für die gemeindliche mehrjährige Haushaltsplanung und den Haushaltsvollzug im Haushaltsjahr sowie die Haushaltsabrechnung<br />

als stichtagsbezogener Jahresabschluss nach Ablauf des Haushaltsjahres. Den gemeindlichen<br />

Vorschriften wurden betriebswirtschaftliche und kaufmännische Standards zugrunde gelegt, soweit nicht gemeindliche<br />

oder sonstige öffentlich-rechtliche Besonderheiten ggf. Abweichungen davon erforderlich machten.<br />

Der tatsächliche Zweck des NKF geht aber weit über die Reform der haushaltsrechtlichen Vorschriften bzw. die<br />

Einführung eines neuen Buchungsstils hinaus. Die Schaffung einer neuen Transparenz durch die Offenlegung<br />

von Risiken und Chancen für die Gemeinde und deren Einfluss auf deren wirtschaftliche Lage ist ein wichtiges<br />

Ziel. Unter dem Begriff“ Transparenz“ wird dabei vielfach die Möglichkeit der Adressaten des gemeindlichen Handelns<br />

verstanden, zuverlässig und zeitnah nachvollziehbare Informationen über die Ergebnisse und Entscheidungsprozesse<br />

des gemeindlichen Verwaltungshandelns erhalten zu können. Neben den normativen Gegebenheiten<br />

bedarf es in jeder Gemeinde einer strategischen und operativen Neuausrichtung der örtlichen Steuerung<br />

unter Einbeziehung der Ressourcenbewertung.<br />

Die haushaltsrechtlichen Vorschriften sind insgesamt darauf ausgerichtet, die gemeindliche Eigenverantwortung<br />

zu stärken und die örtliche Steuerung zu verbessern. Das 1. NKF-Weiterentwicklungsgesetz als erster Schritt der<br />

weiteren Entwicklung des gemeindlichen Haushaltsrechts folgt dieser Strategie. Die dabei oftmals geäußerten<br />

Wünsche nach kleinteiligen verbindlichen Vorgaben stehen dieser Ausrichtung grundlegend entgegen. Der Gesetzgeber<br />

sieht den Zweck des gemeindlichen Haushaltsrechts nicht darin, die Gemeinde aus ihrer Verantwortung<br />

für ihr haushaltswirtschaftliches Handeln zu entlassen. Die Gemeinde hat daher die mit ihrer Haushaltswirtschaft<br />

einhergehenden Risiken zu tragen, soll aber auch selbst den Vorteil nutzen dürfen, der aus den Chancen<br />

der wirtschaftlichen Weiterentwicklung entsteht.<br />

1.2 Der Haushalt als zentrales Steuerungs- und Rechenschaftsinstrument<br />

Der Haushalt der Gemeinde ist und bleibt das zentrale Steuerungs- und Rechenschaftsinstrument im gemeindlichen<br />

Haushaltsrecht. Der Ressourcenverbrauch und das Ressourcenaufkommen der Gemeinde werden im Ergebnisplan<br />

durch Erträge und Aufwendungen als Rechengrößen veranschlagt und im Jahresabschluss in der<br />

GEMEINDEORDNUNG 291


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Ergebnisrechnung nachgewiesen (vgl. §§ 2 und 38 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie § 95 GO <strong>NRW</strong>). Die Pflicht zum jährlichen<br />

Haushaltsausgleich ist dabei ein wichtiges Element, damit die stetige Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben<br />

dauerhaft gesichert wird (vgl. § 75 GO <strong>NRW</strong>). Außerdem ist die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung in den<br />

gemeindlichen Haushaltsplan integriert worden (vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>), sodass sich die gemeindliche Planung auch<br />

auf die dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre erstreckt.<br />

Zum gemeindlichen Haushaltsplan gehört der Finanzplan, in dem die Ein- und Auszahlungen der Gemeinde<br />

veranschlagt werden (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die gemeindlichen Zahlungen werden dabei nach den Zahlungen<br />

aus der laufenden Verwaltungstätigkeit und den Zahlungen aus der Investitionstätigkeit sowie den Zahlungen aus<br />

der Finanzierungstätigkeit unterschieden. Im Jahresabschluss werden in der Finanzrechnung nachgewiesen (vgl.<br />

§ 39 GemHVO <strong>NRW</strong>). Das Zahlungsgeschäft kann somit Auskunft über die finanzielle Eigenfinanzierungsfähigkeit<br />

der Gemeinde und den Bedarf an Fremdkapital bzw. einer Fremdfinanzierung geben. Die Finanzrechnung ist<br />

neben der Ergebnisrechnung sowie der Bilanz (vgl. § 41 GemHVO <strong>NRW</strong>) eine unverzichtbare Informationsquelle<br />

zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde.<br />

Für die Anwendung der neuen Steuerung durch die Gemeinde, mit der eine flexible Haushaltswirtschaft verbunden<br />

ist, enthält die Gemeindehaushaltsverordnung die entsprechend gefassten Bewirtschaftungsregeln. Eine<br />

erfolgreiche Haushaltswirtschaft der Gemeinde besteht u.a. darin, dass die Gemeinde frühzeitig versucht, Risiken<br />

und Chancen für ihre künftige Haushaltswirtschaft zu erkennen. Sie soll bei einer aufgetretenen Krise ihre Haushaltswirtschaft<br />

so führen, dass die dauernde Leistungsfähigkeit und die stetige Aufgabenerfüllung schnellstmöglich<br />

wieder erreicht werden (vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde ist deswegen ggf. verpflichtet, ein<br />

Haushaltssicherungskonzept aufzustellen (vgl. § 76 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gilt es zudem, die künftigen Generationen nicht unnötig zu belasten,<br />

deren Zukunft dauerhaft zu sichern und dadurch dem Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit in einem<br />

ausreichenden Maße nachzukommen (vgl. § 1 GO <strong>NRW</strong>). Diese Erfordernisse zeigen auf bzw. verdeutlichen,<br />

dass bei der Gemeinde ein zukunftsorientiertes Bild mit qualitativ hochwertigen Leitorientierungen als Kernaussagen<br />

bestehen sollte. Auf einer solchen Grundlage kann dann das wirtschaftliche und zukunftsorientierte Handeln<br />

der Gemeinde aufgebaut werden. Ergänzend dazu besteht daher ein Verbot der Überschuldung für die Gemeinde,<br />

denn sie soll jährlich den Haushaltsausgleich erreichen und nicht ihr Eigenkapital verzehren (vgl. § 75 Absatz<br />

7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.3 Die Rechte der gemeindlichen Organe<br />

Die Rechte der gemeindlichen Organe, insbesondere des Rates der Gemeinde, sind im Rahmen der Reform des<br />

Gemeindehaushaltsrechts unangetastet geblieben (vgl. §§ 41 und 62 GO <strong>NRW</strong>). Es bedarf aber gleichwohl vor<br />

Ort einer Anpassung der Zusammenarbeit von Rat, Bürgermeister und gemeindlicher Verwaltung, um eine klare<br />

Rollen- und Verantwortungsabgrenzung im Rahmen der Möglichkeiten einer neuen Steuerung zu erreichen. In<br />

diesem Zusammenspiel kann der Rat vielfach als „Auftraggeber“ gegenüber der Verwaltung bezeichnet werden,<br />

der strategische Ziele setzt und Ziele mit der gemeindlichen Verwaltung vereinbart sowie deren Erreichung mithilfe<br />

geeigneter Instrumente auch kontrolliert.<br />

Diese neuen Verhältnisse in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft erfordern, dass der Rat künftig auf eine Detailsteuerung<br />

verzichten kann und durch klare Ziel- und Leistungsvorgaben eine ergebnis- und wirkungsorientierte<br />

Steuerung unter Einbeziehung der produktorientierten Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan umsetzen soll.<br />

Am Ende des Haushaltsjahres gilt es dann, die Leistungsergebnisse der gemeindlichen Verwaltung aus der Ausführung<br />

der Haushaltswirtschaft unter Berücksichtigung der Ressourcen und der Finanzen zu beurteilen. Im Jahresabschluss<br />

sollen aber auch die Wirkungen der vom Rat getroffenen Entscheidungen sowie aus der ausgeführten<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft aufgezeigt und transparent gemacht werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 292


1.4 Das Referenzmodell HGB<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Mit der Entscheidung für das NKF ist eine Grundsatzentscheidung für das kaufmännische Rechnungswesen als<br />

„Referenzmodell“ für die Haushaltswirtschaft der Gemeinden getroffen worden. Es erfolgt insoweit eine Orientierung<br />

am Handelsgesetzbuch (HGB) und an den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB), soweit die<br />

spezifischen Ziele und Aufgaben der Haushaltswirtschaft der Gemeinden dem nicht entgegenstehen. Nicht nur<br />

dadurch, sondern insgesamt behält das Gemeindehaushaltsrecht seine Eigenständigkeit gegenüber dem Handelsrecht.<br />

Das Handelsrecht stellt daher z.B. keine unmittelbare rechtliche Grundlage für die gemeindliche Bilanzierung<br />

dar, soweit nicht unmittelbar auf einzelne Vorschriften verwiesen wird, z.B. in § 50 Absatz 1 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> auf die §§ 300 bis 309 HGB.<br />

Diese sachlichen Gegebenheiten sind auch bezogen auf örtliche Sachverhalte zu beachten, wenn eine haushaltswirtschaftliche<br />

Beurteilung unter Berücksichtigung privatwirtschaftlicher Information erfolgt. Die Vorschriften<br />

des Handelsgesetzesbuches stellen dabei keine richtungsweisenden Vorgaben für die Anwendung von haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften durch die Gemeinde dar. Die im örtlichen Einzelfall getroffenen Festlegungen dürfen<br />

auch nicht zu einer Beeinträchtigung der Eigenständigkeit der haushaltsrechtlichen Vorschriften führen. Durch<br />

diese Eigenständigkeit besteht eine notwendige Abgrenzung gegenüber dem Handelsrecht aus der öffentlichrechtlichen<br />

Aufgabenstellung der Gemeinde heraus. Sie dient dabei der Nachvollziehbarkeit des haushaltswirtschaftlichen<br />

Handelns der Gemeinde und der sachlich geprägten Nachweisführung und der Darstellung der wirtschaftlichen<br />

Lage der Gemeinde im gemeindlichen Jahresabschluss.<br />

Die aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung verwendeten Begriffe haben daher bei ihrer Anwendung<br />

i.d.R. die gleiche inhaltliche Bedeutung wie im privatrechtlichen Bereich, soweit nicht durch besondere Festlegungen<br />

eine abweichende Bedeutung entsteht oder sich durch eine gemeindebezogene Auslegung ergibt. Die<br />

Begriffe sollen dabei den gemeindlichen Besonderheiten gerecht werden und deren Inhalte und Zielbestimmungen<br />

so genau wie möglich aufzeigen und benennen. Außerdem sind wichtige Grundsätze durch das Bilanzrechtsmodernierungsgesetz<br />

nicht grundsätzlich verändert worden, z.B. das Anschaffungskostenprinzip oder das<br />

Realisationsprinzip. Die Grundsätze sind daher von der Gemeinde weiterhin unverändert anzuwenden.<br />

Für das NKF wurde zudem keine zwingende Notwendigkeit gesehen, die Wahlrechte des Handelsgesetzbuches<br />

uneingeschränkt auch für die Gemeinden zuzulassen und oder bezogen auf die gemeindlichen Sachverhalte nur<br />

umzuschreiben. Den Gemeinden wurden vielmehr bedarfsorientiert und unter Berücksichtigung der Ziele und<br />

Zwecke des NKF sowie des öffentlich-rechtlichen Status der Gemeinden für einzelne bestimmte Sachverhalte die<br />

notwendigen Wahlrechte eingeräumt. Außerdem wurde bei der Ausgestaltung des Drei-Komponentensystems<br />

des NKF auch die Entwicklung und Zielsetzung der internationalen Rechnungslegung berücksichtigt.<br />

2. Die Anwendung des NKF<br />

2.1 Wichtige Rahmenbedingungen<br />

Die haushaltsrechtlichen Regelungen in der Gemeindeordnung bauen auf dem Gesetz über ein <strong>Neues</strong> <strong>Kommunales</strong><br />

Finanzmanagement für Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen (<strong>Kommunales</strong> Finanzmanagementgesetz<br />

<strong>NRW</strong> – NKFG <strong>NRW</strong>) auf, das der Landtag Nordrhein-Westfalen am 10.11.2004 beschlossen hat (vgl. Landtags-<br />

Drucksache Nr. 13/5567). Dieses Gesetz wurde am 16.11.2004 unterzeichnet und ist im Gesetz- und Verordnungsblatt<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen (Nr. 41 vom 24.11.2004) auf Seite 644 veröffentlicht worden. Es ist<br />

als Artikelgesetz ausgestaltet worden und hat zu Änderungen der haushaltsrechtlichen Vorschriften in der Gemeindeordnung<br />

sowie zu einer Neufassung der Gemeindehaushaltsverordnung geführt. Das NKFG <strong>NRW</strong> ist am<br />

01.01.2005 in Kraft getreten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 293


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Die Grundlagen für die Anwendung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements bilden die jetzt geltenden<br />

haushaltsrechtlichen Regelungen der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO <strong>NRW</strong>) in der<br />

Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. <strong>NRW</strong>. S. 666) in der jeweils geltenden Fassung (Fundstelle:<br />

SGV. <strong>NRW</strong>. 2023). Sie umfassen den 8., 9., 10. und 12. Teil der Gemeindeordnung und werden durch die neu<br />

gefasste Gemeindehaushaltsverordnung näher ausgestaltet. Ab dem Haushaltsjahr 2009 führen alle Gemeinden<br />

ihre Haushaltswirtschaft nach dem NKF und erfassen ihre Geschäftsvorfälle nach dem System der Basis der<br />

doppelten Buchführung in ihrer Finanzbuchhaltung. Sie haben spätestens zum Stichtag 1. Januar 2009 eine<br />

Eröffnungsbilanz und spätestens zum Abschlussstichtag 31. Dezember 2010 einen Gesamtabschluss aufgestellt.<br />

Die Zwecke des NKF gehen weit über die Reform der haushaltsrechtlichen Vorschriften für die Gemeinden bzw.<br />

die Einführung eines neuen Buchungsstils hinaus. Insbesondere die Schaffung einer neuen Transparenz durch<br />

die Offenlegung von Risiken und Chancen für die Gemeinde sowie deren Einfluss auf die wirtschaftliche Lage der<br />

Gemeinde und ihre Weiterentwicklung muss ein ständiges Ziel bleiben und nicht nur ein Ziel der Reform. Unter<br />

dem Begriff“ Transparenz“ wird dabei regelmäßig die Möglichkeit der Adressaten des haushaltswirtschaftlichen<br />

Handelns der Gemeinde verstanden, zuverlässig und zeitnah nachvollziehbare Informationen über die Ergebnisse<br />

und Entscheidungsprozesse des gemeindlichen Verwaltungshandelns erhalten zu können. Dazu gehören<br />

auch Informationen über den aktuellen Stand der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde und über die Haushaltsplanung<br />

für die künftigen Haushaltsjahre. Neben den normativen Gegebenheiten bedarf es aber in jeder Gemeinde<br />

auch einer strategischen und operativen Neuausrichtung der örtlichen Steuerung durch die Verantwortlichen<br />

unter Einbeziehung der verfügbaren Ressourcen und der Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung.<br />

2.2 Die Rechengrößen<br />

2.2.1 Die Rechengrößen „Ertrag“ und „Aufwand“<br />

2.2.1.1 Die Erfassung der Ressourcen<br />

Mit dem NKF werden über die Rechengrößen „Ertrag“ und „Aufwand“ das Ressourcenaufkommen und den Ressourcenverbrauch<br />

der Gemeinde erfasst und der tatsächliche Werteverzehr bei den Vermögenswerten der Gemeinde,<br />

u.a. durch Abschreibungen, vollständig erfasst. Unter Einbeziehung der Produktorientierung beim haushaltswirtschaftlichen<br />

Handeln der Gemeinde wird die haushaltsmäßige Erfassung und Darstellung des Ressourcenverbrauchs<br />

und des Ressourcenaufkommens bezogen auf die gemeindliche Aufgabenerfüllung möglich.<br />

Die Ausrichtung der Finanzpolitik der Gemeinde auf das Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit soll erreichen,<br />

dass die Aufwendungen in einem Haushaltsjahr (Periode) regelmäßig durch Erträge desselben Jahres gedeckt<br />

werden, um nachfolgende Generationen nicht zu überlasten. Die im NKF verwendeten Rechengrößen „Ertrag“<br />

und „Aufwand“ stellen dazu den zutreffenden Buchungsstoff für den Ergebnisplan und die Ergebnisrechnung der<br />

Gemeinde dar, auch wenn sie im Einzelnen nicht gesetzlich definiert worden sind.<br />

Die Rechengrößen sind jedoch geeignete Einheiten für die gemeindlichen Geschäftsvorfälle, durch die das gemeindliche<br />

Eigenkapital in der Vermögensrechnung der Gemeinde erhöht oder vermindert wird (Erhöhung: Ertrag;<br />

Verminderung; Aufwand). Die Erfassung von Erträgen und Aufwendungen ist daher von zentraler Bedeutung<br />

für die gemeindliche Ergebnisermittlung im Haushaltsjahr bzw. für das Jahresergebnis der Gemeinde. In diesem<br />

Zusammenhang sind auch die internen Leistungsbeziehungen der Gemeinde zu berücksichtigen, die mit den<br />

gleichen Rechengrößen erfasst werden (vgl. § 17 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der Gemeinde wird es dadurch ermöglicht,<br />

das Ressourcenaufkommen und den Ressourcenverbrauch in einem Haushaltsjahr vollständig zu erfassen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 294


2.2.1.2 Die Rechengröße „Ertrag“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Ertrag“ wird betriebswirtschaftlich die bewertete Leistungserstellung der<br />

Gemeinde in einem Haushaltsjahr (Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr) verstanden. Einen Ertrag stellt dabei jeder<br />

gemeindliche Geschäftsvorfall dar, der das Nettovermögen bzw. das Eigenkapital der Gemeinde erhöht. Die<br />

Gemeinde erzielt dann in einem Haushaltsjahr eine Einnahme, die keinen Ertrag darstellt, wenn entweder keine<br />

Leistungserstellung durch die Gemeinde vorliegt oder wenn die Leistungserstellung und die dazugehörige Einnahme<br />

in unterschiedliche Haushaltsjahre fallen, z.B. bei Mietvorauszahlungen.<br />

Die gemeindlichen Erträge sind aber auch an Zahlungsvorgänge gebunden, sodass bei der Gemeinde vielfach<br />

einzahlungsgleiche bzw. zahlungswirksame Erträge entstehen, z. B. aus der Steuererhebung oder durch erhaltene<br />

Zuwendungen für laufende Zwecke. Andererseits entstehen auch Erträge aus der Auflösung von bilanzierten<br />

Sonderposten, weil die erhaltenen investiven Zuwendungen über die Nutzungszeit eines damit finanzierten Vermögensgegenstandes<br />

periodengerecht zu verteilen sind. Die Rechengrößen „Ertrag“ und „Einnahme“ sind dann<br />

deckungsgleich, wenn die gleiche Periode bzw. das gleiche Haushaltsjahr der Gemeinde betroffen ist. Die Zahlungsvorgänge<br />

können aber auch in einer anderen Periode liegen.<br />

2.2.1.3 Die Rechengröße „Aufwand“<br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Aufwand“ wird betriebswirtschaftlich der bewertete Güterverzehr der<br />

Gemeinde in einem Haushaltsjahr (Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr) verstanden. Zu Aufwendungen führt daher<br />

jeder gemeindliche Geschäftsvorfall, der das Nettovermögen bzw. das Eigenkapital der Gemeinde vermindert.<br />

Die Gemeinde leistet dann in einem Haushaltsjahr eine Ausgabe, die keinen Aufwand darstellt, wenn z.B. die im<br />

Dezember des Haushaltsjahres für den Januar des Folgejahres zu zahlende Beamtenbesoldung. Die Aufwendungen<br />

der Gemeinde und die dazugehörige Ausgabe fallen dabei in unterschiedliche Haushaltsjahre.<br />

Die gemeindlichen Aufwendungen sind aber auch an Zahlungsvorgänge gebunden, sodass bei der Gemeinde<br />

vielfach auszahlungsgleiche Aufwendungen entstehen. Die Zahlungsvorgänge können aber auch in einer anderen<br />

Periode liegen. Die Rechengrößen „Aufwand“ und „Ausgabe“ sind dann deckungsgleich, wenn die gleiche<br />

Periode bzw. das gleiche Haushaltsjahr der Gemeinde betroffen ist, z. B. wenn von der Gemeinde die Gehälter,<br />

das Material, die Energie u.a. zu bezahlen ist.<br />

2.2.2 Die Rechengrößen „Einzahlungen“ und „Auszahlungen“<br />

2.2.2.1 Die Erfassung der Zahlungen<br />

Die Finanzrechnung der Gemeinde soll Auskunft über die tatsächliche finanzielle Lage der Gemeinde geben und<br />

dabei auch die Finanzierungsquellen sowie die Veränderung des Zahlungsmittelbestandes der Gemeinde (liquide<br />

Mittel) aufzeigen. Dadurch stellt die Finanzrechnung eine Mittelherkunfts- und Mittelverwendungsrechnung für die<br />

Gemeinde dar, bei der die Zahlungsströme ausschlaggebend sind. Aufgrund dessen kommen bei der gemeindlichen<br />

Finanzrechnung die Rechengrößen „Einzahlungen“ und „Auszahlungen“ als zutreffender Buchungsstoff zur<br />

Anwendung. Bei der Erfassung der Einzahlungen und Auszahlungen wird außerdem das Kassenwirksamkeitsprinzip<br />

als Liquiditätsänderungsprinzip angewendet. Unter den Haushaltspositionen im gemeindlichen Finanzplan<br />

dürfen deshalb nur Beträge in Höhe der im Haushaltsjahr voraussichtlich eingehenden oder zu leistenden Zahlungen<br />

ausgewiesen werden, die eine Änderung der Liquidität der Gemeinde bewirken.<br />

GEMEINDEORDNUNG 295


2.2.2.2 Die Rechengröße „Einzahlungen“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Einzahlungen“ wird der tatsächliche Zahlungsmittelzufluss bei der Gemeinde<br />

erfasst, der zu einer Erhöhung des gemeindlichen Zahlungsmittelbestandes durch den Zugang liquider<br />

Mittel, die in Form von Bargeld oder Buchgeld der Gemeinde zufließen, führt. Beim Einsatz der Rechengrößen<br />

„Einzahlungen“ und „Einnahme“ im gemeindlichen Rechnungswesen liegen dann nicht einnahmewirksame Einzahlungen<br />

vor, wenn es in gleicher Höhe zu einer Abnahme der gemeindlichen Forderungen oder zu einer Erhöhung<br />

der gemeindlichen Verbindlichkeiten kommt. Eine Einzahlung stellt jedoch nicht die Erhöhung des Kassenbestandes<br />

der Gemeinde durch eine Barabhebung von einem Bankkonto der Gemeinde dar, denn durch diesen<br />

Vorgang wird der Zahlungsmittelbestand der Gemeinde insgesamt nicht verändert.<br />

2.2.2.3 Die Rechengröße „Auszahlungen“<br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Auszahlungen“ wird der tatsächliche Zahlungsmittelabfluss bei der Gemeinde<br />

im Haushaltsjahr erfasst, der zu einer Verminderung des gemeindlichen Zahlungsmittelbestandes durch<br />

den Abgang liquider Mittel, die in Form von Bargeld oder Buchgeld von der Gemeinde abgegeben werden, führt.<br />

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass beim Einsatz der Rechengrößen „Auszahlungen“ und „Ausgabe“<br />

dann keine ausgabewirksamen Auszahlungen vorliegen, wenn es in gleicher Höhe zu einer zu einer Minderung<br />

der gemeindlichen Verbindlichkeiten oder zu einer Zunahme der gemeindlichen Forderungen kommt.<br />

2.3 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

2.3.1 Allgemeine Zwecke<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) gelten fast uneingeschränkt auch im NKF. Der haushaltsrechtlichen<br />

Festlegung ging dazu eine Betrachtung und Bewertung der Rechnungsziele, z. B. Nachweis des Ressourcenverbrauchs,<br />

Vermögens- und Eigenkapitalerhalt, stetige Aufgabenerfüllung voraus. Darin wurden die<br />

Rechnungszwecke einbezogen, z. B. die Steuerungs- und Kontrollzwecke, die Entscheidungshoheit des Rates<br />

der Gemeinde (Allzuständigkeit), die haushaltsmäßigen Wirkungen die Öffentlichkeit und die Aufsichtsbehörde<br />

als Adressaten. Die Ziele und Zwecke der gemeindlichen Haushaltswirtschaft finden sich z. B. auch in den allgemeinen<br />

Haushaltsgrundsätzen wieder und sind zudem in einer Vielzahl von haushaltsrechtlichen Vorschriften<br />

konkretisiert worden. Sie stellen mit den von der Gemeinde übernahmefähigen und anwendbaren Grundsätzen<br />

ordnungsmäßiger Buchführung ein praktikables Gesamtbild für die gemeindliche Haushaltswirtschaft dar.<br />

Vor der Übernahme der GoB für die Gemeinden sind diese hinsichtlich ihrer Inhalte sowie ihrer Anwendungsmöglichkeiten<br />

in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft überprüft worden. Viele Rechnungslegungsgrundsätze des<br />

Referenzmodells HGB haben sich als übernahmefähig erwiesen. Dabei wurden kleinere Abweichungen wegen<br />

spezifischer Fragestellungen hingenommen, weil im Großen und Ganzen eine sichere und gleichartige Handhabung<br />

der Grundsätze im betriebwirtschaftlichen sowie haushaltswirtschaftlichen Sinne durch die Gemeinden<br />

gesichert und gewährleistet werden kann.<br />

Viele Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind außerdem ausdrücklich zum Gegenstand besonderer<br />

haushaltsrechtlicher Vorschriften gemacht worden. Eine vergleichbare Vorgehensweise (Übernahme) bestand<br />

auch bei der Entwicklung der IPSAS als internationale Rechnungslegungsgrundsätze für den öffentlichen Bereich,<br />

die aus den bestehenden internationalen Standards der IFRS hervorgegangen sind. Inzwischen sind die<br />

IPSAS als eigenständige Grundsätze anzusehen und werden auf internationaler Ebene bereits angewendet.<br />

GEMEINDEORDNUNG 296


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Der Übernahme der GoB ging zudem auch eine Betrachtung und Bewertung der Aussagekraft von gemeindlichem<br />

Jahresabschluss und dem Gesamtabschluss der Gemeinde voraus. Beide Abschlüsse müssen unter Beachtung<br />

der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den entsprechenden tatsächlichen Verhältnissen Bild<br />

der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde als der wirtschaftliche Lage vermitteln, auch<br />

wenn beim gemeindlichen Gesamtabschluss die „Gesamtlage“ der Gemeinde im Blickfeld steht. In die Übernahmeprüfung<br />

wurde auch die mehrjährige Haushaltsplanung der Gemeinde, die insbesondere auf dem gemeindlichen<br />

Jahresabschluss aufbaut, einbezogen.<br />

Der im Rahmen des NKF zusätzlich entwickelte Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit erfordert die Verteilung<br />

von Nutzen und Lasten über die Generationen hinweg. Die Gemeinde muss daher bei ihrer Haushaltsplanung<br />

und im Jahresabschluss unter Beachtung der übrigen Haushaltsgrundsätze immer im Blick haben, ausreichende<br />

Handlungsmöglichkeiten für die künftigen Generationen zu erhalten. Dieser Grundsatz hat inzwischen<br />

Gesetzesrang erhalten, denn in § 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong> wird bestimmt, dass die Gemeinden in Verantwortung<br />

für die künftigen Generationen handeln. Diese gesetzliche Festlegung verstärkt die Ziele und Zwecke des<br />

NKF und stärkt damit die Reform des gemeindlichen Haushaltsrechts.<br />

2.3.2 Die Anwendung der GoB<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht stellt den gesetzlichen Rahmen für die Anwendung der GoB durch die Gemeinde<br />

dar. Die GoB dienen daher als Vorgaben für die Gemeinde, um die Zwecke und Ziele der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft zu erreichen, die in der gemeindlichen Haushaltsplanung sowie im Jahresabschluss der Gemeinde<br />

aufzuzeigen sind. Diese Vorgaben sind dabei umfassend zu verstehen und entsprechend anzuwenden.<br />

Gleichzeitig haben sich aber auch noch andere allgemeine Grundsätze als Konkretisierung des wirtschaftlichen<br />

Handelns der Gemeinde entwickelt, sodass die gemeindlichen Haushaltsgrundsätze einen geeigneten Rahmen<br />

für die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft durch die Gemeinde bieten.<br />

Mit allen haushaltsmäßigen Grundsätzen, einschließlich der GoB, steht der Gemeinde damit ein System zur Verfügung,<br />

das konzeptionell ein ordnungsmäßiges Handeln der Gemeinde im Rahmen des jährlich wiederkehrenden<br />

haushaltswirtschaftlichen Kreislaufs unterstützt und fördert. Die Weiterentwicklung der Grundsätze ist<br />

dadurch jedoch nicht ausgeschlossen. Auch wenn sich z.B. nicht jede Änderung oder Auslegung der GoB im<br />

handelsrechtlichen Sinne unmittelbar auf die Anwendung der GoB durch die Gemeinde im Sinne ihrer Haushaltswirtschaft<br />

auswirkt, bleiben diese Grundsätze gleichwohl zukunftsfähig im Sinne der gemeindlichen Haushaltswirtschaft.<br />

Von der Gemeinde sind die GoB in ihrer Anwendung auf die haushaltsrechtlichen Ziele, Inhalte<br />

und Zwecke auszurichten, soweit die Grundsätze nicht bereits durch einzelne haushaltsrechtliche Bestimmungen<br />

kodifiziert wurden (vgl. Abbildung).<br />

FUNDSTELLE<br />

§ 91 Absatz 2<br />

§ 92 Absatz 2<br />

§ 93 Absatz 1<br />

Gesetzliche Vorgaben zur Anwendung der GoB<br />

GEMEINDEORDNUNG 297<br />

REGELUNGSINHALTE<br />

Die Bewertung von Vermögen und Schulden ist unter Anwendung<br />

der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, soweit<br />

die Gemeindeordnung nichts anderes vorsieht, vorzunehmen.<br />

Die Gemeinde hat zu Beginn des Haushaltsjahres, in dem sie<br />

erstmals ihre Geschäftsvorfälle nach dem System der doppelten<br />

Buchführung erfasst, eine Eröffnungsbilanz unter Beachtung<br />

der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen.<br />

Die Buchführung in der Finanzbuchhaltung der Gemeinde


FUNDSTELLE<br />

§ 95 Absatz 1<br />

§ 116<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Gesetzliche Vorgaben zur Anwendung der GoB<br />

GEMEINDEORDNUNG 298<br />

REGELUNGSINHALTE<br />

muss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung so beschaffen sein, dass innerhalb einer angemessenen<br />

Zeit ein Überblick über die wirtschaftliche Lage der<br />

Gemeinde gegeben werden kann.<br />

Die Gemeinde hat einen Jahresabschluss aufzustellen, der<br />

unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild<br />

der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde vermitteln muss.<br />

Die Gemeinde hat einen Gesamtabschluss unter Beachtung<br />

der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen.<br />

Abbildung 19 „Gesetzliche Vorgaben zur Anwendung der GoB“<br />

Die sachliche Einbeziehung der GoB in die haushaltsrechtlichen Vorschriften zeigt in diesem Zusammenhang auf,<br />

dass die Haushaltswirtschaft der gemeindlichen Verwaltung sich grundsätzlich nicht von der Wirtschaftsführung<br />

der gemeindlichen Betriebe unterscheidet. Auch die einseitigen Leistungsbeziehungen der Gemeinde, z.B. in<br />

Form von erhaltenen Zuwendungen oder der Gewährung von sozialen Leistungen, geben keinen Anlass, in Anlehnung<br />

an die privatwirtschaftlich geprägten GoB eigenständige öffentlich-rechtlich geprägte Grundsätze zur<br />

Anwendung durch die Gemeinde zu entwickeln. Vielmehr wird im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

transparent, welche vielfältigen und engen Beziehungen zwischen der gemeindlichen Verwaltung und den<br />

Betrieben der Gemeinde im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung bestehen.<br />

2.4 Örtlich festzulegende Wertgrenzen<br />

Die gemeinderechtlichen Vorschriften zur Haushaltswirtschaft der Gemeinde enthalten eine Vielzahl von unbestimmten<br />

Rechtsbegriffen, die von der Gemeinde auszulegen und unter der Berücksichtigung örtlicher Gegebenheiten<br />

anzuwenden sind. Eine solche Festlegung macht das wirtschaftliche Handeln der Gemeinde nachvollziehbar,<br />

aber auch nachprüfbar. Als Beispiele dazu werden nachfolgend einige von der Gemeinde örtlich abzugrenzende<br />

Begriffe mit ihren Fundstellen aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

FUNDSTELLE<br />

§ 81 Absatz 2 Nummer 2<br />

§ 81 Absatz 3 Nummer 1<br />

Örtlich festzulegende Wertgrenzen<br />

REGELUNGSINHALTE<br />

Nachtragssatzung:<br />

Die Gemeinde hat unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen,<br />

wenn bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen<br />

oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen in einem im<br />

Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen<br />

erheblichen Umfang geleistet werden müssen.<br />

Nachtragssatzung<br />

Absatz 2 Nrn. 2 und 3 findet keine Anwendung auf geringfügige<br />

Investitionen und Instandsetzungen an Bauten, die unabweisbar<br />

sind.


FUNDSTELLE<br />

§ 88<br />

§ 91 Absatz 2 Nummer 2<br />

§ 116 Absatz 3<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Örtlich festzulegende Wertgrenzen<br />

GEMEINDEORDNUNG 299<br />

REGELUNGSINHALTE<br />

Rückstellungen:<br />

Für dem Grunde oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten,<br />

für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften oder laufenden<br />

Verfahren oder für bestimmte Aufwendungen hat die Gemeinde<br />

Rückstellungen in angemessener Höhe zu bilden.<br />

Inventur, Inventar und Vermögensbewertung:<br />

Für die im Jahresabschluss auszuweisenden Wertansätze gilt: …<br />

Rückstellungen nur in Höhe des Betrages anzusetzen, der voraussichtlich<br />

notwendig ist.<br />

Gesamtabschluss:<br />

In den Gesamtabschluss müssen verselbstständigte Aufgabenbereiche<br />

nach Absatz 2 nicht einbezogen werden, wenn sie für die<br />

Verpflichtung, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung<br />

sind.<br />

Abbildung 20 „Örtlich festzulegende Wertgrenzen“<br />

Besonders ist dabei zu beachten, dass es bei vielen dieser Rechtsbegriffe die Festlegung einer betragsmäßigen<br />

Abgrenzung durch die Gemeinde sachlich sinnvoll ist, um deren Anwendung in der gemeindlichen Praxis eindeutig<br />

und einheitlich sowie praktikabel zu gestalten.<br />

3. Die Neuausrichtung der örtlichen Steuerung<br />

Im Rahmen der Reform des gemeindlichen Haushaltsrechts soll die haushaltswirtschaftliche Steuerung durch die<br />

örtlich Verantwortlichen im Sinne der Ziele und Zwecke des NKF neu ausgerichtet werden. Bei einer solchen<br />

Neuausrichtung der örtlichen Steuerung gilt es, die politisch festgelegten Standards und Ziele sowie Ressourcen<br />

für die Sicherstellung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Gemeinde für Dritte erkennbar und nachvollziehbar<br />

zu machen. Ebenso muss die Einhaltung der Generationengerechtigkeit sichtbar werden sowie die Erfüllung der<br />

produktorientierten Aufgaben mit den dafür erforderlichen Finanzmitteln nachgewiesen werden.<br />

Die Ansätze für eine Verbesserung der örtlichen Steuerung können jedoch in Einzelfällen dazu führen, dass es<br />

einer Neuausrichtung des Verhältnisses von Rat und gemeindlicher Verwaltung bedarf. In der gemeindlichen<br />

Verwaltung sollte es dabei auch über die Produktorientierung zu einer eindeutigen und verursachungsgerechten<br />

Zuordnung von Verantwortlichkeiten kommen, insbesondere dann, wenn auch eine dezentrale Ressourcenverantwortung<br />

und eine Budgetbildung zur gemeindlichen Praxis gehören. Die Neuausrichtung der örtlichen Steuerung<br />

kann dabei auf einer Vielzahl von gemeinderechtlichen Vorschriften aufbauen, die auch der Unterstützung<br />

der örtlichen Steuerung dienen (vgl. Beispiele in der Abbildung).<br />

Steuerungsrelevante Vorschriften in der Gemeindeordnung<br />

FUNDSTELLE<br />

§ 75 Absatz 2<br />

§ 75 Absatz 6<br />

REGELUNGSINHALTE<br />

Der Haushalt muss jährlich ausgeglichen sein.<br />

Die Liquidität der Gemeinde einschließlich der Finanzierung der Inves-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Steuerungsrelevante Vorschriften in der Gemeindeordnung<br />

FUNDSTELLE<br />

§ 75 Absatz 7<br />

§ 79 Absatz 1<br />

§ 79 Absatz 2<br />

§ 84<br />

§ 88<br />

§ 89 Absatz 1<br />

§ 95 Absatz 1<br />

§ 96 Absatz 1<br />

§ 116<br />

REGELUNGSINHALTE<br />

titionen ist sicherzustellen.<br />

Die Gemeinde darf sich nicht überschulden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 300<br />

Der Haushaltsplan muss alle im Haushaltsjahr für die Erfüllung der<br />

Aufgaben der Gemeinde voraussichtlich anfallenden Erträge und<br />

eingehenden Einzahlungen, entstehenden Aufwendungen und zu<br />

leistenden Auszahlungen sowie die notwendigen Verpflichtungsermächtigungen<br />

enthalten.<br />

Der Haushaltsplan ist in einen Ergebnisplan und einen Finanzplan<br />

sowie in Teilpläne zu gliedern. Das Haushaltssicherungskonzept ist<br />

Teil des Haushaltsplans.<br />

Die Gemeinde hat ihrer Haushaltswirtschaft eine fünfjährige Ergebnis-<br />

und Finanzplanung zugrunde zu legen und in den Haushaltsplan einzubeziehen.<br />

Für dem Grunde oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten, für<br />

drohende Verluste aus schwebenden Geschäften oder laufenden<br />

Verfahren oder für bestimmte Aufwendungen hat die Gemeinde Rückstellungen<br />

in angemessener Höhe zu bilden.<br />

Die Gemeinde hat ihre Zahlungsfähigkeit durch eine angemessene<br />

Liquiditätsplanung sicherzustellen.<br />

Die Gemeinde hat zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres einen<br />

Jahresabschluss aufzustellen, in dem das Ergebnis der Haushaltswirtschaft<br />

des Haushaltsjahres nachzuweisen ist. Er muss unter Beachtung<br />

der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermitteln und ist zu erläutern.<br />

Der Jahresabschluss besteht aus der Ergebnisrechnung, der Finanzrechnung,<br />

den Teilrechnungen, der Bilanz und dem Anhang. Ihm ist<br />

ein Lagebericht beizufügen.<br />

Der Rat stellt bis spätestens 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr<br />

folgenden Jahres den vom Rechnungsprüfungsausschuss geprüften<br />

Jahresabschluss durch Beschluss fest. Zugleich hat er über die Verwendung<br />

des Jahresüberschusses oder die Behandlung des Jahresfehlbetrages<br />

zu beschließen.<br />

Die Gemeinde hat in jedem Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag<br />

31. Dezember einen Gesamtabschluss unter Beachtung der Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen. Dieser Abschluss<br />

besteht aus der Gesamtergebnisrechnung, der Gesamtbilanz und dem<br />

Gesamtanhang. Er ist um einen Gesamtlagebericht zu ergänzen. Der<br />

Rat hat den geprüften Gesamtabschluss durch einen eigenverantwortlichen<br />

Beschluss zu bestätigen.<br />

Abbildung 21 „Steuerungsrelevante Vorschriften in der Gemeindeordnung“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

4. Die Gliederung der haushaltsrechtlichen Vorschriften in der Gemeindeordnung<br />

Die Gliederung der haushaltsrechtlichen Vorschriften in der Gemeindeordnung folgt im Aufbau dem Grundgerüst,<br />

das inhaltlich in allen Ländern den Gemeindeordnungen zugrunde gelegt wird. Die neuen haushaltsrechtlichen<br />

Regelungen sind in den nachfolgend aufgezeigten Teilen der Gemeindeordnung enthalten (vgl. Abbildung).<br />

Haushaltsrechtliche Vorschriften in der Gemeindeordnung<br />

8. Teil<br />

Haushaltswirtschaft<br />

9. Teil<br />

Sondervermögen,<br />

Treuhandvermögen<br />

10. Teil<br />

Rechnungsprüfung<br />

12. Teil<br />

Gesamtabschluss<br />

GEMEINDEORDNUNG 301<br />

§ 75 Allgemeine Haushaltsgrundsätze<br />

§ 76 Haushaltssicherungskonzept<br />

§ 77 Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung<br />

§ 78 Haushaltssatzung<br />

§ 79 Haushaltsplan<br />

§ 80 Erlass der Haushaltssatzung<br />

§ 81 Nachtragssatzung<br />

§ 82 Vorläufige Haushaltsführung<br />

§ 83 Überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen<br />

und Auszahlungen<br />

§ 84 Mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung<br />

§ 85 Verpflichtungsermächtigungen<br />

§ 86 Kredite<br />

§ 87 Sicherheiten und Gewährleistung für Dritte<br />

§ 88 Rückstellungen<br />

§ 89 Liquidität<br />

§ 90 Vermögensgegenstände<br />

§ 91 Inventur, Inventar und Vermögensbewertung<br />

§ 92 Eröffnungsbilanz<br />

§ 93 Finanzbuchhaltung<br />

§ 94 Übertragung der Finanzbuchhaltung<br />

§ 95 Jahresabschluss<br />

§ 96 Feststellung des Jahresabschlusses und Entlastung<br />

§ 97 Sondervermögen<br />

§ 98 Treuhandvermögen<br />

§ 99 Gemeindegliedervermögen<br />

§ 100 Örtliche Stiftungen<br />

§ 101 Prüfung des Jahresabschlusses, Bestätigungsvermerk<br />

§ 102 Örtliche Rechnungsprüfung<br />

§ 103 Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

§ 104 Leitung und Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

§ 105 Überörtliche Prüfung<br />

§ 116 Gesamtabschluss<br />

§ 117 Beteiligungsbericht<br />

§ 118 Vorlage- und Auskunftspflichten<br />

Abbildung 22 „Haushaltsrechtliche Vorschriften in der Gemeindeordnung“<br />

5. Die Muster zu Vorschriften der Gemeindeordnung<br />

Die haushaltsrechtlichen Vorschriften in der Gemeindeordnung werden nicht nur durch die Gemeindehaushaltsverordnung<br />

näher ausgestaltet. Sie werden auch nach Bedarf durch allgemeine Runderlasse des Innenministeriums<br />

ergänzt. Im Rahmen der Bestimmungen über die Ausführung der Gemeindeordnung hat das Innenministerium<br />

von der in § 133 GO <strong>NRW</strong> enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht und hat Muster für die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft veröffentlicht (vgl. Runderlass des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

Zu einzelnen Vorschriften der Gemeindeordnung wurden folgende Muster veröffentlicht (vgl. Abbildung).


VORSCHRIFT<br />

Muster zu § 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Muster zu § 81 GO <strong>NRW</strong><br />

Muster zu § 56 GO <strong>NRW</strong><br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

Die Muster zu Vorschriften der Gemeindeordnung<br />

VERWENDUNG<br />

GEMEINDEORDNUNG 302<br />

ANLAGE<br />

ZUM RUNDERLASS<br />

Haushaltssatzung Anlage 1<br />

Nachtragssatzung Anlage 2<br />

Zuwendungen an Fraktionen Anlage 12<br />

Abbildung 23 „Die Muster zu Vorschriften der Gemeindeordnung“<br />

Der Gemeinde wird grundsätzlich empfohlen, für ihre Haushaltswirtschaft die Muster zu verwenden, die das Innenministerium<br />

veröffentlicht hat. Sie muss aus Gründen der Vergleichbarkeit der gemeindlichen Haushalte jedoch<br />

auch Muster verwenden, die für verbindlich erklärt worden sind. Es handelt sich dabei insbesondere um<br />

Muster für die Gestaltung der gemeindlichen Haushaltssatzung (vgl. § 133 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Muster zur<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung und zur Nachtragssatzung sind daher für verbindlich erklärt worden.<br />

6. Keine gesonderten öffentlichen Buchführungsgrundsätze<br />

Im Rahmen der Reform des Gemeindehaushaltsrechts ist oftmals festgestellt worden, dass trotz vieler bestehender<br />

Gemeinsamkeiten in der Wirtschaftsführung der Gemeinde und der Privatwirtschaft einige Unterschiede zwischen<br />

dem öffentlichen Haushaltsrecht und der Rechnungslegung nach dem Handelsgesetzbuch erhalten bleiben.<br />

Gleichwohl lassen es die Zielsetzungen und die besonderen Gegebenheiten bei den Gemeinden sowie die<br />

Ressourcenbetrachtung in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft nicht notwendig werden, gesonderte öffentliche<br />

Buchführungsgrundsätze für die Erfassung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle nach dem System der doppelten<br />

Buchführung zu konzipieren. Gesonderte „öffentliche“ Grundsätze sind jedoch gleichwohl in anderen Ländern<br />

entstanden. Im Land Rheinland-Pfalz wurden z. B. „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung für Gemeinden“<br />

veröffentlicht (vgl. § 93 Absatz 2 der GemO RP). In der Literatur wurden ebenfalls „Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

öffentlicher Buchführung“ vorgestellt und deren Anwendung öffentlich gemacht.<br />

Das Land Nordrhein-Westfalen verfolgt diesen Weg nicht, sondern bindet in das NKF, entsprechend dem Handelsrecht<br />

als Referenzmodell, die dort verankerten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ein. Es geht<br />

dabei u.a. von der gesamtwirtschaftlichen Lage der Gemeinde aus, die aus der Geschäftstätigkeit der gemeindlichen<br />

Verwaltung und der einzelnen gemeindlichen Betriebe entsteht. In die Entscheidung über die Art und Anzahl<br />

der Buchführungsgrundsätze sind daher nicht nur die Ziele und Zwecke der haushaltswirtschaftlichen Tätigkeit<br />

der gemeindlichen Verwaltung als wichtigste Organisationseinheit der Gemeinde eingeschlossen worden.<br />

Unter einem Gesamtbilde der gemeindlichen Aufgabenerfüllung wurde vielmehr berücksichtigt, dass die Gemeinde<br />

i.d.R. noch über eine Vielzahl von (öffentlich-rechtlich und privatwirtschaftlich organisierten) Betrieben verfügt,<br />

die ebenfalls die Ziele und Zwecke der Gemeinde (öffentlicher Zweck) im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit verfolgen<br />

müssen. Andererseits ließen die sich in der Privatwirtschaft etablierten GoB auch problemlos in den gemeindlichen<br />

Bereich übertragen, ohne dass die Ziele und Zwecke des gemeindlichen Haushaltsrechts bzw. des<br />

haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde dadurch eingeschränkt werden.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ


1. Allgemeines<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

8. Teil<br />

Haushaltswirtschaft<br />

Die Aufgabe „Haushaltswirtschaft“ stellt für die Gemeinde eine allgemeine Aufgabe im Rahmen ihrer Selbstverwaltung<br />

sowie unverzichtbare Grundlage für ihr wirtschaftliches Handeln dar (vgl. § 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Sie ermöglicht<br />

insbesondere die Erfüllung von örtlichen Sach- und Fachaufgaben mit bedeutenden finanzwirtschaftlichen<br />

Auswirkungen für die Gemeinde. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft ist daher so zu planen und zu führen,<br />

dass die stetige Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde gesichert ist. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft ist<br />

außerdem wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen, damit die gemeindliche Leistungsfähigkeit dauerhaft<br />

gesichert ist (vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde hat die Haushaltswirtschaft in eigener Verantwortung und unter Berücksichtigung der örtlichen<br />

Verhältnisse näher auszugestalten. Sie ist daher im Rahmen der haushaltsrechtlichen Vorgaben gefordert, dafür<br />

die sachlich und fachlich sowie organisatorisch erforderlichen Maßnahmen in eigener Verantwortung zu treffen.<br />

Eine Beteiligung der Öffentlichkeit an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ist dabei unverzichtbar. Der achte<br />

Teil der Gemeindeordnung (GO <strong>NRW</strong>) enthält dazu die gesetzlichen Grundlagen für die gesamte Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde, von der Haushaltsplanung über die Ausführung der Haushaltswirtschaft bis zur Feststellung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses.<br />

Mit dem NKF wurde die periodengerechte Erfassung des Ressourcenaufkommens und des Ressourcenverbrauchs<br />

in diesen Vorschriften verankert, sodass der tatsächliche Werteverzehr des gemeindlichen Vermögens<br />

von der Gemeinde zu erfassen und über die jährlichen Abschreibungen aufzuzeigen ist. Durch die Einbeziehung<br />

der Produktorientierung in den jährlichen Haushalt der Gemeinde wird zudem eine Verknüpfung zwischen den<br />

verfügbaren Ressourcen und der gemeindlichen Aufgabenerfüllung sowie den Leistungen der Gemeinde hergestellt.<br />

Die gemeindliche Haushaltspolitik muss daher auch auf das Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit ausgerichtet<br />

werden. Die Gemeinde soll deshalb jährlich erreichen, dass die Aufwendungen des Haushaltsjahres<br />

durch Erträge derselben Periode gedeckt werden, um nachfolgende Generationen nicht zu überlasten (vgl. § 75<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Im gemeindlichen Haushaltsplan stellen die Rechengrößen „Erträge“ und „Aufwendungen“ den geeigneten Buchungsstoff<br />

für den Ergebnisplan (Veranschlagung) und für die Ergebnisrechnung (Nachweis) der Gemeinde dar.<br />

Sie sind die zutreffenden Größen für eine gemeindliche „Reinvermögensrechnung“, die das Geldvermögen und<br />

das Sachvermögen der Gemeinde betrifft, wenn ein Vorgang oder Geschäftsvorfall der Gemeinde das gemeindliche<br />

Eigenkapital erhöht oder vermindert (Erhöhung: Ertrag; Verminderung; Aufwand). Die Rechengrößen „Erträge“<br />

und „Aufwendungen“ sind daher von zentraler Bedeutung für die jährliche Ergebnisermittlung. Die Gemeinde<br />

sollte auch die internen Leistungsbeziehungen erfassen, um ein vollständiges Bild über das Ressourcenaufkommen<br />

und den Ressourcenverbrauch im Haushaltsjahr zu erhalten (vgl. § 4 i.V.m. § 17 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Für die Planung der gemeindlichen Finanzmittel im Finanzplan des Haushaltsplans und für den Nachweis in der<br />

Finanzrechnung im Jahresabschluss kommen die durch das NKF eingeführten Rechengrößen „Einzahlungen“<br />

und „Auszahlungen“ zur Anwendung. Der Finanzplan und die Finanzrechnung der Gemeinde sollen z. B. Auskunft<br />

über die tatsächliche finanzielle Lage der Gemeinde geben und dabei auch die Finanzierungsquellen sowie<br />

die Veränderung des Zahlungsmittelbestandes der Gemeinde (Liquide Mittel) im Haushaltsjahr aufzeigen.<br />

Dadurch wird die Finanzrechnung zu einer Mittelherkunfts- und Mittelverwendungsrechnung der Gemeinde, bei<br />

der die Zahlungsströme ausschlaggebend sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 303


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Bei der Erfassung der Einzahlungen und Auszahlungen durch die Gemeinde findet das Kassenwirksamkeitsprinzip<br />

als Liquiditätsänderungsprinzip eine entsprechende Anwendung. Unter den finanzbezogenen Haushaltspositionen<br />

sind daher nur Beträge aus dem gemeindlichen Zahlungsverkehr zu erfassen, die eine Änderung der Liqui-<br />

dität der Gemeinde bewirken. Die Zahlungen der Gemeinde für ihre Investitionsmaßnahmen sind dabei jedoch<br />

getrennt von den Zahlungen für die laufende Verwaltungstätigkeit der Gemeinde zu erfassen. Der Grundsatz der<br />

Sicherstellung der Liquidität einschließlich der Finanzierung der gemeindlichen Investitionen hat deshalb eine<br />

erhebliche Bedeutung für die Gemeinde (vgl. § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der gemeindlichen Bilanzierung nach dem NKF sind alle wirtschaftlichen Sachverhalte der Gemeinde und die<br />

gemeindlichen Geschäftsvorfälle danach zu untersuchen, ob sie in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen bzw. zu<br />

bilanzieren sind (Bilanzierung dem Grunde nach). Es ist dabei zu prüfen und zu entscheiden, mit welchem betragsmäßigen<br />

Wertansatz ein Vermögensgegenstand oder eine Verpflichtung in der Bilanz der Gemeinde anzusetzen<br />

ist (Bilanzierung der Höhe nach). Die Gemeinde hat dazu auch festzulegen, an welcher Stelle der gemeindlichen<br />

Bilanz ein Wertansatz auszuweisen ist (Bilanzierung dem Ausweis nach).<br />

Die Gemeinde hat daher ihre Bilanz nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung klar und übersichtlich<br />

aufzustellen und darin das gemeindliche Vermögen und die Schulden der Gemeinde gegenüberzustellen. Über<br />

die gemeindliche Bilanz werden somit die Veränderungen des Eigenkapitals der Gemeinde abgebildet. Dieses ist<br />

ein Ansatz, der sehr transparent die Gesamtwirkung des wirtschaftlichen Handelns der Gemeinde im Haushaltsjahr<br />

aufzeigt. Es wird nicht nur Werteverzehr als gemeindliche Aufwendungen vollständig offen gelegt und berücksichtigt,<br />

sondern auch die Ertragskraft der Gemeinde wird erfasst und nachgewiesen. In den Fällen jedoch, in<br />

denen die Aufwendungen die Erträge übersteigen, verringert sich das Eigenkapital der Gemeinde und es kann<br />

ggf. eine genehmigungspflichtige Verringerung der allgemeinen Rücklage erforderlich werden (vgl. § 75 Absatz 4<br />

GO <strong>NRW</strong>). Das gemeindliche Eigenkapital soll jedoch nicht aufgezehrt werden, d.h., die Gemeinde darf sich nicht<br />

überschulden (vgl. § 75 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2. Die Rahmenbegriffe „Haushaltswirtschaft“ und „Haushalt“<br />

2.1 Der Rahmenbegriff „Haushaltswirtschaft<br />

In den haushaltsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung ist der Rahmenbegriff „Haushaltswirtschaft“ (der<br />

Gemeinde) nicht definiert worden. Er steht aber immer im Zusammenhang mit der Verwendung der Bezeichnung<br />

„Haushalt“, z.B. „Der Haushalt muss in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein“ (vgl. § 75 Absatz<br />

2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Nach allgemeiner Auffassung fallen daher unter den Begriff „Haushaltswirtschaft“ alle<br />

Dinge und Tätigkeiten der Gemeinde, die zur Vorbereitung, Ausführung und Abrechnung ihrer jährlichen Haushaltswirtschaft<br />

gehören, z. B. die Aufstellung und Ausführung des Ergebnisplans, des Finanzplans und der Teilpläne<br />

im gemeindlichen Haushaltsplan (vgl. § 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Zur Haushaltswirtschaft der Gemeinde gehört aber auch die Verwaltung des gemeindlichen Vermögens und der<br />

Schulden (vgl. § 90 GO <strong>NRW</strong>). Ebenso gehört die Aufstellung und Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

mit seinen Bestandteilen „Ergebnisrechnung“, „Finanzrechnung“, „Teilrechnungen“, „Bilanz“ und „Anhang“<br />

unverzichtbar dazu (vgl. §§ 95 und 96 GO <strong>NRW</strong>). Die Vorbereitung, Aufstellung und Bestätigung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses ist aber auch dazu zu zählen (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.2 Der Rahmenbegriff „Haushalt“<br />

Der Rahmenbegriff „Haushalt“ kann im gemeindlichen Haushaltsrecht als ein Teilbereich des Rahmenbegriffs<br />

„Haushaltswirtschaft“ betrachtet werden. Der Begriff umfasst insbesondere die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen<br />

der Gemeinde, aufgrund derer jährlich die gemeindliche Haushaltswirtschaft geplant, ausgeführt und abge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 304


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

rechnet wird. Der Begriff „Haushalt“ umfasst daher die gemeindliche Haushaltssatzung mit dem Haushaltsplan,<br />

der einen Ergebnisplan, einen Finanzplan und Teilpläne enthält (vgl. § 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Er umfasst auch<br />

den gemeindlichen Jahresabschluss, der aus der Ergebnisrechnung, der Finanzrechnung, den Teilrechnungen,<br />

der Bilanz und dem Anhang besteht (vgl. § 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Ebenso gehört der gemeindliche Gesamtabschluss<br />

dazu, der aus der Gesamtergebnisrechnung, der Gesamtbilanz und dem Gesamtanhang besteht (vgl. §<br />

116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Der Haushalt der Gemeinde ist und bleibt dabei das zentrale Steuerungs- und Rechenschaftsinstrument<br />

für den Rat und die Verwaltung in der Gemeinde. Nachfolgend wird der Begriff „Haushalt“ anhand<br />

der gemeindlichen Verwaltung dargestellt (vgl. Abbildung).<br />

Haus-<br />

halts-<br />

satzung<br />

Haushaltsplan<br />

Ergebnis-<br />

plan<br />

Finanz-<br />

plan<br />

Produktorientierte<br />

Teilpläne<br />

Der Begriff „Haushalt“<br />

Anlagen<br />

GEMEINDEORDNUNG 305<br />

Ergebnis-<br />

rechnung<br />

Jahresabschluss<br />

Finanz-<br />

rechnung<br />

Teilrechnungen<br />

Bilanz<br />

Bewirtschaftungsregeln Bewertungs- und Bilanzierungsregeln<br />

Abbildung 24 „Der Haushalt der Gemeinde“<br />

Anhang<br />

Lage-<br />

bericht<br />

Die Abwicklung der Haushaltswirtschaft durch die Gemeinde vollzieht sich dabei regelmäßig in einem Zeitraum<br />

von drei Jahren. Sie beginnt mit dem Jahr vor dem eigentlichen Haushaltsjahr (Vorjahr), in dem die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen aufzustellen und vom Rat der Gemeinde zu beschließen ist (vgl. §§ 78 bis 80<br />

GO <strong>NRW</strong>). Im Haushaltsjahr wird der gemeindliche Haushaltsplan ausgeführt und die daraus entstehenden gemeindlichen<br />

Geschäftsvorfälle buchungstechnisch erfasst, denn die gemeindliche Haushaltswirtschaft ist jedes<br />

Haushaltsjahr „abzurechnen.“ Nach Ablauf des Haushaltsjahres ist von der Gemeinde, bezogen auf den Abschlussstichtag<br />

31. Dezember des Haushaltsjahres, ein Jahresabschluss sowie ein Gesamtabschluss aufzustellen<br />

und bis zum Ende des Folgejahres festzustellen bzw. zu bestätigen (vgl. §§ 95, 96 GO und 116 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.3 Die Leitgedanken der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

In der Gemeindeordnung sind besondere Leitgedanken verankert worden, die für die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

eine besondere Bedeutung haben. Aus den Regelungen über die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

lassen sich sachliche Ziele und Erfordernisse ableiten, soweit nicht haushaltsrechtliche Vorschriften die Leitgedanken<br />

wörtlich beinhalten. Insbesondere im 8. Teil der Gemeindeordnung sind wichtige Leitgedanken enthalten,<br />

z.B. als Haushaltsgrundsätze zur gemeindlichen Haushaltsplanung und Haushaltsausführung. Wichtige Leitgedanken<br />

für die gemeindliche Haushaltswirtschaft werden nachfolgend aufgeführt (vgl. Abbildung).<br />

Die Leitgedanken der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen,<br />

dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die Leitgedanken der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

Die Organe der Gemeinde handeln zugleich in Verantwortung<br />

für die künftigen Generationen.<br />

Die Haushaltswirtschaft der Gemeinde<br />

ist wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen.<br />

Der Haushaltausgleich muss jährlich<br />

(i.V.m. mit dem Eigenkapital) erreicht werden.<br />

Die Gemeinden haben ihr Vermögen und ihre Einkünfte so zu verwalten,<br />

dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben.<br />

Die Liquidität der Gemeinde<br />

einschließlich der Finanzierung der Investitionen ist sicherzustellen.<br />

Eine Überschuldung der Gemeinde<br />

ist nicht zulässig.<br />

Die Aufsicht des Landes schützt die Gemeinden in ihren Rechten<br />

und sichert die Erfüllung ihrer Pflichten.<br />

Abbildung 25 „Die Leitgedanken der gemeindlichen Haushaltswirtschaft“<br />

Bei diesen Leitgedanken sind auch die Rechte der Gemeindeorgane, z.B. des Rates der Gemeinde, zu beachten<br />

bzw. deren Entscheidungen müssen sich an den aufgeführten Leitgedanken ausrichten.<br />

3. Der Finanzausschuss des Rates<br />

3.1 Gesetzliche Aufgaben<br />

Der Rat der Gemeinde soll zur Entlastung und Erleichterung seiner Arbeit die notwendigen Ausschüsse bilden<br />

(vgl. § 57 GO <strong>NRW</strong>). Als einen von drei Pflichtausschüssen hat er den Finanzausschuss zu bilden (vgl. § 57 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong>). Dieser Ausschuss hat wie die anderen Ausschüsse des Rates die allgemeine Aufgabe, die<br />

Beschlüsse des Rates sachverständig vorzubereiten, Stellungnahmen und Empfehlungen abzugeben. Der Finanzausschuss<br />

soll insbesondere wichtige Fragen der gemeindlichen Verwaltung zur Haushaltswirtschaft vorberaten,<br />

denn eine Ausschussarbeit ermöglicht, Einzelfragen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft intensiver zu<br />

beraten. Er hat aber auch die gesetzliche Aufgabe, die Haushaltssatzung der Gemeinde vorzubereiten und die für<br />

die Ausführung des Haushaltsplans erforderlichen Entscheidungen zu treffen, soweit nicht andere Ausschüsse<br />

zuständig sind (vgl. § 59 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Tätigkeit des Finanzausschusses kann sich z.B. auf folgenden<br />

Beratungsangelegenheiten erstrecken (vgl. Abbildung).<br />

Allgemeine Beratungsangelegenheiten:<br />

Die Tätigkeiten des Finanzausschusses<br />

- haushaltswirtschaftliche Entscheidungen, die dem Rat vorbehalten sind (vgl. § 41 GO <strong>NRW</strong>),<br />

GEMEINDEORDNUNG 306


Allgemeine Beratungsangelegenheiten:<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die Tätigkeiten des Finanzausschusses<br />

- Satzungen, in denen Steuern, Gebühren oder Beiträge festgesetzt werden,<br />

- Festsetzung von Entgelten für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen,<br />

- Abschluss von gerichtlichen und außergerichtlichen Vergleichen,<br />

- Neubau, Ausbau, Umbau, Sanierung und Gestaltung von Hochbauten der Gemeinde,<br />

- Vorlagen mit Auswirkungen auf die wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigung der<br />

Gemeinde in Form gemeindlicher Betriebe,<br />

- Vorberatung von Wirtschaftsplänen, Finanzplanungen und Jahresabschlüssen der Betriebe.<br />

Abbildung 26 „Die Tätigkeiten des Finanzausschusses“<br />

Der Finanzausschuss kann die für seine Tätigkeit notwendige Aufklärung sowie eine Einsichtnahme in gemeindliche<br />

Unterlagen vom Bürgermeister verlangen, die für eine sorgfältige Vorbereitung der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

und des Jahresabschlusses sowie des Gesamtabschlusses der Gemeinde, aber auch für Entscheidungen<br />

über die Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans notwendig sind. Diese Rechte stehen dem Finanzausschuss<br />

insgesamt als Gremium zu, jedoch und nicht dem einzelnen Ausschussmitglied. Dem Ausschuss<br />

kommt damit eine Tätigkeit zu, die zur Erhöhung der Effektivität und Effizienz der Arbeit des Rates der Gemeinde<br />

beiträgt. Der Rat der Gemeinde kann z.B. nicht über den Entwurf der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen einen<br />

Beschluss fassen, ohne zuvor seinen Finanzausschuss beteiligt zu haben.<br />

3.2 Weitere Beratungsaufgaben<br />

Nach den gesetzlichen Vorschriften ist dem Finanzausschuss bisher nur die Vorbereitung die Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde ausdrücklich zugeordnet (vgl. § 59 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Jedoch ist es aufgrund des haushaltswirtschaftlichen<br />

Stellenwertes des Jahresabschlusses (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>) geboten, dass bei örtlichem<br />

Bedarf sich der Finanzausschuss auch über das geprüfte Ergebnis der Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres<br />

in Form der Abschlussprüfung des Jahresabschlusses informiert. Er kann damit einen Bezug zu seinen Beratungen<br />

zur gemeindlichen Haushaltssatzung des gleichen oder künftiger Jahre herstellen.<br />

In diesem Zusammenhang bietet sich eine Vorberatung über den geprüften Jahresabschluss der Gemeinde vor<br />

dessen Feststellung durch den Rat der Gemeinde an. In welchem Umfang eine solche Beratung umsetzbar ist,<br />

muss örtlich von jeder Gemeinde eigenverantwortlich geklärt werden. Ein Beratungsbedarf kann ggf. auch beim<br />

gemeindlichen Gesamtabschluss bestehen, den der Rat der Gemeinde zu bestätigen hat (vgl. § 116 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Dem Finanzausschuss kommt insgesamt eine entscheidungsvorbereitende Tätigkeit für den Rat der Gemeinde<br />

in haushaltswirtschaftlichen Fragen und Sachverhalten zu. Seine Arbeit soll u.a. zur Erhöhung der Effektivität<br />

und Effizienz der Arbeit des Rates beitragen. Sie steht nicht den Prüfungspflichten des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

entgegen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 307


4. Der Verwaltungsvorstand<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

In Gemeinden, in denen Beigeordnete bestellt sind, bilden diese zusammen mit dem Bürgermeister und dem<br />

Kämmerer einen Verwaltungsvorstand (vgl. § 70 GO <strong>NRW</strong>). Der Verwaltungsvorstand wirkt insbesondere bei den<br />

in der Vorschrift benannten Aufgabenfeldern mit, z.B. bei der Aufstellung des gemeindlichen Haushaltsplans,<br />

unbeschadet der Rechte des Kämmerers nach § 80 GO <strong>NRW</strong>. Diese Aufgabe hat eine wichtige Bedeutung, denn<br />

bei der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr muss eine grundsätzliche Einheitlichkeit<br />

der Verwaltungsführung bestehen.<br />

In der Vorschrift ist dem Verwaltungsvorstand bisher jedoch nur die Aufstellung des Haushaltsplans als Vorbereitung<br />

die Haushaltssatzung der Gemeinde ausdrücklich zugeordnet worden. Die haushaltswirtschaftlichen Stellenwerte<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses der Gemeinde erfordern eine der<br />

Haushaltsplanung gleichwertige Behandlung. Der Verwaltungsvorstand wäre daher auch an der Aufstellung des<br />

Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses zu beteiligen, wie es gleichfalls für den Finanzausschuss sachlich<br />

sinnvoll ist.<br />

5. Aufgaben und Rechte des Kämmerers<br />

5.1 Die Stellung des Kämmerers<br />

In den Gemeinden ist muss regelmäßig ein Kämmerer tätig sein, damit die ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben<br />

vor Ort ordnungsgemäß erfüllt werden (vgl. z. B. § 80 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). In dessen Verantwortung liegt das<br />

gemeindliche Finanzwesen bzw. hat er die Finanzverantwortung in der Gemeinde inne. Dem Kämmerer sind<br />

dafür hinsichtlich seiner haushaltswirtschaftlichen Verantwortung gesetzlich besondere Pflichten auferlegt und<br />

besondere Rechte zugestanden worden. Ihm stehen dadurch auch eigene Entscheidungs- und Vertretungsrechte<br />

zu, z. B. eine abweichende Stellungnahme zum Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung abzugeben, wenn<br />

der Bürgermeister im Rahmen seiner Bestätigung des Entwurfs noch Änderungen daran vorgenommen hat (vgl. §<br />

80 GO Absatz 2 <strong>NRW</strong>). Der Kämmerer nimmt dabei hinsichtlich seiner Aufgaben und Funktion eine besondere<br />

Stellung in der gemeindlichen Verwaltung ein.<br />

Diese Besonderheiten wurden vom Gesetzgeber als so gewichtig angesehen, dass in kreisfreien Städten ein<br />

Beigeordneter als Stadtkämmerer zu bestellen ist (vgl. § 71 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). Es ist deshalb auch gesetzlich<br />

bestimmt worden, dass der Kämmerer ein Mitglied des Verwaltungsvorstands der Gemeinde ist (vgl. § 70 Absatz<br />

1 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinden, die nicht einen Beigeordneten als Stadtkämmerer bestellen müssen, können in<br />

eigener Abwägung und Verantwortung entscheiden, ob sie für die Erledigung der Aufgaben der gemeindlichen<br />

Finanzwirtschaft für den „Kämmerer“ eine Beigeordnetenstelle einrichten oder diese Aufgabe einem Lebenszeitbeamten<br />

übertragen. In den Fällen, in denen auf die Einrichtung einer Beigeordnetenstelle verzichtet wird, ist es<br />

dann eine Aufgabe des Bürgermeisters im Rahmen seines Organisationsrechtes zu entscheiden, in welchem<br />

Umfang die örtliche Finanzverantwortung vom Kämmerer getragen werden soll (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Das Recht des Bürgermeisters, die Geschäfte zu verteilen, besteht auch hinsichtlich der Festlegung des Aufgabenbereiches<br />

des Kämmerers, vergleichbar dem Recht des Rates der Gemeinde, den Geschäftskreis der Beigeordneten<br />

bzw. des Kämmerers bestimmen zu können (vgl. § 62 Absatz 1 Satz 3 und § 73 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Durch den Bürgermeister der Gemeinde ist daher eine Festlegung hinsichtlich der Finanzverantwortung der<br />

Kämmerer dahingehend zutreffen, ob diese auch Rechte umfassen soll, die das Budgetrecht des Rates berühren.<br />

Eine solche Festlegung setzt dabei voraus, dass eine haushaltsrechtliche Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Aufgabenverteilung<br />

besteht (vgl. z. B. § 83 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>9.<br />

Aus diesem Grunde wird zwischen einem „bestellten“ und einem „beauftragten“ Kämmerer unterschieden. Bei<br />

einem „bestellten“ Kämmerer beinhaltet die örtliche Finanzverantwortung auch die Entscheidungsbefugnis über<br />

GEMEINDEORDNUNG 308


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

außer- und überplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen, über außer- und überplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen<br />

und auch über den Erlass einer Haushaltssperre (vgl. §§ 83 und 85 GO <strong>NRW</strong> und § 24 GemH-<br />

VO <strong>NRW</strong>). Außerdem obliegt einem bestellten Kämmerer die Aufsicht über die gemeindliche Finanzbuchhaltung<br />

(vgl. § 31 GemHVO <strong>NRW</strong>). Einem „beauftragten“ Kämmerer stehen dagegen diese Befugnisse sowie die benannte<br />

Aufsichtsfunktion nicht zu. Diese Aufgaben obliegen dann dem Bürgermeister.<br />

In diesem Zusammenhang ist es sachgerecht, auch eine örtliche Vertretungsregelung für den Fall der Verhinderung<br />

des Kämmerers unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten zu erlassen. Dabei ist z. B. bei einem<br />

bestellten Kämmerer auch festzulegen, ob dem Vertreter ebenfalls der volle Umfang der Entscheidungsbefugnisse<br />

des Kämmerers zusteht. Bei einem bestellten Kämmerer kann sich der Bürgermeister nicht die zuvor benannten<br />

Entscheidungsbefugnisse für Vertretungsfälle vorbehalten, denn diese Befugnis steht gesetzlich dem bestellten<br />

Kämmerer bzw. dann seinem Vertreter zu. Die Entscheidungsbefugnisse stehen dem Bürgermeister nur bei<br />

einem beauftragten Kämmerer und dann aufgrund der haushaltsrechtlichen Bestimmungen zu. Durch die Verhinderung<br />

eines beauftragten Kämmerers werden deshalb die genannten Entscheidungsbefugnisse des Bürgermeisters<br />

nicht berührt.<br />

In kreisfreien Städten, wo ein vom Rat gewählter Beigeordneter als Stadtkämmerer zu bestellen ist (vgl. § 71<br />

Absatz 1 und 4 GO <strong>NRW</strong>), kann die Vertretungsregelung auf Beigeordnete beschränkt werden. Es sollte dabei<br />

klargestellt werden, ob die Vertretung auch die gesetzlich bestimmte Mitgliedschaft des Kämmerers im Verwaltungsvorstand<br />

der Gemeinde umfasst (vgl. § 70 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). An der örtlichen Vertretungsregelung sollte<br />

wegen der Bestellung eines gewählten Beigeordneten zum Stadtkämmerer der Rat der Stadt beteiligt werden,<br />

auch wenn ein Lebenszeitbeamter als Vertreter in Betracht kommt.<br />

5.2 Die Aufgaben des Kämmerers<br />

Der Kämmerer der Gemeinde muss alle ihm durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen. Wegen seiner<br />

Finanzverantwortung für die Gemeinde umfasst sein Arbeitsgebiet die gesamte gemeindliche Verwaltung. Zur<br />

Durchführung seiner örtlichen Aufgaben kann er von den ihm zustehenden gesetzlichen Rechten nach Bedarf<br />

Gebrauch machen. Zu den Rechten und Pflichten bzw. Aufgaben des gemeindlichen Kämmerers ist grundsätzlich<br />

Folgendes zu zählen (vgl. Abbildung).<br />

Die Aufgaben des Kämmerers der Gemeinde<br />

AUFGABEN<br />

Mitgliedschaft im Verwaltungsvorstand.<br />

Aufstellung des Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen.<br />

Recht zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme, soweit der<br />

Bürgermeister von ihm vorgelegten Entwurf abweicht.<br />

Recht, seine abweichende Meinung zur Haushaltssatzung in den<br />

Beratungen des Rates zu vertreten.<br />

Aufstellung einer Nachtragssatzung.<br />

Entscheidung über die Leistung über- und außerplanmäßiger Aufwendungen<br />

und Auszahlungen, soweit der Rat keine andere Regelung<br />

getroffen hat.<br />

GEMEINDEORDNUNG 309<br />

VORSCHRIFTEN<br />

§ 70 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 80 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 80 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 80 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong>


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die Aufgaben des Kämmerers der Gemeinde<br />

AUFGABEN<br />

Entscheidung über außer- und überplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen.<br />

Aufstellung des Jahresabschlusses.<br />

Recht zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme, soweit der<br />

Bürgermeister von ihm vorgelegten Entwurf abweicht.<br />

Recht, seine abweichende Meinung zum Jahresabschluss in den<br />

Beratungen des Rates zu vertreten.<br />

Aufstellung des Gesamtabschlusses.<br />

Recht zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme, soweit der<br />

Bürgermeister von ihm vorgelegten Entwurf abweicht.<br />

Recht, seine abweichende Meinung zum Jahresabschluss in den<br />

Beratungen des Rates zu vertreten.<br />

Aussprechen einer haushaltswirtschaftlichen Sperre.<br />

Aufsicht über die Finanzbuchhaltung, sofern nicht als Verantwortlicher<br />

für die Finanzbuchhaltung nach § 93 Abs. 2 GO <strong>NRW</strong> bestellt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 310<br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong><br />

VORSCHRIFTEN<br />

§ 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 5 i.V.m. § 95 Absatz 3<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 1 i.V.m. § 95 Absatz 3<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz 1<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

§ 24 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 31 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 27 „Die Aufgaben des Kämmerers der Gemeinde“<br />

Zu den örtlichen Aufgaben des Kämmerers gehört insbesondere im Falle einer vorläufigen Haushaltsführung der<br />

Gemeinde der Erlass der notwendigen haushaltswirtschaftlichen Regelungen als Ersatz für die fehlende bzw.<br />

noch nicht in Kraft getretene Haushaltssatzung (vgl. § 82 GO <strong>NRW</strong>). In dieser Zeit muss der Kämmerer die notwendigen<br />

Maßnahmen ergreifen, damit die Fortführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im neuen Haushaltsjahr<br />

gesichert ist.<br />

Bei solchen Sachverhalten ist eine Mitwirkung des Bürgermeisters unverzichtbar, zu der ggf. sogar ein Vorbehalt<br />

für den Bürgermeister oder den Rat der Gemeinde bestehen kann, auch wenn die Pflichten für die Zeit der vorläufigen<br />

Haushaltsführung nicht ausdrücklich geregelt worden sind. Die örtlichen Regelungen für die voraussichtliche<br />

Dauer der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung („haushaltslose Zeit“) müssen zudem so gefasst werden, dass<br />

damit den Zielen und Zwecken der vorläufigen Haushaltsführung unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorschriften<br />

in ausreichendem Maße Genüge getan wird.<br />

5.3 Kämmerer und Bürgermeister<br />

Die gesetzlich bestimmten Aufgaben geben dem Kämmerer eine besondere Rechtsposition bzw. Stellung innerhalb<br />

der gemeindlichen Verwaltung. Er verfügt über gesetzlich bestimmte Befugnisse, die ihm nicht entzogen<br />

werden können. Diese Festlegungen haben daher zur Folge, dass die Aufgabe und Funktion „Kämmerer“ nicht<br />

vom Bürgermeister übernommen bzw. durch ihn wahrgenommen werden kann. Die Unzulässigkeit der Aufga-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

benwahrnehmung besteht unabhängig davon, ob der Aufgabenbereich „Finanzwesen“ dem Dezernat oder Fachbereich<br />

des Bürgermeisters zugeordnet ist oder nicht. Auch entsteht dadurch eine Unzulässigkeit, dass dem<br />

Kämmerer gesetzliche Rechte gegenüber dem Bürgermeister und dem Rat eingeräumt worden sind (vgl. z.B. §<br />

80 GO <strong>NRW</strong>). Eine Personalunion zwischen den Ämtern des Bürgermeisters und dem Amt des Kämmerers<br />

schließt sich daher bereits gesetzlich aus.<br />

6. Die Adressaten der Haushaltswirtschaft<br />

6.1 Die Ausgangslage<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft und die Aufgabenerfüllung der Gemeinde lassen sich nach den gemeindlichen<br />

Zielen und nach der Transparenz über die örtliche Umsetzung sowie nach den Adressaten beurteilen. Als<br />

Adressaten sind dabei Gruppen und/oder Personen anzusehen, die durch das haushaltswirtschaftliche Handeln<br />

der Gemeinde beeinflusst werden oder die ein besonderes Interesse an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

haben. Die Adressaten können Ansprüche auf gemeindliche Leistungen haben, z.B. im Rahmen der sozialen<br />

Sicherung, in Geschäftsbeziehungen mit der Gemeinde stehen, z.B. Kreditgeber, oder in ihren ortsbezogenen<br />

Lebensverhältnissen den Finanzbedarf für die gemeindliche Aufgabenerfüllung unmittelbar erfahren, z.B. als<br />

Grundsteuerpflichtige.<br />

Der Adressatenkreis besteht dabei aus einer unbestimmten Zahl von Interessengruppen und Personen mit unterschiedlichen<br />

Informationsbedürfnissen und Transparenzansprüchen. Die Interessen der Adressaten sind aber für<br />

die Gemeinde so gewichtig, dass diese in die gemeindliche Haushaltswirtschaft einbezogen werden müssen.<br />

Außerdem ist eine leserfreundliche und nachvollziehbare Darstellung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft bei<br />

deren Beteiligung oder auch wegen der Informationsrechte erforderlich. Die Bedeutung für die Gemeinde zeigt<br />

sich z.B. auch daran, dass die Adressaten an der Aufstellung der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren<br />

Anlagen mitwirken können und die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinde ständig zur Einsichtnahme<br />

verfügbar sein müssen. Die Gemeinde hat dabei zu beachten, dass dafür besondere gesetzliche Vorgaben<br />

bestehen (vgl. §§ 80, 95 und 116 GO <strong>NRW</strong>). Wichtige Adressatengruppen werden nachfolgend näher vorgestellt.<br />

6.2 Der Rat der Gemeinde<br />

Die Informationen über die gemeindliche Haushaltswirtschaft sind von der Haushaltsplanung bis zum gemeindlichen<br />

Jahresabschluss und dem Gesamtabschluss eine Grundlage für die Steuerung der Gemeinde durch den<br />

Rat als Träger der Gemeindeverwaltung (vgl. § 40 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Er ist als gemeindliches Vertretungsorgan<br />

für alle Angelegenheiten der Gemeinde grundsätzlich zuständig (vgl. § 41 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Dieses gemeindliche Organ nutzt dabei als Gremium auch die haushaltswirtschaftlichen Informationen gegenüber<br />

anderen Adressatengruppen, z. B. die Daten des gemeindlichen Jahresabschlusses. Bei Nachfragen der Bürgerinnen<br />

und Bürger sowie gegenüber anderen Dritten können dann im Sinne einer Rechenschaft sachgerechte<br />

Angaben gemacht werden. Das Informationsinteresse des Rates wird aber auch durch die Kontrollaufgabe über<br />

die gemeindliche Verwaltung begründet (vgl. § 55 GO <strong>NRW</strong>). Es ist i.d.R. auf die Einhaltung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans und auf das erzielbare Jahresergebnis ausgerichtet. Es dient aber auch dazu, eine Bilanzpolitik<br />

unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde umsetzen zu können.<br />

6.3 Der Bürgermeister der Gemeinde<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ist der Bürgermeister ein gewichtiger Adressat. Er ist verantwortlich<br />

für die Ausführung der Ratsbeschlüsse, für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der<br />

gesamten Verwaltung der Gemeinde und leitet und verteilt die Geschäfte (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Im Rah-<br />

GEMEINDEORDNUNG 311


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

men des jährlichen Jahresabschlusses entscheiden die Ratsmitglieder über seine Entlastung aufgrund der Ausführung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Für den Bürgermeister<br />

besteht deshalb ein erhebliches Informationsbedürfnis, das sich zudem unmittelbar und mittelbar auf<br />

seine Managemententscheidungen auswirken dürfte. Sein Informationsinteresse richtet sich daher auch auf das<br />

erzielbare Jahresergebnis aus und dient aber auch dazu, eine eigenständige Bilanzpolitik unter Berücksichtigung<br />

der wirtschaftlichen Lage umsetzen zu können.<br />

6.4 Die Beschäftigten der Gemeinde<br />

Die Beschäftigten der Gemeinde verfolgen ihre Interessen insbesondere über ihre gewählten Vertreter und sind<br />

gleichzeitig an die Vorgaben der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gebunden. Daher besteht vielfach ein Bedarf<br />

der Beschäftigten an Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde sowie deren Risiken und Chancen,<br />

um persönliche Entscheidungen im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis treffen zu können. Insbesondere<br />

bei einer defizitären Haushaltslage der Gemeinde dürfte sich das Informationsinteresse der Beschäftigten<br />

ändern. Durch gesetzliche Vorgaben und örtliche Regelungen wird oftmals im Rahmen der Beschlüsse des<br />

Rates die eigenverantwortliche Bewirtschaftung des gemeindlichen Haushalts beschränkt. Manche Beschäftigten<br />

fühlen sich dadurch dann oftmals in ihrer persönlichen Entwicklung betroffen.<br />

6.5 Die Betriebe der Gemeinde<br />

Die gemeindlichen Betriebe stellen ebenfalls Adressaten für die gemeindliche Haushaltswirtschaft dar, denn vielfach<br />

bestehen umfangreiche Finanzbeziehungen zwischen der gemeindlichen Verwaltung und den Betrieben der<br />

Gemeinde. Ihre Tätigkeit im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung führt zudem dazu, die Betriebe als ein<br />

eigenständiger Adressatenkreis anzusehen und zu behandeln. Außerdem bilden die Betriebe bei besonderen<br />

haushaltswirtschaftlichen Gegebenheiten, z.B. im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

nach § 116 GO <strong>NRW</strong>, noch gesonderte Interessengruppen gegenüber der gemeindlichen Verwaltung.<br />

6.6 Die Bürgerinnen und Bürger in der Gemeinde<br />

Für die gemeindliche Haushaltswirtschaft sind die Bürgerinnen und Bürger als ein Teil der Bevölkerung in der<br />

Gemeinde eine wichtige Adressatengruppe, denn diese sind zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt (vgl. § 21<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Gegenüber den Einwohnern und Abgabepflichtigen, die z. B. nach § 80 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

Einwendungen gegen die gemeindliche Haushaltssatzung erheben können, ist der Unterschied von nicht erheblicher<br />

Bedeutung. Ein Einwohner ist die Person, die in der Gemeinde wohnt (vgl. § 21 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die<br />

Abgabepflichtigen können dabei Grundbesitzer und Gewerbetreibende sein, die ihren Wohnsitz aber nicht in der<br />

Gemeinde haben müssen. Die Bürgerinnen und Bürger bestimmen dagegen über ihre Wahlberechtigung nach<br />

den §§ 7 und 8 KWahlG die Zusammensetzung des Rates der Gemeinde. Der Rat ist für alle Angelegenheiten<br />

der Gemeinde und damit auch für die gemeindliche Haushaltswirtschaft grundsätzlich zuständig (vgl. § 41 Absatz<br />

1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

6.7 Die Aufsichtsbehörde der Gemeinde<br />

Nach der Gemeindeordnung soll die Aufsicht des Landes die Gemeinde in ihren Rechten schützen und die Erfüllung<br />

der Pflichten sichern (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde hat daher die Aufgabe die Gesetzmäßigkeit<br />

der Verwaltung der Gemeinde zu überwachen. Die Einbeziehung der Aufsichtsbehörde in die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft wird durch eine Vielzahl von Bestimmungen festgelegt, z.B. durch die Anzeige der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung nach § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> oder des gemeindlichen Jahresabschlusses nach § 96<br />

GEMEINDEORDNUNG 312


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>. Besonders aber in den Fällen einer defizitären Haushaltslage der Gemeinde, die ggf. zur<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage und damit ggf. zu einem Haushaltssicherungskonzept führt, ist die Tätigkeit<br />

der Aufsichtsbehörde gefordert (vgl. § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde der Gemeinde gehört<br />

daher zu den wichtigsten Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft.<br />

6.8 Die Kreditgeber der Gemeinde<br />

Die Gemeinde darf im Rahmen ihrer Investitionstätigkeit Kredite aufnehmen, wenn die daraus übernommenen<br />

Verpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde in Einklang stehen (vgl. § 86 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Sie kann auch zur Sicherung der rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag aufnehmen, soweit dafür keine anderen<br />

Mittel zur Verfügung stehen (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Banken und Sparkassen sowie die Kreditinstitute<br />

sind daher ein potentielles Interessente an Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde, über ihre<br />

Haushaltsplanung sowie über den gemeindlichen Jahresabschluss und die künftigen Risiken und Chancen. Dieses<br />

Interesse ist noch dadurch verstärkt worden, dass die Banken als Wertpapierdienstleistungsunternehmen<br />

verpflichtet sind, ihre Kunden, also auch die Gemeinde, anhand der gesetzlich vorgegebenen Kriterien zu klassifizieren<br />

und diese Einstufung Auswirkungen auf die Bankleistungen gegenüber der Gemeinde hat.<br />

6.9 Die Geschäftspartner der Gemeinde<br />

Die Geschäftspartner der Gemeinde, zu denen nicht nur die Lieferanten, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger<br />

als Kunden zu zählen sind, erbringen Leistungen für die Gemeinde oder nehmen gemeindliche Leistungen in<br />

Anspruch. Bereits der gemeindliche Haushaltsplan kann dabei unter Berücksichtigung seiner Produktorientierung<br />

einen Einblick in das Leistungsspektrum der Gemeinde bieten. Die Lieferanten als Geschäftspartner der Gemeinde<br />

haben daher regelmäßiges Interesse an Informationen über die wirtschaftlichen Lage der Gemeinde und den<br />

künftigen Risiken und Chancen. Sie richten dabei ihren Blick vielfach auch auf den Zahlungsverkehr der Gemeinde,<br />

um feststellen zu können, ob und in welchen Umfang sie ggf. statusmäßig wie kurzfristige Kapitalgeber fungieren<br />

müssen.<br />

6.10 Die sonstige Öffentlichkeit<br />

Die Öffentlichkeit als Adressat der gemeindlichen Haushaltswirtschaft beinhaltet in dieser Form auch einige der<br />

bereits zuvor benannten Interessengruppen, z.B. die Bürgerinnen und Bürger. Sie umfasst insgesamt jedoch eine<br />

unbestimmbare Zahl von Interessengruppen und Personen, die sich jeweils auch aus spezifischen Interessen<br />

heraus sich über das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde und die sich daraus ergebenden finanziellen<br />

Wirkungen informieren wollen.<br />

7. Die Vorschriften für die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

7.1 Die Gesamtübersicht über die Vorschriften<br />

Die haushaltsrechtlichen Bestimmungen für die Gemeinde sind in mehreren besonderen Teilen der Gemeindeordnung<br />

zusammengefasst worden. Diese Bestimmungen sind auch darauf ausgerichtet, dass die Verwaltung der<br />

Gemeinde dem Rat sowie den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber dafür verantwortlich ist, wie die zur Verfügung<br />

stehenden Finanzmittel eingesetzt werden. Im 8. Teil der Gemeindeordnung werden wichtige Rahmenregelungen<br />

getroffen, aber auch besondere Verantwortlichkeiten des Rates für die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

aufgezeigt sowie die Aufgaben und Verantwortlichkeiten (Zuständigkeiten) des Bürgermeisters und Kämmerers<br />

GEMEINDEORDNUNG 313


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

bestimmt. Über die gemeindliche Haushaltswirtschaft sind in diesem Teil der Gemeindeordnung folgende Vorschriften<br />

enthalten (vgl. Abbildung).<br />

Die Vorschriften im 8. Teil der Gemeindeordnung<br />

8. Teil<br />

Haushaltswirtschaft<br />

7.2 Die Vorschriften im Einzelnen<br />

GEMEINDEORDNUNG 314<br />

§ 75 Allgemeine Haushaltsgrundsätze<br />

§ 76 Haushaltssicherungskonzept<br />

§ 77 Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung<br />

§ 78 Haushaltssatzung<br />

§ 79 Haushaltsplan<br />

§ 80 Erlass der Haushaltssatzung<br />

§ 81 Nachtragssatzung<br />

§ 82 Vorläufige Haushaltsführung<br />

§ 83 Überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen<br />

und Auszahlungen<br />

§ 84 Mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung<br />

§ 85 Verpflichtungsermächtigungen<br />

§ 86 Kredite<br />

§ 87 Sicherheiten und Gewährleistung für Dritte<br />

§ 88 Rückstellungen<br />

§ 89 Liquidität<br />

§ 90 Vermögensgegenstände<br />

§ 91 Inventur, Inventar und Vermögensbewertung<br />

§ 92 Eröffnungsbilanz<br />

§ 93 Finanzbuchhaltung<br />

§ 94 Übertragung der Finanzbuchhaltung<br />

§ 95 Jahresabschluss<br />

§ 96 Feststellung des Jahresabschlusses und Entlastung<br />

Abbildung 19 „Die Vorschriften im 8. Teil der Gemeindeordnung“<br />

- § 75 Allgemeine Haushaltsgrundsätze<br />

Die allgemeinen Grundsätze dieser Vorschrift gelten für die gesamte Haushaltswirtschaft der Gemeinde. An<br />

erster Stelle steht die Sicherstellung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung. An diesem Ziel hat die Gemeinde<br />

ihre gesamte Haushaltswirtschaft zukunftsbezogen auszurichten. Die Gemeinde muss daher ihre Haushaltswirtschaft<br />

wirtschaftlich, effizient und sparsam führen. Der Haushalt stellt dabei für die Gemeinde das zentrale<br />

Steuerungs- und Rechenschaftsinstrument in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft dar. Der gesetzliche<br />

Haushaltsausgleich bezieht sich auf den Erhalt des gemeindlichen Vermögens zur Sicherung der stetigen Erfüllung<br />

der Aufgaben der Gemeinde. Die Vorschrift verpflichtet deshalb die Gemeinde, ihren Haushalt in jedem<br />

Jahr in Planung und Rechnung auszugleichen. Diese Vorgabe wird dadurch umgesetzt, dass der jährliche<br />

Haushaltsausgleich im Rahmen des gemeindlichen Ergebnisplans und der Ergebnisrechnung der Gemeinde<br />

nachzuweisen ist.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die Vorschrift enthält auch Regelungen über die Ausgleichsrücklage und deren Bemessung auf der Passivseite<br />

der gemeindlichen Bilanz. Die Ausgleichsrücklage ist ein Teil des Eigenkapitals der Gemeinde, jedoch<br />

eine Rücklage eigener Art und nicht ein Teil der allgemeinen Rücklage. Sie ist gesondert im Bilanzbereich<br />

„Eigenkapital“ anzusetzen. Die Ausgleichsrücklage dient dazu, im Bedarfsfall den Fehlbedarf im Ergebnisplan<br />

oder einen Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung zu decken, um den gesetzlich geforderten Haushaltsausgleich<br />

zu erreichen (fiktiver Haushaltsausgleich). Dieser Sachverhalt bedarf einer entsprechenden Festsetzung<br />

in der gemeindlichen Haushaltssatzung (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Ausgleichsrücklage<br />

soll den Gemeinden den erforderlichen Spielraum gewähren, eigenverantwortlich den gesetzlich<br />

bestimmten Haushaltsausgleich zu erreichen, auch wenn die Erträge des Haushaltsjahres die Aufwendungen<br />

nicht decken.<br />

Im NKF bezieht sich die Steuerung der Gemeinde auf die Erträge und Aufwendungen im Ergebnisplan.<br />

Gleichwohl sind gleichzeitig auch die Liquidität und die Finanzierung der Investitionen sicherzustellen. Die<br />

Finanzmittel haben für die Gemeinde eine so große allgemeine Bedeutung, dass deshalb der Haushaltsgrundsatz<br />

„Sicherung der Liquidität“ entstanden ist. Außerdem kann das Eigenkapital einer Gemeinde seine<br />

Funktion nur erfüllen, solange es nicht durch Verluste vollständig aufgezehrt worden ist. Aus diesem Grunde<br />

bedarf bei Gemeinden, deren weitere Entwicklung mit erheblichen Risiken behaftet ist, der Bestand an Eigenkapital<br />

einer besonderen Betrachtung. In Fortführung der Genehmigungspflicht der Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage nach Absatz 4 der Vorschrift (Inanspruchnahme von Eigenkapital) verbietet diese Vorschrift<br />

den Gemeinden sich zu überschulden. nicht mehr gewährleistet ist, führte zu dieser gesetzlichen Auffangregelung.<br />

- § 76 Haushaltssicherungskonzept<br />

Die Vorschrift bestimmt näher, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinde ein Haushaltssicherungskonzept<br />

aufzustellen hat. Sie knüpft einerseits an die Bestimmungen zum Haushaltsausgleich in § 75 GO <strong>NRW</strong><br />

an, nach denen die Verringerung des Eigenkapitals durch Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage der<br />

aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedarf. Andererseits ist die Vorschrift an die im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

enthaltene mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung gebunden. Mit der zusammenfassenden<br />

Darstellung der mehrjährigen Haushaltsplanung der Gemeinde im gemeindlichen Haushaltsplan soll erreicht<br />

werden, dass Gefährdungen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft früher als bisher erkannt und Maßnahmen<br />

zu deren Beseitigung ergriffen werden.<br />

Das haushaltsrechtliche Instrument „Haushaltssicherungskonzept“ (vgl. auch § 5 GemHVO <strong>NRW</strong>) dient dabei<br />

dazu, die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu sichern bzw. wieder herzustellen. Die dazu örtlich<br />

notwendige Konsolidierung soll damit eine konzeptionelle Grundlage erhalten und die vorgesehenen<br />

Maßnahmen zur gesetzlichen Zielsetzung aufzeigen. Die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

hat die Gemeinde unter Beachtung der gesetzlich bestimmten Sachverhalte vorzunehmen. Sie darf dieses<br />

nicht davon abhängig machen, ob ihr der Aufsichtsbehörde vorgelegtes Konzept nach dieser Vorschrift genehmigungsfähig<br />

ist.<br />

- § 77 Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung<br />

Die Gemeinde ist gefordert, sich geeignete Quellen der Finanzmittel zu erschließen, denn diese sind sehr<br />

vielfältig und ergeben sich aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vorgängen bzw. Geschäftsvorfällen.<br />

Dabei wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass diejenigen, die eine Leistung der Gemeinde in Anspruch<br />

nehmen oder eine gemeindliche Einrichtung nutzen, die entstehenden Kosten in vertretbaren und gebotenen<br />

Umfang tragen sollen. Zudem sind die Einwohner der Gemeinde verpflichtet, die Lasten zu tragen,<br />

die sich aus ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinde ergeben (vgl. § 8 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Vorschrift enthält daher für die Gemeinden die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung und legt eine<br />

bestimmte Rangfolge für die gemeindlichen Finanzmittelarten fest. Damit findet unter Berücksichtigung der<br />

Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde das Bedarfsdeckungsprinzip i.V.m. dem Nachhal-<br />

GEMEINDEORDNUNG 315


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

tigkeitsprinzip Anwendung. Die haushaltsmäßige Produktorientierung bringt dabei eine neue Sichtweise in<br />

das Verwaltungshandeln der Gemeinde, denn mithilfe der gemeindlichen Produkte kann die Finanzmittelbeschaffung<br />

näher betrachtet und beurteilt werden.<br />

- § 78 Haushaltssatzung<br />

Die jährliche Haushaltswirtschaft der Gemeinde erfordert eine bindende Grundlage für ihre Ausführung durch<br />

die gemeindliche Verwaltung. Diese Grundlage schafft der Rat der Gemeinde im Rahmen seiner Zuständigkeit<br />

und seines Budgetrechtes (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>) durch den jährlichen Erlass einer<br />

Haushaltssatzung. Diese Satzung ist dabei eine Ausprägung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde. Es<br />

muss dabei von der Gemeinde gewährleistet werden, dass durch die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen<br />

mindestens alle gesetzlich bestimmten Festsetzungen für das Haushaltsjahr getroffen werden. Die Haushaltssatzung<br />

muss alle Ermächtigungen für die gemeindliche Verwaltung enthalten, die diese zur Ausführung<br />

und Einhaltung des Haushaltsplans im betreffenden Haushaltsjahr sowie zur Nachweisführung im Jahresabschluss<br />

benötigt.<br />

In diesem Zusammenhang bilden die Inhalte der gemeindlichen Haushaltssatzung den Rahmen für die gemeindliche<br />

Haushaltsführung, denn die Haushaltssatzung der Gemeinde hat bestimmte Festsetzungen für<br />

das Haushaltsjahr zu enthalten. Bei einem Verzicht auf konkrete betragsmäßige Festsetzungen muss die<br />

gemeindliche Haushaltssatzung ausdrücklich eine entsprechende alternative Festlegung enthalten, z. B. über<br />

den Gesamtbetrag der Kredite (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c GO <strong>NRW</strong>). Dadurch wird der für<br />

das Haushaltsjahr entstehende gemeindliche Sachverhalt unmittelbar erkennbar.<br />

- § 79 Haushaltsplan<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan als Bestandteil der jährlichen Haushaltssatzung der Gemeinde stellt im NKF<br />

die Grundlage für die Haushaltswirtschaft der Gemeinde sowie der örtlichen politischen Planungen, Entscheidungen<br />

und Kontrollen dar. Er steht im Zusammenhang mit der Pflicht der Gemeinde, ihre Haushaltswirtschaft<br />

wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen sowie so zu planen und zu führen, dass die stetige<br />

Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Der gemeindliche Haushaltsplan steht dadurch im Zentrum der haushaltswirtschaftlichen<br />

Planung und Rechenschaft der Gemeinde (vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Durch die Integration der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in den gemeindlichen Haushaltsplan<br />

stellt der Haushaltsplan nicht nur Informationen für das Haushaltsjahr bereit, sondern auch Informationen zu<br />

den sich an das Haushaltsjahr anschließenden drei Planungsjahre. Er stellt damit ein örtliches Programm für<br />

die Erledigung der gemeindlichen Aufgaben im Haushaltsjahr mit Ausblick auf die nächsten drei Jahre dar.<br />

Durch die Festlegungen für den mehrjährigen Zeitraum ergeben sich auch rechtliche Konsequenzen für das<br />

Handeln der Gemeinde und ihrer Aufsichtsbehörde, z. B. im Rahmen eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

nach § 76 GO <strong>NRW</strong>.<br />

- § 80 Erlass der Haushaltssatzung<br />

Die Vorschriften über das Aufstellungsverfahren der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen<br />

durch den Kämmerer und den Bürgermeister berücksichtigen eine möglichst weitgehende bürgerschaftliche<br />

Mitwirkung beim Zustandekommen und der Beschlussfassung des Rates der Gemeinde über die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung. Diese Beteilung ist entsprechend der besonderen Bedeutung der Haushaltswirtschaft<br />

für die gemeindliche Aufgabenerfüllung und wegen ihrer Wirkungen auf die Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

auch geboten.<br />

Die Zielsetzung wird einerseits dadurch umgesetzt, dass der Entwurf der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen<br />

den Einwohnern und Abgabepflichtigen zur Kenntnis zu bringen ist. Ihnen wird dadurch die Erhebung<br />

von Einwendungen gegen den Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung ermöglicht. Andererseits ist die<br />

gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen im Anschluss an die öffentliche Bekanntmachung bis zum<br />

GEMEINDEORDNUNG 316


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Ende der Auslegung des Jahresabschlusses des gleichen Haushaltsjahres zur Einsichtnahme verfügbar zu<br />

halten (vgl. § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Durch diese zeitlich weitgehenden Zugangs- bzw. Informationsmöglichkeiten über die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

wird der jahresbezogene und jährlich wiederkehrende Ablauf der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

für die Öffentlichkeit als Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft nachvollziehbar gemacht.<br />

Er beginnt bei der allgemeinen Haushaltsplanung und wird über den Beschluss über die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen bis zur Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den<br />

Rat der Gemeinde fortgesetzt.<br />

- § 81 Nachtragssatzung<br />

Im Rahmen der Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans kann sich aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

der Gemeinde ein Anpassungsbedarf bei den haushaltswirtschaftlichen Ermächtigungen im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan ergeben. Die Veränderung in der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde<br />

kann dabei so wesentlich oder erheblich sein, dass die gemeindliche Haushaltssatzung anzupassen ist, z. B.<br />

die Festsetzung des Gesamtbetrages der Erträge und Aufwendungen. Bei einer solchen Anpassung ist auch<br />

das Gebot der Einhaltung des Haushaltsausgleichs zu beachten (vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei solchen Tatbeständen lassen sich die haushaltsmäßigen Ermächtigungen i.d.R. nur durch eine Änderung<br />

der vom Rat beschlossenen Haushaltssatzung und im Rahmen des dafür gesetzlich vorgesehenen Verfahrens<br />

neu festlegen oder ergänzen (vgl. §§ 78 und 80 GO <strong>NRW</strong>). Eine erforderlich gewordene Nachtragssatzung<br />

kann aber nur erlassen werden, wenn der Rat der Gemeinde zuvor eine Haushaltssatzung für das betreffende<br />

Haushaltsjahr beschlossen hat und diese auch in Kraft getreten ist (vgl. § 80 GO <strong>NRW</strong>).<br />

- § 82 Vorläufige Haushaltsführung<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht ist darauf ausgerichtet, dass die Haushaltssatzung und der Haushaltsplan<br />

der Gemeinde nur für ein Haushaltsjahr gelten, auch wenn die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung in<br />

den Haushaltsplan integriert und abgebildet ist. Deshalb muss die Gemeinde dafür Sorge tragen, dass die<br />

Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr so rechtzeitig vorbereitet wird, damit sie mit Beginn des Haushaltsjahres<br />

in Kraft treten kann. Dennoch lässt sich in der gemeindlichen Praxis aus unterschiedlichen Gründen<br />

nicht immer vermeiden, dass die Haushaltssatzung erst nach Beginn des Haushaltsjahres erlassen wird.<br />

Gleichwohl muss in der Zeit vom Beginn des neuen Haushaltsjahres bis zum Erlass bzw. dem In-Kraft-<br />

Treten der Haushaltssatzung die Gemeinde ihre rechtlichen Verpflichtungen erfüllen und ihre Aufgabenerfüllung<br />

fortsetzen.<br />

Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist daher auf diese Zeit der vorläufigen Haushaltsführung bei der<br />

Gemeinde beschränkt. Der im Entwurf aufgestellte Haushaltsplan der Gemeinde bleibt zwar in der Zeit der<br />

vorläufigen Haushaltsführung die haushaltswirtschaftliche Leitlinie für Rat und Verwaltung und hat auch weiterhin<br />

eine unverzichtbare Funktion als buchungstechnische Grundlage.<br />

- § 83 Überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen<br />

Im Rahmen der Ausführung des Haushaltsplans der Gemeinde durch die gemeindliche Verwaltung kann sich<br />

ein Mehrbedarf bei den im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen ergeben. Die Entwicklung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft ist anders verlaufen als ursprünglich geplant, sodass die Ermächtigungen im<br />

Haushaltsplan verändert werden müssen.<br />

Der Mehrbedarf bei den im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen besteht oftmals in unterschiedlichem<br />

Umfang. Bei einem geringeren Mehrbedarf ist ein vereinfachtes Verfahren durchzuführen. Mit Zustimmung<br />

des Kämmerers oder des Bürgermeisters werden zusätzliche haushaltsmäßige Ermächtigungen möglich, um<br />

höhere Aufwendungen entstehen zu lassen und/oder Auszahlungen leisten zu können, ohne dass es der<br />

Aufstellung einer gemeindlichen Nachtragssatzung bedarf. Unter die Vorschrift des § 83 GO <strong>NRW</strong> dabei fal-<br />

GEMEINDEORDNUNG 317


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

len jedoch nicht gemeindliche Aufwendungen und Auszahlungen, die im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung<br />

der Gemeinde nach der Vorschrift des § 82 GO <strong>NRW</strong> entstehen.<br />

- § 84 Mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft ist als prozessorientiert zu betrachten, die ergebnis- und zukunftsorientiert<br />

gesteuert wird. Deshalb steht am Beginn des Haushaltskreislaufs die jährliche Haushaltsplanung der<br />

Gemeinde, die vor dem Haushaltsjahr abgeschlossen sein soll (vgl. § 80 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde muss für<br />

diesen mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanungszeitraum offen legen, wie sie ihre Haushaltswirtschaft<br />

ausgestaltet und ausführen will und wie sie dabei die stetige Aufgabenerfüllung sichert. Unter den Rahmenbegriff<br />

„Haushaltswirtschaft“ fallen dabei alle Dinge und Tätigkeiten der Gemeinde, die zur Planung der jährlichen<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde gehören, z. B. die Ausstellung des gemeindlichen Haushaltsplans<br />

für den Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung.<br />

- § 85 Verpflichtungsermächtigungen<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan enthält im Rahmen der Haushaltssatzung der Gemeinde die notwendigen<br />

Ermächtigungen für die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr. Er weist für die<br />

an das Haushaltsjahr anschließenden drei Planungsjahre die voraussichtlichen Haushaltspositionen im Ergebnisplan,<br />

im Finanzplan sowie in den produktorientierten Teilplänen aus (vgl. § 79 GO <strong>NRW</strong>). Der Haushaltsplan<br />

stellt damit ein örtliches Programm für die Erledigung der gemeindlichen Aufgaben im Haushaltsjahr<br />

mit Ausblick und Auswirkungen auf die künftigen Haushaltsjahre der Gemeinde dar.<br />

Für die gemeindliche Investitionstätigkeit ist es dabei nicht ausreichend, im Haushaltsplan nur die voraussichtlichen<br />

Ein- und Auszahlungsermächtigungen für das Haushaltsjahr zu veranschlagen. Es bedarf vielmehr<br />

weiterer Ermächtigungen, um die investiven Zielsetzungen des Rates der Gemeinde, die haushaltsmäßig<br />

vielfach nur mehrjährig umsetzbar sind, in Einklang mit den verfügbaren Ressourcen der Gemeinde,<br />

auch über das Haushaltsjahr hinaus, zu bringen. Diesem Zweck dienen die zu veranschlagenden Verpflichtungsermächtigungen.<br />

- § 86 Kredite<br />

Für die Aufnahme von Krediten für gemeindliche Investitionen enthält die Vorschrift wegen der besonderen<br />

haushaltsrechtlichen und haushaltswirtschaftlichen Bedeutung bestimmte materielle und formelle Voraussetzungen.<br />

Diese Vorgaben führen zu einem Verbot der Finanzierung von aufwandswirksamen Auszahlungen<br />

der Gemeinde und der ordentlichen Tilgung durch Kredite. Eine Ausnahme besteht lediglich für eine Kreditaufnahme<br />

zur Umschuldung, weil bei einem solchen Vorgang die Tilgung der ursprünglichen finanziellen<br />

Verbindlichkeit und ein Zugang einer neuen finanziellen Verbindlichkeit in gleicher Höhe erfolgen. Dabei<br />

kommt es nicht darauf an, ob sich auch gleichzeitig die Vertragsbedingungen zwischen Kreditgeber und Gemeinde<br />

substanziell verändern.<br />

Die Gemeinde kann daher Kredite aufnehmen, wenn diese der Bedarfsdeckung bei investiven Maßnahmen<br />

im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung dienen und jeder gemeindlichen Kreditaufnahme die<br />

Schaffung von Vermögenswerten gegenübersteht. Daher besteht - wie in den anderen Ländern - eine Begrenzung<br />

der Kreditaufnahme auf die gemeindliche Investitionstätigkeit im Haushaltsjahr.<br />

- § 87 Sicherheiten und Gewährleistung für Dritte<br />

Mit der Bestellung von Sicherheiten zugunsten Dritter übernimmt die Gemeinde ein wirtschaftliches Risiko für<br />

fremde Interessen, ohne dass der Bestellung i.d.R. eine entsprechende Gegenleistung gegenübersteht.<br />

Durch solche Rechtsgeschäfte tritt die Gemeinde in Haftungsverhältnisse gegenüber Dritten ein, insbesondere<br />

durch die Übernahme von Bürgschaften und Gewährverträgen, aber auch durch die Bestellung sonstiger<br />

Sicherheiten zugunsten Dritter. Das generelle Verbot einer Bestellung von Sicherheiten soll daher verhindern,<br />

dass die Gemeinde die Stellung eines Garanten für fremde Interessen erhält. In der Vorschrift wird das<br />

GEMEINDEORDNUNG 318


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

generelle Verbot in Absatz 1 jedoch durch die Regelungen in den Absätzen 2 und 3 modifiziert. Außerdem ist<br />

zugelassen worden, dass die Aufsichtsbehörde Ausnahmen von diesem Verbot zulassen kann.<br />

- § 88 Rückstellungen<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft mit einer Erfassung und dem Nachweis der auf das<br />

Haushaltsjahr bezogenen Ressourcen bedarf es auch der periodengerechten Erfassung aller gemeindlichen<br />

Verpflichtungen, auch wenn diese z.B. dem Grunde oder der Höhe nach noch ungewiss sind. Durch die Bilanzierung<br />

der gemeindlichen Rückstellungen wird daher eine Vorsorge der Gemeinde für ihre Verpflichtungen,<br />

die künftig zu gemeindlichen Zahlungen führen können, transparent und nachvollziehbar gemacht.<br />

Zur Erfassung des vollständigen Ressourcenverbrauchs der Gemeinde gehört daher auch die Bildung von<br />

Rückstellungen für gemeindliche Verpflichtungen, deren Eintritt dem Grunde nach zu erwarten ist, deren Höhe<br />

und Fälligkeitstermin jedoch noch ungewiss ist. Die Verpflichtung der Gemeinde muss ausreichend sicher<br />

und die wirtschaftliche Ursache bereits vor dem Abschlussstichtag eingetreten sein. Durch die Bildung von<br />

Rückstellungen durch die Gemeinde werden die gemeindlichen Aufwendungen dem Haushaltsjahr als Verursachungsperiode<br />

zugerechnet.<br />

- § 89 Liquidität<br />

Die Gemeinde hat unter Beachtung des Grundsatzes der Sicherstellung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

ihre gesamte Haushaltswirtschaft zukunftsbezogen auszurichten. Sie hat dabei den Haushaltsgrundsatz<br />

„Sicherstellung der Liquidität einschließlich der Finanzierung der Investitionen“ zu beachten (vgl. § 75 Absatz<br />

1 und 6 GO <strong>NRW</strong>). Das Gebot für die Gemeinde, ihre künftige Liquidität sicherstellen, beinhaltet deshalb die<br />

Aufgabe für die Gemeinde, sich ihre finanziellen Handlungsmöglichkeiten zu erhalten. Der Begriff „Liquidität“<br />

umfasst dabei die Fähigkeit der Gemeinde, ihren Zahlungsverpflichtungen termingerecht und betragsgenau<br />

nachzukommen. In diesem Sinne ist eine gesetzliche Verpflichtung der Gemeinde sachgerecht.<br />

- § 90 Vermögensgegenstände<br />

Zum Vermögen der Gemeinde im haushaltsrechtlichen Sinn ist die Gesamtheit aller Sachen und Rechte zu<br />

zählen, die der Gemeinde gehören oder zustehen oder bei denen sie wirtschaftlicher Eigentümer ist. Dabei<br />

ist zu prüfen, ob diese Güter aufgrund ausdrücklicher Vorschriften von der Gemeinde gesondert zu behandeln<br />

sind (vgl. §§ 97 ff. GO <strong>NRW</strong>).<br />

Im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses muss die Gemeinde außerdem den Nachweis über eine<br />

ordnungsgemäße Verwaltung ihres Vermögens, über dessen Werterhaltung und über den Substanzverzehr<br />

erbringen. Das gemeindliche Vermögen dient dabei der Erfüllung aller öffentlichen Aufgaben der Gemeinde.<br />

Es hat den Zweck, Leistungen und Nutzen für den Bürger zu erbringen und dient der stetigen Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde im Sinne der Vorschrift des § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>.<br />

- § 91 Inventur, Inventar und Vermögensbewertung<br />

In der gemeindlichen Haushaltswirtschaft kommt der Inventur eine große Bedeutung zu, denn das gemeindliche<br />

Inventar, das auf der Inventur aufbaut, stellt eine Grundlage für die Bilanz im jährlich aufzustellenden<br />

Jahresabschluss dar. Es handelt sich bei der Inventur um ein unabhängig von der Buchführung zu erstellendes<br />

vollständiges, detailliertes Erfassen aller Vermögensgegenstände und Schulden zu einem Stichtag, bei<br />

dem die Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur (GoI) zu beachten sind. Die Inventur hat den Zweck der Sicherung<br />

und Überwachung des gemeindlichen Vermögens und führt zum Inventar.<br />

Für die Durchführung der Inventur werden zudem Inventurvereinfachungsverfahren zugelassen (vgl. § 29<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bilanz im gemeindlichen Jahresabschluss auf dem<br />

festgestellten Inventar aufbaut und umfassend Auskunft über das bewertete Vermögen und die Schulden der<br />

Gemeinde gibt. Die in der Gemeindeordnung und der Gemeindehaushaltsverordnung enthaltenen Vermö-<br />

GEMEINDEORDNUNG 319


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

gensvorschriften über den Erwerb, die Veräußerung, den Nachweis und die bilanzielle Behandlung des Vermögens<br />

ergänzen sich in diesem Sinne gegenseitig.<br />

- § 92 Eröffnungsbilanz<br />

Die Eröffnungsbilanz der Gemeinde bildet einen wesentlichen Bestandteil des NKF als neues Rechnungswesen.<br />

Erstmalig wurde im gemeindlichen Bereich eine systematische Gegenüberstellung von Vermögen und<br />

Schulden vorgenommen, aus der die wirtschaftliche Lage der Gemeinde erkennbar ist. Hierbei werden die<br />

(kaufmännischen) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zugrunde gelegt, soweit nicht die Besonderheiten<br />

des gemeindlichen Haushaltswesens davon Abweichungen erforderlich machen. Der Eröffnungsbilanz<br />

als erste Bilanz der Gemeinde kommt daher eine Sonderstellung zu, weil in kurzer Zeit sämtliche Vermögensgegenstände<br />

und Schulden bei laufender Geschäftstätigkeit zu erfassen und zu bewerten sind. Diese<br />

Wertermittlung für die Eröffnungsbilanz ist auf der Basis von vorsichtig geschätzten Zeitwerten erfolgt.<br />

- § 93 Finanzbuchhaltung<br />

Die Einführung des Ressourcenverbrauchskonzepts im gemeindlichen Haushaltsrecht und des kaufmännischen<br />

Rechnungsstils der doppelten Buchführung für Gemeinden hat in Anlehnung an das kaufmännische<br />

Rechnungswesen dazu geführt, im gemeindlichen Haushaltsrecht besondere Regelungen über eine Finanzbuchhaltung<br />

zu erlassen. In der gemeindlichen Finanzbuchhaltung sollen alle gemeindlichen Geschäftsvorfälle<br />

und die dadurch bedingten Veränderungen der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde erfasst werden. Sie hat die Angaben zu machen und die Daten zu liefern, die eine Grundlage für<br />

den gemeindlichen Haushaltsplan mit Ergebnisplan und den Finanzplan sowie für den Jahresabschluss der<br />

Gemeinde mit Ergebnisrechnung, Finanzrechnung und der Bilanz bilden sollen.<br />

Zur gemeindlichen Finanzbuchhaltung sind daher Umfang, Form und Inhalt in Grundsätzen und unter Sicherheitsaspekten<br />

auch besondere Vorgaben für die Zahlungsabwicklung bestimmt worden. Die Regelungen<br />

zur gemeindlichen Finanzbuchhaltung sind unter Einbeziehung der örtlichen Gegebenheiten von der Gemeinde<br />

eigenverantwortlich weiter auszugestalten. Sie enthalten deshalb keine Festlegungen über die organisatorische<br />

Ausgestaltung der Finanzbuchhaltung vor Ort, sondern eröffnen Gestaltungsspielräume für die<br />

Gemeinde.<br />

- § 94 Übertragung der Finanzbuchhaltung<br />

Die Vorschrift ermöglicht es der Gemeinde, ihre Finanzbuchhaltung durch Stellen außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

erledigen zu lassen. Die Möglichkeit umfasst dabei nicht die Übertragung der Befugnis zur Bewirtschaftung<br />

von gemeindlichen Haushaltsmitteln, denn die beauftragte Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

soll lediglich die Aufgaben einer gemeindlichen Finanzbuchhaltung erfüllen. Der Dritte, der diese<br />

Aufgabe übernimmt, trägt die Verantwortung für die Durchführung bzw. die ordnungsgemäße Erledigung der<br />

übernommenen Aufgabe regelmäßig im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages.<br />

Der Dritte wird in diesem Zusammenhang, abhängig von der örtlichen Gestaltung der vertraglichen Übertragung,<br />

mit der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe betraut und oftmals nicht als Erfüllungsgehilfe der<br />

Gemeinde tätig. Die Gemeinde kann sich gleichwohl durch die Übertragung der Finanzbuchhaltung auf einen<br />

Dritten nicht aus ihrer Verantwortung für die Aufgabenerledigung der Finanzbuchhaltung selbst entlassen.<br />

Sie trägt weiterhin die Gesamtverantwortung für ihre Finanzbuchhaltung und muss sicherstellen, dass ihr alle<br />

notwendigen Daten rechtzeitig zur Verfügung stehen, um ihre Pflicht zur Aufstellung eines gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses nach Ablauf des Haushaltsjahres rechtzeitig nachkommen zu können.<br />

- § 95 Jahresabschluss<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss lehnt sich hinsichtlich seiner Funktion an den handelsrechtlichen Jahresabschluss<br />

für große Kapitalgesellschaften an. Er geht aber in seiner Aufgabe noch weiter, denn er hat nicht<br />

nur eine Rechnungslegungsfunktion. Durch seine Belegfunktion soll aufgezeigt werden, dass im Haushaltsjahr<br />

die gemeindliche Haushaltswirtschaft nach den Vorgaben des Rates der Gemeinde in der Haushaltssat-<br />

GEMEINDEORDNUNG 320


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

zung unter Einhaltung der im gemeindlichen Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen ausgeführt worden<br />

ist. Mit seinen Bestandteilen und Anlagen soll der gemeindliche Jahresabschluss daher ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde zu<br />

vermitteln.<br />

Den Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft wird mit dem gemeindlichen Jahresabschluss ermöglicht,<br />

sich ein Bild über die Ergebnisse der gemeindlichen Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

sowie über den Stand der wirtschaftlichen Lage und die weitere Entwicklung der Gemeinde zu<br />

machen. Die Gemeinde hat daher unter Beachtung der rechtlichen Vorschriften und des Maßgeblichkeitsprinzips<br />

sowie des Vollständigkeitsgebots ihren Jahresabschluss so aufzubauen und auszugestalten, dass er<br />

die Beurteilung der Ergebnisse der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und der wirtschaftlichen Lage der<br />

Gemeinde ermöglicht. Daher stehen beim gemeindlichen Jahresabschluss die Aufgabe der jahresbezogenen<br />

Ergebnisermittlung und die Informationsfunktion gleichrangig nebeneinander.<br />

Die Aufgaben und haushaltsrechtlichen Vorgaben für den gemeindlichen Jahresabschluss erfordern, dass<br />

zwei Organe der Gemeinde an den Entscheidungen über die Inhalte und Ausgestaltung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses beteiligt sind. Einerseits hat der Bürgermeister den durch den Kämmerer verwaltungsmäßig<br />

aufgestellten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses zu bestätigen. Er hat damit zu verantworten,<br />

dass das ermittelte Jahresergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft zutreffend ist und der Jahresabschluss<br />

insgesamt ein zutreffendes Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde, bezogen auf den Abschlussstichtag<br />

des Haushaltsjahres, vermittelt. Andererseits hat der Rat den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

durch Beschluss festzustellen. Er erkennt dadurch an, dass der gemeindliche Jahresabschluss richtig<br />

ist und dieser Aufgabe gerecht wird.<br />

- § 96 Feststellung des Jahresabschlusses und Entlastung<br />

Der Rat der Gemeinde hat nach Abschluss des Haushaltsjahres die Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans,<br />

soweit diese sich im Jahresabschluss der Gemeinde niederschlägt, zu überprüfen und über das<br />

Ergebnis einen Beschluss zu fassen bzw. den gemeindlichen Jahresabschluss festzustellen. Die Prüfung des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses obliegt dabei dem Rechnungsprüfungsausschuss als Pflichtausschuss<br />

des Rates (vgl. § 57 Absatz 2 i.V.m. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Daran schließt sich die Beratung über die Inhalte<br />

und Prüfung des Jahresabschlusses an, die mit der Feststellung des Jahresabschlusses und der Entscheidung<br />

über die Verwendung des Jahresüberschusses bzw. die Behandlung des Jahresfehlbetrages endet.<br />

Für diese Aufgaben ist der Rat der Gemeinde originär zuständig und kann daher diese Aufgaben nicht<br />

auf Dritte übertragen (vgl. § 41 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe j GO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesem Zusammenhang haben die Ratsmitglieder der Gemeinde über die Entlastung des Bürgermeisters<br />

zu entscheiden. Der Bürgermeister der Gemeinde ist einerseits verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung<br />

des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits hat der<br />

Bürgermeister die Beschlüsse des Rates vorzubereiten und diese unter Kontrolle des Rates und ihm gegenüber<br />

durchzuführen (vgl. § 62 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Dazu gehört auch die Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft nach der vom Rat beschlossenen gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen<br />

(vgl. §§ 78 und 80 GO <strong>NRW</strong>). Die Beauftragung des Bürgermeisters durch den Rat der Gemeinde, die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr auszuführen, beinhaltet daher für den Rat auch eine entsprechende<br />

Prüfungspflicht nach Ablauf dieses Zeitraumes. Sie beinhaltet aber auch eine abschließende<br />

Beurteilung der Tätigkeit des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder im Rahmen ihrer Entscheidung über<br />

die Entlastung des Bürgermeisters.<br />

Die Vorschrift sieht außerdem vor, dass der vom Rat festgestellte Jahresabschluss öffentlich bekannt zu machen<br />

ist. Wegen der Bedeutung der Aufsicht des Landes für die Gemeinden (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>) soll der<br />

Jahresabschluss der Haushaltswirtschaft der Gemeinde jedoch nicht vor der Anzeige an die Aufsichtsbehörde<br />

öffentlich bekannt gemacht werden. Vor der Veröffentlichung des Jahresabschlusses sollte deshalb durch<br />

GEMEINDEORDNUNG 321


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

geeignete Informationen sichergestellt werden, dass die Aufsichtsbehörde keine rechtlichen Bedenken gegen<br />

den vom Rat der Gemeinde festgestellten Jahresabschluss erheben wird. Es bietet sich in diesem Zusammenhang<br />

deshalb an, etwa die gleiche Frist (einen Monat) einzuhalten, wie sie für die Bekanntmachung der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung vorgesehen ist (vgl. § 80 Absatz 5 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Mit der Bekanntmachung des festgestellten Jahresabschlusses der Gemeinde soll erreicht werden, dass die<br />

Einwohner und Abgabepflichtigen bürgerfreundlich und bürgernah sowie sachgerecht über das Ergebnis der<br />

Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres, über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde sowie<br />

über die Chancen und Risiken für die weitere Entwicklung der Gemeinde informiert werden. Die Einwohner<br />

sind einerseits Adressaten des gemeindlichen Handelns und sollen daher andererseits die Arbeit von Rat<br />

und Verwaltung der Gemeinde unterstützen. Daher besteht ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an<br />

Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde als auch über die das Ergebnis der Haushaltswirtschaft<br />

des abgelaufenen Haushaltsjahres. Ggf. sind weitere Informationen über die erfolgreiche Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde zu geben, z.B. in Form eines Nachweises über die von der Öffentlichkeit für das Haushaltsjahr<br />

vorgeschlagene Maßnahmen.<br />

8. Die produktorientierte Haushaltssteuerung<br />

Mit der Reform des gemeindlichen Haushaltsrechts sollte erreicht werden, dass die Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft<br />

vor allem nach den zu erbringenden gemeindlichen Leistungen (Output) steuert. Diese Steuerung soll<br />

unter Einbeziehung des Ressourcenaufkommens und des Ressourcenverbrauchs der Gemeinde im Rahmen der<br />

gemeindlichen Selbstverantwortung erfolgen. Sie erfordert eine besondere Zusammenarbeit in der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft durch den Bürgermeister (Gesamtverantwortung) und den Kämmerer (Finanzverantwortung).<br />

Außerdem soll die Gemeinde dabei betriebswirtschaftliche Instrumente und Methoden einsetzen, z.B. die Rechengrößen<br />

„Erträge“ und „Aufwendungen“, die doppelte Buchführung, die Produktorientierung, Budgetierung,<br />

Leistungskennzahlen, Controlling, aber auch intern die Kosten- und Leistungsrechnung anwenden. Der gemeindliche<br />

Haushalt ist und bleibt dabei das zentrale Steuerungs- und Rechenschaftsinstrument für den Rat der Gemeinde<br />

und die gemeindliche Verwaltung.<br />

Die Ziele des gemeindlichen Haushaltsrechts haben daher zu einer produktorientierten Gliederung des jährlichen<br />

Haushaltsplans geführt (vgl. § 79 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der Gemeinde ist dabei die Befugnis<br />

eingeräumt worden, den Haushaltsplan nach ihren örtlichen Bedürfnissen eigenverantwortlich in Teilpläne zu<br />

untergliedern. Die Gliederung des örtlichen Haushaltsplans soll die Gemeinde deshalb nach ihren Steuerungs-<br />

und Informationsbedürfnissen ausrichten. Dabei beschränkt sich die haushaltsmäßige Verpflichtung der Gemeinden<br />

allein auf die 17 verbindlichen Produktbereiche, die das unverzichtbare Mindestmaß an Einheitlichkeit und<br />

Information wieder spiegeln (vgl. Nr. 1.2.3 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl.<br />

<strong>NRW</strong>. 6300).<br />

Die zeitgemäße Gliederung des örtlichen Haushaltsplans liegt nunmehr in der Eigenverantwortung der Gemeinde.<br />

Mit den Teilplänen im Haushaltsplan wird dem Budgetrecht des Rates ausreichend Rechnung getragen. Der<br />

Rat muss neben den Festlegungen der Erträge und Aufwendungen sowie der Einzahlungen und Auszahlungen<br />

auch sachliche produktorientierte Zuordnungen unter Beachtung der stetigen Aufgabenerfüllung und der gemeindlichen<br />

dauernden Leistungsfähigkeit treffen. Deren Umsetzung durch die gemeindliche Verwaltung erfordert<br />

auch ggf. die Fortentwicklung der Führungsmethoden (Management), zu der insbesondere die Steuerung über<br />

Ziele und Zielvereinbarungen auf allen Verwaltungsebenen sowie zwischen Rat und Verwaltung gehört. Die Möglichkeit,<br />

die Zielerreichung mit Hilfe von messbaren Leistungskennzahlen nachprüfen zu können, darf dabei nicht<br />

vergessen werden. Örtliche Ziele und messbare Leistungskennzahlen sollen deshalb auf allen Gliederungsebenen<br />

des gemeindlichen Haushaltsplans vereinbart und ausgewiesen werden (vgl. § 12 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 322


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

9. Die Abgabe von Verpflichtungserklärungen der Gemeinde<br />

9.1 Die Verpflichtungsgeschäfte der Gemeinde<br />

Im Geschäftsverkehr der Gemeinde ist bei vielen Geschäftsvorfällen in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher<br />

Form die Abgabe von Erklärungen durch die Gemeinde unerlässlich, z. B. bei Verträgen mit Dritten. Zu den<br />

haushaltswirtschaftlichen Geschäften der Gemeinde, bei denen es der Abgabe einer Verpflichtungserklärung<br />

durch die Gemeinde bedarf, ist die Aufnahme von Krediten für Investitionen oder von Krediten zur Liquiditätssicherung,<br />

aber auch die Übernahme von Bürgschaften zu zählen (vgl. §§ 86, 87 und 89 GO <strong>NRW</strong>). Bei Verträgen<br />

über den Erwerb oder die Veräußerung von Vermögensgegenständen durch die Gemeinde ist ebenfalls die<br />

Schriftform erforderlich (vgl. § 90 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Derartige gemeindliche Geschäfte beinhalten besondere Verpflichtungen, sodass die Erklärung der Gemeinde<br />

dazu grundsätzlich der Schriftform nach § 64 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong> bedarf. Der Begriff „Schriftform“ beinhaltet<br />

dabei, dass die Willenserklärung der Gemeinde in Textform und mit Unterzeichnung zu erfolgen hat (vgl. dazu<br />

auch § 126 BGB). Die schriftliche Form kann bei Verpflichtungsgeschäften der Gemeinde nicht durch die elektronische<br />

Form ersetzt werden. Fehlt bei einer gemeindlichen Verpflichtungserklärung die zweite Unterschrift, muss<br />

dieses Geschäft oder ein Vertrag der Gemeinde als schwebend unwirksam angesehen werden, soweit es sich<br />

nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt (vgl. § 64 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Bei der Abgabe von Erklärungen<br />

der Gemeinde zudem zu beachten, dass die Erklärungen der Gemeinde, die nicht den Formvorschriften<br />

der Gemeindeordnung entsprechen, nicht die Gemeinde in der Sache binden (vgl. § 64 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

9.2 Der Bürgermeister als Vertreter der Gemeinde<br />

Der Bürgermeister ist, unbeschadet der dem Rat und seinen Ausschüssen zustehenden Entscheidungsbefugnisse<br />

der gesetzliche Vertreter der Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsgeschäften (vgl. § 63 Absatz 1 Satz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Daher sind Verpflichtungserklärungen der Gemeinde vom Bürgermeister oder seinem allgemeinen Vertreter<br />

und einem vertretungsberechtigten Bediensteten zu unterzeichnen vgl. § 64 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Mit<br />

dieser gesetzlichen Vorgabe wird der Zweck verfolgt, die Gemeinde vor übereilten Erklärungen zu schützen. Die<br />

Gemeinde soll sich außerdem Klarheit über den Inhalt der neuen Verpflichtung verschaffen. Außerdem ist im<br />

Innenverhältnis die interne Zuständigkeit klären, z. B. die sachliche Entscheidungszuständigkeit im Verhältnis<br />

zwischen dem Rat der Gemeinde und dem Bürgermeister (vgl. §§ 41 und 62 GO <strong>NRW</strong>).<br />

9.3 Die Ausführung eines Ratsbeschlusses<br />

Im Zusammenhang gemeindlichen Verpflichtungsgeschäften stellt ein Beschluss des Rates der Gemeinde über<br />

den Eingang von Verpflichtungen für die Gemeinde keine unmittelbare Erklärung im Sinne der Vorschrift des § 64<br />

GO <strong>NRW</strong> dar. Der Rat und der Bürgermeister sind Organe der Gemeinde und stehen nicht in einer hierachischen<br />

Ordnung zueinander, z. B. stellt der Rat keine höhere Verwaltungsbehörde gegenüber dem Bürgermeister dar.<br />

Ein Ratsbeschluss erreicht daher erst dann eine Außenwirkung, wenn der Beschluss durch die gemeindliche<br />

Verwaltung ausgeführt bzw. umgesetzt wird. Es ist dazu gesetzlich bestimmt worden, dass der Bürgermeister die<br />

Beschlüsse des Rates unter dessen Kontrolle und in Verantwortung ihm gegenüber ausführt (vgl. § 62 Absatz 2<br />

Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Festlegung gilt für die gesamte Haushaltswirtschaft der Gemeinde. Es werden deshalb auch durch den<br />

gemeindlichen Haushaltsplan keine Ansprüche und Verbindlichkeiten Dritter begründet oder aufgehoben (vgl. §<br />

79 Absatz 3 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Zuständigkeit des Rates der Gemeinde für den Beschluss über die Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen, also auch den Haushaltsplan, verändert nicht die Sachlage (vgl. § 80 Absatz 5 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Es besteht daher kein Handeln zulasten der Gemeinde, wenn ein Ratsbeschluss noch nicht vom Bürger-<br />

GEMEINDEORDNUNG 323


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

meister ausgeführt wurde. Die Verpflichtung für die Gemeinde setzt erst durch den tatsächlichen Abschluss einer<br />

vertraglichen Vereinbarung ein. Diese Vereinbarung durch die Gemeinde muss sich dabei im Rahmen des vom<br />

Rat gefassten Ratsbeschlusses bewegen. Das Kontrollrecht des Rates verpflichtet dabei den Bürgermeister, den<br />

Rat jederzeit über die Ausführung der Ratsbeschlüsse eine sachgerechte und ausreichende Auskunft zu geben<br />

(vgl. § 55 GO <strong>NRW</strong>).<br />

9.4 Die Vertretung bei Geschäften der laufenden Verwaltung<br />

Die ausdrückliche gesetzliche Vorgabe, dass Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll,<br />

der Schriftform bedürfen, besteht nicht für die gemeindlichen Geschäfte, die der laufenden Verwaltung zuzurechnen<br />

sind (vgl. § 64 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). In solchen Fällen obliegt dem Bürgermeister die Verantwortung dafür und<br />

außerdem die alleinige Vertretung der Gemeinde in gemeindlichen Rechts- und Verwaltungsgeschäften. Die<br />

Form der Verpflichtungserklärung der Gemeinde bestimmt sich in diesen Fällen nach den allgemeinen Vorschriften<br />

im Rechtsverkehr.<br />

Der Bürgermeister kann aufgrund seiner gesetzlichen Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für die Leitung und<br />

Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung der Gemeinde (vgl. § 62 Absatz 1 Satz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>) bei Bedarf auch einzelne Bedienstete der gemeindlichen Verwaltung mit der Abgabe von verpflichtenden<br />

Erklärungen beauftragen. Er soll dabei die Art und den Umfang der Unterschriftbefugnisse und der Zuständigkeiten<br />

der einzelnen Bediensteten konkret festlegen. Diese Bediensteten handeln dann bei der Abwicklung gemeindlicher<br />

Geschäfte im Auftrag des Bürgermeisters.<br />

10. Die Anzeige- und Genehmigungspflichten<br />

Nach der Gemeindeordnung soll die Aufsicht des Landes die Gemeinde in ihren Rechten schützen und die Erfüllung<br />

der Pflichten sichern (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde hat daher die Aufgabe die Gesetzmäßigkeit<br />

der Verwaltung der Gemeinde zu überwachen (vgl. § 119 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Ihr stehen verschiedene Aufsichtsmittel<br />

zur Verfügung, z.B. ein Unterrichtungsrecht, ein Beanstandungsrecht (vgl. §§ 121 und 122 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Umfang der Aufsicht ist dabei u.a. auch von der jeweiligen gemeindlichen Aufgabe und der Ausführung ihrer<br />

Haushaltswirtschaft abhängig. Eine Vielzahl von Tatbeständen zur Beteiligung der Aufsichtsbehörde wird nachfolgend<br />

aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Die haushaltswirtschaftlichen Anzeige- und Genehmigungspflichten<br />

GEGENSTAND<br />

Anzeige der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen.<br />

Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes.<br />

Anzeige der Nachtragssatzung.<br />

Ausnahmezulassung vom Verbot der Bestellung von Sicherheiten<br />

zur Sicherung eines Kredites.<br />

Genehmigung der Aufnahme einzelner Kredite bei einer Störung<br />

des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.<br />

GEMEINDEORDNUNG 324<br />

VORSCHRIFT<br />

§ 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 81 Absatz 1 i.V.m. § 80 Absatz 5 GO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 86 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 86 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

8. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die haushaltswirtschaftlichen Anzeige- und Genehmigungspflichten<br />

GEGENSTAND<br />

Ausnahmezulassung vom Verbot der Bestellung von Sicherheiten<br />

zugunsten Dritter.<br />

Anzeige einer Entscheidung über die Übernahme von Bürgschaften<br />

und bei einer Entscheidung über die Übernahme von Gewährverträgen.<br />

Anzeige einer Entscheidung über Rechtsgeschäfte, die der<br />

Übernahme einer Bürgschaft oder einem Gewährvertrag gleichkommen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 325<br />

VORSCHRIFT<br />

§ 87 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 87 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 87 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

Genehmigung von Änderungen bei örtlichen Stiftungen. § 100 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

Anzeige eines Fehlbetrages als in der Ergebnisrechnung oder<br />

eines höheren Fehlbetrages als geplant.<br />

Anzeige der Feststellung des Jahresabschlusses.<br />

Anzeige der Bestätigung des Gesamtabschlusses.<br />

Anzeige der Bestätigung des Gesamtabschlusses<br />

Zulassungsverfügung bei Einleitung einer Zwangsvollstreckung<br />

gegen eine Gemeinde.<br />

§ 75 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 128 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 29 „Die haushaltswirtschaftlichen Anzeige- und Genehmigungspflichten“<br />

Die Einbeziehung der Aufsichtsbehörde als Rechtsaufsichtsbehörde in die gemeindliche Haushaltswirtschaft wird<br />

daher in einer Vielzahl von haushaltsrechtlichen Bestimmungen ausdrücklich festgelegt. Der Gemeinde obliegt<br />

dabei die Aufgabe, die örtlichen Sachverhalte selbst danach zu beurteilen, ob im Einzelfall die Aufsichtsbehörde<br />

zu beteiligen ist. Bei regelmäßigen jährlichen Pflichten der Gemeinde, z. B. die Anzeige der beschlossenen<br />

Haushaltssatzung, muss die Aufsichtsbehörde ggf. auch von sich aus tätig werden, wenn die Gemeinde ihren<br />

Beteiligungspflichten nicht fristgerecht nachkommt.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75<br />

Allgemeine Haushaltsgrundsätze<br />

(1) 1 Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben<br />

gesichert ist. 2 Die Haushaltswirtschaft ist wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen. 3 Dabei ist den<br />

Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen.<br />

(2) 1 Der Haushalt muss in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein. 2 Er ist ausgeglichen, wenn<br />

der Gesamtbetrag der Erträge die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen erreicht oder übersteigt. 3 Die<br />

Verpflichtung des Satzes 1 gilt als erfüllt, wenn der Fehlbedarf im Ergebnisplan und der Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung<br />

durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt werden können.<br />

(3) 1 Die Ausgleichsrücklage ist in der Bilanz zusätzlich zur allgemeinen Rücklage als gesonderter Posten des<br />

Eigenkapitals anzusetzen. 2 Der Ausgleichsrücklage können Jahresüberschüsse durch Beschluss nach § 96 Absatz<br />

1 Satz 2 zugeführt werden, soweit ihr Bestand nicht den Höchstbetrag von einem Drittel des Eigenkapitals<br />

erreicht hat.<br />

(4) 1 Wird bei der Aufstellung der Haushaltssatzung eine Verringerung der allgemeinen Rücklage vorgesehen,<br />

bedarf dies der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. 2 Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Aufsichtsbehörde<br />

nicht innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrages der Gemeinde eine andere Entscheidung trifft. 3 Die<br />

Genehmigung kann unter Bedingungen und mit Auflagen erteilt werden. 4 Sie ist mit der Verpflichtung, ein Haushaltssicherungskonzept<br />

aufzustellen, zu verbinden, wenn die Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 vorliegen.<br />

(5) 1 Weist die Ergebnisrechnung bei der Bestätigung des Jahresabschlusses gem. § 95 Abs. 3 trotz eines ursprünglich<br />

ausgeglichenen Ergebnisplans einen Fehlbetrag oder einen höheren Fehlbetrag als im Ergebnisplan<br />

ausgewiesen aus, so hat die Gemeinde dies der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen. 2 Die Aufsichtsbehörde<br />

kann in diesem Fall Anordnungen treffen, erforderlichenfalls diese Anordnungen selbst durchführen oder –<br />

wenn und solange diese Befugnisse nicht ausreichen – einen Beauftragten bestellen, um eine geordnete Haushaltswirtschaft<br />

wieder herzustellen. 3 §§ 123 und 124 gelten sinngemäß.<br />

(6) Die Liquidität der Gemeinde einschließlich der Finanzierung der Investitionen ist sicherzustellen.<br />

(7) 1 Die Gemeinde darf sich nicht überschulden. 2 Sie ist überschuldet, wenn nach der Bilanz das Eigenkapital<br />

aufgebraucht ist.<br />

Erläuterungen zu § 75:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft ist ein Instrument, das für die Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben zwingend<br />

notwendig ist und dem Bestand und der wirtschaftlichen Entwicklung der Körperschaft „Gemeinde“ dient.<br />

Sie stellt eine allgemeine und auf die Körperschaft bezogene Aufgabe und Grundlage im Rahmen ihrer Selbstverwaltung<br />

dar (vgl. § 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Erfüllung der örtlichen Sach- und Fachaufgaben wird dabei hinsichtlich<br />

ihrer finanzwirtschaftlichen Auswirkungen durch die gemeindliche Haushaltswirtschaft ermöglicht. Die<br />

Gemeinde hat daher ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung der Aufgaben<br />

der Gemeinde gesichert ist. Sie hat aber auch ihre Haushaltswirtschaft wirtschaftlich, effizient und sparsam zu<br />

GEMEINDEORDNUNG 326


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

führen, damit die gemeindliche Leistungsfähigkeit dauerhaft besteht (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 1 und 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft ist dabei von der Gemeinde in eigener Verantwortung und unter Berücksichtigung<br />

des gemeindlichen Haushaltsrechts sowie der örtlichen Gegebenheiten auszugestalten.<br />

Die Gemeinde ist gefordert, dazu die sachlich und fachlich sowie die organisatorisch erforderlichen Maßnahmen<br />

in eigener Verantwortung zu treffen. Dazu gehört auch die Beteiligung der Einwohner der Gemeinde sowie der<br />

übrigen Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Die Ausführung der Haushaltswirtschaft durch die<br />

gemeindliche Verwaltung erfordert daher für jedes Haushaltsjahr die notwendigen Ermächtigungen als bindende<br />

Grundlage. Diese Grundlage schafft der Rat der Gemeinde im Rahmen seiner Zuständigkeiten und seines<br />

Budgetrechtes durch den Erlass einer jährlichen Haushaltssatzung (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Satzung ist dabei eine Ausprägung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde, denn diese kann ihre<br />

Angelegenheiten durch örtliche Satzungen regeln (vgl. § 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Ein auf der Haushaltssatzung der Gemeinde aufbauender gemeindlicher Haushalt ist gleichzeitig aber auch Ausdruck<br />

der Finanzhoheit der Gemeinde. Es muss dabei von der Gemeinde gewährleistet werden, dass durch die<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen mindestens alle gesetzlich bestimmten Festsetzungen für das Haushaltsjahr<br />

getroffen werden und diese auch alle Ermächtigungen für die gemeindliche Verwaltung enthält. Die Festsetzungen<br />

müssen zur Ausführung und Einhaltung des gemeindlichen Haushaltsplans im Haushaltsjahr sowie für den<br />

Nachweis der Haushaltswirtschaft im Jahresabschluss für das Haushaltsjahr notwendig sein.<br />

Die allgemeinen Grundsätze dieser Vorschrift gelten für die gesamte Haushaltswirtschaft der Gemeinde. An erster<br />

Stelle steht die Sicherstellung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung. An diesem Ziel hat die Gemeinde ihre<br />

gesamte Haushaltswirtschaft zukunftsbezogen auszurichten. Unter Beachtung der verfügbaren Ressourcen genügt<br />

es dabei nicht, den Blick nur auf das Haushaltsjahr und die folgenden drei Planungsjahre der mittelfristigen<br />

Ergebnis- und Finanzplanung zu richten. Die Gemeinde muss vielmehr einen längeren Zeitraum unter Berücksichtigung<br />

der intergenerativen Gerechtigkeit im Blick haben, um die Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben stetig<br />

und dauerhaft zu sichern bzw. zu gewährleisten.<br />

Diese Erfordernisse zeigen sich insbesondere durch bestehende oder neue langfristige Vereinbarungen der Gemeinde,<br />

die teilweise eine Laufzeit von mehreren Jahrzehnten haben, z.B. Kreditverträge oder Miet- und Leasingverträge.<br />

Die Gemeinde muss daher angemessene Rahmenbedingungen schaffen und eigenverantwortlich ihre<br />

langfristige Entwicklung planen. Diese Sachlage erfordert von der Gemeinde die Berücksichtigung von ertragswirksamen<br />

und aufwandswirksamen Aspekten, finanziellen Handlungsmöglichkeiten sowie ggf. auch Anpassungen<br />

von Verwaltungsstrukturen und Arbeitsabläufen. Ein Leitbild und die daraus entwickelten strategischen Ziele<br />

können dabei die langfristige Entwicklung der Gemeinde unterstützen. Es gilt daher, die künftig zu erwartenden<br />

Veränderungen bereits bei den heutigen haushaltswirtschaftlichen Vorhaben und Maßnahmen nicht außer Betracht<br />

zu lassen.<br />

1.2 Der Begriff „Haushaltswirtschaft“<br />

Der Begriff „Haushaltswirtschaft“ ist haushaltsrechtlich nicht ausdrücklich geregelt. Nach allgemeiner Auffassung<br />

gehören hierzu alle Dinge und Tätigkeiten der Gemeinde, die mit der Vorbereitung, Aufstellung und Ausführung<br />

des jährlichen Haushaltsplans (Ergebnisplan und Finanzplan sowie Anlagen) und mit der Vorbereitung, Aufstellung<br />

und Prüfung des Jahresabschlusses (Ergebnisrechnung, Finanzrechnung und Bilanz sowie Anlagen) zusammenhängen.<br />

Die Beschlüsse des Rates der Gemeinde sind dabei darin eingeschlossen. Dazu gehört auch<br />

die Verwaltung des gemeindlichen Vermögens und der Schulden, denn diese Aufgabe entsteht aus der Ausführung<br />

der jährlichen Haushaltswirtschaft.<br />

Zur gemeindlichen Haushaltswirtschaft gehört aber auch die Aufgabe der Gemeinde, einen Gesamtabschluss<br />

unter Einbeziehung der Jahresabschlüsse der gemeindlichen Verwaltung und der Betriebe der Gemeinde aufzu-<br />

GEMEINDEORDNUNG 327


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

stellen (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>). Durch diesen Abschluss als Abbildung der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde<br />

werden die Qualität der Rechenschaft und des Nachweises der Aufgabenerledigung im abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr wesentlich erhöht. Mit dem beizufügenden gemeindlichen Beteiligungsbericht werden ein Bild über<br />

die wirtschaftliche Lage der einzelnen Betriebe der Gemeinde und deren Aufgabenerfüllung geboten. Auf diesen<br />

Informationen und den Rechten der Gemeinde als Gesellschafter soll die gemeindliche Gesamtsteuerung der<br />

wirtschaftlichen Einheit „Gemeinde“ aufbauen.<br />

1.3 Der Rahmenbegriff „Haushalt“<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft wird bei unterschiedlichen Gegebenheiten vielfach der Begriff<br />

„Haushalt“ verwendet. Der Begriff umfasst dabei grundsätzlich die haushaltsrechtlich bestimmten Bestandteile,<br />

mit deren Hilfe die gemeindliche Haushaltswirtschaft jährlich geplant, ausgeführt und abgerechnet wird. Unter den<br />

Begriff wird daher vorrangig die gemeindliche Haushaltssatzung mit dem Haushaltsplan (Ergebnisplan, Finanzplan<br />

und Teilpläne erfasst (vgl. §§ 78 und § 79 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Unter den Begriff fallen aber auch der gemeindliche Jahresabschluss (Ergebnisrechnung, Finanzrechnung, Teilrechnungen,<br />

Bilanz und Anhang nach § 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>) sowie der gemeindliche Gesamtabschluss (Gesamtergebnisrechnung,<br />

Gesamtbilanz und Gesamtanhang nach § 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Der Haushalt der<br />

Gemeinde ist und bleibt dabei das zentrale Steuerungs- und Rechenschaftsinstrument der gemeindlichen Verwaltung.<br />

Nach dem gemeindlichen Haushaltsrecht stellt der Rahmenbegriff „Haushalt“ außerdem einen Teilbereich<br />

des Rahmenbegriffs „Haushaltswirtschaft“ dar.<br />

1.4 Das Drei-Komponentensystem des NKF<br />

1.4.1 Allgemeine Zusammenhänge<br />

Mit der Entscheidung für das Neue Kommunale Finanzmanagement ist eine Grundsatzentscheidung für das<br />

kaufmännische Rechnungswesen als „Referenzmodell“ für die Haushaltswirtschaft der Gemeinden getroffen<br />

worden. Für das NKF erfolgt insoweit eine Orientierung am Handelsgesetzbuch (HGB) und an den Grundsätzen<br />

ordnungsmäßiger Buchführung (GoB), als die spezifischen Ziele und Aufgaben der Haushaltswirtschaft der Gemeinden<br />

dem nicht entgegenstehen. Auf dieser Grundlage ist ein gemeindliches Haushaltswesen entwickelt<br />

worden, das sich auf die Komponenten „Ergebnisrechnung“ und „Bilanz“ sowie „Finanzrechnung“ stützt und diese<br />

miteinander verknüpft.<br />

Diese drei eigenständigen Teile werden als „Drei-Komponentensystem“ des NKF bezeichnet, das ein in sich<br />

geschlossenes und ressourcenorientiertes Haushaltssystem darstellt. Gleichzeitig sind die Rechengrößen „Ertrag“<br />

und „Aufwand“ für die Ergebnisrechnung sowie die Rechengrößen „Einzahlungen“ und „Auszahlungen“ für<br />

die Finanzrechnung eingeführt worden. Das Drei-Komponentensystem knüpft dabei im Übrigen an die internationalen<br />

Rechnungslegungsvorschriften für den öffentlichen Bereich (IPSAS) an. Bei der Gemeinde soll zudem das<br />

doppische Buchungssystem für die Erfassung und den Nachweis der gemeindlichen Geschäftsvorfälle zur Anwendung<br />

kommen.<br />

Die Ergebnisrechnung, die Bilanz und die Finanzrechnung als Komponenten und Bestandteile des NKF sind, wie<br />

nachfolgend dargestellt, unmittelbar miteinander verknüpft worden (vgl. Abbildung: Quelle: NKF-Dokumentation<br />

2003 Seite 122).<br />

GEMEINDEORDNUNG 328


Finanzrechnung<br />

Einzahlungen<br />

./.<br />

Auszahlungen<br />

Finanzmittelsaldo<br />

1.4.2 Die Ergebnisrechnung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Drei-Komponenten-System des NKF<br />

Bilanz<br />

Aktiva Passiva<br />

Vermögen<br />

Liquide Mittel Fremdkapital<br />

GEMEINDEORDNUNG 329<br />

Eigenkapital<br />

Abbildung 33 „Das Drei-Komponenten-System des NKF“<br />

Ergebnisrechnung<br />

Erträge<br />

./.<br />

Aufwendungen<br />

Ergebnissaldo<br />

Die Ergebnisrechnung entspricht der kaufmännischen Gewinn- und Verlust-Rechnung und beinhaltet die Aufwendungen<br />

und Erträge der Gemeinde (vgl. § 38 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie steht in unmittelbarer Verbindung mit dem<br />

Eigenkapital in der gemeindlichen Bilanz. Ihr Aufbau, die Ertrags- und Aufwandsarten und die Zwischensummen<br />

und -salden unterstützen den eigenständigen Informationswert der Ergebnisrechnung hinsichtlich des periodenbezogenen<br />

Ressourcenaufkommens und des Ressourcenverbrauchs.<br />

Das Jahresergebnis in der Ergebnisrechnung wird als Überschuss der Erträge über die Aufwendungen oder als<br />

Fehlbetrag in die Bilanz übernommen. Es bildet unmittelbar die Veränderung des Eigenkapitals der Gemeinde ab.<br />

Das Jahresergebnis bildet dabei den Saldo aus den ordentlichen Aufwendungen und Erträgen, den Finanzaufwendungen<br />

und Finanzerträgen sowie den außerordentlichen Aufwendungen und Erträgen ab. Dadurch werden<br />

das Ressourcenaufkommen und der Ressourcenverbrauch der Gemeinde abgebildet. Als Planungsinstrument ist<br />

der Ergebnisplan der wichtigste Bestandteil des neuen Haushaltsplans.<br />

1.4.3 Die Bilanz<br />

Für den gemeindlichen Jahresabschluss ist die Bilanz als wichtigster Teil anzusehen. Sie weist das Vermögen<br />

der Gemeinde und dessen Finanzierung durch Eigen- oder Fremdkapital nach (vgl. § 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die<br />

Grundlage der Bilanz ist dabei die Erfassung und Bewertung des gemeindlichen Vermögens. Die Regeln für<br />

Ansatz und Bewertung (Bilanzierung) der gemeindlichen Vermögensgegenstände sind unter Einbeziehung der<br />

kaufmännischen Normen bestimmt worden.<br />

Die gemeindliche Bilanz wird mit einer Aktivseite und einer Passivseite dargestellt. Auf der Aktivseite befinden<br />

sich in enger Anlehnung an das HGB das Anlage- und das Umlaufvermögen der Gemeinde. Auf der Passivseite<br />

werden das Eigenkapital sowie die Rückstellungen und die Verbindlichkeiten ausgewiesen. Die einzelnen Bilanzposten<br />

sind dabei unter Einbeziehung der gemeindlichen Bedürfnisse bestimmt worden. Die Struktur der Bilanz


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

spiegelt daher die gemeindlichen Verhältnisse wieder, z. B. durch die Abbildung des Infrastrukturvermögens nach<br />

den Hauptarten, z. B. Straßen.<br />

1.4.4 Die Finanzrechnung<br />

Die Finanzrechnung beinhaltet alle Einzahlungen und Auszahlungen der Gemeinde (vgl. § 39 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Sie steht in unmittelbarer Verbindung mit den liquiden Mitteln in der gemeindlichen Bilanz. Ihr Aufbau, die Einzahlungs-<br />

und Auszahlungsarten und die Zwischensummen und -salden unterstützen den eigenständigen Informationswert<br />

der Finanzrechnung, insbesondere hinsichtlich der jahresbezogenen Veränderung der liquiden Mittel<br />

sowie des Bedarfs an Fremdfinanzierung.<br />

Der Liquiditätssaldo aus der Finanzrechnung bildet daher die Veränderung des Bestands an liquiden Mitteln der<br />

Gemeinde in der Bilanz ab. Die Finanzrechnung knüpft dabei im Übrigen an internationale Rechnungslegungsvorschriften<br />

für Kapitalgesellschaften an (vgl. IFRS). Die Pflicht zur Aufstellung der Finanzrechnung und des Finanzplans<br />

als Planungsinstrument ist insbesondere aus den Besonderheiten der öffentlichen Haushaltsplanung<br />

und Rechenschaftslegung hergeleitet.<br />

2. Die Produktorientierung im gemeindlichen Haushalt<br />

2.1 Die Gliederung in produktorientierte Teilpläne<br />

Der Haushalt ist und bleibt das zentrale Steuerungs- und Rechenschaftsinstrument in der Haushaltswirtschaft der<br />

Gemeinde. Die mit der Reform des Gemeindehaushaltsrechts angestrebten Ziele, die Steuerung der Gemeinde<br />

zu verbessern und den Ressourcenverbrauch vollständig zu berücksichtigen, haben dazu geführt, die Gliederung<br />

des gemeindlichen Haushaltsplans stärker an den örtlichen Steuerungsbedürfnissen auszurichten. Dazu gehörte<br />

auch, die Produktorientierung darin zu verankern (vgl. § 79 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Den Gemeinden wird daher die Befugnis eingeräumt, den Haushaltsplan nach ihren örtlichen Bedürfnissen eigenverantwortlich<br />

in produktorientierte Teilpläne zu gliedern (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Festlegung einer<br />

Steuerungsebene auf der Ebene der Produktbereiche, Produktgruppen oder Produkte trägt dabei wesentlich zur<br />

Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung bei. Der Rahmen bzw. die Möglichkeiten für die Bildung von produktorientierten<br />

Teilplänen werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

GLIEDERUNGSARTEN<br />

Teilpläne<br />

nach<br />

Produktbereichen<br />

Teilpläne<br />

nach<br />

Produktgruppen<br />

Teilpläne<br />

nach<br />

Produkten<br />

Die Bildung von produktorientierten Teilplänen<br />

GEMEINDEORDNUNG 330<br />

GLIEDERUNGSVORGABEN<br />

Die Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan sind nach den verbindlich<br />

vorgegebenen Produktbereichen mit Angabe der jeweils dazugehörigen<br />

Produktgruppen und wesentlichen Produkte zu bilden.<br />

Die Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan können nach Produktgruppen<br />

(eigene oder aus dem NKF- oder dem „Länder-<br />

Produktrahmen“) mit mindestens der Angabe der Summen der untergliederten<br />

Teilpläne auf der Ebene der verbindlichen Produktbereiche<br />

aufgestellt werden.<br />

Die Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan können nach Produkten<br />

mit mindestens der Angabe der Summen der untergliederten Teilpläne<br />

auf der Ebene der verbindlichen Produktbereiche aufgestellt werden.


GLIEDERUNGSARTEN<br />

Teilpläne<br />

nach<br />

Verantwortungs-<br />

bereichen<br />

2.2 Der NKF-Produktrahmen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Bildung von produktorientierten Teilplänen<br />

GEMEINDEORDNUNG 331<br />

GLIEDERUNGSVORGABEN<br />

Die Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan können nach örtlichen<br />

Verantwortungsbereichen mit Angabe der Aufgaben und der dafür gebildeten<br />

Produkte sowie mit der Angabe der Summen der untergliederten<br />

Teilpläne auf der Ebene der verbindlichen Produktbereiche aufgestellt<br />

werden.<br />

Abbildung 34 „Die Bildung von produktorientierten Teilplänen“<br />

Die produktorientierten Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan sind auf der Grundlage der 17 verbindlichen<br />

Produktbereiche des NKF-Produktrahmens zu bilden (vgl. NR. 1.2.3 des Runderlasses des Innenministeriums<br />

vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300). Die haushaltswirtschaftliche Produktorientierung soll das nachfolgende<br />

Schema aufzeigen (vgl. Abbildung).<br />

PRODUKT-<br />

FELDER<br />

1 Zentrale<br />

Verwaltung<br />

2 Schule und Kultur<br />

3 Soziales<br />

und Jugend<br />

4 Gesundheit und<br />

Sport<br />

5 Gestaltung der<br />

Umwelt<br />

6 Zentrale Finanz-<br />

Leistungen<br />

Die Produktorientierung nach dem NKF-Produktrahmen<br />

PRODUKT-<br />

BEREICHE<br />

01 Innere<br />

Verwaltung<br />

...<br />

05 Soziale<br />

Leistungen<br />

...<br />

07 Gesundheits-<br />

dienste<br />

...<br />

17 Stiftungen<br />

PRODUKT-<br />

GRUPPEN<br />

Bildung<br />

von<br />

Produktgruppen<br />

nach den örtlichen<br />

Bedürfnissen<br />

PRODUKTE<br />

Bildung<br />

von<br />

Produkten<br />

nach den örtlichen<br />

Bedürfnissen<br />

Abbildung 35 „Die Produktorientierung nach dem NKF-Produktrahmen“<br />

LEISTUNGEN<br />

Festlegung<br />

von<br />

Leistungen<br />

nach den örtlichen<br />

Bedürfnissen<br />

In den Teilplänen des gemeindlichen Haushaltsplans, die als örtliche Steuerungsebene dienen sollen, werden<br />

daher, ergänzend zur Gesamtebene, aussagekräftige Informationen über die Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben<br />

gegeben, z. B. über Schulträgeraufgaben, soziale Hilfen etc. Eine noch weitergehende Bildung von Teilplänen<br />

als Untergliederung der im Haushaltsplan enthaltenen Produktbereiche, z. B. nach Produktgruppen oder<br />

Produkten oder nach der Organisationsgliederung der Verwaltung (Untergliederung nach Verantwortungsbereichen),<br />

ist den Gemeinden nach ihren örtlichen Bedürfnissen freigestellt (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Teilpläne im gemeindlichen Haushalt enthalten dabei Teilergebnis- und Teilfinanzpläne. Sie enthalten auch<br />

aufbauend auf den festgelegten Produkten, die gemeindlichen Ziele und Leistungskennzahlen und ggf. eine Abbildung<br />

der internen Leistungsverrechnung der Gemeinde. Dabei muss jedoch die Gemeinde ihre Ziele im gemeindlichen<br />

Jahresabschluss so gestaltet haben, dass eine Messbarkeit möglich ist (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>).


3. Haushaltsausgleich und Eigenkapital<br />

3.1 Das Eigenkapital<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Mit dem gemeindlichen Jahresabschluss wird aus den geschäftlichen Aktivitäten der Gemeinde im Haushaltsjahr<br />

das haushaltsmäßige Ergebnis und stichtagsbezogen die Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde ermittelt.<br />

Im Rahmen dieser Zwecksetzung hat die Gemeinde auch eine Bilanz aufzustellen. Die gemeindliche Bilanz dient<br />

dabei dem Ausweis des gesamten Vermögens und Schulden der Gemeinde. Sie ist in eine Aktivseite und eine<br />

Passivseite zu gliedern und mit ihr wird auch das gemeindliche Eigenkapital bestimmt.<br />

Das Eigenkapital besteht dabei im Umfang der Differenz zwischen dem gemeindlichen Vermögen (Aktivseite) und<br />

den Schulden der Gemeinde (Verbindlichkeiten und Rückstellungen) unter Einbeziehung der Sonderposten. Es<br />

stellt den Gegenwert für bereits getätigte Investitionen dar oder steht noch für Investitionen der Gemeinde zur<br />

Verfügung, ggf. aber auch zur Deckung eines Fehlbetrages in der gemeindlichen Ergebnisrechnung. Solange die<br />

positiven Bestandteile überwiegen, steht der Gemeinde noch Eigenkapital zur Verfügung. Die Gliederung dieses<br />

Bilanzbereiches ist deshalb in die Regelungen über den gemeindlichen Haushaltsausgleich eingebunden worden.<br />

Das gemeindliche Eigenkapital ist dazu haushaltsrechtlich nicht als Grundkapital oder Nettovermögen in der gemeindlichen<br />

Bilanz ausgerichtet worden ist. Durch die Gliederung des Bilanzbereiches „Eigenkapital“ in einzelne<br />

Rücklagen soll es der Gemeinde möglich gemacht werden, auf defizitäre Haushaltslagen mit einem verträglichen<br />

Eigenkapitalverzehr zu reagieren. Dafür steht haushaltswirtschaftlich betrachtet insbesondere die Ausgleichsrücklage,<br />

aber für besondere Haushaltssituationen auch die allgemeine Rücklage zur Verfügung.<br />

Aufgrund der gemeindlichen Gegebenheiten wird der Bilanzbereich "Eigenkapital" in die Bilanzposten "Allgemeine<br />

Rücklage", "Sonderrücklagen" und "Ausgleichsrücklage" sowie in den Posten „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“<br />

untergliedert (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dabei ergibt sich der Wert der allgemeinen<br />

Rücklage aus der Differenz der Aktivposten zu den übrigen Passivposten. Er hängt somit von der Bewertung der<br />

anderen Bilanzposten ab. Mit dieser Gliederung des Bilanzbereiches werden die Erfordernisse und Besonderheiten<br />

in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft berücksichtigt, sodass den einzelnen gebildeten Bilanzposten jeweils<br />

eine eigene Qualität zuerkannt werden kann.<br />

Das gemeindliche Eigenkapital wird insgesamt als so gewichtig für die gemeindliche Haushaltswirtschaft angesehen,<br />

dass eine unmittelbare Verbindung zum gemeindlichen Haushaltsausgleich geschaffen wurde. Ein Jahresfehlbetrag<br />

der Gemeinde führt daher unmittelbar zur Inanspruchnahme des gemeindlichen Eigenkapitals. Die<br />

Konsequenzen daraus sind dabei an den Umfang der Inanspruchnahme und den betroffenen Bilanzposten angepasst.<br />

Die Aufsichtsbehörde hat deshalb bei einer erforderlich werdenden Genehmigung der Verringerung des<br />

Eigenkapitals der Gemeinde u.a. die qualitätsorientierte Zuordnung des gemeindlichen Eigenkapitals auf die<br />

Ausgleichsrücklage und die allgemeine Rücklage zu berücksichtigen.<br />

3.2 Der Vorrang der Ausgleichsrücklage vor der allgemeinen Rücklage<br />

Nach den gesetzlichen Bestimmungen muss der gemeindliche Haushalt in jedem Jahr in Planung und Rechnung<br />

ausgeglichen sein. Diese Verpflichtung gilt als erfüllt, wenn zur Deckung des Jahresfehlbetrages die Ausgleichsrücklage<br />

in Anspruch genommen werden kann. Ist diese Möglichkeit für die Gemeinde nicht mehr gegeben, muss<br />

sie die allgemeine Rücklage um den Jahresfehlbetrag mindern. Aus diesem Haushaltsausgleichssystem und dem<br />

gesonderten Ansatz der Ausgleichsrücklage im Bereich „Eigenkapital“ auf der Passivseite der Bilanz lässt sich<br />

eine Vorrangstellung der Ausgleichsrücklage gegenüber der allgemeinen Rücklage ableiten. Die allgemeine<br />

Rücklage stellt dabei einen „Restposten“ des gemeindlichen Eigenkapitals dar und deren Verringerung führt nicht<br />

zur Erfüllung der gemeindlichen Verpflichtung zum Haushaltsausgleich.<br />

GEMEINDEORDNUNG 332


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Ein vorgesehene Verringerung der allgemeinen Rücklage bewirkt vielmehr, dass die Aufsichtsbehörde der Gemeinde<br />

in das haushaltswirtschaftliche Geschehen bei der Gemeinde eingebunden werden muss, auch wenn<br />

beide Formen der Inanspruchnahme des gemeindlichen Eigenkapitals einer Festsetzung in der Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde bedürfen (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>). Bei der Inanspruchnahme von Eigenkapital<br />

wird der Vorrang der Ausgleichsrücklage vor der allgemeinen Rücklage noch dadurch gestärkt, dass die Inanspruchnahme<br />

der Ausgleichsrücklage in der Eigenverantwortung der Gemeinde liegt und jede Verringerung der<br />

allgemeinen Rücklage einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf.<br />

Bei einem bestehenden Jahresfehlbetrag ist daher keine generelle Wahlmöglichkeit für die Gemeinde zwischen<br />

diesen beiden Rücklagen des gemeindlichen Eigenkapitals gegeben. Eine solche Möglichkeit kann auch nicht<br />

aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise der bei beiden Formen vorzunehmenden Eigenkapitalverringerung<br />

abgeleitet werden, denn dabei sind auch die Ziele und Zwecke der beiden unterschiedlichen Bilanzposten in die<br />

Beurteilung einzubeziehen. Auch der gleiche Anlass, nämlich das Nichterreichen des „originären“ Haushaltsausgleichs,<br />

für die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage und für die Verringerung der allgemeinen Rücklage gibt<br />

keinen Anlass zur Gleichbehandlung.<br />

Vielmehr zeigt dieser Anlass i.V.m. mit der gesetzlichen Vorschrift über den gemeindlichen Haushaltsausgleich<br />

auf, dass mindestens von der Gemeinde versucht werden muss, einen Jahresabschluss zu erreichen, bei die<br />

Verpflichtung zum gemeindlichen Haushaltsausgleich noch als erfüllt gilt. Eine alternative Vorgehensweise auf<br />

der Grundlage besonderer örtlich vorhandener Gegebenheiten besteht dafür nicht. Die Gemeinde muss bei einem<br />

negativen Jahresergebnis daher immer zuerst die Ausgleichsrücklage in Anspruch zu nehmen. Erst wenn<br />

die Ausgleichsrücklage aufgebraucht ist, darf eine Verringerung der allgemeinen Rücklage erfolgen.<br />

Die Verpflichtung zur vorrangigen Inanspruchnahme der gemeindlichen Ausgleichsrücklage besteht auch dann,<br />

wenn die Mittel der Ausgleichsrücklage insgesamt nicht mehr zur Deckung des entstandenen Jahresfehlbetrages<br />

ausreichen und der Restbetrag mit der allgemeinen Rücklage zu verrechnen ist. In diesen Fällen bedarf es einer<br />

Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Diese soll die Nebenbestimmungen zu dieser Genehmigung möglichst so<br />

fassen, dass sie für die Gemeinde unterstützend wirken, um das gemeindliche Ziel, den Haushaltsausgleich mit<br />

Hilfe von Konsolidierungsmaßnahmen wiederherzustellen, zu erreichen. Die vorrangige Inanspruchnahme der<br />

Ausgleichsrücklage ist bei der Beurteilung eines gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes zu beachten.<br />

3.3 Das Stufenmodell<br />

Durch die Vorschrift wird eine stärkere Verflechtung zwischen der mittelfristigen haushaltswirtschaftlichen Planung<br />

und der Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung erreicht. Dazu gehört auch eine unmittelbare Verbindung<br />

zwischen dem jährlichen Haushaltsausgleich und dem Eigenkapital der Gemeinde. Die stärkere Gewichtung der<br />

mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft führt bei einem fehlenden<br />

Haushaltsausgleich und der deswegen geplanten Inanspruchnahme von Eigenkapital zu dem folgenden Stufenmodell<br />

(vgl. Abbildung).<br />

Das Stufenmodell zur Verringerung der allgemeinen Rücklage<br />

1. Haushaltsausgleich im Haushaltsjahr<br />

nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> erreicht (Anzeigepflicht)<br />

2. Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage im Haushaltsjahr<br />

nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> (Anzeigepflicht)<br />

GEMEINDEORDNUNG 333


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Stufenmodell zur Verringerung der allgemeinen Rücklage<br />

3. Verringerung der allgemeinen Rücklage<br />

a. im Haushaltsjahr unterhalb des Schwellenwertes des § 76 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

(einfache Genehmigung),<br />

b. im Haushaltsjahr oberhalb des Schwellenwertes des § 76 Absatz 1 Nummer 1 GO<br />

<strong>NRW</strong> (genehmigungspflichtiges Haushaltssicherungskonzept),<br />

c. in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren oberhalb der Schwellenwerte des<br />

§ 76 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> (genehmigungspflichtiges Haushaltssicherungs-<br />

konzept),<br />

d. bis zum Verbrauch innerhalb der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung als<br />

Schwellenwert des § 76 Absatz 1 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong><br />

(genehmigungspflichtiges Haushaltssicherungskonzept).<br />

Abbildung 36 „Das Stufenmodell zur Verringerung der allgemeinen Rücklage“<br />

Die Gemeinde muss dabei im Blick haben, dass die Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben auf Dauer, also nachhaltig<br />

und periodenübergreifend, gewährleistet werden muss. Es genügt nicht, die gemeindliche Aufgabenerfüllung<br />

nur für das jeweils aktuelle Haushaltsjahr zu sichern, sondern die stetige Aufgabenerfüllung muss auch in<br />

der Zukunft gesichert sein. Die Einhaltung dieser Vorgabe soll im gemeindlichen Haushaltsplan durch die drei<br />

dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung nachweislich aufgezeigt<br />

werden (vgl. § 84 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.4 Das Verbot der Überschuldung<br />

Das bilanzielle Eigenkapital einer Gemeinde kann seine Funktion nur erfüllen, solange es nicht durch Verluste in<br />

Form von Jahresfehlbeträgen in der gemeindlichen Ergebnisrechnung vollständig aufgezehrt worden ist. Aus<br />

diesem Grunde bedarf bei Gemeinden, deren weitere Entwicklung mit erheblichen Risiken behaftet ist, der Bestand<br />

an Eigenkapital in der gemeindlichen Bilanz einer besonderen Betrachtung. In Fortführung der Genehmigungspflicht<br />

der Verringerung der allgemeinen Rücklage nach Absatz 4 der Vorschrift als eine Inanspruchnahme<br />

des gemeindlichen Eigenkapitals besteht deshalb ein Verbot für die Gemeinde sich zu überschulden. Die Vorschrift<br />

enthält dazu auch eine Definition der gemeindlichen Überschuldung, die aus dem kaufmännischen Recht<br />

abgeleitet ist (bilanzielle Überschuldung).<br />

Der Sachlage, dass bei einer eingetretenen Überschuldung die stetige Aufgabenerfüllung der Gemeinde nicht<br />

mehr gewährleistet ist, geht dabei voraus, dass die Gemeinde bereits über längere Zeit in den Haushaltsjahren<br />

nicht mehr den Haushaltsausgleich erreichen konnte. Aus der Bilanz im gemeindlichen Jahresabschluss ergibt<br />

sich dabei stichtagsbezogen, ob eine Überschuldung der Gemeinde eingetreten ist. Es wird jedoch der jährliche<br />

Haushaltsausgleich nicht ausdrücklich mit dem Status der gemeindlichen Bilanz verknüpft. Gleichwohl besteht<br />

aber ein Zusammenhang, denn die Beseitigung einer eingetretenen Überschuldung der Gemeinde, die zu einem<br />

gesonderten Ausgleichsposten in der gemeindlichen Bilanz führt, kann nur gelingen, wenn über die Deckung der<br />

Aufwendungen durch Erträge hinaus weitere Erträge erwirtschaftet werden. Faktisch kann die Gemeinde daher<br />

nur von einem Haushaltsausgleich ausgehen, wenn neben dem Ausgleich in der Ergebnisrechnung auch kein<br />

gesonderter Ausgleichsposten in der gemeindlichen Bilanz mehr anzusetzen ist.<br />

4. Besondere Haushaltsgrundsätze<br />

4.1 Die Übersicht über die Haushaltsgrundsätze<br />

Die Vorschrift enthält keine vollständige Aufzählung der von der Gemeinde im Rahmen ihrer Haushaltswirtschaft<br />

zu beachtenden Haushaltsgrundsätze. Mit den gemeindlichen Haushaltsgrundsätzen werden insgesamt zielge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 334


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

richtete Anforderungen an die Planung, Ausführung und Abrechnung der Haushaltswirtschaft der Gemeinde gestellt.<br />

Die wichtigsten Haushaltsgrundsätze für Gemeinden werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Wichtige gemeindliche Haushaltsgrundsätze<br />

HAUSHALTSGRUNDSATZ<br />

Grundsatz<br />

der intergenerativen Gerechtigkeit<br />

Grundsatz<br />

der „Sicherung der Aufgabenerfüllung“<br />

Grundsatz<br />

der Wirtschaftlichkeit<br />

Grundsatz<br />

der Effizienz<br />

Grundsatz<br />

der Sparsamkeit<br />

Grundsatz<br />

„Sicherstellung der Liquidität“<br />

Grundsatz<br />

„Sicherstellung der Finanzierung<br />

von Investitionen“<br />

GEMEINDEORDNUNG 335<br />

FUNDSTELLE<br />

§ 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong><br />

Bedarfsdeckungsprinzip § 77 GO <strong>NRW</strong><br />

Grundsatz<br />

„Verbot der Überschuldung“<br />

Grundsatz<br />

der Haushaltseinheit<br />

Grundsatz<br />

der Jährlichkeit<br />

Grundsatz<br />

der Vorherigkeit<br />

Grundsatz<br />

der zeitlichen Bindung<br />

Grundsatz<br />

der Haushaltsklarheit<br />

Gebot<br />

der Haushaltswahrkeit<br />

Bepackungsverbot<br />

§ 75 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 78 Absatz 1 und § 97 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 78 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 78 Absatz 3 und § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 78 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong>, § 11 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong>, § 11 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 78 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Wichtige gemeindliche Haushaltsgrundsätze<br />

HAUSHALTSGRUNDSATZ<br />

(sachlich und zeitlich)<br />

Grundsatz<br />

der Spezialität der Veranschlagung<br />

Grundsatz<br />

der sachlichen Bindung<br />

Grundsatz<br />

der Öffentlichkeit<br />

Grundsatz<br />

der Willkürfreiheit<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)<br />

Grundsatz<br />

der Einzelveranschlagung<br />

Grundsatz<br />

der Bruttoveranschlagung<br />

(Bruttoprinzip)<br />

Grundsatz<br />

der Vollständigkeit<br />

Grundsatz<br />

der Periodenabgrenzung<br />

(wirtschaftliche Zurechnung)<br />

(Ergebniswirksamkeitprinzip)<br />

Kassenwirksamkeitsprinzip<br />

Saldierungsverbot<br />

Grundsatz<br />

der Zielsetzung und Zielmessung<br />

Grundsatz<br />

der Leistungs- und Wirkungsmessung<br />

Grundsatz<br />

der Gesamtdeckung<br />

GEMEINDEORDNUNG 336<br />

FUNDSTELLE<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong>, § 11 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong>, §§ 2, 3 und 11 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 80 Absatz 6 und § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> / § 32 Absatz 1 Nummer<br />

3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§§ 95 und 116 GO <strong>NRW</strong> / § 27 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 11 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 11 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 11 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 11 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 11 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 11 Absatz 2 und 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 12 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 12 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 20 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 37 „Wichtige gemeindliche Haushaltsgrundsätze“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

In anderen haushaltsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung sowie in Vorschriften der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

sind weitere wichtige Haushaltsgrundsätze enthalten, die von der Gemeinde ebenso wie die in<br />

dieser Vorschrift enthaltenen Haushaltsgrundsätze zu beachten sind.<br />

4.2 Die Ausfüllung der Haushaltsgrundsätze<br />

Zur Ausfüllung der Haushaltsgrundsätze im NKF gehört, dass die Gemeinde nicht mehr ihre Haushaltswirtschaft<br />

nach den eingesetzten Finanzmitteln, Sachmitteln und Personaleinsatz (Input) ausrichtet, sondern vorrangig nach<br />

den erbrachten und zu erbringenden gemeindlichen Leistungen (Output). Mit dieser Umstellung ist eine neue<br />

Steuerung für die Gemeinde verbunden, die unter Einbeziehung des erzielbaren Ressourcenaufkommens und<br />

des entstehenden Ressourcenverbrauchs erfolgen soll. Gleichzeitig sollte eine Zusammenführung von Fach- und<br />

Ressourcenverantwortung erfolgen und die gemeindliche Haushaltswirtschaft durch die jeweils Verantwortlichen<br />

budgetmäßig ausgeführt (dezentrale Ressourcenverantwortung). Dieser Reformansatz erfordert, in den Gemeinden<br />

verstärkt betriebswirtschaftliche Instrumente und Methoden zur Anwendung kommen zu lassen.<br />

Mit dem NKF sind deshalb bereits die Rechengrößen „Ertrag“ und „Aufwand“, die doppelte Buchführung, die<br />

Produktorientierung, die Budgetierung, Ziele und Leistungskennzahlen, das Controlling, die Kosten- und Leistungsrechnung<br />

u.a. eingeführt worden. Der gemeindliche Haushalt soll dabei das zentrale Steuerungs- und Rechenschaftsinstrument<br />

in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft bleiben. Deshalb ist der jährliche Haushaltsplan<br />

der Gemeinde entsprechend zu gestalten. Im NKF enthält der Haushaltsplan der Gemeinde den Ergebnisplan,<br />

bei dem die Rechengrößen „Ertrag“ und „Aufwand“ zur Anwendung kommen. Er enthält auch den Finanzplan, bei<br />

dem die „Einzahlungen“ und die „Auszahlungen die zutreffenden Rechengrößen darstellen. Der gemeindliche<br />

Haushaltsplan enthält zudem noch produktorientierte Teilpläne, die unter Einbeziehung von örtlichen Steuerungsgesichtspunkten<br />

fachlich gegliedert und aufgestellt werden sollen (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

In diese ortbezogenen Teilpläne sollen produktorientiert und steuerungsrelevant sowie unter Berücksichtigung der<br />

gemeindlichen Aufgabenerfüllung geeignete Ziele festgelegt sowie Leistungskennzahlen zur Zielerreichung bestimmt<br />

werden. Die örtlich bestimmten Ziele und Leistungskennzahlen sollen dabei von der Gemeinde zur Grundlage<br />

der Gestaltung ihrer Planung, Steuerung und Erfolgskontrolle des jährlichen Haushalts gemacht werden (vgl.<br />

§ 12 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dabei darf auch das Ziel des NKF, die Generationengerechtigkeit zu beachten, nicht in das<br />

Belieben der Gemeinde gestellt sein (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Es soll vielmehr zu einer langfristigen<br />

Orientierung bei den haushaltswirtschaftlichen Entscheidungen der Gemeinde beitragen.<br />

5. Die Verrechnungen mit der allgemeinen Rücklage<br />

Die Gemeinde muss entstehende Erträge und Aufwendungen aus dem Abgang und der Veräußerung von Vermögensgegenständen<br />

und aus Wertminderungen von Finanzanlagen unmittelbar mit der allgemeinen Rücklage<br />

verrechnen. Derartige Erträge und Aufwendungen sind in der Weise in die gemeindliche Ergebnisrechnung einzubeziehen,<br />

dass diese nachrichtlich nach dem Jahresergebnis anzugeben sind. Die Erträge und Aufwendungen<br />

berühren dadurch nicht die Haushaltsplanung und den Jahresabschluss. Ihr nachrichtlicher Ausweis nach dem<br />

Jahresergebnis im Ergebnisplan und zusammen mit den Aufwendungen aus den Wertminderungen von Finanzanlagen<br />

in der gemeindlichen Finanzrechnung steht dem nicht entgegen.<br />

Die Einbeziehung bewirkt dabei nicht, dass solche Erträge und Aufwendungen der Ausführung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans zugerechnet werden müssen. Die Erträge und Aufwendungen entstehen zwar aus der aufgegebenen<br />

Nutzung von gemeindlichen Vermögensgegenständen und der Wertminderungen von Finanzanlagen,<br />

sie sollen jedoch nicht der laufenden Verwaltungstätigkeit der Gemeinde ergebniswirksam zugerechnet werden.<br />

Die Gemeinde muss daher die Erträge und Aufwendungen, die mit der allgemeinen Rücklage zu verrechnen sind,<br />

haushaltsmäßig nicht im Rahmen des gesetzlich bestimmten Haushaltsausgleichs berücksichtigen. Diese haus-<br />

GEMEINDEORDNUNG 337


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

haltsrechtliche Einordnung der Verrechnung baut auf der entsprechenden gesetzlichen Entscheidung des Landesgesetzgebers<br />

auf, auch wenn der Gesetzgeber die Regelung über die Verrechnung mit der allgemeinen Rücklage<br />

in der Gemeindehaushaltsverordnung verankert hat.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Haushaltsgrundsätze):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Haushaltswirtschaft und stetige Aufgabenerfüllung):<br />

1.1.1 Die Inhalte der Vorschrift<br />

Die Reform des gemeindlichen Haushaltrechts ermöglicht eine verbesserte Umsetzung der allgemeinen und<br />

besonderen Haushaltsgrundsätze. Sie soll dazu beitragen, die gemeindliche Haushaltswirtschaft so zu planen<br />

und zu führen, dass die stetige Erfüllung der Aufgaben durch die Gemeinde gesichert ist. Die Gemeinden haben<br />

ihre gesamte Haushaltswirtschaft auf dieses Ziel auszurichten. Die Sicherung der gemeindlichen Aufgaben soll<br />

eine stetige, auf einen längeren Zeitraum ausgerichtete Erfüllung der Aufgaben gewährleisten. Die Gemeinde<br />

muss deshalb nicht nur im aktuellen Haushaltsjahr, sondern auch in den Folgejahren leistungsfähig sein. In diesem<br />

Zusammenhang steht das gesetzliche Gebot, die Gemeinde hat das Wohl ihrer Einwohner zu fördern, aber<br />

ebenso die Verpflichtung, die Gemeinde muss dafür Sorge tragen, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben<br />

(vgl. § 1 Absatz 1 Satz 2 und § 10 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die haushaltsrechtliche Vorschrift beinhaltet zudem auch das Gebot der intergenerativen Gerechtigkeit. Dieses<br />

Gebot verlangt, die gemeindliche Haushaltswirtschaft so zu führen, dass künftige Generationen nicht unzumutbar<br />

belastet werden. Außerdem ist der Grundsatz durch die gesetzliche Bestimmung, dass die Gemeinden in Verantwortung<br />

für die künftigen Generationen handeln, konkretisiert worden (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Von<br />

der Gemeinde wird daher eine Abwägung der Verteilung von Nutzen und Lasten aus dem gemeindlichen Vermögen<br />

und den Einkünften der Gemeinde verlangt. Diese Vorgabe muss sie bei ihrer örtlichen Haushaltsplanung<br />

und der Ausführung der Haushaltswirtschaft unter Beachtung der übrigen Haushaltsgrundsätze stetig im Blick<br />

haben, um langfristig die Handlungsmöglichkeiten für die künftigen Generationen zu erhalten.<br />

In diesem Zusammenhang ist im haushaltsmäßigen Sinne wegen des in der Vorschrift verwendeten Begriffs<br />

„Aufgaben“ von der Gemeinde haushaltswirtschaftlich nicht nach Auftragsangelegenheiten, Pflichtaufgaben oder<br />

freiwilligen Aufgaben zu unterscheiden. Der Begriff gibt auch keine Veranlassung, besondere qualitative Anforderungen<br />

an die gemeindlichen Leistungen im Zusammenhang mit dem produktorientierten Haushalt der Gemeinde<br />

zu stellen. Welche Aufgaben in welcher Qualität von der Gemeinde erfüllt werden, unterliegt vorrangig den fachlichen<br />

Gegebenheiten und den dabei örtlich in Qualität und Quantität gesetzten Zielen der Gemeinde (vgl. § 12<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Unter den Zielen und Zwecken der Vorschrift und dem damit verbundenen Handeln der Gemeinde umfasst der<br />

haushaltsrechtliche Begriff „Haushaltswirtschaft“ alles, was zur Vorbereitung, Aufstellung und Ausführung des<br />

gemeindlichen Haushaltsplans bis hin zur Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses der Gemeinde<br />

gehört. Das Ausmaß der örtlichen Erfordernisse der gemeindlichen Haushaltswirtschaft kann dabei nicht allgemein<br />

bestimmt werden, sondern bedarf einer Konkretisierung durch die Gemeinde, weil die Art der gemeindlichen<br />

Aufgaben sehr vielgestaltig und von den örtlichen Verhältnissen abhängig ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 338


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1.2 Der Grundsatz der „Sicherung der Aufgabenerfüllung“<br />

1.1.2.1 Die Zwecke des Grundsatzes<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft ist kein Selbstzweck, sondern dient stets der „Sicherung der Aufgabenerfüllung“<br />

durch die Gemeinde. Diese Zweckbestimmung ist umfassend und deshalb als tragender Haushaltsgrundsatz<br />

für die gemeindliche Haushaltswirtschaft sowohl für das laufende als auch für künftige Haushaltsjahre anzusehen.<br />

Als Anknüpfungspunkt für die Aufgabenbestimmung ist § 3 GO <strong>NRW</strong> heranzuziehen, durch den die Aufgaben<br />

der Gemeinde bestimmt und abgegrenzt werden. Wegen der Vielzahl und der Verschiedenartigkeit der<br />

gemeindlichen Aufgaben mit einem theoretisch unbegrenzten Bedarf an Finanzmitteln ist eine ständige Bedarfsprüfung<br />

unter Berücksichtigung der örtlichen Aufgabenstellungen und der finanziellen Leistungsfähigkeit in jeder<br />

Gemeinde notwendig (Bedarfsdeckungsprinzip).<br />

Der Grundsatz der Sicherung der Aufgabenerfüllung schließt die Verpflichtung der Gemeinde zum Erhalt ihrer<br />

Leistungsfähigkeit und des dafür benötigten Vermögens sowie zur Erzielung der notwendigen Erträge bezogen<br />

auf das Haushaltsjahr als auch bezogen auf die Zukunft (auf Dauer) ein. Für die wirtschaftliche Lage und die<br />

Weiterentwicklung der Gemeinde kommt es daher auf die Ergebnisse der jährlichen Haushaltswirtschaft der Gemeinde<br />

an. Die Haushaltswirtschaft ist von der Gemeinde unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und<br />

der Gesetze und anderer Vorschriften durchaus gestaltbar, auch wenn ggf. durch die Produkte der Gemeinde und<br />

deren Abnehmer ortsbezogene Beschränkungen bestehen.<br />

Die Sicherung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung soll auch dem künftigen Erhalt einer Vielzahl von Dienstleistungen<br />

der Gemeinde und damit dem Nutzen der örtlichen Gemeinschaft dienen, denn die Gemeinde hat das<br />

Wohl ihrer Einwohner zu fördern (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Bei der Beurteilung der örtlichen Sachlage<br />

kommt es deshalb vielfach auf eine adressatenbezogene Betrachtung der Art und des Umfanges der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung an. Dabei darf auch der demografische Wandel nicht unberücksichtigt bleiben. Von der<br />

Gemeinde müssen daher altersspezifische und geschlechtsbezogene Anforderungen stärker in die gemeindliche<br />

Aufgabenerfüllung und damit in die Gestaltung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft einbezogen werden.<br />

Die in die Zukunft gerichtete Forderung nach Sicherung der Aufgabenerfüllung durch die Gemeinde setzt somit<br />

nicht nur eine sorgfältige Planung für das nächste Haushaltsjahr, sondern auch für die weiteren Jahre im Rahmen<br />

der mittel- bis langfristigen Entwicklung der Gemeinde voraus. Ein Bestandteil der Reform des Haushaltsrechts<br />

war deshalb, die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung in den Haushaltsplan der Gemeinde zu integrieren<br />

(vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>). Aus diesen Gegebenheiten heraus soll der gemeindliche Haushaltsplan auch örtlich so<br />

gestaltet werden, dass er den Informationszwecken genügt. Der sich daran anschließende Jahresabschluss stellt<br />

dabei einen Indikator dar, der aufzeigen kann, inwieweit die Gemeinde noch dem Grundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung<br />

nachkommt.<br />

1.1.2.2 Die Nachhaltigkeit der Haushaltswirtschaft<br />

Für die Gemeinde besteht eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeit ihrer Haushaltswirtschaft, die sich nicht nur im<br />

jährlichen Haushaltsausgleich nach Absatz 2 der Vorschrift wieder spiegelt. Es ist vielmehr erforderlich, dass die<br />

Gemeinde innerhalb der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung auch den gesetzlich vorgesehenen Haushaltsausgleich<br />

für die drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre erreicht (vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>). Bei einem<br />

jährlichen Haushaltsausgleich in einem mehrjährigen Planungszeitraum kann grundsätzlich das Vorhandensein<br />

der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde unterstellt werden, wenn nicht andere Anzeichen auf mögliche<br />

Einschränkungen hinweisen.<br />

Die Integration der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in den Haushaltsplan der Gemeinde macht die<br />

Umsetzung des Grundsatzes der „Sicherung der Aufgabenerfüllung“ bzw. dessen Beachtung für die Adressaten<br />

GEMEINDEORDNUNG 339


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft transparent. Sie soll dazu beitragen, in Verantwortung für künftige Generationen<br />

zu handeln (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die gemeindliche Haushaltswirtschaft sollte deshalb<br />

entsprechend mit Sach- und Finanzzielen sowie Leistungskennzahlen verknüpft werden, bei denen die Zielerrei-<br />

chung im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses gemessen wird (vgl. § 12 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dabei umfasst<br />

die „stetige Erfüllung der Aufgaben“ insbesondere die nicht finanziellen Leistungen, also das Erreichen politischer<br />

Ziele, z.B. im Produktbereich „Soziale Leistungen“ oder „Bauen und Wohnen“ und nicht nur die örtlich<br />

gesetzten Finanzziele.<br />

Die Beurteilung der Sicherung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung bzw. der Leistungsfähigkeit der Gemeinde<br />

bedarf der Vornahme einer Einschätzung der dafür maßgeblichen Tatsachen, die aber zuvor örtlich zu bestimmen<br />

und in ihrem Umfang zu ermitteln sowie zu bewerten sind. Die Prüfung anhand der Einhaltung von bestimmten<br />

Grenzwerten ist dafür allein nicht ausreichend. In diese Beurteilung kann z. B. einbezogen werden, ob die Gemeinde<br />

eine entsprechende Vorsorge trifft, um Risiken aus den Vorbelastungen künftiger Haushaltsjahre soweit<br />

wie möglich zu minimieren. Sie muss ihre Haushaltswirtschaft so planen und ausführen, dass stets ein ausreichendes<br />

Eigenkapital vorhanden ist und sie nicht gegen das Überschuldungsverbot verstößt. Ihre Verpflichtungen<br />

für Verlustübernahmen für gemeindliche Betriebe, soweit sie im Haushaltsjahr anfallen, muss die Gemeinde erfüllen<br />

können. Ihre Verpflichtung zum Haushaltsausgleich darf dabei nicht außer Betracht bleiben.<br />

Der Grundsatz der „Sicherung der Aufgabenerfüllung“ steht auch mit den Grundsätzen der gemeindlichen Finanzmittelbeschaffung<br />

in Verbindung (vgl. § 77 GO <strong>NRW</strong>). Die Nachhaltigkeit der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

ist u.a. auch von der Stetigkeit ihrer Finanzmittelbeschaffung unter Beachtung der gesetzlichen Rangfolge<br />

abhängig. Die Nachhaltigkeit kommt bei der Aufnahme von Krediten dadurch zum Ausdruck, dass die mit der<br />

Kreditaufnahme übernommenen Verpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde in Einklang<br />

stehen müssen (vgl. § 86 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Ihr kommt dadurch auch bei der Finanzierung von Investitionen<br />

durch Fremdkapital eine herausgehobene Bedeutung zu. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft muss deshalb<br />

über einen Finanzspielraum verfügen, sodass der aus der Kreditaufnahme neu hinzukommende Schuldendienst<br />

nicht zu Einschränkungen bei der gemeindlichen Aufgabenerfüllung führt. Daran knüpft auch das Verbot<br />

der Überschuldung als allgemeiner Haushaltsgrundsatz an (vgl. Absatz 7 der Vorschrift).<br />

1.2 Zu Satz 2 (Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft):<br />

1.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Nach der Vorschrift hat die Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen. Der<br />

Haushalt der Gemeinde ist und bleibt dabei das zentrale Steuerungs- und Rechenschaftsinstrument in der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft. Im Ergebnisplan des Haushaltsplans der Gemeinde sind deshalb die dem<br />

Haushaltsjahr wirtschaftlich zuzurechnenden Erträge und Aufwendungen zu veranschlagen und im Finanzplan<br />

die Einzahlungen und Auszahlungen (vgl. §§ 2 und 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der Haushaltsplan enthält aus Steuerungsgesichtspunkten<br />

außerdem noch produktorientierte Teilpläne (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Teilpläne sind<br />

unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten von der Gemeinde eigenverantwortlich aufzustellen. Sie sind<br />

mit den örtlich messbaren Zielen und gemeindlichen Leistungen zu verknüpfen. Dadurch können auch die vom<br />

Rat der Gemeinde beabsichtigten Zwecksetzungen und geplanten Wirkungen sichtbar gemacht werden.<br />

Für die gemeindliche Aufgabenerfüllung sollen daher insgesamt produktorientierte Ziele unter Berücksichtigung<br />

des einsetzbaren Ressourcenaufkommens und des voraussichtlichen Ressourcenverbrauchs festgelegt sowie<br />

Kennzahlen zur Zielerreichung bestimmt und in eine örtliche Zielhierarchie eingebunden werden. Diese Ziele und<br />

Kennzahlen sollen dabei von der Gemeinde zur Grundlage der Gestaltung der Planung, Steuerung und Erfolgskontrolle<br />

des jährlichen Haushalts gemacht werden (vgl. § 12 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dadurch werden sowohl die gemeindlichen<br />

Leistungen messbar und hinsichtlich ihrer Wirkungen auf die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

sowie auf die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde beurteilungsfähig. Die Gemeinde muss<br />

GEMEINDEORDNUNG 340


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

den Vorgaben der haushaltsrechtlichen Vorschriften nachkommen sowie eine an ihren Zielen orientierte Langfristigkeit<br />

bei den haushaltswirtschaftlichen Entscheidungen erreichen.<br />

1.2.2 Die Beachtung von Haushaltsgrundsätzen<br />

1.2.2.1 Die Ausgangslage<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft erfordert grundsätzliche Gebote und Vorgaben, denn das jährliche haushaltswirtschaftliche<br />

Handeln ist nicht in das Belieben der Gemeinde gestellt. Die allgemeinen und speziellen<br />

Haushaltsgrundsätze stellen dabei Anforderungen und Regeln dar, die von der Gemeinde zu beachten sind. Die<br />

Vorschrift enthält daher allgemeine Verpflichtungen für die Gemeinde, die im haushaltsrechtlichen Sinne als<br />

Haushaltsgrundsätze gelten. Die Haushaltsgrundsätze stellen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, die der Gemeinde<br />

im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts einen erheblichen Gestaltungsspielraum einräumen und die Anwendung<br />

des wirtschaftlichen Prinzips bei der gemeindlichen Aufgabenerfüllung verstärken sollen.<br />

Die gemeindlichen Haushaltsgrundsätze lassen sich in eine Vielzahl von Kategorien einteilen, z.B. Haushaltsgrundsätze<br />

für die Veranschlagung, die Ausführung und die Abrechnung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft,<br />

auf die an dieser Stelle aber verzichtet wird. Auch die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung stellen Haushaltsgrundsätze<br />

dar. Solche gemeindlichen Tatbestände oder Sachverhalte werden dann i.d.R. durch besondere<br />

Einzelvorschriften, z.B. in der Gemeindehaushaltsverordnung, haushaltsrechtlich näher ausgestaltet. Den in der<br />

Vorschrift ausdrücklich benannten Haushaltsgrundsätzen „Wirtschaftlichkeit“, „Effizienz“ und „Sparsamkeit“<br />

kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.<br />

1.2.2.2 Der Haushaltsgrundsatz „Wirtschaftlichkeit“<br />

Dem Haushaltsgrundsatz „Wirtschaftlichkeit“ kommt wegen seiner ausdrücklichen Nennung in der Vorschrift eine<br />

besondere Bedeutung zu. Er ist im gemeindlichen Bereich grundsätzlich auf das Verhältnis von Finanzmitteleinsatz<br />

der Gemeinde und das zu erzielende Ergebnis ausgerichtet. Die Anwendung des Grundsatzes soll aber<br />

auch eine Beurteilung des möglichst produktiven Einsatzes der bei der Gemeinde verfügbaren Ressourcen bewirken.<br />

Dabei findet regelmäßig das „Minimax-Prinzip“ Anwendung, nachdem die Gemeinde im Rahmen ihrer<br />

Haushaltsplanung eine ziel- und zweckgerichtete örtliche Entscheidung treffen soll.<br />

Das gesetzte Ziel soll dabei entweder mit einem Minimum an Ressourcen erreicht werden oder mit den zur Verfügung<br />

stehenden Ressourcen soll ein maximales Ergebnis erreicht werden. Für die Gemeinde soll dabei haushaltswirtschaftlich<br />

nicht gelten, immer eine Gewinnmaximierung zu erreichen. Sie muss vielmehr ergebnisorientiert<br />

versuchen, den optimalen Ressourceneinsatz bei der gemeindlichen Aufgabenerfüllung im Haushaltsjahr zu<br />

erreichen. Es besteht deshalb auch keine Verpflichtung für die Gemeinde, für die Durchführung einer örtlichen<br />

Maßnahme nur das niedrigste Angebot anzunehmen und umzusetzen.<br />

In einer Gesamtbetrachtung soll die Gemeinde unter Einbeziehung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung prüfen<br />

und beurteilen, welche Maßnahmen örtlich wirtschaftlich und angemessen sind, sodass es zu einem vertretbaren<br />

sachgerechten Ergebnis kommt. Dazu gehört, bei investiven Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit anhand des gesamten<br />

Lebenszyklus des Objekts zu betrachten und alle voraussichtlichen Kosten in diesem Zeitraum in die<br />

Gesamtbetrachtung einzubeziehen, z. B. auch die Folgekosten. Eine Reduzierung der Ermittlung und Bewertung<br />

der Wirtschaftlichkeit auf einen kürzeren Zeitraum, z. B. bei Leasing- und ÖPP-Projekten, entspricht nicht der<br />

Zielsetzung dieses Haushaltsgrundsatzes.<br />

Die Gemeinde hat bei der Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit ihres haushaltswirtschaftlichen Handelns einen<br />

weiten Gestaltungsspielraum im Rahmen ihrer Eigenverantwortlichkeit. Sie soll bei der Gesamtbetrachtung<br />

GEMEINDEORDNUNG 341


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

der Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme nicht nur die Auswirkungen auf ihre Ressourcen und auf die Finanzmittel<br />

beurteilen, sondern dabei auch die Wirkungen ihres Handelns im Blick haben und bewerten. Die Gemeinde muss<br />

dabei eine zukunftsorientierte Lösung unter Berücksichtigung ihrer selbst gesetzten Ziele suchen und eine Nachhaltigkeit<br />

durch den Einsatz ihrer Ressourcen anstreben.<br />

1.2.2.3 Der Haushaltsgrundsatz „Effizienz“<br />

Der Haushaltsgrundsatz „Effizienz“ soll bei der Gemeinde die Berücksichtigung von Leistungswirkungen bezogen<br />

auf die Adressaten in die gemeindliche Haushaltswirtschaft einführen. Die Gemeinde soll daher für ihre Aufgabenerfüllung<br />

auch die Wirkungen aus dem wirtschaftlichen Handeln nach produktorientierten Zielen und unter<br />

Berücksichtigung des einsetzbaren Ressourcenaufkommens und des voraussichtlichen Ressourcenverbrauchs<br />

ermitteln und messen. Diesem Haushaltsgrundsatz kommt daher eine Signalwirkung zu.<br />

Die Gemeinde soll daher die Wirkungen ihres Handelns in der gemeindlichen Haushaltsplanung, in der Haushaltsausführung,<br />

aber auch bei der Haushaltsrechnung im Blick haben. Dazu muss grundsätzlich vom Leitbild der<br />

Gemeinde und von den jahresbezogenen produktorientierten Zielen und Leistungskennzahlen sowie der Zielerreichung<br />

ausgegangen werden, um die Wirkungen messen zu können. Die Vorgabe, dafür geeignete sachliche<br />

Festlegungen zu treffen, verlangt dabei von der Gemeinde nichts Unmögliches, auch wenn es bei der Vielzahl der<br />

örtlichen Aufgaben nicht immer einfach sein dürfte, zutreffende Ziele und Leistungskennzahlen unter Berücksichtigung<br />

der Wirkungen festzulegen. Nach einer Entwicklungszeit dürfte sich die Wirksamkeit des haushaltswirtschaftlichen<br />

Handelns der Gemeinde bezogen auf seine Zielerreichung in geeigneter Weise messen lassen.<br />

1.2.2.4 Der Haushaltsgrundsatz „Sparsamkeit“<br />

Der Haushaltsgrundsatz „Sparsamkeit“ soll die Gemeinde dazu veranlassen, bei der Erledigung ihrer Aufgaben<br />

zu prüfen, wie die gemeindlichen Aufgaben bei vernünftiger sachlicher Betrachtung angemessen wahrgenommen<br />

und finanziert werden können. Er steht in enger Verbindung mit dem Vorsichtsprinzip (vgl. § 32 Absatz 1 Nummer<br />

3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Vorgabe, die Haushaltswirtschaft sparsam zu führen, verlangt von der Gemeinde, dass<br />

sie ihre Maßnahmen möglichst kostengünstig durchführt und die Finanzmittel nur zu dem Zeitpunkt verbraucht, zu<br />

dem diese benötigt werden. Sie soll dabei berücksichtigen, dass die für die Haushaltsausführung vom Rat beschlossenen<br />

Ermächtigungen im gemeindlichen Haushaltsplan eine Höchstgrenze für die im Haushaltsjahr verfügbaren<br />

Haushaltsmittel darstellen, sofern nicht in zulässiger Weise bedarfsgerecht Änderungen erfolgen.<br />

Der Grundsatz soll darüber hinaus die Gemeinde dazu anhalten, alle ihre Ertrags- und Einzahlungsmöglichkeiten<br />

zu nutzen und auch bestehende Ansprüche rechtzeitig und vollständig geltend zu machen und einzuziehen. Dieser<br />

Haushaltsgrundsatz hat somit auch eine Schutzfunktion für das Budgetrecht des Rates. Er soll gleichzeitig zur<br />

Sicherung des gesetzlich geforderten Haushaltsausgleichs beitragen. Die Anwendung dieses Grundsatzes darf<br />

jedoch insgesamt die erforderliche Aufgabenerledigung durch die Gemeinde nicht beeinträchtigen, sodass auch<br />

das Kriterium der Zumutbarkeit wichtig ist. Die Gemeinde soll ihren Handlungsspielraum sachgerecht ausfüllen.<br />

Eine wirtschaftliche Haushaltsführung steht dabei einem sparsamen Handeln grundsätzlich nicht entgegen.<br />

1.2.2.5 Der Haushaltsgrundsatz „Haushaltsausgleich“<br />

Die Verpflichtung der Gemeinde zum jährlichen Haushaltsausgleich hat so eine große Bedeutung, dass diese<br />

Vorgabe für die Gemeinde als ein eigenständiger Haushaltsgrundsatz angesehen werden kann. Dessen Gewicht<br />

als Haushaltsgrundsatz wird dabei auch dadurch belegt, dass für die Regelungen darüber ein eigener Absatz in<br />

dieser Vorschrift besteht. Die Gemeinde ist nach diesem Grundsatz verpflichtet, ihren Haushalt in jedem Jahr im<br />

Rahmen ihrer Haushaltsplanung sowie des Jahresabschlusses auszugleichen. Der Haushaltsausgleich ist dabei<br />

GEMEINDEORDNUNG 342


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

kein Selbstzweck. Vielmehr soll durch die ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung zum Haushaltsausgleich die<br />

Lasten der Gemeinde durch Erträge gedeckt und eine nachhaltige Haushaltswirtschaft gewährleistet werden.<br />

1.2.2.6 Der Haushaltsgrundsatz „Intergenerative Gerechtigkeit“<br />

Im Zusammenhang mit den gesetzlich bestimmten haushaltswirtschaftlichen Grundsätzen und den Grundsätzen<br />

ordnungsmäßiger Buchführung ist der Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit für das gesamte Handeln der<br />

gemeindlichen Verwaltung gesetzlich bestimmt worden (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Im Zusammenhang<br />

damit steht auch die Bestimmung für die Gemeinde, ihr Vermögen und ihre Einkünfte so zu verwalten, dass die<br />

Gemeindefinanzen gesund bleiben (vgl. § 10 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Der besondere Grundsatz beinhaltet daher, dass<br />

die Gemeinde heute in Verantwortung für die künftigen Generationen handeln muss.<br />

Der Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit soll zur zeitlichen sachgerechten Verteilung von Nutzen und<br />

Lasten im gemeindlichen Bereich beitragen. Die Gemeinde muss daher bei ihrer Haushaltsplanung und Haushaltsausführung<br />

zusammen mit den übrigen gemeindlichen Haushaltsgrundsätzen immer im Blick haben, auch<br />

den künftigen Generationen ausreichende Handlungsmöglichkeiten zu erhalten. Die zeitliche Perspektive dafür<br />

geht dabei über die fünfjährige mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinde hinaus.<br />

1.3 Zu Satz 3 (Haushaltsgrundsatz „Beachtung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“):<br />

Die Gemeinden sind über die Länder auch in die staatliche Konjunkturpolitik einbezogen. Diese Sachlage wird<br />

durch die Vorschrift aufgegriffen. Die allgemein gehaltene Verpflichtung für die Gemeinde, im Rahmen ihrer<br />

Haushaltswirtschaft auch den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen,<br />

betont ihre Mitverantwortung für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Landes. Die Gemeinden werden<br />

dadurch in die Verpflichtung des Landes einbezogen und sollen grundsätzlich keine Maßnahmen ergreifen, die<br />

zur Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts beitragen können. Sie haben deshalb auch darauf hinzuwirken,<br />

dass ihre Haushaltswirtschaft den allgemeinen konjunkturpolitischen Erfordernissen nicht entgegensteht<br />

(vgl. Art. 109 Absatz 2 GG i.V.m. §§ 1 und 16 StWG). Über diese ausdrückliche Vorsorge hinaus dürften die Verpflichtungen<br />

der Gemeinde erst dann näher bestimmt werden, wenn ein Bedarf dafür konkret besteht.<br />

2. Zu Absatz 2 (Jährlicher Haushaltsausgleich):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Verpflichtung zum Haushaltsausgleich):<br />

Im NKF sind im Rahmen des gesetzlichen Haushaltsausgleichs der vollständige Ressourcenverbrauch und das<br />

Ressourcenaufkommen der Gemeinde zu berücksichtigen. Der gesetzliche Haushaltsausgleich bezieht sich dabei<br />

nicht mehr auf die Sicherung des Geldbestandes der Gemeinde, sondern auf den Erhalt des gemeindlichen<br />

Vermögens zur Sicherung der stetigen Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben. Für die Gemeinde ist es deshalb<br />

auch nicht zulässig, zur Erreichung des Haushaltsausgleichs das aufgenommene Fremdkapital ertragsmäßig zu<br />

erfassen. Eine solche haushaltsmäßige Vorgehensweise wäre auch systemwidrig, weil die Gemeinde nur Kredite<br />

nur für Investitionen aufnehmen darf (vgl. § 86 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Vorgabe, dass der gemeindliche Haushalt in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein muss,<br />

stellt eine einfache und nachvollziehbare Systematik dar. Diese Sachlage ist dann gegeben, wenn nach dem<br />

Ergebnisplan der Gesamtbetrag der Erträge die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen erreicht oder<br />

übersteigt. Die Rechengrößen „Ertrag“ und „Aufwand“, die der Erfassung und Veranschlagung der gemeindlichen<br />

Ressourcen dienen, stellen dabei geeignete Messgrößen dar. Es besteht deshalb Anlass oder eine Notwendigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 343


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

für "Bereinigungsrechnungen", um eine Vergleichbarkeit zu schaffen. Am Jahresergebnis im Ergebnisplan lässt<br />

sich daher die Erfüllung der gemeindlichen Plicht zum Haushaltsausgleich ablesen.<br />

Der gesetzlich bestimmte jährliche Haushaltsausgleich ist dabei kein Selbstzweck. Die Verpflichtung dazu soll<br />

verhindern, dass durch die Anhäufung jährlicher Fehlbeträge die künftigen Handlungsspielräume der Gemeinde<br />

eingeengt werden. Außerdem soll das gemeindliche Eigenkapital nicht aufgezehrt und dadurch die stetige Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde auf Dauer gefährdet werden. Die Gemeinde soll deshalb dafür Sorge tragen, dass<br />

auch ein Soll-Ausgleich in den Planungsjahren in der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung erreicht wird<br />

(vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>). Durch die ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung zum Haushaltsausgleich in den Jahren<br />

des fünfjährigen Planungszeitraums soll auch eine nachhaltige Haushaltswirtschaft der Gemeinde im Sinne der<br />

Generationengerechtigkeit gewährleistet werden.<br />

Eine über den Ergebnisplan und die Ergebnisrechnung der Gemeinde hinausgehende weitere Ausgleichsverpflichtung,<br />

z. B. bezogen auf die Zahlungsfähigkeit der Gemeinde bedarf es im NKF nicht. Durch den Finanzplan<br />

als Teil des gemeindlichen Haushaltsplans und der Finanzrechnung als Teil des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

werden in ausreichendem Maße die Finanzmittelherkunft und die Finanzmittelverwendung im jeweiligen<br />

Haushaltsjahr nachgewiesen (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde muss im Sinne der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

deshalb neben dem Erreichen des Haushaltsausgleichs im Ergebnisplan und in der Ergebnisrechnung<br />

mit der gleichen Sorgfalt auch auf die Entwicklung ihrer Liquidität und die Sicherstellung ihrer Zahlungsfähigkeit<br />

achten (vgl. § 75 Absatz 6 i.V.m. § 89 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.2 Zu Satz 2 (Haushaltsausgleichsregel):<br />

Nach der Vorschrift ist der jährliche gemeindliche Haushalt ausgeglichen, wenn der Gesamtbetrag der Erträge die<br />

Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen erreicht oder übersteigt. Durch diese auf das gemeindliche Haushaltsjahr<br />

bezogene Ausgleichsregel im NKF müssen die gesamten voraussichtlich zu erzielenden Erträge mindestens<br />

die Höhe der vorgesehenen bzw. voraussichtlich entstehenden Aufwendungen erreichen (decken). Diese<br />

Vorgaben gelten ausdrücklich sowohl im Rahmen der gemeindlichen Haushaltsplanung (Ausgleich in der Planung)<br />

als auch im Rahmen des Jahresabschlusses der Gemeinde (Ausgleich in der Rechnung).<br />

Der in der Vorschrift enthaltene Zusatz bei der Haushaltsausgleichsregel „oder übersteigt“ ist dem Verbot der<br />

Überschuldung in § 75 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> geschuldet. Grundsätzlich ist es aufgrund der Eigenständigkeit der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft selbstverständlich, dass bei höheren Erträgen als Aufwendungen im Haushaltsjahr<br />

die Gemeinde die Pflicht zum Haushaltsausgleich erfüllt. Der Zusatz verdeutlicht deshalb und muss<br />

pflichtgemäß von der Gemeinde berücksichtigt werden, wenn eine Überschuldung eingetreten ist, denn es besteht<br />

ein Verbot der Überschuldung für die Gemeinde.<br />

Die Gemeinde kann die eingetretene Überschuldung aber nur beseitigen, wenn sie aus ihrer Haushaltswirtschaft<br />

heraus auch Überschüsse erzielt bzw. erzielen darf. Bei der gemeindlichen Haushaltsplanung muss deshalb<br />

bereits ein Jahresüberschuss als Zielvorgabe für die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gewollt<br />

sein. Durch ein entsprechendes Bemühen der gemeindlichen Verwaltung als ausführende Stelle des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans, der für die Haushaltsausführung bindend ist, soll dieses Ziel möglichst auch erreicht werden<br />

(vgl. § 79 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In den Fällen, in denen die für das Haushaltsjahr geplanten Erträge nicht erzielt werden und daher die entstandenen<br />

Aufwendungen die Erträge in dieser Periode übersteigen, verringert sich in diesem Maße das gemeindliche<br />

Vermögen (Eigenkapital). Ein ausgeglichener Haushalt der Gemeinde kann gleichwohl nicht als gesund im Sinne<br />

der Regelung des § 10 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong> bezeichnet werden, wenn der Haushaltsausgleich nur durch<br />

eine rücksichtslose Inanspruchnahme der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Abgabepflichtigen oder durch<br />

Heranziehung anderer Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft erreicht werden kann.<br />

GEMEINDEORDNUNG 344


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Ein unausgeglichener gemeindlicher Haushalt birgt Gefahren für die Zukunftsfähigkeit der Gemeinde in sich und<br />

kann zu Einschränkungen bei den politischen Entscheidungsmöglichkeiten des Rates der Gemeinde führen. Um<br />

negative Auswirkungen auf die Zukunft zu erkennen und zu vermeiden, dass auch in den Folgejahren das gemeindliche<br />

Eigenkapital weiter aufgezehrt wird, ist ausdrücklich bestimmt worden, die fünfjährige Ergebnis- und<br />

Finanzplanung in den Haushaltsplan einzubeziehen. Zudem soll jedes Planungsjahr der mittelfristigen Ergebnisplanung<br />

ausgeglichen sein (vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>). Außerdem müssen bei einer Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre<br />

die Festsetzungen getrennt für jedes Haushaltsjahr bestimmt und ausgewiesen werden (vgl. § 78 Absatz<br />

3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>), denn die Haushaltsausgleichsregel muss jeweils auf das einzelne Haushaltsjahr angewendet<br />

werden.<br />

Auf diesen Grundlagen bauen der gemeindliche Ergebnisplan und die Ergebnisrechnung auf, denn der jährliche<br />

Haushaltsausgleich wird an dem darin ausgewiesenen Jahresergebnis (Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag)<br />

gemessen. In § 79 GO <strong>NRW</strong> wird daher ausdrücklich bestimmt, dass der gemeindliche Haushaltsplan die im<br />

Haushaltsjahr voraussichtlich anfallenden Erträge und entstehenden Aufwendungen in einem Ergebnisplan enthalten<br />

muss, der nach dem Grundsatz der Ergebnisspaltung aufgebaut ist (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die ordentlichen<br />

und die außerordentlichen Ergebniskomponenten werden deshalb getrennt voneinander aufgezeigt. Der<br />

gemeindliche Haushaltsausgleich wird dabei auf der Grundlage des im gemeindlichen Ergebnisplan ausgewiesenen<br />

Jahresergebnisses bestimmt. Als Planungsinstrument ist der Ergebnisplan daher der wichtigste Bestandteil<br />

des Haushaltsplans der Gemeinde.<br />

2.3 Zu Satz 3 (Fiktion des Haushaltsausgleichs):<br />

Die Berücksichtigung des vollständigen Ressourcenverbrauchs, der den Werteverzehr des gemeindlichen Vermögens<br />

durch Abschreibungen (im Ergebnisplan und in der Ergebnisrechnung) einschließt, hat erhebliche Auswirkungen<br />

auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft. Diese Sachlage erfordert einen erweiterten Spielraum der<br />

Gemeinden, der es ihnen ermöglicht, eigenverantwortlich eine haushaltswirtschaftlich verträgliche Anpassung<br />

ihres örtlichen Haushalts an die o.a. Ausgleichsregel des Ressourcenverbrauchskonzeptes vornehmen zu können.<br />

Die Regelung trägt diesem Erfordernis Rechnung, nach der der Haushalt als ausgeglichen gilt, sofern der<br />

Fehlbedarf im Ergebnisplan und der Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage,<br />

die Teil des Eigenkapitals ist, gedeckt werden kann.<br />

Mit der gesetzlichen Fiktion des Haushaltsausgleichs wird verdeutlicht, dass einerseits die materielle Ausgleichsregel<br />

uneingeschränkt Geltung beansprucht, andererseits die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage mit einer<br />

geordneten Haushaltswirtschaft noch in Einklang steht, auch wenn ihre Inanspruchnahme bereits zu einer an sich<br />

regelwidrigen Verringerung des Eigenkapitals führt. Dieser Sachverhalt hat zur Folge, dass die Inanspruchnahme<br />

der Ausgleichsrücklage durch die Gemeinde nicht zu Maßnahmen ihrer Aufsichtsbehörde führt. Der Fiktion des<br />

Haushaltsausgleichs liegt dabei auch die Erkenntnis zugrunde, dass nicht aus jeder Verringerung des gemeindlichen<br />

Eigenkapitals gefolgert werden kann, die Haushaltswirtschaft der Gemeinde sei dadurch dauerhaft gefährdet.<br />

Ihre Inanspruchnahme zeigt vielmehr, dass die voraussichtlichen Aufwendungen im Haushaltsjahr regelwidrig<br />

nicht durch Erträge „gedeckt“ werden können.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die zulässige Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage für den<br />

„fiktiven Haushaltsausgleich“ weder in den Ergebnisplan noch in die Ergebnisrechnung ertragswirksam einzubeziehen<br />

ist. In der gemeindlichen Haushaltssatzung wird für solche Fälle lediglich im Rahmen der Festsetzungen<br />

bestimmt, dass eine Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage voraussichtlich erforderlich wird (vgl. § 78 Absatz<br />

2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>). Erst im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses (vgl. §§ 95 und 96 GO <strong>NRW</strong>) ist<br />

dann erkennbar, ob der in der Ergebnisrechnung ausgewiesene Jahresfehlbetrag mit der bilanzierten Ausgleichsrücklage<br />

verrechnet werden kann, sodass der „fiktive“ Haushaltsausgleich als erreicht angesehen werden kann.<br />

GEMEINDEORDNUNG 345


3. Zu Absatz 3 (Gestaltung der Ausgleichsrücklage):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Bilanzierung):<br />

3.1.1 Der Ansatz der Ausgleichsrücklage<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Vorschrift bestimmt die Ausgleichsrücklage näher und regelt deren Bemessung. Die Ausgleichsrücklage ist<br />

ein Teil des Eigenkapitals der Gemeinde, jedoch darin eine Rücklage eigener Art. Sie ist deshalb nicht ein Teil<br />

der allgemeinen Rücklage, die auf der Passivseite der Bilanz gesondert als „Restposten“ im Bilanzbereich „Eigenkapital“<br />

anzusetzen ist. Die Ausgleichsrücklage dient dazu, im Bedarfsfall den Fehlbetrag aus der Ergebnisrechnung<br />

mit dem gemeindlichen Eigenkapital zu verrechnen. Durch diesen Vorgang kann der gesetzlich geforderte<br />

Haushaltsausgleich in Form des "fiktiven Haushaltsausgleichs" von der Gemeinde erreicht werden. Diese<br />

haushaltsmäßige Sachlage bedarf einer entsprechenden Festsetzung in der gemeindlichen Haushaltssatzung,<br />

wenn nach der gemeindlichen Ergebnisplanung für das Haushaltsjahr voraussichtlich ein Fehlbetrag entstehen<br />

und dafür im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses das gemeindliche Eigenkapital in Anspruch genommen<br />

werden soll (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Ausgleichsrücklage ist zwingend als gesonderter Posten auf der Passivseite der gemeindlichen Bilanz im<br />

Bilanzbereich "Eigenkapital" anzusetzen (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 1.3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie muss deshalb<br />

mindestens einen Wertansatz in Höhe von einem Euro ausweisen und darf höchstens den Betrag von einem<br />

Drittel des Eigenkapitals als Bestand bzw. als bilanzieller Wertansatz aufweisen. Die Gemeinde hat in diesem<br />

Zusammenhang im Anhang im gemeindlichen Jahresabschluss bedarfsgerechte Angaben zur Inanspruchnahme<br />

oder zur Auffüllung der Ausgleichsrücklage zu machen. Sie kann dazu auch eine Zeitreihe aufbauen, die mindestens<br />

mit dem Vorvorjahr des Haushaltsjahres beginnen sollte. Zu einer sachgerechten und erforderlichen Nachvollziehbarkeit<br />

sollte bei den "abgerechneten" Jahren neben dem tatsächlichen Wert auch der zulässige Wertansatz<br />

(Höchstbetrag) angeben werden.<br />

3.1.2 Die Zwecke der Ausgleichsrücklage<br />

Die Ausgleichsrücklage soll der Gemeinde den erforderlichen Spielraum gewähren, eigenverantwortlich den gesetzlich<br />

bestimmten Haushaltsausgleich auch in den Jahren zu erreichen, in denen nicht in einem ausreichenden<br />

Maße die notwendigen Erträge zur Deckung der entstehenden Aufwendungen zu erzielen sind. Diese Sachlage<br />

erfordert, die Ausgleichsrücklage so zu bemessen, dass die Gemeinde auch nach deren vollständiger Inanspruchnahme<br />

noch die stetige Aufgabenerfüllung gewährleisten kann und dieses ohne nähere Prüfung der zuständigen<br />

Aufsichtsbehörde erkennbar ist. Der Umfang des gesamten Eigenkapitals der Gemeinde kann dabei<br />

wichtige und eindeutige Hinweise auf die Stabilität der gemeindlichen Haushaltswirtschaft liefern. Es ist dabei zu<br />

berücksichtigen, dass eine dauernde Verringerung des gemeindlichen Eigenkapitals letztlich zur Überschuldung<br />

der Gemeinde führt.<br />

Die gemeindliche Ausgleichsrücklage soll deshalb eine überjährige Pufferfunktion wahrnehmen, vergleichbar mit<br />

dem Ergebnisvortrag bei den gemeindlichen Eigenbetrieben. Die Gemeinde soll dadurch überjährige Verschiebungen<br />

auffangen können, die sich aus den Schwankungen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft in einem<br />

mehrjährigen Zeitraum ergeben. Die Ausgleichsrücklage ist so bemessen worden, damit Fehlbeträge in der Ergebnisrechnung,<br />

die in ihrer Höhe die stetige Aufgabenerfüllung der Gemeinde noch nicht nachhaltig gefährden,<br />

mit dem Eigenkapital unmittelbar verrechnet werden können. Diese Gesamtsicht auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

bedingt unter Beachtung der Haushaltsausgleichsvorschriften, dass Jahresfehlbeträge oder Jahresüberschüsse<br />

in den einzelnen Teilrechnungen nicht unmittelbar mit der Ausgleichsrücklage verrechnet werden<br />

dürfen (vgl. § 40 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 346


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Verzicht auf eine Genehmigungspflicht für die Verringerung des gemeindlichen Eigenkapitals bis zur Ausschöpfung<br />

der Ausgleichsrücklage macht dabei deutlich, dass die Verantwortung für die Bewältigung von Haushaltskrisen<br />

in einer kleineren Größenordnung bei der Gemeinde im Rahmen ihrer gesetzlichen Eigenverantwor-<br />

tung und Selbstverwaltung liegt. Die Genehmigungspflicht nach dem Ausschöpfen der Ausgleichsrücklage, also<br />

bei einer Verringerung der allgemeinen Rücklage, bringt ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde mit sich (vgl. nach<br />

§ 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). In solchen Fällen wird davon ausgegangen, dass die Gemeinde ihre haushaltswirtschaftliche<br />

Krise oftmals nicht mehr zügig allein bewältigen kann.<br />

3.2 Zu den Satz 2 (Bemessung der Ausgleichsrücklage):<br />

3.2.1 Die Bemessung nach dem gemeindlichen Eigenkapital<br />

Das Ziel der Begrenzung des Eigenkapitalabbaus ist die Verhinderung von nicht mehr beherrschbaren haushaltswirtschaftlichen<br />

Defiziten, die zum Eigenkapitalabbau bzw. dem vollständigen Verzehr des Eigenkapitals<br />

führen. Das Abrutschen einer Gemeinde in ein negatives Eigenkapital ist dann unmittelbar zu befürchten, wenn<br />

der jährliche Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung im Umfang von mehr als einem Drittel des am Beginn des<br />

Haushaltsjahres vorhandenen Eigenkapitals als Fehlbetrag ausgewiesen wird. In einem solchen Fall wäre es bei<br />

einem unterstellten gleichbleibenden Fehlbetrag zu befürchten, dass das gemeindliche Eigenkapital innerhalb von<br />

drei Jahren aufgezehrt wird. Diesen Zeitraum muss die Gemeinde deshalb umgehend nutzen, die notwendigen<br />

Maßnahmen zu ergreifen, um den Verzehr ihres Eigenkapitals nachhaltig zu stoppen. Er steht auch durch die<br />

Einbeziehung der mittelfristigen Ergebnisplanung in den Haushaltsplan ständig in ihrem Blickfeld.<br />

Mit dem gesetzlich festgelegten Wert von maximal einem Drittel des Eigenkapitals für die gemeindliche Ausgleichsrücklage<br />

soll sichergestellt werden, dass die haushaltswirtschaftlichen Defizite - anders als bei einem unbegrenzten<br />

Verlustvortrag - der Höhe nach begrenzt werden, damit die Gemeinde noch ausreichend Zeit zur<br />

Verfügung hat, eine ggf. drohende Überschuldung zu verhindern. Als Bezugsgröße dafür ist in der gemeindlichen<br />

Bilanz nur die allgemeine Rücklage als frei verwendbares Eigenkapital der Gemeinde heranzuziehen, nicht jedoch<br />

zweckgebundenes oder in anderer Weise gebundenes Kapital, das z. B. in der gemeindlichen Bilanz in<br />

Sonderrücklagen angesetzt ist.<br />

Diese Bemessung ist auch die Ausgangslage für die Ermittlung der Feststellung, ob eine Überschuldung der<br />

Gemeinde vorliegt, denn dafür dürfen nur die Eigenkapitalbestandteile „Allgemeine Rücklage“, „Ausgleichsrücklage“<br />

und „Jahresüberschuss/-Jahresfehlbetrag“ summiert werden. Die Nichtberücksichtigung von Sonderrücklagen<br />

ist wegen des gesetzlich bestimmten Haushaltsausgleichssystems geboten. Daran schließt sich auch das Verbot<br />

in § 43 Absatz 4 Satz 4 GemHVO <strong>NRW</strong> an, nach dem die Bildung von Sonderrücklagen für selbst gewählte Zwecke<br />

durch die Gemeinde unzulässig ist. Die Festlegung des einheitlichen Anteils der Ausgleichsrücklage am gemeindlichen<br />

Eigenkapital führt dazu, dass die Gemeinden mit hohem Eigenkapital in einem größeren Umfang<br />

entstandene Fehlbeträge durch die Ausgleichsrücklage abdecken können. Die Gemeinden mit weniger Eigenkapital<br />

verfügen umgekehrt über einen geringeren Puffer. Dieser Wirkungszusammenhang soll die Gemeinden mit<br />

einem geringeren Eigenkapital rechtzeitig vor der Überschuldung bewahren.<br />

Der Teil des Eigenkapitals, der als Höchstbetrag der Ausgleichsrücklage möglich wäre, bestimmt sich nach dem<br />

zum Abschlussstichtag vorhandenen gemeindlichen Eigenkapital. Die Gemeinde ist dadurch nicht verpflichtet,<br />

ihre Ausgleichsrücklage zu jedem Abschlussstichtag anzupassen, soweit der tatsächliche Bestand den gesetzlich<br />

erlaubten (zulässigen) Höchstbetrag übersteigt. Sie darf aber auch die Ausgleichsrücklage nicht durch eine Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage bis zum zulässigen Höchstbetrag "anpassen". Die gesetzliche Festlegung<br />

erlaubt daher der Gemeinde auch nicht, über den tatsächlichen Bestand der Ausgleichsrücklage zum Abschlussstichtag<br />

und einen Jahresüberschuss des Haushaltsjahres hinaus, eine mögliche Differenz zum zulässigen<br />

Höchstbetrag durch eine Umschichtung aus der allgemeinen Rücklage aufzufüllen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 347


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Andererseits ist die Gemeinde auch nicht verpflichtet, den tatsächlichen Bestand der Ausgleichsrücklage zu verringern<br />

bzw. in die allgemeine Rücklage umzuschichten, wenn ein neuer Höchstbetrag für die Ausgleichsrücklage<br />

aufgrund einer Verringerung der allgemeinen Rücklage durch eine zulässige unmittelbare Verrechnung von gemeindlichen<br />

Aufwendungen mit der allgemeinen Rücklage entsteht. Die Gemeinde wird durch das gesetzliche<br />

Haushaltsausgleichssystem jedoch angehalten, bei entstandenen Überschüssen in der Ergebnisrechnung die<br />

Ausgleichsrücklage bis zum zulässigen Höchstbetrag als Wertansatz in der gemeindlichen Bilanz ihre Ausgleichsrücklage<br />

aufzufüllen.<br />

3.2.2 Die Auffüllung der Ausgleichsrücklage<br />

3.2.2.1 Die Einhaltung des zulässigen Höchstbetrages<br />

Durch die gesetzliche Bestimmung, dass die Gemeinde der Ausgleichsrücklage erzielte Jahresüberschüsse zuführen<br />

kann, soweit ihr Bestand nicht den Höchstbetrag von einem Drittel des Eigenkapitals erreicht hat, besteht<br />

die Möglichkeit für die Gemeinde, in einem Jahresabschluss den gesetzlich zulässigen Höchstbetrag tatsächlich<br />

zu erreichen. Sofern jedoch der tatsächliche Bestand der Ausgleichsrücklage dem gesetzlich bestimmten<br />

Höchstbetrag entspricht, ist für die Gemeinde eine Zuführung von Jahresüberschüssen zur Ausgleichsrücklage<br />

nicht zulässig. Die Gemeinde ist daher dann zur Zuführung von Jahresüberschüssen zur Ausgleichsrücklage bis<br />

zum gesetzlich zulässigen Höchstbetrag befugt, wenn die Ausgleichsrücklage einen Bestand unterhalb des zulässigen<br />

Höchstbetrages aufweist, weil die Gemeinde in einmal oder mehrmals ihren Jahresfehlbetrag mit der<br />

Ausgleichsrücklage verrechnet und damit die Rücklage teilweise oder vollständig "verbraucht" hat.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Ausgleichsrücklage in gemeindlichen Jahresabschlüssen nur<br />

wieder im Rahmen der Beseitigung einer eingetretenen Überschuldung in Abhängigkeit vom Bestand der allgemeinen<br />

Rücklage zum Abschlussstichtag "insgesamt neu" gebildet werden darf. Nach dieser einmaligen "Neubildung"<br />

darf die Ausgleichsrücklage in nächsten Haushaltsjahren darf nur noch durch Jahresüberschüsse aus dem<br />

jeweiligen Haushaltsjahr unter Beachtung des Höchstbetrages aufgestockt werden.<br />

3.2.2.2 Der Verweis auf § 96 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

Mit dem Verweis im Gesetzestext auf „§ 95 Absatz 2 der Gemeindeordnung“ soll tatsächlich die Vorschrift des §<br />

96 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> angesprochen werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Rat der Gemeinde<br />

im Rahmen der ihm obliegenden Feststellung des Jahresabschlusses die Entscheidung trifft, ob ein im<br />

Haushaltsjahr erwirtschafteter und in der Ergebnisrechnung ausgewiesener Überschuss der Ausgleichsrücklage<br />

zugeführt wird (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Der Rat hat im Rahmen seines Budgetrechts und seiner Zuständigkeiten<br />

neben der Feststellung des Jahresabschlusses zugleich auch über die Verwendung des Jahresüberschusses<br />

oder die Behandlung des Jahresfehlbetrages zu beschließen. Der Gemeinde bleibt es jedoch unbenommen,<br />

im Rahmen der Zuleitung des Entwurfs des Jahresabschlusses an den Rat der Gemeinde dem Rat dazu einen<br />

Vorschlag zu unterbreiten (vgl. § 95 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Rat kann im Rahmen seiner Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses beschließen, den Jahresüberschuss<br />

der Ausgleichsrücklage und/oder der allgemeinen Rücklage zuzuführen. Es ist eine Aufteilung der<br />

Zuführung des Jahresüberschusses auf die Ausgleichsrücklage und die allgemeine Rücklage möglich. Der Jahresüberschuss<br />

wäre ggf. auch in voller Höhe der allgemeinen Rücklage zuzuführen, sofern die Ausgleichsrücklage<br />

den gesetzlich zulässigen Höchstbetrag erreicht hat. Der Rat muss bei seiner Entscheidung zudem auch die<br />

Regelungen über den jährlichen Haushaltsausgleich und damit die Vorrangstellung der Ausgleichsrücklage vor<br />

der allgemeinen Rücklage beachten. Nur bei ausreichender und zulässiger Zuführung zur Ausgleichsrücklage<br />

wird es der Gemeinde künftig möglich, in den nachfolgenden Haushaltsjahren mindestens einen „fiktiven“ Haushaltsausgleich<br />

zu erreichen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 348


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

3.2.2.3 Die Überleitung zur neuen Ausgleichsrücklage<br />

1. Die Überleitung<br />

Mit dem 1. NKF-Weiterentwicklungsgesetz wurde die gemeindliche Ausgleichsrücklage dynamisiert, sodass ihre<br />

bisherige Bemessung an der gemeindlichen Ertragskraft und ihre Bindung an den Bestand in der Eröffnungsbilanz<br />

entfallen ist (vgl. Artikel 1 Nummer 1 im 1. NKFWG <strong>NRW</strong>). Ab dem Haushaltsjahr 2013 können der Ausgleichsrücklage<br />

nunmehr erzielte Jahresüberschüsse bis zum Höchstbetrag von einem Drittel des Eigenkapitals<br />

zugeführt werden. Diese Veränderung der Ausgleichsrücklage hat den Gesetzgeber veranlasst, besondere Übergangsregelungen<br />

zu schaffen, um die Gemeinden nicht nur zu materiellen Veränderungen aufzufordern. Es wurde<br />

auch deren Wunsch erfüllt, in der Vergangenheit erwirtschaftete Überschüsse, die wegen der bisher für die<br />

gemeindliche Ausgleichsrücklage bestehenden Höchstgrenze der allgemeinen Rücklage zugeführt wurden, nunmehr<br />

doch der Ausgleichsrücklage zuführen zu können.<br />

In den §§ 1, 2 und 3 des Artikels 8 sind im NKF-Weiterentwicklungsgesetz <strong>NRW</strong> deshalb die materiellen Voraussetzungen<br />

für die Überleitung bestimmt worden. Der bestehende Gesetzesaufbau soll dabei gleichzeitig einen<br />

Verfahrensablauf für die örtliche Überleitung abbilden. Nach diesem Gesamtwerk hat die Gemeinde im Jahresabschluss<br />

des Haushaltsjahres 2012 die nach bisherigem Recht bestehende Ausgleichsrücklage mit ihrem Bestand<br />

in die neue Form der Ausgleichsrücklage zu überführen bzw. zu übernehmen. Dieser Vorgang hat auch dann zu<br />

erfolgen, wenn die gemeindliche Ausgleichsrücklage im Jahresabschluss zum Abschlussstichtag 2012 keinen<br />

Bestand mehr aufweist (vgl. § 1 des Artikels 8 im 1. NKFWG <strong>NRW</strong>). Bei dieser Regelung hat der Gesetzgeber die<br />

bestehende Vorgabe berücksichtigt, dass die Gemeinde verpflichtet ist, eine Ausgleichsrücklage als gesonderter<br />

Posten im Eigenkapital in ihrer Bilanz anzusetzen (vgl. § 75 Absatz 3 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.2.2.3.2 Die Verrechnung<br />

Für die Gemeinde wurde als zweiter Schritt festgelegt, dass der in der Bilanz des Jahresabschlusses für das<br />

Haushaltsjahr 2012 angesetzte Jahresüberschuss der Ausgleichsrücklage zugeführt werden kann (vgl. § 2 des<br />

Artikels 8 im 1. NKFWG <strong>NRW</strong>). In dieser Vorgabe ist zwar nicht ausdrücklich benannt worden, dass eine solche<br />

Zuführung nur erfolgen darf, soweit die Ausgleichsrücklage nicht den Höchstbetrag von einem Drittel des Eigenkapitals<br />

erreicht hat. Diese weitere Festlegung ist nicht zwingend erforderlich, denn durch die Vorschrift des § 75<br />

Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 des Artikels 8 des NKFWG <strong>NRW</strong> gilt die „neue“ Höchstgrenze bereits und ist<br />

von der Gemeinde zu beachten. Entsprechend muss ein in der gemeindlichen Bilanz angesetzter Fehlbetrag des<br />

Haushaltsjahres 2012 mit der allgemeinen Rücklage verrechnet werden.<br />

3.2.2.3.3 Die Zuführung<br />

Der Gesetzgeber hat als dritten Schritt festgelegt, dass der „neuen“ Ausgleichsrücklage die erwirtschafteten Jahresüberschüsse<br />

der Vorjahre des Haushaltsjahres 2012 zugeführt werden können, die von der Gemeinde der<br />

allgemeinen Rücklage zugeführt wurden, weil der Bestand der Ausgleichsrücklage den zulässigen Höchstbetrag<br />

bereits erreicht hatte. Für die Gemeinde wurde zugelassen, dass sie im Rahmen des Jahresabschlusses 2012<br />

solche Überschüsse der allgemeinen Rücklage wieder entnehmen und der Ausgleichsrücklage zuführen kann<br />

(vgl. § 1 des Artikels 8 des NKFWG <strong>NRW</strong>). Bei dieser bilanziellen Umschichtung müssen bei der Gemeinde einerseits<br />

entsprechende Überschüsse in den Vorjahren des Haushaltsjahres 2012 entstanden sein. Als Vorjahre<br />

gelten dabei alle Haushaltsjahre ab dem Jahr, in dem sämtliche gemeindlichen Aufgabenbereiche auf eine Rechnungsführung<br />

umgestellt sind und eine Eröffnungsbilanz aufgestellt worden ist (vgl. § 6 Absatz 3 NKFEG <strong>NRW</strong>)..<br />

GEMEINDEORDNUNG 349


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Andererseits muss die übergeleitete Ausgleichsrücklage unter Einbeziehung des Jahresergebnisses des Haushaltsjahres<br />

2012 einen Bestand ausweisen, der unterhalb des zulässigen Höchstbetrages von einem Drittel des<br />

Eigenkapitals liegt, damit eine Zuführung überhaupt erfolgen kann. In den Fällen, in denen eine Überschichtung<br />

aus der allgemeinen Rücklage in die Ausgleichsrücklage möglich ist, muss beachtet werden, dass am Ende des<br />

vom Gesetzgeber gewollten bilanziellen Zuordnungsverfahrens die Ausgleichsrücklage nicht mehr als den zulässigen<br />

Höchstbetrag aufweist. Die gesetzlichen Regelungen des § 3 des Artikels 8 des 1. NKFWG <strong>NRW</strong> begründen<br />

dabei keinen Anspruch der Gemeinde darauf, die in den Vorjahren erwirtschafteten Überschüsse ungeschmälert<br />

in die Ausgleichsrücklage umschichten zu können. Die Gemeinde, die diese Umschichtung vornimmt,<br />

hat im Anhang im Jahresabschluss ihre Vorgehensweise sowie die dabei entstandenen Verrechnungsbeträge<br />

sowie den dadurch entstandenen „Endbestand“ der Ausgleichsrücklage und der allgemeinen Rücklage und den<br />

vorherigen „Anfangsbestand“ in nachvollziehbarer Form zu erläutern.<br />

4. Zu Absatz 4 (Verringerung der allgemeinen Rücklage):<br />

4.01 Allgemeine Grundlagen<br />

Der Eigenkapitalausstattung der Gemeinde kommt im NKF eine besondere Bedeutung zu. Ausgehend vom Saldo<br />

der Ergebnisrechnung (Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag), der sich immer auf das Eigenkapital auswirkt, wurde<br />

das Eigenkapital als zweites Kriterium für den Haushaltsausgleich bestimmt. Die Entwicklung des Eigenkapitals<br />

kann wichtige und eindeutige Hinweise auf die Stabilität der gemeindlichen Haushaltswirtschaft liefern. In allgemeiner<br />

Form gilt, dass der Gemeinde grundsätzlich noch Eigenkapital zur Verfügung steht, solange die allgemeine<br />

Rücklage noch über einen Bestand aufweist.<br />

In der gemeindlichen Bilanz ist auf der Passivseite dem Eigenkapital ein gesonderter Bereich zugewiesen worden,<br />

in dem durch mehrere Bilanzposten verschiedene Zwecksetzungen des Eigenkapitals aufgezeigt werden.<br />

Grundsätzlich entsteht das bilanzielle Eigenkapital durch die Differenz zwischen dem Vermögen (Aktivseite) und<br />

den Schulden (Verbindlichkeiten und Rückstellungen) der Gemeinde unter Einbeziehung der Sonderposten. Nach<br />

den Gliederungsvorschriften für die gemeindliche Bilanz ist dabei das Eigenkapital in die Bilanzposten „Allgemeine<br />

Rücklage“, „Sonderrücklagen“, „Ausgleichsrücklage“ und „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“ aufzuteilen und<br />

gleichzeitig auf diese Posten beschränkt worden (vgl. § 41 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine eigenständige Erweiterung<br />

dieses Bilanzbereiches durch zusätzliche Bilanzposten ist nicht zulässig.<br />

4.02 Haushaltsausgleich nicht bei Verringerung der allgemeinen Rücklage<br />

Die Vorschrift regelt die Voraussetzungen des aufsichtbehördlichen Handelns bei einem nicht erreichten Haushaltsausgleich<br />

gegenüber der Gemeinde, wenn zur Deckung des Fehlbedarfs eine Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage vorgesehen wird. Bei einer Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gilt der gemeindliche Haushalt<br />

noch als ausgeglichen. Bei einer Verringerung der allgemeinen Rücklage trifft dieses jedoch nicht mehr zu, auch<br />

wenn in beiden Fällen die jahresbezogenen Aufwendungen im Ergebnisplan bzw. der Ergebnisrechnung durch<br />

das gemeindliche Eigenkapital „gedeckt“ werden können (vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Eine weitere Verringerung<br />

des Eigenkapitals der Gemeinde nach dem vollständigen Verzehr der Ausgleichsrücklage kann ohne eine<br />

vorherige aufsichtsrechtliche Prüfung und Genehmigung nicht erfolgen, denn die Gefährdung einer geordneten<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde kann nicht mehr ausgeschlossen werden.<br />

In diesem Zusammenhang ist noch zu beachten, dass das Eigenkapital einer Gemeinde seine Funktion nur erfüllen<br />

kann, solange es nicht durch Verluste vollständig aufgezehrt worden ist. Aus diesem Grunde bedarf bei Gemeinden,<br />

deren weitere Entwicklung mit erheblichen Risiken behaftet ist, der Bestand an Eigenkapital einer besonderen<br />

Betrachtung. Ausgehend davon, dass bei einer Überschuldung der Gemeinde die stetige Aufgabenerfüllung<br />

nicht mehr gewährleistet ist, wurde das Verbot einer Überschuldung der Gemeinde gesetzlich verankert<br />

GEMEINDEORDNUNG 350


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

(vgl. § 75 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>). Diese Vorschrift enthält dazu eine Begriffsbestimmung der Überschuldung, die aus<br />

dem kaufmännischen Recht abgeleitet ist (bilanzielle Überschuldung). Ob eine Überschuldung bei der Gemeinde<br />

vorliegt, ist aus der Bilanz der Gemeinde ablesbar.<br />

4.1 Zu Satz 1 (Genehmigung der Verringerung der allgemeinen Rücklage)<br />

4.1.1 Die Genehmigungserfordernisse<br />

Nach der Vorschrift bedarf eine Verringerung der allgemeinen Rücklage der Genehmigung der Aufsichtsbehörde,<br />

wenn diese Inanspruchnahme bei der Aufstellung der Haushaltssatzung vorgesehen wird. Kann aber ein Fehlbedarf<br />

im Ergebnisplan ganz oder teilweise nicht durch eine Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt<br />

werden, kommt es zu einem weiteren Abbau des Eigenkapitals durch eine Verringerung der allgemeinen Rücklage.<br />

Diese Verringerung bedarf einer Festsetzung in der Haushaltssatzung (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Sie ist außerdem von der Aufsichtsbehörde der Gemeinde zu genehmigen (vgl. § 75 Absatz 4 Satz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Dabei kann eine so erhebliche Verringerung der allgemeinen Rücklage (Eigenkapitalverzehr) geplant sein,<br />

dass eine Genehmigung nach den Vorschriften des § 76 GO <strong>NRW</strong> zu erteilen ist, weil die dort genannten Schwellenwerte<br />

überschritten sind.<br />

Die Aufsichtsbehörde der Gemeinde hat auch bei einer vorgesehenen Verringerung der allgemeinen Rücklage<br />

unterhalb der Schwellenwerte des § 76 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> immer zu prüfen, ob die Gewährleistung der stetigen<br />

Aufgabenerfüllung nicht gefährdet wird. Sie muss außerdem bei der Erteilung der Genehmigung nach dieser<br />

Vorschrift den ihr zustehenden Ermessensspielraum nach den haushaltsrechtlichen Zielbestimmungen ausgestalten.<br />

Bei dieser Beurteilung kommt dem Ziel, wieder einen ausgeglichenen Haushalt nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

durch die Gemeinde zu erreichen, die zentrale Bedeutung zu. Dieses Gebot gilt auch dann, wenn die vorgesehene<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage der Gemeinde im Haushaltsjahr noch als haushaltsverträglich betrachtet<br />

werden kann, aber m Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung eine Gefährdung der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft zu befürchten ist.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass eine Überschreitung der Schwellenwerte nach § 76 GO <strong>NRW</strong><br />

nicht nur bei einem Auftreten im Haushaltsjahr genehmigungspflichtig ist. Dieses Erfordernis besteht auch bei<br />

einer vergleichbaren Sachlage in den drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahren der mittelfristigen Ergebnis-<br />

und Finanzplanung. Eine gewollte stärkere Verflechtung zwischen der mittelfristigen haushaltswirtschaftlichen<br />

Planung und der Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung sowie den aufsichtsrechtlich gestuften Maßnahmen<br />

wird dadurch ausreichend hergestellt.<br />

4.1.2 Antrag und Anzeige der Haushaltssatzung<br />

Aus der Regelung, dass bei einer Verringerung der allgemeinen Rücklage unterhalb der Schwellenwerte des § 76<br />

Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> die Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Aufsichtsbehörde nicht innerhalb eines Monats<br />

nach Eingang des Antrages der Gemeinde eine andere Entscheidung trifft, könnte grundsätzlich abgeleitet werden,<br />

dass die Gemeinde die Genehmigung für eine solche Verringerung des gemeindlichen Eigenkapitals unabhängig<br />

von der Anzeige der gemeindlichen Haushaltssatzung beantragen muss und damit ein eigenständiges<br />

Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt wird. Die getroffene Regelung steht jedoch nicht für sich allein, sondern ist<br />

in einen unmittelbaren Zusammenhang mit den Bestimmungen in den §§ 78 und 80 GO <strong>NRW</strong> zu stellen.<br />

Die Anzeige der gemeindlichen Haushaltssatzung bei der Aufsichtsbehörde nach § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> stellt<br />

das führende Verfahren dar, denn die geplante Verringerung der allgemeinen Rücklage ist in der Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde festzusetzen (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>). Diese gemeindliche Festsetzung wird<br />

dadurch auch zum Gegenstand des Anzeigeverfahrens der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen. Eine Trennung<br />

GEMEINDEORDNUNG 351


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

der Anzeige der Haushaltssatzung der Gemeinde in ein Anzeigeverfahren nach § 80 GO <strong>NRW</strong> und ein Genehmigungsverfahren<br />

nach § 75 GO <strong>NRW</strong> lässt sich nicht aus der Verbindung dieser Vorschrift mit den §§ 78 und 80<br />

GO <strong>NRW</strong> herleiten. Das Genehmigungserfordernis für eine Verringerung der allgemeinen Rücklage führt daher<br />

nicht zu einem eigenständigen Verwaltungsverfahren neben dem Anzeigeverfahren der gemeindlichen Haushaltssatzung.<br />

Mit der Vorschrift hat der Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt, neben dem Anzeigeverfahren der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung ein weiteres Verwaltungsverfahren für die Gemeinde zu installieren.<br />

In diesem Sinne belegt auch die Entscheidung des Rates über die Verringerung der allgemeinen Rücklage im<br />

Rahmen seines Beschlusses über die jährliche Haushaltssatzung nach § 78 GO <strong>NRW</strong>, dass generell nur ein<br />

Verfahren im Rahmen der Anzeige der Haushaltssatzung der Gemeinde in Betracht kommen kann. Wäre dies<br />

nicht der Fall, müsste auch das Genehmigungserfordernis für das gemeindliche Haushaltssicherungskonzept<br />

nach § 76 GO <strong>NRW</strong> verwaltungsrechtlich ein eigenständiges Verwaltungsverfahren auslösen. Es besteht im gemeindlichen<br />

Haushaltsrecht die Grundregel, dass die Aufsichtsbehörde über haushaltsplanmäßige Genehmigungen<br />

im Rahmen des Anzeigeverfahrens der Haushaltssatzung der Gemeinde zu entscheiden hat. Die ausdrückliche<br />

Regelung in dieser Vorschrift dient daher sachlogisch lediglich der Festlegung des Fristbeginns für die Genehmigungsfiktion<br />

im Rahmen der Anzeige der Haushaltssatzung der Gemeinde gegenüber der Aufsichtsbehörde<br />

nach § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>.<br />

Die Gemeinde soll aber in ihrer Anzeige die Verringerung der allgemeinen Rücklage gesondert darstellen und<br />

dazu die erforderliche Genehmigung – vergleichbar dem Vorgehen beim Bedarf einer Genehmigung für das<br />

Haushaltssicherungskonzept nach § 76 GO <strong>NRW</strong> - ausdrücklich beantragen. Andererseits ist die Aufsichtsbehörde<br />

bereits aufgrund der möglichen Festsetzungen in der gemeindlichen Haushaltssatzung gehalten, die Anzeige<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung auf genehmigungspflichtige Sachverhalte zu prüfen bzw. ein verwaltungsrechtliches<br />

Verfahren einzuleiten, um die gesetzlich vorgesehenen Genehmigungen erteilen zu können. Sind<br />

derartige Sachverhalte gegeben, aber in der Anzeige von der Gemeinde nicht dargestellt, hat die Aufsichtsbehörde<br />

eine Auslegung der Anzeige nach in Verwaltungsverfahren üblichen Regeln vorzunehmen.<br />

4.1.3 Die Genehmigungsbesonderheiten<br />

Eine Haushaltssatzung, die von der Gemeinde für zwei Haushaltsjahre erlassen worden ist, muss Festsetzungen<br />

getrennt für jedes Haushaltsjahr enthalten (vgl. § 78 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Ein Genehmigungserfordernis<br />

zur Verringerung der allgemeinen Rücklage bezieht sich in einem solchen Fall jeweils auf das einzelne Haushaltsjahr,<br />

in dem eine solche Verringerung vorgesehen ist. Ein gesondertes Genehmigungserfordernis kann sich<br />

dann ergeben, wenn eine Nachtragssatzung nach § 81 GO erlassen wird. Sieht diese erstmals eine Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage für das Haushaltsjahr vor oder erhöht sich die in der Haushaltssatzung festgesetzte<br />

vorgesehene Verringerung der allgemeinen Rücklage entsteht ein neues oder weiteres Genehmigungserfordernis,<br />

denn für die Nachtragssatzung der Gemeinde gelten die Vorschriften für die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

entsprechend (vgl. § 81 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

4.1.4 Kein Genehmigungserfordernis bei Verrechnungen<br />

Die Gemeinde ist haushaltsrechtlich verpflichtet, ihre erzielten Erträge und die entstandenen Aufwendungen aus<br />

dem Abgang und der Veräußerung von gemeindlichen Vermögensgegenständen nach § 90 Absatz 3 Satz 1 der<br />

Gemeindeordnung sowie aus Wertveränderungen von Finanzanlagen unmittelbar mit der allgemeinen Rücklage<br />

zu verrechnen. Insbesondere die Aufwendungen aus der örtlichen Veräußerung eines Vermögensgegenstandes<br />

und aus Wertveränderungen von Finanzanlagen können ohne Verschuldungen der Gemeinde entstehen. Solche<br />

Aufwendungen sollen daher nicht innerhalb in der Ergebnisrechnung unter der laufenden Verwaltungstätigkeit der<br />

Gemeinde erfasst werden (vgl. § 43 Absatz 3 Satz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie lösen nicht die haushaltsrechtlich be-<br />

GEMEINDEORDNUNG 352


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

stehende Genehmigungspflicht bei einer Verringerung der allgemeinen Rücklage aus, denn dieses Erfordernis<br />

findet unterjährig als auch im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses keine Anwendung.<br />

Die Vorschrift enthält nur die ausdrückliche Festlegung, dass eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde dann<br />

erforderlich ist, wenn im Rahmen der gemeindlichen Haushaltssatzung von der Gemeinde eine Verringerung der<br />

allgemeinen Rücklage vorgesehen ist. Eine Verringerung der allgemeinen Rücklage aufgrund der haushaltsrechtlich<br />

vorgesehenen unmittelbaren Verrechnung von entstandenen Aufwendungen aus bestimmten gemeindlichen<br />

Geschäftsvorfällen unterliegt daher nicht dieser Genehmigungspflicht. Die Verringerung muss dabei auf gemeindlichen<br />

Aufwendungen beruhen, die entstanden sind, weil die Gemeinde einen Vermögensgegenstand zur Erfüllung<br />

ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht mehr braucht und daher veräußert und wenn gemeindliche Finanzanlagen<br />

an Wert verloren haben.<br />

Die Gemeinde hat in solchen Fällen die erzielbaren Erträge und die entstehenden Aufwendungen jedoch in einem<br />

Zusammenhang mit ihrer laufenden Verwaltungstätigkeit zu stellen, sodass solche gemeindlichen Erträge und<br />

Aufwendungen in der Ergebnisrechnung nachrichtlich nach dem Jahresergebnis auszuweisen sind. Diese weitere<br />

Vorgabe für die gemeindliche Haushaltswirtschaft bewirkt, dass derartige Erträge und Aufwendungen auch im<br />

Ergebnisplan der Gemeinde in entsprechender Weise nachrichtlich ausgewiesen werden müssen, sofern die<br />

Erträge und Aufwendungen planbar sind bzw. die Veranschlagungsvoraussetzungen dafür vorliegen. Durch den<br />

nachrichtlichen Ausweis werden die zu verrechnenden Erträge und Aufwendungen aber gleichwohl nicht in die in<br />

der Haushaltssatzung festzusetzenden Gesamtbeträge der gemeindlichen Erträge und Aufwendungen einbezogen<br />

(vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1a GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die zu verrechnenden Erträge und Aufwendungen, die ggf. im Ergebnisplan nachrichtlich nach dem Jahresergebnis<br />

ausgewiesen sind, wirken sich daher auch nicht auf einen Fehlbetrag im Ergebnisplan aus, der die Ursache<br />

für eine genehmigungspflichtige Verringerung der allgemeinen Rücklage im Rahmen der gemeindlichen<br />

Haushaltsplanung darstellen kann. Auf diese vorgesehene haushaltsmäßig verursachte Verringerung ist aber die<br />

haushaltsrechtliche Genehmigungspflicht ausgerichtet. Aus der haushaltsrechtlich zulässigen Verrechnung von<br />

Erträgen und Aufwendungen mit der allgemeinen Rücklage entsteht daher auch deshalb keine Genehmigungserfordernis<br />

für die Gemeinde im Rahmen der Aufstellung der gemeindlichen Haushaltssatzung.<br />

4.2 Zu Satz 2 (Genehmigungsfiktion):<br />

Bei der Ausübung der Genehmigung der Verringerung der allgemeinen Rücklage hat die Aufsichtsbehörde nach<br />

den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Sie darf dabei jedoch die Genehmigungsfiktion in § 75 Absatz 4<br />

Satz 2 GO <strong>NRW</strong> nicht außer achtlassen, nach der die Genehmigung zur geplanten Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage als erteilt gilt, wenn die Aufsichtsbehörde nicht innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrages der<br />

Gemeinde eine andere Entscheidung trifft. Diese ausdrückliche Regelung dient lediglich der verwaltungsrechtlichen<br />

Festlegung des Fristbeginns für die Genehmigungsfiktion. Daraus folgt, dass die Frist für die Genehmigungsfiktion<br />

mit Eingang der Anzeige der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen bei der Aufsichtsbehörde zu laufen<br />

beginnt. Für die Fristberechnung der Genehmigungsfiktion gelten zudem gemäß der Vorschrift des § 31 Absatz 1<br />

VwVfG <strong>NRW</strong> die §§ 187 bis 193 BGB entsprechend, soweit nicht durch § 31 Absatz 2 bis 5 VwVfG <strong>NRW</strong> etwas<br />

anderes bestimmt ist.<br />

Von der Genehmigungsfiktion der Vorschrift kann jedenfalls von der Aufsichtsbehörde dann Gebrauch gemacht<br />

werden, wenn keine durchgreifenden haushaltswirtschaftlichen Gründe gegen die vorgesehene Verringerung der<br />

allgemeinen Rücklage durch die Gemeinde sprechen. Diese Sachlage könnte z.B. gegeben sein, wenn wegen<br />

der Errichtung einer rechtlich selbstständigen Stiftung durch die Gemeinde in Höhe des aktivierten Wertes eine<br />

Umschichtung von der allgemeinen Rücklage in eine Sonderrücklage erfolgen soll. Eine solche Sonderrücklage<br />

soll als gesonderter Posten im Bilanzbereich „Eigenkapital“ vorhanden sein, weil aus Sinn und Zweck des Stiftungsrechts<br />

nur abgeleitet werden kann, dass eine Eigenkapitalmehrung bei der Gemeinde aus einem Stiftungs-<br />

GEMEINDEORDNUNG 353


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

geschäft haushaltsmäßig nicht frei verfügbar ist und diese „Verwendungsbeschränkung“ durch eine Sonderrücklage<br />

transparent gemacht wird.<br />

In den Fällen, in denen die Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage nach § 75 Absatz 4 GO<br />

<strong>NRW</strong> mit einer Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76 GO <strong>NRW</strong> verbunden<br />

wird, kommt die Genehmigungsfiktion des § 75 Absatz 4 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> nicht zur Anwendung. Die Regelung<br />

über die Genehmigungsfiktion ist darauf ausgerichtet, dass sie nur dann zur Anwendung kommt, wenn allein<br />

ein Genehmigungserfordernis nach Satz 1 dieser Vorschrift besteht. Eine weitergehende Anwendung dieser<br />

Fiktion, insbesondere auf die nach § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> vorgesehene Genehmigung für ein Haushaltssicherungskonzept<br />

der Gemeinde, lässt sich aus der Vorschrift nicht ableiten.<br />

4.3 Zu Satz 3 (Nebenbestimmungen zur Genehmigung):<br />

4.3.1 Das Erfordernis von Nebenbestimmungen<br />

Im Rahmen der Anzeige der Haushaltssatzung der Gemeinde hat die Aufsichtsbehörde die vorgesehene Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage zu genehmigen (vgl. Satz 1 der Vorschrift). Sie kann ihre Genehmigung mit<br />

Nebenbestimmungen versehen, die Bedingungen und Auflagen enthalten können. Diese Möglichkeiten sollen<br />

zweckbestimmend dazu beitragen, dass der gesetzlich vorgesehene Haushaltsausgleich baldmöglichst wieder<br />

erreicht wird. Auch die im Haushaltsplan enthaltene und jährlich gem. § 84 Satz 3 GO <strong>NRW</strong> auszugleichende<br />

mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft stellt ein Kriterium dar, das im<br />

Genehmigungsverfahren der Verringerung der allgemeinen Rücklage der Gemeinde zu berücksichtigen ist.<br />

In den Fällen, in denen sich aus den im Haushaltsplan der Gemeinde enthaltenen Planungsdaten für die dem<br />

Haushaltsjahr folgenden Jahre keine ausreichenden Veränderungen zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs<br />

erkennen lassen, sollte die Aufsichtsbehörde der Gemeinde bei der Genehmigung der vorgesehenen<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage durch entsprechende Nebenbestimmungen in Form von Bedingungen<br />

und Auflagen von der Gemeinde wirksame Konsolidierungsmaßnahmen im Sinne der gesetzlichen Vorgaben<br />

verlangen und dazu auch das tatsächlich Mögliche der Gemeinde erkunden, soweit es nicht bereits bekannt ist.<br />

Sie hat dabei unter Einbeziehung der Ziele und Zwecke des gemeindlichen Haushaltsrechts abzuwägen, durch<br />

welche Nebenbestimmungen sichergestellt werden kann, dass die Gemeinde die gesetzlichen Erfordernisse bei<br />

der Ausführung ihrer Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr ausreichend beachtet und in ihrem Jahresabschluss<br />

einen entsprechenden Nachweis führt.<br />

Hierbei kommt dem haushaltsrechtlichen Ziel, dass die Gemeinde wieder einen ausgeglichenen Haushalt nach §<br />

75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> erreichen soll, eine zentrale Bedeutung zu. Diese Zielbestimmung gilt auch dann, wenn die<br />

für das Haushaltsjahr vorgesehene Verringerung der allgemeinen Rücklage der Gemeinde ggf. im Haushaltsjahr<br />

noch als haushaltsverträglich betrachtet werden kann. Soweit aber nach der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

der Gemeinde eine Gefährdung ihrer Haushaltswirtschaft zu befürchten ist und sich diese Haushaltslage<br />

durch eine Überschreitung der Schwellenwerte belegt wird, muss dieser Gefahr durch ein Haushaltssicherungskonzept<br />

auf geeignete Weise entgegen getreten werden. Derartige Sachlagen müssen in der Genehmigungspraxis<br />

der Aufsichtsbehörden auf geeignete Weise berücksichtigt werden.<br />

4.3.2 Die Formen von Nebenbestimmungen<br />

Die Erteilung der Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage durch die Gemeinde stellt eine Regelung<br />

dar, die dieser Vorschrift mit bestimmten zusätzlichen Bestimmungen (Nebenbestimmungen nach § 36 Absatz<br />

1 VwVfG <strong>NRW</strong>) versehen werden darf. Solche Nebenbestimmungen haben den Zweck, mögliche rechtliche<br />

oder tatsächliche Hindernisse, die einer uneingeschränkten Erteilung dieser Genehmigung entgegenstehen, zu<br />

GEMEINDEORDNUNG 354


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

beseitigen. Damit besteht für die Aufsichtsbehörde der Gemeinde im Prinzip nicht die Möglichkeit, die Genehmigung<br />

für die von der Gemeinde vorgesehene Verringerung der allgemeinen Rücklage abzulehnen, sondern bei<br />

möglichen Bedenken gegen die geplante gemeindliche Haushaltswirtschaft mit Vorbehalten zu arbeiten.<br />

An diese Gegebenheiten knüpft die haushaltsrechtliche Vorschrift an, in dem sie ausdrücklich regelt, dass die<br />

Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage der Gemeinde unter Bedingungen und mit Auflagen<br />

erteilt werden kann. Durch die Bedingung als eine mögliche Nebenbestimmung zur Genehmigung zur Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage wird eine bestimmte Rechtsfolge von dem Eintritt eines unsicheren zukünftigen<br />

Ereignisses bei der Gemeinde abhängig gemacht (vgl. § 158 BGB). Sie findet bei der Erteilung von Genehmigungen<br />

in Form der aufschiebenden sowie der auflösenden Bedingung Anwendung, ohne jedoch zeitlich eindeutig<br />

festgelegt zu sein und einen eigenen Regelungsinhalt zu haben.<br />

Die Auflage stellt eine weitere zulässige Möglichkeit einer Nebenbestimmung zur Genehmigung zur Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage durch die Aufsichtsbehörde dar. Durch eine solche Nebenbestimmung wird eine zusätzliche<br />

Regelung zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen durch die Gemeinde getroffen. Diese<br />

Nebenbestimmung hängt in ihrem Bestand von der Wirksamkeit der aufsichtsbehördlichen Genehmigung ab,<br />

auch wenn sie selbstständig anfechtbar ist.<br />

4.3.3 Die Ermessensausübung<br />

Der Aufsichtsbehörde steht im Rahmen der Genehmigung der Verringerung der allgemeinen Rücklage das notwendige<br />

Ermessen bei ihrer Entscheidung zu. Sie soll das Ermessen sachgerecht ausüben und aufgrund dessen<br />

auch sachlich geeignete Bedingungen und Auflagen als Nebenbestimmungen zu ihrer Genehmigung festlegen.<br />

Das Ermessen ist dabei unter Beachtung der Ziele und Zwecke des Haushaltsausgleichs auszuüben. Dabei ist zu<br />

beachten, dass nur Nebenbestimmungen festgelegt werden sollten, bei denen der Gemeinde im Rahmen der<br />

Umsetzung noch ein Raum für die Ausübung ihrer Eigenverantwortung bleibt. Die gemeindliche Selbstverwaltung<br />

bedingt, dass die Aufsichtsbehörde nicht einzelne Maßnahmen ersetzen oder einschränken soll, sondern nur im<br />

Rahmen der Zielerreichung „Haushaltsausgleich“ geeignete Vorgaben machen kann.<br />

Der Umfang der Genehmigung wird dabei durch die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

begrenzt. Mit einer Genehmigung nach § 75 Absatz 4 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> kann von der Aufsichtsbehörde noch<br />

keine Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76 GO <strong>NRW</strong> verlangt werden. Die Ermessensabwägung<br />

kann aber dazu führen, dass sich die einzelnen Bedingungen und Auflagen, die als Nebenbestimmungen<br />

der Genehmigung beigefügt werden, sich den Bedingungen und Auflagen der Genehmigung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

inhaltlich ähneln. Insbesondere können unterjährige aussagefähige Analyse- und Prognosepflichten<br />

zur Vermeidung einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und die Umsetzung geeigneter Gegenmaßnahmen<br />

einschließlich der Berichtspflichten an die Aufsichtsbehörde geeignet sein. Durch solche zeitlich<br />

vor dem Haushaltssicherungskonzept liegende Maßnahmen muss versucht werden, die Defizite abzubauen und<br />

eine Verringerung des Eigenkapitals zu vermeiden.<br />

Bei der Ermessensausübung ist zudem zu berücksichtigen, dass die Genehmigung der Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage grundsätzlich auf das Haushaltsjahr beschränkt ist. Ausgehend von der Festsetzung der Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage in der gemeindlichen Haushaltssatzung (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>) und unter Beachtung des Jährlichkeitsprinzips wirkt sich dieser Zeitraum auf die Geltungsdauer der Genehmigung<br />

aus. Die Aufsichtsbehörde soll möglichst eine insgesamt akzeptable und umsetzbare Entscheidung<br />

treffen, wenn der Rat der Gemeinde durch seinen Beschluss über die Haushaltssatzung einen genehmigungspflichtigen<br />

Tatbestand geschaffen hat (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>), hat.<br />

GEMEINDEORDNUNG 355


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

4.4 Zu Satz 4 (Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes):<br />

4.4.1 Geplantes Jahresergebnis und Haushaltssicherung<br />

Für die Gemeinde entsteht die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76 Absatz 1<br />

GO <strong>NRW</strong>, wenn durch ein negatives Jahresergebnis im Ergebnisplan des Haushaltsjahres oder der drei folgenden<br />

Planungsjahre die allgemeine Rücklage oberhalb der Schwellenwerte des § 76 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> voraussichtlich<br />

verringert wird. Diese Pflicht besteht regelmäßig in Abhängigkeit von der jahresbezogenen Festsetzung<br />

einer Verringerung der allgemeinen Rücklage in der gemeindlichen Haushaltssatzung. Es sollte ohne große Hindernisse<br />

erkennbar und nachvollziehbar sein, ob eine solche Pflicht für die Gemeinde besteht.<br />

Bei der Erteilung der Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage nach § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> ist<br />

von der Aufsichtsbehörde auch zu prüfen, ob von der Gemeinde ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen ist.<br />

Liegen die Voraussetzungen dafür vor, muss die Aufsichtsbehörde im Rahmen der Genehmigung die Gemeinde<br />

zukunftsbezogen zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes verpflichten. Diese aufsichtsrechtliche<br />

Maßnahme kann als Verweisung auf die Rechtsfolge des § 76 GO <strong>NRW</strong> angesehen werden. Sie zielt darauf ab,<br />

aufsichtsrechtlich frühzeitig einzugreifen, um zu verhindern, dass der Eigenkapitalverzehr bei der Gemeinde eine<br />

unbeherrschbare Dynamik annimmt. Ein solches Vorgehen liegt auch im Interesse der betroffenen Gemeinde.<br />

4.4.2 Aufzeigen der voraussichtlichen Entwicklung des Eigenkapitals<br />

Die voraussichtliche Entwicklung des gemeindlichen Eigenkapitals ist von der Gemeinde gesondert in der Zeitreihe<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung im gemeindlichen Haushaltsplan aufzuzeigen, wenn in der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung eine Festsetzung zur Verringerung des gemeindlichen Eigenkapitals enthalten<br />

ist (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>). Für die Darstellung der Entwicklung des gemeindlichen Eigenkapitals<br />

kann z. B. das nachfolgende Schema genutzt werden (vgl. Abbildung).<br />

Die Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung des Eigenkapitals<br />

Bilanzposten<br />

nach § 41 Absatz 3<br />

Nr. 1 GO <strong>NRW</strong><br />

Allgemeine<br />

Rücklage<br />

Sonder-<br />

rücklagen<br />

Ausgleichs-<br />

rücklage<br />

Jahresüberschuss/<br />

Jahresfehlbetrag<br />

Ansatz<br />

Vorvorjahr<br />

(31.12.)<br />

EUR<br />

Planwert<br />

Vorjahr<br />

(31.12.)<br />

EUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 356<br />

Planwert<br />

Haushalts-<br />

jahr<br />

(31.12.)<br />

EUR<br />

Planwert<br />

Haushalts-<br />

jahr + 1<br />

(31.12.)<br />

EUR<br />

Planwert<br />

Haushalts-<br />

jahr + 2<br />

(31.12.)<br />

EUR<br />

Planwert<br />

Haushalts-<br />

jahr + 3<br />

(31.12.)<br />

EUR<br />

Zeitreihe der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

Abbildung 38 „Die Entwicklung des Eigenkapitals“<br />

Die Gemeinde hat die Übersicht über die Entwicklung des gemeindlichen Eigenkapitals dem jährlichen Haushaltsplan<br />

als Anlage beizufügen (vgl. § 1 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Es wird dadurch eine Verbindung zwischen


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

dem geplanten Jahresergebnis im Ergebnisplan und den daraus entstehenden unmittelbaren Auswirkungen auf<br />

das gemeindliche Eigenkapital aufgezeigt. Mit einer solchen Anlage zum gemeindlichen Haushaltsplan werden<br />

dem Rat der Gemeinde sowie der Aufsichtsbehörde und den weiteren Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

die notwendigen Informationen und ein guter Überblick über die positiven und negativen Entwicklungen<br />

des gemeindlichen Eigenkapitals gegeben.<br />

In der dem Haushaltsplan beizufügenden Übersicht wird für das Haushaltsjahr durch die Angabe über den Jahresfehlbetrag<br />

deutlich, dass die Gemeinde den gesetzlich erforderlichen Haushaltsausgleich nicht erreicht hat.<br />

Darauf baut die weitere Darstellung auf, bei der wie im Haushaltsplan die drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre<br />

von der Festlegung des Verzehrs des Eigenkapitals betroffen sein können. Dabei ist zu beachten,<br />

dass in diesen drei Planungsjahren ein Haushaltsausgleich von der Gemeinde jahresbezogen erreicht werden<br />

soll (vgl. § 84 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

5. Zu Absatz 5 (Nicht geplanter Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung):<br />

5.1 Zu Satz 1 (Anzeigepflicht bei der Aufsichtsbehörde):<br />

5.1.1 Die Maßnahmen bei nicht geplantem Fehlbetrag<br />

Die Verpflichtung der Gemeinde zum jährlichen Haushaltsausgleich erstreckt sich nicht nur auf die gemeindliche<br />

Haushaltsplanung, sondern auch auf die Rechnung bzw. den Jahresabschluss der Gemeinde (vgl. nach § 75<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Dieser gesetzlichen Festlegung trägt diese Vorschrift Rechnung. Aus der Haushaltsbewirtschaftung<br />

und der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde im Haushaltsjahr kann sich ergeben, dass zum<br />

Zeitpunkt der Bestätigung des Jahresabschlusses durch den Bürgermeister (vgl. § 95 Abs. 3 GO <strong>NRW</strong>) die Ergebnisrechnung<br />

trotz eines ursprünglich ausgeglichenen Ergebnisplans einen Fehlbetrag oder einen höheren<br />

Fehlbetrag als im Ergebnisplan ausgewiesen ausweist (vgl. § 38 GemHVO <strong>NRW</strong>). Ein solcher Sachverhalt löst<br />

für die Gemeinde eine gesonderte Anzeigepflicht gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde aus.<br />

Die Feststellung, ob in der Ergebnisrechnung ein Fehlbetrag oder ein höherer Fehlbetrag als geplant ausgewiesen<br />

wird, baut auf dem in der gemeindlichen Ergebnisrechnung vorzunehmenden Plan-/Ist-Vergleich auf (vgl. §<br />

38 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie ist daher im Rahmen der Aufstellung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

möglich. In einem solchen Fall ist zu beachten, dass dabei der nur dann von den originären Haushaltsansätzen<br />

im gemeindlichen Haushaltsplan auszugehen ist, wenn es im Haushaltsjahr nicht zu einer Planfortschreibung<br />

von Haushaltsansätzen gekommen ist, z. B. durch tatsächliche Ermächtigungsübertragungen nach §<br />

22 GemHVO <strong>NRW</strong>. Für die Auslösung der Anzeigepflicht der Gemeinde gegenüber der Aufsichtsbehörde besteht<br />

daher im Zeitpunkt des Entwurfs des Jahresabschlusses eine besondere ergebnisrelevante Grundlage.<br />

Die Aufsichtsbehörde kann wegen des bei der Gemeinde entstandenen schlechteren Jahresergebnisses bzw.<br />

wegen des höheren Fehlbetrages von den ihr zustehenden Rechten Gebrauch machen und die notwendigen<br />

Maßnahmen ergreifen, um eine geordnete Haushaltswirtschaft durch die Gemeinde wieder herzustellen. Die<br />

Gemeinde muss bereits mit ihrer Kenntnis über die Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Jahres sofort geeignete<br />

Maßnahmen im laufenden Haushaltsjahr ergreifen, um grundsätzlich einer weiteren defizitären Haushaltswirtschaft<br />

entgegen zu wirken. Es gilt, schnellstmöglich den jährlichen Haushaltsausgleich wieder zu erreichen sowie<br />

die dauerhafte Leistungsfähigkeit wieder zu sichern (vgl. § 75 Absatz 1 und 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

5.1.2 Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung und Haushaltssicherungskonzept<br />

Bei der Bestätigung des Jahresabschlusses durch den Bürgermeister nach § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> kann der Fall<br />

eintreten, dass in der Ergebnisrechnung ein Fehlbetrag oder ein höherer Fehlbetrag als geplant ausgewiesen<br />

GEMEINDEORDNUNG 357


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

werden muss. Die das Ergebnis auslösenden Veränderungen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft bzw. die<br />

wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde können im abgelaufenen Haushaltsjahr so umfangreich gewesen sein,<br />

dass zum Abschlussstichtag am Ende des Haushaltsjahres der in der Schlussbilanz des Vorjahres enthaltene<br />

Ansatz der allgemeinen Rücklage erheblich zu verringern ist.<br />

In solchen Fällen löst diese Sachlage, soweit der Schwellenwert des § 76 Absatz 1 Nummer 1 GO <strong>NRW</strong> überschritten<br />

wird, für die Gemeinde unmittelbar die Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

aus. Bei solchen gemeindlichen Gegebenheiten soll die Aufsichtsbehörde wegen des Ergebnisses aus den<br />

erheblichen haushaltswirtschaftlichen Veränderungen die notwendigen Anordnungen zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

treffen, erforderlichenfalls diese Anordnungen selbst durchführen oder – wenn und<br />

solange diese Befugnisse nicht ausreichen – einen Beauftragten bestellen (vgl. §§ 119 ff. GO <strong>NRW</strong>).<br />

5.1.3 Die Zuordnung des Haushaltssicherungskonzeptes zum Haushaltsplan<br />

In den Fällen, in denen ein Haushaltssicherungskonzept im Rahmen der Bestätigung über den Jahresabschluss<br />

aufzustellen ist, bewirkt die Bindung des Haushaltssicherungskonzeptes an den Haushaltsplan, dass dieses<br />

Haushaltssicherungskonzept ein Bestandteil eines Haushaltsplans sein muss (vgl. § 79 Absatz 2 Satz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Für das Haushaltsjahr, in dem der Jahresabschluss für das vorherige Haushaltsjahr aufgestellt wird, existiert<br />

i.d.R. bereits eine geltende Haushaltssatzung und damit auch ein bestandskräftiger Haushaltsplan. Es ist<br />

daher sachgerecht und vertretbar, das aufgestellte Haushaltssicherungskonzept zum Bestandteil des nächsten<br />

der Bestätigung des Jahresabschlusses folgenden Haushaltsjahres zu machen.<br />

Die Gemeinde muss aufgrund ihrer Kenntnis über das negative Jahresergebnis des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

und der daraus ggf. entstehenden Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes die notwendigen<br />

Gegenmaßnahmen sofort einleiten. Sie muss den jährlichen Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong> wieder erreichen und ihre dauernde Leistungsfähigkeit (Gebot in § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>) wieder sichern.<br />

Die Gemeinde kann daher bereits im laufenden Haushaltsjahr durch eine freiwillige Nachtragssatzung ein genehmigungsfähiges<br />

Haushaltssicherungskonzept zum Bestandteil des Haushaltsplans dieses Haushaltsjahres<br />

machen. Dieses Vorgehen dürfte in vielen Fällen sinnvoll sein, um auch die Sofortmaßnahmen in die Strategie<br />

des Haushaltssicherungskonzeptes förmlich einzubinden.<br />

5.1.4 Der Beginn der Frist zur Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs<br />

Bei der Bestätigung über den Jahresabschluss kann für die Gemeinde die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

entstehen. Das Haushaltssicherungskonzept wird in solchen Fällen aber nicht zum<br />

Bestandteil dieses Jahresabschlusses, sondern des nächsten aufzustellenden Haushaltsplans, denn ein Haushaltssicherungskonzept<br />

ist immer ein Bestandteil des Haushaltsplans (vgl. § 1 Absatz 1 Nummer 4 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Die Frist zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs knüpft aber nicht an diesen Tatbestand, sondern<br />

an die Kenntnis der Gemeinde über das Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und damit an die Ursache<br />

der Aufstellungspflicht an.<br />

Wie bei einem Haushaltssicherungskonzept im Rahmen der Haushaltsplanung ist auch bei einem Haushaltssicherungskonzept<br />

aus Anlass des Jahresabschlusses eine Frist von zehn Jahren nach dem Ursachenjahr zur<br />

Erreichung des Haushaltsausgleichs einzuhalten, damit eine Genehmigungsfähigkeit des gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes<br />

gegeben ist. Mit der Vorschrift ist dagegen nicht beabsichtigt, ein bereits durch den<br />

bestätigten Jahresabschluss abgeschlossenes Haushaltsjahr wieder zu öffnen, um es als Ursachenjahr für die<br />

Wiederherstellungsfrist für den Haushaltsausgleich heranziehen zu können (vgl. Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 358


Sachverhalt:<br />

Abgelaufenes Haushaltsjahr<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

GEMEINDEORDNUNG 359<br />

Die Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs<br />

Vorliegen eine bestätigten Jahresabschlusses mit Fehlbetrag<br />

in der Ergebnisrechnung<br />

Fristfestlegung:<br />

Ursachenjahr für den defizitären Haushalt<br />

Kenntnis über die Pflicht zur Aufstellung eines<br />

Haushaltssicherungskonzeptes<br />

Beginn der Frist zur Wiederereichung des Haushaltsausgleichs<br />

nach § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs (nach zehn Jahren)<br />

Abbildung 39 „Die Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs“<br />

Die Haushaltsbewirtschaftung des abgeschlossenen Haushaltsjahres kann zwar als Auslöser der Ursache für die<br />

Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes angesehen werden, gleichwohl bedarf die Gemeinde<br />

erst der Kenntnisse im Rahmen der Aufstellung und Bestätigung des gemeindlichen Jahresabschlusses für das<br />

abgelaufene Haushaltsjahr. Erst zu diesen Zeitpunkten im Folgejahr ist eine Beurteilung seitens der Gemeinde<br />

möglich, welchen Eigenkapitalverzehr der entstandene Fehlbetrag für das abgelaufene Haushaltsjahr sowie für<br />

die folgenden Jahre bewirkt und ob dadurch die in § 76 GO <strong>NRW</strong> bestimmten Schwellenwerte tatsächlich überschritten<br />

werden.<br />

5.2 Zu Satz 2 (Rechte der Aufsichtsbehörde):<br />

Bei der Bestätigung des Jahresabschlusses durch den Bürgermeister nach § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> in der Ergebnisrechnung<br />

ein Fehlbetrag oder ein höherer Fehlbetrag als geplant ausgewiesen wird, kann diese Veränderung<br />

der Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres so erheblich sein gewesen sein, dass zum Abschlussstichtag<br />

am Ende dieses Haushaltsjahres der in der Schlussbilanz des Vorjahres enthaltene Ansatz der<br />

allgemeinen Rücklage erheblich zu verringern ist. Wird in diesem Fall ein Schwellenwert des § 76 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong> überschritten, löst dies für die Gemeinde unmittelbar die Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

aus (vgl. § 5 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei einem solchen Sachverhalt kann die für die Gemeinde zuständige Aufsichtsbehörde entsprechend den Erfordernissen<br />

und des haushaltswirtschaftlichen Verhaltens der Gemeinde die notwendigen Anordnungen treffen,<br />

erforderlichenfalls die Anordnungen selbst durchführen oder – wenn und solange diese Befugnisse nicht ausreichen<br />

– einen Beauftragten bestellen, um eine geordnete Haushaltswirtschaft wieder herzustellen. Mit dem Verweis<br />

auf den 13. Teil der Gemeindeordnung werden die Beziehung zwischen der Gemeinde und ihrer Aufsichtsbehörde<br />

noch einmal ausdrücklich verdeutlicht.<br />

(Jahr)<br />

2009<br />

2010<br />

2009<br />

2010<br />

2010<br />

2020


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

In den einschlägigen Vorschriften der Gemeindeordnung sind die Rechte und Pflichten der Aufsicht des Landes<br />

über die Gemeinden verankert, denn das Land schützt nach § 11 GO <strong>NRW</strong> die Gemeinden in ihren Rechten und<br />

sichert die Erfüllung ihrer Pflichten. Die Aufsicht des Landes verfügt über die nachfolgend aufgezeigten Auf-<br />

sichtsmittel, denn sie erstreckt sich nach § 119 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> darauf, dass die Gemeinden im Einklang mit<br />

den Gesetzen verwaltet werden (vgl. Abbildung).<br />

Unterrichtungsrecht<br />

Beanstandungsrecht<br />

Aufhebungsrecht<br />

Anordnungsrecht<br />

Ersatzvornahme<br />

GEMEINDEORDNUNG 360<br />

Die gesetzlichen Aufsichtsmittel<br />

AUFSICHTSMITTEL<br />

Bestellung eines Beauftragten<br />

Auflösung des Rates der Gemeinde<br />

Abbildung 40 „Die gesetzlichen Aufsichtsmittel“<br />

RECHTSQUELLE<br />

GEMEINDEORDNUNG<br />

§ 121<br />

§ 122 Absatz 1<br />

§ 122 Absatz 2<br />

§ 123 Absatz 1<br />

§ 123 Absatz 2<br />

Der örtlich zuständigen Aufsichtsbehörde über die Gemeinde stehen darüber weitere Aufsichtsmittel im Rahmen<br />

der Vorschriften der Gemeindeordnung zur Verfügung, z. B. im Rahmen der Anzeige der Haushaltssatzung und<br />

des Jahresabschlusses oder und bei Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes (vgl. §§ 76, 80 und 96<br />

GO <strong>NRW</strong>). Mit den im 13. Teil der Gemeindeordnung aufgeführten Aufsichtsmitteln ist unmittelbar das Tätigwerden<br />

der Aufsichtsbehörde erforderlich, denn es soll ihr damit ermöglicht werden, beim haushaltswirtschaftlichen<br />

Handeln der Gemeinde einen rechtmäßigen Zustand wieder zu erreichen.<br />

5.3 Zu Satz 3 (Verweis auf die §§ 123 und 124 der Gemeindeordnung):<br />

Der Verweis „§§ 123 und 124 gelten sinngemäß“ in der Vorschrift soll die Bedeutung der Regelung und die Zulässigkeit<br />

eines ggf. erforderlich werdenden Einschreitens der die für die Gemeinde zuständigen Aufsichtsbehörde<br />

besonders verdeutlichen. Damit wird auf die Möglichkeit einer Anordnung und einer möglichen Ersatzvornahme<br />

durch Aufsichtsbehörde (vgl. § 123 GO <strong>NRW</strong>) sowie der möglichen Bestellung eines Beauftragten (vgl. § 124<br />

GO <strong>NRW</strong>) besonders hingewiesen. Die Aufsichtsbehörde hat unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse<br />

und der gesetzlichen Festlegungen, dass das Land die Gemeinden in ihren Rechten schützt und die Erfüllung<br />

ihrer Pflichten sichert (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>), zu beurteilen, ob wegen der Haushaltswirtschaft der Gemeinde davon<br />

im Einzelfall Gebrauch gemacht werden muss.<br />

§ 124<br />

§ 125


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

6. Zu Absatz 6 (Sicherstellung der Liquidität und der Finanzierung von Investitionen):<br />

6.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft hat die Liquidität der Gemeinde eine erhebliche Bedeutung,<br />

denn die Gemeinde muss ihre Zahlungsfähigkeit erhalten bzw. ständig sicherstellen. Daher enthält die haushaltsrechtliche<br />

Vorschrift ein entsprechendes Gebot für die Gemeinde. Die Bedeutung der Sicherstellung der Liquidität<br />

spiegelt sich aber auch im Drei-Komponentensystem des NKF wieder, denn neben der Ergebnisrechnung und<br />

der Bilanz hat die Gemeinde auch eine Finanzrechnung aufzustellen. Für die gemeindliche Haushaltsplanung ist<br />

daher von der Gemeinde neben dem Ergebnisplan auch ein Finanzplan aufzustellen.<br />

In diesem Bestandteil des gemeindlichen Haushaltsplans werden die Zahlungen der Gemeinde veranschlagt,<br />

denn der gemeindliche Finanzplan dient der gesamten Finanzierungsplanung der Gemeinde. So weist dieser<br />

neben den Zahlungen für Investitionen auch die Finanzbedarfe für die laufende Verwaltungstätigkeit und die<br />

Bedarfe aus der Finanzierungstätigkeit (Kreditaufnahme für Investitionen und Tilgung von Krediten) aus. Im NKF<br />

bezieht sich zwar die haushaltswirtschaftliche Steuerung der Gemeinde auf die Erträge und Aufwendungen im<br />

Ergebnisplan, gleichwohl darf deren Zahlungswirksamkeit, insbesondere auch die Finanzierung der gemeindlichen<br />

Investitionen, nicht vernachlässigt werden. Diese Sachlage hat zum gemeindlichen Haushaltsgrundsatz<br />

„Sicherung der Liquidität“ geführt.<br />

6.2 Die Pflicht zur Sicherstellung der Liquidität<br />

6.2.1 Allgemeine Regelungsvorgaben<br />

Die Sicherstellung der Liquidität hat für die Gemeinden so eine große Bedeutung, dass dafür eine besondere<br />

Pflicht zur angemessenen Liquiditätsplanung bestehen muss. In diesem Zusammenhang umfasst der Begriff<br />

„Liquidität“ die Fähigkeit der Gemeinde, ihren Zahlungsverpflichtungen termingerecht und betragsgenau nachzukommen.<br />

Der Bürgermeister ist dazu gehalten, besondere örtliche Vorschriften zu erlassen, die sachlich notwendige<br />

Bestimmungen über die gemeindliche Liquiditätsplanung enthalten müssen (vgl. § 31 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der Ausgestaltung der örtlichen Liquiditätsplanung müssen zudem die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung<br />

nach § 77 GO <strong>NRW</strong> Anwendung finden sowie die Grundsätze für die gemeindliche Kreditaufnahme beachtet<br />

werden (vgl. §§ 86 und § 89 GO <strong>NRW</strong>). Außerdem darf dabei nicht unberücksichtigt bleiben, ob und in welchem<br />

Umfang die Gemeinde die Einziehung von Ansprüchen in Form der Stundung hinausschiebt oder durch Niederschlagung<br />

und Erlass auf die Durchsetzung ihrer Ansprüche verzichtet (vgl. § 23 Absatz 3 und 4 und § 26<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Aber ggf. sind auch weitere spezielle Regelungen notwendig.<br />

6.2.2 Gebot zur angemessenen Liquiditätsplanung<br />

Das haushaltsrechtliche Gebot „Sicherstellung der Liquidität“ wird durch die Verpflichtung der Gemeinde, eine<br />

angemessene Liquiditätsplanung vorzunehmen, ergänzt (vgl. § 89 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 30 Absatz 6<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Liquiditätsplanung hat die Gemeinde so vorzunehmen, dass sie an den einzelnen Fälligkeitsterminen<br />

ausreichend Finanzmittel hat, um zahlungsfähig zu sein und auch Liquiditätsschwankungen ausgleichen<br />

kann. Zur gemeindlichen Liquiditätsplanung gehört deshalb nicht nur, die kurzfristigen und langfristigen<br />

Ansprüche hinsichtlich ihrer Fälligkeiten zu betrachten, sondern auch sorgfältig die finanziellen Auswirkungen aus<br />

kurzfristigen und langfristigen Verpflichtungen einzubeziehen. Dabei bedarf es eigener Annahmen zur Entwicklung<br />

dieser gemeindlichen Verpflichtungen, um eine langfristige Liquiditätsplanung zu erreichen. Diese Sachlage<br />

GEMEINDEORDNUNG 361


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

verpflichtet die Gemeinde, sich täglich sorgfältig Kenntnisse über die Zahlungsmittelzuflüsse und die Zahlungsmittelabflüsse<br />

sowie über Sicherheiten, Risiken und die Rentabilität von Anlagemöglichkeiten zu verschaffen.<br />

Aus dem Gebot zur angemessenen Liquiditätsplanung entsteht auch das Erfordernis für die Gemeinde, interne<br />

Informationspflichten zu verankern, damit die für die Liquiditätsplanung zuständige Stelle auch aus den Fachbereichen<br />

der gemeindlichen Verwaltung die notwendigen Informationen erhält, um den Liquiditätsbedarf möglichst<br />

zutreffend abschätzen zu können. Auch wenn Dritte beauftragt werden, die Gemeinde bei der Verwaltung dieser<br />

Finanzmittel fachlich zu beraten oder zu unterstützen, müssen diese den haushaltsrechtlichen Grundsatz einer<br />

ausreichenden Liquiditätsplanung beachten. In solchen Fällen ist die Gemeinde verpflichtet, eine entsprechend<br />

wirksame Kontrolle gegenüber den Dritten sicherzustellen. Sie hat in jedem Fall zu gewährleisten, dass insbesondere<br />

die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben in ihrer Verfügungs- und Entscheidungsbefugnis verbleiben.<br />

6.2.3 Liquiditätsrisikomess- und Liquiditätssteuerungsverfahren<br />

Für die Beurteilung einer ausreichenden Liquidität bietet sich für die Gemeinde die Einrichtung eines Liquiditätsrisikomess-<br />

und Liquiditätssteuerungsverfahren an. Ein derartiges Verfahren muss unter Berücksichtigung der<br />

örtlichen Verhältnisse der Gemeinde der Art und Komplexität der gemeindlichen Geschäftsvorfälle eine adäquate<br />

laufende Ermittlung und Überwachung des Liquiditätsrisikos und der Liquiditätslage gewährleisten können. Auch<br />

muss das Verfahren den notwendigen Aufschluss über zu erwartende erhebliche Mittelabflüsse und über die<br />

Aufnahme von Finanzierungsmitteln sowie über die Auswirkungen von Liquiditätsengpässen ermöglichen, damit<br />

von der Gemeinde die notwendigen Maßnahmen bedarfsgerecht ergriffen werden können.<br />

Im Zusammenhang mit der Einschätzung, bei welchem Niveau ein mittleres oder ein hohes Risiko für eine nicht<br />

ausreichende Liquidität entsteht, sollten daher geeignete Obergrenzen für Liquiditätsrisiken wie sie vergleichsweise<br />

auch im Zinsmanagement zur Anwendung kommen, bestimmt und zudem regelmäßig überprüft werden.<br />

Auch bedarf es bereits im Vorfeld der Auswahl von Maßnahmen zur Beseitigung einer Gefährdung. Werden von<br />

der Gemeinde zudem Beobachtungskennzahlen, z.B. eine Liquiditätskennzahl, die das Verhältnis zwischen den<br />

verfügbaren Zahlungsmitteln und den Zahlungsverpflichtungen der Gemeinde in einem bestimmten Zeitraum<br />

angeben kann, eingesetzt, können derartige Hilfsmittel oder Instrumente zu einer Verbesserung der Einschätzung<br />

der Liquiditätserfordernisse bei der Gemeinde beitragen.<br />

Es bedarf jedoch alternativer Verfahren zur Sicherung der gemeindlichen Liquidität, wenn die Gemeinde sich<br />

nicht eines ausgefeilten Liquiditätsrisikomess- und Liquiditätssteuerungsverfahrens bedient. Einen Einstieg, um<br />

sich einen zeitbezogenen Überblick über die verfügbaren Zahlungsmittel und der abrufbaren Forderungen und<br />

Zahlungsverpflichtungen zu verschaffen, könnte ein Liquiditätsspiegel, vergleichbar dem Forderungsspiegel und<br />

dem Verbindlichkeitenspiegel im Jahresabschluss, bieten. Durch die Einstellung der Ansprüche und Zahlungsverpflichtungen<br />

in ein Zeitraster soll dabei ein Überblick erreicht werden, durch den das gemeindliche Finanzmanagement<br />

und die notwendige Liquiditätssicherung unterstützt werden. Anders als die zuvor genannten Spiegel<br />

müssen in einem Liquiditätsspiegel jedoch stärker die kurzfristigen Zahlungserfordernisse berücksichtigt werden.<br />

Außerdem muss ein Liquiditätsspiegel in kurzen Zeitabständen, ggf. täglich, fortgeschrieben werden.<br />

6.3 Die Sicherstellung der Finanzierung von Investitionen<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft hat die Investitionstätigkeit der Gemeinde eine erhebliche<br />

Bedeutung für die gemeindliche Aufgabenerfüllung. Daher enthält die haushaltsrechtliche Vorschrift ein entsprechendes<br />

Gebot für die Gemeinde. Die Sicherstellung der Finanzierung von Investitionen erfordert zudem ein<br />

Zusammenspiel verschiedener Aspekte, um diesem Haushaltsgrundsatz Genüge zu tun. Bei der Entscheidung,<br />

ob die Finanzierung einer Investition gesichert ist und sie durchgeführt werden darf, gilt es, die Vorschriften über<br />

die gemeindlichen Investitionen in § 14 GemHVO <strong>NRW</strong>, die Gesamtdeckung in § 20 GemHVO <strong>NRW</strong> und über die<br />

GEMEINDEORDNUNG 362


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Kreditaufnahme in § 86 (Kredite für Investitionen) sowie in § 89 (Kredite zur Liquiditätssicherung) haushaltsrechtlich<br />

und haushaltswirtschaftlich zutreffend anzuwenden.<br />

Aber auch weitere gemeindliche Vorschriften können für die Sicherstellung der Finanzierung von Investitionen<br />

betroffen sein, z. B. die Vorschrift des § 83 GO <strong>NRW</strong> bei einer außerplanmäßigen Umsetzung von Investitionen<br />

oder die Vorschrift des § 85 GO <strong>NRW</strong> über das Eingehen von Verpflichtungen aus der gemeindlichen Investitionstätigkeit<br />

zulasten künftiger Haushaltsjahre. In die Betrachtung, ob die Finanzierung von Investitionen sichergestellt<br />

ist, sind auch die erhaltenen Zuwendungen und die Beiträge Dritter einzubeziehen. So ist z.B. ein bei der<br />

Gewährung einer investiven Zuwendung zugelassener vorzeitiger Baubeginn durch den Zuwendungsgeber ohne<br />

seine rechtliche Zusicherung der Zuwendungsgewährung kein Anlass, von der nach dieser Vorschrift erforderlichen<br />

Sicherstellung der Finanzierung von Investitionen ausgehen zu können, wenn die Gemeinde nicht bereits<br />

über die notwendigen Eigenmittel verfügt.<br />

Die Gemeinde muss daher vor der Veranschlagung einer Investition im gemeindlichen Haushaltsplan klären, ob,<br />

die Finanzierung der Investition im Sinne des § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 14 GemHVO <strong>NRW</strong> sichergestellt<br />

ist. Im Rahmen der gemeindlichen Planung der voraussichtlichen Umsetzung einer investiven Maßnahme sollte<br />

die Gemeinde die Maßnahme auch in ihre haushaltsmäßige Liquiditätsplanung einbeziehen. Dabei sollte auch<br />

das Forderungssicherungsgesetz (FoSiG) vom 23.10.2008 (BGBl. I S. 2022) Beachtung finden, denn danach<br />

kann z.B. ein Unternehmer vom Besteller eine Abschlagszahlung verlangen. Diese darf nicht verweigert werden,<br />

selbst nicht wegen vorhandener Mängel (vgl. § 632a BGB).<br />

7. Zu Absatz 7 (Überschuldung der Gemeinde):<br />

7.1 Zu Satz 1 (Verbot der Überschuldung):<br />

Das bilanzielle Eigenkapital einer Gemeinde kann seine Funktion nur erfüllen, solange es nicht durch Verluste in<br />

Form von Jahresfehlbeträgen in der gemeindlichen Ergebnisrechnung vollständig aufgezehrt worden ist. Aus<br />

diesem Grunde bedarf bei Gemeinden, deren weitere Entwicklung mit erheblichen Risiken behaftet ist, der Bestand<br />

an Eigenkapital in der gemeindlichen Bilanz einer besonderen Betrachtung. In Fortführung der Genehmigungspflicht<br />

der Verringerung der allgemeinen Rücklage nach Absatz 4 der Vorschrift als eine Inanspruchnahme<br />

des gemeindlichen Eigenkapitals verbietet diese Vorschrift der Gemeinde sich zu überschulden. Die Vorschrift<br />

enthält dazu auch eine Definition der gemeindlichen Überschuldung, die aus dem kaufmännischen Recht abgeleitet<br />

ist (bilanzielle Überschuldung). Die Sachlage, dass bei einer eingetretenen Überschuldung die stetige Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde nicht mehr gewährleistet ist, führte zu dieser gesetzlichen Auffangregelung.<br />

Durch die ausdrückliche Benennung der gemeindlichen Bilanz in dieser Vorschrift ist eindeutig bestimmt, dass im<br />

Rahmen des Jahresabschlusses (vgl. §§ 95 und 96 GO <strong>NRW</strong>) von der Gemeinde zu prüfen ist, ob noch ausreichend<br />

Eigenkapital vorhanden ist. Aus der Bilanz im gemeindlichen Jahresabschluss ergibt sich stichtagsbezogen,<br />

ob eine Überschuldung der Gemeinde eingetreten ist. Der gesetzliche Verbotstatbestand wirkt jedoch nicht<br />

soweit, dass bei einem möglichen Eintreten einer Überschuldung von der Gemeinde zum Abschlussstichtag kein<br />

Jahresabschluss aufzustellen ist, weil dadurch die Überschuldung der Gemeinde tatsächlich eintritt und gleichzeitig<br />

belegt wird. Der Tatbestand der Überschuldung ist vielmehr besonderes und eindeutiges Indiz für Handlungspflichten<br />

des Rates und der Verwaltung der Gemeinde, denn es gilt, den Verbotstatbestand schnellstmöglich<br />

wieder zu beseitigen.<br />

Bei diesem Überschuldungsverbot bleibt der jährliche Gesamtabschluss unberührt, denn die Vorschrift verweist<br />

nur auf die Bilanz im gemeindlichen Jahresabschluss und nicht auf die Gesamtbilanz, die zum gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss gehört (vgl. § 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Gesamtbilanz wird regelmäßig aus der Bilanz der<br />

Gemeinde und den Bilanzen der gemeindlichen Betriebe im Rahmen der Konsolidierung erstellt (vgl. § 50<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>), sodass sich auch Besonderheiten bei den Einzelbilanzen darauf auswirken. Eine eingetretene<br />

GEMEINDEORDNUNG 363


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Überschuldung bei der gemeindlichen Verwaltung und/oder bei einem der gemeindlichen Betriebe wirkt sich<br />

daher negativ auf das Gesamteigenkapital der Gemeinde aus. Soweit dadurch ein Überschuss der Passivposten<br />

über die Aktivposten entsteht und damit ein Überschuldungstatbestand im Gesamtabschluss vorliegt, ergibt sich<br />

wegen des fehlenden Verweises gleichwohl kein Verbotstatbestand für die Gemeinde.<br />

7.2 Zu Satz 2 (Vorliegen der Überschuldung):<br />

7.2.1 Die Ermittlung der Überschuldung<br />

Nach der Vorschrift ist eine Gemeinde überschuldet, wenn nach ihrer Bilanz das Eigenkapital aufgebraucht ist. In<br />

den Fällen, in denen eine Überschuldung der Gemeinde vorliegt, muss auf der Aktivseite der gemeindlichen Bilanz<br />

der besondere Bilanzposten „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ angesetzt werden, um als Korrekturposten<br />

den Differenzbetrag aufzunehmen. Dieser Tatbestand ist sachlich gegeben, wenn die Wertansätze<br />

der Passivposten in der Bilanz (Eigenkapital und Verbindlichkeiten), jedoch ohne Berücksichtigung der Sondersonderrücklagen<br />

als Eigenkapitalbestandteile, die Wertansätze der Aktivposten (Anlagevermögen und Umlaufvermögen)<br />

unter Berücksichtigung der Rechnungsabgrenzung, übersteigen.<br />

Zur Feststellung der Überschuldung der Gemeinde muss eine Summe aus den Eigenkapitalbestandteilen in Form<br />

der Ansätze der Bilanzposten „Allgemeine Rücklage“, „Ausgleichsrücklage“ und „Jahresüberschuss/-<br />

Jahresfehlbetrag“ gebildet werden. Sofern das ermittelte Ergebnis negativ ist (Summenbetrag < 0 Euro), darf<br />

dieser Betrag nicht mit einem negativen Vorzeichen auf der Passivseite der Bilanz angesetzt werden. Vielmehr<br />

muss dieser Betrag unter einem gesonderten Bilanzposten am Ende der Aktivseite der gemeindlichen Bilanz<br />

angesetzt werden (vgl. § 41 Absatz 3 Nummer 4 i.V.m § 43 Absatz 7 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Nichtberücksichtigung<br />

von Sonderrücklagen ist wegen des bestehenden Haushaltsausgleichssystems und des Verbotes der Bildung von<br />

Sonderrücklagen für selbst gewählte Zwecke durch die Gemeinde geboten (vgl. § 43 Absatz 4 Satz 4 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Das nachfolgende Schema zeigt den Bilanzposten auf, der bei eingetretener Überschuldung auf der Aktivseite<br />

der gemeindlichen Bilanz anzusetzen ist (vgl. Abbildung).<br />

Aktiva<br />

Der Bilanzposten für das „negative Eigenkapital“<br />

1. Anlagevermögen<br />

1.1 Immaterielle Vermögensgegenstände<br />

1.2 Sachanlagen<br />

1.3 Finanzanlagen<br />

1 Umlaufvermögen<br />

1.1 Vorräte<br />

1.2 Forderungen und sonstige<br />

Vermögensgegenstände<br />

1.3 Wertpapiere des Umlaufvermögens<br />

2.4 Liquide Mittel<br />

3. Aktive Rechnungsabgrenzung<br />

4. Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehl-<br />

betrag<br />

GEMEINDEORDNUNG 364<br />

Passiva<br />

1. Eigenkapital<br />

Allgemeine Rücklage<br />

Sonderrücklagen<br />

Ausgleichsrücklage<br />

Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag<br />

2. Sonderposten<br />

3. Rückstellungen<br />

4. Verbindlichkeiten<br />

5. Passive Rechnungsabgrenzung<br />

Abbildung 41 „Der Bilanzposten für das „negative Eigenkapital“


7.2.2 Überschuldung und Haushaltsausgleichsregel<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Der gemeindliche Haushalt ist nach der Vorschrift auch ausgeglichen, wenn der Gesamtbetrag der Erträge die<br />

Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen im Haushaltsjahr übersteigt. Es ist daher selbstverständlich, dass<br />

auch bei voraussichtlich höheren Erträgen als Aufwendungen die Gemeinde die Pflicht zum Haushaltsausgleich<br />

erfüllt wird. Die Regel über höhere Erträge als Aufwendungen als Haushaltsausgleichsregel ist dem bestehenden<br />

Verbot der Überschuldung bei Gemeinden geschuldet. Die Entwicklung des gemeindlichen Eigenkapitals hat die<br />

Gemeinde in jedem Haushaltsjahr aufzeigen. Sie muss deshalb ihrem Haushaltsplan eine Übersicht dazu beizufügen<br />

(vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 2 Nummer 7 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde kann eine eingetretene Überschuldung aber nur beseitigen, wenn sie aus ihrer Haushaltswirtschaft<br />

heraus auch Überschüsse erzielt bzw. erzielen darf. Bei der gemeindlichen Haushaltsplanung muss deshalb<br />

bereits ein Jahresüberschuss als Zielvorgabe für die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gewollt<br />

sein. Ein entsprechendes Bemühen der gemeindlichen Verwaltung soll bestehen, damit dieses Ziel auch erreicht<br />

wird, zumal der Haushaltsplan für die Haushaltsausführung der Gemeinde bindend ist (vgl. § 79 Absatz 3 Satz 2<br />

GO <strong>NRW</strong>). Die Erweiterung der Haushaltsausgleichsregel soll diesen Zusammenhang verdeutlichen.<br />

7.2.3 Überschuldung und vorläufige Haushaltswirtschaft<br />

Die eingetretene Überschuldung einer Gemeinde führt als Verstoß gegen das gesetzliche Verbot dazu, dass<br />

deren jährliche Haushaltswirtschaft wie eine vorläufige Haushaltswirtschaft einzustufen und zu führen ist. Die<br />

Gemeinde kann beim Vorliegen einer Überschuldung nicht mehr dem Gebot in Absatz 1 der Vorschrift, ihre<br />

Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist, in einem<br />

ausreichenden Maße nachkommen. Diese Sachlage ist auch dann als gegeben anzusehen, wenn die Gemeinde<br />

einen ausgeglichenen Haushalt aufstellt (Ausgleich ggf. nicht nur im Haushaltsjahr, sondern auch in den folgenden<br />

drei Planungsjahren der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung), sich jedoch nicht in der Lage sieht, die<br />

notwendigen Ergebnisüberschüsse im Haushaltsjahr zu erwirtschaften, um die Überschuldung und den dadurch<br />

den eingetretenen Verstoß gegen das gesetzliche Verbot zu beseitigen.<br />

Bei einem eingetretenen Verstoß gegen das gesetzliche Verbot der Überverschuldung kann daher auch bei einem<br />

ausgeglichenen Haushalt der Gemeinde gleichwohl die gemeindliche Haushaltswirtschaft nicht als unbedenklich<br />

behandelt werden, denn der Verstoß besteht fort, soweit in der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

„nur“ der gesetzlich vorgesehene Soll-Ausgleich erreicht wird. Diese Sachlage hat daher zur Folge, dass für<br />

die Gemeinde die Bedingungen der vorläufigen Haushaltsführung grundsätzlich gelten müssen, um durch in der<br />

Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft einsetzende Sparbemühungen einen Jahresüberschuss in der<br />

Ergebnisrechnung ausweisen zu können. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft muss daher ggf. auch langfristig<br />

auf die Beseitigung der eingetretenen Überschuldung der Gemeinde ausgerichtet werden. Diese Auslegung und<br />

Ausrichtung gebieten auch die haushaltsrechtlichen Grundsätze.<br />

7.2.4 Das Haushaltssicherungskonzept zur Vermeidung der Überschuldung<br />

Durch die Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung des Eigenkapitals innerhalb der mittelfristigen Ergebnisund<br />

Finanzplanung kann aufgezeigt worden sein, dass im Haushaltsjahr oder in einem der drei folgenden Planjahre<br />

die allgemeine Rücklage aufgebraucht wird, tritt als Rechtsfolge unmittelbar die Verpflichtung der Gemeinde<br />

zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> ein. Weil es im Sinne der<br />

stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde zu verhindern gilt, dass der Prozess des Eigenkapitalverzehrs eine<br />

unbeherrschbare Dynamik annehmen kann, ist es auch im Interesse der Gemeinden sachgerecht, dass in diesen<br />

Fällen die Aufsichtsbehörden bei ihrer Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage von der Gemeinde<br />

die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes verlangen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 365


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Im Rahmen der Aufstellung und Umsetzung eines Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76 Absatz 1 Nummer 3<br />

GO <strong>NRW</strong> ist insbesondere eine enge Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und ihrer Aufsichtsbehörde zur<br />

Beseitigung der entstandenen Fehlentwicklung und Vermeidung des Eintritts einer Überschuldung notwendig. In<br />

einem unter dieser Zwecksetzung aufzustellenden Haushaltssicherungskonzept ist zu berücksichtigen, dass die<br />

Gegenmaßnahmen zum möglichen Eigenkapitalverzehr auch Elemente der Maßnahmen enthalten müssen, die<br />

für einen Eigenkapitalaufbau geeignet sind.<br />

7.2.5 Der Sanierungsplan zur Beseitigung der Überschuldung<br />

7.2.5.1 Der Anlass für den Sanierungsplan<br />

Bei eingetretener Überschuldung, die durch den Ansatz des Postens „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“<br />

auf der Aktivseite der gemeindlichen Bilanz ausgewiesen wird (vgl. § 43 Absatz 7 i.V.m. § 41 Absatz 3<br />

Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong>) und die dadurch auch als Überschuldungsbilanz bezeichnet werden kann, muss der<br />

Blick der Gemeinde zwingend auf den Aufbau von Eigenkapital gerichtet werden. Es gilt in solchen Fällen die<br />

notwendige Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs einzuleiten und die Wiederherstellung der Ertragskraft<br />

sofort in Angriff zu nehmen. Der bestehende Verstoß gegen das Verbot der Überschuldung (vgl. § 75 Absatz 7<br />

GO <strong>NRW</strong>) steht dabei im Mittelpunkt der Betrachtung, sodass die notwendigen Gegenmaßnahmen der Gemeinde<br />

mindestens auf die Beendigung dieses Verstoßes zielen müssen. Es muss aber auch eine örtliche Eigenkapitalzielgröße<br />

entwickelt werden, um auf Dauer die Leistungsfähigkeit der Gemeinde, auch bei haushaltswirtschaftlichen<br />

Schwankungen in der gemeindlichen Ertragskraft, sicherzustellen.<br />

Die Gemeinde muss daher auf jeden Fall zeitnah zielgerichtete haushaltswirtschaftliche Sofortmaßnahmen ergreifen,<br />

damit auf der Aktivseite der gemeindlichen Bilanz kein Posten „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“<br />

mehr auszuweisen ist. Daraus folgt auch, dass ggf. auf eine längere Zeit vielfältige Gegenmaßnahmen<br />

von der Gemeinde umgesetzt werden müssen, um eine künftige Überschuldung wirksam auf Dauer zu vermeiden.<br />

Die besonderen Ziel- und Zwecksetzung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft erfordern daher einen geeigneten<br />

Sanierungsplan als Eigenkapitalaufbaukonzept (EAK). Mit dem Haushaltssicherungskonzept nach § 76<br />

GO <strong>NRW</strong> können aber auch andere Strategien verfolgt werden.<br />

Der Sanierungsplan wird in diesem Zusammenhang als umfassendes Sanierungskonzept zum zukunftsorientierten<br />

Leitfaden (Gesamtkonzept der Gemeinde), in dem die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Sicherung<br />

der stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde und die Steuerung des Haushalts sowie den Erhalt des Eigenkapitals<br />

festgelegt werden. Der Sanierungsplan muss gleichzeitig ein erweitertes Planungssystem als der<br />

Haushaltsplan enthalten, das als Handlungsrichtschnur dienen soll und deshalb die konkreten und akuten Schritte<br />

aufzuzeigen hat, die sofort und in der weiteren Zukunft von der Gemeinde zu gehen sind. Besondere Eckpunkte<br />

sowie die Chancen und Risiken für die Gemeinde sind dabei besonders herauszustellen.<br />

7.2.5.2 Die Stufen eines Sanierungsplans<br />

7.2.5.2.01 Die Leitlinie zur Krisenbewältigung<br />

In Krisensituation der Gemeinde müssen für den Rat und die Verwaltung sowie die Bürgerinnen und Bürger eine<br />

Sanierungsstrategie im Sinne eines Gesamtkonzeptes erarbeitet werden, die den gesamten Ablauf der Bewältigung<br />

der haushaltswirtschaftlichen Krise der Gemeinde strukturmäßig beinhaltet und die Grundlage für die notwendigen<br />

Sanierungshandlungen der Gemeinde bietet. Die fünf Stufen eines Gesamtkonzeptes der Gemeinde<br />

zur Krisenbewältigung (Sanierungsplan) können dabei z.B. die nachfolgend aufgezeigten Stufen oder Phasen<br />

sein, wobei jeder Stufe eine eigene Bedeutung zukommt. Gleichzeitig besteht aber auch ein Zusammenhang<br />

GEMEINDEORDNUNG 366


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

zwischen den allen Stufen. Eine örtlich gewollte Sanierung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ist regelmäßig<br />

nur umsetzbar, wenn die einzelnen Schritte dazu aufeinander aufbauen (vgl. Abbildung).<br />

Stufe 1<br />

Stufe 2<br />

Stufe 3<br />

Stufe 4<br />

Stufe 5<br />

GEMEINDEORDNUNG 367<br />

Die Stufen eines Sanierungsplans<br />

Sensibilisierung/ Krisenerkenntnis<br />

(Befangenheit der Betroffenen)<br />

Krisenursachen identifizieren<br />

(Sanierungswürdigkeit und Sanierungsfähigkeit feststellen)<br />

Sanierungskonzept - Leitlinie für eine Sanierung<br />

(Ursachen - Analyse - Lage - Ziele)<br />

Implementierung des Sanierungskonzepts<br />

(leistungs- und finanzwirtschaftliche, organisatorische<br />

Maßnahmen)<br />

Sanierungscontrolling<br />

(Identifizierung des Sanierungserfolges, Kennzahlen,<br />

Planungsrechnungen und Planbilanz)<br />

Abbildung 42 „Die Stufen eines Sanierungsplans“<br />

Bedrohung erkennen<br />

und ernst nehmen<br />

Sich schlüssig auf wesentliche<br />

Kernfragen<br />

konzentrieren<br />

Perspektive und Vision<br />

der Sanierung vermitteln<br />

Zustimmung und Motivation<br />

der Beteiligten<br />

auslösen<br />

Erfolgreiche Umsetzung<br />

messen, Chancen und<br />

Risiken neu einschätzen<br />

Der Sanierungsplan verkörpert somit eine Leitlinie für das Handeln der Gemeinde und für die Verhandlungen mit<br />

Dritten. Die Frage, ob und ggf. welche Schlussfolgerungen bei Vorliegen der Überschuldung der Gemeinde zu<br />

ziehen sind und ob und welche Formen des aufsichtsrechtlichen Handelns angezeigt sind, bedarf noch weiterer<br />

Erörterungen und Abstimmungen. Es sollen möglichst praktikable Antworten gefunden werden.<br />

7.2.5.2.1 Zu Stufe 1 (Sensibilisierung/ Krisenerkenntnis):<br />

Die schlechte wirtschaftliche Lage der Gemeinde bzw. die Krise bei der Gemeinde ist kein Thema, das verdrängt<br />

und auf die Zukunft verschoben werden darf. Oftmals können die Aufsichtsbehörde oder Dritte einen Anstoß<br />

geben, damit die Gemeinde die Bedeutung der Problematik erkennt und sich dieser stellt. Hierzu bedarf es ausreichender<br />

Kenntnisse über die wirtschaftliche Situation der Gemeinde sowie über die örtliche Verwaltungskultur,<br />

ggf. auch einer Objektivierung bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde. Vielfach besteht<br />

eine Befangenheit der Betroffenen, sodass die eingetretene Bedrohung nicht im erforderlichen Umfang erkannt<br />

und ernst genommen wird. Daher muss eine sachliche Klarheit geschaffen und kritische Fragen in Abwägung mit<br />

den angestrebten Zielen geklärt werden. Auch darf die mögliche Gefahr, dass traditionelle Unterschiede sich als<br />

Hindernisse erweisen und eine Verständigung bzw. Annäherung ausbleibt, nicht außer Acht gelassen werden.<br />

7.2.5.2.2 Zu Stufe 2 (Krisenursachen identifizieren):<br />

Die schlechte wirtschaftliche Lage der Gemeinde erfordert eine Identifikation der Krisensymptome und Ursachen.<br />

Sie umfasst alle Maßnahmen zur möglichst vollständigen Erfassung der vorhandenen Faktoren, die diese Lage<br />

bzw. Krise der Gemeinde verursacht bzw. dazu beigetragen haben. Auch gilt es, die Sanierungswürdigkeit und<br />

Sanierungsfähigkeit aller Bereiche der gemeindlichen Aufgabenerfüllung festzustellen. Damit wird der Weg frei,<br />

sich schlüssig auf die wesentlichen Kernfragen zur Einleitung der Sanierung zu konzentrieren. Es reicht deshalb<br />

zur Feststellung möglicher Ursachen bzw. eines Sanierungsbedarfs in der Gemeinde nicht aus, auf Entwicklun-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

gen zu verweisen, die sich in gleicher oder ähnlicher Weise auch auf die Haushaltswirtschaft bzw. wirtschaftliche<br />

Lage anderer Gemeinden auswirken.<br />

Soweit die Voraussetzungen für einzelne Lösungen ungünstig erscheinen oder widersprüchliche Positionen bestehen,<br />

kann eine fundierte Analyse der haushaltswirtschaftlichen Lage der Gemeinde zu einer Entscheidungsbasis<br />

werden, die zum Verständnis und zur Akzeptanz der Notwendigkeit einer Sanierung beiträgt. Dieses muss<br />

jedoch eine vollständige und zutreffende Information und Kommunikation über die örtliche Bestandsaufnahme,<br />

die Bewertung und die Machbarkeit einschließen und ggf. erkennen lassen, dass die für eine Sanierung notwendigen<br />

Voraussetzungen erst noch geschaffen werden müssen.<br />

7.2.5.2.3 Zu Stufe 3 (Sanierungsplan - Leitlinie für eine Sanierung):<br />

Die Identifikation der Krisenursachen schließt ein, die Ziele der Sanierung sowie eine Sanierungsstrategie mit<br />

einer Perspektive zu entwickeln und festzulegen sowie die Vision der Sanierung zu vermitteln. Dabei dürfen die<br />

erkannten Probleme nicht nebeneinanderstehen bleiben. Es muss versucht werden, dass durch eine möglichst<br />

strukturierte Zusammenfassung in „Bereiche“ die grundlegenden und maßgeblichen Verhältnisse aufgezeigt,<br />

Unsicherheiten abgebaut und eine Annäherung der Beteiligten erreicht werden.<br />

Die Gemeinde hat außerdem die Kriterien für ein Sanierungsmanagement sowie die Inhalte des Sanierungsplans<br />

aus der Analyse heraus und aufgrund von realistischen Annahmen zu bestimmen. Zu dieser Stufe gehört auch,<br />

die notwendigen Informationen zu sammeln, um die Chancen und Risiken für die Zukunft der Gemeinde zu analysieren<br />

und zu definieren. Erst dann können Perspektiven und Visionen der Sanierung aufgezeigt und verständlich<br />

gemacht sowie dem Sanierungsplan eine Leitlinie gegeben werden.<br />

7.2.5.2.4 Zu Stufe 4 (Implementierung des Sanierungsplans):<br />

Aufbauend auf dem durch die Aufsichtsbehörde nach § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> genehmigten schlüssigen und<br />

realitätsgerechten Sanierungsplan sowie den festgelegten Zielen und der vorgesehenen Sanierungsstrategie soll<br />

die Umsetzung vorbereitet und in konkreten Schritten durchgeführt werden. Eine stetige Begleitung bzw. Prozessunterstützung<br />

durch die Aufsichtsbehörde sowie Unterrichtungspflichten in regelmäßigen Zeitabständen<br />

gegenüber dem Rat, der Öffentlichkeit und der Aufsichtsbehörde soll die Umsetzungsbemühungen und die Vorgehensweise<br />

der Gemeinde bestärken. Die im Sanierungsplan aufgezeigten möglichen leistungs- und finanzwirtschaftlichen<br />

sowie organisatorischen Maßnahmen müssen die Zustimmung aller Beteiligten, insbesondere der<br />

Entscheidungsträger, finden sowie eine Motivation dieser Personen bewirken. Der Sanierungsplan soll auch als<br />

Leitlinie für Verhandlungen mit Dritten im Rahmen der vorgesehenen Sanierung dienen.<br />

7.2.5.2.5 Zu Stufe 5 (Sanierungscontrolling):<br />

Die Umsetzung des genehmigten Sanierungsplans und das Erreichen der festgelegten Ziele sowie die Einhaltung<br />

der vorgesehenen Sanierungsstrategie bedürfen der regelmäßigen Überprüfung durch die Gemeinde. Dies erfordert<br />

ein regelmäßiges Sanierungscontrolling, mit dem die jeweils aktuelle wirtschaftliche Lage der Gemeinde<br />

sowie ihre Verwaltungskultur bewertet und beurteilt sowie ein Abgleich der aktuellen Situation mit den Vorgaben<br />

aus dem Sanierungsplan bzw. der Sanierungsstrategie vorgenommen wird. Dabei soll der Sanierungserfolg identifiziert<br />

werden, z. B. mit Kennzahlen und Planungsrechnungen (Planbilanz), denn eine erfolgreiche Bewältigung<br />

der Krise muss messbar sein.<br />

In die Ergebnisbetrachtung der einzelnen Sanierungsschritte müssen die Chancen und Risiken für die künftige<br />

Entwicklung der Gemeinde einbezogen werden. Ein erfolgreicher Sanierungsprozess bei der Gemeinde besteht<br />

GEMEINDEORDNUNG 368


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

u.a. darin, dass sie die Bewältigung der Krise ihrer haushaltswirtschaftlichen Lage selbst so durchführt, dass die<br />

Gemeinde die dauernde Leistungsfähigkeit und eine stetige Aufgabenerfüllung wieder gesichert wird und die<br />

künftigen Generationen nicht unnötig belastet (vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde kann dadurch dann<br />

den Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit einhalten.<br />

7.2.6 Die Ausführung örtlicher Maßnahmen der Gemeinde<br />

7.2.6.1 Die Ursachenanalyse<br />

Für die Aufstellung des Sanierungskonzeptes muss die Gemeinde ihre aktuelle Ausgangslage zutreffend einschätzen,<br />

um die Ursachen für den haushaltswirtschaftlichen „Sanierungsbedarf“ identifizieren und Sanierungsziele<br />

und Strategien entwickeln zu können. Erst aufgrund einer sorgfältigen Analyse, möglichst mehrerer vergangener<br />

Haushaltsjahre sowie der Jahre der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung, im Einzelfall ggf. auch<br />

darüber hinaus, lässt sich nach den Verhältnissen der jeweiligen Gemeinde unter Beachtung eines pflichtgemäßen<br />

Ermessens und der Abwägung der in Betracht gezogenen Sanierungsmöglichkeiten, der Rahmen sowie die<br />

Inhalte des örtlichen Sanierungskonzeptes konkret festlegen.<br />

7.2.6.2 Die Schaffung eines zukunftsorientierten Bildes<br />

Die Gemeinde ist gesetzlich verpflichtet, ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige<br />

Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Sie hat zudem ihre Haushaltswirtschaft<br />

wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Diese Vorgaben erfordern<br />

grundsätzlich, dass die Gemeinde möglichst eine defizitäre Haushaltslage, insbesondere aber eine Überschuldung<br />

vermeidet. Soweit eine solche Haushaltslage entstehen kann, soll die Gemeinde mit ihren Möglichkeiten<br />

zukunftsorientiert versuchen, ihre Ertragskraft bald möglichst wieder herzustellen und dauerhaft zu sichern.<br />

Bei einer eingetretenen Überschuldung soll die Gemeinde den Sanierungsprozess selbst so durchführen, dass<br />

die dauernde Leistungsfähigkeit und stetige Aufgabenerfüllung wieder erreicht wird. Sie soll eine haushaltswirtschaftliche<br />

Lage schaffen, durch die die künftigen Generationen nicht unnötig belastet werden sowie deren Zukunft<br />

dauerhaft gesichert wird.<br />

Diese Erfordernisse für die gemeindliche Haushaltssanierung zeigen und verdeutlichen, dass unter Beachtung<br />

des Grundsatzes der intergenerativen Gerechtigkeit ein zukunftsorientiertes Bild der Gemeinde mit qualitativ<br />

hochwertigen Leitorientierungen als Kernaussagen geschaffen sein muss. Erst dann besteht eine geeignete<br />

Grundlage für eine neue Ausrichtung auf ein nachhaltiges und zukunftsbezogenes Handeln der Gemeinde. Die<br />

wirtschaftliche Lage bzw. die eingetretene Überschuldung der Gemeinde verlangen bei einer Haushaltssanierung<br />

die Festlegung neuer nachhaltiger Rahmenbedingungen und Handlungsfelder vor Ort. Für den Weg dorthin bedarf<br />

es eines Maßnahmepaketes mit aufeinander abgestimmten Sanierungsmaßnahmen und nicht nur der Benennung<br />

einzelner Maßnahmen.<br />

Die neuen Rahmenbedingungen sollen zudem auch dazu beitragen, dass die Gemeinde sich ein ziel- und zukunftsorientiertes<br />

Profil gibt. Nur mit auf die gemeindliche Aufgabenerfüllung in der Zukunft ausgerichteten Visionen<br />

und Leitlinien (Leitbildern) lassen sich von der Gemeinde die notwendigen strategischen und operativen Ziele<br />

bestimmen und die angestrebte Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit im Rahmen ihrer Haushaltswirtschaft<br />

einhalten. Die örtlichen Ziele können und sollen dazu eine Leitorientierung für die gemeindliche Sanierung<br />

entfalten bzw. bieten, um auch die notwendige Haushaltswirksamkeit zu erreichen. Dabei gilt es, die gemeindliche<br />

Steuerung und das Finanzmanagement der Gemeinde unter Beachtung der einschlägigen haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften miteinander zu verknüpfen. Insgesamt gesehen kann und muss durch die Gemeinde ein örtlich<br />

gestaltetes handhabbares und auf ein wirtschaftliches Handeln ausgerichtetes System für die gemeindliche<br />

Haushaltssanierung und die künftige Haushaltswirtschaft der Gemeinde entstehen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 369


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Für die gemeindliche Aufgabenerfüllung sollen daher die örtlich festgelegten produktorientierten Ziele unter Berücksichtigung<br />

des einsetzbaren Ressourcenaufkommens und des voraussichtlichen Ressourcenverbrauchs<br />

überprüft sowie Leistungskennzahlen zur Zielerreichung ggf. neu bestimmt und mit den örtlichen Finanzzielen<br />

verknüpft werden. Die Ziele sind dabei zwischen dem Rat der Gemeinde und der gemeindlichen Verwaltung abzustimmen.<br />

Auch die Öffentlichkeit sollte in diesen Prozess in geeigneter Weise eingebunden werden. Durch die<br />

Verpflichtungen wird von der Gemeinde nichts Unmögliches verlangt, auch wenn es bei der Vielzahl der örtlichen<br />

Aufgaben nicht immer einfach sein dürfte, dafür geeignete messbare Ziele und Leistungskennzahlen festzulegen.<br />

7.2.6.3 Die Sanierungspotentiale erschließen<br />

Als Einstieg in die Sanierung sind durchaus pauschale Maßnahmen ohne Berücksichtigung von Fach- und Sonderinteressen<br />

denkbar. Solchen aufgabenbereichsübergreifenden Maßnahmen sollte bei Bedarf eine differenzierte<br />

Konsolidierung anhand einer vorgenommenen Aufgabenkritik folgen. Es hat sich z.B. in der Vergangenheit<br />

gezeigt, dass allein der Abbau staatlicher Standards keine Konsolidierungspotentiale erschließt, wenn sich daran<br />

keine kritische Überprüfung der Möglichkeiten zur Ausfüllung dieser Entscheidungsfreiräume anschließt. Auch bei<br />

den pflichtigen Aufgaben sind daher die Möglichkeiten einer Reduzierung der Aufwendungen durch eine Überprüfung<br />

der Art, des Umfanges und der Ermessensausübung auszuschöpfen. Gesetzliche Verpflichtungen sind mit<br />

dem Ziel zu überprüfen, sie auf die kostengünstigste Weise zu erledigen, ggf. auch in Zusammenschlüssen mit<br />

anderen Gemeinden.<br />

In diesem Zusammenhang sind auch pflichtige Aufgaben der Gemeinde zum Gegenstand der Haushaltssanierung<br />

zu machen und freiwillige Leistungen der Gemeinde können bei der Prüfung von Sanierungspotential nicht<br />

außer Betracht bleiben. Auch die Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde muss einbezogen werden, soweit<br />

dort Sanierungsmaßnahmen durch eine Reduzierung von Abschreibungs- und Zinslasten, z.B. durch den Verzicht<br />

auf nicht zwingend erforderliche Investitionsvorhaben, möglich sind. Auch die Positionen des Haushaltsplans<br />

bieten sich für die Prüfung möglicher haushaltswirtschaftlicher Verbesserungen (Erhöhung der Erträge, Reduzierung<br />

der Aufwendungen) an. Bei dieser Prüfung darf kein Teilplan ausklammert werden, weil das Sanierungskonzept<br />

auch die schnellstmögliche Beseitigung der Überschuldung gewährleisten muss.<br />

7.2.6.4 Die Auswahl von Sanierungsmaßnahmen<br />

7.2.6.4.1 Allgemeine Maßnahmen<br />

Die Gemeinde hat bereits im frühen Stadium der Vorbereitung auch die Fach- und Sonderinteressen der gemeindlichen<br />

Verwaltung in die Vorbereitung der Sanierung einzubinden. Es gilt dabei, nicht die Ideenfindung für<br />

Sanierungsmaßnahmen in den Vordergrund zu schieben, sondern u.a. zu sichern, dass eine entsprechende<br />

spätere Umsetzung erfolgreich sein wird, auch wenn von einzelnen Aufgabenbereichen ggf. dauerhaft Einschränkungen<br />

hingenommen werden müssen. Eine solche Vorgehensweise kann z. B. durch eine gemeindeinterne<br />

„Sanierungskommission“ koordiniert werden, wo es insgesamt sachlich sinnvoll und wünschenswert ist. Dieses<br />

Gremium muss daher mit der Zwecksetzung eingerichtet werden, die Umsetzungsschritte zur Beseitigung der<br />

Überschuldung zu verbessern und zu beschleunigen.<br />

Im Rahmen einer notwendigen Aufgabenkritik muss das gesamte Leistungsangebot der Gemeinde mit dem Ziel<br />

der Anpassung und ggf. der Rückführung auf ein niedrigeres Niveau untersucht und eingegrenzt werden. Die<br />

örtlich unterschiedlichen Ausgangssituationen für eine Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs erfordern es<br />

von jeder betroffenen Gemeinde, eigene Sanierungspotentiale aufzuspüren. Dabei können auch kleinere Möglichkeiten<br />

zur Sanierung beitragen und sich in der Summe durchaus zu bedeutenden Sanierungsleistungen summieren.<br />

Insgesamt erfordert daher ein Sanierungskonzept das Setzen neuer Aufgabenschwerpunkte und die<br />

GEMEINDEORDNUNG 370


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

eigene strikte Bereitschaft zur Wiederherstellung eines dauerhaften Hausausgleichs auch unter der Einbeziehung<br />

organisatorischer Maßnahmen. Diese Sachlage erfordert, den Rat der Gemeinde, der das Sanierungskonzept zu<br />

beschließen hat, frühzeitig in die Überlegungen der Verwaltung einzubinden.<br />

7.2.6.4.2 Die Festlegung des Veränderungspotentials<br />

Das mögliche Veränderungspotential der Gemeinde zur Optimierung der gemeindlichen Bilanzstruktur im Sinne<br />

eines Beitrages zur Beseitigung der Überschuldung der Gemeinde muss von der Gemeinde danach bestimmt<br />

werden, auf welche Art und Weise in der Bilanz als Vermögensrechnung der Gemeinde die bilanziellen Wertansätze<br />

zugunsten der Gemeinde verändert werden können, um dadurch die Überschuldung zu beseitigen und die<br />

gemeindliche Ertragskraft dauerhaft zu gestalten bzw. zu steigern. Die Hinweise, die in der Abbildung beispielhaft<br />

enthalten sind, können von der Gemeinde zum Anlass genommen werden, örtlich ihre Möglichkeiten konkret zu<br />

ermitteln und geeignete Maßnahmen zur Umsetzung auszuwählen. Daraus sollte möglichst ein örtliches Konzept<br />

der Gemeinde entstehen, in dem die umzusetzenden Maßnahmen jahresbezogen in Form einer Beschreibung<br />

oder als „Auftrag“ mit ihrem Veränderungspotential als Module enthalten sind. Die Maßnahmen sollen einzeln und<br />

zusammen eine sachgerechte Wirkung im Sinne der gesetzten Ziele entfalten können.<br />

In einer zusätzlichen Übersicht können dann die möglichen haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen auf die gemeindliche<br />

Bilanzstruktur der Gemeinde mit dem jeweils zu erwartenden Finanzbeitrag aus der geplanten Umsetzung<br />

bildhaft aufgezeigt werden. Es sollten jedoch nur Angaben in die solche gemeindliche Übersicht aufgenommen<br />

werden, denen haushaltswirtschaftliche Sachverhalte oder Geschäftsvorfälle der Gemeinde zugrunde liegen,<br />

mit deren Eintritt die Gemeinde mit einer hohen Wahrscheinlichkeit im vorgesehenen Zeitraum rechnen kann oder<br />

die in diesem Zeitraum von der Gemeinde umsetzbar sind. In der gemeindlichen Haushaltswirtschaft muss zudem<br />

einerseits eine besondere Anpassungsfähigkeit bestehen, andererseits aber auch Klarheit und Eindeutigkeit<br />

vorherrschen, damit Fehlinterpretationen hinsichtlich der zu erzielenden Ergebnisse vermieden werden.<br />

7.2.6.4.3 Die Aufstellung einer Sanierungsbilanz<br />

Für den tatsächlichen erfolgten Aufbau des gemeindlichen Eigenkapitals bietet sich dabei eine gesonderte Darstellung<br />

an. Die Bilanzbereiche einer Sanierungsbilanz, bei denen bilanzielle Veränderungen durch die Gemeinde<br />

möglich sind, sind dabei so darzustellen, dass erkennbar wird, ob die geplanten bilanziellen Wirkungen der Beseitigung<br />

der eingetretenen Überschuldung der Gemeinde führen. Diese Sachlage bedeutet, dass neben den unmittelbaren<br />

finanzwirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen auch im fachlichen Leistungsbereich der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung sinnvolle Sanierungsansätze gesucht und dargestellt werden müssen, um das notwendige<br />

Maß an gemeindlichem Eigenkapital wieder zu erreichen. Ein möglicher Überblick über diese Gegebenheiten<br />

könnte wie folgt dargestellt werden, wobei einige Felder lediglich beispielhaft gefüllt sind (vgl. Abbildung).<br />

Immaterielle<br />

Vermögens-<br />

gegenstände<br />

und<br />

Sachanlagen<br />

Bilanzbereiche<br />

Immaterielle<br />

Vermögens-<br />

gegenstände<br />

Unbebaute<br />

GEMEINDEORDNUNG 371<br />

Die gemeindliche Sanierungsbilanz<br />

ENTWICKLUNG DES VERMÖGENS<br />

IST-WERTE<br />

(ggf. mit Jahresreihe)<br />

VERÄNDERUNGS-<br />

POTENTIAL<br />

(ggf. mit Jahresreihe)<br />

Flächenbedarf überprü-<br />

PLAN-WERTE<br />

(Ziele im letzten Jahr)


Finanz-<br />

anlagen,<br />

Umlauf-<br />

vermögen<br />

und aktive<br />

Rechnungs-<br />

abgrenzung<br />

Grundstücke<br />

Bebaute<br />

Grundstücke<br />

Infrastruktur-<br />

vermögen<br />

Bauten<br />

auf fremdem<br />

Grund und Boden<br />

Kunstgegen-<br />

stände, Kultur-<br />

denkmäler<br />

Maschinen und<br />

technische Anla-<br />

gen, Fahrzeuge<br />

Betriebs- und Ge-<br />

schäftsausstattung<br />

Geleistete<br />

Anzahlungen,<br />

Anlagen im Bau<br />

Anteile an<br />

verbundenen<br />

Unternehmen<br />

Beteiligungen<br />

Sondervermögen<br />

Ausleihungen<br />

Wertpapiere<br />

Vorräte<br />

Öffentlich-<br />

rechtliche<br />

Forderungen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

GEMEINDEORDNUNG 372<br />

Die gemeindliche Sanierungsbilanz<br />

fen, mögliche Veräußerungen<br />

veranlassen, um<br />

stille Reserven zu nutzen.<br />

Gebäudebedarf überprüfen,<br />

mögliche Veräußerungenveranlassen,<br />

um stille Reserven<br />

zu nutzen.<br />

Sachgerechte Miet-und<br />

Leasinggeschäfte abschließen<br />

Umsetzung laufender<br />

Investitionen überprüfen<br />

Die Hingabe von Darlehen<br />

an gemeindliche<br />

Betriebe nicht mehr<br />

zweckfrei gestalten.<br />

Sicherheiten einfordern<br />

und bei öffentlichen<br />

Stellen eine kurzfristige


Eigenkapital,<br />

Sonder-<br />

posten<br />

und<br />

Rück-<br />

stellungen<br />

und Forderungen<br />

aus<br />

Transferleistungen<br />

Privatrechtliche<br />

Forderungen<br />

Sonstige<br />

Vermögens-<br />

gegenstände<br />

Liquide Mittel<br />

Aktive<br />

Rechnungs-<br />

abgrenzung<br />

Bilanzbereiche<br />

Eigenkapital<br />

Sonderposten<br />

Pensionsrück-<br />

stellungen<br />

Rückstellungen<br />

für Deponien<br />

und Altlasten<br />

Instandhaltungs-<br />

rückstellungen<br />

Sonstige<br />

Rückstellungen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

GEMEINDEORDNUNG 373<br />

Die gemeindliche Sanierungsbilanz<br />

ENTWICKLUNG DER SCHULDEN<br />

Fälligkeit vereinbaren,<br />

um den Wert der Forderungen<br />

zu erhalten.<br />

Sicherheiten einfordern,<br />

um den Wert der Forderungen<br />

zu erhalten.<br />

Ansprüche nach ihrer<br />

Fälligkeit kurzfristig<br />

einziehen. Fälligkeitstermine<br />

nicht unnötig<br />

hinausschieben.<br />

Bei Investitionen regelmäßig<br />

alle Möglichkeiten<br />

zum Erhalt nicht<br />

rückzahlbarer Zuwendungen<br />

und sonstiger<br />

Finanzleistungen Dritter,<br />

z.B. Spenden, vor der<br />

haushaltsmäßigen<br />

Veranschlagung prüfen.<br />

Ausgleichsansprüche<br />

gegenüber früheren<br />

Dienstherrn im zulässigen<br />

Umfang geltend<br />

machen. Abfindungsmöglichkeiten<br />

nutzen.


Verbindlich-<br />

keiten<br />

und passive<br />

Rechnungs-<br />

abgrenzung<br />

Anleihen<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Krediten für<br />

Investitionen<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Krediten zur<br />

Liquiditäts-<br />

sicherung<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Vorgängen,<br />

die Kreditaufnah-<br />

men wirtschaftlich<br />

gleichkommen<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Lieferungen<br />

und Leistungen<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Transfer-<br />

leistungen<br />

Sonstige<br />

Verbindlichkeiten<br />

Passive<br />

Rechnungs-<br />

abgrenzung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

GEMEINDEORDNUNG 374<br />

Die gemeindliche Sanierungsbilanz<br />

Restlaufzeiten überprüfen<br />

und im Vergleich mit<br />

den Nutzungszeiten der<br />

Vermögensgegenstände<br />

anpassen.<br />

Restlaufzeiten im Rahmen<br />

des rechtlich zulässigen<br />

anpassen,<br />

wenn keine kurzfristige<br />

Tilgung möglich ist.<br />

Verbindlichkeiten aus<br />

solchen Vorgängen auf<br />

das zwingend notwendige<br />

minimieren.<br />

Möglichkeiten der Zahlungsverrechnungprüfen,<br />

ggf. Abwicklung im<br />

Rahmen eines wirtschaftlichen<br />

Handelns<br />

anpassen.<br />

Restlaufzeiten, Bestandsvolumenüberprüfen,<br />

unnötig lange<br />

Fristvereinbarungen<br />

vermeiden.<br />

Abbildung 43 „Die gemeindliche Sanierungsbilanz“<br />

Die Auswahl von örtlichen Sanierungsmaßnahmen erfordert von der Gemeinde zuvor auch anhand der bilanziellen<br />

Gegebenheiten die notwendigen Maßnahmen zu betrachten und zu bewerten und die Anpassungsfähigkeit<br />

bei den Wertansätzen in der gemeindlichen Bilanz festzustellen (Veränderungsanalyse). Die vorzusehende Entwicklung<br />

muss dabei anhand unterschiedlicher Gegebenheiten bewertet und nach wichtigen Bilanzbereichen<br />

getrennt werden. Es muss dazu ein Überblick geschaffen werden, der ausgehend von der aktuellen tatsächlichen<br />

Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde den Ist-Stand und den künftigen Soll-Stand darstellen soll. Eine<br />

solche Sanierungsbilanz ist zusätzlich zum jährlichen Jahresabschluss aufzustellen. Sie soll auch keine „echte“<br />

Planbilanz darstellen, die jährlich aufzustellen wäre, weil mit einer Sanierungsbilanz das vermögens- und schuldenmäßige<br />

Veränderungspotential und die Wirkungen daraus darzustellen.


7.2.6.4.4 Die Darstellung des Eigenkapitalaufbaus<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Festlegung einer Eigenkapitalzielgröße als wichtige Zielbestimmung in einem gemeindlichen Sanierungsplan<br />

zur Beseitigung der gemeindlichen Überschuldung wird die von der Gemeinde umzusetzenden Sanierungsmaßnahmen<br />

erheblich prägen. Die Entscheidungen der Gemeinde über die notwendigen örtlichen Sanierungsmaßnahmen<br />

führen dabei zu einem Konzept, das folgende Angaben enthalten kann (vgl. Abbildung).<br />

Aus-<br />

gleichs-<br />

rück-<br />

lage<br />

Allgem.<br />

Rück-<br />

lage<br />

Haushalt<br />

Erträge<br />

(nach Arten)<br />

Aufwendungen<br />

(nach Arten)<br />

Jahresergebnis<br />

Ausgangsjahr<br />

Anfangs-<br />

Bestand<br />

InanspruchnahmeZuführungEndbestandAnfangsbestandVerringerungZuführungEndbestand<br />

GEMEINDEORDNUNG 375<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

Die Planung des Eigenkapitalaufbaus<br />

1.<br />

Jahr<br />

1.<br />

Jahr<br />

HAUSHALTSENTWICKLUNG<br />

2.<br />

Jahr<br />

3.<br />

Jahr<br />

4.<br />

Jahr<br />

ZEITREIHE<br />

5.<br />

Jahr<br />

EIGENKAPITALENTWICKLUNG<br />

2.<br />

Jahr<br />

3.<br />

Jahr<br />

4.<br />

Jahr<br />

5.<br />

Jahr<br />

6.<br />

Jahr<br />

6.<br />

Jahr<br />

Abbildung 44 „Die Planung des Eigenkapitalaufbaus“<br />

Die Gemeinde hat dabei eigenverantwortlich die notwendigen Festlegungen zum Aufbau des Eigenkapitals in<br />

ihrem Sanierungskonzept zu treffen. Ausgehend von der Ursachenanalyse und der Festlegung des Sanierungspotentials<br />

und der Konsolidierungsmaßnahmen ist ein geeignetes Eigenkapitalvolumen wieder zu erreichen.<br />

7.2.6.5 Die Sanierungsziele aufzeigen<br />

7.2.6.5.1 Allgemeine Ziele<br />

Ausgehend von der bestehenden defizitären Haushaltslage der Gemeinde, ihrer Analyse u.a. mit Hilfe von Kennzahlen<br />

sowie der Identifikation der örtlichen Ursachen für die unzureichende wirtschaftliche Lage der Gemeinde<br />

7.<br />

Jahr<br />

7.<br />

Jahr<br />

8.<br />

Jahr<br />

8.<br />

Jahr<br />

9.<br />

Jahr<br />

9.<br />

Jahr<br />

10.<br />

Jahr<br />

10.<br />

Jahr


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

wären die zu erreichenden Sanierungsziele der Gemeinde festzulegen und im Sanierungskonzept darzustellen,<br />

zu denen z. B. das künftig notwendige Volumen des gemeindlichen Eigenkapitals gehört. Diesem Konzeptbestandteil<br />

müssten in einem weiteren Schritt die vorgesehenen Sanierungsstrategien sowie die gewählten und<br />

umsetzbaren Sanierungsmaßnahmen folgen, mit denen der Weg zum Eigenkapitalaufbau erkennbar und nachvollziehbar<br />

wird. Dabei muss gewährleistet werden, dass die Sanierungsziele und Sanierungsmaßnahmen aufeinander<br />

und die vorgesehenen Maßnahmen auch untereinander abgestimmt sind, um die gewünschten Wirkungen<br />

entfalten zu können. In dieses Zusammenspiel von Zielen und Maßnahmen ist die zeitliche Umsetzungsplanung<br />

durch die Gemeinde sowie das von ihr gewählte Controlling einzubinden.<br />

7.2.6.5.2 Die Eigenkapitalzielgröße<br />

Der Aufbau des gemeindlichen Eigenkapitals erfordert zielorientiert die Festlegung einer sinnvollen und sachgerechten<br />

Eigenkapitalgröße für die Gemeinden als Wertansatz der allgemeinen Rücklage (vgl. § 41 Absatz 4<br />

Nummer 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine solche Größe lässt sich betragsmäßig nicht in den haushaltsrechtlichen Vorschriften<br />

festlegen. Sie ist vielmehr für die einzelne Gemeinde aus den tatsächlichen Vermögens- und Schuldenverhältnissen<br />

sowie der Ertragskraft und sonstiger örtlicher tatsächlicher Gegebenheiten zu entwickeln. Die haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften über den jährlichen Haushaltsausgleich dürfen dabei nicht unberücksichtigt bleiben.<br />

Sie stellen von der Gemeinde zu erfüllende Anforderungen dar, die auch die Zielgröße für die Beseitigung der<br />

Überschuldung und für die Wiederherstellung der allgemeinen Rücklage und der Ausgleichsrücklage prägen.<br />

Unter Beachtung der Vorgaben für die Gemeinde, ihre Haushaltswirtschaft wirtschaftlich, effizient und sparsam zu<br />

führen sowie so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist, kann die Zielgröße<br />

nicht allein darin bestehen, auf den Bilanzposten „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ auf der<br />

Aktivseite der gemeindlichen Bilanz verzichten zu können bzw. die allgemeine Rücklage mit einem Betrag von<br />

null Euro auf der Passivseite anzusetzen. Der Eigenkapitalaufbau muss vielmehr unter Berücksichtigung des<br />

Erhalts der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde weitergehend sein. Als Zielgröße bietet sich z. B. ein<br />

Eigenkapitalvolumen an, bei dem es möglich ist, Fehlbeträge in der gemeindlichen Ergebnisrechnung aufgrund<br />

auftretender Schwankungen bei der gemeindlichen Ertragskraft im Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und<br />

Finanzplanung mit der Ausgleichsrücklage zu verrechnen.<br />

Unter Berücksichtigung der Ausgleichsfunktion der Ausgleichsrücklage und der Schwankungen bei der gemeindlichen<br />

Ertragskraft sowie von Jahresfehlbeträgen in einem der mittelfristigen Ergebnisplanung entsprechenden<br />

fünfjährigen Zeitraum könnte gemeindebezogene eine Zielgröße für das gemeindliche Eigenkapital ermittelt werden.<br />

Der Berechnung könnte ein Durchschnittswert aus diesem Zeitraum zugrunde gelegt werden, der aus dem<br />

Volumen der Schwankungen im Ergebnis der jährlichen Haushaltswirtschaft in Form der Jahresüberschüsse und<br />

Jahresfehlbeträge zu ermitteln wäre. In den Fällen, in denen wegen der defizitären Haushaltslage jährlich jedoch<br />

nur Fehlbeträge entstehen oder entstehen werden, sollte das Volumen dieser Fehlbeträge die Ausgangsgröße<br />

darstellen und die Bildung eines Durchschnittswertes nicht zulässig sein.<br />

Auf dieser Grundlage würde sich beispielhaft für eine Gemeinde ergeben, dass bei einer durchschnittlichen<br />

Schwankungsbereite von fünf Mio. Euro, die auf die Jahre der fünfjährigen Ergebnisplanung zu beziehen ist, eine<br />

Summe von 25 Mio. Euro ergeben. Dieser Wert wird als möglicher zulässiger „Ausgleichsbetrag“ betrachtet und<br />

daher fiktiv vergleichbar der Ausgleichsrücklage eingestuft. Unter Berücksichtigung der Höchstgrenze der Ausgleichsrücklage<br />

(ein Drittel des Eigenkapitals) entstände dann ein betragsmäßiges Volumen in der Größenordnung<br />

von 75 Mio. Euro für das gemeindliche Eigenkapital, das wieder zu erreichen wäre und daher eine Eigenkapitalzielgröße<br />

im Rahmen eines gemeindlichen Sanierungskonzeptes darstellen kann. Das Beispiel zeigt dabei<br />

nur eine Möglichkeit zur Bestimmung von gemeindlichem Eigenkapital auf.<br />

Diese aufgezeigte Möglichkeit bedarf jedoch der Weiterentwicklung, denn im Rahmen von Sanierungskonzepten<br />

müssen die Ausgangsgrundlagen in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht eindeutig bestimmt werden. Es ist dazu<br />

GEMEINDEORDNUNG 376


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

festzulegen, ob und welche Anpassungen bei wesentlichen haushaltswirtschaftlichen Verbesserungen zulässig<br />

und bei Verschlechterungen unabdingbar wären. Die Anpassungen aufgrund von Verbesserungen der haushaltswirtschaftlichen<br />

Lage sollten dabei nur nach einem mehrjährigen Zeitraum vorgenommen werden dürfen. Sie<br />

können im Rahmen des Jahresabschlusses für das dritte Jahr, das dem betreffenden Haushaltsjahr folgt, erfolgen,<br />

auch wenn jährlich zum Abschlussstichtag der Stand der Eigenkapitalentwicklung und der Zielerreichung zu<br />

ermitteln sind.<br />

Die Beurteilung der gemeindlichen Eigenkapitalentwicklung durch die Gemeinde und die Aufsichtsbehörde sollte<br />

durch eine geeignete Kennzahl unterstützt und erleichtert werden. Für eine solche Kennzahl wären als Messgrößen<br />

das zum Abschlussstichtag erreichte Volumen des gemeindlichen Eigenkapitals und die Bilanzsumme der<br />

gemeindlichen Bilanz geeignet, die ins Verhältnis zu setzen wären. Diese Betrachtung des erreichten bilanziellen<br />

Eigenkapitals steht nicht der Verteilung des Jahresüberschusses auf die allgemeine Rücklage und die Ausgleichsrücklage<br />

ab dem Zeitpunkt der Beseitigung der Überschuldung entgegen. Bei einem Jahresüberschuss<br />

von 100.000 Euro und einem Stand des Eigenkapitals von null Euro wäre es möglich, entsprechend der gesetzlichen<br />

Begrenzung der Ausgleichsrücklage auf 1/3 des Eigenkapitals, dieser Rücklage einen Betrag von 33.000<br />

Euro zuzuführen. In den Folgejahren kann dann entsprechend weiter verfahren werden, wenn Jahresüberschüsse<br />

als Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft entstehen.<br />

7.2.6.6 Die Entscheidungen über Sanierungsmaßnahmen<br />

Nach den Zielsetzungen der §§ 75 und 76 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 5 GemHVO <strong>NRW</strong> müssen die Sanierungsmaßnahmen<br />

schwerpunktmäßig gesetzt werden, um schnellstmöglich die notwendigen Wirkungen zu entfalten. Sie dürfen<br />

sich daher nicht nur auf die Aufwendungen im Ergebnisplan bzw. in der Ergebnisrechnung konzentrieren,<br />

sondern es müssen gleichermaßen auch die Erträge darin einbezogen werden. Diese Betrachtung gilt aber auch<br />

für den Finanzplan bzw. die Finanzrechnung, denn die Auszahlungen aus der Investitionstätigkeit lösen mit der<br />

Anschaffung oder Herstellung neuer abnutzbarer Vermögensgegenstände neue zukunftsbezogene Belastungen,<br />

z.B. jährlich Abschreibungen und Unterhaltungsaufwendungen aus. In diesem Zusammenhang sind auch die<br />

Einzahlungen aus Kreditaufnahmen, die zur Erhöhung der Liquidität der Gemeinde führen, zu betrachten, denn<br />

diese bringen durch die erforderlichen Zinszahlungen eine haushaltsmäßige Belastung mit sich.<br />

Unter Wahrung des Grundsatzes der Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung sowie unter Berücksichtigung der<br />

derzeitigen absehbaren besonderen finanzwirtschaftlichen Belastungen und einer flexiblen Anwendung von Sanierungsmaßnahmen<br />

muss die Zielerreichung mit den tatsächlichen Möglichkeiten der Gemeinde abgewogen<br />

werden. Ein solches Vorgehen kann dann tragfähig sein, wenn bei der Gemeinde auf eingefahrene Wege verzichtet<br />

werden kann und Anstrengungen unternommen werden, das tatsächlich Mögliche zur Wiedererreichung<br />

des Haushaltsausgleichs und seines dauerhaften Erhalts und des Eigenkapitalaufbaus umzusetzen.<br />

Einer schematischen Benennung und Anwendung von Sanierungsmaßnahmen, die sich aus dem Prüfungsgeschehen<br />

der Aufsichtsbehörden oder aus möglichen Auflagen zur Genehmigung von Sanierungskonzepten anderer<br />

Gemeinden ableiten lassen, stehen die erheblichen örtlichen Unterschiede in der Ertrags- und Aufwandsstruktur<br />

und der Finanzentwicklung der einzelnen Gemeinde entgegen. Es kann aber durch aus notwendig werden, in<br />

die Sanierungsmaßnahmen und auch zukünftig nicht nur die Verwaltung der Gemeinde, sondern auch die gemeindlichen<br />

Betriebe einzubeziehen, jedenfalls dann, wenn sie nach § 116 Abs. 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 50 Abs. 1<br />

und 2 GemHVO <strong>NRW</strong> in die gemeindlichen Gesamtabschluss als Tochtereinheiten einbezogen werden.<br />

7.2.6.7 Die Einrichtung eines Sanierungscontrollings<br />

Die örtlichen Verantwortlichkeiten für die Haushaltswirtschaft der Gemeinde erfordern grundsätzlich beim Aufbau<br />

des gemeindlichen Eigenkapitals bzw. der dafür notwendigen Sanierungsmaßnahmen die Einrichtung eines Con-<br />

GEMEINDEORDNUNG 377


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

trollings mit einem regelmäßigen unterjährigen Berichtswesen. Durch regelmäßige Soll-Ist-Vergleiche, z.B. im<br />

vierteljährlichen Rhythmus, bei Besonderheiten im Einzelfall auch monatlich, wird es den Verantwortlichen in der<br />

Gemeinde ermöglicht, von der Sanierungsplanung abweichende Entwicklungen und Tendenzen in der Umset-<br />

zung der festgelegten Sanierungsmaßnahmen (Sanierungsmodell) zu erkennen. Ein Sanierungscontrolling als ein<br />

Überwachungssystem, das es ermöglicht, risikobehaftete Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, ist für die Gemeinde<br />

hilfreich. Für sie gilt im Rahmen der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes, den Eigenkapitalaufbau<br />

zügig voranzutreiben, damit ihre Leistungsfähigkeit und ihre stetige Aufgabenerfüllung wieder dauerhaft gesichert<br />

sind (vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Dabei gilt es, dass die Gemeinde eine gesicherte Entscheidungsgrundlage für<br />

die Steuerungsmaßnahmen zur Beseitigung der Überschuldung erhält.<br />

Im Rahmen eines Sanierungscontrollings als begleitendes Überwachungssystem bei der Umsetzung der gemeindlichen<br />

Sanierungsmaßnahmen bedarf es aber auch eines Vergleichsmodells auf dem Weg zu den benannten<br />

Zielen. Dafür eignet sich ein „Kontrollmodell“, das so konzipiert sein muss, als würde die Gemeinde die gesetzlichen<br />

Vorgaben ohne Rücksicht auf die Unwägbarkeiten im Zeitablauf schnellstmöglich erfüllen und die gesetzten<br />

Ziele erreichen. Mit einem solchen Sanierungscontrolling würde dann auch eine Grundlage für die Gemeinde<br />

geschaffen, auf der die von ihr zu treffenden Steuerungsentscheidungen erleichtert werden. Im Rahmen<br />

des Sanierungscontrollings sollte z. B. zu Vergleichszwecken das örtliche „Plan-Modell“ mit dem „Ist-Modell“ und<br />

dem „Kontroll-Modell“ unmittelbar in Verbindung stehen (vgl. Abbildung).<br />

Aus-<br />

gleichs-<br />

rück-<br />

lage<br />

Allgem.<br />

Rück-<br />

lage<br />

Haushalt<br />

Erträge<br />

(nach Arten)<br />

Aufwendungen<br />

(nach Arten)<br />

Jahresergebnis<br />

Ausgangsjahr<br />

Anfangs-<br />

Bestand<br />

InanspruchnahmeZuführungEndbestandAnfangsbestandVerringerung<br />

Zufüh-<br />

rung<br />

End-<br />

bestand<br />

GEMEINDEORDNUNG 378<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

Vergleiche beim Sanierungscontrolling<br />

HAUSHALTSENTWICKLUNG<br />

PLAN-MODELL<br />

(mit Jahresreihe)<br />

EIGENKAPITALENTWICKLUNG<br />

Jahresreihe<br />

IST-MODELL<br />

(mit Jahresreihe)<br />

Jahresreihe<br />

Abbildung 45 „Vergleiche beim Sanierungscontrolling“<br />

KONTROLL-MODELL<br />

(mit Jahresreihe)<br />

Jahresreihe


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Geschäftsprozesse und Verwaltungsabläufe der Gemeinde müssen dazu ggf. bereits zu Beginn von Umsetzungsmaßnahmen<br />

an die erforderlichen neuen Strategien sowie an die Sanierungsziele angepasst werden. Die<br />

Gemeinde sollte in diesem Zusammenhang prüfen, ob sie ggf. ein Risikofrüherkennungssystem einrichtet, wie es<br />

für die gemeindlichen Eigenbetriebe vorgeschrieben ist (vgl. § 10 Absatz 1 EigVO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde<br />

der Gemeinde könnte daran beteiligt werden und begleitend tätig sein. Die Gemeinde soll dabei die Formen und<br />

den Umfang eines Controllings im Rahmen der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes grundsätzlich in eigener<br />

Verantwortung ausgestalten und an ihren örtlichen Gegebenheiten ausrichten.<br />

7.2.6.8 Die Beteiligung der Öffentlichkeit<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen ist für die Bürgerinnen und Bürger bis zum Ende der Einsichtnahme<br />

in den gemeindlichen Jahresabschluss verfügbar zu halten und nicht nur an wenigen Tagen auszulegen<br />

(vgl. § 80 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Zu Anlagen gehört vergleichbar dem Haushaltssicherungskonzept auch ein<br />

gemeindliches Sanierungskonzept, das zur Beseitigung der eingetretenen Überschuldung von der Gemeinde<br />

aufgestellt wird.<br />

Das Zusammenführen von gemeindlichem Sanierungskonzept bzw. Haushaltsplanung der Gemeinde mit dem<br />

Jahresabschluss des gleichen Haushaltsjahres macht die vorgesehenen Schritte und Maßnahmen zur Beseitigung<br />

der eingetretenen Überschuldung transparent und erleichtert den Überblick über die im Haushaltsjahr dazu<br />

erzielten Erfolge. Der Zeitraum von insgesamt etwa drei Jahren, in dem anfangs nur der Haushaltsplan und später<br />

auch der Jahresabschluss für die Bürger zur Einsichtnahme verfügbar gehalten werden müssen, eröffnet neue<br />

Möglichkeiten des Nachvollziehens der gemeindlichen Zielerreichung aufgrund der Umsetzung der örtlichen<br />

Maßnahmen im jeweiligen Haushaltsjahr.<br />

7.2.7 Unzulässigkeit eines Insolvenzverfahrens<br />

Nach der bundesgesetzlichen Regelung ist ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person<br />

des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes untersteht, unzulässig, wenn das Landesrecht dieses bestimmt<br />

(vgl. § 12 InsO). Der Landesgesetzgeber hat für die Gemeinden ausdrücklich festgelegt, dass ein Insolvenzverfahren<br />

über das Vermögen der Gemeinde nicht stattfindet (vgl. § 128 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Mit diesen rechtlichen Festlegungen wird einerseits der Fortbestand einer Gemeinde im Falle ihrer Zahlungsfähigkeit<br />

oder Überschuldung gesichert. Andererseits soll verhindert werden, dass in Vollstreckungsverfahren in<br />

Vermögen der Gemeinde eingegriffen wird, das für die gemeindliche Aufgabenerfüllung unentbehrlich ist. Daher<br />

sieht die landesrechtliche Vorschrift auch eine Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde der Gemeinde bei<br />

Geldforderungen vor. Die Vorschriften dienen u.a. auch dem Schutz der gemeindlichen Beschäftigten bei Zahlungsunfähigkeit<br />

oder Überschuldung der Gemeinde (vgl. § 12 Absatz 2 InsO).<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 379


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 76<br />

Haushaltssicherungskonzept<br />

(1) 1 Die Gemeinde hat zur Sicherung ihrer dauerhaften Leistungsfähigkeit ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen<br />

und darin den nächstmöglichen Zeitpunkt zu bestimmen, bis zu dem der Haushaltsausgleich wieder<br />

hergestellt ist, wenn bei der Aufstellung der Haushaltssatzung<br />

1. durch Veränderungen des Haushalts innerhalb eines Haushaltsjahres der in der Schlussbilanz des Vorjahres<br />

auszuweisende Ansatz der allgemeinen Rücklage um mehr als ein Viertel verringert wird oder<br />

2. in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren geplant ist, den in der Schlussbilanz des Vorjahres auszuweisenden<br />

Ansatz der allgemeinen Rücklage jeweils um mehr als ein Zwanzigstel zu verringern oder<br />

3. innerhalb des Zeitraumes der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung die allgemeine Rücklage aufgebraucht<br />

wird.<br />

2 Dies gilt entsprechend bei der Bestätigung über den Jahresabschluss gem. § 95 Absatz 3.<br />

(2) 1 Das Haushaltssicherungskonzept dient dem Ziel, im Rahmen einer geordneten Haushaltswirtschaft die künftige,<br />

dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu erreichen. 2 Es bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.<br />

3 Die Genehmigung soll nur erteilt werden, wenn aus dem Haushaltssicherungskonzept hervorgeht, dass spätestens<br />

im zehnten auf das Haushaltsjahr folgende Jahr der Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz 2 wieder erreicht<br />

wird. 4 Im Einzelfall kann durch Genehmigung der Bezirksregierung auf der Grundlage eines individuellen<br />

Sanierungskonzeptes von diesem Konsolidierungszeitraum abgewichen werden. 5 Die Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes<br />

kann unter Bedingungen und mit Auflagen erteilt werden.<br />

Erläuterungen zu § 76:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Sicherung der Haushaltswirtschaft<br />

Die Gemeinde ist gesetzlich verpflichtet, ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige<br />

Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Sie hat zudem ihre Haushaltswirtschaft<br />

wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Diese Vorgaben erfordern<br />

grundsätzlich, dass die Gemeinde eine defizitäre Haushaltslage möglichst vermeidet. Soweit eine solche<br />

Haushaltslage entstehen könnte, soll die Gemeinde mit ihren Möglichkeiten versuchen, zukunftsorientiert ihre<br />

Ertragskraft zu erhalten bzw. bald möglichst wieder herzustellen. In solchen Fällen liegt die Verantwortung für die<br />

Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs und für die Sicherstellung der stetigen Aufgabenerfüllung nicht mehr<br />

allein beim Kämmerer, sondern bei allen Verantwortlichen in der Gemeinde. Der Kämmerer kann in dieser Situation<br />

auch inhaltlich nicht mehr allein die Finanzverantwortung in der Gemeinde tragen, auch wenn er diese Verantwortung<br />

formell innehat.<br />

Bei einem tatsächlich eingetretenen Jahresfehlbetrag in der gemeindlichen Ergebnisrechnung hat die Gemeinde<br />

die notwendige Konsolidierung einzuleiten, um eine dauerhafte defizitäre Haushaltswirtschaft nicht entstehen zu<br />

lassen bzw. eine solche Haushaltswirtschaft schnellstmöglich zu beenden. Wie schwerwiegend die eingetretene<br />

haushaltswirtschaftliche Krise bei der Gemeinde ist, kann dabei nur durch eine detaillierte Analyse der Krisenursachen<br />

unter Berücksichtigung der zu erfüllenden gemeindlichen Aufgaben herausgefunden werden. Auf dieser<br />

Basis können auch die weiteren Wege zur Krisenbewältigung ausgewählt sowie die notwendigen Rahmenbedingungen<br />

und möglichen Maßnahmen zur nachhaltigen Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben und der Wiedererreichung<br />

des Haushaltsausgleichs bestimmt werden.<br />

Eine defizitäre haushaltswirtschaftliche Lage der Gemeinde zeigt sich in einem gegenüber dem Ressourcenaufkommen<br />

wesentlich erhöhten Ressourcenverbrauch, das zu einem Verzehr des gemeindlichen Eigenkapitals<br />

GEMEINDEORDNUNG 380


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

führt. Unabhängig davon, wie lange die Krise bei der Gemeinde schon besteht oder wie tiefgreifend diese ist,<br />

muss von den Verantwortlichen in der Gemeinde ständig geprüft werden, auf welche Art und Weise und zu welchem<br />

Zeitpunkt der eingetretene Zustand beseitigt worden ist. Dabei müssen aufeinander abgestimmte finanzund<br />

leistungsbezogene Maßnahmen ausgewählt und zeitgerecht umgesetzt sowie strategische und operative<br />

Maßnahmen eingeleitet werden, die der Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs und auch der dauerhaften<br />

Sicherung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung dienen.<br />

Soweit der Jahresfehlbetrag zu einem Eigenkapitalverzehr oberhalb der gesetzlich bestimmten Schwellenwerte<br />

führt, beginnt für die Gemeinde die Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nach dieser<br />

Vorschrift. Die Sicherung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft baut auf einem Stufenmodell auf, das zu<br />

Prüffeldern führt, die im Rahmen der Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs und zur Beseitigung einer eingetretenen<br />

Überschuldung zum Gegenstand von Konsolidierungs- und Sanierungsmaßnahmen sachgerecht sind<br />

(vgl. Abbildung).<br />

STATUS<br />

Vorläufige<br />

Haushaltsführung<br />

Ausgeglichener<br />

Haushalt<br />

Inanspruchnahme der<br />

Ausgleichsrücklage<br />

Verringerung der<br />

allgemeinen Rücklage<br />

unterhalb der<br />

Schwellenwerte<br />

Die Sicherung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

BEDINGUNGEN<br />

Weiterführung der Haushaltswirtschaft<br />

nach den<br />

rechtlichen Verpflichtungen<br />

und der Unaufschiebbarkeit<br />

(vgl. § 82<br />

GO <strong>NRW</strong>).<br />

Ausführung der Haushaltswirtschaft<br />

unter<br />

Einhaltung der Haushaltssatzung<br />

und des<br />

Haushaltsplans (vgl. § 75<br />

Absatz 2 und § 80 GO<br />

<strong>NRW</strong>).<br />

Ausführung der Haushaltswirtschaft<br />

unter<br />

Einhaltung der Haushaltssatzung<br />

und des<br />

Haushaltsplans (vgl. § 75<br />

Absatz 2 und § 80 GO<br />

<strong>NRW</strong>).<br />

Ausführung der Haushaltswirtschaft<br />

unter<br />

Einhaltung der Haushaltssatzung<br />

und des<br />

Haushaltsplans sowie der<br />

Bedingungen und Auflagen<br />

zur Genehmigung der<br />

Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage (vgl. §<br />

75 Absatz 2 und 4 und §<br />

80 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 381<br />

- Sicherung und Einziehung<br />

der Erträge und<br />

Einzahlungen;<br />

- Sicherung und Einziehung<br />

der Erträge und<br />

Einzahlungen;<br />

- Sicherung und Einziehung<br />

der Erträge und<br />

Einzahlungen;<br />

- Steigerung der Ertragskraft;<br />

- Schwankungsbreite<br />

und das Volumen anpassen.<br />

- Sicherung und Einziehung<br />

der Erträge und<br />

Einzahlungen;<br />

- Steigerung der Ertragskraft;<br />

- … ;<br />

- … ;<br />

PRÜFFELDER<br />

- Vermeidung nicht<br />

notwendiger Aufwendungen;<br />

- Leistung von Auszahlungen<br />

nicht vor Fälligkeit.<br />

- Aufwendungen und<br />

Auszahlungen nur im<br />

Rahmen der Ermächtigungen<br />

des Haushaltsplans<br />

und des<br />

Haushaltsrechts entstehen<br />

lassen.<br />

- Aufwendungen und<br />

Auszahlungen nur im<br />

Rahmen der Ermächtigungen<br />

des Haushaltsplans<br />

und des<br />

Haushaltsrechts entstehen<br />

lassen,<br />

- Haushaltsmäßiges<br />

Veränderungspotential<br />

feststellen,<br />

- Leistungsziele und<br />

fachliche Ziele anpassen.<br />

- Aufwendungen und<br />

Auszahlungen nur im<br />

Rahmen der Ermächtigungen<br />

des Haushaltsplans<br />

und des<br />

Haushaltsrechts entstehen<br />

lassen,<br />

- Haushaltsmäßiges<br />

Veränderungspotential<br />

feststellen,<br />

- Leistungsziele und<br />

fachliche Ziele an-


STATUS<br />

Verringerung der<br />

allgemeinen Rücklage<br />

oberhalb der<br />

Schwellenwerte<br />

Eingetretene<br />

Überschuldung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Sicherung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

BEDINGUNGEN<br />

Ausführung der Haushaltswirtschaft<br />

unter<br />

Einhaltung der Haushaltssatzung<br />

und des<br />

Haushaltsplans sowie des<br />

Haushaltssicherungskonzeptes<br />

und der dazu<br />

ergangenen Bedingungen<br />

und Auflagen (vgl. § 75<br />

Absatz 2, §§ 76 und 80<br />

GO <strong>NRW</strong>).<br />

Ausführung der Haushaltswirtschaft<br />

unter<br />

Einhaltung der Haushaltssatzung<br />

und des<br />

Haushaltsplans sowie des<br />

Sanierungskonzeptes und<br />

der dazu ergangenen<br />

Bedingungen und Auflagen<br />

(vgl. § 75 Absatz 2<br />

und 7, §§ 76 und 80 GO<br />

<strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 382<br />

- Sicherung und Einziehung<br />

der Erträge und<br />

Einzahlungen;<br />

- Steigerung der Ertragskraft;<br />

- … ;<br />

- … ;<br />

- Sicherung und Einziehung<br />

der Erträge und<br />

Einzahlungen;<br />

- Steigerung der Ertragskraft;<br />

- … ;<br />

- … ;<br />

PRÜFFELDER<br />

passen,<br />

- Veränderungen des<br />

Vermögensstandes<br />

und der Verpflichtungen<br />

umsetzen,<br />

- geeignete Konsolidierungsmaßnahmen<br />

einleiten,<br />

- Haushaltsausgleich<br />

innerhalb der mittelfristigen<br />

Ergebnis-<br />

und Finanzplanung<br />

erreichen.<br />

- Aufwendungen und<br />

Auszahlungen nur im<br />

Rahmen der Ermächtigungen<br />

des Haushaltsplans<br />

und des<br />

Haushaltsrechts entstehen<br />

lassen,<br />

- Haushaltsmäßiges<br />

Veränderungspotential<br />

feststellen,<br />

- Leistungsziele und<br />

fachliche Ziele anpassen,<br />

- Strukturelle Veränderungen<br />

des Vermögensstandes,<br />

z.B. der<br />

Finanzvermögenswerte,<br />

und der Verpflichtungen,<br />

z.B. der<br />

Finanzverpflichtungen,<br />

umsetzen,<br />

- geeignete Konsolidierungsmaßnahmen<br />

einleiten,<br />

- Haushaltsausgleich<br />

innerhalb der gesetzlichen<br />

Frist erreichen.<br />

- Aufwendungen und<br />

Auszahlungen nur im<br />

Rahmen der Ermächtigungen<br />

des Haushaltsplans<br />

und des<br />

Haushaltsrechts entstehen<br />

lassen,<br />

- Haushaltsmäßiges<br />

Veränderungspotential<br />

feststellen,<br />

- Leistungsziele und<br />

fachliche Ziele anpassen,<br />

- Strukturelle Veränderungen<br />

des gesamten<br />

Vermögensstandes<br />

und der gesamten<br />

Verpflichtungen umsetzen,<br />

- geeignete Sanierungsmaßnahmen


STATUS<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Sicherung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

BEDINGUNGEN<br />

GEMEINDEORDNUNG 383<br />

PRÜFFELDER<br />

einleiten,<br />

- Forderungsverzicht<br />

durch Dritte.<br />

Abbildung 46 „Die Sicherung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft“<br />

2. Die Voraussetzungen für ein Haushaltssicherungskonzept<br />

Die Vorschrift bestimmt näher, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinde ein Haushaltssicherungskonzept<br />

aufzustellen hat. Sie knüpft einerseits an die Bestimmungen zum Haushaltsausgleich an, nach denen die Verringerung<br />

des Eigenkapitals durch Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage der aufsichtsbehördlichen Genehmigung<br />

bedarf (vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits besteht ein Zusammenhang zur mittelfristigen Ergebnis-<br />

und Finanzplanung, die im gemeindlichen Haushaltsplan enthalten ist (vgl. §§ 79 und 84 GO <strong>NRW</strong>). Mit dieser<br />

zusammenfassenden Darstellung der mehrjährigen Konsolidierung im Haushaltssicherungskonzept der Gemeinde<br />

soll erreicht werden, dass weitere Gefährdungen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft möglichst frühzeitig<br />

erkannt und von der Gemeinde geeignete Gegenmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Beseitigung bestehender<br />

Ursachen ergriffen werden.<br />

Das haushaltsrechtliche Instrument „Haushaltssicherungskonzept“ dient dabei nicht nur dazu, den Haushaltsausgleich<br />

zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder herzustellen, sondern auch die dauerhafte Leistungsfähigkeit der<br />

Gemeinde zu sichern bzw. wieder herzustellen. Die dazu örtlich notwendige Konsolidierung soll dabei durch das<br />

Haushaltssicherungskonzept eine konzeptionelle Grundlage sowie einen Rahmen erhalten. Gleichzeitig sollen<br />

darin aber auch die vorgesehenen Maßnahmen mit ihren voraussichtlichen Wirkungen zur Erreichung der gesetzlichen<br />

und örtlichen Zielsetzungen aufzeigt werden. Mit Blick auf den Konsolidierungszeitraum müssen dabei ein<br />

Korridor für Veränderungen eingeplant und/oder Alternativen im Rahmen der Umsetzung möglich sein.<br />

Die Gemeinde darf die Aufstellung ihres örtlichen Konzeptes jedoch nicht davon abhängig machen, ob eine Genehmigung<br />

des Konzeptes durch die Aufsichtsbehörde erreichbar ist. Sie muss vielmehr stetig das Ziel verfolgen,<br />

eine geordnete Haushaltswirtschaft wieder herzustellen und diese dauerhaft sicherzustellen. Andererseits hat die<br />

Gemeinde in ihrem Haushaltssicherungskonzept die Ausgangslage, die Ursachen der entstandenen Fehlentwicklung<br />

und deren vorgesehene Beseitigung zu beschreiben, um die vorgesehene Konsolidierung durchführbar und<br />

nachvollziehbar zu machen.<br />

Der Genehmigung eines Haushaltssicherungskonzeptes liegt im Unterschied zur (einfachen) Genehmigungspflicht<br />

nach § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> die Annahme zugrunde, die Gemeinde werde den Haushaltsausgleich nicht<br />

im nachfolgenden Haushaltsjahr wieder erreichen. Sie hat deshalb einerseits den nächstmöglichen Zeitpunkt zu<br />

bestimmen, bis zu dem der gesetzlich bestimmte Haushaltsausgleich wieder erreicht wird (vgl. § 75 Absatz 2 Satz<br />

1 GO <strong>NRW</strong>). Im gemeindlichen Haushaltssicherungskonzept soll aber auch aufgezeigt werden, wie nach der<br />

Umsetzung der Konsolidierungsmaßnahmen der gemeindliche Haushalt so gesteuert werden kann, dass dieser<br />

künftig dauerhaft ausgeglichen sein wird. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass die dauerhafte Leistungsfähigkeit<br />

bzw. die Aufgabenerfüllung der Gemeinde wieder gesichert ist (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In der Vorschrift sind in den Nummern 1 bis 3 des Absatzes 1 die Tatbestände aufgeführt, die jeweils die Pflicht<br />

zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes begründen. Sie beschreiben die Verringerung des Eigenkapitals<br />

der Gemeinde auf mehrere Arten, die jedoch nach der Art oder der Höhe jeweils so schwerwiegend sind,<br />

dass periodenübergreifende Maßnahmen durch ein Haushaltssicherungskonzept erforderlich werden. Dabei


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

kommt dem unverhältnismäßig hohen Vermögensverzehr nach Nummer 1 das gleiche Gewicht zu wie einer stetig<br />

„schleichenden“ Verringerung des Eigenkapitals nach den Nummern 2 und 3. Dabei ist zudem zu berücksichtigen,<br />

dass die Gemeinde bei einem unausgeglichenen Haushalt einen erheblichen Anteil ihres Eigenkapitals<br />

durch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage einsetzen darf (vgl. § 75 Absatz 2 und 3 GO <strong>NRW</strong>). Zudem<br />

löst eine Verringerung des gemeindlichen Eigenkapitals unterhalb der gesetzlich festgelegten Schwellenwerte<br />

des § 76 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> noch nicht die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

aus (vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3. Ursachen und Verpflichtung für ein Haushaltssicherungskonzept<br />

3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Im NKF können die Verpflichtung der Gemeinde zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes und die<br />

Ursache, die diese Pflicht auslöst, in unterschiedliche Haushaltsjahre fallen. In die Prüfung, ob eine Überschreitung<br />

der Schwellenwerte vorliegt, sind deshalb nicht nur das Haushaltsjahr, für das ein neuer Haushalt aufgestellt<br />

wird, sondern auch die folgenden drei Planungsjahre einzubeziehen. Die Tatbestände dieser Vorschrift können<br />

zudem auch gegeben sein, wenn die Gemeinde die Schwellenwerte in den dem Haushaltsjahr folgenden drei<br />

Planungsjahren der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung überschreitet. Der Ausweis eines negativen Jahresergebnisses<br />

in den betreffenden Jahresspalten des Ergebnisplans erfordert daher eine Überprüfung, ob und in<br />

welchem Umfang eine Verringerung der allgemeinen Rücklage voraussichtlich erforderlich wird. Diese Gegebenheiten<br />

sollte für die Gemeinde ein dringender Anlass sein, sachlich notwendige Konsolidierungsmaßnahmen nach<br />

Art, Umfang und zeitlicher Umsetzung festzulegen.<br />

Die Pflicht der Gemeinde, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen, beginnt i.d.R. ab dem Haushaltsjahr,<br />

wenn der Ergebnisplan ein negatives Jahresergebnis ausweist und in der aufzustellenden Haushaltssatzung eine<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage oberhalb eines Schwellenwertes festgelegt wird. Die Frist für den Zeitpunkt,<br />

zu dem der Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> wieder herzustellen ist, läuft dann ab diesem<br />

Haushaltsjahr. In den Fällen jedoch, in denen die Überschreitung eines Schwellenwertes voraussichtlich erst in<br />

einem der drei Planungsjahre der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung eintritt, beginnt die Frist zur Erreichung<br />

des Haushaltsausgleichs ab dem betreffenden Planungsjahr und nicht bereits ab dem Haushaltsjahr. Jedoch<br />

ist die Gemeinde bereits ab dem Haushaltsjahr verpflichtet, die notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen<br />

zu ergreifen bzw. einzuleiten.<br />

Im Falle einer Überschreitung der Schwellenwerte nach § 76 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> beginnt die Frist zur<br />

Erreichung des Haushaltsausgleichs ab dem Jahr zu laufen, in dem die Schwellenwerte zum zweiten Mal überschritten<br />

werden. Bei einem im letzten Jahr der mittelfristigen Ergebnis und Finanzplanung liegendes Ereignis,<br />

dass die Pflicht für ein Haushaltssicherungskonzept auslöst, kann ein Zeitraum bis zu dreizehn Jahren zur Wiedererreichung<br />

des Haushaltsausgleichs entstehen. Bei einem Haushalt für das Haushaltsjahr 2012 würde das<br />

Ereignis für ein Haushaltssicherungskonzept im Jahre 2015 liegen und der Haushaltsausgleich müsste dann<br />

spätestens im Jahres 2025 wieder erreicht sein. Der Konsolidierungszeitraum beginnt gleichwohl auch in diesem<br />

Fall mit dem Haushaltsjahr, für das die Haushaltssatzung aufgestellt wird. Er erstreckt sich dann allerdings über<br />

den Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung hinaus, ohne dass es in diesen Fällen eines besonderen<br />

individuellen Sanierungskonzeptes und der Genehmigung der Bezirksregierung bedarf.<br />

3.2 Besonderheiten bei drohender Überschuldung<br />

Die Gemeinde hat zur Sicherung ihrer dauerhaften Leistungsfähigkeit ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen,<br />

wenn bei der Aufstellung des Haushalts innerhalb des Zeitraumes der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

die allgemeine Rücklage voraussichtlich aufgebraucht wird (drohende Überschuldung). Diese mögliche<br />

GEMEINDEORDNUNG 384


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

haushaltswirtschaftliche Lage erfordert von der Gemeinde nicht nur sachgerechte Konsolidierungsmaßnahme. Es<br />

muss versucht werden, aus der laufenden Verwaltungstätigkeit eine höhere Ertragskraft zu erzielen und das Entstehen<br />

von Aufwendungen zu verringern. Dazu sind ggf. weitere Sanierungsmaßnahmen einzuleiten, die unmit-<br />

telbar zu Veränderungen der Vermögens- und Schuldenlage führen können, um z.B. haushaltsmäßige Belastungen<br />

aus der Nutzung von gemeindlichen Vermögensgegenständen zu minimieren.<br />

Ein gewichtiger Überprüfungsbereich sind dabei die finanziellen Vermögenswerte und Finanzverpflichtungen der<br />

Gemeinde. Es gilt, darüber einen Überblick zu gewinnen, um ein örtliches Veränderungspotential zur Vermeidung<br />

einer Überschuldung entwickeln zu können. Die finanziellen Vermögenswerte und Finanzverpflichtungen der<br />

Gemeinde sind i.d.R. aus Absprachen und Vereinbarungen der Gemeinde entstanden. Diese gemeindlichen<br />

Geschäftsvorfälle haben dabei zu einem gemeindlichen Finanzvermögen und beim Geschäftspartner der Gemeinde<br />

zu einer Finanzverpflichtung geführt oder umgekehrt.<br />

Die Ansätze in der gemeindlichen Bilanz sind aus diesem haushaltswirtschaftlichen Handeln entstanden, sodass<br />

die betreffenden Ansätze in der gemeindlichen Bilanz danach untersucht werden können, ob und in welchen<br />

Umfang diese Posten ein Veränderungspotential hinsichtlich der Vermeidung einer Überschuldung beinhalten. Es<br />

ist dazu erforderlich, die einzelnen Vermögensgegenstände und Verpflichtungen der Gemeinde sowie die dazugehörigen<br />

Zugänge und Abgänge nach Bilanzbereichen oder aufgabenbezogen zu beurteilen und zu bewerten.<br />

Aus der gemeindlichen Bilanz lässt sich dazu folgender Auszug für eine Überprüfung bilden (vgl. Abbildung).<br />

Gemeindliches Finanzvermögen und Finanzverpflichtungen<br />

FINANZVERMÖGENSWERTE<br />

- Anteile an verbundenen Unternehmen<br />

- Beteiligungen<br />

- Wertpapiere des Anlagevermögens<br />

- Ausleihungen<br />

- Öffentlich-rechtliche Forderungen<br />

- Privatrechtliche Forderungen<br />

- Wertpapiere des Umlaufvermögens<br />

- Liquide Mittel<br />

GEMEINDEORDNUNG 385<br />

FINANZVERPFLICHTUNGEN<br />

- Anleihen<br />

- Verbindlichkeiten aus Krediten für<br />

Investitionen<br />

- Verbindlichkeiten aus Krediten zur<br />

Liquiditätssicherung<br />

- Übrige Verbindlichkeiten<br />

- Sonstige Zahlungsverpflichtungen<br />

Abbildung 47 „Gemeindliches Finanzvermögen und Finanzverpflichtungen“<br />

In eine solche Überprüfung sind aber auch die derivativen Finanzinstrumente einzubeziehen, die z.B. als Optionsgeschäfte<br />

von der Gemeinde abgeschlossen wurden.<br />

3.3 Die Struktur der Konsolidierungsmaßnahmen<br />

Mit dem haushaltsrechtlichen Instrument „Haushaltssicherungskonzept“ soll die örtlich notwendige Konsolidierung<br />

eine konzeptionelle Grundlage sowie einen Rahmen erhalten. Gleichzeitig sollen darin aber auch die vorgesehenen<br />

Maßnahmen mit ihren voraussichtlichen Wirkungen zur Erreichung der gesetzlichen und örtlichen Zielsetzungen<br />

aufzeigt werden. Dabei besteht ein Zusammenhang zur mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung, die<br />

im gemeindlichen Haushaltsplan enthalten ist (vgl. §§ 79 und 84 GO <strong>NRW</strong>). Mit Blick auf den Konsolidierungszeitraum<br />

muss von der Gemeinde ein Korridor für Veränderungen eingeplant und/oder Alternativen im Rahmen der<br />

Umsetzung möglich sein.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde darf die Aufstellung ihres örtlichen Konzeptes jedoch nicht davon abhängig machen, ob eine Genehmigung<br />

des Konzeptes durch die Aufsichtsbehörde erreichbar ist. Sie muss vielmehr stetig das Ziel verfolgen,<br />

eine geordnete Haushaltswirtschaft wieder herzustellen und diese dauerhaft sicherzustellen. Mit der im örtlichen<br />

Haushaltssicherungskonzept zusammenfassenden Darstellung der mehrjährigen Konsolidierung soll auch erreicht<br />

werden, dass weitere Gefährdungen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft möglichst frühzeitig erkannt<br />

und geeignete Gegenmaßnahmen von der Gemeinde ergriffen werden. Das örtliche Haushaltssicherungskonzept<br />

soll auch durch Erläuterungen und örtliche Angaben einen Zusammenhang zwischen den Konsolidierungsmaßnahmen<br />

herstellen. Nachfolgend wird beispielhaft eine mögliche Struktur des gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes<br />

in seinen Grundzügen aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Konsoli-<br />

dierungsplanung<br />

Maß-<br />

nahme<br />

Nr. …<br />

Umsetzung<br />

Die Struktur des Haushaltssicherungskonzeptes<br />

Produktbereich<br />

……………..<br />

Hj<br />

…<br />

Hj<br />

…<br />

Hj<br />

…<br />

Umsetzung<br />

Produktbereich<br />

………………<br />

Hj<br />

…<br />

GEMEINDEORDNUNG 386<br />

Hj<br />

…<br />

Hj<br />

…<br />

Umsetzung<br />

Produktbereich<br />

………………<br />

Gepl. Gepl. Gepl.<br />

Neu Neu Neu<br />

Verä. Verä. Verä.<br />

Gepl. Gepl. Gepl.<br />

Neu Neu Neu<br />

Verä. Verä. Verä.<br />

Gepl. Gepl. Gepl.<br />

Neu Neu Neu<br />

Verä. Verä. Verä.<br />

Abbildung 48 „Die Struktur des Haushaltssicherungskonzeptes“<br />

Hj<br />

…<br />

Hj<br />

…<br />

Hj<br />

…<br />

Begrün-<br />

dungen/<br />

Erläute-<br />

rungen<br />

Weitere<br />

Gesamt-<br />

entwickl.<br />

Für das gemeindliche Haushaltssicherungskonzept bietet sich die gleiche produktorientierte Struktur an, die auch<br />

im Haushaltsplan der Gemeinde in Form von Teilplänen besteht. Aufbauend auf diesen Teilplänen, die mindestens<br />

nach den verbindlichen Produktbereichen aufzustellen sind, sofern die Gemeinde keine tiefergehende Gliederung<br />

vornimmt (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>), kann auch das gemeindliche Haushaltssicherungskonzept strukturiert<br />

werden. Ausgehend von den für das erste Jahr geplanten Maßnahmen (Gepl.) können dann in den folgenden<br />

Jahren neue Maßnahmen dazukommen oder die geplanten Maßnahmen vollständig oder teilweise ersetzen<br />

(Neu).<br />

Innerhalb der einzelnen Haushaltsjahre sollte dazu dann der Umfang der Veränderung als Betragsgröße in Euro<br />

angegeben werden. Im Rahmen der Angaben zur weiteren Gesamtentwicklung der Gemeinde können auch die<br />

durch die Konsolidierungsmaßnahmen erzeugten Wirkungen betragsmäßig in Euro angegeben werden. Bei<br />

mehrjährigen Maßnahmen ist es dabei geboten, die ermittelten Gesamtbeträge jahresbezogen aufzuteilen. Die im<br />

Zeitablauf erfolgte Umsetzung der örtlichen Konsolidierung lässt sich auf diese Weise der Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft besser zuordnen und nachvollziehbarer für deren Adressaten machen.<br />

3.4 Keine Verpflichtung durch Verrechnungen<br />

Die Gemeinde muss entstehende Erträge und Aufwendungen aus dem Abgang und der Veräußerung von Vermögensgegenständen<br />

und aus Wertminderungen von Finanzanlagen unmittelbar mit der allgemeinen Rücklage<br />

verrechnen. Derartige Erträge und Aufwendungen sind in der Weise in die gemeindliche Ergebnisrechnung einzubeziehen,<br />

dass diese nachrichtlich nach dem Jahresergebnis anzugeben sind. Die Erträge und Aufwendungen


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

berühren dadurch nicht die gemeindliche Haushaltsplanung. Ihr nachrichtlicher Ausweis im gemeindlichen Ergebnisplan<br />

steht dem nicht entgegen.<br />

Die Einbeziehung in den Ergebnisplan nach dem Jahresergebnis der Gemeinde bewirkt dabei nicht, dass solche<br />

Erträge und Aufwendungen der Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans im Rahmen der laufenden Verwaltungstätigkeit<br />

der Gemeinde zugerechnet und deshalb in die gemeindliche Haushaltssatzung einbezogen<br />

werden müssen. Die Erträge und Aufwendungen entstehen nicht im Rahmen des gemeindlichen Haushaltsplans<br />

und sind deshalb auch nicht in die Veranschlagung vor dem Jahresergebnis einzubeziehen. Die zulässigen Verrechnungen<br />

führen daher nicht zu einem höheren Jahresergebnis, aufgrund dessen die Schwellenwerte überschritten<br />

und die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes ausgelöst werden könnte.<br />

Eine mögliche Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes kann sich jedoch aufgrund der<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage durch die zulässigen Verrechnungen ergeben. Die haushaltsrechtliche<br />

Einordnung der Verrechnung baut auf der entsprechenden gesetzlichen Entscheidung des Landesgesetzgebers<br />

auf, auch wenn dieser die Regelung über die Verrechnung mit der allgemeinen Rücklage in der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

verankert hat.<br />

4. Die Haushaltssicherung im Jahresabschluss<br />

4.1 Die Aufstellungspflicht<br />

Für die Gemeinde kann die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes auch im Zeitpunkt der<br />

Bestätigung über den gemeindlichen Jahresabschluss durch den Bürgermeister entstehen (vgl. § 76 Absatz 1<br />

Satz 2 i.V.m. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Pflicht besteht dann ab dem Zeitpunkt, ab dem ein durch den Bürgermeister<br />

bestätigter Jahresabschluss für das abgelaufene Haushaltsjahr besteht, der ein entsprechendes Jahresergebnis<br />

aufweist, aufgrund dessen ein in dieser Vorschrift bestimmter Schwellenwert überschritten wird. Ein aus<br />

diesem Anlass aufzustellendes Haushaltssicherungskonzept wird dadurch jedoch nicht zum Bestandteil des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses.<br />

Die gesetzliche Bindung des Haushaltssicherungskonzeptes an den gemeindlichen Haushaltsplan bewirkt, dass<br />

ein solches Haushaltssicherungskonzept zum Bestandteil des nächsten der Bestätigung des Jahresabschlusses<br />

folgenden Haushaltsplans zu machen und dem entsprechenden Haushaltsjahr zuzuordnen ist (vgl. § 79 Absatz 2<br />

Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Ursache für die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes sowie dessen<br />

Bindung an den gemeindlichen Haushaltsplan bewirken dabei nicht, dass das bereits abgeschlossene Haushaltsjahr<br />

als Ursachenjahr für den Beginn der Frist zur Wiedererreichung des gemeindlichen Haushaltsausgleichs<br />

heranzuziehen ist.<br />

4.2 Der Nachweis der Konsolidierung<br />

Die notwendige Konsolidierung hat durch das Haushaltssicherungskonzept eine konzeptionelle Grundlage sowie<br />

einen Rahmen für die örtliche Umsetzung erhalten. Mit Blick auf den Konsolidierungszeitraum sollen dabei im<br />

Rahmen des jährlichen Jahresabschlusses die eingetretenen zweckbezogenen Ergebnisse aufgezeigt werden.<br />

Dadurch kann ein Korridor für Anpassungen eingeplant werden, sofern nicht Alternativen im Rahmen der Umsetzung<br />

geschaffen werden können. Die Gemeinde zeigt dabei durch die jahresbezogene Darstellung des Ergebnisses<br />

gleichzeitig auf, ob sie ihre Verpflichtung zum Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> erfüllt<br />

hat. Es bietet sich deshalb für die Gemeinde an, im Rahmen der jährlichen Haushaltssatzung den Ergebnisplan<br />

und beim gemeindlichen Jahresabschluss die Ergebnisrechnung zu ergänzen. Sie kann auch eine gesonderte<br />

Übersicht über den gesamten Konsolidierungszeitraum erstellen, damit die Konsolidierungsergebnisse mit den<br />

GEMEINDEORDNUNG 387


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

geplanten Ergebnissen in einer Zeitreihe verglichen werden können. Das nachfolgende Schema zeigt dies beispielhaft<br />

auf (vgl. Abbildung).<br />

Ist-Ergebnisse<br />

Ordentliches Ergebnis<br />

Finanzergebnis<br />

Ergebnis aus<br />

lfd. Verwaltungstätigkeit<br />

Außerordentliches Ergebnis<br />

Jahresergebnis<br />

Die Ergebnisse der Haushaltskonsolidierung<br />

Haus-<br />

halts-<br />

jahr<br />

TEUR<br />

ANGABEN ZUM KONSOLIDIERUNGSERFOLG:<br />

Gesamtbetrag der Erträge<br />

Gesamtbetrag der Aufwendungen<br />

Jahresüberschuss<br />

Geplanter Jahresüberschuss<br />

Differenz in Betrag und %<br />

Jahresfehlbetrag<br />

Geplanter Jahresfehlbetrag<br />

Differenz in Betrag und %<br />

Hj + 1<br />

TEUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 388<br />

Hj + 2<br />

TEUR<br />

Hj + 3<br />

TEUR<br />

Abbildung 49 „Die Ergebnisse der Haushaltskonsolidierung“<br />

Hj + …<br />

TEUR<br />

Hj + …<br />

Die Ergänzung des gemeindlichen Ergebnisplans und der Ergebnisrechnung ist dabei im notwendigen Umfang zu<br />

erläutern. Dabei sind zu den Angaben weitere Informationen zu Anpassungen, aber auch zur Aufrechterhaltung<br />

der Konsolidierungsplanung zu geben. Die Gemeinde sollte ggf. auch Vorjahre des Haushaltsjahres in die Übersicht<br />

einbeziehen.<br />

5. Die Beteiligung der Öffentlichkeit<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen ist für die Bürgerinnen und Bürger bis zum Ende der Einsichtnahme<br />

in den gemeindlichen Jahresabschluss verfügbar zu halten und nicht nur an wenigen Tagen auszulegen<br />

(vgl. § 80 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Zu Anlagen gehört vergleichbar dem Haushaltssicherungskonzept auch ein<br />

gemeindliches Sanierungskonzept, das zur Beseitigung der eingetretenen Überschuldung von der Gemeinde<br />

TEUR


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

aufgestellt wird. Das Zusammenführen von gemeindlichem Sanierungskonzept bzw. Haushaltsplanung der Gemeinde<br />

mit dem Jahresabschluss des gleichen Haushaltsjahres macht die vorgesehenen Schritte und Maßnahmen<br />

zur Beseitigung der eingetretenen Überschuldung transparent und erleichtert den Überblick über die im<br />

Haushaltsjahr dazu erzielten Erfolge. Der Zeitraum von insgesamt etwa drei Jahren, in dem anfangs nur der<br />

Haushaltsplan und später auch der Jahresabschluss für die Bürger zur Einsichtnahme verfügbar gehalten werden<br />

müssen, eröffnet neue Möglichkeiten des Nachvollziehens der gemeindlichen Zielerreichung im jeweiligen Haushaltsjahr.<br />

6. Das Risikofrüherkennungssystem<br />

6.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die Verantwortlichen in der Gemeinde benötigen für ihre Steuerung auch Daten und Angaben zur Risikorelevanz<br />

bei der Planung und Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Es soll dabei grundsätzlich eine<br />

auf die Gemeinde bezogene qualitativ hochwertige Risikoanalyse und Risikobewertung möglich sein. Jede Gemeinde<br />

muss daher prüfen, ob sie ein Risikofrüherkennungssystem einrichtet, wie es für Eigenbetriebe vorgeschrieben<br />

ist (vgl. § 10 Absatz 1 EigVO <strong>NRW</strong>). Sie sollte dabei berücksichtigen, dass im Lagebericht, der dem<br />

gemeindlichen Jahresabschluss beizufügen ist, auch über die Risiken für die wirtschaftliche Lage der Gemeinde<br />

berichtet werden soll.<br />

Zur Risikofrüherkennung gehören insbesondere eine ausreichende Risikoidentifikation und eine sachgerechte<br />

steuerungsrelevante Risikobewertung. Außerdem gehören die Maßnahmen der Risikobewältigung einschließlich<br />

der Risikokommunikation, die Risikoüberwachung bzw. die Risikofortschreibung und die Dokumentation<br />

dazu. Bei einer ganzheitlichen Betrachtung kann damit der Gemeinde ein geeignetes und umsetzbares Risikomanagement<br />

zur Verfügung stehen. Die Gemeinde sollte den Begriff „Risiko“ unter Berücksichtigung der örtlichen<br />

Gegebenheiten definieren. Der Begriff „Risiko“ kann dabei grundsätzlich nicht nur für negative Abweichungen<br />

von der gemeindlichen Planung im Sinne einer Gefahr für einen möglichen Verlust benutzt werden. Er kann<br />

aber gleichwohl auch die Chancen für die Gemeinde als eine positive Abweichung mit beinhalten.<br />

Eine ständige Beobachtung möglicher Risikoquellen und ihre Veränderungen ist dafür durch die Gemeinde<br />

unerlässlich, z. B. der Geld- und Kreditmarkt, die Energiemärkte. Aber auch die Entwicklungen im staatlichen<br />

Steuerrecht und die europäischen Entwicklungen sowie die Veränderungen im allgemeinen Geschäftsverkehr<br />

können Anlässe für Risiken und Chancen der Gemeinde darstellen. Vor dem Hintergrund, dass die Gemeinde<br />

verpflichtet ist, ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten und ihre stetige Aufgabenerfüllung zu sichern, ist ein gemeindliches<br />

Überwachungssystem, das es ermöglicht, etwaige bestandsgefährdende wirtschaftliche Entwicklungen<br />

für die Gemeinde frühzeitig zu erkennen, hilfreich.<br />

6.2 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Risikoüberwachung<br />

Die Ziele und Zwecke eines gemeindlichen Risikofrüherkennungssystems machen es in Abhängigkeit von den<br />

örtlichen Gegebenheiten der Gemeinde sachlich erforderlich, die Grundsätze ordnungsmäßiger Risikoüberwachung<br />

zu beachten. Diese Grundsätze haben sich in der Betriebswirtschaftslehre und durch die Anwendung in<br />

der Privatwirtschaft entwickelt und lassen sich im Rahmen des NKF auf die für die Gemeinde übertragen. Solche<br />

allgemeinen Grundsätze verhindern dabei nicht, dass sich aus den örtlichen Besonderheiten der Gemeinden<br />

heraus noch zusätzliche Anforderungen an ein Risikofrüherkennungssystem ergeben können.<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Risikoüberwachung werden in allgemeine und besondere Grundsätze untergliedert.<br />

Die allgemeinen Grundsätze beinhalten allgemeine Handlungsvorgaben, die im Zusammenhang mit<br />

einer pflichtgemäßen Risikoüberwachung stehen. Die besonderen Grundsätze füllen die Handlungsempfehlun-<br />

GEMEINDEORDNUNG 389


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

gen zur Ausgestaltung eines Risikoüberwachungssystems weiter aus und müssen und sich den allgemeinen<br />

Grundsätzen unterordnen. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Risikoüberwachung werden nachfolgend aufgezeigt<br />

(vgl. Abbildung).<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Risikoüberwachung (GoR)<br />

Grundsatz<br />

der Gesetzmäßigkeit<br />

Grundsatz<br />

der Ordnungsmäßigkeit<br />

und Systematik<br />

Grundsatz<br />

der Wirtschaftlichkeit<br />

Grundsatz<br />

der Risikostrategiebestimmung<br />

Grundsatz der Einrichtung<br />

einer Organisationsstruktur<br />

Grundsatz<br />

der vollständigen Risikoermittlung<br />

Grundsatz<br />

der vorsichtigen Risikobewertung<br />

Grundsatz<br />

der Wesentlichkeit<br />

Grundsatz<br />

der Kommunikation<br />

Grundsatz<br />

der Dokumentation<br />

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE<br />

GEMEINDEORDNUNG 390<br />

Der Grundsatz, der die Forderungen nach Kenntnis, Beachtung<br />

und entsprechender Überwachung aller gesetzlichen<br />

und rechtlichen Regelungen umfasst.<br />

Der Grundsatz, der verlangt, dass das Risikoüberwachungssystem<br />

klar und übersichtlich sein muss sowie einer Ordnung<br />

bzw. eine Struktur besitzen muss, damit z.B. der Entstehungsbereich<br />

von Risiken eindeutig erkennbar wird.<br />

Der Grundsatz, damit die gewählten Maßnahmen die beste<br />

Alternative für die Gemeinde darstellen und Chancen und<br />

Risiken angemessen gegeneinander abgewogen werden.<br />

BESONDERE GRUNDSÄTZE<br />

Der Grundsatz, der Vorgaben verlangt, wie in der Gemeinde<br />

mit Risiken umzugehen ist, z.B. welche Risiken eingegangen<br />

werden können, in welchem Verhältnis Chancen und<br />

Risiken zueinanderstehen sollen.<br />

Der Grundsatz, der verlangt, Strukturen und Systeme zu<br />

schaffen, anhand dessen sich die einzelnen Risikostrategievorgaben<br />

umsetzen und ggf. neu ausrichten lassen.<br />

Der Grundsatz, der beinhaltet, dass das Risikoüberwachungssytem<br />

so auszugestalten ist, dass möglichst alle<br />

Risiken aus sämtlichen Aufgabenbereichen der Gemeinde<br />

erfasst werden.<br />

Der Grundsatz, der eine systematische Aufarbeitung der<br />

Grundlagendaten verlangt, sodass ihre Relevanz für die<br />

Risiken und Chancen der Gemeinde erkennbar wird.<br />

Der Grundsatz, der verlangt, die Informationen aus den<br />

gesammelten und bewerteten gemeindlichen Daten auf den<br />

wesentlichen Kern hinsichtlich der ermittelten Risiken zu<br />

beschränken und eine Überfrachtung zu vermeiden.<br />

Der Grundsatz, der verlangt, gemeindeintern die Voraussetzungen<br />

dafür zu schaffen, dass risikobehaftete Sachverhalte<br />

zeitnah der Verwaltungsführung zur Kenntnis gelangen, ggf.<br />

je nach Risikosachverhalt eine Abstufung nach sachlichen<br />

Risikoklassen zuzulassen.<br />

Der Grundsatz, der verlangt, dass sämtliche ergriffenen<br />

Maßnahmen in Schriftform niedergelegt oder in der Datenverarbeitung<br />

dokumentativ erfasst werden, um die Einhaltung<br />

von Überwachungsmaßnahmen zu gewährleisten bzw.<br />

sicherzustellen und einer Nachweispflicht zu genügen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Risikoüberwachung (GoR)<br />

Grundsatz<br />

der Stetigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 391<br />

Der Grundsatz, der eine Stetigkeit der Methoden zur Ermittlung<br />

risikorelevanter Sachverhalte verlangt, um einen Vergleich<br />

in einer Zeitreihe zu ermöglichen, sodass Abweichungen<br />

im Zeitablauf und die hierfür maßgeblichen Erwägungen<br />

erkennbar und nachvollziehbar werden.<br />

Abbildung 50 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Risikoüberwachung (GoR)“<br />

6.3 Die Ausgestaltung eines Risikofrüherkennungssystems<br />

6.3.1 Allgemeine Bedingungen<br />

Die Ausgestaltung eines gemeindlichen Risikofrüherkennungssystems, bei der alle Aufgabenbereiche der Gemeinde<br />

zu berücksichtigen sind, ist u.a. auch von den örtlichen Gegebenheiten der Gemeinde, z.B. der Gemeindegröße,<br />

der Organisation der Verwaltung, der haushaltswirtschaftlichen Lage, abhängig. Aus solchen<br />

Bedingungen können sich durchaus auch verschiedene Anforderungen an ein gemeindliches Risikofrüherkennungssystem<br />

ergeben. Es sind deshalb keine konkreten landesweiten Systemvorgaben sachgerecht, denn die<br />

Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Risikos hängt von der Risikoakzeptanz<br />

und den örtlichen Gegebenheiten in der einzelnen Gemeinde ab.<br />

Für die Wirksamkeit und den Erfolg eines Risikofrüherkennungssystems ist auch die in der Gemeinde vorhandene<br />

Risikokultur und Risikopolitik sowie das vorhandene Risikobewusstsein von wesentlicher Bedeutung. Bei<br />

der Ausgestaltung eines Risikofrüherkennungssystems sollen deshalb auch die Vor- und Nachteile ausreichend<br />

abgewogen sowie die Besonderheiten der Gemeinde berücksichtigt werden. Dieser Prozess soll nachvollziehbar<br />

und verständlich sein. Ein gemeindliches Risikofrüherkennungssystem muss zudem auch ausreichend dokumentiert<br />

werden. Der Gemeinde obliegt dabei die Prüfung und eigenverantwortliche Entscheidung, ihr Risikofrüherkennungssystem<br />

in weiteren Entwicklungsschritten in ein „Gesamtrisikofrüherkennungssystem“ zu überführen.<br />

Die ggf. bestehende Verpflichtung der Betriebe der Gemeinde, ein eigenes Risikofrüherkennungssystem<br />

einzurichten, bleibt davon grundsätzlich unberührt (vgl. § 10 Absatz 1 EigVO <strong>NRW</strong>).<br />

6.3.2 Besondere Inhalte<br />

Die Ausgestaltung eines gemeindlichen Risikofrüherkennungssystems sollte sich an der Art und dem Umfang<br />

sowie der Struktur der von der Gemeinde übernommenen Risiken, aber auch an der örtlichen Risikosteuerung<br />

orientieren. So gilt es u.a. für die Gemeinde, die mit dem Risikofrüherkennungssystem verbundenen Aufgaben<br />

klar zu definieren und gegeneinander abzugrenzen, die Verantwortlichkeiten innerhalb der gemeindlichen Verwaltung<br />

im Einzelnen festzulegen und die Effektivität und Effizienz des eingerichteten Systems einer regelmäßigen<br />

Überwachung zu unterziehen. Es sollte zudem sichergestellt werden, dass geeignete Verfahren benutzt<br />

werden, um wesentliche Risiken frühzeitig zu erkennen. Auch müssen zeitnahe Anpassungen und Weiterentwicklungen<br />

möglich sein, wenn sich externe und/oder interne Rahmenbedingungen verändert haben.<br />

Die vorzunehmende Risikobewertung durch die Gemeinde mit den zugrunde gelegten Annahmen und Daten<br />

sowie den daraus gezogenen Schlussfolgerungen für die Gemeinde sollte ausreichend und nachvollziehbar<br />

dokumentiert werden. Die gemeindliche Risikosteuerung umfasst dabei die von der Gemeinde getroffenen<br />

Maßnahmen über den Umgang mit den ermittelten Risiken und deren Bewertung sowie die Festlegung und<br />

Bemessung der Übernahme von Risiken durch die Gemeinde unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Leis-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

tungsfähigkeit. Aus solchen Gegebenheiten folgt insgesamt, dass die Ergebnisse aus einem Risikofrüherkennungssystem<br />

nicht im Widerspruch zur Geschäftstätigkeit der Gemeinde stehen sollen.<br />

6.4 Die Einbeziehung in die Jahresabschlussprüfung<br />

Das gemeindliche Risikofrüherkennungssystem ist grundsätzlich in die gemeindliche Jahresabschlussprüfung<br />

einzubeziehen. In dieser Prüfung gilt es zu beurteilen, ob das von der Gemeinde eingerichtete System mit dem<br />

Umfang, der Art und der Komplexität der von der Gemeinde eingegangenen Risiken in Einklang steht. Dabei ist<br />

auch die örtliche Umsetzung hinsichtlich ihrer Angemessenheit zu prüfen. Die Prüfung der internen Berichterstattung<br />

im Rahmen des örtlichen Risikomanagements sowie die Überwachung des gemeindlichen Risikofrüherkennungssystems<br />

sind ebenfalls zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses sollte daher auch Ausführungen zu den wesentlichen<br />

Ergebnissen der Prüfung des gemeindlichen Risikofrüherkennungssystems enthalten.<br />

7. Das Stärkungspaktgesetz<br />

Mit dem „Gesetz zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts<br />

Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz)“ vom 09.12.2011 stellt das Land in den Jahren 2011 bis 2020 den Gemeinden,<br />

die sich in einer besonders schwierigen Haushaltssituation befinden, besondere Konsolidierungshilfen<br />

zur Verfügung. Das Ziel dabei ist es, bei den Gemeinden den Haushaltsausgleich wieder herzustellen und<br />

nachhaltig bzw. dauerhaft zu sichern. Die Verteilung der Landesmittel an die beteiligten Gemeinden richtet sich<br />

u.a. nach der „strukturellen Lücke“ zuzüglich der Zinslasten aus Krediten zur Liquiditätssicherung. Der Begriff<br />

„strukturelle Lücke“ ist dabei nicht mit dem Jahresfehlbetrag in der gemeindlichen Ergebnisrechnung identisch.<br />

Vielmehr soll dieser Begriff einen jahresbezogenen Status der Gemeinde ohne konjunkturelle Einflüsse darstellen<br />

und eine Grundlage für die Verteilung der Landesmittel bieten.<br />

Das Gesetz sieht dafür ein auf zehn Jahre befristetes Konsolidierungsprogramm vor. Dabei dem zwischen<br />

pflichtigen teilnehmenden Gemeinden (1. Stufe) und den freiwillig teilnehmenden Gemeinden (2. Stufe) unterschieden.<br />

Die Gemeinden der 1. Stufe müssen den Haushaltsausgleich unter Einbeziehung der Konsolidierungshilfe<br />

des Landes spätestens ab dem Jahre 2016 wieder erreichen. Die Gemeinden der 2. Stufe spätestens<br />

ab dem Jahre 2017. Alle diese Gemeinden sollen dann den jährlichen Haushaltsausgleich wieder eigenständig<br />

ohne die Konsolidierungshilfe des Landes ab dem Jahre 2021 erreichen. Wichtige Eckpunkte des Gesetzes<br />

über die Pflichten der Gemeinden und Aufsichtsbehörden werden nachfolgend vorgestellt (vgl. Abbildung).<br />

VORSCHRIFT<br />

§ 6<br />

Haushaltssanierungsplan<br />

Das Stärkungspaktgesetz<br />

GEMEINDEORDNUNG 392<br />

REGELUNGSINHALT<br />

(1) Die pflichtig teilnehmenden Gemeinden müssen der Bezirksregierung bis zum<br />

30. Juni 2012 einen vom Rat beschlossenen Haushaltssanierungsplan vorlegen.<br />

Die auf Antrag teilnehmenden Gemeinden legen den vom Rat beschlossenen<br />

Haushaltssanierungsplan bis zum 30. September 2012 vor.<br />

(2) Der Haushaltsanierungsplan bedarf der Genehmigung der Bezirksregierung.<br />

Die Genehmigung kann nur unter folgenden Voraussetzungen erteilt werden:<br />

1. Im Haushaltssanierungsplan wird der Haushaltsausgleich gemäß § 75 Absatz 2<br />

Satz 1 und 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen unter Einbeziehung<br />

der Konsolidierungshilfe zum nächstmöglichen Zeitpunkt und von diesem<br />

Zeitpunkt an jährlich, bei pflichtig teilnehmenden Gemeinden in der Regel<br />

spätestens ab dem Jahr 2016 und bei auf Antrag teilnehmenden Gemeinden in der<br />

Regel spätestens ab dem Jahr 2018, erreicht. Der Haushaltssanierungsplan muss<br />

das Erreichen des Haushaltsausgleichs in gleichmäßigen jährlichen Schritten<br />

darstellen. Eine Darstellung in unterschiedlich großen jährlichen Schritten ist zu-


VORSCHRIFT<br />

§ 7<br />

Überwachung des<br />

Haushaltssanierungsplans<br />

und Berichtspflichten<br />

§ 8<br />

Folgen<br />

von Pflichtverstößen<br />

§ 9<br />

Unterstützung<br />

durch die<br />

Gemeindeprüfungsanstalt<br />

§ 10<br />

Verfahren und Zuständigkeit<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Stärkungspaktgesetz<br />

GEMEINDEORDNUNG 393<br />

REGELUNGSINHALT<br />

lässig, sofern die Bezirksregierung zustimmt. Die zum Erreichen der jährlichen<br />

Schritte notwendigen Teilziele werden im Haushaltssanierungsplan als Meilensteine<br />

dargestellt.<br />

2. Nach dem Haushaltssanierungsplan wird der Haushaltsausgleich spätestens im<br />

Jahr 2021 ohne Konsolidierungshilfe erreicht. Die jährlichen Konsolidierungsschritte<br />

müssen nach erstmaligem Erreichen des Haushaltsausgleichs einen degressiven<br />

Abbau der zum Haushaltsausgleich erforderlichen Konsolidierungshilfe vorsehen.<br />

3. Sämtliche möglichen Konsolidierungsbeiträge der verselbständigten Aufgabenbereiche<br />

der Gemeinde in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form werden<br />

geprüft und in den Haushaltssanierungsplan mit einbezogen.<br />

(3) Der Haushaltssanierungsplan ist jährlich fortzuschreiben und der Bezirksregierung<br />

spätestens am 1. Dezember vor Beginn des Haushaltsjahres zur Genehmigung<br />

vorzulegen.<br />

(4) Der genehmigte Haushaltssanierungsplan tritt an die Stelle des Haushaltssicherungskonzepts<br />

und des individuellen Haushaltssanierungskonzepts nach § 76<br />

der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen. Die Vorschriften über<br />

das Haushaltssicherungskonzept gelten für den Haushaltssanierungsplan entsprechend,<br />

soweit dieses Gesetz keine abweichenden Regelungen trifft.<br />

(1) Die Einhaltung des Haushaltssanierungsplans wird von der Bezirksregierung<br />

überwacht. Der Bürgermeister der Gemeinde ist verpflichtet, der Bezirksregierung<br />

jährlich mit der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen spätestens einen Monat vor<br />

Beginn des Haushaltsjahres, im laufenden Haushaltsjahr zum 30. Juni und zum<br />

15. April des Folgejahres mit dem bestätigten Jahresabschluss jeweils einen Bericht<br />

zum Stand der Umsetzung des Haushaltssanierungsplans vorzulegen.<br />

(2) Die Bezirksregierung legt dem für <strong>Kommunales</strong> zuständigen Ministerium jährlich<br />

zum Stand 30. Juni einen Bericht über die Einhaltung des Haushaltssanierungsplans<br />

vor.<br />

(1) Kommt die Gemeinde ihrer Pflicht zur Vorlage des Haushaltssanierungsplans<br />

nicht nach, weicht sie vom Haushaltssanierungsplan ab oder werden dessen Ziele<br />

aus anderen Gründen nicht erreicht, setzt die Bezirksregierung der Gemeinde eine<br />

angemessene Frist, in deren Lauf die Maßnahmen zu treffen sind, die notwendig<br />

sind, um die Vorgaben dieses Gesetzes und die Ziele des Haushaltssanierungsplans<br />

einzuhalten. Sofern die Gemeinde diese Maßnahmen innerhalb der gesetzten<br />

Frist nicht ergreift, ist durch das für <strong>Kommunales</strong> zuständige Ministerium ein<br />

Beauftragter gemäß § 124 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-<br />

Westfalen zu bestellen.<br />

(2) Bei nicht absehbaren und von der Gemeinde nicht zu beeinflussenden erheblichen<br />

Veränderungen der finanziellen Situation der Gemeinde kann die Bezirksregierung<br />

eine Anpassung des Haushaltssanierungsplans genehmigen.<br />

Die teilnehmenden Gemeinden können sich bei der Erarbeitung und Umsetzung<br />

des Haushaltssanierungsplans von der Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-<br />

Westfalen unterstützen lassen.<br />

(1) Die Bezirksregierung setzt durch Verwaltungsakt<br />

1. die pflichtig und die auf Antrag teilnehmenden Gemeinden und<br />

2. die Höhe der jährlichen Konsolidierungshilfe fest.<br />

(2) Zuständig ist die örtlich zuständige Bezirksregierung.<br />

Abbildung 51 „Das Stärkungspaktgesetz“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs einen Haushaltssanierungsplan aufzustellen,<br />

in dem dazu die örtlichen Maßnahmen benannt werden und aufgezeigt wird, in welchen Schritten der gemeindliche<br />

Haushaltsausgleich wiedererreicht werden soll. Sie hat den Sanierungsplan eigenverantwortlich aufzustel-<br />

len und kann sich bei der Erstellung und Umsetzung von der Gemeindeprüfungsanstalt unterstützen lassen. Die<br />

Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde hat das gemeindliche Konzept zu genehmigen und hat die Einhaltung zu<br />

überwachen. Bei dringendem Bedarf sind Änderungen mit der Genehmigung der Aufsichtsbehörde zulässig.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes):<br />

1.01 Die Zwecke der gemeindlichen Pflicht<br />

Die gemeindliche Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes entsteht nach der Vorschrift vorrangig<br />

aufgrund der gemeindlichen Haushaltsplanung. Die Gemeinde hat daher im Rahmen der Aufstellung ihrer<br />

Haushaltssatzung mit Anlagen zu prüfen, ob zu diesem Zeitpunkt ein Sachverhalt gegeben ist, der diese Pflicht<br />

auslöst. Vor diesem Hintergrund ist gesetzlich bestimmt worden, dass das Haushaltssicherungskonzept ein Teil<br />

des gemeindlichen Haushaltsplans ist (vgl. § 79 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Mit dieser Vorgabe soll einerseits<br />

gewährleistet werden, dass das gemeindliche Haushaltssicherungskonzept im Zusammenspiel mit dem Haushaltsplan<br />

der Gemeinde umgesetzt wird. Andererseits wirken sich die im Haushaltssicherungskonzept festgelegten<br />

Konsolidierungsmaßnahmen unmittelbar auf die Ausführung des im Haushaltsplan enthaltenen Ergebnisplans<br />

und des Finanzplans sowie auf die Teilpläne für das neue Haushaltsjahr aus.<br />

Die Bindung des Haushaltssicherungskonzeptes an den gemeindlichen Haushaltsplan bewirkt, dass im Rahmen<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses ein Haushaltssicherungskonzept zum Bestandteil des Haushaltsplans des<br />

nächsten der Bestätigung des Jahresabschlusses folgenden Haushaltsjahres zu machen ist. Es kann wegen der<br />

erfolgten Beschlussfassung des Rates über die Haushaltssatzung des laufenden Haushaltsjahres i.d.R. nicht<br />

mehr zum Bestandteil des Haushaltsplans für das laufende Haushaltsjahr gemacht werden, sofern nicht noch im<br />

Haushaltsjahr eine Nachtragssatzung zu erlassen ist.<br />

Die Pflicht der Gemeinde, beim Überschreiten der in der Vorschrift bestimmten Schwellenwerte ein Haushaltssicherungskonzept<br />

aufzustellen, lässt dabei nicht zu, die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzung jeweils nur<br />

streng getrennt nach Zeitpunkten (Sätze 1 und 2) zu betrachten. Vielmehr gebieten es die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

sowie die mit der Aufstellung des Haushaltssicherungskonzeptes verbundenen Ziele und Zwecke,<br />

dass eine Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes auch dann entsteht, wenn<br />

die Schwellenwerte im Jahresabschluss und in der Haushaltsplanung des nächsten Haushaltsjahres überschritten<br />

werden.<br />

In diesem Zusammenhang gilt die Pflicht, den Haushaltsausgleich wieder herzustellen, nicht einschränkungslos.<br />

Der dafür zu bestimmende nächstmögliche Zeitpunkt ist auch unter Berücksichtigung des Zumutbaren festzulegen.<br />

Mit diesem Zeitpunkt ist nicht nur ein rein theoretischer Zeitpunkt gemeint, sondern ein Zeitpunkt, der unter<br />

Berücksichtigung der Pflichten und Möglichkeiten der Gemeinde erreichbar ist. Dieses Verhalten der Gemeinde<br />

bestimmt sich aber auch nach den rechtlichen Vorgaben, die bestimmte Handlungen der Gemeinde und die Beachtung<br />

der Haushaltsgrundsätze verlangen. Dabei gilt für die Gemeinde, dass realisierbare Maßnahmen nicht in<br />

künftige Haushaltsjahre verschoben werden dürfen, auch wenn ein allgemeiner Zeitrahmen von 10 Jahren zur<br />

Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs bestimmt worden ist. Aus der gesamten Sachlage kann der Schluss<br />

gezogen werden, dass der Handlungsspielraum einer Gemeinde umso geringer ist, je größer das Haushaltsdefizit<br />

ist und je öfter ein solches in den vergangenen Haushaltsjahren aufgetreten ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 394


1.02 Die HSK-Bezugsgrößen<br />

1.02.1 Die HSK-Bezugsgröße „Schlussbilanz<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Die gemeindliche Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes erfordert allgemeine Abgrenzungskriterien,<br />

damit möglichst objektiv und nachvollziehbar das Vorliegen dieser Pflicht bestimmt werden kann. Die<br />

Vorschrift benennt daher in diesem Zusammenhang die Bezugsgröße „Schlussbilanz“, damit aufgrund dieser<br />

Größe festgestellt werden kann, ob in der Vorschrift benannte Schwellenwerte im Einzelfall überschritten werden.<br />

Unter dem haushaltsrechtlichen Begriff „Schlussbilanz“ ist dabei die Bilanz im gemeindlichen Jahresabschluss zu<br />

verstehen, denn diese wird zum Schluss des gemeindlichen Haushaltsjahres, bezogen auf den Stichtag „31.<br />

Dezember des Haushaltsjahres“ aufgestellt (vgl. §§ 37 und 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese Bilanz erhält eine örtliche<br />

Verbindlichkeit, denn sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil des vom Rat der Gemeinde festgestellten Jahresabschlusses<br />

(vgl. § 96 GO <strong>NRW</strong>). Für die Feststellung einer Überschreitung der in der Vorschrift bestimmten<br />

Schwellenwerte stellt die Bilanz daher eine geeignete Basis dar. Die Gemeinde ist nach den haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften nicht verpflichtet, eine weitere förmliche Bilanz in Form einer „Ergebnisverwendungsbilanz“, bezogen<br />

auf das abgelaufene Haushaltsjahr, aufzustellen.<br />

1.02.2 Die HSK-Bezugsgröße „Allgemeine Rücklage“<br />

Die Vorschrift benennt als weiteres Abgrenzungskriterium für die gemeindliche Pflicht zur Aufstellung eines<br />

Haushaltssicherungskonzeptes die Bezugsgröße „Allgemeine Rücklage“. Diese Bezugsgröße steht unmittelbar<br />

mit der Bilanz im gemeindlichen Jahresabschluss (Schlussbilanz) in Verbindung, denn in dieser Bilanz wird die<br />

„Allgemeine Rücklage“ als gesonderter Bilanzposten ausgewiesen. Bei der Nutzung dieser Bezugsgröße ist jedoch<br />

der Stand des Feststellungsverfahrens des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde<br />

zu beachten. Erst nach der vom Rat getroffenen Entscheidung über die Verwendung des gemeindlichen Jahresergebnisses<br />

(vgl. § 96 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>) liegt ein gesicherter Bestand der allgemeinen Rücklage vor.<br />

Der Abschluss des Haushaltsjahres bzw. der Schlussstand der Abbildung des bilanziellen Standes des gemeindlichen<br />

Vermögens und der Schulden ist erst dann vollständig gegeben, wenn die zuvor noch möglichen Verrechnungen<br />

innerhalb der gemeindlichen Bilanz abgeschlossen sind. Zuvor wird im Bilanzbereich „Eigenkapital“ in der<br />

gemeindlichen Bilanz regelmäßig noch der Jahresüberschuss oder der Jahresfehlbetrag gesondert ausgewiesen.<br />

Nach der Verrechnung ist dann der bilanzielle Wertansatz des Bilanzpostens „Allgemeine Rücklage“ die Bezugsgröße,<br />

durch die „der in der Schlussbilanz des Vorjahres auszuweisende Ansatz der allgemeinen Rücklage“ zutreffend<br />

erfasst und abgebildet wird. In den Fällen, in denen in der gemeindlichen Bilanz im Jahresabschluss die<br />

Ergebnisverwendung bereits ausgewiesen ist, hat die Gemeinde das aus der Verrechnung entstandene Ergebnis<br />

unter dem zusätzlichen Bilanzposten „Bilanzgewinn/Bilanzverlust“ anzusetzen. Dieser Bilanzposten ist in der<br />

Bilanz nach dem Posten „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“ anzusetzen. Die Gemeinde ist jedoch nach den<br />

haushaltsrechtlichen Vorschriften nicht verpflichtet, eine solche förmliche „Ergebnisverwendungsbilanz“ aufzustellen.<br />

Es bedarf aber mindestens im Rahmen der Feststellung der Pflicht zur Aufstellung von Haushaltssicherungskonzepten<br />

derartiger bilanzieller Angaben, um eine mögliche Überschreitung der gesetzlichen Schwellenwerte<br />

zutreffend beurteilen zu können.<br />

1.1 Zu Satz 1 (Schwellenwerte für Haushaltssicherungskonzepte):<br />

1.1.1 Zu Nummer 1 (Veränderung des Haushalts im Haushaltsjahr):<br />

Mit dieser Bestimmung wird ein Schwellenwert für eine erhebliche Veränderung des gemeindlichen Haushalts im<br />

Rahmen der Bewirtschaftung im Haushaltsjahr festgelegt. Die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungs-<br />

GEMEINDEORDNUNG 395


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

konzeptes für die Gemeinde entsteht, wenn durch Veränderungen des Haushalts innerhalb eines Haushaltsjahres<br />

der in der Schlussbilanz des Vorjahres auszuweisende Ansatz der allgemeinen Rücklage (vgl. § 41 Absatz 4<br />

Nummer 1.1 GemHVO <strong>NRW</strong>) um mehr als ein Viertel zu verringern ist. Ein solcher Fall kann eintreten, wenn in<br />

der Ergebnisrechnung für das Haushaltsjahr ein entsprechender Jahresfehlbetrag auszuweisen ist und neben<br />

einer ggf. noch möglichen Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage auch eine Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage notwendig wird. Zur Bewirtschaftung des gemeindlichen Haushalts zählen dabei alle Maßnahmen und<br />

Geschäftsvorfälle der Gemeinde, die haushaltsmäßige Auswirkungen haben.<br />

Die Veränderung des gemeindlichen Haushalts im Haushaltsjahr kann aber auch so groß sein, dass es nicht zu<br />

einer Überschreitung dieses Schwellenwerten kommt. In solchen Fällen muss im Zeitpunkt der Aufstellung der<br />

Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr geprüft werden, ob aufgrund der entstehenden Verringerung der<br />

allgemeinen Rücklage die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nicht aus Gegebenheiten<br />

in den Folgejahren des Haushaltsjahres entsteht. Unabhängig davon erfordert eine geplante oder vorzunehmende<br />

erhebliche Verringerung des Eigenkapitals immer schnell und umfassend wirkende Konsolidierungs- bzw.<br />

Sanierungsmaßnahmen. Diese Maßnahmen müssen zu kurzfristigen erheblichen haushaltswirtschaftlichen Veränderungen<br />

führen, um der defizitären Haushaltslage entgegenzuwirken und eine ggf. drohende Überschuldung<br />

zu verhindern.<br />

In diesen Fällen beginnt die Verpflichtung für den Bürgermeister und den Kämmerer, die notwendigen Gegenmaßnahmen<br />

einzuleiten, unmittelbar mit dem Vorliegen entsprechender Informationen und nicht erst nach dem<br />

Beschluss des Rates über die Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

bedarf einer erheblichen Einschränkung, sodass i.d.R. der „normale“ Ablauf der Haushaltswirtschaft nicht<br />

fortgeführt werden kann. Es müssen daher umgehend für die Ausführung des Haushaltsplans im Haushaltsjahr<br />

geeignete Einschränkungen und besondere Vorbehalte festgelegt werden, auf die dann die Konsolidierungsmaßnahmen<br />

im Haushaltssicherungskonzept abgestimmt und aufgebaut werden können. Dabei sollte auch der Erfolg<br />

oder das Versagen von bereits eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen aufgezeigt und die Ziele und zeitliche Perspektive<br />

transparent gemacht werden. Ggf. müssen bereits eingeleitete Maßnahmen noch mal verstärkt werden.<br />

1.1.2 Zu Nummer 2 (Veränderung in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren):<br />

1.1.2.1 Die Inhalte der Vorschrift<br />

Zur besseren Handhabbarkeit und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ist in dieser Bestimmung eine Bagatellgrenze<br />

für die vorgesehene Verringerung der allgemeinen Rücklage, die als gesonderter Bilanzposten im bilanziellen<br />

Eigenkapital anzusetzen ist, festgelegt worden. Eine Verringerung dieser Rücklage in zwei aufeinanderfolgenden<br />

Haushaltsjahren in einer Größenordnung oberhalb der Schwellenwerte dieser Vorschrift, legt offen, dass<br />

strukturelle Haushaltsdefizite bei der Gemeinde bestehen und die geordnete Haushaltswirtschaft der Gemeinde<br />

so nachhaltig gefährdet ist, dass nicht angenommen werden kann, ein ausgeglichener Haushalt sei von der Gemeinde<br />

im folgenden Haushaltsjahr wieder zu erreichen.<br />

In den Fällen, in denen von der Gemeinde bei der Aufstellung des Haushalts ein negatives Jahresergebnis für<br />

zwei aufeinanderfolgende Haushaltsjahre geplant wird, mit der Folge, dass dann der in der Schlussbilanz des<br />

jeweiligen Vorjahres auszuweisende Ansatz der allgemeinen Rücklage jeweils um mehr als ein Zwanzigstel zu<br />

verringern ist, entsteht für die Gemeinde die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes. Diese<br />

Pflicht entsteht auch, wenn bei der Aufstellung des Haushalts ein negatives Jahresergebnis für das Haushaltsjahr<br />

und das folgende Planungsjahr oder für zwei aufeinanderfolgende Planungsjahre geplant wird, das voraussichtlich<br />

zu einer entsprechenden Verringerung der allgemeinen Rücklage in diesen zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren<br />

führen wird. Eine entsprechende Festsetzung in der gemeindlichen Haushaltssatzung muss dabei<br />

jedoch nur für das Haushaltsjahr erfolgen (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 396


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Eine mehrjährige Verringerung der allgemeinen Rücklage in einer Größenordnung oberhalb oder unterhalb der in<br />

der Bestimmung enthaltenen Schwellenwerte kann zu einem „schleichenden Verzehr“ des gemeindlichen Eigenkapitals<br />

führen. Die Gemeinde muss daher die weitere Entwicklung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft einer<br />

besonderen Prüfung unterziehen, bei der regelmäßig eine Übersicht über die weitere Entwicklung des gemeindlichen<br />

Eigenkapitals zu erstellen ist. Soweit haushaltssicherungspflichtig ist, müssen die von ihr vorgesehenen<br />

Sanierungsmaßnahmen geeignet sein, den „schleichenden Verzehr“ des Eigenkapitals zu beenden und die Wiederherstellung<br />

des Haushaltsausgleichs schnellstmöglich nach dem Ursachenjahr, spätestens jedoch nach zehn<br />

Jahren zu erreichen.<br />

Als Ursachenjahr, ab dem die gesetzliche Frist der Haushaltssanierung zu laufen beginnt, gilt in diesen Fällen<br />

immer das Jahr, in dem der Jahresfehlbetrag der Gemeinde zum zweiten Mal so hoch ist, dass der Schwellenwert<br />

nach dieser Vorschrift überschritten wird. Ob und wann diese Sachlage örtlich gegeben ist, muss die Gemeinde<br />

unter Beachtung des Haushaltsgrundsatzes der Jährlichkeit überprüfbar ermitteln, denn dieser örtliche<br />

Sachverhalt erfordert auch ein Tätigwerden der für die Gemeinde zuständigen Aufsichtsbehörde. In diesen Fällen<br />

ist die Ermittlung des jahresbezogenen Schwellenwertes immer bezogen auf den in der Schlussbilanz des jeweiligen<br />

Vorjahres auszuweisenden Ansatz der allgemeinen Rücklage vorzunehmen.<br />

1.1.2.2 Ursachenjahr und Haushaltsplanung<br />

Im NKF können die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes und die Ursache,<br />

die diese Pflicht auslöst, in unterschiedliche Haushaltsjahre fallen. In die Prüfung, ob eine Überschreitung der<br />

Schwellenwerte des § 76 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> vorliegt, ist deshalb nicht nur das Haushaltsjahr, für das von der<br />

Gemeinde ein neuer Haushalt aufgestellt wird, einzubeziehen. Die Tatbestände dieser Vorschrift gelten dann als<br />

erfüllt, wenn die gesetzlich bestimmten Schwellenwerte in den dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahren<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung überschritten werden. Die mögliche zehnjährige Frist, innerhalb<br />

derer der Haushaltsausgleich wieder herzustellen ist, läuft allerdings erst ab dem Haushaltsjahr, in dem wegen<br />

eines voraussichtlichen negativen Jahresergebnisses die Haushaltssatzung eine Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage oberhalb des betreffenden Schwellenwertes vorsieht (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Mit dieser Anwendung der Vorschrift wird vermieden, dass die Frist für die Genehmigungsfähigkeit (Frist zur Erreichung<br />

des Haushaltsausgleichs) bereits ab dem Haushaltsjahr läuft, für das von der Gemeinde der Haushalt<br />

aufgestellt wird. Es würde sich sonst der Fall ergeben, dass das Ereignis, das ein Haushaltssicherungskonzept<br />

verursacht erst in der Zukunft eintritt, die gemeindliche Pflicht zur Aufstellung des Haushaltssicherungskonzeptes<br />

aber bereits mit dem Haushaltsjahr beginnt. Im Falle der Überschreitung der Schwellenwerte nach § 76 Absatz 1<br />

Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> beginnt die Frist demnach auch erst ab dem zweiten Jahr der Überschreitung des gesetzlich<br />

bestimmten Schwellenwertes zu laufen. Es gilt aber in allen Fällen der Überschreitung der gesetzlich bestimmten<br />

Schwellenwerte, dass zum nächstmöglichen Zeitpunkt den Haushaltsausgleich wieder herzustellen und auch der<br />

Konsolidierungszeitraum darauf abzustellen ist. Der Konsolidierungszeitraum kann allerdings über den Zeitraum<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung hinausreichen.<br />

1.1.2.3 Ursachenjahr und Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre<br />

Die Gemeinde ist nach der Vorschrift des § 78 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> verpflichtet, für jedes Haushaltsjahr eine Haushaltssatzung<br />

zu erlassen. Von der strengen Ausrichtung auf ein Haushaltsjahr wird jedoch durch die Vorschrift<br />

eine Ausnahme zugelassen, nach der die gemeindliche Haushaltssatzung auch Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre<br />

enthalten kann (vgl. § 78 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Mit dieser gesetzlichen Möglichkeit einer Haushaltssatzung<br />

für zwei Jahre sollen die Gemeinden in die Lage versetzt werden, ihre ertrags- und finanzwirtschaftlichen<br />

sowie vermögenswirksamen Entscheidungen schon für einen längeren Zeitraum im Voraus satzungsrechtlich<br />

festzulegen. Der gemeindliche Haushaltsplan muss in diesen Fällen unter Beachtung des Jährlichkeitsprin-<br />

GEMEINDEORDNUNG 397


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

zips eine nach den beiden Jahren getrennte Veranschlagung enthalten (vgl. § 79 GO <strong>NRW</strong>). Die gesetzliche<br />

Regelung lässt damit eine betragsmäßige Zusammenfassung der in die gemeindliche Haushaltssatzung aufzunehmenden<br />

Festsetzungen aus.<br />

Die jahresbezogene Trennung in der Haushaltssatzung wirkt sich auch auf die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung<br />

eines Haushaltssicherungskonzeptes aus, denn eine vom Rat der Gemeinde beschlossene Haushaltssatzung<br />

für zwei Haushaltsjahre kann von der Gemeinde nicht zu einer Rechnungsperiode zusammengefasst werden.<br />

Daher muss in den Fällen, in denen die Ursache für ein gemeindliches Haushaltssicherungskonzept im ersten<br />

Haushaltsjahr entsteht, die Vorgabe, dass die Genehmigung nur erteilt werden kann, wenn aus dem Haushaltssicherungskonzept<br />

hervorgeht, dass spätestens im Zehnten auf das Haushaltsjahr folgende Jahr der Haushaltsausgleich<br />

nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> wieder erreicht wird, auch auf dieses Haushaltsjahr bezogen werden.<br />

Diese Verfahrensweise ist entsprechend anzuwenden, wenn die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung eines<br />

Haushaltssicherungskonzeptes im zweiten Haushaltsjahr entsteht.<br />

1.1.3 Zu Nummer 3 (Voraussichtlicher Verzehr des Eigenkapitals):<br />

1.1.3.1 Der Verzehr wegen erheblicher Haushaltsdefizite<br />

Die Verpflichtung der Gemeinde zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes entsteht auch, wenn bei<br />

der Aufstellung des Haushalts für das neue Haushaltsjahr die Gemeinde einen vollständigen Verzehr der allgemeinen<br />

Rücklage für das Haushaltsjahr oder die folgenden drei Planungsjahre innerhalb der mittelfristigen Ergebnisplanung<br />

vorsieht (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 1.1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine solche gemeindliche Haushaltsplanung<br />

legt offen, dass bei der Gemeinde gravierende strukturelle Haushaltsdefizite bestehen und die geordnete<br />

Haushaltswirtschaft so nachhaltig gefährdet ist, dass nicht angenommen werden kann, ein ausgeglichener Haushalt<br />

sei baldmöglichst wieder zu erreichen. Aus diesen Gründen kann die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung<br />

eines Haushaltssicherungskonzeptes nicht erst zu dem Zeitpunkt ausgelöst werden bzw. entstehen, zu dem eine<br />

Haushaltssatzung aufgestellt wird, deren Festsetzungen einen vollständigen Verzehr der allgemeinen Rücklage<br />

vorsehen.<br />

Ein vorgesehener vollständiger Verzehr der allgemeinen Rücklage durch die Gemeinde innerhalb des Zeitraumes<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung lässt sich schon frühzeitig aus den im Ergebnisplan ausgewiesenen<br />

negativen Jahresergebnissen für das Haushaltsjahr und die folgenden drei Planungsjahre i.V.m. mit der<br />

Anlage „Übersicht über die Entwicklung des gemeindlichen Eigenkapitals“ ermitteln. Ein solcher Ausweis im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan stellt eine Willensbekundung der Gemeinde für eine entsprechende haushaltswirtschaftliche<br />

Vorgehensweise dar. Die Gemeinde zeigt mit den im Ergebnisplan ausgewiesenen negativen Jahresergebnissen,<br />

dass sie ihrer Verpflichtung zum Haushaltsausgleich (Soll-Ausgleich) nach § 84 Satz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

nicht nachkommt.<br />

Dieser wirtschaftlichen Lage der Gemeinde soll durch die Vorgabe eines Schwellenwertes für die Pflicht zur Aufstellung<br />

eines Haushaltssicherungskonzeptes unmittelbar entgegengewirkt werden. Es kann dadurch die gemeindliche<br />

Pflicht nicht in die Zukunft verschoben bzw. der Verzehr des gemeindlichen Eigenkapitals abgewartet<br />

werden. Vielmehr besteht eine besondere Dringlichkeit für die Festlegung und Umsetzung von örtlich angepassten<br />

Konsolidierungsmaßnahmen. Diese Dringlichkeit wird besonders durch die dem Haushaltsplan als Anlage<br />

beizufügende Übersicht über die Entwicklung des Eigenkapitals der Gemeinde belegt.<br />

1.1.3.2 Die besondere Dringlichkeit für Konsolidierungsmaßnahmen<br />

Die Gemeinde muss in den Fällen des geplanten Verzehrs des gemeindlichen Eigenkapitals in ihrem Haushaltssicherungskonzept<br />

nicht nur besonders darlegen, wie sie sofort, mittel- und langfristig versuchen will, den Haus-<br />

GEMEINDEORDNUNG 398


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

haltsausgleich wieder zu erreichen. Sie muss auch aufzeigen, wie sie den erreichten Haushaltsausgleich dauerhaft<br />

sichern will, um eine Überschuldung zu vermeiden. Ein unter diesen Zielsetzungen aufzustellendes Haushaltssicherungskonzept<br />

muss selbstverständlich auch Elemente für den Eigenkapitalaufbau und nicht nur Maß-<br />

nahmen gegen den möglichen Eigenkapitalverzehr enthalten. Die Gemeinde muss deshalb in ihrem Haushaltssicherungskonzept<br />

eine umfassende Sanierung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft darstellen. Dazu gehören<br />

auch Angaben, wie sie wegen der vorgesehenen negativen Jahresergebnisse in den nächsten Haushaltsjahren,<br />

die zum vollständigen Verzehr des Eigenkapitals führen würden, gegensteuert und die mögliche Überschuldung<br />

nach § 75 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> vermeidet.<br />

Ihre konkrete Planung soll die Gemeinde außerdem mit Nachweisen untermauern, die gleichzeitig auch eine<br />

Umkehr im haushaltswirtschaftlichen Handeln der Gemeinde mit dem Ziel der Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung<br />

aufzeigen sollen bzw. belegen können. In einer solchen wirtschaftlichen Lage der Gemeinde bedarf es,<br />

insbesondere wegen des Budgetrechts des Rates und seiner Zuständigkeit für die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

(vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h) GO <strong>NRW</strong>), einer intensiven Beteiligung des Rates durch die<br />

Verwaltung der Gemeinde.<br />

Diese Beteiligungspflicht gilt entsprechend für die Einschaltung und das Handeln der Aufsichtsbehörde, die sich<br />

in diesen Fällen nicht auf das Genehmigungsverfahren für das gemeindliche Haushaltssicherungskonzept beschränken<br />

sollte. Sie wird die notwendigen Schritte zur erfolgreichen Sanierung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

kritisch begleiten. In diesem Zusammenhang hat die Gemeinde eigenverantwortlich zu entscheiden, wie<br />

und in welchem Umfang sie die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft, z.B. ihre Bürgerinnen und<br />

Bürger, in das Geschehen einbindet, die ein berechtigtes Interesse an der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde<br />

haben.<br />

Eine geplante rasante Verringerung des Eigenkapitals erfordert von der Gemeinde - unter Beteiligung ihrer Aufsichtsbehörde<br />

- insbesondere schnell wirkende Konsolidierungsmaßnahmen, die ggf. erhebliche haushaltswirtschaftliche<br />

Einschnitte bzw. Veränderungen mit sich bringen, wenn nur so eine drohende Überschuldung der<br />

Gemeinde zu verhindern ist. In solchen Fällen beginnt die Verpflichtung für den Bürgermeister und den Kämmerer,<br />

die notwendigen Gegenmaßnahmen einzuleiten, sobald sie Kenntnis darüber haben und nicht erst nach dem<br />

Beschluss des Rates über die Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr. Die Aufsichtsbehörde ist nicht nur in<br />

solchen Fällen befugt, Informationen darüber zu verlangen, welche Maßnahmen bereits eingeleitet und welche<br />

Maßnahmen mit welchem Erfolg oder Misserfolg umgesetzt wurden, bevor das im Rahmen der Anzeige der<br />

Haushaltssatzung vorzulegende Haushaltssicherungskonzept genehmigt ist.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Haushaltssicherungskonzept bei der Bestätigung des Jahresabschlusses):<br />

1.2.1 Die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

In der Haushaltswirtschaft der Gemeinde kommt dem Jahresabschluss die gleiche Bedeutung zu wie der Haushaltssatzung<br />

mit dem Haushaltsplan. Die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

kann nach den gesetzlichen Vorgaben daher auch im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

entstehen. Zum Zeitpunkt der Bestätigung des Jahresabschlusses durch den Bürgermeister nach § 95 Absatz 3<br />

GO <strong>NRW</strong> entsteht z.B. dann eine solche Pflicht der Gemeinde, wenn aus den Jahresabschlussunterlagen hervorgeht,<br />

dass die gemeindliche Ergebnisrechnung mit einem Fehlbetrag abschließt, durch den die allgemeine<br />

Rücklage über die Größenordnung der in Satz 1 bestimmten Schwellenwerte hinaus verringert werden muss. In<br />

diesen Fällen hat die Gemeinde unverzüglich ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen und mögliche Konsolidierungsmaßnahmen<br />

umgehend umzusetzen, um der entstandenen Pflicht zur Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs<br />

nachzukommen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 399


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

1.2.2 Die Zuordnung des Haushaltssicherungskonzeptes zum Haushaltsjahr<br />

Ein Haushaltssicherungskonzept, für das die Aufstellungspflicht im Zeitpunkt der Bestätigung des Jahresabschlusses<br />

durch den Bürgermeister entsteht, soll der Aufsichtsbehörde der Gemeinde unverzüglich nach der<br />

Erstellung vorgelegt werden, soweit nicht der Aufsichtsbehörde anzuzeigen ist, dass trotz eines ursprünglich<br />

ausgeglichenen Ergebnisplans ein Fehlbetrag oder ein höherer Fehlbetrag als im Ergebnisplan ausgewiesen,<br />

entstanden ist (vgl. § 75 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Die Vorlage des Haushaltssicherungskonzeptes bei der Aufsichtsbehörde<br />

darf daher nicht bis zur Anzeige des festgestellten Jahresabschlusses oder bis zur Anzeige der nächsten<br />

Haushaltssatzung hinausgezögert werden.<br />

Die Informationspflichten der Gemeinde gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde gebieten es bereits, dass die Aufsichtsbehörde<br />

über die eingetretene Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes in<br />

Kenntnis gesetzt wird. Die Gemeinde muss dazu aufzeigen, wie die erforderlich gewordene Konsolidierung erfolgen<br />

soll. Die Bestimmung in § 79 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>, dass das Haushaltssicherungskonzept ein Teil des<br />

gemeindlichen Haushaltsplans ist, sowie die Zuständigkeit des Rates der Gemeinde für die Aufstellung des<br />

Haushaltssicherungskonzeptes (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h) GO <strong>NRW</strong>) stehen dieser Vorgehensweise nicht<br />

entgegen.<br />

Die Bindung des Haushaltssicherungskonzeptes an den Haushaltsplan bewirkt, dass das von der Gemeinde im<br />

Rahmen der Bestätigung des Jahresabschlusses aufzustellende Haushaltssicherungskonzept zum Bestandteil<br />

eines Haushaltsplans zu machen ist (vgl. § 79 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Aus Gründen des ständigen haushaltswirtschaftlichen<br />

Kreislaufs kann dieses Haushaltssicherungskonzept nicht mehr mit dem Haushaltsplan des<br />

abgelaufenen Haushaltsjahres sowie des laufenden Haushaltsjahres verbunden werden. Das im Rahmen des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses aufzustellende Haushaltssicherungskonzept ist daher zum Bestandteil des<br />

Haushaltsplans des nächsten der Bestätigung des Jahresabschlusses folgenden Haushaltsjahres zu machen.<br />

Soweit jedoch im laufenden Haushaltsjahr die Aufstellung einer Nachtragssatzung erfolgt, soll das Haushaltssicherungskonzept<br />

dabei berücksichtigt werden.<br />

Die mögliche Zuordnung des Haushaltssicherungskonzeptes zum Haushaltsplan des nächsten der Bestätigung<br />

des Jahresabschlusses folgenden Haushaltsjahres wirkt sich auf die Berechnung des Zeitpunktes aus, zu dem<br />

der Haushaltsausgleich spätestens wieder hergestellt sein muss. Nach § 76 Absatz 2 Satz 3 GO <strong>NRW</strong> kann die<br />

Genehmigungsfähigkeit des Haushaltssicherungskonzeptes nur erreicht werden, wenn aus dem Haushaltssicherungskonzept<br />

hervorgeht, dass spätestens im Zehnten auf das Haushaltsjahr folgende Jahr der Haushaltsausgleich<br />

nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> wieder erreicht wird.<br />

Diese Frist muss nicht zwingend ausgenutzt werden, denn für die Gemeinde besteht die gesetzliche Pflicht, zum<br />

nächstmöglichen Zeitpunkt den Haushaltsausgleich wieder herzustellen, um ihre dauerhafte Leistungsfähigkeit zu<br />

sichern. Unabhängig von den sachlichen Gegebenheiten gilt es zudem haushaltswirtschaftlich für die Gemeinde,<br />

unmittelbar nach Kenntnis der Konsolidierungspflichten bzw. der bestehenden schwierigen wirtschaftlichen Lage<br />

die geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der eingetretenen strukturellen Defizite zu ergreifen.<br />

2. Zu Absatz 2 (Zielbestimmung und Genehmigung eines Haushaltssicherungskonzeptes):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Zielbestimmung eines Haushaltssicherungskonzeptes):<br />

2.1.1 Der zeitliche Umfang des Haushaltssicherungskonzeptes<br />

Die Vorschrift enthält ausdrückliche Vorgaben für den zeitlichen Umfang eines gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes,<br />

die sich auch auf dessen Genehmigungsfähigkeit auswirken. Der Beginn der Pflicht der Gemeinde<br />

zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes ist i.d.R. widerspruchsfrei ermittelbar. Das Haus-<br />

GEMEINDEORDNUNG 400


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

haltsjahr, in dem die gemeindliche Pflicht beginnt, kann regelmäßig auch in den Fällen eindeutig bestimmt werden,<br />

in denen die Aufstellungspflicht der Gemeinde und die auslösende Ursache in unterschiedliche Haushaltsjahre<br />

fallen können.<br />

Der zeitliche Beginn eines gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes ist im Rahmen der Haushaltsplanung<br />

der Gemeinde regelmäßig das Haushaltsjahr, in dem durch eine vorgesehene und in der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

festgesetzte Verringerung der allgemeinen Rücklage (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 1.1 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>) die Schwellenwerte dieser Vorschrift überschritten werden. Lediglich in den Fällen, in denen aus Gründen<br />

eines gegenüber der Ergebnisplanung entstandenen höheren Fehlbetrages eine Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung<br />

eines Haushaltssicherungskonzeptes entsteht, muss festgelegt werden, an welchen Haushaltsplan das<br />

Haushaltssicherungskonzept als Bestandteil angebunden wird. Bei dieser Sachlage kann das erste oder zweite<br />

Folgejahr nach dem „verursachenden“ Haushaltsjahr dafür in den Betracht kommen, wenn die Kenntnisse über<br />

die Auslösung der Pflicht bzw. deren Verursachung erst im Rahmen der Bestätigung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

für das abgelaufene Haushaltsjahr gewonnen werden (vgl. § 93 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Das zeitliche Ende eines gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes ist regelmäßig nicht in jedem Einzelfall<br />

von Anfang an genau festlegbar, denn die tatsächliche Zeitdauer steht unter der Prämisse, dass das Haushaltssicherungskonzept<br />

die schnellstmögliche Wiedererlangung des Haushaltsausgleichs gewährleisten und darstellen<br />

soll und darin der nächstmögliche Zeitpunkt zu bestimmen ist, bis zu dem der Haushaltsausgleich wieder hergestellt<br />

ist. Gleichwohl ist auch das Haushaltsjahr, in dem das Haushaltssicherungskonzept enden kann bzw. das<br />

gesetzliche Ziel erreicht ist, ermittelbar. Es ist regelmäßig das Haushaltsjahr, in dem der Haushaltsausgleich nach<br />

§ 75 GO <strong>NRW</strong> wieder erreicht wird und gewährleistet ist, dass der gemeindliche Haushalt in Zukunft so gesteuert<br />

werden kann, dass er dauerhaft ausgeglichen sein wird.<br />

Bei der Ermittlung der Zeitdauer ist zudem zu berücksichtigen, dass das Vorliegen einer Genehmigungsfähigkeit<br />

des Haushaltssicherungskonzeptes dann anzunehmen ist, wenn der originäre jährliche Haushaltsausgleich innerhalb<br />

eines zehnjährigen Zeitraumes, spätestens aber im Zehnten auf das Haushaltsjahr folgende Jahr wieder<br />

erreicht wird. Es ist auch zu beachten, dass der Haushaltsausgleich sowohl in der Planung als auch in der Rechnung<br />

(Jahresabschluss) des betreffenden Haushaltsjahres erreicht werden muss (vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde darf deshalb die in ihrem Haushaltssicherungskonzept vorgesehenen Konsolidierungs- und Sanierungsmaßnahmen<br />

nicht schon dann einstellen, wenn der jahresbezogene Haushaltsausgleich in der Planung<br />

erreicht wird (vgl. § 75 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Es bedarf vielmehr noch des „Beweises“ des Erreichens des<br />

realen Haushaltsausgleichs in der Rechnung durch die entsprechend ausgeführte gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

in einem oder mehreren Haushaltsjahren.<br />

Der Verzicht auf die Umsetzung örtlicher Konsolidierungsmaßnahmen ist daher regelmäßig nur zu rechtfertigen,<br />

wenn im Rahmen eines Controllings durch entsprechende haushaltswirtschaftliche Ergebnisse ein messbarer<br />

nachhaltiger Erfolg nicht nur erkennbar, sondern tatsächlich eingetreten ist. Von der Gemeinde eingeleitete umfassende<br />

Konsolidierungs- und Sanierungsmaßnahmen sollten deshalb auch in solchen Fällen konsequent fortgeführt<br />

werden. Es ist kein ausreichender Anlass, bereits bei den ersten Anzeichen einer haushaltswirtschaftlichen<br />

Entspannung oder eines möglichen Erreichens des Haushaltsausgleichs im Jahresabschluss die Konsolidierungsmaßnahmen<br />

abzubrechen.<br />

2.1.2 Die Inhalte des Haushaltssicherungskonzeptes<br />

Für eine Gemeinde besteht auch bei schlechter haushaltswirtschaftlicher Lage grundsätzlich eine positive Fortführungsprognose.<br />

Sie hat trotz einer aktuellen Krisensituation, auch wenn diese mehrjährig ist, grundsätzlich die<br />

Substanz und die Potenziale, um wieder den jährlichen Haushaltsausgleich zu erreichen und die stetige Aufgabenerfüllung<br />

auf Dauer zu sichern. Die Voraussetzungen sind auch bei einer stark angespannten Liquidität bzw.<br />

bei Liquiditätsdefiziten generell gegeben. Die Gemeinde muss jedoch die Schritte zur Stabilisierung der gemeind-<br />

GEMEINDEORDNUNG 401


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

lichen Haushaltswirtschaft unter Berücksichtigung der Ursache der defizitären wirtschaftlichen Lage ggf. neu<br />

definieren. Das Sanieren der gemeindlichen Haushaltswirtschaft bedeutet in solchen Fällen, die Krisenzeichen<br />

wahrzunehmen, die Ursachen zu erkennen und beseitigen zu wollen.<br />

Die Gemeinde muss geeignete Maßnahmen ergreifen und ziel- und zweckbestimmt vorgehen. Dabei gilt es, die<br />

Sanierungswürdigkeit und die Sanierungsfähigkeit aller Elemente der gemeindlichen Aufgabenerfüllung zu prüfen<br />

und zu bewerten, sodass ein umfassendes Sanierungskonzept zur wirtschaftlichen Gesundung und Zukunftssicherung<br />

der Gemeinde auf den Weg gebracht werden kann. Es kann oftmals bereits ausreichend sein, schnell,<br />

gezielt und konsequent die notwendigen Veränderungen vor Ort anzugehen und in einer sinnvollen und sachlichen<br />

Reihenfolge deren Umsetzung vorzunehmen.<br />

Ein Haushaltssicherungskonzept als umfassendes Sanierungskonzept dient dabei als zukunftsorientierter Leitfaden<br />

(Gesamtkonzept), in dem die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde und die Steuerung eines ausgeglichenen Haushalts, einschließlich der dazu erforderlichen<br />

nachhaltigen Maßnahmen festgelegt werden. Gleichzeitig muss das Sanierungskonzept ein erweitertes<br />

Planungssystem als der Haushaltsplan enthalten, das als Handlungsrichtschnur dienen soll und deshalb die konkreten<br />

und akuten Schritte aufzuzeigen hat, die sofort und in der weiteren Zukunft zu gehen sind. Ein solches<br />

Handlungskonzept ermöglicht die Festlegung von Zwischenzielen und sollte auch die konkreten und akuten<br />

Schritte sowie die Chancen und Risiken für die Gemeinde besonders herauszustellen.<br />

Insgesamt ist zu berücksichtigen, dass nur bei einem vorgesehenen Zusammenwirken der einzelnen Komponenten<br />

des örtlichen Sanierungskonzepts eine Gesamtaussage für das Handeln der Gemeinde und die Zielerreichung<br />

getroffen und die Zwischenziele als Mess- und Kontrollpunkte benannt werden können. Das gemeindliche<br />

Haushaltssicherungskonzept ist daher immer von der aktuellen Krisensituation der Gemeinde abhängig. Außerdem<br />

muss die zeitliche Abfolge der Konsolidierung dabei so ausgestaltet sein, dass die Maßnahmen von der<br />

Gemeinde auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten umgesetzt werden können und nichts Unmögliches von ihr verlangt<br />

bzw. von ihr selbst festgelegt wird. Diese Sachlage erfordert, eine an den örtlichen Verhältnissen orientierte<br />

und durch die Machbarkeit geprägte Zielsetzung festzulegen. Im Zusammenhang mit den Zwischenzielen, an<br />

denen die Entwicklung der Gemeinde zu messen ist, kann die Motivation der Gemeinde zur Fortsetzung der notwendigen<br />

Konsolidierungsmaßnahmen bestärkt werden.<br />

2.1.3 Die Schaffung eines zukunftsorientierten Bildes<br />

Die Gemeinde ist gesetzlich verpflichtet, ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige<br />

Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Sie hat zudem ihre Haushaltswirtschaft<br />

wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Diese Vorgaben erfordern<br />

grundsätzlich, dass die Gemeinde möglichst eine defizitäre Haushaltslage vermeidet. Soweit eine solche<br />

Haushaltslage entstehen kann, soll die Gemeinde mit ihren Möglichkeiten zukunftsorientiert versuchen, ihre Ertragskraft<br />

bald möglichst wieder herzustellen und dauerhaft zu sichern.<br />

Bei einer Krise soll die Gemeinde den Haushaltskonsolidierungsprozess selbst so durchführen, dass die dauernde<br />

Leistungsfähigkeit und stetige Aufgabenerfüllung wieder erreicht wird. Sie soll eine haushaltswirtschaftliche<br />

Lage schaffen, durch die die künftigen Generationen nicht unnötig belastet werden sowie deren Zukunft dauerhaft<br />

gesichert wird. Diese Erfordernisse für die gemeindliche Haushaltskonsolidierung zeigen auf bzw. verdeutlichen,<br />

dass unter Beachtung des Grundsatzes der intergenerativen Gerechtigkeit ein zukunftsorientiertes Bild der Gemeinde<br />

mit qualitativ hochwertigen Leitorientierungen als Kernaussagen geschaffen sein muss, damit geeignete<br />

Grundlagen für eine neue Ausrichtung auf ein nachhaltiges und zukunftsbezogenes Handeln bestehen.<br />

Die wirtschaftliche Lage bzw. die sich abzeichnende Ertragsschwäche der Gemeinde oder mögliche finanzielle<br />

Gegebenheiten verlangen bei einer Haushaltskonsolidierung die Festlegung neuer nachhaltiger Rahmenbedin-<br />

GEMEINDEORDNUNG 402


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

gungen und Handlungsfelder vor Ort. Für den Weg dorthin bedarf es eines Maßnahmenpaketes mit aufeinander<br />

abgestimmten Konsolidierungsmaßnahmen und nicht nur der Benennung einzelner Maßnahmen. Die neuen<br />

Rahmenbedingungen sollen zudem auch dazu beitragen, dass die Gemeinde sich ein ziel- und zukunftsorientiertes<br />

Profil gibt. Mit auf die gemeindliche Aufgabenerfüllung ausgerichteten Visionen und Leitlinien (Leitbildern)<br />

lassen sich von der Gemeinde die notwendigen strategischen und operativen Ziele bestimmen und die angestrebte<br />

Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit im Rahmen ihrer Haushaltswirtschaft einhalten.<br />

Die örtlichen Ziele können und sollen dazu eine Leitorientierung für die gemeindliche Konsolidierung entfalten<br />

bzw. bieten, um auch die notwendige Haushaltswirksamkeit zu erreichen. Dabei gilt es, die gemeindliche Steuerung<br />

und das Finanzmanagement der Gemeinde unter Beachtung der einschlägigen haushaltsrechtlichen Vorschriften<br />

miteinander zu verknüpfen. Insgesamt gesehen kann und muss durch die Gemeinde ein örtlich gestaltetes<br />

handhabbares und auf ein wirtschaftliches Handeln ausgerichtetes System für die gemeindliche Haushaltskonsolidierung<br />

und die künftige gemeindliche Haushaltswirtschaft entstehen.<br />

Für die gemeindliche Aufgabenerfüllung sollen daher die örtlich festgelegten produktorientierten Ziele unter Berücksichtigung<br />

des einsetzbaren Ressourcenaufkommens und des voraussichtlichen Ressourcenverbrauchs<br />

überprüft sowie Leistungskennzahlen zur Zielerreichung ggf. neu bestimmt und mit den örtlichen Finanzzielen<br />

verknüpft werden. Die Ziele sind dabei zwischen dem Rat der Gemeinde und der gemeindlichen Verwaltung abzustimmen.<br />

Auch die Öffentlichkeit sollte in diesen Prozess in geeigneter Weise eingebunden werden. Durch die<br />

benannten Verpflichtungen wird von der Gemeinde nichts Unmögliches verlangt, auch wenn es bei der Vielzahl<br />

der örtlichen Aufgaben nicht immer einfach sein dürfte, dafür geeignete messbare Ziele und Leistungskennzahlen<br />

festzulegen.<br />

Die Ausgangsbasis für den Einstieg in die örtlichen Aufstellungsarbeiten eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

kann der gemeindliche Haushaltsplan, insbesondere mit den darin enthaltenen produktorientierten Teilplänen<br />

bieten, die entsprechend den örtlichen Verhältnissen und Bedürfnissen gebildet wurden. Soweit die Teilpläne<br />

nach § 4 GemHVO <strong>NRW</strong> die vorgesehenen Angaben aufweisen, kann davon ausgehend die neue Ausrichtung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft für die nächsten Planungsjahre festgelegt werden.<br />

Für das neue zukunftsorientierte Bild reicht i.d.R. die Zeit der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung nicht<br />

aus. Vielmehr muss, orientiert an der gesetzlichen Vorgabe, dass spätestens im Zehnten auf das Haushaltsjahr<br />

folgende Jahr die Gemeinde den Haushaltsausgleich wieder erreichen soll, ein Überblick über ein Jahrzehnt<br />

gewonnen und mit belastbaren haushaltswirtschaftlichen Daten belegt werden. Auf diese Weise kann die gemeindliche<br />

Haushaltskonsolidierung, begleitet durch ein in sich stimmiges Zielsystem und eine kompetente und<br />

ressourcenverbrauchsorientierte Verwaltungsteuerung, ggf. mit dezentraler Ressourcenverantwortung, den Zielen<br />

und Zwecken der Haushaltskonsolidierung vollständig gerecht werden.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes):<br />

2.2.1 Der Genehmigungsbedarf<br />

Nach der Vorschrift bedarf das gemeindliche Haushaltssicherungskonzept der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde<br />

der Gemeinde. Diese Genehmigung hat den Hauptzweck, die Gemeinde zur Wiedererreichung des<br />

Haushaltsausgleichs zu verpflichten. Im Rahmen der Genehmigung müssen dann die von der Gemeinde dafür<br />

als notwendig angesehenen Maßnahmen beurteilt und akzeptiert werden. Sofern z. B. die Wirkungen der Konsolidierungsmaßnahmen<br />

noch nicht abschließend geklärt sind, bieten sich als Nebenbestimmungen zur Genehmigung<br />

bedarfsgerechte Bedingungen und Auflagen, um einen Rahmen auf dem Weg zum Ziel der Konsolidierung<br />

abzustecken. Die Gemeinde hat dann in diesem Spielraum schnellstmöglich den Haushaltsausgleich wieder<br />

erreichen und die stetige Aufgabenerfüllung zu sichern.<br />

GEMEINDEORDNUNG 403


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Aufsichtsbehörde muss bei der Erteilung der Genehmigung nach dieser Vorschrift den ihr zustehenden Ermessensspielraum<br />

unter Berücksichtigung der haushaltsrechtlichen Zielbestimmungen und der örtlichen Gegebenheiten<br />

ausgestalten. Sie hat dabei abzuwägen, durch welche Nebenbestimmungen sichergestellt werden<br />

kann, dass die Gemeinde die gesetzlichen Erfordernisse bei der Ausführung ihrer Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr<br />

ausreichend beachtet und im Jahresabschluss einen entsprechenden Nachweis führt. Die Aufsichtsbehörde<br />

kann daher insbesondere die von der Gemeinde angestrebten und erreichbaren jahresbezogenen Konsolidierungsziele<br />

zum Gegenstand der Nebenbestimmungen ihrer Genehmigung machen. Sie hat dazu eine inhaltliche<br />

und eine zeitbezogene Festlegung zu treffen.<br />

Von der Aufsichtsbehörde ist dabei das Ermessen unter Beachtung der Ziele und Zwecke der Wiedererreichung<br />

des Haushaltsausgleichs auszuüben. Dabei ist zu beachten, dass nur Nebenbestimmungen festgelegt werden<br />

sollten, bei denen der Gemeinde im Rahmen der Umsetzung noch ein Raum für die Ausübung ihrer Eigenverantwortung<br />

bleibt. Die gemeindliche Selbstverwaltung bedingt, dass die Aufsichtsbehörde nicht einzelne Konsolidierungsmaßnahmen<br />

ersetzen oder einschränken soll, sondern nur im Rahmen der Zielerreichung „Haushaltsausgleich“<br />

geeignete Vorgaben zur Konsolidierung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft machen kann.<br />

Dem haushaltsrechtlichen Ziel der Gemeinde, wieder einen ausgeglichenen Haushalt nach § 75 Absatz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong> zu erreichen, kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Diese Zielbestimmung wird nicht eingeschränkt,<br />

wenn für das Haushaltsjahr noch eine Verringerung der allgemeinen Rücklage der Gemeinde vorgesehen ist.<br />

Sofern aber nach der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinde eine Gefährdung ihrer Haushaltswirtschaft<br />

zu befürchten ist und sich diese Haushaltslage durch eine Überschreitung der Schwellenwerte<br />

belegt wird, muss dieser Gefahr durch ein Haushaltssicherungskonzept auf geeignete Weise entgegen getreten<br />

werden. Die Aufsichtsbehörde muss dieses in ihrer Genehmigungspraxis, insbesondere wegen der möglichen<br />

zehnjährigen Laufzeit des Haushaltssicherungskonzeptes auf geeignete Weise berücksichtigen.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass ein Genehmigungsbedarf für ein Haushaltssicherungskonzept<br />

nicht nur durch die Überschreitung von Schwellenwerten im Haushaltsjahr, sondern auch bei Überschreitungen in<br />

den der dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung besteht.<br />

Dadurch wird die gewollte stärkere Verflechtung zwischen der mittelfristigen haushaltswirtschaftlichen Planung<br />

und der langfristigen Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung sowie den aufsichtsrechtlich gestuften Maßnahmen<br />

hergestellt. Die Aufsichtsbehörde hat daher bei der Genehmigung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

immer auch die zeitliche Dimension der Haushaltskonsolidierung ausreichend zu prüfen.<br />

2.2.2 Der zeitliche Unterschied zwischen Verpflichtung und Ursache<br />

Im Rahmen der mittelfristigen Ergebnisplanung können die Pflicht der Gemeinde, ein Haushaltssicherungskonzept<br />

aufstellen zu müssen, und die auslösende Ursache für diese Pflicht in unterschiedlichen Haushaltsjahren<br />

liegen. Eine Anbindung der Aufstellungsfrist an das Ursachenjahr würde prinzipiell dazu führen, dass die Gemeinde<br />

trotz defizitärer Haushaltsplanung erst dann Gegenmaßnahmen planen und umsetzen muss, wenn eine<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage für ein Haushaltsjahr festgesetzt wird. Aus den Zwecken und Zielen der<br />

Vorschrift ist eine solche Handlungsweise jedoch nicht ableitbar.<br />

Die gesetzliche Pflicht gebietet es, jährlich den Haushaltsausgleich zu erreichen. Die Gemeinde muss daher<br />

unmittelbar nach ihrer Kenntnis über eine defizitäre haushaltswirtschaftliche Lage die notwendigen und sachgerechten<br />

Gegenmaßnahmen ergreifen, auch wenn der Gemeinde nach dem Ursachenjahr ein zehnjähriger Zeitraum<br />

zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs eingeräumt wird. Diese Auslegung ist auch sachlich vertretbar,<br />

denn vielfach kann in dem Zeitraum zwischen dem Haushaltsjahr und dem Jahr der Ursache für die Überschreitung<br />

der Schwellenwerte schon dem Verzehr des gemeindlichen Eigenkapitals gegengewirkt werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 404


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

2.2.3 Die Einbeziehung der Genehmigung nach § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei einer Festsetzung einer Verringerung der allgemeinen Rücklage in der gemeindlichen Haushaltssatzung und<br />

einer Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes wird die erforderliche Genehmigung zur<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage nach § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> durch die Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes<br />

nach § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> miterfasst. Diese Zusammenfassung entsteht i.d.R. dann,<br />

wenn die beiden Tatbestände innerhalb der mittelfristigen Ergebnisplanung zwei unterschiedlichen Haushaltsjahren<br />

zuzurechnen sind. In solchen Fällen ist die erforderliche Sanierung der Haushaltswirtschaft der Gemeinde im<br />

Rahmen eines Haushaltssicherungskonzeptes so gewichtig, dass eine getrennte Genehmigungspraxis durch die<br />

Aufsichtsbehörde nicht sachgerecht im Sinne der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ist.<br />

Eine aufsichtsrechtliche Verfahrenstrennung zwischen einer Genehmigung nach § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> und<br />

einer Genehmigung unter der gleichzeitigen Bewertung eines Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76 Absatz 2<br />

GO <strong>NRW</strong> würde auch der gesetzlichen Aufgabe der Gemeinde, die stetige Aufgabenerfüllung wieder dauerhaft<br />

zu sichern und den Haushaltsausgleich wieder zu erreichen, entgegenstehen. Unter diesen Zielsetzungen ist es<br />

sachlich geboten, dass die Aufsichtsbehörde ein zielgerichtetes Handeln der Gemeinde durch ein einziges Verfahren<br />

unterstützt, sodass die Gemeinde für ihr gesamtes Sanierungsvorhaben die notwendige Sicherheit erhält,<br />

wenn ihr gemeindliches Haushaltssicherungskonzept genehmigungsfähig ist.<br />

2.3 Zu Satz 3 (Genehmigungserfordernisse):<br />

2.3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Nach der Vorschrift darf die Aufsichtsbehörde eine Genehmigung für das gemeindliche Haushaltssicherungskonzept<br />

nur erteilen, wenn aus dem ihr von der Gemeinde vorgelegten Haushaltssicherungskonzept hervorgeht,<br />

dass spätestens im Zehnten auf das Haushaltsjahr folgende Jahr der gesetzlich bestimmte Haushaltsausgleich<br />

nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> wieder erreichen wird. Die Gemeinde hat in ihrem Haushaltssicherungskonzept<br />

dann einen früheren Zeitpunkt zur Erreichung des Haushaltsausgleichs anzugeben und zu belegen, wenn es ihr<br />

dieses möglich ist. Sie ist verpflichtet, den Haushaltsausgleich schnellstmöglich wieder herzustellen.<br />

In Ausnahmefällen kann der Zeitpunkt auch oberhalb des gesetzlich bestimmten zehnjährigen Rahmens liegen,<br />

denn im Einzelfall kann auf der Grundlage eines individuellen Sanierungskonzeptes der Gemeinde durch Genehmigung<br />

der Bezirksregierung von dem gesetzlich bestimmten Konsolidierungszeitraum abgewichen werden.<br />

Der von der Gemeinde bestimmte Zeitpunkt zur Wiedererreichung des gemeindlichen Haushaltsausgleichs muss<br />

zudem in Form eines konkreten Haushaltsjahres in der gemeindlichen Haushaltssatzung rechtsförmlich festgesetzt<br />

werden (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.3.2 Die Zehn-Jahres-Frist<br />

Der Gemeinde wird zur Erfüllung ihrer Verpflichtung, den Haushaltsausgleich im Rahmen der Umsetzung eines<br />

Haushaltskonsolidierungskonzeptes wieder herzustellen, ein Zeitraum von zehn Jahren nach dem Haushaltsjahr,<br />

in dem die Ursache für die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes liegt, eingeräumt. Dieser Zeitraum<br />

umfasst auch die drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre, bei denen sich wegen deren Einbeziehung in<br />

den gemeindlichen Haushaltsplan die haushaltsmäßigen Wirkungen der vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen<br />

unmittelbar aus den Jahresspalten dieser drei Planungsjahre im Haushaltsplan ablesen lassen.<br />

Für die Zeit danach müssen grundsätzlich vergleichbare Konkretisierungen der haushaltswirtschaftlichen geschaffen<br />

werden, um die Umsetzung zielorientiert messbar zu machen. Wegen der für diese Jahre vorzunehmenden<br />

Prognose, die einen schwer konkret kalkulierbaren Zeitraum darstellen, sollten nicht nur die voraussicht-<br />

GEMEINDEORDNUNG 405


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

lich entstehenden jahresbezogenen Erträge und Aufwendungen, sondern auch deren Berechnung und die Prognosegrundlagen<br />

und Annahmen transparent gemacht werden. Realisierbare Maßnahmen dürfen von der Gemeinde<br />

jedoch wegen des Zehnjahreszeitraumes jedoch nicht zeitlich verschoben und auch nicht über den ge-<br />

samten Konsolidierungszeitraum gestreckt werden.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Konsolidierungs- bzw. Sanierungszeit nicht bereits beim<br />

ersten möglichen Haushaltsausgleich in der Haushaltsplanung für das Haushaltsjahr endet. Einerseits muss auch<br />

der Soll-Ausgleich in den weiteren Jahren, mindestens in den dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahren<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung gesichert sein. Andererseits muss das Erreichen des Haushaltsausgleichs<br />

auch in der Rechnung (Jahresabschluss) des betreffenden Haushaltsjahres nachgewiesen werden.<br />

Nur wenn ein gemeindlicher Haushaltsausgleich in diesem Sinne gegeben ist, wird dem gesetzlich bestimmten<br />

Haushaltsausgleich tatsächlich entsprochen (vgl. § 75 Absatz 2 Satz 1 und § 84 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.3.3 Angabeformen im Haushaltssicherungskonzept<br />

2.3.3.1 Die Angaben für die ersten drei Planungsjahre<br />

Die Pflicht zur Aufstellung eines gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes beinhaltet bei dessen Aufstellung,<br />

dass darin die gemeindliche Haushaltsplanung mit der fünfjährigen mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

als Ausgangsbasis zu berücksichtigen ist. Dabei bleibt grundsätzlich die örtliche Form und Detaillierung der gesamten<br />

gemeindlichen Haushaltsplanung auch während der Laufzeit des Haushaltssicherungskonzeptes unverändert,<br />

soweit nicht die örtlichen Gegebenheiten zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs verändert werden<br />

müssen.<br />

Die bei einem gemeindlichen Haushaltssicherungskonzept zulässige zehnjährige Laufzeit gibt zudem ebenfalls<br />

keine Veranlassung, die Haushaltsplanung für die drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre zu verändern.<br />

Bereits im Rahmen der Aufstellung des örtlichen Haushaltssicherungskonzeptes ist zu beurteilen, ob und in welchen<br />

Umfang die detaillierte Planung für die Jahre der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung auch in den<br />

sich daran anschließenden Jahren fortgesetzt werden soll, wenn diese sich wegen eines Sanierungskonzept<br />

zusätzlich ergeben.<br />

2.3.3.2 Die Angaben für die weiteren Planungsjahre<br />

2.3.3.2.1 Die Angaben nach den verbindlichen Haushaltspositionen<br />

Die Aufstellung eines gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes kann dazu führen, dass die gemeindliche<br />

Haushaltsplanung über die fünfjährige mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung nach § 84 GO <strong>NRW</strong> hinausgehen<br />

muss. Die im Haushaltssicherungskonzept ggf. aufzuzeigende zehnjährige Haushaltsplanung, bei einem<br />

Sanierungskonzept ggf. auch noch weitere Jahre, muss sich hinsichtlich der Darstellung der geplanten Erträge<br />

und Aufwendungen an die Haushaltspositionen im Haushaltsplan anschließen. Die von der Gemeinde vorgesehenen<br />

Konsolidierungsmaßnahmen wirken sich auf die künftigen Haushaltspläne aus, um das Ziel der Wiedererreichung<br />

des Haushaltsausgleichs und den Weg dorthin transparent und nachvollziehbar zu machen.<br />

Die Fortschreibung der gemeindlichen Haushaltsplanung über die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung<br />

hinaus wirkt sich daher auf die Art und Weise der im Haushaltssicherungskonzept oder im Sanierungskonzept<br />

darzustellenden Haushaltspositionen in den weiteren Jahren unmittelbar aus. Es dürfte für die mehrjährigen Zeiträume<br />

vertretbar sein, die Angaben zu den voraussichtlichen Erträgen und Aufwendungen sowie zu den Einzahlungen<br />

und Auszahlungen auf die Haushaltspositionen zu beschränken, die für den Ergebnisplan und den Finanzplan<br />

mindestens vorgegeben sind (vgl. §§ 2 und 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 406


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Diese Darstellungsmöglichkeit im Haushaltssicherungskonzept würde die gemeindliche Planung über die mittelfristige<br />

Ergebnis- und Finanzplanung hinaus wesentlich erleichtern. Die Gemeinde kann aber auch die Detaillierung<br />

ihres Haushaltsplans beibehalten, um z.B. die Fortschreibung der Planung in einen Zusammenhang mit<br />

ihren Konten im örtlichen Buchungsgeschäft zu stellen. Für die Aufstellung eines gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes<br />

ist es immer notwendig, dass möglichst belastbare Daten aus der gemeindlichen Haushaltsplanung<br />

die Grundlage für die auszuwählenden Konsolidierungsmaßnahmen bilden. In welcher Art und Weise ein<br />

zehnjähriges Haushaltssicherungskonzept gestaltet wird, ist von der Gemeinde unter Berücksichtigung der örtlichen<br />

Verhältnisse zu entscheiden. Ggf. ist in die Beurteilung die Aufsichtsbehörde der Gemeinde einzubinden.<br />

2.3.3.2.2 Die Angaben nach den verbindlichen Produktbereichen<br />

Die geplante und in einem Haushaltssicherungskonzept oder Sanierungskonzept darzustellende wirtschaftliche<br />

Entwicklung der Gemeinde und die Erreichung des Haushaltsausgleichs werden nur nachvollziehbar und verständlich,<br />

wenn auch die Vielfalt der gemeindlichen Aufgabenerfüllung im Einzelnen in die haushaltswirtschaftliche<br />

Konsolidierungsplanung einbezogen wird. Für die gemeindliche Planung über die mittelfristige Ergebnis- und<br />

Finanzplanung hinaus sollte ein Verzicht auch auf detaillierte produktorientierte Angaben möglich sein, ohne<br />

dadurch die örtliche Steuerung für die Umsetzung der Konsolidierung zu vernachlässigen. Ein solcher Verzicht<br />

würde die Angaben aus den örtlichen produktorientierten Teilplänen entbehrlich machen, soweit diese nach Produktgruppen<br />

oder Produkten aufgestellt werden. Auf Angaben entsprechend der örtlichen Teilpläne, die nach den<br />

verbindlichen Produktbereichen aufgestellt werden, kann jedoch aus sachlichen Gründen nicht verzichtet werden.<br />

2.3.3.2.3 Die Angaben unter Einbeziehung von Zielen<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht beinhaltet, dass auch die Nachhaltigkeit des haushaltswirtschaftlichen Handelns<br />

der Gemeinde, bei dem das gemeindliche Jahresergebnis als „Erfolg des Handelns“ mit den Inhalten des<br />

gemeindlichen Leitbildes abzuwägen bzw. in einen Ausgleich zu bringen ist, bei der Aufstellung und Umsetzung<br />

eines Haushaltssicherungskonzeptes oder eines Sanierungskonzeptes berücksichtigt werden muss. Bereits auf<br />

Grund des gesetzlichen Gebotes der Einhaltung der dauernden Leistungsfähigkeit bzw. der Sicherung der stetigen<br />

Aufgabenerfüllung (vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>) sowie des Grundsatzes der intergenerativen Gerechtigkeit<br />

(vgl. § 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>) kommt der Nachhaltigkeit der Konsolidierungsplanung für die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft sowie bei der Festlegung der darauf auszurichtenden gemeindlichen Ziele eine hohe Bedeutung<br />

zu.<br />

Im Rahmen der Festlegung der Zielerreichung bei der Umsetzung von Konsolidierungs- und Sanierungsmaßnahmen<br />

muss auch der Messung des Ressourceneinsatzes und des Ressourcenverbrauchs hinsichtlich dessen<br />

nachhaltiger zukunftsbezogener Wirkungen eine ausreichende Beachtung geschenkt werden. Die Nachhaltigkeit<br />

muss dabei anhand von Nachhaltigkeitszielen der Gemeinde bei denen die Art und Weise von sozialen, ökologischen<br />

und ökonomischen Wirkungen zu berücksichtigen sind, aus dem haushaltsmäßigen Konsolidierungshandeln<br />

der Gemeinde heraus entstehen. Die Gemeinde muss zudem hinsichtlich der Nachhaltigkeit ihre Haushaltsplanung<br />

und ihre Zielsetzungen grundsätzlich und möglichst jährlich im Zeitablauf der Konsolidierungs- oder Sanierungsphase<br />

überprüfen sowie ihr geplantes Verwaltungshandeln mit konkreten Inhalten füllen.<br />

Durch die Einbindung der Nachhaltigkeit in die gemeindliche Zielbestimmung kann zudem ein Gesamtzusammenhang<br />

mit anderen zweck- und adressatenbezogenen Festlegungen des haushaltswirtschaftlichen Handelns<br />

der Gemeinde hergestellt werden. Dabei sollten sowohl positive als auch negative Auswirkungen des gesamten<br />

haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde unter Berücksichtigung der Informationsinteressen offen gelegt<br />

werden. Die Möglichkeit zu einem wirtschaftlichen Gesamtbild für die Gemeinde, bezogen auf die Zielbestimmungen<br />

und die Umsetzung notwendiger örtlicher Maßnahmen ist sachlich erforderlich. Sie dient der Nachvollzieh-<br />

GEMEINDEORDNUNG 407


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

barkeit und der Steuerung auf dem Wege zur Wiederherstellung des gemeindlichen Haushaltsausgleichs und der<br />

dauerhaften Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde.<br />

2.3.3.2.4 Die Angaben über Leistungskennzahlen<br />

Die Gemeinde soll für ihre Aufgabenerfüllung nicht nur produktorientierte Ziele unter Berücksichtigung des einsetzbaren<br />

Ressourcenaufkommens und des voraussichtlichen Ressourcenverbrauchs festlegen, sondern auch<br />

Leistungskennzahlen zur Messung der Zielerreichung bestimmen. Sie soll zudem neben den Zielen ihre Leistungskennzahlen<br />

zur Grundlage der Gestaltung der Haushaltsplanung, der örtlichen Steuerung und der Erfolgskontrolle<br />

des jährlichen Haushalts machen. Mit den örtlichen Leistungskennzahlen sollen haushaltswirtschaftliche<br />

Sachverhalte, die quantitativ messbar sind, durch Verhältniszahlen in Kurzform dargestellt werden. Dadurch werden<br />

wichtige Erkenntnisse transparent gemacht und verständlich aufgezeigt. Es werden damit jedoch keine Lösungen<br />

für die örtlichen Verhältnisse geboten, sondern die Ursachenanalyse und die Entwicklung von Gegenmaßnahmen<br />

bleiben der Gemeinde überlassen.<br />

Die Gemeinde kann dazu aber die Analyse der in ihrem Haushalt enthaltenen Leistungskennzahlen als Ausgangsgrundlage<br />

im Rahmen ihres Haushaltssicherungskonzeptes nutzen. Wichtig für die gemeindliche Analyse<br />

ist dabei, dass einzelne Leistungskennzahlen nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Sie sind in einen Zusammenhang<br />

zu stellen, soweit gegenseitige Beziehungen oder Wirkungen bestehen oder entstehen können. Auch<br />

die Zugehörigkeit zu einem Bereich der gemeindlichen Aufgabenerfüllung, z.B. einem Produktbereich, stellt dabei<br />

ein sachliches Kriterium dar. Die jeweils festgelegten Leistungskennzahlen können dann mit weiteren Erkenntnissen<br />

und Informationen zu einem zutreffenden Bild über den haushaltswirtschaftlichen Stand der Gemeinde bzw.<br />

über den Erfolg der Umsetzung von Konsolidierungs- und Sanierungsmaßnahmen, beitragen.<br />

Die Nutzung von Leistungskennzahlen in der Umsetzung der gemeindlichen Konsolidierungs- und Sanierungsmaßnahmen<br />

erfordert auch, sich einen Überblick über deren Zwecke und inhaltliche Gestaltung sowie die eingesetzten<br />

Wertgrößen zu verschaffen, um die dadurch verdichteten gemeindlichen Sachverhalte interpretieren zu<br />

können. Dazu gehören auch ausreichende Kenntnisse über die Grundlagen der Bildung und des Einsatzes von<br />

Leistungskennzahlen. Es bedarf deshalb vielfältiger Informationen zu den einzelnen Leistungskennzahlen, die im<br />

Rahmen der Konsolidierungs- und Sanierungsmaßnahmen zur Anwendung kommen sollen, z. B. über die Definition<br />

und Berechnungsformel einschließlich der verwendeten Wertgrößen. Ggf. bedarf es auch einer Interpretationshilfe,<br />

die Unterstützung für die Klärung von Fragen bieten kann, z. B. was ein hoher oder ein niedriger Kennzahlenwert<br />

bedeutet, welche Wirkungen daraus entstehen und welche Schlüsse daraus bei der Beurteilung der<br />

Umsetzung von Konsolidierungs- und Sanierungsmaßnahmen gezogen werden können.<br />

Bei der Bewertung bedarf es jedoch nicht nur besonderer Informationen über die örtlichen Einflussfaktoren auf die<br />

gemeindlichen Leistungskennzahlen, sondern es muss bei diesen Kennzahlen auch berücksichtigt werden, dass<br />

die einzelnen Leistungskennzahlen nicht getrennt nebeneinanderstehen, sondern miteinander verwoben sind<br />

bzw. verwoben werden müssen. Dabei können durchaus auch gegenseitige Abhängigkeiten bestehen, sodass im<br />

Rahmen einer Analyse die Leistungskennzahlen nicht einzeln für sich allein betrachtet werden dürfen, sondern<br />

mit anderen Werten verglichen werden müssen. Für diese Analysen eignen sich z.B. Durchschnittswerte, Minimalwerte<br />

und Maximalwerte, aber auch systemimmanente Zielwerte.<br />

Welche örtlichen Leistungskennzahlen letztlich bei der gemeindlichen Umsetzung von Konsolidierungs- und Sanierungsmaßnahmen<br />

in Betracht bzw. zum Einsatz kommen sollen, hat die Gemeinde eigenverantwortlich zu<br />

entscheiden. Die Inhalte der Entscheidung hängen dabei insbesondere von den festgelegten Zielsetzungen,<br />

bezogen auf ihre Aufgabenerfüllung und das haushaltswirtschaftliche Handeln im Zeitablauf ab. Sie sollen der<br />

dauerhaften Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde dienen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 408


2.3.3.2.5 Das Verbot der Überschuldung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Weg zu einer möglichen Überschuldung der Gemeinde wird insbesondere durch eine Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage in mehreren Haushaltsjahren beschritten und durch entsprechende Festsetzungen in der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung offen gelegt. Soweit ein solcher Weg im gemeindlichen Haushaltssicherungskonzept<br />

aufgezeigt wird, müssen die Gemeinde und die Aufsichtsbehörde dafür Sorge tragen, dass durch sachgerechte<br />

Gegenmaßnahmen die Überschuldung nicht eintritt. Im Rahmen der Aufstellung und Genehmigung<br />

eines Haushaltssicherungskonzeptes kann ein geplanter vollständiger Verzehr der allgemeinen Rücklage nicht in<br />

Betracht kommen, selbst dann nicht, wenn das Ziel, den Haushaltsausgleich wieder herzustellen, erreicht wird.<br />

Die Wiedererreichung einer geordneten Haushaltswirtschaft der Gemeinde und ihrer künftigen dauernden Leistungsfähigkeit<br />

ist so gewichtig und bedeutend, dass im Rahmen der gemeindlichen Haushaltskonsolidierung von<br />

der Gemeinde kein Eintritt einer Überschuldung eingeplant werden darf. Es dürfte vielmehr notwendig sein, in<br />

einem unter Beachtung der gesetzlich bestimmten Ziele und Zwecke aufzustellenden Haushaltssicherungskonzept<br />

zu berücksichtigen, dass die Gegenmaßnahmen der Gemeinde zum möglichen Eigenkapitalverzehr auch<br />

gesonderte Elemente enthalten müssen, die für einen Eigenkapitalaufbau geeignet sind.<br />

2.4 Zu Satz 4 (Abweichen vom Konsolidierungszeitraum):<br />

2.4.1 Die Zwecke der Vorschrift<br />

Die Vorschrift ermöglicht es im besonderen Einzelfall der Gemeinde, auf der Grundlage eines individuellen Sanierungskonzeptes<br />

von dem zehnjährigen Konsolidierungszeitraum abzuweichen. Dieser Sachverhalt bedarf der<br />

Genehmigung der Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde. Diese gesetzliche Vorgabe gilt auch für Sanierungskonzepte<br />

von kreisangehörigen Gemeinden, bei denen der Landrat des Kreises die zuständige Aufsichtsbehörde<br />

ist. Eine Gemeinde hat ihr Sanierungskonzept im Rahmen der Anzeige der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

nach § 80 GO <strong>NRW</strong> dem Landrat vorzulegen, der unter Abgabe eines Votums die Genehmigung bei der Bezirksregierung<br />

einholt und das Verfahren durch eine entsprechende Verfügung an die Gemeinde abschließt.<br />

In einem solchen gravierenden Einzelfall sind besondere sachgerechte haushaltswirtschaftliche Maßnahmen und<br />

Schritte durch die Gemeinde notwendig, damit die Gemeinde in absehbarer Zeit den gesetzlichen Haushaltsausgleich<br />

wieder erreicht. Stärker als beim zehnjährigen Konsolidierungszeitraum ist es daher vonseiten der Gemeinde<br />

und der Bezirksregierung erforderlich, in dem Sanierungskonzept nicht nur das Endziel im Blickwinkel zu<br />

haben, sondern durch mehrere Zwischenziele die vorgesehene Sanierung durchführbar und messbar zu machen.<br />

Die Sanierung dürfte in solchen Fällen grundsätzlich nur schrittweise durchzuführen sein, sodass mit der Umsetzung<br />

von Maßnahmen eine regelmäßige bzw. ständige Überprüfung der Machbarkeit und Dauerhaftigkeit einhergehen<br />

muss. Eine solche abgestimmte Verfahrensweise erleichtert bedarfsgerechte Anpassung und Weiterentwicklung<br />

des von der Gemeinde umzusetzenden Sanierungskonzeptes. Die Klärung der Frage, in welchem Umfang<br />

der ansonsten gesetzlich bestimmte zehnjährige Konsolidierungszeitraum bei einem individuellen Sanierungskonzept<br />

in zulässiger und vertretbarer Weise überschritten werden kann, bedarf noch weiterer Erörterungen<br />

und Abstimmungen. Es sollen dazu möglichst zeitnah praktikable Antworten gefunden werden.<br />

2.4.2 Das Sanierungskonzept<br />

2.4.2.1 Die grundsätzliche Zielsetzung<br />

In besonderen örtlichen Einzelfällen wird das übliche Haushaltssicherungskonzept als nicht mehr ausreichend<br />

angesehen, wenn die Gemeinde den Haushaltsausgleich in einem bestimmten Zeitkorridor nicht wieder erreichen<br />

GEMEINDEORDNUNG 409


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

kann. Gesetzlich wird dann die Aufstellung eines Sanierungskonzeptes unter Beteiligung der Bezirksregierung<br />

verlangt. Dadurch soll gesichert werden, dass geeignete Mechanismen und Strategien sowie besondere sachgerechte<br />

Maßnahmen und Schritte örtlich festlegen, die als haushaltswirtschaftliche Gegenmaßnahmen den Weg<br />

der Gemeinde sichern sollen, um in absehbarer Zeit den jährlichen Haushaltsausgleich wieder zu erreichen und<br />

die stetige Aufgabenerfüllung dauerhaft zu sichern. Die besonderen Ziel- und Zwecksetzungen der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft sowie ihrer Sanierung müssen daher über einem längeren Zeitraum im Blickfeld der Gemeinde<br />

und ihrer Aufsichtsbehörde stehen.<br />

Durch das umfassende Sanierungskonzept soll dabei ein zukunftsorientierter örtlicher Leitfaden als Gesamtkonzept<br />

der Gemeinde bestehen, dabei die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Sicherung der stetigen<br />

Aufgabenerfüllung der Gemeinde und die Steuerung ihres Haushalts neu ausgefüllt bzw. aufgebaut werden.<br />

Dieses örtliche Konzept muss deshalb ein erweitertes Planungssystem als der Haushaltsplan enthalten, denn es<br />

soll als Handlungsrichtschnur dienen und muss die konkreten und akuten Schritte aufzeigen, die sofort und in der<br />

weiteren Zukunft von der Gemeinde zu gehen sind.<br />

Besondere Eckpunkte sowie die Chancen und Risiken für die Gemeinde sind dabei besonders herauszustellen.<br />

Das Sanierungskonzept verkörpert dadurch nicht nur eine Leitlinie für das Handeln der Gemeinde und für die<br />

Verhandlungen mit Dritten. Die Klärung der Frage, ob und ggf. welche Schlussfolgerungen bei der örtlichen Umsetzung<br />

der Stufen eines Sanierungskonzeptes durch die Gemeinde zu ziehen sind und ob und welche Formen<br />

des aufsichtsrechtlichen begleitenden Handelns in den einzelnen Schritten angezeigt sind, bedarf der Abstimmung<br />

unter den Beteiligten.<br />

2.4.2.2 Die Stufen eines Sanierungskonzepts<br />

Das örtliche Gesamtkonzept zur Krisenbewältigung sollte unter Beteiligung der Betroffenen erarbeitet werden.<br />

Dadurch kann eine Struktur entstehen, die den gesamten Ablauf der Bewältigung der wirtschaftlichen Krise der<br />

Gemeinde tragfähig und die notwendigen Handlungen der Gemeinde nachvollziehbar macht. Das Sanierungskonzept<br />

sollte dabei von der Gemeinde allgemein zur Einsichtnahme verfügbar gehalten werden. Es sollte darin<br />

ein Soll-/Ist-Vergleich enthalten sein, damit transparent gemacht wird, inwieweit geplante Sanierungsschritte von<br />

der Gemeinde umgesetzt worden sind. Die Gemeinde kann dabei die Veröffentlichung in einen Zusammenhang<br />

mit ihrer Haushaltssatzung und dem Jahresabschluss stellen.<br />

Die Stufen eines gemeindlichen Sanierungskonzeptes als Gesamtkonzept der Gemeinde zur Wiedererreichung<br />

des Haushaltsausgleichs und der stetigen Aufgabenerfüllung müssen im Einzelnen örtlich bestimmt und ausgefüllt<br />

werden. Jeder Stufe kommt dabei eine eigene Bedeutung zu. Die Stufen einen gemeindlichen Sanierungskonzepts<br />

können z. B. Folgende sein (vgl. Abbildung).<br />

Stufe 1<br />

Stufe 2<br />

Stufe 3<br />

GEMEINDEORDNUNG 410<br />

Die Stufen eines Sanierungskonzepts<br />

GESAMTKONZEPT ZUR KRISENBEWÄLTIGUNG<br />

Sensibilisierung/Krisenerkenntnis<br />

(Befangenheit der Betroffenen)<br />

Krisenursachen identifizieren<br />

(Sanierungswürdigkeit und Sanierungsfähigkeit feststellen)<br />

Sanierungskonzept - Leitlinie für eine Sanierung<br />

(Ursachen - Analyse - Lage - Ziele)<br />

Bedrohung erkennen<br />

und ernst nehmen<br />

Sich schlüssig auf wesentliche<br />

Kernfragen<br />

konzentrieren<br />

Perspektive und Vision<br />

der Sanierung vermitteln


Stufe 4<br />

Stufe 5<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

GEMEINDEORDNUNG 411<br />

Die Stufen eines Sanierungskonzepts<br />

GESAMTKONZEPT ZUR KRISENBEWÄLTIGUNG<br />

Implementierung des Sanierungskonzepts<br />

(leistungs- und finanzwirtschaftliche, organisatorische<br />

Maßnahmen)<br />

Sanierungscontrolling<br />

(Identifizierung des Sanierungserfolges, Kennzahlen,<br />

Planungsrechnungen und Planbilanz)<br />

Abbildung 47 „Die Stufen eines Sanierungskonzepts“<br />

Zustimmung und Motivation<br />

der Beteiligten<br />

auslösen<br />

Erfolgreiche Umsetzung<br />

messen, Chancen und<br />

Risiken neu einschätzen<br />

Der Zusammenhang zwischen den einzelnen Stufen des Sanierungskonzepts muss örtlich eigenverantwortlich<br />

von der Gemeinde hergestellt werden. Aufgrund der großen Bedeutung der haushaltswirtschaftlichen Krisensituation<br />

müssen dabei nicht nur der Rat und die Verwaltung an der Beseitigung der Sanierung arbeiten, sondern alle<br />

Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft, z. B. die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde, müssen<br />

mitwirken und ggf. einen eigenen Beitrag leisten.<br />

2.5 Zu Satz 5 (Nebenbestimmungen zur Genehmigung):<br />

2.5.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Im Rahmen der Anzeige der gemeindlichen Haushaltssatzung hat die Aufsichtsbehörde das ihr von der Gemeinde<br />

vorgelegte Haushaltssicherungskonzept zu genehmigen. Sie kann ihre Genehmigung mit zielorientierten und<br />

zweckbezogenen Nebenbestimmungen versehen, die dann als verfahrensrechtliche Bedingungen und Auflagen<br />

erlassen werden. Diese zusätzlichen Vorgaben müssen z.B. dem Ziel der Wiedererreichung des jährlichen Haushaltsausgleichs<br />

durch die Gemeinde dienen. Der Soll-Ausgleich für die dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung soll wegen der zukunftsbezogenen Wirkungen und<br />

ihrer Einbeziehung in den gemeindlichen Haushaltsplan in das Genehmigungsverfahren einbezogen werden.<br />

Lassen sich aus den im Haushaltsplan der Gemeinde enthaltenen Planungsdaten für die dem Haushaltsjahr<br />

folgenden Jahre keine ausreichenden Veränderungen zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs erkennen,<br />

kann die Aufsichtsbehörde im Rahmen der Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes durch gesonderte<br />

Nebenbestimmungen ggf. weitere wirksame Konsolidierungsmaßnahmen von der Gemeinde verlangen.<br />

Die zur Genehmigung eines Haushaltssicherungskonzeptes möglichen Bedingungen und die zu erteilenden Auflagen<br />

sowie deren Ausgestaltung müssen sich immer an der Zielbestimmung der Wiederherstellung des jährlichen<br />

Haushaltsausgleichs und den dazu erforderlichen sachgerechten Konsolidierungsmaßnahmen messen<br />

lassen. Sie müssen zudem geeignet sein, dass die Gemeinde dadurch die gesetzten Ziele auch erreichen kann.<br />

Insgesamt gesehen muss es daher bei der Verpflichtung der Gemeinde zur Aufstellung und Umsetzung eines<br />

Haushaltssicherungskonzeptes eine stärkere Verflechtung der haushaltswirtschaftlichen Planung mit der Sicherung<br />

der stetigen Aufgabenerfüllung im Rahmen der Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans geben. Es<br />

muss aber auch ein sinnvolles Zusammenwirken zwischen der Gemeinde und ihrer Aufsichtsbehörde geben.<br />

2.5.2 Die Formen der Nebenbestimmungen<br />

Die Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage durch die Aufsichtsbehörde stellt eine Regelung<br />

für die Gemeinde dar, die nach dieser Vorschrift mit bestimmten zusätzlichen Bestimmungen (Nebenbestimmungen<br />

nach § 36 Absatz 1 VwVfG) versehen werden darf. Die verschiedenen Arten von Nebenbestimmungen ha-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

ben den verwaltungsrechtlichen Zweck, mögliche rechtliche oder tatsächliche Hindernisse, die einer uneingeschränkten<br />

Erteilung einer Genehmigung entgegenstehen, zu beseitigen. Für die Aufsichtsbehörde der Gemeinde<br />

besteht damit die Möglichkeit, die Genehmigung für die von der Gemeinde vorgesehene Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage nicht generell abzulehnen, sondern bei möglichen Bedenken mit ausgewählten Vorbehalten zu<br />

arbeiten. An diese rechtliche Lage knüpft die haushaltsrechtliche Vorschrift an, in dem sie ausdrücklich regelt,<br />

dass die Genehmigung eines Haushaltssicherungskonzeptes gegenüber der Gemeinde unter Bedingungen und<br />

mit Auflagen erteilt werden kann.<br />

Als eine mögliche Art einer Nebenbestimmung zur Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage ist<br />

nach der Vorschrift die Bedingung zulässig. Durch eine solche Nebenbestimmung wird eine bestimmte Rechtsfolge<br />

von dem Eintritt eines unsicheren zukünftigen Ereignisses bei der Gemeinde abhängig gemacht (vgl. § 158<br />

BGB). Sie findet i.d.R. bei der Erteilung von Genehmigungen in Form der aufschiebenden sowie der auflösenden<br />

Bedingung Anwendung, ohne jedoch zeitlich eindeutig festgelegt zu sein und einen eigenen Regelungsinhalt zu<br />

haben. Die Auflage stellt eine weitere zulässige Möglichkeit einer Nebenbestimmung zur Genehmigung zur Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage durch die Aufsichtsbehörde dar. Durch eine solche Nebenbestimmung wird<br />

eine zusätzliche Regelung zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen durch die Gemeinde getroffen.<br />

Diese Nebenbestimmung hängt in ihrem Bestand von der Wirksamkeit der aufsichtsbehördlichen Genehmigung<br />

als solche ab, auch wenn die Auflage selbstständig anfechtbar ist.<br />

2.5.3 Die Inhalte von Nebenbestimmungen<br />

2.5.3.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die haushaltsrechtliche Vorschrift lässt bestimmte Formen von Nebenbestimmungen zur Genehmigung des gemeindlichen<br />

Haushaltssicherungskonzeptes zu, bestimmt aber nicht deren Inhalt näher. Die Aufsichtsbehörde<br />

muss daher im Rahmen ihrer Beurteilung und der Ausübung ihres Ermessens anhand des konkreten Einzelfalls<br />

und in eigener Verantwortung die zulässigen Nebenbestimmungen inhaltlich sachgerecht festlegen. Sie soll dabei<br />

berücksichtigen, dass die Haushaltskonsolidierung für die Gemeinde einen dynamischen Prozess darstellt, der<br />

bis zum gesetzten Ziel der Konsolidierung nicht in einem Schritt bzw. in einem Haushaltsjahr zu bewältigen ist.<br />

2.5.3.2 Die Festlegung von Zwischenzielen<br />

Entsprechend den umsetzbaren Möglichkeiten können z.B. zeitlich bestimmte Zwischenziele zum Inhalt von Nebenbestimmungen<br />

gemacht werden, denn die Gemeinde soll möglichst schnell, jedoch auch machbar und nachhaltig<br />

ihre dauernde Leistungsfähigkeit verbessern. Diese Entwicklung sowie die Zielerreichung müssen messbar<br />

sein und in bestimmten Zeitabständen auch gemessen werden, z.B. stichtagsbezogen im Rahmen des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses.<br />

2.5.3.3 Die Aufstellungsfrist des Jahresabschlusses<br />

Bei Gemeinden mit einem Haushaltssicherungskonzept gilt es zum Ende eines jeden Haushaltsjahres, schnellstmöglich<br />

sachgerechte Konsequenzen aus der ausgeführten Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

für die Zukunft zu ziehen. Deshalb müssen ggf. die für das neue Haushaltsjahr geplanten bzw. eingeleiteten<br />

Maßnahmen angepasst bzw. in anderer Art und Weise oder Zeit umgesetzt werden. Wegen solcher besonderer<br />

Gegebenheiten kann es auch notwendig sein, eine kürzere Frist als gesetzlich vorgegeben (31. März des dem<br />

Haushaltsjahr folgenden Jahres) für die Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses als Nebenbestimmung<br />

der Genehmigung des örtlichen Haushaltssicherungskonzeptes festzusetzen. In solchen Fällen kann es ggf. für<br />

GEMEINDEORDNUNG 412


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 76 GO <strong>NRW</strong><br />

die Gemeinde auch sachlich sinnvoll sein, im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses grundsätzlich auf<br />

die Anwendung des Wertaufhellungsprinzips zu verzichten.<br />

2.5.3.4 Die Einrichtung eines Kontroll- und Informationssytems<br />

Ein weiterer wichtiger Inhalt von Nebenbestimmungen könnte die Einrichtung eines Kontroll- und Informationssytems<br />

sein, mit dessen Hilfe die Umsetzung der einzelnen vorgesehenen Konsolidierungsmaßnahmen zu überwachen<br />

wäre, sodass bei einer Gefährdung zeitnah sachlich sinnvolle Gegenmaßnahmen von der Gemeinde<br />

einzuleiten sind. Eine Überwachungspflicht in diesem Sinne obliegt dabei auch der Aufsichtsbehörde. Durch<br />

Nebenbestimmungen sollten daher Berichtspflichten der Gemeinde gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde oder bestimmten<br />

Dritten terminlich festgelegt werden. Diese Sachlage bedingt, auch eine realitätsnahe Zielsetzung mit<br />

messbaren Teilzielen zum Inhalt von Nebenbestimmungen zu machen.<br />

Die inhaltliche Ausgestaltung der Nebenbestimmungen durch die Aufsichtsbehörde muss sich deshalb sowohl an<br />

den von der Gemeinde vorgesehenen und im Haushaltssicherungskonzept aufgezeigten Konsolidierungsmaßnahmen<br />

als auch den voraussichtlichen bzw. tatsächlichen Umsetzungsmöglichkeiten der Gemeinde sowie dem<br />

Kontrollbedarf der Aufsichtsbehörde orientieren. Sie muss ggf. auch auf Folgen von Pflichtverstößen der Gemeinde<br />

ausgerichtet sein.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 413


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 77<br />

Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung<br />

(1) Die Gemeinde erhebt Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften.<br />

(2) Sie hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel<br />

1. soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen,<br />

2. im Übrigen aus Steuern<br />

zu beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen.<br />

(3) Die Gemeinde darf Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich<br />

unzweckmäßig wäre.<br />

Erläuterungen zu § 77:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Pflicht zur Finanzmittelbeschaffung<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft stellt eine unverzichtbare Grundlage für die örtliche Ausübung der gemeindlichen<br />

Selbstverwaltung dar, die von der Gemeinde in eigener Verantwortung im Rahmen der Gesetze und<br />

unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten auszugestalten ist. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung<br />

umfasst dabei auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung. Zu dieser Eigenverantwortung gehört<br />

die Budgethoheit sowie eine der Gemeinde mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle<br />

(vgl. Art. 28 Absatz 2 GG). Die Gemeinde hat dabei zu berücksichtigen, dass sie ihr bei der Finanzmittelbeschaffung<br />

jedoch nicht die Unabhängigkeit zusteht, wie dem Bund und den Ländern. Sie hat zudem in Verantwortung<br />

für die zukünftigen Generationen zu handeln (vgl. § 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>) sowie auf die Leistungsfähigkeit der Abgabepflichtigen<br />

Rücksicht zu nehmen.<br />

Die Gemeinde ist gefordert, sich geeignete Quellen für ihre Finanzmittel zu erschließen, denn diese sind sehr<br />

vielfältig und ergeben sich regelmäßig aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vorgängen bzw. Geschäftsvorfällen<br />

der Gemeinde. Sie hat dabei zu berücksichtigen, dass diejenigen, die Leistungen der Gemeinde<br />

in Anspruch nehmen oder eine gemeindliche Einrichtung nutzen, die entstehenden Kosten in vertretbaren und<br />

gebotenen Umfang tragen sollen. Zudem sind die Einwohner der Gemeinde verpflichtet, die Lasten zu tragen, die<br />

sich aus ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinde ergeben (vgl. § 8 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Grundbesitzer und Gewerbetreibenden,<br />

die nicht in der Gemeinde wohnen, sind verpflichtet, für ihren Grundbesitz oder Gewerbebetrieb im<br />

Gemeindegebiet auch einen Teil der Gemeindelasten zu tragen (vgl. § 8 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft wirtschaftlich, effizient und sparsam im Rahmen ihrer Selbstverwaltung<br />

zu führen. Die Haushaltswirtschaft muss dabei im Haushaltsjahr so ausgeführt werden, dass die stetige<br />

Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben gesichert ist (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 1 und 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde ist<br />

daher gefordert, für die jährliche Haushaltsplanung, die Ausführung der Haushaltswirtschaft und den Jahresabschluss<br />

die sachlich und fachlich sowie organisatorisch erforderlichen Maßnahmen zu treffen, zu denen auch die<br />

Finanzmittelbeschaffung in ihren vielfältigen Möglichkeiten gehört.<br />

Die Gemeinde hat zudem ihr Vermögen und ihre Einkünfte so zu verwalten, dass die Gemeindefinanzen gesund<br />

bleiben. Sie hat auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Abgabepflichtigen Rücksicht zu nehmen (vgl. §<br />

10 GO <strong>NRW</strong>). Durch diese Vorgaben wird auch die gemeindliche Finanzmittelbeschaffung berührt, denn diese<br />

Gebote können ggf. dazu führen, dass die Gemeinde auf kostendeckende Entgelte verzichtet. Aber auch nicht<br />

zahlungswirksame Vorteile für Dritte können die gemeindliche Finanzmittelbeschaffung beeinträchtigen, z. B. im<br />

GEMEINDEORDNUNG 414


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

Rahmen der Nutzung von gemeindlichen Einrichtungen. Es kann daher im Rahmen der Haushaltsplanung der<br />

Gemeinde geboten sein, in ihrem Vorbericht zum gemeindlichen Haushaltsplan darzustellen, in welchem Umfang<br />

auf die Erhebung spezieller Entgelte oder auf eine verursachungsgerechte Erfassung von Aufwendungen verzichtet<br />

werden soll, z. B. im öffentlichen Interesse oder aus sozialen Gründen.<br />

In die Betrachtung des Gebotes, dass die Gemeinde sich die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel<br />

zu beschaffen hat, müssen auch die gemeindlichen Haushaltsgrundsätze einbezogen werden. Die Gemeinde<br />

muss im Rahmen ihrer Finanzmittelbeschaffung prüfen, ob die Beschaffung auf wirtschaftliche Art erfolgt<br />

und z. B. bei Zuwendungen nicht allein auf den erzielbaren Zuwendungsbetrag abstellen, sondern das gesamte<br />

Verfahren einschließlich der eigenen Kosten in die Beurteilung einbeziehen.<br />

Die Gemeinde muss zudem auch prüfen, ob und in welchem Umfang die Einziehung ihrer Ansprüche im Rahmen<br />

des Mahnwesens und der Vollstreckung ausreichend betrieben wird. Dabei ist auch zu betrachten, ob und in<br />

welchem Umfang die Gemeinde die Einziehung ihrer Ansprüche durch Stundungen hinausschiebt oder durch<br />

Niederschlagung und Erlass auch auf die Durchsetzung ihrer Ansprüche verzichtet (vgl. § 23 Absatz 3 und 4 und<br />

§ 26 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die gemeindlichen Ansprüche aus pflichtigen oder<br />

freiwilligen Leistungen der Gemeinde entstanden sind. Im Grundsatz darf es nicht auf einen generellen Verzicht<br />

der Ansprüche hinauslaufen.<br />

Die gemeindliche Finanzmittelbeschaffung steht aber auch mit dem Grundsatz in Verbindung, dass die Gemeinde<br />

ihre Liquidität einschließlich der Finanzierung der Investitionen sicherzustellen hat (vgl. § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Dazu gehört die Verpflichtung der Gemeinde, eine angemessene Liquiditätsplanung vorzunehmen (vgl. § 89<br />

Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der Gemeinde, die mit den Vorgaben erreicht werden<br />

soll, kann nur gewährleistet werden, wenn die Aufnahme von Krediten für Investitionen (vgl. § 86 GO <strong>NRW</strong>)<br />

sowie von Krediten zur Liquiditätssicherung (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) mit betrachtet wird. Die Gemeinde hat<br />

zudem die einschlägigen Haushaltsgrundsätze zu beachten. Zu den gemeindlichen Haushaltsgrundsätzen gehören<br />

auch die sachgerechten Finanzierungsstrategien. Sie sollen so gestaltet werden, dass diese geeignete Ergänzungs-<br />

und Optimierungsinstrumente für die gemeindliche Finanzmittelbeschaffung darstellen.<br />

2. Die Rangfolge der Finanzmittelbeschaffung<br />

Die Vorschrift enthält für die Gemeinde die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung und legt eine bestimmte<br />

Rangfolge für die gemeindlichen Finanzmittelarten fest. Damit findet unter Berücksichtigung der Sicherung der<br />

stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde das Bedarfsdeckungsprinzip i.V.m. dem Nachhaltigkeitsprinzip Anwendung.<br />

Die Finanzmittelbeschaffung richtet sich deshalb i.d.R. nach dem örtlichen Bedarf zur Deckung der Aufwendungen<br />

und der investiven Auszahlungen. Sie hat dabei aber auch, die Rangfolge der gemeindlichen Finanzmittelbeschaffung<br />

nach dieser Vorschrift zu beachten. Das nachfolgende Schema zeigt die für die Gemeinde<br />

geltende Rangfolge näher auf (vgl. Abbildung).<br />

RANG<br />

Die Rangfolge der Finanzmittelbeschaffung<br />

FINANZMITTELART<br />

1. Sonstige Finanzmittel<br />

2.<br />

Spezielle Entgelte<br />

GEMEINDEORDNUNG 415<br />

BEISPIELE<br />

Die „Sonstigen Finanzmittel“ stellen vorrangig zu beschaffende<br />

Finanzmittel für die Gemeinde dar, z.B.<br />

Zuweisungen, Zuschüsse, Mieten, Pachten, Bußgelder,<br />

Verkaufserlöse, Zinsen (vgl. § 77 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die „Speziellen Entgelte“ soll die Gemeinde für die von<br />

ihr erbrachten Leistungen erheben, z.B. Gebühren,


RANG<br />

3.<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Rangfolge der Finanzmittelbeschaffung<br />

FINANZMITTELART<br />

Steuern<br />

4. Kredite<br />

GEMEINDEORDNUNG 416<br />

BEISPIELE<br />

Beiträge, Eintrittsgelder (vgl. § 77 Absatz 2 Nummer 1<br />

GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die „Steuern“ stellen nachrangige Finanzmittel für die<br />

Gemeinde in dieser Rangfolge dar, z.B. Grundsteuern,<br />

Gewerbesteuer, sonstige örtliche Steuern (vgl. § 77<br />

Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die „Kredite“ stellen gemeindliche Finanzmittel unter<br />

dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit dar (vgl. § 77<br />

Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Eine Kreditaufnahme ist nur für<br />

gemeindliche Investitionen zulässig (vgl. § 86 Absatz 1<br />

GO <strong>NRW</strong>).<br />

Abbildung 53 „Die Rangfolge der Finanzmittelbeschaffung“<br />

Die haushaltsmäßige Produktorientierung bringt dabei eine neue Sichtweise in das Verwaltungshandeln der Gemeinde.<br />

Mithilfe der gemeindlichen Produkte kann die Finanzmittelbeschaffung näher betrachtet und beurteilt<br />

werden, denn die Gemeinde soll ihre Finanzmittelquellen angemessen nutzen. Die gemeindliche Finanzmittelbeschaffung<br />

spiegelt sich zudem auch in der Bilanz der Gemeinde durch die gesonderten Posten für die anzusetzenden<br />

gemeindlichen Forderungen (bestehende Ansprüche) wieder. Damit wird zum jeweiligen Abschlussstichtag<br />

transparent gemacht werden, in welchem Umfang und bei welchen Finanzmittelarten die Gemeinde die ihr<br />

zustehenden Finanzmittel noch nicht erhalten hat (vgl. § 41 Absatz 3 Nummer 2.2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

3. Der Gemeindefinanzausgleich<br />

Die Gemeinden tragen die Kosten ihrer eigenen und der ihnen übertragenen Aufgaben und müssen grundsätzlich<br />

eigenverantwortlich ihre ausreichende Ausstattung mit Finanzmitteln für das jeweilige Haushaltsjahr sicherzustellen.<br />

Die Möglichkeiten dazu sind jedoch sowohl der Art nach als auch der Höhe nach begrenzt. Das Land ist<br />

deshalb verpflichtet, für eine ausreichende Finanzausstattung des Aufgabenträgers „Gemeinde“ zu sorgen und<br />

hat im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit einen übergemeindlichen Finanzausgleich durchzuführen<br />

(vgl. Art. 106 Absatz 7 GG und Art. 79 LV <strong>NRW</strong>). Dieser Finanzausgleich wird im Rahmen des jährlichen Gemeindefinanzierungsgesetzes<br />

(GFG) bestimmt und ausgeführt (vgl. GFG 2011).<br />

Das Land legt dabei sowohl die Höhe als auch die Struktur der Zuweisungen an die Gemeinden fest. In diesem<br />

Verteilungssystem erhalten die Gemeinden im Wege des Finanz- und Lastenausgleichs zur Ergänzung ihrer<br />

eigenen Erträge allgemeine und zweckgebundene Zuweisungen für die Erfüllung ihrer Aufgaben. Sie erhalten<br />

auch einen Anteil am Steueraufkommen des Landes (Steuerverbund), z.B. im GFG 2011 gemäß den Regelungen<br />

in den §§ 2 bis 19. Die Gemeinden erhalten aber auch noch besondere Zuweisungen nach dem GFG, z.B. nach<br />

den Bestimmungen der §§ 20 und 21 GFG 2011.<br />

Bei der Verteilung der Finanzmittel werden z.B. Zuwendungen, die den Gemeinden aufgrund besonderer Vorschriften<br />

gewährt werden, nicht berücksichtigt. Die Gemeinden können deshalb allgemeine Zuweisungen erhalten,<br />

z.B. Schlüsselzuweisungen für ihre laufende Verwaltungstätigkeit, sowie zweckgebundene Zuweisungen,<br />

z.B. Investitionspauschalen für ihre Investitionstätigkeit. Mit diesem Finanzausgleich soll sichergestellt werden,<br />

dass die Gemeinden als Aufgabenträger über eine ausreichende Finanzausstattung verfügen. Die Zuweisungen<br />

nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz stellen dabei für die Gemeinden sonstige Finanzmittel dar, die diese im<br />

Rahmen ihrer Finanzmittelbeschaffung entsprechend zu berücksichtigen haben.


II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Abgabenerhebung):<br />

1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

Im Rahmen des gemeindlichen Abgabenrechts wird daher die allgemeine Abgabenpflicht von Dritten gegenüber<br />

der Gemeinde sowie die Art und Höhe der Abgabe unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit<br />

der Abgabepflichtigen bestimmt. Die Abgaben stellen von der Gemeinde als Hoheitsträger einem Dritten auferlegten<br />

Geldleistungen zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben dar. Die Gemeinde ist nach Maßgabe des KAG<br />

<strong>NRW</strong> berechtigt, von den Einwohnern und Abgabepflichtigen Abgaben in Form von Steuern, Gebühren und Beiträgen<br />

zu erheben, soweit nicht Bundes- oder Landesgesetze etwas anderes bestimmen (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 1<br />

KAG <strong>NRW</strong>). Sonstige öffentlich-rechtliche Geldleistungen sowie steuerliche Nebenleistungen (Zinsen und Versäumniszuschläge)<br />

zählen dabei nicht zu den Abgaben nach den genannten Vorschriften.<br />

Die Erhebung von Abgaben durch die Gemeinde ist jedoch nicht Regelungsgegenstand des gemeindlichen<br />

Haushaltsrechts, sondern des gesonderten gemeindlichen Abgabenrechts nach den Vorschriften des KAG <strong>NRW</strong>.<br />

Gleichwohl muss ein Zusammenhang zum gemeindlichen Haushaltsrecht hergestellt werden, denn die Gemeinde<br />

hat die von den Einwohnern und Abgabepflichtigen zu erhebenden Abgaben in ihrem Haushaltsplan als Erträge<br />

und Einzahlungen zu veranschlagen (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die haushaltsrechtliche Vorschrift zu den Abgaben<br />

gegenüber der Gemeinde ist daher eine Regelung zur Einordnung der Erhebung von Abgaben in die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft.<br />

1.2 Die Arten der gemeindlichen Abgaben<br />

1.2.1 Die Abgabenart „Steuern“<br />

Die Gemeinde kann Steuern erheben (vgl. § 3 KAG <strong>NRW</strong>). Sie soll Steuern nur erheben, soweit die Deckung<br />

ihrer Aufwendungen nicht durch andere Erträge, insbesondere durch Gebühren und Beiträge, in Betracht kommt.<br />

Sie muss für ihre Steuererhebung eine Steuersatzung erlassen und kann darin festgelegen, dass der Steuerpflichtige<br />

ggf. Vorauszahlungen auf die Steuer zu entrichten hat, die er für den laufenden Veranlagungszeitraum<br />

voraussichtlich schulden wird. Die abgabenrechtliche Regelung steht dadurch mit der haushaltswirtschaftlich<br />

bestimmten Rangfolge bei der Finanzmittelbeschaffung der Gemeinde in Einklang.<br />

Unter dem Begriff „Steuern“ werden dabei haushaltswirtschaftlich die Geldleistungen verstanden, die nicht eine<br />

Gegenleistung für eine besondere Leistung der Gemeinde darstellen und zur Erzielung von gemeindlichen Erträgen<br />

all denjenigen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand, an den das betreffende Steuergesetz die Leistungspflicht<br />

des Dritten knüpft, vorliegt (vgl. § 3 Absatz 1 AO). Eine gemeindliche Abgabe ist dann eine Steuer,<br />

wenn die sich aus der genannten Vorschrift ergebenden Tatbestandsmerkmale bei einem Dritten im Verhältnis<br />

zur Gemeinde vorliegen.<br />

1.2.2 Die Abgabenart „Gebühren“<br />

Die Gemeinden können Gebühren erheben (vgl. § 4 KAG <strong>NRW</strong>). Der Begriff „Gebühren“ lässt sich dabei dadurch<br />

inhaltlich abgrenzen, in dem darunter öffentlich-rechtliche Geldleistungen verstanden werden, die einem Dritten<br />

von der Gemeinde auferlegt werden, weil dieser öffentliche Leistungen der Gemeinde in Anspruch genommen hat<br />

und die Erhebung auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften oder auf Grund einer hoheitlichen Maßnahme vorge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 417


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

nommen wird. Dabei kann dann zwischen Verwaltungsgebühren (vgl. § 5 KAG <strong>NRW</strong>) und Benutzungsgebühren<br />

(vgl. § 6 KAG <strong>NRW</strong>) für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Anlagen unterschieden werden.<br />

Die Verwaltungsgebühren werden z.B. für eine Amtshandlung erhoben, wenn die Leistung der Verwaltung von<br />

dem Beteiligten beantragt worden ist oder wenn sie ihn unmittelbar begünstigt (vgl. § 5 KAG <strong>NRW</strong>). Die Benutzungsgebühren<br />

werden als Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung (Benutzung)<br />

erhoben, sofern kein privatrechtliches Entgelt gefordert wird (vgl. § 6 KAG <strong>NRW</strong>). Die Gebührenerhebung erfolgt<br />

mit dem Zweck, diejenigen Personen, die öffentliche Leistungen der Gemeinde in Anspruch nehmen, vor den<br />

übrigen Einwohnern zu den Kosten heranzuziehen.<br />

1.2.3 Die Abgabenart „Beiträge“<br />

Die Gemeinden können Beiträge erheben (vgl. § 8 KAG <strong>NRW</strong>). In jedem Fall bedarf es aber zur Beitragserhebung<br />

einer gemeindlichen Satzung. Aus der Vorgabe der Vorschrift, dass die zur Erfüllung der gemeindlichen<br />

Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von der Gemeinde<br />

erbrachten Leistungen zu beschaffen sind, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen, kann im<br />

Einzelfall eine Pflicht der Gemeinde zum Erlass einer Beitragssatzung und damit zur Erhebung von speziellen<br />

Entgelten entstehen.<br />

Unter dem Begriff „Beiträge“ werden dabei die Geldleistungen verstanden, die dem Ersatz des Aufwandes für die<br />

Herstellung, Anschaffung und Erweiterung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen, bei Straßen, Wegen und Plätzen<br />

auch für deren Verbesserung, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen. Sie werden<br />

von den Abgabepflichtigen als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme<br />

der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Die Erhebung von Beiträgen<br />

erfolgt daher mit dem Zweck, diejenigen Personen, denen sich durch die gemeindlichen Investitionen wirtschaftliche<br />

Vorteile ergeben, vor den übrigen Einwohnern zu den Kosten heranzuziehen.<br />

Die Beitragspflicht entsteht regelmäßig mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung oder Anlage, ggf. auch mit<br />

der Beendigung einer Teilmaßnahme oder mit der endgültigen Herstellung des Abschnitts, z. B. bei Straßen,<br />

wenn dieser selbstständig in Anspruch genommen werden kann. Die Beitragspflicht entsteht z. B. bei der Erhebung<br />

von Anschlussbeiträgen, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage der Gemeinde angeschlossen<br />

werden kann. Von der Gemeinde können aber auch Beiträge für Teile einer Einrichtung oder Anlage erhoben<br />

werden (Kostenspaltung).<br />

1.2.4 Die Sonderabgaben<br />

Als gemeindliche Abgabeart bestehen neben den Steuern, Beiträgen und Gebühren weitere Sonderabgaben, z.<br />

B. die Abgabe nach dem Schwerbehindertengesetz oder die Lastenausgleichsabgabe. Solche Abgaben sind<br />

grundsätzlich nur für einen eng begrenzten Bereich zulässig und erfordern besondere Voraussetzungen. Weil<br />

derartige Sonderabgaben nur einem bestimmten Zweck dienen, muss eine unmittelbare Verbindung zwischen der<br />

Erhebung der Abgabe und ihrer Verwendung bestehen.<br />

1.3 Besondere gesetzliche Vorschriften<br />

Zur Erhebung von Abgaben durch die Gemeinde besteht eine Vielzahl von bundesgesetzlichen Bestimmungen,<br />

z.B. das Grundsteuergesetz (GrStG), das Gewerbesteuergesetz (GewStG) und die Abgabenordnung (AO) als<br />

Steuergesetze. Es sind aber auch landesrechtliche Vorschriften erlassen worden, z.B. das Kommunalabgabengesetz,<br />

das zur Abgabenerhebung durch die Gemeinde nähere Bestimmungen enthält. Außerdem besteht das<br />

GEMEINDEORDNUNG 418


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

Gebot für die Gemeinde, im Rahmen ihrer Haushaltswirtschaft Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit<br />

der Abgabepflichtigen zu nehmen (vgl. § 10 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2. Zu Absatz 2 (Beschaffung der gemeindlichen Finanzmittel):<br />

2.01 Die Rangfolge der gemeindlichen Finanzmittel<br />

Die Vorschrift verpflichtet die Gemeinde, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar<br />

und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und im Übrigen aus Steuern<br />

zu beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Sie regelt dabei auch die Rangfolge der Quellen<br />

der gemeindlichen Finanzmittel. Den Ausgangspunkt für die Untersuchung der Gemeinde, welche Finanzmittel<br />

und in welcher Höhe diese zu beschaffen sind, bildet die voraussichtliche Höhe der zur Erfüllung der gemeindlichen<br />

Aufgaben notwendigen Aufwendungen einschließlich der Auszahlungen für Investitionen.<br />

Die gesetzliche Rangfolge bedeutet, dass die Gemeinde zunächst den speziellen Entgelten den Vorrang vor den<br />

Steuern zu geben hat. Die Steuern sollen daher von der Gemeinde nur insoweit erhoben werden, wie die speziellen<br />

Entgelte und die sonstigen Finanzmittel die zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben erforderlichen Aufwendungen<br />

und Auszahlungen nicht decken. Für die Rangfolge der Inanspruchnahme der Quellen der Finanzmittel<br />

ergibt sich danach, dass für die Beschaffung von Finanzmitteln durch die Gemeinde an erster Stelle die sonstigen<br />

Finanzmittel stehen, dann die speziellen Entgelte für die von der Gemeinde erbrachten Leistungen, und schließlich<br />

die Erhebung von Steuern.<br />

2.02 Die Beschränkungen der Heranziehung<br />

Die Beschaffung der Finanzmittel nach dieser Vorschrift findet ihre Grenze im jährlichen Bedarf der Gemeinde,<br />

denn es gilt die Bedarfsdeckung (Die Erträge decken die Aufwendungen), damit der gesetzlich erforderliche<br />

Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> erreicht wird. Zudem kann das gemeinderechtliche Gebot, auf<br />

die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Abgabepflichtigen Rücksicht zu nehmen ist (vgl. § 10 Absatz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>), zu einer Beschränkung bei der Beschaffung der gemeindlichen Finanzmittel führen.<br />

Die Beschaffung der gemeindlichen Finanzmittel kann aber auch dadurch eingeschränkt sein, dass es örtlich z.B.<br />

aus sozialen Gründen, nicht geboten ist, die speziellen Entgelte für gemeindliche Leistungen nicht im Umfang<br />

einer vollen Kostendeckung zu erheben, sondern für bestimmte Personenkreise oder sonstige örtliche Gegebenheiten<br />

bei der Festlegung der Entgelte besondere Abschläge vorzunehmen.<br />

2.03 Rangfolge und Zuwendungen<br />

In die Rangfolge der Beschaffung der gemeindlichen Finanzmittel nach dieser Vorschrift lassen sich die erhaltenen<br />

Zuwendungen, die der Gemeinde von Dritten gewährt werden, nicht einordnen, denn sie gehören als Gruppe<br />

nicht zu den Finanzmitteln, die sich die Gemeinde im Sinne der Vorschrift zu beschaffen hat. Zu den Zuwendungen<br />

im gemeindlichen Bereich zählen Zuweisungen und Zuschüsse als Übertragungen vom öffentlichen oder<br />

privaten Bereich an die Gemeinde.<br />

Die Gemeinde erhält z. B. Zuwendungen für laufende Zwecke in Form von Schlüsselzuweisungen und Bedarfszuweisungen<br />

vom Land, die unmittelbar ertragswirksam vereinnahmt werden können. Sie erhält aber zudem<br />

gesonderte Zuwendungen für die Durchführung von gemeindlichen Investitionen, unter als Zahlungen für die<br />

gemeindliche Investitionstätigkeit zu erfassen sind (vgl. § 3 Absatz 1 Nummer 15 GemHVO <strong>NRW</strong>). In den Fällen,<br />

GEMEINDEORDNUNG 419


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

in denen die Gemeinde allerdings einen Rechtsanspruch auf den Erhalt von Finanzmitteln von Dritten hat, sind<br />

diese in der Rangfolge der Beschaffung von Finanzmitteln den sonstigen Finanzmitteln zuzuordnen.<br />

2.1 Zu Nummer 1 (Erhebung von Leistungsentgelten):<br />

2.1.1 Die Erhebungspflicht<br />

Die Vorschrift verpflichtet die Gemeinde, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar<br />

und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen zu beschaffen. Die Gemeinde<br />

soll damit veranlasst werden, von einem Dritten, der ihre Leistungen in Anspruch nimmt, eine angemessene Gegenleistung<br />

zu verlangen. Weil die Vorschrift gleichzeitig auch die Rangfolge der Quellen der gemeindlichen<br />

Finanzmittel regelt, ist es der Gemeinde verwehrt, bei einer Inanspruchnahme ihrer Leistungen durch Dritte regelmäßig<br />

auf eine Gegenleistung des Dritten zu verzichten.<br />

Die Gemeinde darf nach dieser Vorschrift die Hauptlast der Finanzierung ihrer Aufgaben nicht auf die Erhebung<br />

von Steuern legen, denn die Allgemeinheit der Steuerzahler soll erst zu den Lasten der Gemeinde herangezogen<br />

werden, wenn andere Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Diese haushaltsrechtlichen Gegebenheiten entsprechen<br />

den Grundsätzen des KAG <strong>NRW</strong> und daher sind neben den Abgaben auch die privatrechtlichen Entgelte bei der<br />

Finanzmittelbeschaffung zu berücksichtigen.<br />

2.1.2 Der Begriff „soweit vertretbar und geboten“<br />

Die Vorgabe nach Ausschöpfung der Möglichkeiten der Gemeinde zur Beschaffung ihrer Finanzmittel spezielle<br />

Entgelte für die von ihr erbrachten Leistungen zu erheben, findet ihre Grenze darin, dass diese Entgelte „soweit<br />

vertretbar und geboten“ zu erheben sind. Die Vorschrift knüpft damit an die Bestimmungen der §§ 6, 7 und 8 KAG<br />

<strong>NRW</strong> an. Im Rahmen der Erhebung von Leistungsentgelten darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Einwohner<br />

der Gemeinde verpflichtet sind, die Lasten zu tragen, die sich aus ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinde ergeben<br />

(vgl. § 8 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der Erhebung von Leistungsentgelten ist außerdem auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Abgabepflichtigen<br />

Rücksicht zu nehmen (vgl. § 10 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Diese Regelung räumt der Gemeinde gleichwohl<br />

einen Entscheidungsspielraum ein, der von ihr unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten auszufüllen<br />

ist. Dabei kann es im Einzelfall vorkommen, dass der Grundsatz der Kostendeckung durch wichtige und bedeutende<br />

örtliche Gesichtspunkte nur eingeschränkt zur Anwendung kommt.<br />

2.1.3 Die Erhebung von Leistungsentgelten<br />

2.1.3.1 Die Erhebung von Gebühren<br />

Die Gemeinden können Gebühren erheben (vgl. § 4 KAG <strong>NRW</strong>). Der Begriff „Gebühr“ lässt sich dabei dadurch<br />

inhaltlich abgrenzen, in dem unter Gebühren öffentlich-rechtliche Geldleistungen verstanden werden, die einem<br />

Dritten von der Gemeinde auferlegt werden, weil dieser öffentliche Leistungen der Gemeinde in Anspruch genommen<br />

hat und die Erhebung auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften oder auf Grund einer hoheitlichen Maßnahme<br />

vorgenommen wird. Dabei kann dann zwischen Verwaltungsgebühren und Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme<br />

öffentlicher Einrichtungen und Anlagen unterschieden werden.<br />

Die gemeindlichen Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die als Gegenleistung für eine individuell<br />

zurechenbare öffentliche Leistung geschuldet werden. Sie dienen der Erzielung von Erträgen, um die Kosten der<br />

GEMEINDEORDNUNG 420


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

öffentlichen Leistung in der Regel zu decken. Verwaltungsgebühren sind Entgelte für die Inanspruchnahme von<br />

öffentlichen Leistungen und Amtshandlungen. Benutzungsgebühren sind demgegenüber Entgelte für die Benutzung<br />

von öffentlichen Einrichtungen und Anlagen und für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen.<br />

Die Verwaltungsgebühren werden z. B. für eine Amtshandlung erhoben, wenn die Leistung der Verwaltung von<br />

dem Beteiligten beantragt worden ist oder wenn sie ihn unmittelbar begünstigt (vgl. § 5 KAG). Die Benutzungsgebühren<br />

werden als Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung (Benutzung) erhoben,<br />

sofern kein privatrechtliches Entgelt gefordert wird (vgl. § 6 KAG <strong>NRW</strong>). Die Gebührenerhebung erfolgt mit dem<br />

Zweck, diejenigen Personen, die öffentliche Leistungen in Anspruch nehmen, vor den übrigen Einwohnern zu den<br />

Kosten heranzuziehen.<br />

Die Gebührenforderungen der Gemeinde können zu unterschiedlichen Zeitpunkten ertragswirksam werden. Fordert<br />

die Gemeinde durch einen Gebührenbescheid eine Vorauszahlung, ist die festgelegte Gebühr zum im gemeindlichen<br />

Bescheid enthaltenen Erfüllungszeitpunkt bzw. Fälligkeitstermin ertragswirksam zu vereinnahmen,<br />

weil dies den Realisationszeitpunkt darstellt, in dem Erträge dem betreffenden Haushaltsjahr wirtschaftlich zugerechnet<br />

werden können.<br />

In den Fällen, in denen die endgültige Gebührenfestsetzung erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet, und<br />

führt diese dazu, dass eine Nachzahlung gefordert wird, ist dieser gemeindliche Anspruch i.d.R. mit der Bekanntgabe<br />

des Bescheides ertragswirksam zu buchen. Dieses gilt entsprechend, wenn die Gemeinde aufgrund der<br />

Festsetzung einen Betrag an einen Dritten zu erstatten hat. Die Bindung der Festsetzung von Gebühren an das<br />

Vorliegen eines gemeindlichen Bescheides gebietet das öffentlich-rechtliche Handeln der Gemeinde.<br />

2.1.3.2 Die Erhebung von Beiträgen<br />

Die Gemeinden können Beiträge erheben (vgl. § 8 KAG <strong>NRW</strong>). Die Beitragspflicht entsteht regelmäßig mit der<br />

endgültigen Herstellung der Einrichtung oder Anlage, ggf. auch mit der Beendigung einer Teilmaßnahme oder mit<br />

der endgültigen Herstellung des Abschnitts, wenn dieser selbstständig in Anspruch genommen werden kann.<br />

Wird z.B. ein Anschlussbeitrag erhoben, so entsteht i.d.R. die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung<br />

oder Anlage angeschlossen werden kann. Von der Gemeinde können aber auch Beiträge für Teile einer<br />

Einrichtung oder Anlage erhoben werden (Kostenspaltung).<br />

Unter dem Begriff „Beiträge“ werden dabei Geldleistungen verstanden, die dem Ersatz des Aufwandes für die<br />

Herstellung, Anschaffung und Erweiterung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen, bei Straßen, Wegen und Plätzen<br />

auch für deren Verbesserung, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen. Sie werden<br />

von den Abgabepflichtigen als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme<br />

der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Die Erhebung von Beiträgen<br />

erfolgt daher mit dem Zweck, diejenigen Personen, denen sich durch die gemeindlichen Investitionen wirtschaftliche<br />

Vorteile ergeben, vor den übrigen Einwohnern zu den Kosten heranzuziehen.<br />

Erhaltene Beiträge u.ä. Entgelte sind der Investitionstätigkeit der Gemeinde zuzurechnen und daher unmittelbar<br />

im gemeindlichen Finanzplan zu erfassen. Erst mit der späteren Nutzung der mit den Beiträgen bzw. Entgelten<br />

finanzierten Anschaffung oder Herstellung von gemeindlichen Vermögensgegenständen entsteht eine Ergebniswirksamkeit<br />

aus der Auflösung der wegen der erhaltenen Beiträge in der gemeindlichen Bilanz gebildeten Sonderposten<br />

(vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 2.2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dazu gehören auch die Beiträge, die von der Gemeinde<br />

als Erschließungsbeiträge nach § 127 BauGB erhoben werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 421


2.2 Zu Nummer 2 (Die Erhebung von Steuern):<br />

2.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Steuern sollen von der Gemeinde nur insoweit erhoben werden, wie diese und die sonstigen Finanzmittel die<br />

zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben erforderlichen Aufwendungen und Auszahlungen nicht decken. Für die<br />

Rangfolge der Inanspruchnahme der Quellen der Finanzmittel ergibt sich danach, dass von der Gemeinde an<br />

erster Stelle die sonstigen Finanzmittel in Anspruch zu nehmen sind, dann die speziellen Entgelten für die von der<br />

Gemeinde erbrachten Leistungen, und schließlich die Steuern. Die Gemeinde ist für die Festsetzung und Erhebung<br />

der Realsteuern selbst zuständig (vgl. § 1 des Gesetzes über die Zuständigkeit für die Festsetzung und<br />

Erhebung der Realsteuern vom 16.12.1981; GV. <strong>NRW</strong>. 1981 S. 732).<br />

Zu den Realsteuern, die von der Gemeinde erhoben werden können, gehören nach § 3 Absatz 2 AO die Grundsteuer<br />

A und B sowie die Gewerbesteuer. Derartige Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für<br />

eine besondere Leistung darstellen. Sie werden und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung<br />

von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht<br />

knüpft. Die Erzielung von Einnahmen kann dabei Nebenzweck sein (vgl. § 3 Absatz 1 AO).<br />

2.2.2 Die Zuordnungen nach dem Erfüllungszeitpunkt<br />

2.2.2.1 Der sachliche Zuordnungsbedarf<br />

Eine Steuerpflicht entsteht i.d.R. wirtschaftlich in dem Jahr, für das aus Sicht des Festsetzenden eine Veranlagung<br />

vorgenommen wird, unabhängig davon, zu welchem späteren Zeitpunkt die Festsetzung der Steuerpflicht<br />

erfolgt. Für die Erhebung von Steuern definieren die einschlägigen Gesetze oder Satzungen abstrakte Tatbestände,<br />

die einen Anspruch der Gemeinde begründen können sowie die Voraussetzungen des Entstehens. Ein<br />

abstrakter Anspruch ist jedoch nicht als ausreichend zu bewerten, um bereits zu diesem Zeitpunkt eine Ertragswirksamkeit<br />

auszulösen.<br />

In diesen Fällen bedarf es vielmehr erst der tatsächlichen Verwirklichung dieses Anspruchs durch einen Heranziehungsbescheid<br />

der Gemeinde im Rahmen ihrer Steuererhebung als wertbegründenden Tatbestand. Das öffentlich-rechtliche<br />

Handeln der Gemeinden gebietet ein haushaltswirtschaftliches Handeln, durch dass die Steuererträge<br />

erst nach der Verwirklichung der Anspruchstatbestände (nach konkreter Feststellung) erhoben und<br />

gemeindeübergreifend nach der gleichen Art und Weise, also wenn die Leistungspflicht rechtsverbindlich ist,<br />

einem Haushaltsjahr zugeordnet werden.<br />

Die Steuererträge der Gemeinde sollen daher dem Haushaltsjahr, in dem auf Basis der Bemessungsgrundlage<br />

die Steuerpflicht durch einen gemeindlichen Heranziehungsbescheid (Rechtsakt) festgesetzt bzw. realisiert werden,<br />

zugerechnet werden (Erfüllungszeitpunkt). Erst zu diesem Zeitpunkt entstehen die Leistungspflicht und der<br />

wertbegründende Tatbestand (Realisationszeitpunkt), in dem Erträge dem betreffenden Haushaltsjahr wirtschaftlich<br />

zugerechnet werden können.<br />

Eine solche Verfahrensweise ist u.a. auch wegen des Problems angemessen, dass ein möglicher Ertrag nicht<br />

zuverlässig in dem Haushaltsjahr gemessen werden kann, in dem die wirtschaftliche Ursache möglicherweise<br />

entsteht, sondern erst in einem späteren Haushaltsjahr. Erst zu diesem Zeitpunkt ist objektiv betrachtet auch das<br />

Ressourcenaufkommen als entstanden anzusehen, weil dieser Zugang bei der Gemeinde durch einen Verwaltungsakt<br />

objektiviert und damit der wertbegründende Tatbestand geschaffen wird. Erst in diesem Rahmen bzw.<br />

zu diesem Zeitpunkt ist ein gemeindlicher Steuerertrag verlässlich bewertbar.<br />

GEMEINDEORDNUNG 422


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

Die haushaltswirtschaftliche Zuordnung von Steuererträgen nach dem Erfüllungszeitpunkt ist auch wegen der<br />

Notwendigkeit einer einheitlichen Handhabung sowie aus Gründen der Vereinfachung sachgerecht. Sie folgt<br />

vorrangig dem Bestehen eines gemeindlichen Rechtsanspruchs und dem wertbegründenden Tatbestand nicht<br />

ausschließlich dem Prinzip der ungewissen wirtschaftlichen Verursachung. Die Zuordnung ist auch unter Berücksichtigung<br />

des gesetzlich bestimmten jährlichen Haushaltsausgleichs sowie des gemeindlichen Finanzausgleichs<br />

erforderlich. Dadurch sollen möglichst vergleichbare Ausgangsverhältnisse bei den Gemeinden geschaffen und<br />

gewährleistet werden, z. B. für die Ermittlung der Steuerkraft der Gemeinde. Die beschriebene haushaltswirtschaftliche<br />

Zuordnung von Steuererträgen trägt der periodenbezogenen Zuordnung im Sinne des NKF in ausreichendem<br />

Maße Rechnung. Das haushaltsmäßige Zuordnungsprinzip ist sowohl bei Festsetzungsbescheiden als<br />

auch bei Vorauszahlungsbescheiden anzuwenden.<br />

2.2.2.2 Die Ertragszuordnungen bei Vorauszahlungsbescheiden<br />

Bei Vorauszahlungsbescheiden der Gemeinde ist die festgelegte Steuerzahlung zu den oder dem im gemeindlichen<br />

Bescheid enthaltenen Fälligkeitstermin(en) des betreffenden Haushaltsjahres (Erfüllungszeitpunkten) ertragswirksam<br />

zu vereinnahmen, denn erst zu diesem Zeitpunkt entstehen die Leistungspflicht und der wertbegründende<br />

Tatbestand. Dabei ist dann zwischen Fälligkeitsterminen in dem Jahr, in dem der Bescheid durch die<br />

Gemeinde erlassen wird, und in künftigen dem Jahr des Bescheides folgenden Jahren zu unterscheiden. Wird ein<br />

Bescheid für die Zukunft mit Zahlungsterminen z.B. im folgenden Haushaltsjahr erlassen, muss der Ertrag dem<br />

Haushaltsjahr zugerechnet werden, in dem die Erfüllungszeitpunkte liegen. In diesen Fällen kommt für die haushaltsmäßige<br />

ertragswirksame Zuordnung nicht der Zeitpunkt der Festsetzung in Betracht.<br />

In den Fällen aber, in denen die Festsetzung im gemeindlichen Bescheid und die darin festgelegten Zahlungstermine<br />

das gleiche Haushaltsjahr betreffen, kann der daraus für die Gemeinde entstehende Ertrag nach den<br />

Fälligkeitsterminen in Teilbeträge aufgeteilt und entsprechend ertragswirksam vereinnahmt werden. Der durch<br />

den Bescheid entstehende gemeindliche Ertrag kann aber auch bereits im Zeitpunkt der Festsetzung vollständig<br />

in der gemeindlichen Ergebnisrechnung erfasst werden. Die unterjährigen Fälligkeitstermine erfordern nicht, dass<br />

die dadurch entstandenen Teilerträge entsprechend von der Gemeinde zu vereinnahmen sind.<br />

2.2.2.3 Die Ertragszuordnungen bei Festsetzungsbescheiden<br />

Bei Festsetzungsbescheiden der Gemeinde (auch Nachzahlungs- oder Rückforderungsbescheide) führt die endgültige<br />

Festsetzung (rechtsverbindliche Leistungspflicht) dazu, dass die Zuordnung der möglichen Erträge i.d.R.<br />

zu dem Haushaltsjahr vorzunehmen ist, in dem der Bescheid ergeht und der Erfüllungszeitpunkt liegt, denn erst<br />

zu diesem Zeitpunkt entstehen die Leistungspflicht und der wertbegründende Tatbestand, in dem Erträge dem<br />

betreffenden Haushaltsjahr wirtschaftlich zugerechnet werden können.<br />

In den Fällen, in denen z.B. eine Nachzahlung gefordert wird, kann diese mit der Bekanntgabe des Bescheides<br />

ertragswirksam gebucht werden. Dieses gilt entsprechend, wenn die Gemeinde aufgrund der vorgenommenen<br />

endgültigen Festsetzung einen Betrag zu erstatten hat. Im Rahmen des Jahresabschlusses kann dabei aber auch<br />

das Wertaufhellungsgebot zu beachten sein, wenn sich die Festsetzungsbescheide auf zuvor liegende Steuerveranlagungsjahre<br />

beziehen.<br />

2.2.3 Das Wertaufhellungsgebot bei der Steuererhebung<br />

Grundsätzlich gilt auch für Steuererträge, dass im Rahmen des Jahresabschlusses zu prüfen ist, ob das Wertaufhellungsprinzip<br />

Anwendung findet. Das Wertaufhellungsgebot ist ein Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung<br />

(GoB). Es regelt die Frage, wie Informationen zu berücksichtigen sind, die der Bilanzierende nach dem Ab-<br />

GEMEINDEORDNUNG 423


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

schlussstichtag, aber vor Aufstellung des Jahresabschlusses, erhält. Das Wertaufhellungsgebot verlangt, dass<br />

Informationen, die sich auf Gegebenheiten vor dem Abschlussstichtag beziehen, im Jahresabschluss berücksichtigt<br />

werden. Ergibt sich nach dem Abschlussstichtag, aber noch vor der Bestätigung des Jahresabschlusses<br />

durch den Bürgermeister, eine Änderung der Steuerhöhe für einen bereits abgeschlossenen Erhebungszeitraum<br />

bzw. ein abgeschlossenes Haushaltsjahr, so ist dieser Betrag nach dem kaufmännischen Wertaufhellungsprinzip<br />

noch in dem „offenen“ Jahresabschluss zu berücksichtigen.<br />

2.3 Die „Sonstigen Finanzmittel“<br />

2.3.1 Der Begriff „Sonstige Finanzmittel“<br />

Unter den sonstigen Finanzmitteln der Gemeinde sind alle Finanzmittel zu verstehen, die von der Gemeinde<br />

erschlossen werden können, ohne ihre Bürger zusätzlich durch Entgelte und Steuern zu belasten. Besonders die<br />

Finanzmittel, die zweckfrei der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden, z. B. Schlüsselzuweisungen durch das<br />

Land, fallen unter diesen Begriff. Aber auch sonstige Finanzleistungen Dritter gehören dazu. Für die Gemeinde<br />

stellen die Erträge aus der Vermietung oder der Verpachtung sowie Zinserträge ebenso sonstige Finanzmittel<br />

dar. Es sind auch die Erträge aus Veräußerung von Vermögensgegenständen (Veräußerungserlös über dem<br />

Buchwert) zu den sonstigen Finanzmitteln der Gemeinde zu zählen.<br />

2.3.2 Die Vorrangstellung der sonstigen Finanzmittel<br />

Im Rahmen des Bedarfsdeckungsprinzips in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft wird nach der Vorschrift den<br />

sonstigen Finanzmitteln eine gesetzliche Vorrangstellung gegenüber den speziellen Entgelten und den Steuern<br />

gegeben. Die Gemeinde ist deshalb nach den in der Vorschrift enthaltenen Grundsätzen verpflichtet, sich bei<br />

Finanzmittelbeschaffung besonders um die Heranziehung von sonstigen Finanzmitteln zu bemühen. Die Gemeinde<br />

hat daher alle ihr möglichen Finanzmittelquellen auszuschöpfen, bevor sie Leistungsentgelte oder Steuern<br />

aus Gründen der Finanzmittelbeschaffung anpasst. Sie soll deshalb bei der Beantragung von Zuwendungen<br />

darauf achten, dass ihr Zuwendungen möglichst auch in zeitlicher Hinsicht unter Berücksichtigung ihrer haushaltsmäßig<br />

erforderlichen Bedarfsdeckung gewährt werden.<br />

2.3.3 Die Beschaffung der sonstigen Finanzmittel<br />

Die Gemeinde ist nach der Vorschrift verpflichtet, aufgrund der Vorrangstellung der sonstigen Finanzmittel bei der<br />

gemeindlichen Finanzmittelbeschaffung, sich besonders um die vielfältigen Finanzierungsquellen dieser Finanzmittel<br />

angemessen zu bemühen, die sich aus öffentlich-rechtlichen und aus privatrechtlichen Verhältnissen für die<br />

Gemeinde ergeben können. Bei der Beschaffung der sonstigen Finanzmittel muss die Gemeinde ihre Entscheidung<br />

dokumentieren, wenn ihre Möglichkeiten ausgeschöpft sind und deshalb dann zusätzlich spezielle Entgelte<br />

oder Steuern erhoben werden sollen.<br />

3. Zu Absatz 3 (Wirtschaftlichkeit bei Kreditaufnahme):<br />

3.1 Die Nachrangigkeit der Kreditaufnahme<br />

Die Aufnahme von Krediten für Investitionen hat wegen der langfristigen Bindung der Gemeinde an den Kreditgeber<br />

eine besondere haushaltsrechtliche und haushaltswirtschaftliche Bedeutung. Der haushaltsrechtlich benutzte<br />

Begriff „Kredit“ ist dabei haushaltswirtschaftlich umfassend im Sinne der Aufnahme von Fremdkapital auszulegen<br />

und daher nicht auf die bankrechtliche Einordnung beschränkt. Im Rahmen der Finanzhoheit der Gemeinde stellt<br />

GEMEINDEORDNUNG 424


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

diese Finanzierungsform eine Möglichkeit der Gemeinde dar, die Finanzierung der Investitionen sicherzustellen<br />

(vgl. § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Die Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde bleibt dabei bestehen, denn es besteht<br />

auch aus der genannten Vorschrift heraus keine Pflicht für die Gemeinde zur Aufnahme von Fremdkapital bzw.<br />

kein rechtlicher Anspruch, die Verschuldung zu erhöhen.<br />

Im Rahmen des Bedarfsdeckungsprinzips in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft wird die Aufnahme von Krediten<br />

zugelassen, wenn eine andere Finanzierung durch die Gemeinde nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig<br />

wäre. Damit hat die Gemeinde vor der Aufnahme von Krediten für Investitionen zu prüfen, ob und<br />

inwieweit andere Finanzierungsmöglichkeiten für die vorgesehene Investitionsmaßnahme bestehen, z.B. einem<br />

Überschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit oder Rückflüsse aus der Darlehensgewährung, die nicht zur Tilgung<br />

von Krediten benötigt werden. In diesem Sinne ist auch zu prüfen, ob Landeszuweisungen für die gemeindliche<br />

Investition gewährt werden, z.B. als Projektförderung oder in pauschaler Form.<br />

Sofern eine derartige Finanzierungsunterstützung nicht oder nur anteilig möglich ist, besteht kein Hindernis für die<br />

Gemeinde, zur Finanzierung gemeindlicher Investitionen eine Kreditaufnahme vorzunehmen. Dabei ist der haushaltsrechtlich<br />

benutzte Begriff „Kredit“ umfassend im Sinne einer Aufnahme von Fremdkapital durch die Gemeinde<br />

zu verstehen. Er ist daher nicht allein nach den bankrechtlichen Gegebenheiten anzuwenden. Im Rahmen der<br />

Aufnahme von Krediten durch die Gemeinde ist dann die Einhaltung der Nachrangigkeit der Kreditaufnahme als<br />

Vorgabe sowie die Verwendung der Kreditmittel für gemeindliche Investitionen (vgl. § 86 GO <strong>NRW</strong>) nachvollziehbar<br />

zu gewährleisten und zu dokumentieren.<br />

3.2 Die Kreditaufnahme nach § 86 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Vorschrift des § 86 GO <strong>NRW</strong> enthält ausdrücklich die Vorgabe für die Gemeinde, dass Kredite nur für gemeindliche<br />

Investitionen unter Einhaltung der Voraussetzung des § 77 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> aufgenommen werden<br />

dürfen. Sie stellt daher eine besondere Verbindung zu den Regelungen über die Finanzmittelbeschaffung der<br />

Gemeinde her. Die Kreditfinanzierung von aufwandswirksamen Auszahlungen der Gemeinde steht deshalb weder<br />

mit der Nachrangigkeit der Kreditaufnahme in Einklang, noch mit der Vorgabe, dass Kredite nur aufgenommen<br />

werden dürfen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.<br />

Eine Ausnahme besteht lediglich für eine Kreditaufnahme zur Umschuldung, weil bei einem solchen Vorgang die<br />

Tilgung der ursprünglichen finanziellen Verbindlichkeit und ein Zugang einer neuen finanziellen Verbindlichkeit in<br />

gleicher Höhe erfolgen (vgl. § 86 GO <strong>NRW</strong>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich auch gleichzeitig die Vertragsbedingungen<br />

zwischen Kreditgeber und Gemeinde substanziell verändern. Die Gemeinde kann daher nach<br />

der genannten Vorschrift Kredite aufnehmen, wenn diese Finanzierung der Bedarfsdeckung bei investiven Maßnahmen<br />

im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung dient und der gemeindlichen Kreditaufnahme die<br />

Schaffung von Vermögenswerten gegenübersteht.<br />

3.3 Die Voraussetzungen der Kreditaufnahme<br />

3.3.1 Der Begriff „andere Finanzierung“<br />

Die gemeindlichen Kredite werden im Rahmen privatrechtlicher Rechtsgeschäfte, z. B. als Schuldscheindarlehen,<br />

Anleihen u.a., aufgenommen. N der Vorschrift des § 86 GO <strong>NRW</strong> dürfen Kredite nur für Investitionen und nach<br />

der Vorschrift des § 89 GO <strong>NRW</strong> nur zur Liquiditätssicherung aufgenommen werden. Die Finanzmittel aus gemeindlichen<br />

Kreditaufnahmen ließen sich deshalb nicht ohne Weiteres in die Rangordnung des Absatzes 2 einfügen,<br />

sondern bedurften einer gesonderten Regelung. Eine Kreditaufnahme kommt grundsätzlich nur in Betracht,<br />

wenn alle anderen Quellen für Finanzmittel der Gemeinde ausgeschöpft sind. Eine Ausnahme von dieser Subsidiarität<br />

der Kreditaufnahme wird nur für den Fall zugelassen, dass eine andere Finanzierung wirtschaftlich un-<br />

GEMEINDEORDNUNG 425


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

zweckmäßig wäre. Ob dies vor Ort gegeben ist, muss von der Gemeinde nach haushaltswirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />

sowie nach den örtlichen wirtschaftlichen Wirkungen beurteilt und entschieden werden.<br />

3.3.2 Der Begriff „wirtschaftlich unzweckmäßig“<br />

Beim Begriff „wirtschaftlich unzweckmäßig“ ist die Betrachtung der Zulässigkeit der gemeindlichen Kreditaufnahme<br />

im Rahmen der gemeindlichen Bedarfsdeckung auf haushaltswirtschaftliche Gesichtspunkte abzustellen. Zum<br />

Nachweis der Wirtschaftlichkeit eine Kreditaufnahme besteht daher für die Gemeinde die Verpflichtung, einerseits<br />

einen Vergleich zwischen den Möglichkeiten der Finanzmittelbeschaffung nach den Absätzen 1 und 2 und der<br />

Aufnahme von Fremdkapital vorzunehmen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Kreditaufnahme jedenfalls nicht<br />

ungünstiger sein darf als die sonstigen Möglichkeiten der Finanzmittelbeschaffung. Die voraussichtlichen Gesamtkosten<br />

von beiden Möglichkeiten der Finanzmittelbeschaffung müssen von der Gemeinde in den Vergleich<br />

einbezogen werden.<br />

Andererseits kann im Einzelfall ggf. auch ein Vergleich mit einer gemeindlichen Geldanlage in Betracht kommen,<br />

insbesondere dann, wenn die gemeindlichen Bestände an Kapitalvermögen hochverzinslich angelegt sind, während<br />

der Gemeinde von Dritten niedrig verzinsliche Kredite zur Verfügung gestellt werden. In die Gesamtbetrachtung<br />

der Wirtschaftlichkeit sind aber auch die Kenntnisse über den Kreditmarkt und die Bedingungen bei der<br />

Vergabe von Krediten durch die Kreditgeber einzubeziehen. Die Gemeinde sollte daher solche Informationen in<br />

ihre Entscheidung über eine zulässige Kreditaufnahme einfließen lassen, z.B. wie die Kreditgeber die Gemeinde<br />

als Kreditnehmer einstufen. Bei den Kreditgebern könnte künftig auch die Kreditvergabe an die Gemeinde einer<br />

internen Risikoeinschätzung unterliegen, sodass diese „Bonitätsprüfung“ sich auch auf die gemeindlichen Kreditkosten<br />

auswirken wird.<br />

3.3.3 Die Beurteilung des einzelnen Kredits<br />

Die Gemeinde hat in ihre Beurteilung, ob bei einer gesehenen Kreditaufnahme die haushaltsrechtlichen und<br />

haushaltswirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllt werden, auch alle von ihr vertraglich zu vereinbarenden Konditionen<br />

einzubeziehen. Die einzelnen Konditionen stellen nicht nur für das gemeindliche Vertragswerk, sondern<br />

auch für die gemeindliche Bilanzierung ihrer Verbindlichkeiten wichtige Eckpunkte dar. Einige Konditionen werden<br />

nachfolgend beispielhaft aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Mögliche Konditionen für gemeindliche Kredite<br />

- Der Auszahlungsbetrag.<br />

- Die Währung.<br />

- Die Zinsen (Höhe und Bindungsfrist.<br />

- Die sonstigen Kreditkosten.<br />

- Die Laufzeit der Kreditgewährung.<br />

- Die ordentliche Tilgung.<br />

- Die Kündigungsrechte (z. B. für eine außerordentliche Tilgung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 426


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

Mögliche Konditionen für gemeindliche Kredite<br />

- Sonstige Vereinbarungen (z. B. Möglichkeit der Laufzeitverlängerung).<br />

Abbildung 54 „Mögliche Konditionen für gemeindliche Kredite“<br />

Die Gemeinde hat die Konditionen eines Kreditvertrages eigenverantwortlich unter Berücksichtigung der örtlichen<br />

Verhältnisse, z. B. der Kreditermächtigung in der gemeindlichen Haushaltssatzung, und unter Einhaltung der<br />

haushaltsrechtlichen Vorschriften festzulegen und in ihrer Finanzbuchhaltung zu erfassen bzw. ausreichend zu<br />

dokumentieren.<br />

3.4 Kredite und Kapitalanlage (Geldanlage)<br />

Eine gemeindliche Kapitalanlage entsteht i.d.R. aus der Hingabe von vorhandenen liquiden Mitteln (Geldbeträgen)<br />

der Gemeinde, die in Kapital umgewandelt werden. Dieser Vorgang stellt wie die Umwandlung von vorhandenen<br />

liquiden Mitteln der Gemeinde in Sachanlagen haushaltsrechtlich eine Investition dar. Außerdem stellt die<br />

von der Gemeinde erworbene Kapitalanlage bilanztechnisch eine Finanzanlage dar, so dass in diesem Zusammenhang<br />

der Zahlungsvorgang in der gemeindlichen Finanzrechnung unter der Haushaltsposition „Auszahlungen<br />

für den Erwerb von Finanzanlagen“ nachzuweisen ist (vgl. § 3 Absatz 1 Nummer 23 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Investitionen der Gemeinde bewirken regelmäßig eine dauerhafte Mehrung des gemeindlichen Vermögens,<br />

z.B. das in der gemeindlichen Bilanz anzusetzende Anlagevermögen, zu dem auch die Finanzanlagen zu zählen<br />

sind. Diese haushaltsrechtliche Zuordnung einer Kapitalanlage der Gemeinde könnte den Schluss zu lassen,<br />

dass dadurch auch eine Kreditfinanzierung für eine Kapitalanlage zulässig wäre. Die Gemeinde darf nach der<br />

Vorschrift des § 86 GO <strong>NRW</strong> Kredite für Investitionen aufnehmen.<br />

Der Erwerb einer Kapitalanlage dient einerseits der gemeindlichen Aufgabenerfüllung dient und stellt andererseits<br />

eine Investition dar, sodass die Voraussetzungen für eine Kreditaufnahme für die Kapitalanlage grundsätzlich<br />

erfüllt sein können. Einer solchen Kreditaufnahme dürfen jedoch auch die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung<br />

nicht entgegenstehen, denn sie ist zulässig, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich oder unzweckmäßig<br />

wäre. Dieses könnte im Einzelfall beim Erwerb einer Kapitalanlage gegeben sein. In diesem Zusammenhang<br />

wäre auch zu prüfen, ob beim Erwerb einer Kapitalanlage mit durch einen Kredit der Gemeinde zugegangenen<br />

Geldmitteln (Fremdkapital) es zu einer dauerhaften Vermögensmehrung bei der Gemeinde kommt.<br />

Bei einer Kreditaufnahme für eine Kapitalanlage könnte zudem das Spekulationsverbot in § 90 GO <strong>NRW</strong> berührt<br />

sein, wenn unterstellt werden kann, dass die Kapitalanlage vorrangig der Erzielung eines Gewinns aus der Differenz<br />

zwischen den Kreditkosten und dem Zinsertrag dient, und dabei auf die weitere „ungewisse“ Zinsentwicklung<br />

gesetzt wird. Andererseits dient aber eine solche Differenz erst einmal dazu, eine Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage<br />

anzunehmen. Auch deshalb war z. B. in der Vergangenheit eine Kapitalanlage der Gemeinde nur dann zulässig,<br />

wenn bei der Gemeinde weitere Geldmittel vorhanden waren, die sie nicht für ihren aktuellen Zahlungsverkehr<br />

benötigte.<br />

Bei der Finanzierung einer Kapitalanlage durch Fremdkapital ist auch der künftige Verwendungszweck in die<br />

Bewertung einzubeziehen. Im Sinne des § 86 GO <strong>NRW</strong> dürfte es nicht zulässig sein, wenn die fremdfinanzierte<br />

Kapitalanlage der Gemeinde dazu dient, in künftigen Haushaltsjahren die Auszahlungen aus zahlungswirksamen<br />

Aufwendungen zu ermöglichen. Mit einem solchen Zweck verliert der Erwerb einer Kapitalanlage den Charakter<br />

einer Investition und damit die Grundlage für eine zulässige Kreditaufnahme. In diesem Sinne wäre bei einer<br />

GEMEINDEORDNUNG 427


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 77 GO <strong>NRW</strong><br />

Fremdkapitalfinanzierung der Kapitalanlage auch der Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit tangiert (vgl. §<br />

1 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesem Zusammenhang steht auch der Runderlass über kommunale Geldanlagen vom 25.01.2005, nach dem<br />

zu beachten ist, dass eine Kapitalanlage bzw. die Anlage von gemeindlichen Geldmitteln nur mit Geldmitteln der<br />

Gemeinde zulässig ist, die nicht zur Sicherung der Liquidität und zur Zahlungsabwicklung benötigt werden. Dieser<br />

Runderlass führt zudem die vorherigen Runderlasse fort. Diese Voraussetzungen bedingen, dass der Erwerb<br />

einer Kapitalanlage, finanziert durch die Aufnahme von Investitionskrediten nach § 86 GO <strong>NRW</strong>, dann nicht mit<br />

den haushaltsrechtlichen Grundsätzen und Vorschriften für Gemeinden in Einklang steht, wenn mit der Kapitalanlage<br />

künftig die laufende Verwaltungstätigkeit der Gemeinde finanziert werden soll, z. B. die künftigen Versorgungsleistungen<br />

der Gemeinde.<br />

3.5 Keine Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

Zur Ausgestaltung der Ausführung des gemeindlichen Haushalts gehört auch die weitere gesetzliche Grundlage,<br />

dass die Gemeinde zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen bedarfsgerecht die notwendigen Kredite zur<br />

Liquiditätssicherung unter Einhaltung des in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrages aufnehmen<br />

kann, um notwendigerweise ihren kurzfristigen Liquiditätsbedarf zu decken (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 3 und §<br />

89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Diese haushaltsrechtliche Regelung steht unmittelbar nicht mit der gesonderten Vorgabe<br />

in Verbindung, dass die Gemeinde Kredite nur aufnehmen darf, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist<br />

oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.<br />

Die Kredite zur Liquiditätssicherung können von der Gemeinde aufgenommen werden, damit die gemeindlichen<br />

Auszahlungen rechtzeitig geleistet werden können, soweit ihr dafür keine anderen Zahlungsmittel zur Verfügung<br />

stehen. Diese haushaltsrechtliche Einordnung lässt nicht zu, derartige Kredite unter den Grundsätzen der gemeindlichen<br />

Finanzmittelbeschaffung mit zu erfassen. Aber auch die Grundsätze selbst lassen keine Zuordnung<br />

zu, denn diese sind auf die Finanzierung des gemeindlichen Haushalts und nicht auf die Verstärkung der liquiden<br />

Mittel der Gemeinde für die Zahlungsabwicklung ausgerichtet. Durch die ausdrückliche Wortwahl für die Kreditaufnahme<br />

der Gemeinde "wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist" wird diese Sachlage ausdrücklich<br />

klargestellt.<br />

Diese haushaltsrechtliche Einschränkung führt gleichwohl nicht dazu, dass von der Gemeinde die Kredite zur<br />

Liquiditätssicherung ohne Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeitsaspekten aufgenommen werden können. Die<br />

Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft insgesamt wirtschaftlich zu führen (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Dieser Haushaltsgrundsatz ist nicht beschränkt, sondern erstreckt auf das gesamte haushaltswirtschaftliche Handeln<br />

der Gemeinde. Er endet daher in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung nicht bei der Buchführung, sondern<br />

umfasst dort auch die gemeindliche Zahlungsabwicklung (vgl. § 93 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Einer gesonderten Betrachtung<br />

und Bewertung der Kredite zur Liquiditätssicherung unter dem Begriff der Wirtschaftlichkeit nach dieser<br />

Vorschrift bedarf es daher nicht.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 428


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 78<br />

Haushaltssatzung<br />

(1) Die Gemeinde hat für jedes Haushaltsjahr eine Haushaltssatzung zu erlassen.<br />

(2) 1 Die Haushaltssatzung enthält die Festsetzung<br />

1. des Haushaltsplans<br />

a) im Ergebnisplan unter Angabe des Gesamtbetrages der Erträge und der Aufwendungen des Haushaltsjahres,<br />

b) im Finanzplan unter Angabe des Gesamtbetrages der Einzahlungen und Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit,<br />

des Gesamtbetrages der Einzahlungen und Auszahlungen aus der Investitionstätigkeit und<br />

aus der Finanzierungstätigkeit des Haushaltsjahres,<br />

c) unter Angabe der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen (Kreditermächtigung),<br />

d) unter Angabe der vorgesehenen Ermächtigungen zum Eingehen von Verpflichtungen, die künftige Haushaltsjahre<br />

mit Auszahlungen für Investitionen belasten (Verpflichtungsermächtigungen),<br />

2. der Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage und der Verringerung der allgemeinen Rücklage,<br />

3. des Höchstbetrages der Kredite zur Liquiditätssicherung,<br />

4. der Steuersätze, die für jedes Haushaltsjahr neu festzusetzen sind,<br />

5. des Jahres, in dem der Haushaltsausgleich wieder hergestellt ist.<br />

2<br />

Sie kann weitere Vorschriften enthalten, die sich auf die Erträge und die Aufwendungen, Einzahlungen und Auszahlungen,<br />

den Stellenplan des Haushaltsjahres und das Haushaltssicherungskonzept beziehen.<br />

(3) 1 Die Haushaltssatzung tritt mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft und gilt für das Haushaltsjahr. 2 Sie kann<br />

Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre, nach Jahren getrennt, enthalten.<br />

(4) Haushaltsjahr ist das Kalenderjahr, soweit für einzelne Bereiche durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts<br />

anderes bestimmt ist.<br />

Erläuterungen zu § 78:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Das Satzungsrecht der Gemeinde<br />

1.1 Die Haushaltssatzung der Gemeinde<br />

Die jährliche Haushaltswirtschaft der Gemeinde erfordert eine bindende Grundlage für ihre Ausführung durch die<br />

gemeindliche Verwaltung. Diese Grundlage schafft der Rat der Gemeinde im Rahmen seiner Zuständigkeit und<br />

seines Budgetrechtes (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>) durch den jährlichen Erlass einer Haushaltssatzung.<br />

Diese Satzung ist dabei eine Ausprägung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde, denn diese kann<br />

ihre Angelegenheiten durch örtliche Satzungen regeln (vgl. § 7 GO <strong>NRW</strong>). Die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

muss danach nach einem bestimmten Muster aufgebaut sein, um durch eine Einheitlichkeit in der Praxis auch die<br />

Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.<br />

Ein auf der beschlossenen Haushaltsatzung aufbauender gemeindlicher Haushalt ist gleichzeitig aber auch Ausdruck<br />

der Finanzhoheit der Gemeinde. Es muss dabei von der Gemeinde gewährleistet werden, dass durch die<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen mindestens alle gesetzlich bestimmten Festsetzungen für das Haushaltsjahr<br />

getroffen werden. Die Satzung muss zudem alle Ermächtigungen für die gemeindliche Verwaltung enthalten, die<br />

zur Ausführung und Einhaltung des Haushaltsplans der Gemeinde sowie zur Nachweisführung im Jahresabschluss<br />

notwendig sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 429


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Die jährliche Haushaltssatzung der Gemeinde unterliegt dabei nicht insgesamt einer Genehmigungspflicht durch<br />

die gesetzlich zuständige Aufsichtsbehörde, sondern nur einer Anzeigepflicht (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Im<br />

örtlichen Einzelfall kann sich aber wegen der defizitären Haushaltslage der Gemeinde die Pflicht zur Aufstellung<br />

eines Haushaltssicherungskonzeptes ergeben, das dann einen Bestandteil des gemeindlichen Haushaltsplans<br />

darstellt (vgl. § 76 und § 79 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 1 Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dieser<br />

Tatbestand löst dann eine Genehmigungspflicht aus, jedoch nur für das gemeindliche Haushaltssicherungskonzept<br />

und nicht für die gesamte Haushaltssatzung der Gemeinde.<br />

Bei der vom Rat der Gemeinde beschlossenen Haushaltssatzung hat der Bürgermeister zu prüfen, ob die Satzung<br />

den materiellen und formellen Anforderungen entspricht und ordnungsgemäß zustande gekommen ist (vgl.<br />

§ 2 Absatz 1 Satz 1 BekanntmVO <strong>NRW</strong>). Er muss dabei beachten, dass die Gestaltung der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

verbindlich vorgegeben worden ist (vgl. Nummer 1.1.1 des Runderlasses des Innenministeriums<br />

vom 24.02.2005 (SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300). Die Veröffentlichung der Haushaltssatzung setzt zudem voraus, dass die<br />

für die Bekanntmachung notwendigen Verfahrensschritte nach den einschlägigen Rechtsvorschriften erfolgt sind<br />

(vgl. z.B. §§ 2 und 3 BekanntmVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2 Haushaltssatzung und gemeindliche Verwaltung<br />

Die jährliche Haushaltssatzung bindet die Verwaltung der Gemeinde bei der Ausführung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans. Die gemeindliche Verwaltung wird durch die Satzung ermächtigt, die im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

enthaltenen Ermächtigungen für die dort ausgewiesenen Zwecke in Anspruch zu nehmen, neue Verpflichtungen<br />

einzugehen, bei Bedarf aber auch Kredite zur Finanzierung der gemeindlichen Investitionen aufzunehmen<br />

(vgl. §§ 79, 85 und 86 GO <strong>NRW</strong>). Der gemeindliche Haushaltsplan stellt in diesem Zusammenhang die<br />

wichtigste Anlage zur Haushaltssatzung dar, die wesentliche und unverzichtbare Inhalte für die Ausführung der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr enthält. Die gemeindliche Haushaltssatzung hat jedoch nur<br />

in einem eingeschränkten Umfang eine unmittelbare Bindungswirkung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern<br />

der Gemeinde sowie die Abgabepflichtigen. Eine solche Bindung entsteht, wenn durch die Haushaltssatzung<br />

auch Steuersätze für die Gemeindesteuern festgesetzt werden.<br />

1.3 Die Anlagen zur Haushaltssatzung<br />

Die Vorschrift über die gemeindliche Haushaltssatzung bestimmt zwar die Inhalte der Haushaltssatzung, enthält<br />

aber keine Verpflichtung, dieser Satzung auch Anlagen, z.B. den gemeindlichen Haushaltsplan beizufügen. Erst<br />

die Vorschrift über die Aufstellung der Haushaltssatzung der Gemeinde verlangt ausdrücklich vom Kämmerer,<br />

den Entwurf einer Haushaltssatzung mit ihren Anlagen aufzustellen, die nach der Bestätigung durch den Bürgermeister<br />

dem Rat der Gemeinde zuzuleiten ist (vgl. § 80 GO <strong>NRW</strong>). Nach dieser Vorschrift hat auch der Rat über<br />

den Entwurf der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen in öffentlicher Sitzung zu beraten und zu beschließen (vgl. §<br />

80 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan ist dabei in diesem Zusammenhang, ohne einen besonderen Verweis darauf,<br />

eine gesetzlich bestimmte Anlage zur Haushaltssatzung. Als unverzichtbare und wichtigste Anlage der Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde füllt dieser die Festsetzungen der Satzung weiter aus. Im Haushaltsplan müssen alle<br />

für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde im Haushaltsjahr zu erzielenden Erträge und entstehenden Aufwendungen<br />

enthalten sein, während die Haushaltssatzung „nur“ den Gesamtbetrag der Erträge und den Gesamtbetrag<br />

der Aufwendungen festsetzt (vgl. § 79 Absatz 1 Nummer 1 und 2 i.V.m. § 78 Absatz 2 Nummer 1a GO<br />

<strong>NRW</strong>). Hinsichtlich seiner Wertigkeit stellt der Haushaltsplan der Gemeinde somit eine materiell geprägte Anlage<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung dar. Gleichwohl entfaltet der Haushaltsplan, ergänzend zur Haushaltssat-<br />

GEMEINDEORDNUNG 430


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

zung und eine detaillierte, eigenständige rechtliche Bindung für die Haushaltsführung der Gemeinde im Haushaltsjahr<br />

(vgl. § 79 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde hat dazu in eigener Verantwortung über die weiteren der gemeindlichen Haushaltssatzung beizufügenden<br />

Anlagen zu entscheiden, um damit ein zutreffendes Bild über ihre geplante Haushaltswirtschaft im<br />

Haushaltsjahr abgeben zu können. Sie dabei auch die Maßgaben anderer Vorschriften über einzelne Anlagen<br />

zum gemeindlichen Haushaltsplan zu beachten. Die dem gemeindlichen Haushaltsplan verpflichtend beizufügenden<br />

Anlagen können auch als Anlagen zur Haushaltssatzung der Gemeinde angesehen werden (vgl. § 1 Absatz<br />

2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung ist daher dann nicht vollständig aufgestellt, wenn zwar ein Haushaltsplan<br />

erstellt wurde, die Anlagen aber insgesamt oder in Teilen nicht verfügbar sind. Um eine möglichst gleiche Handhabung<br />

hinsichtlich der Gestaltung des gemeindlichen Haushaltsplans und seiner Anlagen in der Praxis zu erreichen,<br />

sind durch den Runderlass des Innenministeriums vom 24.02.2005 (SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300) z.T. verbindliche<br />

Vorgaben gemacht worden. Dazu wurden gleichzeitig Muster erarbeitet, die zur Anwendung empfohlen wurden<br />

(vgl. Nr. 1.2 bis 1.4.3 dieses Runderlasses einschließlich der Anlagen 3 bis 14).<br />

1.4 Dringlichkeitsentscheidung und Haushaltssatzung<br />

In haushaltswirtschaftlichen Angelegenheiten ist vielfach eine Entscheidung des Rates der Gemeinde einzuholen<br />

bzw. eine Beschlussfassung des Rates herbeizuführen (vgl. z.B. § 83 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). In den Fällen, in denen<br />

der Rat der Gemeinde nicht rechtzeitig einberufen und die Entscheidung auch nicht aufgeschoben werden<br />

kann, weil sonst erhebliche Nachteile oder Gefahren für die Gemeinde entstehen können, ist eine Dinglichkeitsentscheidung<br />

nach Maßgabe des § 60 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> möglich.<br />

In solchen Angelegenheiten kann dann z.B. der Bürgermeister zusammen mit einem Ratsmitglied entscheiden,<br />

weil diese Personen dem Rat der Gemeinde als Mitglieder angehören. Die getroffene Dringlichkeitsentscheidung<br />

ist dann dem Rat in seiner nächsten Sitzung zur Genehmigung vorzulegen (vgl. § 60 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Er kann die Dringlichkeitsentscheidung auch wieder aufheben (vgl. § 60 Absatz 1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong>). Soweit der<br />

Rat die Dringlichkeitsentscheidung genehmigt, erlangt diese eine endgültige Bestandskraft.<br />

Durch eine solche Dringlichkeitsentscheidung kann jedoch nicht die gemeindliche Haushaltssatzung rechtswirksam<br />

erlassen werden, weil für die Haushaltssatzung der Gemeinde ein bestimmtes förmliches Verfahren vorgeschrieben<br />

ist (vgl. § 80 GO <strong>NRW</strong>). Der Rat der Gemeinde muss nach dieser Vorschrift nicht nur über die Haushaltssatzung,<br />

sondern auch über die dazu erhobenen Einwendungen gesondert beschließen. Solche Entscheidungen<br />

können daher nicht durch eine Dringlichkeitsentscheidung ersetzt werden. Die Unzulässigkeit der Dringlichkeitsentscheidung<br />

bei der Haushaltssatzung gilt entsprechend für die gemeindliche Nachtragssatzung, denn<br />

für diese Satzung gelten die Vorschriften für die Haushaltssatzung entsprechend (vgl. § 81 Absatz 1 Satz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>).<br />

2. Die Beachtung haushaltswirtschaftlicher Grundsätze<br />

Mit der Vorschrift über die gemeindliche Haushaltssatzung werden mehrere Haushaltsgrundsätze umgesetzt. So<br />

wird z. B. dem Haushaltsgrundsatz der Jährlichkeit dadurch Genüge getan, dass die Haushaltssatzung für das<br />

Haushaltsjahr gilt und das gemeindliche Haushaltsjahr das Kalenderjahr ist. Der Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit<br />

kommt dadurch zum Ausdruck, dass die Haushaltssatzung der Gemeinde mit Beginn des Haushaltsjahres<br />

in Kraft tritt, sodass die Haushaltssatzung i.d.R. vor Beginn des betreffenden Haushaltsjahres beschlossen<br />

werden sollte, damit die Satzung rechtzeitig in Kraft treten kann (vgl. § 80 GO <strong>NRW</strong>). Die vom Rat der Gemeinde<br />

beschlossene Haushaltssatzung ist daher spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres der Aufsichts-<br />

GEMEINDEORDNUNG 431


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

behörde der Gemeinde anzuzeigen (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Dem Haushaltsgrundsatz der zeitlichen Bindung<br />

wird durch die Festlegung, dass die gemeindliche Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr gilt, in genügender<br />

Weise Rechnung getragen.<br />

3. Die Verfahrensschritte für den Erlass der Haushaltssatzung<br />

Die Gemeindeordnung gibt für den Erlass der jährlichen Haushaltssatzung den Gemeinden mehrere Verfahrensschritte<br />

vor, bei denen die Rechte des Rates der Gemeinde, des Bürgermeisters und des Kämmerers zu berücksichtigen<br />

sind (vgl. Abbildung).<br />

Das Verfahren zum Erlass der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

VERFAHRENSSCHRITTE<br />

Aufstellung des Entwurfs der Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen durch den Kämmerer und Bestätigung des Entwurfs<br />

durch den Bürgermeister.<br />

Zuleitung des Entwurfs der Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen an den Rat.<br />

Öffentliche Bekanntgabe des Entwurfs der Haushaltssatzung<br />

mit Festlegung einer Frist für die Erhebung von Einwendungen an<br />

mindestens 14 Tagen.<br />

Beratung über die Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen in öffentlicher Sitzung des Finanzausschusses.<br />

Beratung und Beschlussfassung über die Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen in öffentlicher Sitzung des Rates ggf. auch Beschlussfassung<br />

über die erhobenen Einwendungen.<br />

Anzeige der Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen bei der Aufsichtsbehörde; sie soll spätestens 1<br />

Monat vor Beginn des Haushaltsjahres erfolgen.<br />

Ablauf der Anzeigefrist,<br />

bei der zu beachten ist:<br />

1. Genehmigung der Verringerung der allgemeinen Rücklage;<br />

2. Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes.<br />

Bekanntmachung und Verfügbarhalten der Haushaltssatzung<br />

sie soll bis zum Ende der in § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> benannten Frist<br />

verfügbar gehalten werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 432<br />

FUNDSTELLE<br />

§ 80 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 80 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 80 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 59 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 80 Absatz 3 Satz 3 und<br />

Absatz 4 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 4 und § 76 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 80 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 55 „Das Verfahren zum Erlass der gemeindlichen Haushaltssatzung“<br />

Die Aufstellung der Haushaltssatzung bedarf neben der notwendigen Aufgabenverteilung innerhalb der gemeindlichen<br />

Verwaltung auch einer konkreten Zeitplanung. Bei der Festlegung des zeitlichen Ablaufes des Aufstellungsverfahrens<br />

ist zu beachten, dass die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen spätestens einen<br />

Monat vor Beginn des Hausjahres bei der Aufsichtsbehörde angezeigt werden soll (§ 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).


4. Die Berichtspflichten gegenüber dem Rat<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Die haushaltsrechtlichen Vorschriften für die Gemeinden enthalten über die Beschlussfassung der Haushaltssatzung,<br />

der Feststellung des Jahresabschlusses und der Bestätigung des Gesamtabschlusses durch den Rat hinaus<br />

einige besondere Berichtspflichten für die gemeindliche Verwaltung, wenn örtlich einzelne Geschäftsfälle von<br />

besonderer oder erheblicher Bedeutung für die Gemeinde sind, die u.a. das Budgetrecht des Rates der Gemeinde<br />

berühren. Im Rahmen der Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans entsteht eine Berichtspflicht grundsätzlich<br />

bei auftretenden erheblichen Abweichungen von der vom Rat beschlossenen Haushaltssatzung. Die<br />

Berichtspflichten dienen insbesondere dazu, die Eingriffsrechte des Rates in das haushaltswirtschaftliche Geschehen<br />

der Gemeinde im Ablauf des Haushaltsjahres zu sichern. Nachfolgend sind einige Berichtspflichten<br />

gegenüber dem Rat der Gemeinde aufgeführt (vgl. Abbildung).<br />

Die Berichtspflichten gegenüber dem Rat der Gemeinde<br />

GEMEINDLICHE PFLICHTEN<br />

Bei einem erheblich höheren Bedarf an Ermächtigungen für Aufwendungen<br />

und Auszahlungen, durch die eine Nachtragssatzung erforderlich<br />

wird.<br />

Bei überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und<br />

Auszahlungen, wenn sie erheblich sind.<br />

Bei einer Entwicklung der Erträge, der Aufwendungen oder der Liquidität<br />

der Erlass wegen des Erlasses einer Haushaltssperre durch den<br />

Rat oder wegen der Aufhebung einer solchen Sperre von der Inanspruchnahme<br />

von Ermächtigungen.<br />

Bei der Fortschreibung der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

bei einem Haushaltsplan für zwei Jahre.<br />

Bei der Übertragung von Ermächtigungen für Aufwendungen und<br />

Auszahlungen ins Folgejahr.<br />

Bei einer Haushaltssperre des Kämmerers oder des Bürgermeisters<br />

nach § 24 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>.<br />

Bei einer voraussichtlichen Gefährdung des Haushaltsausgleichs.<br />

Bei einer nicht nur geringfügigen Erhöhung von Investitionsauszahlungen<br />

bei einer Einzelmaßnahme.<br />

Bei dem Erlass von örtlichen Vorschriften entsprechend den Sicherheitsstandards<br />

in § 31 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>.<br />

GEMEINDEORDNUNG 433<br />

FUNDSTELLE<br />

§ 81 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 83 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 83 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 9 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 22 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 56 „Die Berichtspflichten gegenüber dem Rat der Gemeinde“<br />

§ 24 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 24 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 24 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 31 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

Weitere Vorlage- und Berichtspflichten der gemeindlichen Verwaltung gegenüber dem Rat der Gemeinde entstehen<br />

durch die im Auflauf des Haushaltsjahres vorkommende Weiterentwicklung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft,<br />

z. B. durch neue dringende Investitionsmaßnahmen, deren Volumen oberhalb der vom Rat festgelegten<br />

Wertgrenzen liegt (vgl. z.B. § 10 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Aufgrund dessen kann ggf. auch die Aufstellung einer<br />

Nachtragssatzung für das Haushaltsjahr erforderlich werden (vgl. § 81 GO <strong>NRW</strong>).


II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

1. Zu Absatz 1 (Pflicht zur Aufstellung einer Haushaltssatzung):<br />

1.1 Die Gliederung der Haushaltssatzung<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung hat auch im NKF eine herausragende Bedeutung für die Steuerung und<br />

Planung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft sowie der zukünftigen Entwicklung der Gemeinde. Sie gehört zu<br />

den wichtigen örtlichen Satzungen, die eigenverantwortlich vom Rat der Gemeinde erlassen werden, weil die<br />

Gemeinde ihre örtlichen Angelegenheiten durch Satzung regeln sollen (vgl. § 7 GO <strong>NRW</strong>). In ihrer rechtlichen<br />

Wirkung geht die Haushaltssatzung der Gemeinde über den gemeindlichen Haushaltsplan hinaus, weil sie eine<br />

Reihe von Inhalten und Grundlagen enthält, die nicht nur Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft der Gemeinde<br />

haben, sondern auch unmittelbar auf Dritte wirken. Der gemeindliche Haushaltsplan ist in diese Satzung eingebunden.<br />

Er stellt jedoch unter Einbeziehung der besonderen Vorschrift des § 79 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> eine bindende<br />

Norm nur für die Verwaltung der Gemeinde bzw. ihre Haushaltswirtschaft dar.<br />

In diesem Zusammenhang sind die Inhalte der gemeindlichen Haushaltssatzung zu betrachten, die den Rahmen<br />

für die gemeindliche Haushaltsführung bilden, denn die Haushaltssatzung der Gemeinde hat bestimmte Festsetzungen<br />

zur gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr zu enthalten. Nur wenn örtlich erkennbar ist,<br />

dass es bei einzelnen gesetzlich bestimmten Festlegungen, z. B. zum Gesamtbetrag der Kredite (vgl. § 78 Absatz<br />

2 Nummer 1 Buchstabe c GO <strong>NRW</strong>) oder zum Ausgleich des Ergebnisplans (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>), keinen Bedarf für eine satzungsmäßige Festsetzung gibt, kann bei Vorliegen der Angabe, dass solche<br />

Sachverhalte nicht zu veranschlagen sind, von einer ordnungsgemäßen Haushaltssatzung ausgegangen werden.<br />

Die Festsetzungen der gemeindlichen Haushaltssatzung werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

§<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Die Gliederung der Haushaltssatzung<br />

Ergebnisplan<br />

Gesamtbetrag der Erträge<br />

Gesamtbetrag der Aufwendungen<br />

Finanzplan<br />

(lfd. Verwaltungstätigkeit)<br />

Gesamtbetrag der Einzahlungen<br />

Gesamtbetrag der Auszahlungen<br />

(Investitionstätigkeit)<br />

Gesamtbetrag der Einzahlungen<br />

Gesamtbetrag der Auszahlungen<br />

(Finanzierungstätigkeit)<br />

Gesamtbetrag der Einzahlungen<br />

Gesamtbetrag der Auszahlungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 434<br />

SATZUNGSREGELUNG<br />

Gesamtbetrag der Kredite für Investitionen<br />

Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen für Investitionen<br />

Jahresfehlbetrag im Ergebnisplan<br />

Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage


§<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gliederung der Haushaltssatzung<br />

GEMEINDEORDNUNG 435<br />

SATZUNGSREGELUNG<br />

Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

Steuersätze für die Gemeindesteuern<br />

Haushaltsausgleich wieder hergestellt bis …<br />

Örtliche Sonderregelungen<br />

Abbildung 57 „Die Gliederung der Haushaltssatzung“<br />

Für den Rat der Gemeinde liegt eine beschlussfähige vollständige Haushaltssatzung mit ihren Anlagen nur vor,<br />

wenn diese alle gesetzlich vorgesehenen und erforderlichen Regelungen für die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

enthält und ihr alle erforderlichen Anlagen beigefügt sind. Der Verzicht auf eine ausdrückliche Aufzählung<br />

dieser Anlagen in den haushaltsrechtlichen Vorschriften steht dem Gebot der Beachtung des Grundsatzes der<br />

Vollständigkeit jedoch nicht entgegen. Außerdem ist die örtliche Ausgestaltung der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

nach dem bekannt gegebenen und für verbindlich erklärten Muster vorzunehmen (vgl. Nummer 1.1.1 des<br />

Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

1.2 Der Begriff „Haushaltsjahr“<br />

Durch die haushaltsrechtliche Vorschrift des § 78 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> wird unter Einbeziehung des Jährlichkeitsprinzips<br />

als Haushaltsjahr das Kalenderjahr als Geschäftsjahr der Gemeinde bestimmt. Das Haushaltsjahr umfasst<br />

deshalb den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember, der der jahresbezogenen gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

zugrunde zu legen ist. Auf der Grundlage der vom Rat der Gemeinde beschlossenen Haushaltssatzung<br />

ist die haushaltswirtschaftliche Periode auf einen Bewirtschaftungszeitraum von zwölf Monaten ausgerichtet,<br />

in der der gemeindliche Haushaltsplan auszuführen ist. Nach Ablauf des Haushaltsjahres bzw. der Periode<br />

muss eine Abrechnung erfolgen und daher zum Abschlussstichtag 31. Dezember von der Gemeinde ein Jahresabschluss<br />

(vgl. § 95 GO <strong>NRW</strong>) aufgestellt werden.<br />

Durch die verbindliche Festlegung der zeitlichen Deckung des Haushaltsjahres mit dem Kalenderjahr werden die<br />

periodengerechte Zuordnung und Buchung von gemeindlichen Erträgen und Aufwendungen, der Rahmen der<br />

Buchungen von Einzahlungen und Auszahlungen sowie die Rechnungsabgrenzung bestimmt. Durch die getroffene<br />

Regelung besteht außerdem eine Übereinstimmung der haushaltswirtschaftlichen Periode des gemeindlichen<br />

Haushalts mit den sonstigen öffentlichen Haushalten sowie mit dem Steuerjahr. Auch das in der Privatwirtschaft<br />

allgemein übliche Wirtschaftsjahr entspricht regelmäßig dem Kalenderjahr. Zudem besteht in der Forstwirtschaft<br />

ebenfalls kein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr (vgl. § 34 LFoG <strong>NRW</strong>).<br />

Die Übereinstimmung des betrieblichen Geschäftsjahres mit dem Kalenderjahr und dadurch mit dem gemeindlichen<br />

Haushaltsjahr besteht auch bei den meisten gemeindlichen Betrieben, die in den Gesamtabschluss der<br />

Gemeinde einzubeziehen bzw. zu konsolidieren sind. Die gemeindlichen Betriebe, die nach dem Handelsrecht<br />

Rechnung legen, können eigenverantwortlich ihr Geschäftsjahr bzw. Wirtschaftsjahr festlegen. In der betrieblichen<br />

Praxis wird das Wirtschaftsjahr regelmäßig für die gleiche Periode (Kalenderjahr) festgelegt, wie es für die<br />

Gemeinde als Haushaltsjahr gesetzlich bestimmt worden ist.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

In Einzelfällen, in denen gemeindlichen Betriebe von diesem Zeitrahmen abweichen, ist vor Ort zu klären, welche<br />

Auswirkungen das auf die Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses hat.<br />

Es sind ggf. geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit die für die Haushaltswirtschaft der Gemeinde bzw. ihre<br />

Abschlüsse benötigten Informationen zeitgerecht zur Verfügung gestellt werden. Ein gleiches Geschäftsjahr von<br />

gemeindlicher Verwaltung und gemeindlichen Betrieben erleichtert daher die Zusammenführung der gemeindlichen<br />

Abschlüsse im Rahmen des Gesamtabschlusses der Gemeinde.<br />

1.3 Der Begriff „jährlich“<br />

Nach der Vorschrift hat die Gemeinde für jedes Haushaltsjahr, also jährlich, eine Haushaltssatzung zu erlassen.<br />

Diese Festlegung wird dadurch präzisiert, dass die Vorschrift die zeitliche Geltungsdauer der Haushaltssatzung<br />

bestimmt, denn diese tritt nach § 78 Absatz 3 Satz 1 GO <strong>NRW</strong> mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft und gilt für<br />

das Haushaltsjahr. Außerdem wird ausdrücklich bestimmt, dass das Haushaltsjahr mit dem Kalenderjahr identisch<br />

ist (vgl. nach § 78 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Mit diesen Bestimmungen wird das im gemeindlichen Haushaltsrecht anzuwendende Jährlichkeitsprinzip dadurch<br />

näher bestimmt, dass die gemeindliche Haushaltswirtschaft sich immer auf ein Jahr beziehen soll. Diese Vorgabe<br />

hat z.B. bei der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung nach § 84 GO <strong>NRW</strong> zur Folge, dass trotz des Zeitrahmens<br />

von fünf Jahren immer jahresbezogene Planungsdaten zu ermitteln sind und der Haushaltsausgleich<br />

jährlich gegeben sein soll. Die Jährlichkeit gilt ebenso bei einer Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre, denn<br />

diese muss die Festsetzungen nach Jahren getrennt aufweisen (vgl. § 78 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.4 Der Beschluss des Rates<br />

Die Pflicht der Gemeinde, für jedes Haushaltsjahr eine Haushaltssatzung zu erlassen, wird dadurch erfüllt, dass<br />

der Rat der Gemeinde im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeit einen entsprechenden Beschluss fasst,<br />

denn er kann diese Aufgabe nicht übertragen (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>). Der Bürgermeister hat<br />

dabei dafür Sorge zu tragen, dass die gemeindliche Haushaltssatzung fristgerecht beschlossen wird (vgl. § 80<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Er hat aber auch dafür zu sorgen, dass durch den Rat ein Beschluss über den Entwurf der<br />

Haushaltssatzung gefasst wird (vgl. § 80 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Pflichten und Rechte kann der Bürgermeister aufgrund seiner Stellung innerhalb der Gemeinde durchsetzen.<br />

Als Verantwortlicher für die gemeindliche Verwaltung trägt er die Verantwortung für den Entwurf der Haushaltssatzung<br />

(vgl. § 62 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Als Mitglied und Vorsitzender des Rates (Mitglied kraft Gesetzes)<br />

muss er dafür sorgen, dass ein Beschluss über die gemeindliche Haushaltssatzung im Rahmen der gesetzlichen<br />

Bestimmungen gefasst wird (vgl. § 40 Absatz 2 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Dem Bürgermeister steht dabei nicht das<br />

Recht zu, die Tagesordnung und die Beratungen so zu gestalten, dass ein Beschluss des Rates über den Entwurf<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung auf unbestimmte Zeit verschoben wird.<br />

2. Zu Absatz 2 (Festsetzungen in der Haushaltssatzung):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Festsetzungen und Haushaltsplan)<br />

2.0 Die Inhalte der Vorschrift<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung muss haushaltswirtschaftliche Rahmenfestsetzungen enthalten, die durch<br />

den Haushaltsplan näher ausgefüllt werden (vgl. Muster zu Nummer 1.1.1 des Runderlasses des Innenministeriums<br />

vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300). Bei den jeweiligen Festsetzungen in der Haushaltssatzung und den<br />

GEMEINDEORDNUNG 436


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Veranschlagungen im Haushaltsplan sind zudem die einschlägigen haushaltsrechtlichen Bestimmungen zu beachten,<br />

z. B. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> (Haushaltsausgleich). Zu den satzungsrechtlichen Festlegungen gehören<br />

jeweils die Summe (Gesamtbetrag) der gemeindlichen Erträge und Aufwendungen aus dem Ergebnisplan der<br />

Gemeinde (vgl. § 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Auch die Summe (Gesamtbetrag) der Einzahlungen und Auszahlungen aus<br />

laufender Verwaltungstätigkeit sowie aus der Investitionstätigkeit und aus der Finanzierungstätigkeit aus dem<br />

gemeindlichen Finanzplan gehören dazu (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Festsetzung des Gesamtbetrages der Kredite, deren Aufnahme für gemeindliche Investitionen erforderlich ist<br />

(Kreditermächtigung), stellt ebenso eine Rahmenvorgabe dar, denn der in der Haushaltssatzung festgesetzte<br />

Gesamtbetrag wird durch eine Vielzahl von einzelnen Kreditaufnahmen bestimmt. Im gemeindlichen Finanzplan<br />

ist wiederum nur die satzungsmäßige Gesamtsumme der geplanten Kredite als voraussichtliche Einzahlung aus<br />

der Finanzierungstätigkeit veranschlagt ist. Des Weiteren ist der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen,<br />

die zur Leistung von Investitionsauszahlungen in künftigen Haushaltsjahren erforderlich sind, als Rahmenvorgabe<br />

anzusehen, denn der gemeindliche Finanzplan enthält eine Vielzahl davon, weil diese Ermächtigungen<br />

bei den einzelnen jeweils betroffenen Investitionen der Gemeinde ausgewiesen werden sollen.<br />

2.1.1 Zu Nummer 1 (Festsetzungen aus dem Haushaltsplan):<br />

2.1.1.1 Zu Nummer 1a (Festsetzungen aus dem Ergebnisplan):<br />

Als Planungsinstrument ist der gemeindliche Ergebnisplan der wichtigste Bestandteil des Haushalts der Gemeinde<br />

(vgl. § 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Er umfasst die ordentlichen Erträge und Aufwendungen, die Finanzerträge und<br />

Finanzaufwendungen sowie die außerordentlichen Erträge und Aufwendungen. Das voraussichtliche Ressourcenaufkommen<br />

und der Ressourcenverbrauch der Gemeinde im Haushaltsjahr sollen dafür vollständig ermittelt<br />

werden. Auf dieser Grundlage werden in der gemeindlichen Haushaltssatzung der Gesamtbetrag der Erträge und<br />

der Gesamtbetrag der Aufwendungen für das Haushaltsjahr festgesetzt. Dadurch lässt sich anhand möglicher<br />

Betragsunterschiede unmittelbar erkennen, ob die Gemeinde ihre Verpflichtung zum Haushaltsausgleich nach §<br />

75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> erfüllt hat. Im Ergebnisplan wird dazu der Differenzbetrag als Jahresergebnis ausgewiesen,<br />

das entweder einen Überschuss (positiver Betrag) oder einen Fehlbetrag (negativer Betrag) dargestellt.<br />

In diesem Zusammenhang muss bei der Festsetzung des Gesamtbetrages in der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

keine Differenzierung nach ordentlichen Erträgen und Aufwendungen sowie außerordentlichen Erträgen und<br />

Aufwendungen vorgenommen werden. Vielfach entstehen die außerordentlichen Erträge und Aufwendungen erst<br />

durch unplanbare Ereignisse im Haushaltsjahr (vgl. § 2 Absatz 1 Nummer 18 und 19 GemHVO <strong>NRW</strong>). Soweit die<br />

außerordentlichen Erträge und Aufwendungen aber planbar sind, z.B. bei einer geplanten Veräußerung eines<br />

gemeindlichen Betriebes, sind diese im Ergebnisplan zu veranschlagen. Außerdem sind die allgemeinen Planungsgrundsätze<br />

zu beachten (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.1.2 Zu Nummer 1b (Festsetzungen aus dem Finanzplan):<br />

Der gemeindliche Finanzplan beinhaltet alle von der Gemeinde für das Haushaltsjahr geplanten Einzahlungen<br />

und Auszahlungen. Die Pflicht zur Aufstellung des Finanzplans ist insbesondere aus den Besonderheiten der<br />

öffentlichen Haushaltsplanung und Rechenschaftslegung hergeleitet, denn die Vorsorge für eine ausreichende<br />

Liquidität bzw. die Finanzmittelherkunft und die Finanzmittelverwendung ist unverzichtbar für die Ausführung der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft.<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung muss daher bezogen auf den Finanzplan der Gemeinde den Gesamtbetrag<br />

der Einzahlungen und Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit, den Gesamtbetrag der Einzahlungen<br />

und Auszahlungen aus der Investitionstätigkeit und den Gesamtbetrag aus der Finanzierungstätigkeit festsetzen<br />

GEMEINDEORDNUNG 437


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

(vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dabei sind insbesondere die Verpflichtung der Gemeinde zur Sicherstellung der Finanzierung<br />

von Investitionen nach § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>, aber auch die allgemeinen Planungsgrundsätze zu beachten<br />

(vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.1.3 Zu Nummer 1c (Festsetzung der Kreditermächtigung):<br />

In der jährlichen Haushaltssatzung der Gemeinde sind die von der Gemeinde für das Haushaltsjahr vorgesehenen<br />

Kreditaufnahmen für Investitionen mit ihrem Gesamtbetrag festzusetzen. Diese besondere Festsetzung stellt<br />

als Kreditermächtigung eine Erlaubnis für die gemeindliche Verwaltung dar, bei einem tatsächlichem Zahlungsbedarf<br />

für Investitionsauszahlungen im Haushaltsjahr und nach der Prüfung, ob eine andere Finanzierung nicht<br />

möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre, das erforderliche Fremdkapital bis zu der festgesetzten Höhe<br />

aufnehmen zu können. Der satzungsmäßig festgesetzte Gesamtbetrag soll dabei gewährleisten, dass die gemeindlichen<br />

Verpflichtungen aus solchen Geschäften auch künftig noch mit der Leistungsfähigkeit der Gemeinde<br />

in Einklang stehen.<br />

Die Höhe der Kreditermächtigung als Fremdfinanzierungsbedarf ist dabei einerseits abhängig von der für das<br />

Haushaltsjahr vorgesehenen Anschaffung von Vermögensgegenständen, für die im vorgesehenen Umfang im<br />

Finanzplan Auszahlungen aus der gemeindlichen Investitionstätigkeit veranschlagt sein müssen. Andererseits<br />

aber auch von den Einzahlungen aus der gemeindlichen Investitionstätigkeit, z.B. Einzahlungen aus Zuwendungen<br />

für gemeindliche Investitionen, und von den verfügbaren Eigenmitteln der Gemeinde. Die Kreditermächtigung<br />

für Kredite für Investitionen umfasst dabei nicht die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung nach § 89<br />

GO <strong>NRW</strong>, für die in der gemeindlichen Haushaltssatzung ein Höchstbetrag gesondert festzusetzen ist (vgl. § 78<br />

Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Durch die besondere Satzungsregelung wird insbesondere auch verdeutlicht, dass die von der Gemeinde zu<br />

beschaffenden Finanzmittel, die in der Rangfolge der Finanzmittel nach § 77 GO <strong>NRW</strong> vor den Investitionskrediten<br />

liegen, nicht ausreichen, um die gemeindlichen Aufgaben im betreffenden Haushaltsjahr in ausreichendem<br />

Maße zu erfüllen. Die satzungsmäßige Festsetzung für Investitionskredite darf zudem nur den Gesamtbetrag<br />

ausweisen, der sich durch den Bedarf für die örtliche Aufgabenerfüllung ergibt und der im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

bedarfsgerecht veranschlagt worden ist, jedoch nicht auch den Bedarf, der möglicherweise bei den<br />

gemeindlichen Betrieben besteht.<br />

Mit der Festsetzung der Kreditermächtigung in der gemeindlichen Haushaltssatzung ist zudem nicht unmittelbar<br />

eine Ermächtigung zur Aufnahme der einzelnen Kredite verbunden (vgl. § 86 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufnahme der einzelnen<br />

Kredite bedarf ggf. noch einer Beteiligung des Rates der Gemeinde, soweit nicht vor Ort die Kreditaufnahme<br />

als Geschäft der laufenden Verwaltung gilt (vgl. § 41 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Mit der Festsetzung in der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung wird zudem keine Entscheidung darüber getroffen, in welcher Währung die gemeindlichen<br />

Kredite für Investitionen aufzunehmen sind. Die voraussichtlichen Einzahlungen aus der Aufnahme<br />

von Investitionskrediten nach § 86 GO <strong>NRW</strong> sind im gemeindlichen Finanzplan zu veranschlagen (vgl. §§ 3 und<br />

11 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die gleichzeitige Festsetzung der Kreditermächtigung in der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

bedeutet dabei keine Doppelerfassung der Investitionskredite, sondern nur deren Zusammenfassung im<br />

Sinne der Ermächtigungen zur Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft.<br />

Die Gemeinde kann die geplanten Kredite daher unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten sowohl in Euro-<br />

Währung als auch in fremder Währung aufnehmen. In solchen Fällen wird das Kreditvolumen i.d.R. nicht in Euro<br />

bemessen, sondern in einer anderen Währung, z.B. Schweizer Franken, Japanischer Yen, und kommt in dieser<br />

Währung oftmals auch zur Auszahlung. Es kann ein in fremder Währung aufgenommener Kredit gleichwohl aber<br />

auch in Euro zur Auszahlung kommen. Die Gemeinde hat in ihrer Haushaltssatzung den Gesamtbetrag der Kreditermächtigung<br />

immer in Euro anzugeben. Soweit im Rahmen der gemeindlichen Haushaltsplanung keine Kredite<br />

für gemeindliche Investitionen vorgesehen werden, soll die gemeindliche Haushaltssatzung eine entsprechende<br />

GEMEINDEORDNUNG 438


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Festlegung als Alternative zur ansonsten vorzunehmenden Festlegung enthalten, denn das Muster für die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung ist für verbindlich erklärt worden (vgl. Nr. 1.1.1 des Runderlasses des Innenministeriums<br />

vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300 und § 2 in der Anlage 1 „Muster für die Haushaltssatzung“).<br />

2.1.1.4 Zu Nummer 1d (Festsetzung der Verpflichtungsermächtigungen):<br />

Mit der Festsetzung des Gesamtbetrages der Verpflichtungsermächtigungen wird der gemeindlichen Verwaltung<br />

im Rahmen der Investitionstätigkeit das Eingehen von Verpflichtungen, die künftige Haushaltsjahre mit Auszahlungen<br />

für Investitionen belasten ermöglicht (vgl. § 85 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 13 GemHVO <strong>NRW</strong>). Ihre Veranschlagung<br />

ist vielfach bei mehrjährigen Investitionsmaßnahmen sinnvoll und sachgerecht, um keine unnötige Unterbrechung<br />

der Durchführung einer Maßnahme aus haushaltsrechtlichen Gründen zu riskieren. Damit die Inanspruchnahme<br />

der vom Rat der Gemeinde getroffenen Festsetzungen, die sich auf künftige Haushaltsjahre auswirken,<br />

auch in diesen Haushaltsjahren nachvollziehbar bleibt, ist dem Haushaltsplan jährlich eine jahresbezogene<br />

Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen beizufügen (vgl. § 1 Absatz 2 Nummer 4 i.V.m. § 13 GemH-<br />

VO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Festsetzung und auch die Veranschlagung von Verpflichtungsermächtigungen sind nicht erforderlich für die<br />

Geschäfte der laufenden Verwaltung, auch wenn diese Geschäfte, z.B. der Abschluss von Mietverträgen oder<br />

Personalentscheidungen, sich belastend auf künftige Haushaltsjahre auswirken können. Die Summe der im Ergebnisplan<br />

veranschlagten Aufwandsermächtigungen, z.B. für Miet-, Leasing- und PPP-Geschäfte, die zu langfristigen<br />

Belastungen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft führen, darf nicht die finanzielle Leistungskraft der<br />

Gemeinde übersteigen. Soweit im Rahmen der gemeindlichen Haushaltsplanung keine Verpflichtungsermächtigungen<br />

vorgesehen werden, soll die gemeindliche Haushaltssatzung eine entsprechende Festlegung als Alternative<br />

zur ansonsten vorzunehmenden Festlegung enthalten, denn das Muster für die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

ist für verbindlich erklärt worden (vgl. Nr. 1.1.1 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005;<br />

SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300 und § 3 in der Anlage 1 „Muster für die Haushaltssatzung“).<br />

2.1.2 Zu Nummer 2 (Verzehr des Eigenkapitals):<br />

2.1.2.1 Die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage<br />

Die Gemeinde muss in ihrer Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr die vorgesehene Inanspruchnahme der<br />

Ausgleichsrücklage (vgl. 75 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>) festsetzen, wenn der gemeindliche Ergebnisplan ein negatives<br />

Jahresergebnis aufweist (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>) und die Ausgleichsrücklage (vgl. § 75 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>)<br />

dafür in Anspruch genommen werden soll, weil diese noch nicht ausgeschöpft ist. Einer solchen Festsetzung ist<br />

immer der Vorrang vor einer Festsetzung der Verringerung der allgemeinen Rücklage zu geben, denn die Gemeinde<br />

ist in den Fällen sie den Ausgleich zwischen den jahresbezogenen Erträgen und Aufwendungen nach §<br />

75 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> (originärer Haushaltsausgleich) nicht erreicht zunächst verpflichtet, den jahresbezogenen<br />

Ausgleich unter Einbeziehung der Ausgleichsrücklage herzustellen, der dann als „fiktiver“ Haushaltsausgleich<br />

gilt und keiner Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedarf (vgl. § 75 Absatz 2 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Einbeziehung der Ausgleichsrücklage in den Haushaltsausgleich zeigt eine als allgemein vertretbar angesehene<br />

Inanspruchnahme des gemeindlichen Eigenkapitals auf, denn die Grundverpflichtung, dass im Haushaltsjahr<br />

die voraussichtlichen Erträge die Höhe der vorgesehenen Aufwendungen erreichen sollen, wird von der Gemeinde<br />

nicht erfüllt. Durch das voraussichtlich entstehende negative Jahresergebnis kommt es dazu, dass die<br />

vorhandene Substanz der Gemeinde im entsprechenden Umfang aufgezehrt wird. Über die mögliche Inanspruchnahme<br />

der Ausgleichsrücklage als der Verzehr des gemeindlichen Eigenkapitals hinaus muss deshalb die<br />

weitere Entwicklung des gemeindlichen Eigenkapitals in einer besonderen Anlage zum gemeindlichen Haushaltsplan<br />

dargestellt werden (vgl. § 1 Absatz 2 Nummer 7 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 439


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Sofern im Rahmen der gemeindlichen Haushaltsplanung keine Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage vorgesehen<br />

wird und daher keine Verringerung der allgemeinen Rücklage erfolgen wird, kann die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

unabhängig von der ggf. vorgesehenen eine entsprechende Festlegung als Alternative zur ansonsten<br />

vorzunehmenden Festlegung enthalten, denn das Muster für die gemeindliche Haushaltssatzung ist für verbindlich<br />

erklärt worden (vgl. Nr. 1.1.1 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>.<br />

6300 und § 4 in der Anlage 1 „Muster für die Haushaltssatzung“).<br />

2.1.2.2 Die Verringerung der allgemeinen Rücklage<br />

2.1.2.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Gemeinde muss in ihrer Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr die geplante Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage festsetzen (vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>) festsetzen, wenn der gemeindliche Ergebnisplan ein negatives<br />

Jahresergebnis aufweist (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine solche Sachlage ist gegeben, wenn der Gesamtbetrag<br />

der gemeindlichen Erträge nicht mehr die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen der Gemeinde erreicht<br />

(vgl. § 75 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>) und die Ausgleichsrücklage von der Gemeinde bereits vollständig ausgeschöpft<br />

worden ist (vgl. § 75 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In den Fällen, in denen ein Fehlbedarf im gemeindlichen Ergebnisplan jedoch noch teilweise durch eine Inanspruchnahme<br />

der Ausgleichsrücklage gedeckt werden kann, kommt es auch neben der Inanspruchnahme der<br />

Ausgleichsrücklage auch zu einer Verringerung der allgemeinen Rücklage. Bei einer solchen Sachlage besteht<br />

dann kein fiktiver Haushaltsausgleich mehr, selbst wenn die Ausgleichsrücklage überwiegend in Anspruch genommen<br />

worden ist. Der gemeindliche Haushalt kann nur dann noch als ausgeglichen gelten, wenn der Fehlbedarf<br />

im Ergebnisplan allein durch den Bestand in der Ausgleichsrücklage „gedeckt“ werden kann (vgl. § 75 Absatz<br />

2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Ein solcher Fehlbedarf stellt regelmäßig eine Vorbelastung für das gemeindliche Haushaltsjahr und ggf. weitere<br />

Haushaltsjahre dar und wirkt sich daher auch unmittelbar auf die wirtschaftliche Lage der Gemeinde aus. Diese<br />

Verringerung des Eigenkapitals wird daher als so gewichtig angesehen, dass dazu die Genehmigung der Aufsichtsbehörde<br />

der Gemeinde erforderlich ist (vgl. § 75 Absatz 4 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde kann<br />

dabei ihre Genehmigung unter Bedingungen und mit Auflagen erteilen (vgl. § 75 Absatz 4 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). In<br />

den Fällen, in denen aufgrund der von der Gemeinde für mehrere Haushaltsjahre geplanten Fehlbedarfe erhebliche<br />

Einschränkungen für die gemeindliche Haushaltswirtschaft erwartet werden, kann für die Aufsichtsbehörde<br />

die Verpflichtung entstehen, von der Gemeinde die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76<br />

GO <strong>NRW</strong> zu verlangen (vgl. § 75 Absatz 4 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Soweit im Rahmen der gemeindlichen Haushaltsplanung keine Verringerung der allgemeinen Rücklage vorgesehen<br />

wird, soll vor Ort über eine entsprechende Festlegung als Alternative zur ansonsten vorzunehmenden Festlegung<br />

in der gemeindlichen Haushaltssatzung entschieden werden. Das Muster für die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

ist zwar für verbindlich erklärt worden (vgl. Nr. 1.1.1 des Runderlasses des Innenministeriums vom<br />

24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300 und § 4 in der Anlage 1 „Muster für die Haushaltssatzung“), ohne Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage besteht aber durchaus die Möglichkeit, an dieser Stelle auch eine Inanspruchnahme<br />

der Ausgleichsrücklage festzusetzen.<br />

2.1.2.2.2 Kein Verwaltungsverfahren neben der Anzeige der Haushaltssatzung<br />

Für die Erteilung der Genehmigung der Verringerung der allgemeinen Rücklage durch die Aufsichtsbehörde soll<br />

kein eigenständiges Verwaltungsverfahren durchgeführt werden. Vielmehr ist zu erteilende Genehmigung zur<br />

GEMEINDEORDNUNG 440


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage durch die Aufsichtsbehörde ein wichtiger Gegenstand des Anzeigeverfahrens<br />

der Haushaltssatzung durch die Gemeinde. Dieser Zusammenhang besteht schon allein deshalb, weil die<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage nach § 78 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> einer Festsetzung in der ge-<br />

meindlichen Haushaltssatzung bedarf. Die Notwendigkeit von zwei, ggf. parallel laufenden Verwaltungsverfahren<br />

(ein Anzeige- und ein Genehmigungsverfahren) lässt sich aus der Verbindung der §§ 75, 78 und 80 GO <strong>NRW</strong> für<br />

die Anzeige der Haushaltssatzung der Gemeinde nicht herleiten.<br />

Die Entscheidung des Rates über die Verringerung der allgemeinen Rücklage im Rahmen seines Beschlusses<br />

über die jährliche Haushaltssatzung nach § 78 GO <strong>NRW</strong> belegt vielmehr, dass es nur ein Verfahren im Rahmen<br />

der Anzeige der Haushaltssatzung der Gemeinde geben kann. Im gemeindlichen Haushaltsrecht war es immer<br />

die Regel, dass die Aufsichtsbehörde über haushaltsplanmäßige Erfordernisse im Rahmen einer Anzeige der<br />

Haushaltssatzung der Gemeinde zu entscheiden hat, selbst wenn andere Genehmigungserfordernisse bestehen,<br />

z. B. bei der Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes (vgl. § 76 i.V.m. § 80 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die ausdrückliche Antragsregelung in § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> dient daher sachlogisch nur der Festlegung<br />

des Fristbeginns für die Genehmigungsfiktion im Rahmen der Anzeige der Haushaltssatzung der Gemeinde gegenüber<br />

ihrer Aufsichtsbehörde nach § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>.<br />

Die Aufsichtsbehörde der Gemeinde ist dabei gehalten, die Anzeige der Haushaltssatzung der Gemeinde auf<br />

genehmigungspflichtige Sachverhalte zu prüfen und ggf. weitere Informationen oder Unterlagen von der Gemeinde<br />

nachzufordern, z.B. wenn in der Anzeige der Haushaltssatzung der Gemeinde die Genehmigung zur Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage nicht gesondert durch die Gemeinde beantragt worden ist oder ist dieses von ihr<br />

nicht auf eine andere Weise in ihrer Anzeige der Haushaltssatzung ausgeführt ist. Sind genehmigungspflichtige<br />

Sachverhalte gegeben, aber in der Anzeige nicht ausdrücklich dargestellt oder ist darin nicht ausdrücklich eine<br />

Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage beantragt, hat die Aufsichtsbehörde eine Auslegung<br />

der gemeindlichen Anzeige nach den in Verwaltungsverfahren üblichen Regeln vorzunehmen.<br />

2.1.3 Zu Nummer 3 (Festsetzung des Höchstbetrages der Kredite zur Liquiditätssicherung):<br />

2.1.3.1 Die Ermittlung des Höchstbetrages<br />

Dem Gebot in § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>, die Liquidität der Gemeinde sicherzustellen, damit die gemeindlichen<br />

Zahlungsverpflichtungen im Haushaltsjahr bei ihrer Fälligkeit erfüllt werden können, kann die Gemeinde nur<br />

nachkommen, wenn es ihr ermöglicht wird, zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen und bei Bedarf auch<br />

eine vorübergehende Fremdfinanzierung vorzunehmen. Es bedarf dazu einer gesonderten Ermächtigung des<br />

Rates der Gemeinde zur Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung, um bei Bedarf die auftretenden Auszahlungsverpflichtungen<br />

zu decken, wenn z. B. durch die üblichen Finanzquellen der Gemeinde eine ausreichende<br />

Liquidität zeitgerecht nicht möglich ist.<br />

Der jahresbezogene Bedarf an Krediten zur Liquiditätssicherung, der im Rahmen der Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft im neuen Haushaltsjahr benötigt wird, ist im Zeitpunkt der gemeindlichen Haushaltsplanung<br />

i.d.R. hinsichtlich seines Höhe nicht betragsgenau bestimmbar. Oftmals ist das Volumen von verschiedenen,<br />

meistens erst im Ablauf des Haushaltsjahres auftretenden Faktoren abhängig, sodass der tatsächliche Liquiditätsbedarf<br />

der Gemeinde sich sowohl hinsichtlich seiner Höhe als auch seiner Laufzeit regelmäßig nur tagesaktuell<br />

ergibt.<br />

Der satzungsrechtliche Höchstbetrag stellt dabei eine Bestandsgröße dar, die nicht überschritten werden darf. In<br />

Abhängigkeit von den Laufzeiten der Kredite besteht daher keine Begrenzung bezogen auf den Umfang der Einzahlungen<br />

aus der Kreditaufnahme und den Auszahlungen wegen der Tilgungen, wenn dadurch der Höchstbetrag<br />

als Bestandsgröße nicht überschritten wird. Die einzelnen Kreditaufnahmen der Gemeinde sind dabei dann<br />

nominal zusammenzurechnen, wenn sie sich in zeitlicher Hinsicht überschneiden. Außerdem dürfen in den<br />

GEMEINDEORDNUNG 441


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Höchstbetrag nur die Kreditaufnahmen für die eigenen haushaltsmäßigen Auszahlungsverpflichtungen und nicht<br />

Kreditaufnahmen für andere Zwecke einfließen, z. B. zur Verstärkung der Liquidität in einem Liquiditätsverbund.<br />

Für die Gemeinde besteht daher eine unterjährige Überprüfungspflicht, ob der in der Haushaltssatzung festgesetzte<br />

Höchstbetrag nicht überschritten wurde und nicht für andere Zwecke verwendet wird.<br />

Der mögliche Bedarf an kurzfristigen Krediten für das Haushaltsjahr ist deshalb unter Berücksichtigung der örtlichen<br />

Finanzverhältnisse zu schätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass möglicherweise mehrere Liquiditätskredite<br />

nebeneinander bestehen können. Deren Umfang muss von dem Höchstbetrag abgedeckt sein. Es gilt deshalb,<br />

einen möglichst zutreffenden Höchstbetrag für die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung für das<br />

Haushaltsjahr zu bestimmen. Dabei ist zu beachten, dass der Betragsermittlung nur die Zahlungsvorgänge im<br />

Rahmen der eigenen im Haushaltsplan veranschlagten Verpflichtungen zugrunde gelegt werden dürfen. Die<br />

Finanzierung von Dritten oder eine andere Zwecksetzung, z. B. die Beteiligung der Gemeinde am Cashpooling,<br />

dürfen dabei nicht in die Ermittlung des Höchstbetrages einbezogen werden. Die Gemeinde würde dadurch dann<br />

Kredite zur Liquiditätssicherung oberhalb ihres eigenen haushaltsmäßigen Bedarfs aufnehmen.<br />

Die Ermittlung des Höchstbetrages der Kredite zur Liquiditätssicherung durch die Gemeinde muss deshalb die im<br />

Haushaltsjahr voraussichtlich entstehenden Zahlungsströme und andere örtliche Gegebenheiten berücksichtigen,<br />

die sich auf den gemeindlichen Zahlungsverkehr auswirken. Ausgehend von den Zeiträumen der gemeindlichen<br />

Liquiditätsplanung müssen aus der mehrjährigen Erfahrung monats-, wochen- oder ggf. auch tagesgenaue Zahlungen<br />

geschätzt werden, durch die sich der Höchstbetrag bestimmen lässt. Einige mögliche Planungszeiträume<br />

werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Der Höchstbetrag bei Liquiditätskrediten<br />

Jahr … Jahr … Jahr …<br />

Haushaltsjahr …<br />

1. Quartal …<br />

Januar … … …<br />

Mo. … … … …<br />

Messgrößen:<br />

- Einzahlungen<br />

- Auszahlungen<br />

- Bestand an<br />

Liquiditätskrediten<br />

Messgrößen:<br />

- Einzahlungen<br />

- Auszahlungen<br />

- Bestand an<br />

Liquiditätskrediten<br />

Messgrößen:<br />

- Einzahlungen<br />

- Auszahlungen<br />

- Bestand an<br />

Liquiditätskrediten<br />

GEMEINDEORDNUNG 442<br />

Langfristige Planung ►<br />

▲<br />

Höchstbetrag aus<br />

haushaltsjahrbezogener Planung<br />

▲<br />

Höchstbetrag aus<br />

quartalsbezogener Planung<br />

▲<br />

Höchstbetrag aus<br />

monatsbezogener Planung<br />

▲<br />

Höchstbetrag aus<br />

wochen- oder tagesgenauer Planung<br />

Abbildung 58 „Die Ermittlung des Höchstbetrages an Liquiditätskrediten“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Grundsatz der Vollständigkeit sollte im Rahmen der gemeindlichen Liquiditätsplanung eine ausreichende<br />

Beachtung finden, denn je weniger Zahlungsströme von der Gemeinde in die von ihr vorgesehene Planungszeit<br />

einbezogen werden, desto ungenauer sind die Aussagen zur Liquiditätsentwicklung der Gemeinde. Auch der<br />

Grundsatz der Zeitpunktgenauigkeit ist dabei für die Gemeinde von erheblicher Bedeutung.<br />

Der ermittelte Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung ist dann in der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

festzusetzen. In den Fällen, in denen im Rahmen der gemeindlichen Haushaltsplanung keine Festsetzung über<br />

Kredite zur Liquiditätssicherung vorgesehen wird, soll an der entsprechenden Stelle dann eine alternative Festlegung<br />

enthalten, denn das Muster für die gemeindliche Haushaltssatzung ist für verbindlich erklärt worden (vgl. Nr.<br />

1.1.1 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

2.1.3.2 Die Inanspruchnahme der Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

Die Kredite zur Liquiditätssicherung stellen für die Gemeinde kurzfristiges Fremdkapital und der in der Haushaltssatzung<br />

festgesetzte Höchstbetrag stellt eine örtliche Schätzgröße aus den Erfahrungswerten der Gemeinde dar.<br />

Diese Ermächtigung beinhaltet das Recht, jeweils bei Bedarf innerhalb des Haushaltsjahres die notwendigen<br />

Kredite zur Liquiditätssicherung im vom Rat gesetzten Rahmen aufzunehmen. Die Summe der aufgenommenen<br />

Kredite zur Liquiditätssicherung darf an keinem Tag des Haushaltsjahres den Höchstbetrag nach der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung überschreiten.<br />

Die einzelnen Kreditaufnahmen sind dafür nur dann nominal zusammenzurechnen, wenn sie sich zeitlich überschneiden.<br />

Diese Gesamtbetrachtung gilt auch dann, wenn statt der Aufnahme einzelner Kredite der Gemeinde<br />

insgesamt ein oder mehrere Überziehungs- oder Kontokorrentkredite der Gemeinde eingeräumt wurden. Deshalb<br />

ist zu beachten, dass der in der gemeindlichen Haushaltssatzung festgesetzte Höchstbetrag die Höchstgrenze für<br />

alle Arten der kurzfristen Verstärkung von Zahlungsmitteln der Gemeinde darstellt, soweit diese gemeindliche<br />

Kredite zur Liquiditätssicherung sind.<br />

Es bedarf in diesem Zusammenhang immer einer Abstimmung über die Abwicklung der gemeindlichen Geldgeschäfte<br />

und der Festlegung von Verantwortlichkeiten zwischen den Beteiligten. Dieser Bedarf besteht insbesondere<br />

dann, wenn eine Gemeinde einen Liquiditätsverbund bzw. ein Cashpooling mit einem Masteraccountkonto<br />

zwischen der Verwaltung und den Betrieben einrichtet, sodass auch die ggf. beauftragte Bank einzubeziehen ist.<br />

In den Fällen, in denen in einem solchen Liquiditätsverbund die Abwicklung der Geldgeschäfte über die Kernverwaltung<br />

der Gemeinde erfolgen soll, tritt die Gemeinde für die rechtlich selbstständigen gemeindlichen Betriebe<br />

als „innere“ Bank auf. Ein solcher Liquiditätsverbund darf zudem nicht dazu führen, dass die Gemeinde Kredite<br />

zur Liquiditätssicherung oberhalb ihres eigenen haushaltsmäßigen Bedarfs aufnimmt.<br />

2.1.3.3 Kredite zur Liquiditätssicherung und Haushaltsplan<br />

Die Kredite zur Liquiditätssicherung werden von der Gemeinde wegen ihrer zeitweilig bestehenden mangelnden<br />

Zahlungsfähigkeit aufgenommen. Daher besteht dazu kein unmittelbarer Zusammenhang mit den im Haushaltsplan<br />

veranschlagten Erträgen der Gemeinde (vgl. § 2 i.V.m. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>). Ein negativer Saldo aus laufender<br />

Verwaltungstätigkeit im Finanzplan (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>) macht zwar deutlich, dass die Gemeinde im<br />

Haushaltsjahr voraussichtlich Kredite zur Liquiditätssicherung benötigt, dieser Saldo stellt jedoch nicht gleichzeitig<br />

den Betrag dar, der vorübergehend tatsächlich zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit im Haushaltsjahr<br />

insgesamt benötigt wird.<br />

Der täglich zu ermittelnde Liquiditätsbedarf und das daraus ggf. entstehende Erfordernis, Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

aufzunehmen und auch unterjährig wieder zurückzuzahlen, bringen es mit sich, dass eine zum Stichtag<br />

des Jahresabschlusses möglicherweise noch bestehende Rückzahlungsverpflichtung im Rahmen der Haushalts-<br />

GEMEINDEORDNUNG 443


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

planung betragsmäßig nicht genau vorher bestimmbar ist. Dieser Sachverhalt und die Sachlage, dass die Einzahlungen<br />

aus Krediten zur Liquiditätssicherung keine haushaltsmäßigen Finanzierungsmittel darstellen, ist u.a. der<br />

Anlass dafür, auf die Vorgabe einer Veranschlagung von Krediten zur Liquiditätssicherung im gemeindlichen<br />

Finanzplan durch eine gesonderte Haushaltsposition zu verzichten.<br />

Die für entbehrlich angesehene Veranschlagung im gemeindlichen Finanzplan steht jedoch einem Nachweis der<br />

Zahlungen aus der Aufnahme und den Tilgungen der gemeindlichen Kredite zur Liquiditätssicherung in der Finanzrechnung<br />

der Gemeinde als in Anspruch genommene „Betriebsmittel“ zur Sicherung der gemeindlichen<br />

Liquidität nicht entgegen (vgl. § 39 GemHVO <strong>NRW</strong>). In den Fällen, in denen zum Stichtag des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses noch eine Rückzahlungsverpflichtung der Gemeinde aus der Aufnahme von Krediten zur<br />

Liquiditätssicherung besteht, muss die Gemeinde diese Verpflichtung betragsmäßig in der gemeindlichen Finanzrechnung<br />

nachweisen und in der gemeindlichen Bilanz gesondert unter dem Posten „Verbindlichkeiten aus Krediten<br />

zur Liquiditätssicherung ansetzen (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 4.3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.4 Zu Nummer 4 (Festsetzung der Steuersätze):<br />

2.1.4.1 Die Inhalte der Festsetzung<br />

In ihre Haushaltssatzung hat die Gemeinde die örtlichen Steuersätze, die von der Gemeinde festzusetzen sind<br />

und die im Haushaltsjahr gelten sollen, aufzunehmen, soweit die gemeindlichen Steuersätze nicht in einer gesonderten<br />

i.d.R. mehrjährig geltenden Steuersatzung geregelt werden. Die Finanzhoheit der Gemeinde besteht in<br />

diesen Fällen darin, dass die Gemeinde in eigener Verantwortung die notwendigen Regelungen über die Erhebung<br />

von Abgaben trifft (vgl. § 3 KAG <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde muss dabei die festzulegenden Hebesätze, z.B. für die Grundsteuer und Gewerbesteuer, nach<br />

realistischen Gesichtspunkten vor Ort bestimmen und dabei nicht nur nach ihren eigenen Interessen handeln,<br />

sondern auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Abgabepflichtigen Rücksicht nehmen (vgl. § 10 Satz 2<br />

GO <strong>NRW</strong>). Die Festsetzung der Hebesätze durch die Gemeinde ist deshalb kein Selbstzweck, sondern eingebunden<br />

in die Berechtigung „Steuererhebung“, die der Gemeinde gesetzlich zusteht. Dieser Status dient u.a.<br />

auch der Finanzmittelbeschaffung der Gemeinde.<br />

2.1.4.2 Die Steuersätze für die Realsteuern<br />

Zu den gemeindlichen Steuersätzen, die von der Gemeinde für jedes Haushaltsjahr neu festzusetzen sind, gehören<br />

die Hebesätze für die örtlichen Realsteuern, d.h. die Grundsteuer von den land- und forstwirtschaftlich genutzten<br />

Grundstücken (Grundsteuer A), die Grundsteuer von weiteren Grundstücken (Grundsteuer B) und die<br />

Gewerbesteuer (vom Ertrag und Kapital). Für die Grundsteuer ist den Gemeinden im Rahmen des Grundsteuergesetzes<br />

das Heberecht eingeräumt worden und setzt den Hebesatz fest (vgl. § 1 Absatz 1 und § 25 Absatz 1<br />

GrStG). Die Gemeinde kann daher bestimmen, mit welchem Von-Hundert-Satz des Steuermessbetrages oder<br />

des Zerlegungsanteils die Grundsteuer erhoben werden soll. Für die Erhebung der Gewerbesteuer gilt in entsprechender<br />

Weise § 4 Absatz 1 und § 16 GewStG).<br />

Der Gemeinde ist es im Rahmen ihrer Steuererhebung freigestellt, die Festsetzung der Hebesätze für ein Jahr<br />

oder mehrere Jahre vorzunehmen. Sie kann den Hebesatz jedoch höchstens für den Hauptveranlagungszeitraum<br />

der Steuermessbeträge festsetzen und muss diesen Beschluss bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres fassen<br />

(vgl. z.B. § 25 Absatz 2 und 3 GrStG). Solche Festsetzungen müssen von der Gemeinde jedoch immer bezogen<br />

auf die einzelnen Realsteuerarten vorgenommen werden. Die Festsetzung gilt dann zudem, auch rückwirkend, für<br />

das ganze Haushaltsjahr. In Einzelfällen bedarf es ggf. zur gemeindlichen Haushaltssatzung einer Nachtragssatzung<br />

nach § 81 GO <strong>NRW</strong>, wenn die Hebesätze der Gemeinde neu festgelegt bzw. verändert werden sollen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 444


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

2.1.5 Zu Nummer 5 (Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs):<br />

Die Gemeinden, die zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76 GO <strong>NRW</strong> verpflichtet sind,<br />

müssen in ihrer Haushaltssatzung das Jahr bestimmen, in dem der Haushaltsausgleich wieder hergestellt ist.<br />

Diese Festlegung verbindet die Regelung über das Haushaltssicherungskonzept mit der Bestimmung über den<br />

Haushaltsausgleich (vgl. § 75 Absatz 2 und § 76 GO <strong>NRW</strong>). Der Rat der Gemeinde wird dadurch verpflichtet, den<br />

nächstmöglichen Zeitpunkt festzusetzen, bis zu dem die Gemeinde den Haushaltsausgleich wieder hergestellt hat<br />

(vgl. § 76 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Rat soll aber auch im Rahmen seiner Zuständigkeit ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen (vgl. § 41<br />

Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>). Das Haushaltssicherungskonzept bedarf dabei der aufsichtsbehördlichen Genehmigung,<br />

denn der auslösende Fehlbedarf bzw. Fehlbetrag im Haushaltsjahr oder in den drei folgenden Planungsjahren<br />

führt zur Verringerung des Eigenkapitals in Form der Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage<br />

(vgl. § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Das Instrument „Haushaltssicherungskonzept“ soll daher zukunftsorientiert als Sanierungskonzept dienen, um<br />

durch darin enthaltene effektive Konsolidierungsmaßnahmen die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Gemeinde<br />

und den Haushaltsausgleich wieder herzustellen und dauerhaft zu sichern. Diese Vorgaben erfordern vom Rat<br />

der Gemeinde bzw. von den Verantwortlichen in der Gemeinde, ebenfalls ein Sanierungscontrolling einzurichten,<br />

um den erforderlichen Sanierungserfolg, ggf. auch in Teilschritten, zu messen und die notwendigen Konsequenzen<br />

für die weitere wirtschaftliche Entwicklung daraus zu ziehen.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Weitere Vorschriften in der Haushaltssatzung):<br />

2.2.1 Die Inhalte der Vorschrift<br />

Die jährliche Haushaltssatzung der Gemeinde kann weitere ortsbezogene Vorschriften enthalten. Solche Vorschriften<br />

müssen einen Bezug zur Haushaltswirtschaft der Gemeinde haben, für das jeweilige Haushaltsjahr von<br />

Bedeutung sein und nicht bereits zum Regelungsgegenstand einer anderen Satzung der Gemeinde gemacht<br />

worden sein, z. B. der Hauptsatzung der Gemeinde. Die sachliche Erweiterung der Haushaltssatzung ermöglicht,<br />

besondere örtliche Sachverhalte oder Gegebenheiten, die von Bedeutung für die Haushaltswirtschaft der Gemeinde<br />

im Haushaltsjahr sind, satzungsrechtlich zu regeln bzw. festzulegen.<br />

Als weitere Vorschriften der gemeindlichen Haushaltssatzung kommen daher örtliche Regelungen in Betracht, die<br />

sich auf Erträge und Aufwendungen des Ergebnisplans (vgl. § 2 GemHVO <strong>NRW</strong>), auf Einzahlungen und Auszahlungen<br />

des Finanzplans (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>), auf den Stellenplan des Haushaltsjahres (vgl. § 74 Absatz 2<br />

GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 8 GemHVO <strong>NRW</strong>) sowie auf das Haushaltssicherungskonzept (vgl. § 76 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 5<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>) beziehen. Weitere ortsbezogene Vorschriften können erforderliche Vorbehalte für die Inanspruchnahme<br />

von Ermächtigungen, z. B. das vorherige Einholen der Zustimmung des Kämmerers sein, für das<br />

dann festzulegen ist, auf was sich dieses im Einzelfall bezieht, z.B. auf das gesamte Volumen bestimmter im<br />

gemeindlichen Haushaltsplan veranschlagter Ermächtigungen oder einen Teil davon, wenn z. B. ein bestimmtes<br />

Volumen bereits in Anspruch genommen worden ist.<br />

Die Gemeinde muss sich bei der Ausgestaltung ortsbezogene Vorschriften im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften<br />

bzw. haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen bewegen. Sie muss aber auch das Bepackungsverbot<br />

beachten, nach dem die Haushaltssatzung der Gemeinde nur zweckbezogene Bestimmungen zur Haushaltsausführung<br />

durch die gemeindliche Verwaltung (sachliches Bepackungsverbot) sowie zeitbezogene Bestimmungen,<br />

die nicht die Geltungsdauer der Haushaltssatzung überschreiten (zeitliches Bepackungsverbot), enthalten dürfen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 445


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Für den gemeindlichen Haushaltsplan gelten diese Vorgaben entsprechend. Soweit Ausnahmen von den zuletzt<br />

genannten Verboten bestehen, z. B. die Regelungen über die Geltungsdauer von Kreditermächtigungen (vgl. § 86<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> und die Geltungsdauer von Verpflichtungsermächtigungen (vgl. § 85 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) sind<br />

diese Ausnahmen durch den Gesetzgeber festgelegt worden. Sie liegen dadurch außerhalb der haushaltsrechtlichen<br />

Zuständigkeit des Rates der Gemeinde.<br />

2.2.2 Die Ausweispflicht für Sperrvermerke<br />

Nach der Vorschrift des § 23 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong> sind die für die Bewirtschaftung festgelegten Sperrvermerke<br />

oder andere besondere Bestimmungen sind, soweit sie bereits bei der Aufstellung des Haushaltsplans feststehen,<br />

im Haushaltsplan oder in der Haushaltssatzung auszuweisen. Damit wird die erforderliche Transparenz über<br />

die Vorgaben für die Ausführung des Haushaltsplans geschaffen und die Beachtung der erlassenen Bewirtschaftungsbestimmungen<br />

gesichert werden. In diesem Zusammenhang erhält der Rat im Rahmen des Entwurfs der<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen die notwendige Kenntnis der von der Verwaltung vorgeschlagenen Sperrvermerke<br />

oder anderer besonderer Bestimmungen. Der Rat kann solche Bestimmungen im Rahmen seines<br />

Budgetrechts übernehmen, ändern oder ergänzen. Er kann aber auch eine Initiative ergreifen und aus seiner<br />

Sicht weitere oder andere notwendige Vorgaben setzen.<br />

Die jährliche Haushaltssatzung der Gemeinde kann nach § 78 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> weitere ortsbezogene<br />

Vorschriften enthalten, wenn diese einen Bezug zur Haushaltswirtschaft der Gemeinde haben, für das jeweilige<br />

Haushaltsjahr von Bedeutung sind und nicht bereits Regelungsgegenstand einer anderen Satzung der Gemeinde<br />

sind, z. B. der Hauptsatzung der Gemeinde. Weitere ortsbezogene Vorschriften können erforderliche Vorbehalte<br />

für die Inanspruchnahme von Ermächtigungen sein, z. B. das vorherige Einholen der Zustimmung des Kämmerers.<br />

Die Gemeinde muss sich bei der Ausgestaltung ortsbezogene Vorschriften im Rahmen der geltenden<br />

Rechtsvorschriften bewegen.<br />

3. Zu Absatz 3 (Bindungswirkung der Haushaltssatzung):<br />

3.1 Zu Satz 1 (In-Kraft-Treten und Geltung der Haushaltssatzung):<br />

3.1.1 Das Inkrafttreten der Haushaltssatzung<br />

3.1.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Für das Inkrafttreten der gemeindlichen Haushaltssatzung ist eine Sonderregelung getroffen worden, um zu gewährleisten,<br />

dass diese Satzung möglichst ab dem Beginn eines Haushaltsjahres gilt. Sie soll hinsichtlich ihrer<br />

Geltungsdauer nicht abhängig vom Zeitpunkt ihrer öffentlichen Bekanntmachung sein (vgl. § 7 Absatz 4 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Für die Gemeinde besteht deshalb die Vorgabe, die gemeindliche Haushaltssatzung spätestens einen<br />

Monat vor dem Beginn des Haushaltsjahres der Aufsichtsbehörde anzuzeigen (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In vielen Fällen kann die örtliche Haushaltssatzung aber nicht vor Beginn des Haushaltsjahres in Kraft treten. Sie<br />

ist abhängig von dem Zeitpunkt der Entscheidung des Rates der Gemeinde im Rahmen seiner sachlichen Zuständigkeit<br />

(vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>). Dieser Zeitpunkt wirkt sich auf die Anzeige bei der Aufsichtsbehörde<br />

und die sich daran anschließende öffentliche Bekanntmachung aus. Die Gemeinde muss daher<br />

darum bemüht sein, die gemeindliche Haushaltssatzung so zeitgerecht aufzustellen, dass diese wie gesetzlich<br />

vorgesehen, in Kraft treten kann.<br />

Die besondere Regelung, dass die Haushaltssatzung mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft tritt, beruht zudem<br />

auf der Bestimmung des § 7 Absatz 4 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>, nach der ein Zeitpunkt des Inkrafttretens zu bestimmen<br />

GEMEINDEORDNUNG 446


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

ist, wenn eine gemeindliche Satzung nicht mit dem Tage der Bekanntmachung in Kraft treten soll. Sie soll deshalb<br />

das Inkrafttreten der gemeindlichen Haushaltssatzung nicht von örtlichen Gegebenheiten abhängig machen.<br />

In den Fällen, in denen die gemeindliche Haushaltssatzung bereits vor Beginn des Haushaltsjahres bekannt ge-<br />

macht wird, tritt sie erst mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft und gilt dann für das betreffende Haushaltsjahr.<br />

Wenn die Haushaltssatzung jedoch erst nach Beginn des Haushaltsjahres vom Rat beschlossen und bekannt<br />

gemacht wird, tritt sie rückwirkend mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft und gilt dann für das betreffende<br />

Haushaltsjahr.<br />

Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der gemeindlichen Haushaltssatzung steht auch das genehmigungspflichtige<br />

Haushaltssicherungskonzept nach § 76 GO <strong>NRW</strong>, wenn die Gemeinde aufgrund ihrer defizitären Haushaltslage<br />

verpflichtet ist, ein solches aufzustellen. In diesen Fällen darf die gemeindliche Haushaltssatzung von<br />

der Gemeinde erst nach Erteilung der Genehmigung bekannt gemacht werden (vgl. § 80 Absatz 5 Satz 5 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Ebenso darf in den Fällen der Festsetzung einer Verringerung der allgemeinen Rücklage in der Haushaltssatzung<br />

diese erst nach Erteilung der gesetzlich vorgesehenen Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde<br />

bekannt gemacht werden, auch wenn dieser Tatbestand nicht ausdrücklich geregelt wurde (vgl. § 75 Absatz 4<br />

i.V.m. § 80 Absatz 5 Satz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.1.1.2 Die Hindernisse für das In-Kraft-Treten der Haushaltssatzung<br />

Das Inkrafttreten der gemeindlichen Haushaltssatzung kann sich auch durch sonstige örtlich auftretende Hindernisse<br />

verzögern. Ein Hindernis für das Inkrafttreten der Haushaltssatzung kann z.B. dadurch entstehen, dass der<br />

Beschluss des Rates der Gemeinde über die gemeindliche Haushaltssatzung nicht alle gesetzlich vorgesehenen<br />

Bestandteile, Anlagen oder Unterlagen umfasst hat. Ist ggf. eine gesetzlich vorgesehene Anlage, z.B. der Stellenplan<br />

der Gemeinde (vgl. § 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>), nicht Teil des Beschlusses des Rates über die Haushaltssatzung<br />

und ihre Anlagen (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>), ist damit ein Ratsbeschluss zustande gekommen, der<br />

eine Bekanntmachung der Haushaltssatzung und damit ihr Inkrafttreten nicht zulässt. In einem solchen Fall wäre<br />

der Rat der Gemeinde zudem gesetzlich zuständig für den Erlass des gemeindlichen Stellenplans (vgl. § 41 Absatz<br />

1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>).<br />

Weitere Hindernisse für die die Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung stellen auch eine fehlende<br />

Genehmigung für die vorgesehene Verringerung der allgemeinen Rücklage nach § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> oder<br />

die fehlende Genehmigung der Aufsichtsbehörde für ein Haushaltssicherungskonzept, das dem Ziel dient, im<br />

Rahmen einer geordneten Haushaltswirtschaft die künftige, dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu erreichen,<br />

dar (vgl. § 76 GO <strong>NRW</strong>). Ein solches Hindernis und andere auftretende Hindernisse hat die Gemeinde<br />

grundsätzlich möglichst unverzüglich zu beseitigen. Erst nach Beseitigung der Hindernisse darf die Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde öffentlich bekannt gemacht werden. Mit dem Inkrafttreten erhält die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

dann ihre rechtliche Verbindlichkeit.<br />

3.1.1.3 Das In-Kraft-Treten einer Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre<br />

Für das Inkrafttreten einer gemeindlichen Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre ist z. B. bei einem in der<br />

Haushaltssatzung nur für das zweite Haushaltsjahr vorgesehenen Ausgleich des Ergebnisplans durch eine Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage zu beachten, dass wegen der dafür gesetzlich erforderlichen Genehmigung<br />

durch die Aufsichtsbehörde die Haushaltssatzung erst nach der Erteilung der Genehmigung bekannt gemacht<br />

werden darf, weil die Satzung beide Haushaltsjahre erfasst (vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die getrennten Festsetzungen für die einzelnen Haushaltsjahre in der Haushaltssatzung weichen diesen Grundsatz<br />

nicht auf. Sie stellen keine Grundlage dafür dar, bei einem Haushaltsausgleich nur im ersten Haushaltsjahr<br />

ein auf die einzelnen Haushaltsjahre bezogenes Inkrafttreten der gemeindlichen Haushaltssatzung anzunehmen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 447


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Eine Haushaltssatzung, die Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre enthält, stellt trotz der dabei einzuhaltenden<br />

Jährlichkeit immer ein vom Rat der Gemeinde beschlossenes Gesamtwerk für einen zweijährigen Haushaltszeitraum<br />

dar. Sie muss deshalb auch immer in dieser Form insgesamt bekannt gemacht und zur Einsichtnahme<br />

verfügbar gehalten werden (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.1.1.4 Der spätere Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens<br />

Bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Haushaltssatzung dürfen die im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen<br />

nicht oder nur eingeschränkt in Anspruch genommen werden. In dieser Zeit sind insbesondere die Vorschriften<br />

über die vorläufige Haushaltsführung zu beachten (vgl. § 82 GO <strong>NRW</strong>). Ist daher die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung bei Beginn des Haushaltsjahres noch nicht von der Gemeinde bekannt gemacht worden, so<br />

darf die Gemeinde ausschließlich Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, zu denen sie rechtlich<br />

verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind. Sie darf insbesondere<br />

Bauten, Beschaffungen und sonstige Investitionsleistungen, für die im Haushaltsplan des Vorjahres Finanzpositionen<br />

oder Verpflichtungsermächtigungen vorgesehen waren, fortsetzen, Realsteuern nach den Sätzen des<br />

Vorjahres erheben und Kredite umschulden.<br />

In den Fällen der noch nicht in Kraft getretenen gemeindlichen Haushaltssatzung gelten die Festlegungen der<br />

Haushaltssatzung des abgelaufenen Haushaltsjahres über die Aufnahme von Krediten für Investitionen (vgl. § 86<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) sowie die Festlegungen über die gemeindlichen Verpflichtungsermächtigungen (vgl. § 85<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) weiter. Ebenso gelten die Vorschriften über den Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

(vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) über das Haushaltsjahr hinaus bis zum Erlass der neuen Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde weiter.<br />

3.1.2 Die Geltungsdauer der Haushaltssatzung<br />

Nach der Vorschrift gilt die gemeindliche Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr, für das sie vom Rat beschlossen<br />

wurde. Unter Einbeziehung der Bestimmung, dass das Haushaltsjahr gleich dem Kalenderjahr ist (vgl. § 78<br />

Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>), ist damit ein genau bestimmter und abgegrenzter Zeitrahmen vorgegeben, in dem die gemeindliche<br />

Verwaltung die vom Rat der Gemeinde im Rahmen seines Budgetrechts ausgesprochenen Ermächtigungen<br />

und getroffenen Festlegungen auszuführen und zu beachten hat. Aus diesem Grund besteht eine Übereinstimmung<br />

der haushaltswirtschaftlichen Periode des gemeindlichen Haushalts mit den sonstigen öffentlichen<br />

Haushalten und auch mit den Wirtschaftsjahren der gemeindlichen Betriebe.<br />

In den Fällen, in denen jedoch eine abweichende Entwicklung in der Haushaltswirtschaft der Gemeinde im Haushaltsjahr<br />

eintritt, die den Haushaltsausgleich gefährdet, sollen i.d.R. die getroffenen haushaltsmäßigen Festsetzungen<br />

durch eine Nachtragssatzung korrigiert werden (vgl. § 81 GO <strong>NRW</strong>). Durch eine solche Nachtragssatzung<br />

können zwar die Inhalte der gemeindlichen Haushaltssatzung bzw. die vom Rat der Gemeinde ausgesprochenen<br />

Ermächtigungen verändert werden, jedoch nicht die gesetzlich bestimmte Geltungsdauer der beschlossenen<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung.<br />

3.2 Zu Satz 2 (Bindungswirkung für zwei Haushaltsjahre):<br />

3.2.1 Die Geltung der Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre<br />

Die Gemeinde ist nach § 78 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> verpflichtet, für jedes Haushaltsjahr eine Haushaltssatzung zu<br />

erlassen. Diese gesetzliche Festlegung schließt aus, dass bei einer Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre die<br />

in der Haushaltssatzung enthaltenen Festsetzungen in Form einer betragsmäßigen Zusammenfassung festge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 448


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

setzt werden dürfen. Von der strengen Ausrichtung auf ein Haushaltsjahr wird jedoch durch die Vorschrift eine<br />

Ausnahme zugelassen, nach der die gemeindliche Haushaltssatzung auch Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre<br />

enthalten kann.<br />

Mit dieser gesetzlichen Möglichkeit einer Haushaltssatzung für zwei Jahre sollen die Gemeinden in die Lage<br />

versetzt werden, ihre ertrags- und finanzwirtschaftlichen sowie vermögenswirksamen Entscheidungen schon für<br />

einen längeren Zeitraum im Voraus satzungsrechtlich festzulegen. Der gemeindliche Haushaltsplan (vgl. § 79 GO<br />

<strong>NRW</strong>) muss in diesen Fällen dann eine nach beiden Jahren getrennte Veranschlagung enthalten bzw. das Jährlichkeitsprinzip<br />

beachtet werden. Der Rat der Gemeinde hat die gemeindliche Haushaltssatzung, die für zwei<br />

Jahre gelten soll, vor dem ersten Haushaltsjahr zu beschließen (vgl. § 80 GO <strong>NRW</strong>). Die genannte Vorschrift<br />

enthält keine Regelung zu einer zweijährigen Haushaltssatzung, sodass deswegen ein Abweichen von den<br />

grundlegenden Regelungen über die Beschlussfassung durch den Rat der Gemeinde, die Bekanntmachung der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung sowie deren Verfügbarhalten nicht zulässig ist.<br />

Im Rahmen der Ausführung und Abrechnung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ist es nicht zulässig, aus<br />

beiden satzungsrechtlichen Haushaltsjahren eine Rechnungsperiode zu machen und entsprechend nur einen<br />

gemeindlichen Jahresabschluss gem. § 95 GO <strong>NRW</strong> aufzustellen. Die Gemeinde ist vielmehr nach Ablauf eines<br />

jeden Haushaltsjahres einen haushaltsjahrbezogenen Jahresabschluss, aber auch einen auf das Haushaltsjahr<br />

bezogenen Gesamtabschluss gem. § 116 GO <strong>NRW</strong> aufzustellen, zumal der Rat der Gemeinde beide Abschlüsse<br />

bis zum 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres festzustellen bzw. zu bestätigen hat (vgl. § 96<br />

Absatz 1 Satz 1 und § 116 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der im Haushaltsplan enthaltenen mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung kommt dabei die mit einer Festsetzung<br />

in der Haushaltsatzung verbundene Verbindlichkeit für die Haushaltsführung der Gemeinde noch nicht für<br />

die drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre zu. Eine gemeindliche Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre<br />

führt zudem dazu, dass die drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre an das zweite Haushaltsjahr<br />

anzubinden sind. Daher besteht für die Gemeinde die Verpflichtung, bereits im ersten Haushaltsjahr eine Fortschreibung<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung vorzunehmen und diese vor Beginn des zweiten<br />

Haushaltsjahres dem Rat vorzulegen (vgl. § 9 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde sollte die dem Rat der<br />

Gemeinde vorzulegende Fortschreibung sowie die veränderten Anlagen zum Haushaltsplan ihrer Aufsichtsbehörde<br />

zur Kenntnis geben.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass auch bei einem in der Haushaltssatzung nur für das zweite<br />

Haushaltsjahr vorgesehene Verringerung der allgemeinen Rücklage die gemeindliche Haushaltssatzung wegen<br />

der gesetzlich erforderlichen Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>) erst nach<br />

der Erteilung der Genehmigung bekannt gemacht darf. Die getrennten Festsetzungen in der Haushaltssatzung für<br />

die einzelnen Haushaltsjahre stellen keine Grundlage dafür dar, bei einem Haushaltsausgleich im ersten Haushaltsjahr<br />

nur eine auf das einzelne Haushaltsjahr bezogene Bekanntmachung der Haushaltssatzung mit ihren<br />

Anlagen vorzunehmen. Die Haushaltssatzung stellt bei Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre immer ein Gesamtwerk<br />

für diesen Zeitraum dar, das nicht abhängig vom einzelnen Jahr bzw. Jahresergebnis zu behandeln ist.<br />

3.2.2 Die Änderungen der Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre<br />

3.2.2.1 Der Änderungsbedarf für das erste Haushaltsjahr<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre bedarf wie eine Haushaltssatzung für ein Haushaltsjahr<br />

oftmals bereits im Laufe des ersten Haushaltsjahres einer Anpassung an die tatsächliche Entwicklung der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Bei einer vom gemeindlichen Haushaltsplan abweichenden Entwicklung, die<br />

die Ausgeglichenheit des Haushalts im ersten Haushaltsjahr gefährdet, können die getroffenen Festsetzungen<br />

durch eine Nachtragssatzung nach § 81 GO <strong>NRW</strong>, bezogen auf das erste Haushaltsjahr, korrigiert werden. Diese<br />

GEMEINDEORDNUNG 449


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Satzung ermächtigt die Verwaltung der Gemeinde, die im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen für die dort<br />

ausgewiesenen Zwecke in geänderter Form in Anspruch zu nehmen.<br />

Die Nachtragssatzung der Gemeinde muss alle notwendigen Änderungen für das jeweils betroffene Haushaltsjahr<br />

enthalten, z.B. die Änderung des Gesamtbetrages der Erträge und der Aufwendungen im Ergebnisplan, der<br />

Gesamtbeträge im Finanzplan sowie ggf. die Änderung der Kreditermächtigungen. Eine solche Nachtragssatzung<br />

muss jedoch spätestens bis zum 31. Dezember des ersten Haushaltsjahres vom Rat der Gemeinde beschlossen<br />

sein, denn es gilt auch bei einer zweijährigen Haushaltssatzung das Jährlichkeitsprinzip. Sie kann deshalb auch<br />

nicht im zweiten Haushaltsjahr rückwirkend für das erste Haushaltsjahr beschlossen werden, auch wenn für das<br />

zweite Haushaltsjahr keine neue Haushaltssatzung beschlossen werden muss. Für die Nachtragssatzung der<br />

Gemeinde gelten ausdrücklich die Vorschriften über die gemeindliche Haushaltssatzung entsprechend (vgl. § 81<br />

Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.2.2.2 Der Änderungsbedarf für das zweite Haushaltsjahr<br />

Aus der Entwicklung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft kann sich bei einer gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

für zwei Haushaltsjahre nicht nur ein Änderungsbedarf für das erste, sondern auch für das zweite Haushaltsjahr<br />

ergeben. In solchen Fällen bedarf es einer Nachtragssatzung nach § 81 GO <strong>NRW</strong>, die sich auf beide Haushaltsjahre<br />

aber auch nur auf das zweite Haushaltsjahr beziehen kann. Eine Nachtragssatzung nur für das zweite<br />

Haushaltsjahr kann die Gemeinde, wenn der Änderungsbedarf bei den betreffenden Festsetzungen bereits im<br />

ersten Haushaltsjahr ermittelt werden kann, bereits freiwillig im ersten Haushaltsjahr beschließen.<br />

In den Fällen, in denen die Gemeinde jedoch für den Erlass einer Nachtragssatzung für das zweite Haushaltsjahr<br />

dafür auch erst das zweite Haushaltsjahr abwartet, kann auf Grund der möglichen Entwicklung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft im ersten Haushaltsjahr ggf. bereits eine Pflicht zur Aufstellung einer Nachtragssatzung entstehen,<br />

z.B. wenn örtliche Sachverhalte vorliegen, die unter der Vorschrift des § 81 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> zu subsumieren<br />

sind. In den Fällen, in denen von der Gemeinde eine Nachtragssatzung vorgesehen oder eine solche<br />

Satzung erforderlich ist, hat der Rat der Gemeinde bei einer Haushaltssatzung für zwei Jahre die Nachtragssatzung<br />

spätestens bis zum 31. Dezember des zweiten Haushaltsjahres zu beschließen. Für diese Satzung gelten<br />

die Vorschriften über die gemeindliche Haushaltssatzung entsprechend (vgl. § 81 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.3 Die Weitergeltung einzelner Haushaltsvorschriften<br />

Nach Absatz 3 der Vorschrift gilt die gemeindliche Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr. Die dauerhafte Fortführung<br />

der Haushaltswirtschaft durch die Gemeinde erfordert jedoch für einige Sachverhalte und besonderen<br />

Handlungen der Gemeinde eine Weitergeltung einzelner Bestimmungen der gemeindlichen Haushaltssatzung,<br />

um die stetige Aufgabenerfüllung der Gemeinde nicht zu gefährden, wenn nach Ablauf des Haushaltsjahres die<br />

gemeindliche Haushaltssatzung außer Kraft getreten und noch keine neue Haushaltssatzung vom Rat der Gemeinde<br />

beschlossen worden bzw. eine solche noch nicht in Kraft getreten ist. Die zu wichtigen haushaltswirtschaftlichen<br />

Sachverhalten gehörenden Regelungen werden nachfolgend aufgeführt (vgl. Abbildung).<br />

Die Weitergeltung einzelner Haushaltsvorschriften<br />

REGELUNG<br />

Die Verpflichtungsermächtigungen gelten bis zum Ende des auf das Haushaltsjahr<br />

folgenden Jahres und, wenn die Haushaltssatzung für das übernächste<br />

Jahr nicht rechtzeitig öffentlich bekannt gemacht wird, bis zum<br />

Erlass dieser Haushaltssatzung.<br />

GEMEINDEORDNUNG 450<br />

FUNDSTELLE<br />

§ 85 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Weitergeltung einzelner Haushaltsvorschriften<br />

REGELUNG<br />

Die Kreditermächtigung gilt bis zum Ende des auf das Haushaltsjahr folgenden<br />

Jahres und, wenn die Haushaltssatzung für das übernächste Jahr nicht<br />

rechtzeitig öffentlich bekannt gemacht wird, bis zum Erlass dieser Haushaltssatzung.<br />

Die Gemeinde kann zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen Kredite<br />

zur Liquiditätssicherung bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten<br />

Höchstbetrag aufnehmen kann, soweit dafür keine anderen Mittel zur Verfügung<br />

stehen, und diese Ermächtigung über das Haushaltsjahr hinaus bis<br />

zum Erlass der neuen Haushaltssatzung.<br />

Die Gemeinde kann die in ihrem Haushaltsplan veranschlagten Ermächtigungen<br />

für Aufwendungen und Auszahlungen der laufenden Verwaltungstätigkeit,<br />

soweit diese nicht in Anspruch genommen worden sind, ins folgende<br />

Haushaltsjahr übertragen. Diese Ermächtigungen bleiben entsprechend der<br />

örtlich getroffenen Regelung verfügbar. Sofern gemeindliche Ermächtigungen<br />

übertragen werden, erhöhen sie die entsprechenden Positionen im<br />

Haushaltsplan des folgenden Jahres.<br />

Abbildung 59 „Die Weitergeltung einzelner Haushaltsvorschriften“<br />

GEMEINDEORDNUNG 451<br />

FUNDSTELLE<br />

§ 86 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 22 Absatz 1 und 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong><br />

In diesem Zusammenhang bedarf es im Rahmen der vorläufigen Haushaltführung der Gemeinde eines abgestimmten<br />

Zusammenspiels zwischen den weitergeltenden Ermächtigungen aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

und den Vorgaben, die wegen der noch nicht geltenden gemeindlichen Haushaltssatzung notwendig sind (vgl. §<br />

82 GO <strong>NRW</strong>). Auch die Betrachtung und Nutzung der übertragenen Ermächtigungen ist in die örtliche vorläufige<br />

Haushaltsführung einzubeziehen (vgl. § 22 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

4. Zu Absatz 4 (Haushaltsjahr gleich Kalenderjahr):<br />

4.1. Die Regelungen für die Gemeinde<br />

Die Regelung in der Vorschrift, dass bei den Gemeinden (gemeindliche Kernverwaltung) das Haushaltsjahr dem<br />

Kalenderjahr (1. Januar bis 31. Dezember) entsprechen muss, ist eine weitere Ausprägung des Jährlichkeitsprinzips<br />

in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Sie verpflichtet die Gemeinden, die haushaltswirtschaftliche Ausführung<br />

des gemeindlichen Haushalts auf das Kalenderjahr als Geschäftsjahr bzw. Periode auszurichten. Es wird<br />

dadurch die periodengerechte Zuordnung und Buchung von gemeindlichen Erträgen und Abwendungen sowie die<br />

haushaltsjahrbezogene kassenmäßige Erfassung der Einzahlungen und Auszahlungen möglich und gewährleistet<br />

(vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die entsprechende Abgrenzung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle wird dabei<br />

durch die Rechnungsabgrenzung unterstützt (vgl. § 42 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine Übereinstimmung des Haushaltsjahres mit dem Kalenderjahr besteht außerdem auch bei sonstigen öffentlichen<br />

Haushalten sowie mit dem Steuerjahr und dem in der Privatwirtschaft allgemein üblichen Wirtschaftsjahr,<br />

das auch dort regelmäßig dem Kalenderjahr entspricht. Auch in der Forstwirtschaft besteht gegenüber dem gemeindlichen<br />

Haushaltsjahr kein abweichendes Wirtschaftsjahr (vgl. § 34 LFoG <strong>NRW</strong>). Durch die getroffene Regelung<br />

besteht zudem eine Übereinstimmung der Periode des gemeindlichen Haushalts mit den Wirtschaftsjahren<br />

bzw. Geschäftsjahren der gemeindlichen Betriebe, die im gemeindlichen Gesamtabschluss zu konsolidieren sind.<br />

Ein gleiches Geschäftsjahr von gemeindlicher Verwaltung und gemeindlichen Betrieben erleichtert die Aufstellung<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses wesentlich. Für diesen Abschluss ist der Stichtag für den Jahresab-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

schluss der gemeindlichen Verwaltung (31. Dezember) ausschlaggebend. Die gemeindlichen Betriebe, die dem<br />

Handelsrecht unterliegen, können zwar eigenverantwortlich ihr Geschäftsjahr festlegen, dieses weicht jedoch<br />

regelmäßig nur in Einzelfällen vom Kalenderjahr ab. Sofern im Einzelfall die gemeindlichen Betriebe davon ab-<br />

weichen, ist insbesondere im Hinblick auf den gemeindlichen Jahresabschluss und den Gesamtabschluss der<br />

Gemeinde zu klären, welche Auswirkungen diese abweichende Festlegung für deren Aufstellung hat.<br />

4.2 Keine Abweichungen für die gemeindliche Verwaltung<br />

Der Zusammenhang zwischen dem Haushaltsjahr und dem Kalenderjahr als Geschäftsjahr gilt für die Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde dauerhaft. Nach der Vorschrift können aber einzelne Aufgabenbereiche der Gemeinde<br />

ggf. ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr oder Wirtschaftsjahr bzw. Haushaltsjahr haben, wenn<br />

dieses durch Gesetz oder Rechtsverordnung ausdrücklich bestimmt worden ist. In solchen Fällen stimmt das<br />

Geschäftsjahr nicht mit dem Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember überein, sondern kann z.B. vom 1.<br />

April eines Jahres bis zum 31. März des folgenden Jahres bestehen. Diese Abweichung wirkt sich dann auf den<br />

gemeindlichen Haushalt aus, wenn solche Bereiche mindestens organisatorisch verselbstständigt worden sind<br />

und deshalb nicht mehr dem gemeindlichen Haushalt angehören.<br />

Für die Aufgabenbereiche der gemeindlichen Verwaltung besteht derzeit keine gesetzliche allgemeine oder fachbezogene<br />

Ausnahmeregelung. Auch andere landesrechtliche Regelungen enthalten derzeit für besondere Aufgabenbereiche<br />

keine Bestimmung über ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr. Vielmehr wird vielfach<br />

in Gesetzen oder Rechtsverordnungen ausdrücklich bestimmt, dass für gemeindliche Betriebe oder fachliche<br />

Aufgabenbereiche das Kalenderjahr auch das Geschäftsjahr oder der Zeitkorridor für das Führen von jahresbezogenen<br />

Nachweisen sind.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 452


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 79<br />

Haushaltsplan<br />

(1) 1 Der Haushaltsplan enthält alle im Haushaltsjahr für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde voraussichtlich<br />

1. anfallenden Erträge und eingehenden Einzahlungen,<br />

2. entstehenden Aufwendungen und zu leistenden Auszahlungen,<br />

3. notwendigen Verpflichtungsermächtigungen.<br />

2 Die Vorschriften über die Sondervermögen der Gemeinde bleiben unberührt.<br />

(2) 1 Der Haushaltsplan ist in einen Ergebnisplan und einen Finanzplan sowie in Teilpläne zu gliedern. 2 Das Haushaltssicherungskonzept<br />

gemäß § 76 ist Teil des Haushaltsplans; der Stellenplan für die Bediensteten ist Anlage<br />

des Haushaltsplans.<br />

(3) 1 Der Haushaltsplan ist Grundlage für die Haushaltswirtschaft der Gemeinde. 2 Er ist nach Maßgabe dieses<br />

Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für die Haushaltsführung verbindlich.<br />

3 Ansprüche und Verbindlichkeiten Dritter werden durch ihn weder begründet noch aufgehoben.<br />

Erläuterungen zu § 79:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Haushaltsplan und gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

1.1 Die Zwecke des Haushaltsplans<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan als Bestandteil der jährlichen Haushaltssatzung der Gemeinde stellt im NKF die<br />

Grundlage der Haushaltswirtschaft der Gemeinde sowie der örtlichen politischen Planungen, Entscheidungen und<br />

Kontrollen dar. Er steht im Zusammenhang mit der Pflicht der Gemeinde, ihre Haushaltswirtschaft wirtschaftlich,<br />

effizient und sparsam zu führen sowie so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert<br />

ist, im Zentrum der haushaltswirtschaftlichen Planung und Rechenschaft der Gemeinde (vgl. § 75 Absatz 1<br />

GO <strong>NRW</strong>). Der gemeindliche Haushaltsplan muss daher die Informationen für das Haushaltsjahr bereitstellen, die<br />

für die Ausführung der Haushaltsplanung und damit auch für die Ausführung von in Einzelfällen ergangenen<br />

maßnahmebezogenen Ratsbeschlüssen sowie für die Aufstellung des Jahresabschlusses und die Kontrolle durch<br />

den Rat wichtig sind.<br />

Durch die Integration der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in den gemeindlichen Haushaltsplan, die<br />

dort durch das laufende Haushaltsjahr und das neue Haushaltsjahr sowie die sich daran anschließenden drei<br />

Planungsjahre abgebildet wird, muss der gemeindliche Haushaltsplan auch einzelne Informationen zu dieser<br />

Zeitreihe enthalten. Er stellt damit nicht nur ein örtliches Programm für die Erledigung der gemeindlichen Aufgaben<br />

im Haushaltsjahr dar, sondern enthält bereits einen konkreten Ausblick auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

der nächsten drei Jahre. Durch diese Festlegungen für den mehrjährigen Zeitraum ergeben sich, insbesondere<br />

bei defizitären Haushalten, ggf. auch rechtliche Konsequenzen für das wirtschaftliche Handeln der Gemeinde,<br />

z.B. im Rahmen eines Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76 GO <strong>NRW</strong>.<br />

Mit dem Beschluss des Rates der Gemeinde über die Haushaltssatzung der Gemeinde wird der gemeindlichen<br />

Verwaltung die Ermächtigung zur Umsetzung des im Haushaltsplan dargestellten haushaltswirtschaftlichen Jahresprogramms<br />

erteilt. Es ist deshalb nicht ausreichend, im gemeindlichen Haushaltsplan nur den voraussichtlichen<br />

Ressourcenverbrauch und das mögliche Ressourcenaufkommen im Ergebnisplan (vgl. § 2 GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

sowie die Finanzdaten im Finanzplan (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>) zu veranschlagen. Durch ergänzende und aussa-<br />

GEMEINDEORDNUNG 453


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

gefähige Erläuterungen, z. B. im Vorbericht nach § 7 GemHVO <strong>NRW</strong>, müssen die Art und Weise der örtlichen<br />

Programmumsetzung und ihre Bedingungen nachvollziehbar und überprüfbar gemacht werden.<br />

Es bedarf daher weitergehender Informationen im gemeindlichen Haushaltsplan, z.B. über die örtliche Produktorientierung<br />

und die daraus entstandenen Produkte und gemeindlichen Leistungen. Hervorzuheben sind auch die<br />

einzelnen jahresbezogenen Ziele der Gemeinde, die mit den strategischen Zielsetzungen des Rates der Gemeinde<br />

in Einklang stehen und in die bestehende Zielhierachie eingeordnet sein müssen. Es gilt dabei im Sinne einer<br />

zutreffenden und geeigneten örtlichen Steuerung eine optimale Verbindung der Ressourcen der Gemeinde mit<br />

den politischen Zielen des Rates der Gemeinde unter gleichzeitiger Beachtung des Grundsatzes der Generationengerechtigkeit<br />

(vgl. § 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>) herzustellen. Dem gemeindlichen Haushaltsplan kommen<br />

daher im NKF vielfältige Funktionen zu (vgl. Abbildung).<br />

FUNKTION<br />

Bedarfsdeckungsfunktion<br />

Programmfunktion<br />

Ordnungsfunktion<br />

Schutzfunktion<br />

Kontrollfunktion<br />

Die Funktionen des gemeindlichen Haushaltsplans<br />

GEMEINDEORDNUNG 454<br />

INHALTE<br />

Ein Ausgangspunkt der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ist eine<br />

Haushaltsplanung, die auf die Bedarfsdeckung abgestellt ist. Die<br />

vorgesehene Deckung des örtlichen Ressourcenverbrauchs (Aufwendungen)<br />

durch das Ressourcenaufkommen (Erträge) wird im<br />

Rahmen der jährlichen Haushaltsplanung transparent gemacht. Die<br />

Bedarfsdeckungsfunktion ist daher eine der wichtigsten Funktionen<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und wird durch den Haushaltsplan<br />

der Gemeinde ausgestaltet.<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan hat u.a. zur Aufgabe, im Einzelnen<br />

festzulegen, wie das Ressourcenaufkommen (Erträge) und die<br />

(investiven) Einzahlungen des Haushaltsjahres auf die Vielzahl der<br />

gemeindlichen Aufgaben verteilt werden sollen. Diesem Zweck<br />

dienen die produktorientierte Bildung von Teilplänen und die Veranschlagung<br />

von Erträgen und Aufwendungen (Ressourcen) sowie<br />

Einzahlungen und Auszahlungen (Finanzmittel) unter artenbezogenen<br />

Haushaltspositionen.<br />

Die Bedeutung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft macht es<br />

erforderlich, dass dem Haushaltsplan ein verbindliches Ordnungsprinzip<br />

zugrunde gelegt wird. Ein geordneter Haushaltsplan ermöglicht<br />

wegen seiner verbindlichen Wirkung für die gemeindliche<br />

Verwaltung eine ordnungsgemäße Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft. Die Ordnungsfunktion wird dabei durch die<br />

produktorientierten Teilpläne und die artenbezogenen Haushaltspositionen<br />

unterstützt.<br />

Zu den gemeindlichen Haushaltsgrundsätzen gehört der Grundsatz<br />

der intergenerativen Gerechtigkeit. Damit soll die haushaltspolitische<br />

und ökonomische Handlungsfähigkeit künftiger Generationen<br />

geschützt werden. Daher wird in der Gemeindeordnung bestimmt,<br />

die Gemeinde hat ihr Vermögen und ihre Einkünfte so zu verwalten,<br />

dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben. Die Schutzfunktion<br />

erfordert daher die zeitliche Verteilung von Nutzen und Lasten im<br />

gemeindlichen Bereich, sodass die Gemeinde bei ihrer Haushaltsplanung<br />

und Haushaltsausführung immer im Blick haben muss,<br />

auch ausreichende Handlungsmöglichkeiten für die künftigen Generationen<br />

zu erhalten.<br />

Die Bedeutung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft macht es<br />

erforderlich, dass die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

durch die gemeindliche Verwaltung ihr ein verbindliches<br />

Ordnungsprinzip zugrunde gelegt wird. Ein geordneter Haushaltsplan<br />

ermöglicht wegen seiner verbindlichen Wirkung für eine ord-


FUNKTION<br />

Informationsfunktion<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Funktionen des gemeindlichen Haushaltsplans<br />

GEMEINDEORDNUNG 455<br />

INHALTE<br />

nungsgemäße sowie einen Jahresabschluss (mit Entlastung des<br />

Bürgermeisters) als Abrechung nach Ablauf des Haushaltsjahres.<br />

Die Ordnungsfunktion wird dabei durch die produktorientierten<br />

Teilpläne artenbezogenen Haushaltspositionen unterstützt.<br />

Die Einbeziehung der Öffentlichkeit in die gemeindliche Haushaltsplanung<br />

verlangt eine übersichtliche und vollständige Darstellung<br />

des gemeindlichen Verwaltungshandelns, das der jahresbezogenen<br />

Haushaltsplanung zugrunde gelegt worden ist. Der gemeindliche<br />

Haushaltsplan muss über das haushaltswirtschaftliche Handeln der<br />

Gemeinde die Adressaten informieren und die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

transparent und nachvollziehbar darstellen.<br />

Abbildung 60 „Die Funktionen des gemeindlichen Haushaltsplans“<br />

Die Gemeinde muss zudem ihre jährliche Haushaltsplanung, die im Haushaltsplan abzubilden ist, realitätsbezogen<br />

vornehmen (Grundsatz der Haushaltswahrheit). Die mehrjährige Planung soll deshalb auf dem tatsächlichen<br />

Bedarf der Gemeinde (Ressourcenverbrauch) und ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit (Ressourcenaufkommen)<br />

aufbauen. Das Zusammenspiel dieser beiden Merkmale macht es möglich, den i.d.R. unbegrenzten Bedarf<br />

der Gemeinde auf ein realistisches Maß zurückzuführen.<br />

Die gemeindliche Haushaltsplanung erfordert daher sowohl eine sachliche als auch eine objektivierte Beurteilung<br />

der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und der Bedarfslage. Die Ausgleichsverpflichtung für den gemeindlichen<br />

Haushalt in § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> (für das Haushaltsjahr) und die Soll-Vorgabe in § 84 GO <strong>NRW</strong> (für die drei<br />

folgenden Planungsjahre) dienen dabei der Anpassung an die tatsächlichen Möglichkeiten der Gemeinde. Durch<br />

die Vorgaben soll zudem eine bessere Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

erreicht werden.<br />

1.2 Die Inhalte des Haushaltsplans<br />

Der jährliche Haushaltsplan der Gemeinde soll zeigen, welche örtlichen Bedürfnisse in der Gemeinde bestehen<br />

und in welcher Art und Weise sowie Intensität diese Bedürfnisse befriedigt werden sollen. Die Verwendung des<br />

Begriffes „Haushaltsplan“ bildet dabei zutreffend den Charakter des aufstellenden gemeindlichen Werkes ab, weil<br />

seine Bestandteile zukunftsbezogen und prognoseorientiert sind und ein Ermessen der Gemeinde hinsichtlich<br />

ihrer Haushaltsplanung besteht. Der oberste Grundsatz für die inhaltliche Ausgestaltung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans ist dabei das wirtschaftliche, effiziente und sparsame Finanzgebaren (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 2<br />

GO <strong>NRW</strong>). Es ist deshalb eine Pflicht der Gemeinde, nur die Aufwands- und Auszahlungsermächtigungen im<br />

gemeindlichen Haushaltsplan zu veranschlagen, die für die Aufrechterhaltung der gemeindlichen Verwaltung und<br />

die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde im Haushaltsjahr erforderlich sind.<br />

In diesem Sinne darf die gemeindliche Haushaltswirtschaft die Zukunft auch nicht ungebührlich zugunsten der<br />

Gegenwart belasten. Vielmehr müssen durch eine vorsorgliche Haushaltswirtschaft entsprechende Sicherungen<br />

geschaffen werden. Dazu gehört auch, dass die Gemeinde ihre Haushaltsplanung so vornimmt, dass die stetige<br />

Erfüllung ihrer Aufgaben und der Haushaltsausgleich dauerhaft gesichert sind. Im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

sollen deshalb im Ergebnisplan das voraussichtliche Ressourcenaufkommen und der voraussichtliche Ressourcenverbrauch<br />

des Haushaltsjahres mithilfe der Rechengrößen „Ertrag“ und „Aufwand“ sowie im Finanzplan die<br />

voraussichtlichen Zahlungsleistungen der Gemeinde mithilfe der Rechengrößen „Einzahlungen“ und „Auszahlungen“<br />

veranschlagt werden.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Untergliederung des Haushaltsplans in produktorientierte Teilpläne dient örtlichen Steuerungszwecken im<br />

Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung. Die Teilpläne sollen dabei eine leistungsbezogene Darstellung unter<br />

Berücksichtigung der örtlich geprägten strategischen Ausrichtung sowie Ziele und Leistungskennzahlen unter<br />

Beachtung der einschlägigen Bestimmungen enthalten (vgl. §§ 4 und 12 GemHVO <strong>NRW</strong>). In jedem einzelnen<br />

Teilplan müssen außerdem ein Teilergebnisplan und ein Teilfinanzplan enthalten sein, die als Auszüge aus dem<br />

Ergebnisplan bzw. dem Finanzplan betrachtet werden können.<br />

Für die Bildung der Teilpläne müssen von der Gemeinde unter Berücksichtigung der Adressaten der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft und der fachlichen Aufgaben auch zutreffende Produkte gebildet bzw. definiert und<br />

voneinander abgegrenzt werden. Eine systematische Ordnung und Darstellung der gemeindlichen Leistungen<br />

(Produkte) erleichtert die haushaltswirtschaftliche Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen, um der Ressourcenorientierung<br />

ausreichend Rechnung tragen zu können und die Aufgabenerfüllung für Dritte verstehbar und<br />

nachvollziehbar zu machen. Bei den örtlichen Arbeiten soll der NKF-Produktrahmen als allgemein geltende Produktorientierung<br />

für den gemeindlichen Haushalt berücksichtigen werden.<br />

Das Haushaltssicherungskonzept nach § 76 GO <strong>NRW</strong> gehört als weiterer Bestandteil ebenfalls zum gemeindlichen<br />

Haushaltsplan, soweit die Gemeinde zur Aufstellung eines solchen Konzeptes verpflichtet ist. Weiterhin<br />

werden die Inhalte des gemeindlichen Haushaltsplans durch besondere Anlagen näher dargestellt, um dadurch<br />

einen notwendigen Überblick über das sachlich erforderliche haushaltswirtschaftliche Geschehen im Haushaltsjahr<br />

zu verbessern bzw. den Überblick die wirtschaftliche Lage der Gemeinde und ihre Entwicklung zu erreichen.<br />

Die Gemeinde kann ihrem Haushaltsplan noch weitere Unterlagen beifügen, wenn dadurch die Gesamtübersicht<br />

über den Inhalt und den Umfang der geplanten Haushaltswirtschaft sowie über die Entwicklung der wirtschaftlichen<br />

Lage der Gemeinde verbessert wird.<br />

1.3 Die Anwendung des Bruttoprinzips<br />

1.3.1 Die Inhalte des Bruttoprinzips<br />

Im gemeindlichen Haushaltsplan sind die Erträge und Aufwendungen sowie die Einzahlungen und Auszahlungen<br />

der Gemeinde getrennt voneinander und in voller Höhe zu veranschlagen (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese Art<br />

der Veranschlagung wird als „Bruttoprinzip“ bezeichnet, denn es dürfen die Haushaltspositionen im Haushaltsplan<br />

weder saldiert noch in einer anderen Form verrechnet werden. Dieses Gebot besteht, weil es nicht Zweck des<br />

gemeindlichen Haushaltsplans ist, lediglich die wirtschaftliche Belastung oder den möglichen Vorteil der Gemeinde<br />

im Haushaltsjahr aufzuzeigen. Der gemeindliche Haushaltsplan muss zudem nicht nur das voraussichtliche<br />

Ressourcenaufkommen und den Ressourcenverbrauch sowie die voraussichtlichen Zahlungen der Gemeinde<br />

vollständig enthalten, sondern diese betragsmäßigen Angaben müssen zudem nach bestimmten Arten untergliedert<br />

sowie in Teilplänen bzw. durch diese produktorientiert zusammengefasst werden, um auch die gemeindlichen<br />

Leistungen aufzuzeigen (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei einem Verzicht auf die Anwendung des Bruttoprinzips würde die Darstellung der geplanten Haushaltswirtschaft<br />

für das Haushaltsjahr erheblich eingeschränkt und eine Beurteilung erschwert. Es beständen zudem Risiken<br />

hinsichtlich einer zutreffenden Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans im Auftrag des Rates der Gemeinde,<br />

wenn nicht sogar die Übersicht über die gemeindlichen Ressourcen und die gemeindlichen Finanzmittel<br />

erheblich beeinträchtigt wäre oder die Übersicht ggf. verloren gehen könnte. Eine Verrechnung bei den gemeindlichen<br />

Ressourcen und den Finanzmitteln im Sinne einer Aufrechnung würde zudem gegen die Buchführungsgrundsätze<br />

„Klarheit“ und „Übersichtlichkeit“ verstoßen.<br />

Das Bruttoprinzip, das sich nicht nur auf die gemeindliche Haushaltsplanung und die Haushaltsausführung, sondern<br />

auch auf den Nachweis erstreckt, also auch für den gemeindlichen Jahresabschluss gilt, verhindert somit<br />

eine Verschleierung im Rahmen der gemeindlichen Ergebnisrechnung und der Finanzrechnung der Gemeinde.<br />

GEMEINDEORDNUNG 456


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei der Gemeinde entstehende Aufwendungen dürfen deshalb nur dann mit den erzielbaren Erträgen verrechnet<br />

werden, soweit durch Gesetz oder Verordnung dieses zugelassen worden ist (vgl. § 19 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.3.2 Die Ausnahmen vom Bruttoprinzip<br />

1.3.2.1 Die Veranschlagung von Abgaben<br />

Durch die Vorschrift des § 23 GemHVO <strong>NRW</strong>, nach der Abgaben, abgabeähnliche Erträge und allgemeine Zuweisungen,<br />

die die Gemeinde zurückzuzahlen hat, bei den Erträgen abzusetzen sind, auch wenn sie sich auf<br />

Erträge der Vorjahre beziehen, wird eine Ausnahme vom gemeindlichen Bruttoprinzip zugelassen. Diese gesetzlich<br />

bestimmte Ausnahme wirkt sich auf die gemeindliche Ergebnisrechnung und wegen der Zahlungswirksamkeit<br />

auch auf die gemeindliche Finanzrechnung aus. Die genannte Vorschrift soll dabei dem Umstand der haushaltswirtschaftlichen<br />

Praxis der Gemeinden Rechnung tragen, dass die Erhebung von Abgaben und deren endgültige<br />

Abrechnung regelmäßig nicht in einem Haushaltsjahr abschließend erfolgen können.<br />

In den Fällen, in denen es sich um eine andauernde, regelmäßig wiederkehrende Leistungspflicht des Dritten<br />

handelt, hat es sich in der Vergangenheit bewährt, dass Erstattungen von zu viel berechneten und gezahlten<br />

Beträgen mit den späteren Zahlungen verrechnet werden können. Für die gemeindliche Ergebnisrechnung bedeutet<br />

dieses, dass die Abgaben, z. B. Steuern, Gebühren und Beiträge, mit dem Nettobetrag nachzuweisen<br />

sind, der nach Abzug der vorhersehbaren Erstattungen als Ertrag bei der Gemeinde verbleibt.<br />

1.3.2.2 Die Veranschlagung von Bestandsveränderungen<br />

Im Ergebnisplan sind die gemeindlichen Bestandsveränderungen mit dem Nettobetrag zu veranschlagen. Die<br />

entsprechende Haushaltsposition umfasst alle Bestandsveränderungen aus fertigen und unfertigen Erzeugnissen<br />

und unfertigen Leistungen. Die Grundlage der Ermittlung der gemeindlichen Bestandsveränderungen ist die Inventur<br />

zum jeweiligen Abschlussstichtag, bei der die örtlichen Mengen- und Wertveränderungen zu ermitteln sind.<br />

In den Fällen, in denen sich bei der Gemeinde voraussichtlich der Bestand an fertigen oder unfertigen Erzeugnissen<br />

oder unfertigen Leistungen im Vergleich zum Vorjahr erhöht hat, stellt die Differenz einen Ertrag für die Gemeinde<br />

dar, der unter dieser Haushaltsposition zu veranschlagen ist. Es ist ggf. auch ein „negativer Ertrag“, der<br />

sich durch eine Verminderung des Bestandes entstehen kann, zu veranschlagen.<br />

2. Haushaltsplan und Produktorientierung<br />

2.1 Die Produktorientierung<br />

Mit dem NKF besteht in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft eine Produktorientierung, aus der heraus die<br />

Gemeinde Auskunft geben kann über die Verwendung der eingesetzten Mittel und über die erzielten Ergebnisse.<br />

Sie macht die Aufgabenerfüllung der Gemeinde transparenter und das wirtschaftliche Handeln wird gestärkt.<br />

Diese haushaltswirtschaftliche Produktorientierung soll das nachfolgende Schema aufzeigen (vgl. Abbildung).<br />

POLITIK-<br />

FELDER<br />

1 Zentrale<br />

Verwaltung<br />

Die Produktorientierung nach dem NKF-Produktrahmen<br />

PRODUKT-<br />

BEREICHE<br />

01 Innere<br />

Verwaltung<br />

PRODUKT-<br />

GRUPPEN<br />

Bildung<br />

von<br />

Produktgruppen<br />

GEMEINDEORDNUNG 457<br />

PRODUKTE<br />

Bildung<br />

von<br />

LEISTUNGEN<br />

Festlegung<br />

von<br />

Leistungen


POLITIK-<br />

FELDER<br />

2 Schule und Kultur<br />

3 Soziales<br />

und Jugend<br />

4 Gesundheit und<br />

Sport<br />

5 Gestaltung der<br />

Umwelt<br />

6 Zentrale Finanz-<br />

Leistungen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Produktorientierung nach dem NKF-Produktrahmen<br />

...<br />

PRODUKT-<br />

BEREICHE<br />

05 Soziale<br />

Leistungen<br />

...<br />

07 Gesundheits-<br />

dienste<br />

...<br />

17 Stiftungen<br />

PRODUKT-<br />

GRUPPEN<br />

nach den örtlichen<br />

Bedürfnissen<br />

GEMEINDEORDNUNG 458<br />

PRODUKTE<br />

Produkten<br />

nach den örtlichen<br />

Bedürfnissen<br />

Abbildung 61 „Die Produktorientierung nach dem NKF-Produktrahmen“<br />

LEISTUNGEN<br />

nach den örtlichen<br />

Bedürfnissen<br />

Es ist dabei von den örtlichen Gegebenheiten in der einzelnen Gemeinde abhängig, ob eine bestimmte Aufgabe<br />

zum Aufgabenkatalog der Gemeinde gehört, in welchem Umfang sie zu erfüllen ist und ob sie durch die gemeindliche<br />

Verwaltung oder einen gemeindlichen Betrieb erfüllt wird. Wird die Gemeinde wie für den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss erforderlich, als eine Gesamtheit („ein einziger Betrieb“) betrachtet, wird das gesamte gemeindliche<br />

produktorientierte Aufgabenspektrum auf einen Blick erkennbar.<br />

Aufbauend auf der haushaltswirtschaftlichen Produktorientierung ist der NKF-Produktrahmen entwickelt worden.<br />

Dieser führt zu der haushaltsrechtlichen Festlegung, dass der gemeindliche Haushaltsplan in produktorientierte<br />

Teilpläne auf der Grundlage der Produktbereiche des NKF-Produktrahmens zu gliedern ist (vgl. § 4 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Die Produktbereiche des NKF-Produktrahmens werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

01 Innere Verwaltung<br />

02 Sicherheit und Ordnung<br />

03 Schulträgeraufgaben<br />

04 Kultur und Wissenschaft<br />

05 Soziale Leistungen<br />

06 Kinder-, Jugend- und<br />

Familienhilfe<br />

Die Produktbereiche im NKF-Produktrahmen<br />

07 Gesundheitsdienste<br />

08 Sportförderung<br />

09 Räumliche Planung und<br />

Entwicklung, Geoinformationen<br />

10 Bauen und Wohnen<br />

11 Ver- und Entsorgung<br />

12 Verkehrsflächen und - anlagen,<br />

ÖPNV<br />

13 Natur- und Landschaftspflege<br />

14 Umweltschutz<br />

15 Wirtschaft und Tourismus<br />

16 Allgemeine Finanzwirtschaft<br />

17 Stiftungen<br />

Abbildung 62 „Die Produktbereiche im NKF-Produktrahmen“<br />

………………………..<br />

Die Gemeinde ist bei der Aufstellung ihres jährlichen Haushalts verpflichtet, für Steuerungs- und Informationszwecke<br />

und aus Gründen der Vergleichbarkeit sowie für die Prüfung der Haushaltssatzung durch die Aufsichtsbehörde<br />

die erste Gliederungsstufe ihres Haushaltsplans auf der Grundlage der Produktbereiche des NKF-<br />

Produktrahmens auszugestalten. Sie hat dazu die produktorientierten Teilpläne in ihrem Haushaltsplan in der<br />

Reihenfolge der 17 Produktbereiche zu gliedern und bei der haushaltsmäßigen Veranschlagung und Zuordnung


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

von Erträgen und Aufwendungen sowie Einzahlungen und Auszahlungen die Verbindlichkeit der Produktbereiche<br />

sowie die dazu zur Abgrenzung der einzelnen Produktbereiche getroffenen Zuordnungen zu beachten (vgl. Nr.<br />

1.2.3 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

Der NKF-Produktrahmen lässt den Gemeinden jedoch den notwendigen Gestaltungsfreiraum für weitere Untergliederungen<br />

nach Produktgruppen oder Produkten unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und<br />

Bedürfnisse und in eigener Verantwortung. Die örtlichen Produkte sollen daher im Rahmen der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung aus den landesweit verbindlichen Produktbereichen entwickelt werden, deren Ausgangsbasis<br />

die einzelnen Politikfelder bzw. die einzelnen Produktbereiche darstellen. Dabei gebieten die verschiedenen Vorschriften<br />

über die gemeindliche Produktorientierung eine landesweit einheitliche Handhabung unter Berücksichtigung<br />

des NKF-Produktrahmens, auch wenn die einzelnen Produkte von den Gemeinden nach eigenen Bedürfnissen<br />

zu bilden und auszugestalten sind (vgl. § 4 Absatz 1 Satz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

2.2 Die örtliche Ausgestaltung<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan wird für örtliche Steuerungszwecke im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

in produktorientierte Teilpläne untergliedert, die u.a. die Produktorientierung und deren Inhalte und Gliederung,<br />

Ziele und Leistungskennzahlen sowie Teilergebnispläne und Teilfinanzpläne enthalten sollen (vgl. §§ 4 und<br />

12 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der Rahmen für die Bildung von örtlichen Teilplänen durch die Gemeinde wird nachfolgend<br />

aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

GLIEDERUNGSART<br />

Teilpläne<br />

nach<br />

Produktbereichen<br />

Teilpläne<br />

nach<br />

Produktgruppen<br />

Teilpläne<br />

nach<br />

Produkten<br />

Teilpläne<br />

nach<br />

Verantwortungs-<br />

bereichen<br />

Die Bildung von produktorientierten Teilplänen<br />

GEMEINDEORDNUNG 459<br />

BESCHREIBUNG<br />

Die Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan sind nach den verbindlich<br />

vorgegebenen Produktbereichen mit Angabe der jeweils<br />

dazugehörigen Produktgruppen und wesentlichen Produkte zu<br />

bilden.<br />

Die Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan können nach Produktgruppen<br />

(eigene oder aus dem NKF- oder dem „Länder-<br />

Produktrahmen“) mit mindestens der Angabe der Summen der<br />

untergliederten Teilpläne auf der Ebene der verbindlichen Produktbereiche<br />

aufgestellt werden.<br />

Die Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan können nach Produkten<br />

mit mindestens der Angabe der Summen der untergliederten<br />

Teilpläne auf der Ebene der verbindlichen Produktbereiche aufgestellt<br />

werden.<br />

Die Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan können nach örtlichen<br />

Verantwortungsbereichen mit Angabe der Aufgaben und der<br />

dafür gebildeten Produkte sowie mit der Angabe der Summen der<br />

untergliederten Teilpläne auf der Ebene der verbindlichen Produktbereiche<br />

aufgestellt werden.<br />

Abbildung 63 „Die Bildung von produktorientierten Teilplänen“<br />

Für die Ausgestaltung der örtlichen Teilpläne ist es erforderlich, die örtlichen Leistungen zu definieren und voneinander<br />

abzugrenzen. Eine systematische Ordnung und Darstellung der gemeindlichen Leistungen (Produkte)<br />

erleichtert die haushaltswirtschaftliche Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen, um der Ressourcenorientierung<br />

ausreichend Rechnung tragen zu können und die Aufgabenerfüllung verstehbar zu machen. Auch verlangt


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

die Produktorientierung, dass die systematische Gliederung der gemeindlichen Produkte mit dem landesweit<br />

geltenden „NKF-Produktrahmen“ in Einklang steht. Die gemeindliche Produktorientierung kann zudem auch zu<br />

einer wirtschaftlicheren Gestaltung der Arbeitsprozesse und zur Optimierung von Organisationsabläufen in der<br />

gemeindlichen Verwaltung beitragen.<br />

3. Die Bildung von Haushaltspositionen<br />

Die Produktorientierung des gemeindlichen Haushalts sowie die Veranschlagung von Erträgen und Aufwendungen<br />

im Ergebnisplan und von Einzahlungen und Auszahlungen im Finanzplan verlangen eine einheitliche Grundstruktur<br />

im Aufbau der Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan. Die Vorgabe dazu muss eine Umsetzung durch<br />

alle Gemeinden ermöglichen. Dadurch wird es möglich, die gemeindliche Produktorientierung mit den Arten der<br />

Erträge und Aufwendungen (im Teilergebnisplan) oder den Einzahlungen und Auszahlungen (im Teilfinanzplan)<br />

zu verbinden. Als zentrale Elemente für die Gestaltung des örtlichen Haushaltsplans sind der Gemeinde die allgemeinen<br />

Vorgaben zur „Bildung von Produktbereichen im kommunalen Haushalt“ und der „Haushaltsrechtliche<br />

NKF-Kontenrahmen“ zur Verfügung gestellt worden (vgl. Nr. 1.2.3 und Nr. 1.5.2 des Runderlasses des Innenministeriums<br />

vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

Entsprechend den verordnungsrechtlichen Regelungen für die Gestaltung des gemeindlichen Haushaltsplans<br />

stellen die o.a. Vorgaben des Landes lediglich Mindestvorgaben dar, die von der Gemeinde entsprechend ihren<br />

örtlichen Bedürfnissen weiter auszugestalten sind. Sie sollen insbesondere weiter ausgestaltet werden, weil die<br />

Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan den Adressaten der Haushaltsplanung der Gemeinde als umfassende<br />

Informationsquelle über die produktbezogene, haushaltswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde dienen sollen. In<br />

diesem Sinne lässt sich aus dem Aufbau der Teilpläne bzw. aus den Teilergebnisplänen und den Teilfinanzplänen<br />

problemlos erkennen, welche Mittel zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben im Haushaltsjahr eingesetzt<br />

werden sollen.<br />

Der wirtschaftliche Gehalt sowie mögliche Wirkungen des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde<br />

lassen sich durch eine solche Systematisierung des gemeindlichen Haushaltsplans klar und leicht nachvollziehen.<br />

Die Systematisierung der Erträge und Aufwendungen sowie der Einzahlungen und Auszahlungen nach den gemeindlichen<br />

Aufgaben wird dabei durch den NKF-Produktrahmen mit seinen 17 verbindlichen Produktbereichen<br />

ermöglicht (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong> i.V.m. dem o.a. Runderlass). Die Systematisierung der Erträge und Aufwendungen<br />

sowie der Einzahlungen und Auszahlungen nach der Mittelherkunft und der Mittelverwendung wird durch<br />

die Mindestvorgabe über 19 Ertrags- und Aufwandsarten sowie über 27 Einzahlungs- und Auszahlungsarten<br />

ermöglicht (vgl. §§ 2 und 3 GemHVO <strong>NRW</strong> i.V.m. dem o.a. Runderlass).<br />

Die gemeindliche Haushaltssystematik deckt damit die haushaltsrechtlichen Erfordernisse bei der Aufstellung und<br />

Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans sowie bei der Abrechnung im Jahresabschluss der Gemeinde ab.<br />

Sie ermöglicht eine Transparenz über die Größenordnungen des haushaltswirtschaftlichen Handelns einschließlich<br />

der Offenlegung von Mittelherkunft und Mittelverwendung der Gemeinde. Durch die Einbindung der Produktorientierung<br />

werden zudem Informationen über den Finanzmittelbedarf von einzelnen gemeindlichen Aufgaben<br />

gegeben. Dafür müssen dann Produkte gebildet und als steuerungsrelevant eingestuft worden sein. Die Gemeinde<br />

hat dann dafür eigenständige Teilpläne aufzustellen, die im gemeindlichen Haushaltsplan enthalten sind.<br />

4. Haushaltsplan und Budgetierung<br />

4.1 Die „Internen“ Budgets<br />

Das NKF beinhaltet neben dem Ressourcenverbrauchskonzept auch die dezentrale Ressourcenverantwortung<br />

und eine flexible Haushaltsbewirtschaftung für die Gemeinde. Die darüber gefasste Vorschrift erkennt die Bud-<br />

GEMEINDEORDNUNG 460


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

gets als Bewirtschaftungsinstrument für die Gemeinde an (vgl. § 21 GemHVO <strong>NRW</strong>). Unter Budgetierung wird<br />

verstanden, den einzelnen Organisationseinheiten der gemeindlichen Verwaltung, z.B. Fachbereiche oder Ämter,<br />

bestimmte Ressourcen zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zu übertragen (dezentrale Ressourcenverantwortung).<br />

Unter einem Budget ist somit als ein mit finanziellen Mitteln ausgestatteter Handlungsbereich, der einem<br />

abgegrenzten Verantwortungsbereich unter bestimmten Zielsetzungen übertragen wird, zu verstehen. Das<br />

Verständnis von Budgetierung als einen eigenverantwortlichen Bewirtschaftungsprozess ist dabei i.d.R. an die<br />

verwaltungsmäßigen Organisationseinheiten der Gemeinde gekoppelt und bedarf einer eindeutigen Festlegung<br />

von Verantwortlichkeiten. Die Budgetierung hat deshalb eine erhebliche Steuerungsrelevanz im Rahmen der<br />

jährlichen Haushaltsbewirtschaftung der Gemeinde.<br />

In diesem Zusammenhang ist auch die Bildung der gemeindlichen Budgets relevant, denn es ist von Bedeutung,<br />

ob örtlich eine Vollbudgetierung oder eine Teilbudgetierung oder beide Arten zur Anwendung kommen. Bei einer<br />

Vollbudgetierung fließen alle Haushaltsmittel, z.B. Erträge und Aufwendungen, in die Budgetierung ein. Dieses<br />

erfordert ein hohes Maß an Budgetverantwortung, weil durch das Ergebnis unmittelbar der gemeindliche Haushaltausgleich<br />

betroffen ist (vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Bei der Teilbudgetierung können dagegen unterschiedliche<br />

Zusammenhänge innerhalb der örtlichen Budgetierung hergestellt werden, z.B. Sachausgabenbudgetierung,<br />

Budgetierung von Investitionszahlungen u.a. Außerdem kann die Budgetbildung auch nach Zuschussbudgets<br />

(Aufwendungen höher als Erträge), Überschussbudgets (Erträge höher als Aufwendungen) und ausgeglichene<br />

Budgets unterschieden werden. Unabhängig von der Art der örtlichen Budgetbildung bedarf es aber eindeutiger<br />

Budgetregeln durch die Gemeinde.<br />

Durch eine gesonderte haushaltsrechtliche Vorschrift erhält die Budgetierung für den gemeindlichen Haushalt<br />

zwar einen hohen Stellenwert, gleichwohl ist damit nicht die Pflicht der Gemeinde verbunden, nun auch automatisch<br />

die Budgets im gemeindlichen Haushaltsplan abzubilden (vgl. § 21 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan enthaltenen Teilpläne können zwar eine gute Grundlage für die vor Ort zu bildenden Budgets<br />

darstellen, es hängt aber einerseits von der Ausgestaltung der örtlichen Produktorientierung und andererseits von<br />

der Übertragung der dezentralen Ressourcenverantwortung innerhalb der gemeindlichen Verwaltung ab, ob eine<br />

Identität zwischen diesen beiden haushaltswirtschaftlichen Betrachtungen hergestellt werden kann. Es dürfte sich<br />

in vielen Fällen anbieten, der vollständigen produktorientierten Gliederung im gemeindlichen Haushaltsplan den<br />

Vorzug zu geben, um den Adressaten die Leistungserstellung und die dafür eingesetzten Ressourcen in verständlicher<br />

und nachvollziehbarer Weise offen zu legen, und dann darauf die Budgetbildung aufzubauen.<br />

Die Budgetierung kann in solchen Fällen dann stärker als interne Bewirtschaftung in Ausführung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans eingerichtet und hinsichtlich der Bedürfnisse der gemeindlichen Verwaltung unter Einbeziehung<br />

der für die Budgetierung vorgesehenen Organisationseinheiten sowie Budgetverantwortlichen ausgerichtet<br />

werden. Es müssen bei dieser Sachlage nicht zusätzlich zu den produktorientierten Teilplänen im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan auch Budgetpläne darin enthalten sein. Es ist als ausreichend anzusehen, für die Ausführung des<br />

gemeindlichen Haushaltsplans einen entsprechenden Managementplan aufzustellen. Gleichwohl muss aber auch<br />

ein Zusammenhang zur Produktorientierung geschaffen werden, in dem z.B. die Budgets eindeutig an den Produkten<br />

der Gemeinde ausgerichtet werden sollten.<br />

4.2 Die „Externen“ Budgets<br />

Die Verbindung zwischen Haushaltsplan und Budgetierung kann aber auch dadurch hergestellt werden, dass die<br />

Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan nach örtlichen Verantwortungsbereichen aufgestellt werden. Ein solcher<br />

gemeindlicher Haushaltsplan kann die Budgetbildung vereinfachen, denn i.d.R. können die gebildeten Verantwortungsbereiche<br />

eine Stufe in der örtlichen Budgethierachie darstellen, auf der unter Berücksichtigung der<br />

örtlichen Verhältnisse die Budgetbildung weiter auf- und ausgebaut werden kann.<br />

GEMEINDEORDNUNG 461


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei der Budgetierung von Organisationseinheiten der gemeindlichen Verwaltung können die zwischen Rat und<br />

Verwaltung geschlossenen Vereinbarungen auf Grundlage der gemeindlichen Produkte und Leistungskennzahlen<br />

und der zur Verfügung stehenden Ressourcen zutreffend abgegrenzt auf die Budgets übertragen werden. Die Art<br />

und Weise der Bildung der Budgets innerhalb der Verwaltung obliegt dabei eigenverantwortlich der Gemeinde,<br />

die auch bei dieser Art von Budgetierung einen individuellen Gestaltungsspielraum hat.<br />

In diesem Zusammenhang sind die Maßgaben nach § 4 Absatz 2 Nummer 3 GemHVO <strong>NRW</strong> zu beachten, dass<br />

in diesen Fällen die Aufgaben der Verantwortungsbereiche bzw. Budgets und die dafür gebildeten Produkte sowie<br />

die Ziele und die Kennzahlen zur Messung der Zielerreichung beschrieben werden. Diesen Teilplänen sind<br />

zudem in einer Übersicht die Produktbereiche voranzustellen, deren Teilergebnispläne auch die Summen der<br />

Erträge und der Aufwendungen und deren Teilfinanzpläne die Summen der Einzahlungen und der Auszahlungen<br />

für Investitionen ausweisen müssen.<br />

5. Haushaltsplan und Planfortschreibung<br />

Im Rahmen der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft können die im Haushaltsplan der Gemeinde<br />

veranschlagten Ermächtigungen vielfachen Anpassungen bzw. Fortschreibungen unterliegen. Die Veränderung<br />

einer haushaltswirtschaftlichen Ermächtigung wird z.B. durch eine Nachtragssatzung ausgelöst (vgl. § 81 GO<br />

<strong>NRW</strong>), wenn der dazugehörige Nachtragshaushaltsplan (vgl. § 10 GemHVO <strong>NRW</strong>) für bestimmte Haushaltspositionen<br />

eine Erhöhung oder Minderung der im Haushaltsplan veranschlagten Ermächtigung (Plansatz) enthält. Die<br />

haushaltsrechtlich vorgesehenen Ermächtigungsübertragungen verursachen ebenfalls die Fortschreibung der im<br />

Ergebnisplan oder im Finanzplan enthaltenen Planansätze, denn diese Übertragungen erhöhen die entsprechenden<br />

Positionen im Haushaltsplan des folgenden Haushaltsjahres (vgl. § 22 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Derartige Anpassungen der Haushaltspositionen des Haushaltsplans werden als „Planfortschreibungen“ bezeichnet<br />

und führen zum „fortgeschriebenen Planansatz“ im Ergebnisplan oder im Finanzplan bzw. den Teilplänen. In<br />

diesen Fällen ist noch zu berücksichtigen, dass die Übertragung von Aufwandsermächtigungen zwar zu einer<br />

Ergebnisverbesserung im abgelaufenen Haushaltsjahr führt, daraus aber auch eine Ergebnisverschlechterung im<br />

neuen Haushaltsjahr entstehen kann. Dieser Situation kann von der Gemeinde nicht dadurch begegnet werden,<br />

dass erneut eine Ermächtigungsübertragung vorgenommen wird, denn die haushaltswirtschaftlichen Ermächtigungen<br />

gelten regelmäßig nur bis zum Ende des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres.<br />

6. Die Zeitreihe im Haushaltsplan<br />

Die Gemeinde hat ihrer Haushaltsplanung nicht allein das Haushaltsjahr als kurzfristigen Zeitraum zugrunde zu<br />

legen, sondern vielmehr einen fünfjährigen Planungszeitraum, der vom laufenden Haushaltsjahr ausgeht und in<br />

den das Haushaltsjahr als erstes Planungsjahr eingebunden ist (vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>). Für diesen Planungszeitraum<br />

muss die Gemeinde ihre Leistungskraft offen legen, aber auch zeigen, wie sie die stetige Aufgabenerfüllung<br />

sichert. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft wird dabei anhand des aufgezeigten Ressourcenaufkommens und<br />

des Ressourcenverbrauchs sowie des Bedarfs der Gemeinde an Finanzmitteln innerhalb der mehrjährigen Ergebnis-<br />

und Finanzplanung gemessen.<br />

Diese Planungsweise erfordert, im Zeitraum der mehrjährigen Planung die gemeindlichen Erträge und Aufwendungen<br />

in ihrer voraussichtlichen Höhe sowie die Einzahlungen in der zu erzielenden Höhe und die Auszahlungen<br />

in Höhe der voraussichtlich zu leistenden Beträge jahresbezogen und nach ihren Arten abzubilden. Dadurch<br />

werden die haushaltswirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinde vorausschauend aufgezeigt. Die<br />

mittelfristige Planung der Gemeinde ist sowohl im gemeindlichen Ergebnisplan und im Finanzplan als auch in<br />

jedem produktorientierten Teilplan abzubilden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 462


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Diese Vorgabe führt durch weitere Ergänzungen insgesamt zu einer mehrjährigen Zeitreihe, bei der im Haushaltsplan<br />

den für das Haushaltsjahr zu veranschlagenden Erträgen und Aufwendungen sowie Einzahlungen und<br />

Auszahlungen die Ergebnisse der Rechnung des Vorvorjahres und die Haushaltspositionen des Vorjahres voranzustellen<br />

und die Planungspositionen der dem Haushaltsjahr folgenden drei Jahre anzufügen sind (vgl. § 1 Absatz<br />

3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die gemeindliche Haushaltsplanung ist in dieser mehrjährigen Zeitreihe, bezogen auf die<br />

einzelnen Haushaltspositionen im Ergebnisplan und Finanzplan sowie in den Teilplänen, sorgsam und gewissenhaft<br />

durchzuführen.<br />

Die Einbeziehung der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in den Haushaltsplan verändert aber nicht den<br />

dafür bestimmten fünfjährigen Planungszeitraum, in dessen Mittelpunkt das neue Haushaltsjahr steht. Vielmehr<br />

wird mit der tatsächlichen mehrjährigen Zeitreihe ein Überblick über die Erträge und Aufwendungen im Ergebnisplan<br />

und den Einzahlungen und Auszahlungen im Finanzplan sowie in den Teilplänen in zwei vergangenen<br />

Haushaltsjahren, im aktuellen Haushaltsjahr und in den folgenden drei Planungsjahren gegeben. Der Rat hat<br />

dadurch bei seinen Beratungen und der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen auch die<br />

mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung mit ihren Wirkungen unmittelbar im Blickfeld.<br />

7. Die Steuerungsrelevanz des Haushaltsplans<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan soll durch seine Untergliederung in produktorientierte Teilpläne (vgl. § 4 GemH-<br />

VO <strong>NRW</strong>), die örtliche Ziele und Leistungskennzahlen (vgl. § 12 GemHVO <strong>NRW</strong>) enthalten sollen, auch für Steuerungszwecke<br />

im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung geeignet sein. Dieser Ansatz erfordert, im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan auch Ursachen und Wirkungen des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde<br />

aufzuzeigen, die aufgrund von Zielen und ggf. einem Leitbild entstanden sind und diesen zugeordnet werden<br />

können.<br />

Zum Wesen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gehört es daher, einen ausreichenden und sachlich zweckbezogenen<br />

Kommunikationsprozess zwischen den Organen der Gemeinde zu führen, und auf der Grundlage von<br />

gemeindlichem Haushaltsplan und Jahresabschluss der Gemeinde positive Effekte zu erzielen und messen zu<br />

können. Außerdem gilt es, auch dadurch die Steuerungstauglichkeit des gemeindlichen Haushaltsplans unter<br />

Berücksichtigung der Interessen seiner Adressaten zu erreichen. Der gemeindliche Haushaltsplan ist daher nicht<br />

nur als eine Ermächtigungsgrundlage für das gemeindliche Verwaltungshandeln zu verstehen, sondern auch als<br />

ein Instrument, die gemeindlichen Leistungsarten zu bemessen, zu planen, zu bewirtschaften und zu überprüfen,<br />

um eine auf die örtlichen Bedürfnisse ausgerichtete qualitative und quantitative Lösung zu finden.<br />

In diesem Zusammenhang gilt es, den örtlichen Haushaltsplan sachgerecht so auszugestalten, dass für den Rat<br />

der Gemeinde die notwendigen bzw. wesentlichen Informationen gegeben werden, die inhaltliche und formale<br />

Ausgestaltung aber auch eine Orientierung für das wirtschaftliche Handeln der Gemeinde bieten, und dabei die<br />

Weiterentwicklung der Gemeinde mit ihren Chancen und Risiken sowie einer Orientierung am Grundsatz der<br />

intergenerativen Gerechtigkeit mit im Blickfeld steht. Die Produktorientierung der Gemeinde und deren Leistungserstellung<br />

können dabei in einem Zusammenhang gestellt werden, der die gewünschte Transparenz über das<br />

gemeindliche Verwaltungsgeschehen aufzuzeigen hilft, wenn gleichzeitig auch für die Verantwortlichen in der<br />

Gemeinde die haushaltswirtschaftlichen Wirkungen erkennbar gemacht und im Rahmen einer Berichterstattung<br />

bekannt werden.<br />

8. Die fremden Finanzmittel<br />

Von der Gemeinde werden im Haushaltsjahr neben den eigenen Finanzmitteln auch fremde Finanzmittel von<br />

Dritten bewirtschaftet. Diese fremden Finanzmittel sind von der Veranschlagung im Haushaltsplan der Gemeinde<br />

regelmäßig ausgenommen (vgl. § 16 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Vorschrift stellt für eine Veranschlagung von fremden<br />

GEMEINDEORDNUNG 463


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Finanzmitteln im gemeindlichen Finanzplan jedoch kein absolutes Verbot dar. Die Gemeinde muss dann aber<br />

dafür in ihrem Finanzplan eine gesonderte Haushaltsposition schaffen.<br />

Es ist bei dieser Vorschrift davon ausgegangen worden, dass die Dritten ihren gesamten Bedarf an Finanzmittel<br />

haushaltsmäßig selbst planen und veranschlagen. Erst im Rahmen der Haushaltsbewirtschaftung werden der<br />

Gemeinde i.d.R. entsprechend ihrem örtlichen Bedarf die notwendigen Finanzmittel zur Zahlungsabwicklung zur<br />

Verfügung gestellt. Die fremden Finanzmittel sind deshalb unabhängig von ihrer Zweckbestimmung immer dann<br />

in die gemeindliche Finanzrechnung (vgl. § 39 GemHVO <strong>NRW</strong>) einzubeziehen, soweit diese Finanzmittel im<br />

Rahmen von gemeindlichen Zahlungsvorgängen in der Finanzbuchhaltung der Gemeinde in Form von Einzahlungen<br />

oder Auszahlungen abgewickelt werden. Die Gemeinde hat deshalb diese Finanzmittel auch im Rahmen<br />

ihrer Liquiditätsplanung zu berücksichtigten.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Inhalte des Haushaltsplans):<br />

1.01 Allgemeines<br />

Für die Haushaltsführung der Gemeinde im Haushaltsjahr ist der gemeindliche Haushaltsplan verbindlich. Diese<br />

Verbindlichkeit bezieht sich dabei auf alle Bestandteile des Haushaltsplans der Gemeinde. Die gemeindliche<br />

Verwaltung ist dadurch bei der Ausführung der Haushaltswirtschaft an die im gemeindlichen Ergebnisplan (vgl. §<br />

2 GemHVO <strong>NRW</strong>) und im gemeindlichen Finanzplan (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>) als haushaltsmäßige Gesamtebene<br />

sowie in den produktorientierten Teilplänen (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>) veranschlagten Erträge und Aufwendungen<br />

sowie Einzahlungen und Auszahlungen, die dort betragsmäßig unter den Haushaltspositionen ausgewiesen<br />

sind, gebunden.<br />

Die Bindung an die Teilpläne besteht dabei unabhängig davon, ob diese aus der Steuerungssicht der Gemeinde<br />

nach Produktbereichen, Produktgruppen oder Produkten unter Beachtung des vom Innenministerium bekannt<br />

gegebenen Produktrahmens gebildet werden können (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>) oder nach Verantwortungsbereichen<br />

(Budgets) aufgestellt worden sind. Bereits diese haushaltsmäßige Bindung führt unter Einbeziehung der<br />

Haushaltsgrundsätze dazu, dass der gemeindliche Haushaltsplan inhaltlich vollständig in Bezug auf das betreffende<br />

Haushaltsjahr sein muss.<br />

1.1 Zu Satz 1 (Veranschlagung im Haushaltsplan):<br />

1.1.0 Die Grundlagen der Haushaltsplanung<br />

Die haushaltsrechtlichen Grundsatzbestimmungen für den gemeindlichen Haushaltsplan berücksichtigen den<br />

Rechnungsstoff des NKF. Deshalb werden die Rechengrößen „Erträge“ und „Aufwendungen“ nicht nur im Ergebnisplan<br />

sowie die Rechengrößen „Einzahlungen“ und „Auszahlungen“ im Finanzplan verwandt, sondern auch die<br />

Haushaltsbewirtschaftung sowie die Haushaltsabrechnung (Jahresabschluss) einschließlich der dafür notwendigen<br />

Buchführung (doppelte Buchführung) verwenden diesen Rechenstoff. Die Orientierung des Rates der Gemeinde<br />

an den Steuerungserfordernissen im Sinne des Neuen Steuerungsmodells und die Berücksichtigung der<br />

Informationsbedürfnisse der Öffentlichkeit führt zu einer sehr örtlich geprägten Darstellungsform des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans, sowohl in seinem Aufbau als auch in seinem Detaillierungsgrad.<br />

Die Gemeinde hat bei der Veranschlagung der voraussichtlich notwendigen haushaltswirtschaftlichen Ermächtigungen<br />

für das Haushaltsjahr den Grundsatz der Vollständigkeit zu beachten. Der gemeindliche Haushaltsplan<br />

muss deshalb alle im Haushaltsjahr für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde voraussichtlich anfallenden<br />

GEMEINDEORDNUNG 464


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Erträge und entstehenden Aufwendungen sowie die voraussichtlich eingehenden Einzahlungen und zu leistenden<br />

Auszahlungen, aber auch die für Investitionsmaßnahmen notwendigen Verpflichtungsermächtigungen enthalten.<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan konkretisiert dabei die sachlichen Rahmenbedingungen, die als Festsetzungen<br />

in der Haushaltssatzung der Gemeinde verankert sind, z.B. der Gesamtbetrag der Aufwendungen des Haushaltsjahres<br />

(vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1a GO <strong>NRW</strong>). In diesem Zusammenhang ist auch der zeitliche Rahmen für<br />

den gemeindlichen Haushaltsplan nicht unbeachtlich, denn die Haushaltssatzung der Gemeinde tritt nach der<br />

gesetzlichen Regelung mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft und gilt für das Haushaltsjahr (vgl. gilt § 78 Absatz<br />

3 GO <strong>NRW</strong>.<br />

Der Haushaltsplan der Gemeinde muss unter Beachtung der genannten Vorgaben im Ergebnisplan die im Haushaltsjahr<br />

durch die Erfüllung der Aufgaben anfallenden Erträge und entstehenden Aufwendungen und im Finanzplan<br />

die im Haushaltsjahr eingehenden Einzahlungen und zu leistenden Auszahlungen enthalten. Diese im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan veranschlagten Ermächtigungen entfallen dabei mit dem Ende des Haushaltsjahres,<br />

sodass die Gemeinde aus den betreffenden Haushaltspositionen des Haushaltsplans dann i.d.R. keine Aufwendungen<br />

mehr entstehen lassen oder Auszahlungen leisten darf, soweit nicht eine Ermächtigungsübertragung ins<br />

folgende Haushaltsjahr zulässig ist (vgl. § 22 GemHVO <strong>NRW</strong>). Insgesamt gesehen sind daher bei der gemeindlichen<br />

Haushaltsplanung insbesondere der Grundsatz der sachlichen Bindung und der Grundsatz der zeitlichen<br />

Bindung sowie der Grundsatz der Jährlichkeit von besonderer Bedeutung.<br />

1.1.1 Zu Nummer 1 (Veranschlagung der Erträge und Einzahlungen):<br />

1.1.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Im NKF wird über die Rechengröße „Erträge“ das Ressourcenaufkommen und über die Rechengröße „Einzahlungen“<br />

die Zugänge an Finanzmitteln der Gemeinde erfasst. Gleichzeitig soll die Ausrichtung der Finanzpolitik<br />

der Gemeinden auf das Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit ausgerichtet sein, dass der gesamte Ressourcenverbrauch<br />

einer Periode regelmäßig durch Erträge derselben Periode gedeckt wird, um nachfolgende Generationen<br />

nicht zu überlasten. Die im NKF für den gemeindlichen Ergebnisplan zu verwendende Rechengröße „Erträge“<br />

ist dabei der zutreffende Buchungsstoff für eine „Reinvermögensrechnung“, die das Geldvermögen und<br />

das Sachvermögen der Gemeinde betrifft, wenn ein Geschäftsvorfall der Gemeinde das gemeindliche Eigenkapital<br />

erhöht. Außerdem führt die Rechengröße „Einzahlungen“ im Rahmen des gemeindlichen Finanzplans zu einer<br />

Mittelherkunftsrechnung, bei der die eingehenden Zahlungen ausschlaggebend und unter Beachtung des Kassenwirksamkeitsprinzips<br />

als Zahlungsströme zu erfassen sind.<br />

1.1.1.2 Die Veranschlagung von Erträgen<br />

1.1.1.1.1 Der Aufbau der Veranschlagung<br />

Das Ressourcenverbrauchskonzept wird dadurch angemessen umgesetzt, dass im Ergebnisplan mit der Rechengröße<br />

„Ertrag“ das Ressourcenaufkommen zu veranschlagen ist. Die Erträge bedeuten einen Wertezufluss<br />

an Gütern und Dienstleistungen und bewirken eine Eigenkapitalerhöhung. Der Ergebnisplan hat die Aufgabe,<br />

über die Art, die Höhe und die Quellen der Erträge vollständig und klar zu informieren. Er weist auch einen sich<br />

im Haushaltsjahr voraussichtlich ergebenden Überschuss oder Fehlbedarf aus, weil im Ergebnisplan auch die<br />

gemeindlichen im Haushaltsjahr entstehenden Aufwendungen zu veranschlagen sind.<br />

Bei der Aufstellung des gemeindlichen Ergebnisplans ist zu berücksichtigen, dass der Ergebnisplan nach dem<br />

Grundsatz der Ergebnisspaltung aufgebaut ist, sodass die ordentlichen und die außerordentlichen Erträge getrennt<br />

voneinander zu veranschlagen sind. Außerdem sind nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften, insbesondere<br />

nach den allgemeinen Planungsgrundsätzen (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>) z.B. die Erträge in ihrer voraus-<br />

GEMEINDEORDNUNG 465


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

sichtlichen Höhe in dem Haushaltsjahr zu veranschlagen, dem sie wirtschaftlich zuzurechnen sind (Grundsatz der<br />

Periodenabgrenzung). Die im gemeindlichen Ergebnisplan veranschlagten Erträge stellen zudem keine Obergrenze<br />

für die Haushaltsbewirtschaftung dar. Vielmehr spiegeln die Haushaltspositionen im gemeindlichen Er-<br />

gebnisplan die Erwartungen bzw. Schätzungen der Gemeinde bezogen auf das Haushaltsjahr wieder, denn die<br />

Gemeinde muss durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ihre Ansprüche vollständig erfasst, rechtzeitig<br />

geltend gemacht und eingezogen werden (vgl. § 23 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.1.1.2 Die Rechengröße „Ertrag“<br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Ertrag“ wird betriebswirtschaftlich die bewertete Leistungserstellung der<br />

Gemeinde in einem Haushaltsjahr (Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr) verstanden. Einen Ertrag stellt dabei jeder<br />

gemeindliche Vorgang dar, der das Nettovermögen bzw. das Eigenkapital der Gemeinde erhöht. Mit der Rechengröße<br />

werden aber auch die der Gemeinde zustehenden Steuereinnahmen und die ihr gewährten Zuwendungen<br />

erfasst, denn diese stellen einen erheblichen Anteil an den gemeindlichen Einnahmen dar. Die Begriffspaare<br />

„Erträge“ und „Einnahmen“ können im gemeindlichen Bereich wie folgt unterschieden werden (vgl. Abbildung).<br />

Ertrag, der nicht gleichzeitig<br />

eine Einnahme ist<br />

ERTRAG<br />

Die Rechengröße „Ertrag“<br />

Ertrag, der gleichzeitig<br />

eine Einnahme ist<br />

Einnahme, die gleichzeitig<br />

ein Ertrag ist<br />

GEMEINDEORDNUNG 466<br />

EINNAHME<br />

Abbildung 64 „Die Rechengröße Ertrag“<br />

Einnahme, die nicht gleichzeitig<br />

ein Ertrag ist<br />

Die Rechengrößen „Ertrag“ und „Einnahme“ sind dann deckungsgleich, wenn die gleiche Periode bzw. das gleiche<br />

Haushaltsjahr der Gemeinde betroffen ist. Die Gemeinde erzielt dann aber in einem Haushaltsjahr eine Einnahme,<br />

die keinen Ertrag darstellt, wenn entweder keine Leistungserstellung durch die Gemeinde vorliegt oder<br />

wenn die Leistungserstellung und die dazugehörige Einnahme in unterschiedliche Haushaltsjahre fallen, z. B. bei<br />

Mietvorauszahlungen (vgl. § 42 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.1.3 Die Veranschlagung von Einzahlungen<br />

1.1.1.3.1 Der Aufbau der Veranschlagung<br />

Im gemeindlichen Haushaltsrecht kann auf eine Planung der voraussichtlich eingehenden Einzahlungen, insbesondere<br />

für Investitionen der Gemeinde, und damit auf die Aufstellung eines Finanzplans nicht verzichtet werden.<br />

Die Rechengröße „Einzahlungen“ des NKF stellt dabei den Buchungsstoff für den Finanzplan der Gemeinde dar.<br />

Bei den Einzahlungen handelt es sich um einen tatsächlichen Geldzufluss, der zum Zeitpunkt der Bezahlung von<br />

Gütern und Dienstleistungen entsteht und eine Erhöhung der Finanzmittel der Gemeinde bewirkt. Die Arten der<br />

Einzahlungen zeigen die Mittelherkunft auf, denn sie sind im Finanzplan im gemeindlichen Haushaltsplan ge-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

trennt nach Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit, aus der Investitionstätigkeit und aus der Finanzierungstätigkeit<br />

des Haushaltsjahres zu veranschlagen.<br />

Außerdem sind nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften, insbesondere nach den allgemeinen Planungsgrundsätzen<br />

(vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>) z.B. die Einzahlungen in Höhe der voraussichtlich zu erzielenden Beträge in<br />

dem Haushaltsjahr zu veranschlagen sind, in dem sie liquiditätswirksam werden (Grundsatz der Kassenwirksamkeit).<br />

Die im gemeindlichen Finanzplan veranschlagten Einzahlungen stellen jedoch keine Obergrenze für die<br />

Haushaltsbewirtschaftung dar. Vielmehr spiegeln die Haushaltspositionen im gemeindlichen Finanzplan die Erwartungen<br />

der Gemeinde wieder, denn die Gemeinde muss durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass<br />

ihre Ansprüche vollständig erfasst, rechtzeitig geltend gemacht und eingezogen werden (vgl. § 23 Absatz 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.1.3.2 Die Rechengröße „Einzahlungen“<br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Einzahlungen“ wird der tatsächliche Zahlungsmittelzufluss bei der Gemeinde<br />

im Haushaltsjahr erfasst, der zu einer Erhöhung des gemeindlichen Zahlungsmittelbestandes durch den<br />

Zugang liquider Mittel, die in Form von Bargeld oder Buchgeld der Gemeinde zufließen, führt. Die Begriffspaare<br />

„Einzahlungen“ und „Einnahmen“ können im gemeindlichen Bereich wie folgt unterschieden werden (vgl. Abbildung).<br />

Einzahlung, die nicht gleichzeitig<br />

eine Einnahme ist<br />

Die Rechengröße „Einzahlungen“<br />

EINZAHLUNG<br />

Einzahlung, die gleichzeitig<br />

eine Einnahme ist<br />

Einnahme, die gleichzeitig<br />

eine Einzahlung ist<br />

GEMEINDEORDNUNG 467<br />

EINNAHME<br />

Abbildung 65 „Die Rechengröße Einzahlungen“<br />

Einnahme, die nicht gleichzeitig<br />

eine Einzahlung ist<br />

Nicht als Einzahlung gilt die Erhöhung des Kassenbestandes der Gemeinde durch eine Barabhebung von einem<br />

Bankkonto der Gemeinde, weil dadurch der Zahlungsmittelbestand der Gemeinde insgesamt nicht verändert wird.<br />

Es liegen beim Einsatz der Rechengrößen „Einzahlungen“ und „Einnahme“ im gemeindlichen Rechnungswesen<br />

auch dann nicht einnahmewirksame Einzahlungen vor, wenn es in gleicher Höhe zu einer zu einer Abnahme der<br />

gemeindlichen Forderungen oder zu einer Erhöhung der gemeindlichen Verbindlichkeiten kommt.<br />

1.1.2 Zu Nummer 2 (Veranschlagung von Aufwendungen und Auszahlungen):<br />

1.1.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Mit dem NKF wird über Aufwendungen der Ressourcenverbrauch der Gemeinde erfasst und der tatsächliche<br />

Werteverzehr über Abschreibungen vollständig abgebildet. Unter Einbeziehung der gemeindlichen Produktorien-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

tierung wird damit die haushaltsmäßige Erfassung und Darstellung des Ressourcenverbrauchs der Gemeinde<br />

bezogen auf ihre Aufgabenerfüllung möglich. Gleichzeitig soll die Ausrichtung der Finanzpolitik der Gemeinden<br />

auf das Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit erreichen, dass der gesamte Ressourcenverbrauch einer Peri-<br />

ode regelmäßig durch Erträge derselben Periode gedeckt wird, um die nachfolgenden Generationen nicht zu<br />

überlasten.<br />

Die im NKF für den gemeindlichen Ergebnisplan zu verwendende Rechengröße „Aufwendungen“ ist daher der<br />

zutreffende Buchungsstoff für eine „Reinvermögensrechnung“, die das Geldvermögen und das Sachvermögen<br />

der Gemeinde betrifft, wenn ein Vorgang bei der Gemeinde das gemeindliche Eigenkapital vermindert. Außerdem<br />

führt die Rechengröße „Auszahlungen“ im Rahmen des gemeindlichen Finanzplans und der Finanzrechnung zu<br />

einer Mittelverwendungsrechnung, bei der die zu leistenden Zahlungen ausschlaggebend und unter Beachtung<br />

des Kassenwirksamkeitsprinzips als Zahlungsströme zu erfassen sind.<br />

1.1.2.2 Die Veranschlagung von Aufwendungen<br />

1.1.2.2.1 Der Aufbau der Veranschlagung<br />

Das Ressourcenverbrauchskonzept wird auch dadurch angemessen umgesetzt, dass im Ergebnisplan mit der<br />

Rechengröße „Aufwendungen“ der Ressourcenverbrauch der Gemeinde zu veranschlagen ist. Die Aufwendungen<br />

bedeuten einen Werteverzehr an Gütern und Dienstleistungen der Gemeinde und mindern dadurch das gemeindliche<br />

Eigenkapital. Zu Aufwendungen der Gemeinde führt daher jeder gemeindliche Vorgang, der das Nettovermögen<br />

bzw. das Eigenkapital der Gemeinde vermindert.<br />

Der Ergebnisplan der Gemeinde hat dabei die Aufgabe, über die Art, die Höhe und die Quellen der gemeindlichen<br />

Erträge und Aufwendungen vollständig und klar zu informieren. Er weist daher auch den Jahresüberschuss oder<br />

den Jahresfehlbedarf aus, der voraussichtlich aus der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im<br />

Haushaltsjahr entstehen wird. Die im gemeindlichen Ergebnisplan veranschlagten Aufwendungen stellen dabei<br />

eine Obergrenze für die Inanspruchnahme der im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen für die gemeindliche<br />

Haushaltsbewirtschaftung dar. Die Ermächtigungen können dabei durch eine Nachtragssatzung verändert<br />

werden (vgl. § 81 GO <strong>NRW</strong>). Soweit über die im Haushaltsplan veranschlagten Beträge ein weiterer Bedarf besteht,<br />

können auch Aufwendungen überplanmäßig oder außerplanmäßig im Rahmen der Ausführung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans bereitgestellt werden, wenn diese unabweisbar sind (vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde muss zudem durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die im Haushaltsplan enthaltenen<br />

Ermächtigungen erst dann in Anspruch genommen werden, wenn die Aufgabenerfüllung dieses erfordert und die<br />

Verpflichtungen der Gemeinde erst bei Fälligkeit erfüllt werden (vgl. § 23 Absatz 1 und 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Bei der<br />

Veranschlagung der Aufwendungen im gemeindlichen Ergebnisplan ist zudem zu berücksichtigen, dass der Ergebnisplan<br />

nach dem Grundsatz der Ergebnisspaltung aufgebaut ist, sodass die ordentlichen und die außerordentlichen<br />

Aufwendungen getrennt voneinander zu veranschlagen sind. Außerdem sind nach den haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften, insbesondere nach den allgemeinen Planungsgrundsätzen (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>) z.B.<br />

die Aufwendungen in ihrer voraussichtlichen Höhe in dem Haushaltsjahr zu veranschlagen, dem sie wirtschaftlich<br />

zuzurechnen sind (Grundsatz der Periodenabgrenzung).<br />

1.1.2.2.2 Die Rechengröße „Aufwand“<br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Aufwand“ wird betriebswirtschaftlich der bewertete Güterverzehr der<br />

Gemeinde in einem Haushaltsjahr verstanden. Die Rechengrößen „Aufwand“ und „Ausgabe“ sind dann deckungsgleich,<br />

wenn die gleiche Periode bzw. das gleiche Haushaltsjahr der Gemeinde betroffen ist, z. B. wenn<br />

von der Gemeinde die Gehälter, das Material, die Energie u.a. zu bezahlen ist. Die Gemeinde leistet dann in<br />

GEMEINDEORDNUNG 468


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

einem Haushaltsjahr eine Ausgabe, die keinen Aufwand darstellt, wenn z.B. die im Dezember des Haushaltsjahres<br />

für den Januar des Folgejahres zu zahlende Beamtenbesoldung. Die Aufwendungen der Gemeinde und die<br />

dazugehörige Ausgabe fallen dabei in unterschiedliche Haushaltsjahre (vgl. aktive Rechnungsabgrenzung nach §<br />

42 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Begriffspaare „Aufwand“ und „Ausgaben“ können im gemeindlichen Bereich wie folgt<br />

unterschieden werden (vgl. Abbildung).<br />

Aufwand, der nicht gleichzeitig<br />

eine Ausgabe ist<br />

AUFWAND<br />

1.1.2.3 Die Veranschlagung der Auszahlungen<br />

1.1.2.3.1 Der Aufbau der Veranschlagung<br />

Die Rechengröße „Aufwand“<br />

Aufwand, der gleichzeitig<br />

eine Ausgabe ist<br />

Ausgabe, die gleichzeitig<br />

ein Aufwand ist<br />

GEMEINDEORDNUNG 469<br />

AUSGABE<br />

Abbildung 66 „Die Rechengröße Aufwand“<br />

Ausgabe, die nicht gleichzeitig<br />

ein Aufwand ist<br />

In der gemeindlichen Haushaltswirtschaft kann auf eine mehrjährige Finanzplanung, in der die voraussichtlich<br />

künftig zu leistenden Auszahlungen der Gemeinde, insbesondere für die gemeindliche Investitionstätigkeit, zu<br />

ermitteln sind, nicht verzichtet werden. Bei den gemeindlichen Auszahlungen fließen zum Zeitpunkt der Bezahlung<br />

von Gütern und Dienstleistungen die monetären Finanzmittel an Dritte ab und mindern den Geldbestand<br />

bzw. das Geldvermögen der Gemeinde. Die Arten der Auszahlungen im gemeindlichen Finanzplan zeigen dabei<br />

die Mittelverwendung durch die Gemeinde auf. Außerdem sind nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften, insbesondere<br />

nach den allgemeinen Planungsgrundsätzen (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>) z.B. die Auszahlungen in<br />

Höhe der voraussichtlich zu leistenden Beträge im Finanzplan der Gemeinde zu veranschlagen (Kassenwirksamkeitsprinzip).<br />

Die im gemeindlichen Finanzplan veranschlagten Auszahlungen stellen dabei eine Obergrenze für die gemeindliche<br />

Haushaltsbewirtschaftung dar, soweit nicht überplanmäßige und/oder außerplanmäßige Auszahlungen im<br />

Rahmen der Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans unabweisbar werden (vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde<br />

muss zudem durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen<br />

erst dann in Anspruch genommen werden, wenn die Aufgabenerfüllung dies erfordert. Sie darf die<br />

bestehenden Verpflichtungen erst bei ihrer Fälligkeit erfüllen (vgl. § 23 Absatz 1 und 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.2.3.2 Die Rechengröße „Auszahlungen“<br />

Die Rechengröße „Auszahlungen“ stellt dabei einerseits den Buchungsstoff für den Finanzplan der Gemeinde<br />

dar. Andererseits wird darunter der tatsächliche Zahlungsmittelabfluss bei der Gemeinde im Haushaltsjahr erfasst,<br />

der zu einer Verminderung des gemeindlichen Zahlungsmittelbestandes durch den Abgang liquider Mittel,


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

die in Form von Bargeld oder Buchgeld von der Gemeinde abgegeben werden, führt. In diesem Zusammenhang<br />

gilt die Verminderung des Kassenbestandes der Gemeinde durch eine Bareinzahlung auf ein Bankkonto der<br />

Gemeinde nicht als Auszahlung, weil dadurch der Zahlungsmittelbestand der Gemeinde insgesamt nicht verändert<br />

wird. Die Begriffspaare „Aufwendungen“ und „Ausgaben“ können im gemeindlichen Bereich wie folgt unterschieden<br />

werden (vgl. Abbildung).<br />

Aufzahlung, die nicht gleichzeitig<br />

ausgabewirksam ist<br />

Die Rechengröße „Auszahlungen“<br />

AUSZAHLUNG<br />

Auszahlung, die gleichzeitig<br />

ausgabewirksam ist<br />

Ausgabe, die gleichzeitig<br />

auszahlungswirksam ist<br />

GEMEINDEORDNUNG 470<br />

AUSGABE<br />

Abbildung 67 „Die Rechengröße Auszahlungen“<br />

Ausgabe, die nicht gleichzeitig<br />

auszahlungswirksam ist<br />

Beim Einsatz der Rechengrößen „Auszahlungen“ und „Ausgabe“ liegen auch dann keine ausgabewirksamen<br />

Auszahlungen vor, wenn es in gleicher Höhe zu einer zu einer Minderung der gemeindlichen Verbindlichkeiten<br />

oder zu einer Zunahme der gemeindlichen Forderungen kommt. Auch eine Verminderung des Kassenbestandes<br />

der Gemeinde durch eine Bareinzahlung auf ein Bankkonto der Gemeinde gilt nicht als gemeindliche Auszahlung,<br />

weil durch diesen Vorgang der Zahlungsmittelbestand der Gemeinde insgesamt nicht verändert wird.<br />

1.1.3 Zu Nummer 3 (Veranschlagung der Verpflichtungsermächtigungen):<br />

Durch die Verpflichtungsermächtigungen nach § 85 GO <strong>NRW</strong> wird die gemeindliche Verwaltung ermächtigt, Verpflichtungen<br />

zur Leistung von Auszahlungen für Investitionen in künftigen Haushaltsjahren einzugehen. Die Gemeinde<br />

darf i.d.R. dann neue Verpflichtungen zulasten der drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre<br />

eingehen, wenn dafür Ermächtigungen im Teilfinanzplan der Teilpläne gesondert veranschlagt worden sind (vgl. §<br />

4 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Es ist dabei das Ziel dieser Veranschlagung, die gemeindliche Verwaltung in die<br />

Lage zu versetzen, Aufträge für Lieferungen und Leistungen für die Fortführung von gemeindlichen Investitionsmaßnahmen<br />

zu erteilen. Die Zahlungen zulasten der Gemeinde dürfen dann in späteren Haushaltsjahren erfolgen,<br />

ohne dass es zwingend erforderlich ist, in dem Haushaltsjahr, in dem der Auftrag durch die Gemeinde erteilt<br />

wird, bereits konkrete Auszahlungsermächtigungen verfügbar haben zu müssen (vgl. § 13 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2 Zu Satz 2 (Sondervorschriften für die Sondervermögen):<br />

Nach dem Grundsatz der Einheit des Haushaltsplans hätte die Gemeinde als Rechtsperson für ihre gesamte<br />

Haushaltswirtschaft sachlich nur einen einzigen Haushaltsplan aufzustellen. Davon lässt die Vorschrift jedoch<br />

eine Ausnahme zu, in dem ausdrücklich bestimmt wird, dass die Vorschriften über die Sondervermögen der Gemeinde<br />

(vgl. § 97 GO <strong>NRW</strong>) unberührt bleiben. Die Gemeinde braucht deshalb ihre wirtschaftlichen Unternehmen<br />

(§ 114 GO <strong>NRW</strong>) und die organisatorisch verselbstständigten Einrichtungen (§ 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) ohne<br />

eigene Rechtspersönlichkeit nicht in den gemeindlichen Haushaltsplan einbeziehen (vgl. § 97 Absatz 3 GO


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

<strong>NRW</strong>). Diesen Festlegungen folgt die Eigenbetriebsordnung, nach der für die Eigenbetriebe jährlich eigenständige<br />

Wirtschaftspläne aufzustellen sind (vgl. § 14 EigVO <strong>NRW</strong>).<br />

Aufgrund der gesetzlichen Ausnahmeregelung können auch für die rechtlich unselbstständigen Versorgungs- und<br />

Versicherungseinrichtungen der Gemeinde besondere Haushaltspläne aufgestellt werden (vgl. § 97 Absatz 4 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Dagegen sind in den gemeindlichen Haushaltsplan neben den bestehenden Aufgabenbereichen der gemeindlichen<br />

Verwaltung zusätzlich als Sondervermögen der Gemeinde nur noch das gesonderte Gemeindegliedervermögen<br />

und die rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen einzubeziehen. Dazu ist zu beachten, dass<br />

das Gemeindegliedervermögen im jeweils sachlich zutreffenden Produktbereich und die rechtlich unselbstständigen<br />

örtlichen Stiftungen im Produktbereich 17 „Stiftungen“ abzubilden sind (vgl. Nr. 1.2.3 des Runderlasses des<br />

Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

2. Zu Absatz 2 (Bestandteile des Haushaltsplans):<br />

2.01 Der Aufbau des Haushaltsplans<br />

Im NKF hat der gemeindliche Haushaltsplan die haushaltsmäßige Gesamtebene aus Ergebnisplan und Finanzplan<br />

und die produktorientierten Teilpläne zu enthalten. Ein aufgestelltes Haushaltssicherungskonzept nach § 76<br />

GO <strong>NRW</strong> ist ein Bestandteil des Haushaltsplans und der Stellenplan für die Beamten und die tariflich Beschäftigten<br />

eine Anlage zum Haushaltsplan (vgl. § 1 Absatz 1 Nummer 4 und Absatz 2 Nummer 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese<br />

Festlegungen gewährleisten die Vergleichbarkeit der Haushalte der Gemeinden untereinander. Das nachfolgende<br />

Schema zeigt eine Übersicht über die Elemente des Haushaltsplans (vgl. Abbildung).<br />

H<br />

A<br />

U<br />

S<br />

H<br />

A<br />

L<br />

T<br />

S<br />

S<br />

A<br />

T<br />

Z<br />

U<br />

N<br />

G<br />

Ergebnisplan<br />

- Erträge<br />

- Aufwendungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 471<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan im NKF<br />

Finanzplan<br />

- Einzahlungen<br />

- Auszahlungen<br />

- Investitionen<br />

Produktorientierte Teilpläne<br />

Gliederung der Gesamtebene in (17 Produktbereiche)<br />

mit Teilergebnisplänen<br />

mit Teilfinanzplänen<br />

Ziele und Leistungskennzahlen zur örtlichen Aufgabenerfüllung<br />

und weitere Daten<br />

Anlagen zum Haushaltsplan<br />

Abbildung 68 „Der gemeindliche Haushaltsplan im NKF“<br />

Der Haushaltsplan der Gemeinde muss zudem alle wesentlichen haushaltswirtschaftlichen Informationen für das<br />

Haushaltsjahr und auch für die folgenden drei Planungsjahre enthalten. Diese Vorgaben führen im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan zur Abbildung einer Zeitreihe von sieben Jahren, die jeweils jahresbezogene Angaben innerhalb<br />

der Bestandteile des Haushaltsplans erfordert (vgl. § 1 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Angaben im Haushaltsplan


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

der Gemeinde sind dabei dann als wesentlich anzusehen, wenn durch ihr Weglassen oder ihre fehlerhafte Abbildung<br />

haushaltswirtschaftliche Entscheidungen der Gemeinde beeinflusst werden könnten. Ob und wann dieses in<br />

der Praxis vor Ort gegeben ist, muss im Einzelfall beurteilt werden.<br />

Die mit der Reform des Gemeindehaushaltsrechts angestrebten Ziele, die Steuerung der Gemeinde zu verbessern<br />

und den Ressourcenverbrauch vollständig zu berücksichtigen, erfordern einen angepassten Aufbau des<br />

Haushaltsplans. Zugleich wird den Gemeinden die Befugnis eingeräumt, ihren Haushaltsplan nach ihren örtlichen<br />

Bedürfnissen eigenverantwortlich zu untergliedern. Diese Vorgabe trägt wesentlich zur Stärkung der Selbstverwaltung<br />

der Gemeinden bei. Außerdem sind der Aufbau, der Detaillierungsgrad und die Darstellungsform der<br />

Bestandteile des gemeindlichen Haushaltsplans auf die Steuerungserfordernisse des Rates und auf die Informationsbedürfnisse<br />

der Öffentlichkeit ausgerichtet worden.<br />

Den Gemeinden bleibt es dabei freigestellt, die produktorientierten Teilpläne aus Steuerungsgesichtspunkten<br />

entweder nach Produktbereichen, Produktgruppen oder Produkten oder nach örtlichen Verantwortungsbereichen<br />

zu gliedern. Dadurch ist eine Darstellung der erbrachten Dienstleistungen durch Produkte i.V.m. dem Ressourcenverbrauch<br />

und dem Ressourcenaufkommen unter der Einbeziehung von örtlichen Zielen und Leistungskennzahlen<br />

möglich. In den Fällen, in denen der Darstellung der örtlichen Budgetierung i.V.m. der gemeindlichen<br />

Fach- und Ressourcenverantwortung der Vorrang eingeräumt wird, können die Teilpläne im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan auch nach örtlichen Verantwortungsbereichen aufgestellt werden (vgl. §§ 4 und 21 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Auf die Darstellung der Produktorientierung darf dabei nicht gänzlich verzichtet werden.<br />

2.1 Zu Satz 1 (Gliederung des Haushaltsplans):<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan muss immer mindestens aus dem Ergebnisplan und dem Finanzplan sowie den<br />

produktorientierten Teilplänen bestehen, dem zudem eine Vielzahl von Anlagen beizufügen sind (vgl. § 1 Absatz<br />

2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Er bildet deshalb jahresbezogen die voraussichtlich verfügbaren Ressourcen der Gemeinde<br />

als Aufkommen (Ertrag) oder Verbrauch (Aufwand), aber auch die eingehenden und zu leistenden Finanzmittel<br />

der Gemeinde ab. Mit diesem Haushaltsplan wird dem Budgetrecht des Rates Rechnung getragen, denn dieser<br />

muss neben den Festlegungen der Erträge und Aufwendungen sowie der Einzahlungen und Auszahlungen auch<br />

sachliche Zuordnungen unter Beachtung der stetigen Aufgabenerfüllung und der gemeindlichen dauernden Leistungsfähigkeit<br />

treffen.<br />

Der haushaltswirtschaftliche Rahmen, der durch den Ergebnisplan und den Finanzplan gebildet wird, soll durch<br />

die produktorientierten Teilpläne näher ausgestaltet und ausgefüllt werden. Dazu bestehen in der Hinsicht besondere<br />

Vorgaben, dass sich der Ergebnisplan im erforderlichen Umfang als Teilergebnisplan im Teilplan enthalten<br />

sein muss und der Finanzplan entsprechend als Teilfinanzplan (vgl. § 4 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der Gleichklang<br />

zwischen diesen Teilen und dem jeweiligen Gesamtwerk sowie die Zusammenführung der Daten von den<br />

Teilen zum Gesamtwerk wird dadurch erleichtert, dass Mindestvorgaben zur Gliederung des Ergebnisplans und<br />

des Finanzplans gemacht wurden, die entsprechend auch beim Teilergebnisplan und Teilfinanzplan zur Anwendung<br />

kommen müssen.<br />

Diese Vorgaben lassen eine getrennte Betrachtung und Beurteilung und der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

nach laufender Verwaltungstätigkeit, Investitionstätigkeit und Finanzierungstätigkeit unter Einbeziehung der dafür<br />

bestimmten Haushaltspositionen zu (vgl. §§ 2 und 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Für haushaltsrechtliche Besonderheiten<br />

sind besondere Teilpläne zu bilden, deren Ausgestaltung im Einzelnen von den örtlichen Gegebenheiten abhängig<br />

ist. Für die allgemeine Finanzwirtschaft der Gemeinde, die auf den gesamten Haushalt der Gemeinde ausgerichtet<br />

ist, wurde es z.B. als sachgerecht angesehen, den gesonderten Produktbereich „Allgemeine Finanzwirtschaft“<br />

festzulegen (vgl. Nr. 1.2.3 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

GEMEINDEORDNUNG 472


2.1.1 Der Ergebnisplan<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Im Zentrum der gemeindlichen Haushaltsplanung steht der Ergebnisplan (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Er beinhaltet<br />

die voraussichtlich erzielbaren Erträge (Ressourcenaufkommen) und entstehenden Aufwendungen (Ressourcenverbrauch)<br />

der Gemeinde bezogen auf das Haushaltsjahr. Im gemeindlichen Ergebnisplan werden die geplanten<br />

Erträge und Aufwendungen aus der laufenden Verwaltungstätigkeit der Gemeinde unter den vorgegebenen<br />

Haushaltspositionen nach Arten getrennt veranschlagt. Zudem werden im Rahmen der jahresbezogenen Darstellung<br />

dem Haushaltsjahr zwei Vorjahre vorangestellt und drei Planungsjahre angefügt. Der gemeindliche Ergebnisplan<br />

ist ein wichtiger Bestandteil des Haushaltsplans der Gemeinde und bildet die Zusammenführung der verbindlichen<br />

Haushaltspositionen nach § 2 GemHVO <strong>NRW</strong> mit der Zeitreihe nach § 1 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong> ab.<br />

Unter Beachtung der allgemeinen Planungsgrundsätze gilt, dass im Ergebnisplan das gemeindliche Ressourcenaufkommen<br />

und der Ressourcenverbrauch jahresbezogen vollständig und periodengerecht zu veranschlagen<br />

sind (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der Begriff „vollständig“ bedeutet dabei vor allem, einschließlich des Werteverzehrs<br />

aus der Nutzung von gemeindlichem Vermögen (Abschreibungen) und der erst später zahlungswirksam<br />

werdenden Verpflichtungen der Gemeinde, die jedoch wirtschaftlich betrachtet bereits im Haushaltsjahr verursacht<br />

werden, z. B. Pensionsleistungen, und für die deshalb Rückstellungen in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen<br />

sind.<br />

Der Begriff “periodengerecht“ bedeutet dabei, dass nicht mehr der Zeitpunkt der Zahlung über die Zuordnung der<br />

Ressourcen zum Haushaltsjahr entscheidet, sondern der Zeitraum, in dem das Ressourcenaufkommen oder der<br />

Ressourcenverbrauch tatsächlich anfällt. Der Rat ermächtigt deshalb mit dem Ergebnisplan die gemeindliche<br />

Verwaltung, die entsprechenden Ressourcen einzusetzen. Dabei ist insbesondere die Verpflichtung zum Haushaltsausgleich<br />

nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> zu beachten. Diese rechtlichen Vorgaben sowie die verbindlichen<br />

Zuordnungen zu den betroffenen Haushaltspositionen im kommunalen Kontierungsplan sind von der Gemeinde<br />

bei der Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans zu beachten. Das Muster für den gemeindlichen Ergebnisplan<br />

ist zur Anwendung empfohlen worden (vgl. Nummer 1.2.1 des Runderlasses des Innenministeriums vom<br />

24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

2.1.2 Der Finanzplan<br />

Die Gemeinde hat neben dem Ergebnisplan für jedes Haushaltsjahr einen Finanzplan als zweiten wichtigen Bestandteil<br />

des gemeindlichen Haushaltsplans aufzustellen. Diese Komponente enthält die jahresbezogenen Finanzmittel<br />

der Gemeinde, insbesondere unter Berücksichtigung der gemeindlichen Investitionstätigkeit und der<br />

Finanzierungstätigkeit (vgl. § 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der gemeindliche Finanzplan weist daher die Mittelherkunft und<br />

den Mitteleinsatz der gemeindlichen Finanzmittel für das Haushaltsjahr aus. Im Finanzplan sind die voraussichtlich<br />

bei der Gemeinde eingehenden Einzahlungen und von der Gemeinde zu leistenden Auszahlungen nach ihren<br />

Arten unter den dafür vorgesehenen Haushaltspositionen zu veranschlagen (vgl. §§ 3 und 11 Absatz 3 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Außerdem werden aufgrund des gemeindlichen Finanzplans vor allem die investiven Zahlungen der Gemeinde<br />

durch den Rat ermächtigt.<br />

Der gemeindliche Finanzplan dient aber auch der gesamten Finanzierungsplanung der Gemeinde, weil er neben<br />

den voraussichtlichen Zahlungen aus der Investitionstätigkeit der Gemeinde auch das voraussichtliche Finanzaufkommen<br />

und den Finanzbedarf der Gemeinde für ihre laufende Verwaltungstätigkeit im Haushaltsjahr aufgrund<br />

zahlungswirksamer Erträge und Aufwendungen enthalten muss sowie in ihm die vorgesehenen Zahlungen<br />

aus der gemeindlichen Finanzierungstätigkeit, z. B. die Aufnahme und Tilgung von Krediten für Investitionen, zu<br />

veranschlagen sind. Gleichzeitig bildet der gemeindliche Finanzplan die Zusammenführung der verbindlichen<br />

Haushaltspositionen nach § 3 GemHVO <strong>NRW</strong> mit der Zeitreihe nach § 1 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong> ab.<br />

GEMEINDEORDNUNG 473


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Diese rechtlichen Vorgaben und die Verpflichtung der Gemeinde zur Sicherstellung der Finanzierung von Investitionen<br />

nach § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 14 GemHVO <strong>NRW</strong> sind von der Gemeinde unter Beachtung der<br />

allgemeinen Planungsgrundsätze nach § 11 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie der verbindlichen Zuordnungen zu den Haus-<br />

haltspositionen im kommunalen Kontierungsplan bei der Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans zu beachten.<br />

Das Muster für den gemeindlichen Finanzplan zur Anwendung empfohlen worden (vgl. Nummer 1.2.2 des Runderlasses<br />

des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

2.1.3 Die produktorientierten Teilpläne<br />

2.1.3.1 Die Inhalte der Teilpläne<br />

Die haushaltsrechtlichen Regelungen räumen der Gemeinde das Recht ein, in ihrem Haushaltsplan zu der Gesamtebene<br />

aus Ergebnisplan und Finanzplan eigenverantwortlich und nach örtlichen Bedürfnissen zusätzliche<br />

produktorientierte Teilpläne aufzustellen (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese Teilpläne müssen dabei hinsichtlich der<br />

darin enthaltenen Haushaltsdaten insgesamt zusammengefasst mit der Gesamtebene übereinstimmen. Die Gemeinde<br />

soll dazu ihre Ziele und Leistungen ermitteln und aufzeigen und diese in einen haushaltsmäßigen Zusammenhang<br />

mit ihren Ressourcen und Finanzmitteln sowie ihrer Aufgabenerfüllung stellen und daher die Teilpläne<br />

in ihrem Haushaltsplan nach Produktbereichen, Produktgruppen oder Produkten aufstellen. Die Gemeinde<br />

kann die Teilpläne aber auch nach Verantwortungsbereichen (Budgets), die sie nach örtlichen Organisationsentscheidungen<br />

und Gegebenheiten gebildet hat, aufstellen, auch wenn die Bereiche im Einzelfall nicht vollständig<br />

den Grenzen der verbindlich vorgegebenen 17 Produktbereiche entsprechen.<br />

Die Gemeinden sind aber in jedem Fall verpflichtet, für Steuerungs- und Informationszwecke sowie aus Gründen<br />

der Vergleichbarkeit der gemeindlichen Haushalte sowie für die Prüfung des Haushalts durch die Aufsichtsbehörde<br />

die erste Gliederungsstufe ihres Haushalts auf der Grundlage der 17 verbindlichen Produktbereiche auszugestalten,<br />

die durch diese ein unverzichtbares Mindestmaß an Einheitlichkeit und Information gewährleistet wird.<br />

Diese Vorgaben lassen der Gemeinde gleichwohl noch den notwendigen Gestaltungsfreiraum für eine weitergehende<br />

Ausgestaltung ihres Haushaltsplans nach den örtlichen Gegebenheiten und in eigener Verantwortung.<br />

2.1.3.2 Der Aufbau der Teilpläne<br />

Die produktorientierten Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan stellen jeweils ein produktorientiertes Gesamtbild<br />

zur gemeindlichen Aufgabenerfüllung dar. Sie müssen wegen ihrer Relevanz als Steuerungsebene eine produktorientierte<br />

Abbildung von Ergebnis- und Finanzdaten sowie die jeweils sachlich zutreffenden Ziele und Leistungskennzahlen,<br />

aber auch die notwendigen Bewirtschaftungsregeln enthalten. Die einzelnen Teilpläne stellen<br />

dabei jeweils ein produktorientiertes Gesamtbild zur gemeindlichen Aufgabenerfüllung dar. Sie müssen deshalb<br />

neben den Ergebnis- und Finanzdaten auch Ziele und Kennzahlen sowie die notwendigen Bewirtschaftungsregeln<br />

enthalten (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Es ist dabei nicht ausreichend, nur die gemeindlichen Leistungen aufzulisten,<br />

sondern sie müssen zuvor definiert und voneinander abgegrenzt werden sowie messbar sein.<br />

Mit solchen Teilplänen wird die Aufgabenerfüllung der Gemeinde und die Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans<br />

transparenter gemacht und das wirtschaftliche Handeln der Gemeinde gestärkt. Die Bildung von Teilplänen<br />

erfordert daher von der Gemeinde, sich einen Überblick über die vielfältigen Tätigkeiten, die erbrachten<br />

Leistungen sowie die damit erzielten Wirkungen zu verschaffen, um eine Definition der örtlichen Produkte vornehmen<br />

zu können. Die Untergliederung des Haushaltsplans der Gemeinde in produktorientierte Teilpläne ist<br />

deshalb auch nicht getrennt nach dem auf der haushaltsmäßigen Gesamtebene bestehenden Ergebnisplan und<br />

Finanzplan vorzunehmen. Die Teilpläne bieten vielmehr eine Gesamtübersicht über die jeweiligen produktorientierten<br />

Leistungen der Gemeinde (vgl. Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 474


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Aufbau der Teilpläne<br />

Haushaltsplan ... Fachliche Zuständigkeit:<br />

Frau/Herr<br />

Produktbereich …<br />

Inhalte des Produktbereiches<br />

Beschreibung und Zielsetzung:<br />

Zielgruppe(n):<br />

Besonderheiten im Haushaltsjahr:<br />

Produktbereichsübersicht<br />

Produktgruppen mit<br />

- den wesentlichen beschriebenen Produkten:<br />

- den einzelnen Zielen:<br />

- den Kennzahlen zur Messung der Zielerreichung:<br />

(Die Kennzahlen und ggf. die Leistungsmengen sollen nach Arten und möglichst entsprechend der Zeitreihe nach<br />

§ 1 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong> gegliedert werden.)<br />

Personaleinsatz<br />

(Die Angaben zum eingesetzten Personal - Auszug aus der Stellenübersicht nach § 8 GemHVO <strong>NRW</strong> - sollen nach<br />

Beschäftigungsverhältnissen gegliedert werden. Diese Abbildung kann durch Angaben in einer Zeitreihe nach § 1<br />

Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong> ergänzt werden.)<br />

Haushalts-<br />

positionen<br />

Teilergebnisplan<br />

Vor-<br />

vor-<br />

jahr<br />

GEMEINDEORDNUNG 475<br />

Vor-<br />

jahr<br />

Haus-<br />

halts-<br />

jahr<br />

Plan-<br />

Jahr<br />

(Hj +1)<br />

Plan-<br />

Jahr<br />

(Hj +2)<br />

Plan-<br />

Jahr<br />

(Hj +3)<br />

(Der Teilergebnisplan muss die in § 2 vorgegebene Mindestgliederung enthalten (vgl. Nr. 1.2.6 des Runderlasses<br />

des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

Haushalts-<br />

positionen<br />

Vor-<br />

vor-<br />

jahr<br />

Teilfinanzplan<br />

Vor-<br />

jahr<br />

Haus-<br />

halts-<br />

jahr<br />

Plan-<br />

Jahr<br />

(Hj +1)<br />

Plan-<br />

Jahr<br />

(Hj +2)<br />

Plan-<br />

Jahr<br />

(Hj +3)<br />

(Der Teilfinanzplan muss die in § 3 vorgegebene Mindestgliederung enthalten (vgl. Nr. 1.2.7 des Runderlasses des<br />

Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

Bewirtschaftungsregelungen<br />

Erläuterungen<br />

zu den Haushaltspositionen<br />

Sonstige Daten über örtliche Verhältnisse<br />

Sonstiges:<br />

Sonstiges:<br />

Abbildung 69 „Der Aufbau der Teilpläne“<br />

Für den Teilergebnisplan:<br />

Für den Teilfinanzplan:<br />

Für den Teilergebnisplan:<br />

Für den Teilfinanzplan:


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Zur besseren Verständlichkeit der steuerungsrelevanten Gliederung des gemeindlichen Haushaltsplans bietet es<br />

sich an, den gebildeten Teilplänen eine schematische Übersicht voranzustellen, in der die Produktbereiche und<br />

die daraus abgeleiteten Produktgruppen und ggf. auch die Produkte ersichtlich sind. Ist der Haushaltsplan nach<br />

örtlichen Verantwortungsbereichen gegliedert, soll auch darin eine Produktorientierung abgebildet werden, um die<br />

Aufgabenerfüllung der Gemeinde transparenter zu machen.<br />

2.1.4 Die Zeitreihe im Haushaltsplan<br />

Die Gemeinde hat ihre mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung in den gemeindlichen Haushaltsplan einzubeziehen<br />

(vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>). Die dadurch entstehende Zeitreihe im Haushaltsplan umfasst neben den fünf Jahren<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung auch das Vorvorjahr des Haushaltsjahres, weil die Ausgangsbasis<br />

für die gemeindliche Haushaltsplanung mit Aufstellung des Haushaltsplans die tatsächlichen Ist-Werte dieses<br />

Jahres sind (vgl. § 1 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Mit dieser Zeitreihe sind daher zukunftsbezogen die voraussichtlichen<br />

Erträge und Aufwendungen sowie Einzahlungen und Auszahlungen im Haushaltsjahr und in den drei dem<br />

Haushaltsjahr folgenden Planungsjahren abzubilden. Außerdem sind vergangenheitsbezogen die Ergebnisse der<br />

Rechnung des Vorvorjahres und die Haushaltspositionen des Vorjahres des Haushaltsjahres aufzuzeigen. Die<br />

„normale“ Zeitreihe muss dabei sowohl im gemeindlichen Ergebnisplan und dem Finanzplan als auch in den Teilplänen<br />

des Haushaltsplans enthalten sein (vgl. Abbildung).<br />

Ergebnisplan<br />

oder<br />

Finanzplan<br />

auch in den<br />

Teilplänen<br />

Ergebnis<br />

des Vorvorjahres<br />

EUR<br />

Die Zeitreihe in der Haushaltsplanung<br />

Ansatz des<br />

Vor-<br />

jahres<br />

EUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 476<br />

Ansatz<br />

des Haushaltsjahres<br />

EUR<br />

Planung<br />

Haushalts-<br />

jahr<br />

+ 1<br />

EUR<br />

Planung<br />

Haushalts-<br />

jahr<br />

+ 2<br />

EUR<br />

Planung<br />

Haushalts-<br />

jahr<br />

+ 3<br />

EUR<br />

Zeitreihe der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

Abbildung 70 „Die Zeitreihe in der Haushaltsplanung“<br />

In den Sonderfällen einer gemeindlichen Haushaltssatzung für zwei Jahre (vgl. § 78 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>)<br />

sind die dem einzelnen Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre an das letzte Haushaltsjahr des „Doppelhaushalts“<br />

anzuhängen, sodass im gemeindlichen Haushaltsplan eine Zeitreihe von sieben Jahren abzubilden ist.<br />

Eine verlängerte Zeitreihe entsteht auch bei der Pflicht der Gemeinde ein Haushaltssicherungskonzept wegen der<br />

Überschreitung der Schwellenwerte nach § 76 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> im dritten dem Haushaltsjahr folgenden<br />

Planungsjahr aufstellen zu müssen, denn dann müssen sich die dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre<br />

dem „Ursachenjahr“ anschließen. In besonderen örtlichen Ausnahmefällen kann bei der Gemeinde<br />

auch eine Veranlassung für die Anwendung der beiden Erweiterung bestehen, sodass im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

eine nochmals verlängerte Zeitreihe abzubilden ist.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

2.2 Zu Satz 2 (Weitere Bestandteile und Anlagen des Haushaltsplans):<br />

2.2.1 Allgemeine Vorgaben<br />

Als weiterer Bestandteil des Haushaltsplans gilt nach der Vorschrift das Haushaltssicherungskonzept gemäß § 76<br />

GO <strong>NRW</strong>, denn es ist so gewichtig für die Konsolidierung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und die Wiederherstellung<br />

des Haushaltsausgleichs nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> und muss sich daher unmittelbar auf die Ausführung<br />

des gemeindlichen Haushaltsplans auswirken können, zumal der Rat der Gemeinde für die Aufstellung<br />

des gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes zuständig ist (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>). Der<br />

gemeindliche Stellenplan für die Bediensteten der Gemeinde ist dagegen eine Anlage des Haushaltsplans der<br />

Gemeinde.<br />

Die Einhaltung des gemeindlichen Stellenplans ist ausdrücklich gesetzlich bestimmt und der Erlass des gemeindlichen<br />

Stellenplans ausdrücklich in die Zuständigkeit des Rates der Gemeinde gelegt worden (vgl. § 41 Absatz 1<br />

Buchstabe h i.V.m. § 74 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Dadurch werden in Ergänzung der sonstigen Bestandteile und Anlagen<br />

des gemeindlichen Haushaltsplans ausdrücklich wichtige und unverzichtbare haushaltswirtschaftliche Unterlagen<br />

der Gemeinde verlangt, um ggf. die Beseitigung einer unzureichenden haushaltswirtschaftlichen Lage<br />

der Gemeinde (Haushaltssicherungskonzept) aufzuzeigen und in jedem Haushaltsjahr die Personalausstattung<br />

bzw. den Personalbedarf der Gemeinde (Stellenplan) transparent zu machen.<br />

2.2.2 Das Haushaltssicherungskonzept<br />

Nach § 76 GO <strong>NRW</strong> ist das Haushaltssicherungskonzept ein Bestandteil des Haushaltsplans, wenn ein solches<br />

erstellt werden muss (vgl. § 1 Absatz 1 Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Das Haushaltssicherungskonzept erfährt<br />

durch die Einbeziehung der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in den Haushaltsplan eine noch höhere<br />

Gewichtung, weil erste Ansätze der Umsetzung der vorgesehenen Konsolidierungsmaßnahmen bereits in diesem<br />

Zeitraum von Beginn an (ab dem Haushaltsjahr) aufgezeigt werden sollen. Auch in den Fällen, in denen die Ursache<br />

für die Aufstellung des Haushaltssicherungskonzeptes erst in den Folgejahren des Haushaltsjahres liegt,<br />

muss von Anfang an bzw. ab dem Haushaltsjahr versucht werden, den Ursachen entgegen zu wirken. Daher ist<br />

das Haushaltssicherungskonzept bereits für das Haushaltsjahr ein gewichtiger und unverzichtbarer Bestandteil<br />

des Haushaltsplans der Gemeinde.<br />

Das Ziel und der Zweck des Haushaltssicherungskonzeptes ist es, die Gemeinde wieder in die Lage zu versetzen,<br />

ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung der Aufgaben auf Dauer<br />

gesichert ist (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Nur unter dieser Prämisse und Mitnahme der Beschäftigten auf<br />

dem Weg zu diesem Ziel kann es gelingen, die eingefahrenen bzw. üblichen Wege zu verlassen und weitere<br />

Veränderungen, aber auch Einschnitte für die Betroffenen, vorzunehmen. Welche Konsolidierungsmaßnahmen<br />

und Konsolidierungsschritte im Einzelnen vor Ort geeignet sind, lässt sich nicht in allgemeiner Form aufzählen,<br />

sondern muss im Einzelnen unter den örtlichen Bedingungen ermittelt und abgegrenzt werden.<br />

Ein gemeindliches Haushaltssicherungskonzept sollte deshalb auch nicht mit der Feststellung enden „Das Ziel<br />

(Zwischenziel: Haushaltsausgleich) ist erreicht“. Vielmehr muss sich daran anschließen, wie nach der örtlichen<br />

Umsetzung der festgelegten „Sanierungsmaßnahmen“ der gemeindliche Haushalt so gesteuert werden kann und<br />

soll, dass er auch in Zukunft dauerhaft ausgeglichen sein wird (vgl. § 5 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Aufstellung eines<br />

Haushaltssicherungskonzeptes gehört deshalb nach § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong> zu den Angelegenheiten,<br />

für die der Rat der Gemeinde ausschließlich zuständig ist und die er nicht auf andere Entscheidungsträger<br />

übertragen kann. Diese originäre Zuständigkeit des Rates führt zu einer stärkeren Selbstbindung der Gemeinde<br />

an ihr Haushaltssicherungskonzept und die vorgesehenen Konsolidierungsmaßnahmen. Dieses soll die Zielbestimmungen<br />

der Gemeinde, auch in Form von Zwischenzielen, erleichtern und die Umsetzung der Konsolidierungsmaßnahmen<br />

sowie deren Überwachung (Controlling) gewährleisten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 477


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Das gemeindliche Haushaltssicherungskonzept knüpft dabei an die Jährlichkeit des Haushaltsplans an und enthält<br />

wie der Haushaltsplan auch eine mehrjährige, mittelfristige Planung. Die Jährlichkeit, die dadurch zum Ausdruck<br />

kommt, dass das Haushaltssicherungskonzept nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong> ein Bestandteil<br />

des jährlichen Haushaltsplans ist, erfordert, das umzusetzende Haushaltssicherungskonzept unter Berücksichtigung<br />

der tatsächlichen jährlichen Haushaltsentwicklung und unter Einhaltung der örtlichen Zielsetzungen<br />

fortzuschreiben.<br />

2.2.3 Der Stellenplan<br />

Der Stellenplan der Gemeinde stellt die Grundlage für die Personalwirtschaft der Gemeinde dar und muss deshalb<br />

ausweisen, wie viele Beschäftigte für die Aufgabenerfüllung der Gemeinde im Haushaltsjahr benötigt werden.<br />

Bei der Aufstellung und Gestaltung des Stellenplans sind zudem die besoldungs- und tarifrechtlichen Bestimmungen<br />

zu beachten. Dazu gehört, dass bei der Besetzung der Stellen die künftigen Stelleninhaber als Bedienste<br />

der Gemeinde die für ihren Arbeitsbereich erforderlichen fachlichen Voraussetzungen erfüllen müssen<br />

(vgl. § 74 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Stellenplan gibt deshalb ein Bild über die Personalausstattung bzw. den Personalbedarf der Gemeinde ab.<br />

Die Vorgabe in § 74 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>, der Stellenplan ist einzuhalten, umfasst in diesem Zusammenhang die<br />

Verpflichtung der Gemeinde, einen Stellenplan aufzustellen, auch wenn diese Verpflichtung nicht wörtlich in dieser<br />

Vorschrift enthalten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Rat der Gemeinde ausdrücklich für den Erlass<br />

des Stellenplans zuständig ist (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.2.4 Weitere Anlagen zum Haushaltsplan<br />

2.2.4.1 Die Zwecke der Anlagen<br />

Dem Rat der Gemeinde muss für seine Beschlussfassung über die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren<br />

Anlagen im Rahmen seines Budgetrechts eine Gesamtübersicht über die Inhalte und den Umfang der für das<br />

Haushaltsjahr geplanten Haushaltswirtschaft ermöglicht werden. Ihm müssen deshalb neben der Haushaltssatzung<br />

und dem Haushaltsplan sowie Stellenplan noch weitere haushaltswirtschaftliche Unterlagen zur Beratung<br />

und Entscheidung vorgelegt werden. Diese haushaltswirtschaftlichen Unterlagen müssen dem gemeindlichen<br />

Haushaltsplan beigefügt werden (vgl. § 1 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie sind auch für die Ausführung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans relevant.<br />

Die nachfolgend in allgemeiner Form vorgestellten Unterlagen sind für eine Gesamtübersicht über die Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde im Zeitpunkt der Haushaltsplanung bzw. der Beschlussfassung<br />

des Rates der Gemeinde über die gemeindliche Haushaltssatzung unverzichtbar. Die Unterlagen müssen<br />

außerdem zusammen mit dem Haushaltsplan auch für eine Unterrichtung der Bürger und der Aufsichtsbehörde<br />

der Gemeinde geeignet sein. Den Gemeinden bleibt es aber freigestellt, nach örtlichen Bedürfnissen dem<br />

Haushaltsplan noch weitere oder detailliertere Unterlagen beizufügen.<br />

2.2.4.2 Der Vorbericht<br />

Nach der Vorschrift des § 7 GemHVO <strong>NRW</strong> soll der Vorbericht zum Haushaltsplan einen Überblick über die Eckpunkte<br />

des Haushaltsplans geben. Dabei sind die Entwicklung und die aktuelle wirtschaftliche Lage der Gemeinde<br />

anhand der im Haushaltsplan enthaltenen Ergebnis- und Finanzdaten sowie den weiteren Informationen darzustellen.<br />

Außerdem sind im Vorbericht die wesentlichen Zielsetzungen der Planung für das Haushaltsjahr und<br />

GEMEINDEORDNUNG 478


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

die diesem folgenden drei Jahre sowie die Rahmenbedingungen der haushaltswirtschaftlichen Planung zu erläutern.<br />

Dazu gehört, dass in die der gemeindlichen Haushaltssatzung getroffenen Festsetzungen erläutert und in<br />

einen Zusammenhang mit dem geplanten haushaltswirtschaftlichen Handeln der Gemeinde gestellt werden.<br />

2.2.4.3 Die Bilanz des Vorvorjahres<br />

Die gemeindliche Bilanz des Vorvorjahres ist dem gemeindlichen Haushaltsplan beizufügen, wenn nicht die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung so zeitverzögert beschlossen wird, dass bereits die Bilanz des Vorjahres verfügbar<br />

ist. In den Fällen, in denen der gemeindliche Jahresabschluss des Vorjahres zum Zeitpunkt der Beschlussfassung<br />

bereits in bestätigter Form (durch den Bürgermeister) vorliegt bzw. dem Rat zugeleitet worden ist (vgl. § 80<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>), sollte zur Bilanz des Vorvorjahres auch die Bilanz des Vorjahres dem Haushaltsplan beigefügt<br />

werden, denn die gemeindliche Bilanz gibt als Bestandteil des Jahresabschlusses stichtagsbezogen Auskunft<br />

über das gesamte zu diesem Stichtag vorhandene Vermögen und die Schulden der Gemeinde („Wertespeicher“)<br />

sowie deren Struktur. Wegen dieser Funktionen bietet sich auch die Bilanz des Vorjahres als Anlage zum Haushaltsplan<br />

der Gemeinde an. Die regelmäßige Erstellung einer jährlichen Planbilanz wird hingegen nicht für erforderlich<br />

gehalten. Es ist der Gemeinde freigestellt, im Bedarfsfall oder bei örtlichen besonderen Gegebenheiten,<br />

auch im Rahmen einer Haushaltskonsolidierung, anlassbezogen eine Planbilanz aufzustellen.<br />

2.2.4.4 Die Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen<br />

Die Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen der gemeinde, die erkennen lassen muss, in welcher Höhe<br />

aus der Inanspruchnahme von Verpflichtungsermächtigungen in den späteren Jahren voraussichtlich Auszahlungen<br />

zu Lasten der Gemeinde erwachsen werden und auf welche Jahre sich diese verteilen, ist dem Haushaltsplan<br />

als Anlage beizufügen. Bei ihrer Erstellung ist zu beachten, dass von der Gemeinde die Verpflichtungsermächtigungen<br />

in der Regel nur zulasten der dem Haushaltsjahr folgenden drei Jahre oder in besonderen Fällen<br />

bis zum Abschluss einer Maßnahme veranschlagt werden dürfen (vgl. § 13 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Durch die<br />

Übersicht soll insgesamt aufgezeigt werden wie die künftigen Haushaltsjahre bereits durch eingegangene gemeindliche<br />

Verpflichtungen vorbelastet sind, weil in den Vorjahren die im gemeindlichen Haushaltsplan veranschlagten<br />

Verpflichtungsermächtigungen auch in Anspruch genommen worden sind.<br />

2.2.4.5 Die Übersicht über die Zuwendungen an die Fraktionen<br />

Nach der Vorschrift des § 56 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> sind den Fraktionen und Gruppen im Rat der Gemeinde und in<br />

den Bezirksvertretungen sowie einzelnen Ratsmitgliedern aus den Haushaltsmitteln der Gemeinde im notwendigen<br />

Umfang jährlich besondere Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung<br />

zu gewähren. Die geplanten Zuwendungen sind in einer gesonderten Anlage zum Haushaltsplan<br />

adressatenbezogen darzustellen. In dieser Übersicht sind daher die gewährten Zuwendungen für jede Fraktion,<br />

Gruppe oder für das einzelne Ratsmitglied getrennt nach Geldleistungen und geldwerten Leistungen anzugeben.<br />

Damit wird die Finanzierung der freiwilligen Vereinigungen von Mitgliedern des Rates der Gemeinde und der<br />

Bezirksvertretungen sowie wie einzelner Ratsmitglieder transparent gemacht.<br />

2.2.4.6 Die Übersicht über den voraussichtlichen Stand der Verbindlichkeiten<br />

Den gemeindlichen Verbindlichkeiten kommt eine große Bedeutung für die Haushaltswirtschaft und für die Schuldenlage<br />

bzw. die wirtschaftliche Lage der Gemeinde zu, sodass auf eine gesonderte und aktuelle Darstellung und<br />

eine Information darüber zum Zeitpunkt der Entscheidung über die geplante Haushaltswirtschaft für das Haushaltsjahr<br />

nicht verzichtet werden kann. Ausgehend vom tatsächlichen Stand am Ende des Vorvorjahres und dem<br />

GEMEINDEORDNUNG 479


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

voraussichtlichen Stand zu Beginn des Haushaltsjahres soll in der Übersicht die mögliche Entwicklung der Verbindlichkeiten<br />

der Gemeinde im Haushaltsjahr aufgezeigt werden. Außerdem wird mit dieser Übersicht eine Verbindung<br />

zur gemeindlichen Bilanz hergestellt, denn die Aufteilung der Verbindlichkeiten nach Arten ist in der<br />

Gliederung des Verbindlichkeitenspiegels nach § 47 GemHVO <strong>NRW</strong> vorzunehmen. Dadurch wird eine Identität<br />

der Angaben in der Übersicht mit dem Stand der Verbindlichkeiten am Ende des Vorvorjahres des Haushaltsjahres<br />

mit den Ansätzen in der gemeindlichen Bilanz zum Abschlussstichtag des Vorvorjahres hergestellt.<br />

2.2.4.7 Die Übersicht über die Entwicklung des Eigenkapitals<br />

Der Eigenkapitalausstattung der Gemeinde kommt eine besondere Bedeutung zu. Da das Eigenkapital auch<br />

Auswirkungen auf den Haushaltsausgleich hat und die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung in den Haushaltsplan<br />

einbezogen wurde, ist es wegen des Budgetrechtes des Rates geboten, die voraussichtliche Entwicklung<br />

des Eigenkapitals aufzuzeigen. Die Erstellung dieser Übersicht ist daher geboten, wenn das voraussichtliche<br />

Jahresergebnis im Ergebnisplan einen negativen Betrag aufweist und zur „Deckung“ bzw. Verrechnung die Ausgleichsrücklage<br />

in Anspruch genommen oder die allgemeine Rücklage verringert werden soll. In diesen Fällen ist<br />

in der gemeindlichen Haushaltssatzung eine entsprechende Festsetzung vorzunehmen (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer<br />

2 GO <strong>NRW</strong>) und in einer gesonderten Anlage zum Haushaltsplan die weitere Entwicklung des Eigenkapitals<br />

innerhalb der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung darzustellen. Mit der Vorlage des Haushaltsplans werden<br />

damit dem Rat die notwendigen Informationen darüber gegeben.<br />

2.2.4.8 Die Übersicht über die Wirtschaftslage der Betriebe<br />

Die Übersicht über die gesamte wirtschaftliche Lage der Gemeinde und ihre voraussichtliche Entwicklung ist für<br />

den Rat der Gemeinde nicht vollständig gegeben, wenn ihm nicht auch eine Übersicht über die Wirtschaftslage<br />

und die voraussichtliche Entwicklung der Unternehmen und Einrichtungen sowie der Anstalten des öffentlichen<br />

Rechts und der Sondervermögen, für die Sonderrechnungen geführt, mit dem gemeindlichen Haushaltsplan vorgelegt<br />

wird. Zu den Sondervermögen der Gemeinde, die über einen eigenen Rechnungskreis verfügen, zählen<br />

die wirtschaftlichen Unternehmen (vgl. § 114 GO <strong>NRW</strong>) und die organisatorisch verselbstständigten Einrichtungen<br />

ohne eigene Rechtspersönlichkeit (vgl. § 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde muss bei dieser Übersicht im Rahmen ihrer Haushaltsplanung der notwendigen Aktualität in ausreichendem<br />

Maße Rechnung tragen. Daher lässt diese Vorschrift vereinfachend eine Übersicht über die Wirtschaftslage<br />

der Betriebe statt einer Vorlage der Wirtschaftspläne einzelner Unternehmen und Einrichtungen zu.<br />

Es wird im Sinne eine Beurteilung der wirtschaftlichen Gegebenheiten und der finanziellen Verbindungen zwischen<br />

der gemeindlichen Verwaltung und den Betrieben der Gemeinde als ausreichend angesehen, dem Haushaltsplan<br />

als gesonderte Anlage die aufgezeigte Gesamtübersicht beizufügen. Diese Besonderheit trägt dazu bei,<br />

die Aufstellung der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen zeitlich nicht unnötig zu verzögern.<br />

2.2.4.9 Die Übersichten mit bezirksbezogenen Haushaltsangaben<br />

In den kreisfreien Städten müssen dem Haushaltsplan auch bezirksbezogene Angaben beigefügt werden. Dieses<br />

ist Ausfluss der entsprechenden Regelung in der Gemeindeordnung, die den Bezirksvertretungen eigene Rechte<br />

einräumt (vgl. § 37 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). So entscheiden die Bezirksvertretungen unter Beachtung der Belange<br />

der gesamten Stadt und im Rahmen der vom Rat erlassenen allgemeinen Richtlinien in allen Angelegenheiten,<br />

deren Bedeutung nicht wesentlich über den Stadtbezirk hinausgeht. Die Bezirksvertretungen erfüllen dabei die<br />

ihnen zugewiesenen Aufgaben im Rahmen der vom Rat bereitgestellten Haushaltsmittel und sollen zudem über<br />

den Verwendungszweck eines Teils dieser gemeindlichen Haushaltsmittel allein entscheiden können.<br />

GEMEINDEORDNUNG 480


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Diese Entscheidungen sind vor der Beschlussfassung des Rates über die gemeindliche Haushaltssatzung zu<br />

treffen, damit die aufgeteilten Haushaltsmittel mit ihrer von den Bezirksvertretungen festgelegten Verwendungszwecken<br />

unter den betreffenden Haushaltspositionen im Ergebnisplan und Finanzplan der Stadt erfasst werden<br />

können. Außerdem beraten die Bezirksvertretungen über alle Haushaltspositionen, die sich auf ihren Bezirk und<br />

ihre Aufgaben auswirken, und können dazu Vorschläge machen und Anregungen geben. Dafür ist den Bezirksvertretungen<br />

eine geeignete Übersicht als Auszug aus dem Entwurf der Haushaltssatzung nach § 80 GO <strong>NRW</strong>,<br />

getrennt nach Bezirken, zur Beratung vorzulegen. Die Übersichten sind dem Haushaltsplan der Gemeinde als<br />

Anlage beizufügen.<br />

2.2.4.10 Die Gesamtübersicht über die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Unterlagen kann nur erlassen werden, wenn sie alle gesetzlich<br />

vorgesehen und erforderlichen Regelungen enthält. Alle vorgeschriebenen Unterlagen müssen dem Rat der Gemeinde<br />

im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung vorliegen. Die nachfolgende Übersicht soll einen zusammengefassten<br />

Überblick über die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinde geben (Abbildung).<br />

Die haushaltwirtschaftlichen Unterlagen<br />

Haushaltssatzung<br />

HAUSHALTSSATZUNG<br />

BESTANDTEILE DES HAUSHALTSPLANS<br />

Ergebnisplan<br />

Finanzplan<br />

Teilpläne<br />

Ggf. Haushaltssicherungskonzept<br />

ANLAGEN ZUM HAUSHALTSPLAN<br />

Vorbericht<br />

Stellenplan<br />

GEMEINDEORDNUNG 481<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. Nr. 1.1.1 des<br />

Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1<br />

Absatz 1 Nummer 1 und § 2 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.2.1 des Runderlasses<br />

vom 24.02.2005<br />

§ 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1<br />

Absatz 1 Nummer 2 und § 3 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.2.2 des Runderlasses<br />

vom 24.02.2005<br />

§ 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1<br />

Absatz 1 Nummer 3 und § 4 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> sowie den Nrn. 1.2.3 bis Nr.<br />

1.2.7 des Runderlasses vom<br />

24.02.2005<br />

§§ 75 und 76 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 5<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> i.V.m. dem Runderlass<br />

vom 09.06.2006<br />

§ 1 Absatz 2 Nummer 1 i.V.m. § 7<br />

GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1<br />

Absatz 2 Nummer 2 und § 8 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.3 des Runderlasses<br />

vom 24.02.2005


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Die haushaltwirtschaftlichen Unterlagen<br />

Bilanz<br />

des Vorvorjahres<br />

Übersicht<br />

über die Verpflichtungsermächtigungen<br />

Übersicht<br />

über die Zuwendungen an die Fraktionen,<br />

Gruppen und einzelne Ratsmitglieder<br />

Übersicht<br />

über den voraussichtlichen Stand<br />

der Verbindlichkeiten<br />

zu Beginn des Haushaltsjahres<br />

Übersicht<br />

über die Entwicklung des Eigenkapitals<br />

Übersicht über die Wirtschaftslage<br />

und die voraussichtliche Entwicklung<br />

der Unternehmen und Einrichtungen<br />

sowie der Anstalten des öffentlichen Rechts<br />

und der Sondervermögen,<br />

für die Sonderrechnungen geführt werden<br />

Übersichten<br />

mit bezirksbezogenen Haushaltsangaben<br />

(in kreisfreien Städten)<br />

GEMEINDEORDNUNG 482<br />

§ 1 Absatz 2 Nr. 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 2<br />

Nummer 4 und § 13 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

sowie Nr. 1.4.3 des Runderlasses vom<br />

24.02.2005<br />

§ 56 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1<br />

Absatz 2 Nummer 5 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

sowie Nr. 1.4.1 des Runderlasses vom<br />

24.02.2005<br />

§ 91 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1<br />

Absatz 2 Nummer 6 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

sowie Nr. 1.4.2 des Runderlasses vom<br />

24.02.2005<br />

§ 78 Absatz 2 Nr. 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. §<br />

1 Absatz 2 Nummer 7 und § 41 Absatz<br />

4 Nr. 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§§ 97, 108 und 114 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. §<br />

1 Absatz 2 Nummer 8 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

sowie weitere Rechtsvorschriften<br />

§ 37 Absatz 3 und 4 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. §<br />

1 Absatz 2 Nummer 10 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

Abbildung 71 „Die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinde“<br />

3. Zu Absatz 3 (Wirkungen des Haushaltsplans):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Grundlage der gemeindlichen Haushaltswirtschaft):<br />

3.1.1 Die Ermächtigungen im Haushaltsplan<br />

Die wichtigste Funktion des gemeindlichen Haushaltsplans ist die Festlegung der sachlichen Ermächtigungen für<br />

die Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr durch den Rat der Gemeinde. Sie wird dadurch aufgezeigt, dass neben<br />

den Ermächtigungen im Ergebnisplan und im Finanzplan insbesondere die Ermächtigungen in den produktorientiert<br />

gegliederten und steuerungsrelevanten Teilplänen die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im<br />

Haushaltsjahr bestimmen (vgl. §§ 2, 3 und 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der gemeindliche Haushaltsplan bildet daher die<br />

Grundlage für die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr, die von der Gemeinde<br />

näher ausgestaltet werden kann. Sie hat dabei zu beachten, dass die im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen<br />

erst dann in Anspruch genommen werden dürfen, wenn die gemeindliche Aufgabenerfüllung dies erfordert.<br />

Außerdem ist die Inanspruchnahme zu überwachen (vgl. § 23 Absatz 1 Satz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat dabei insbesondere die Teilpläne als Steuerungsebene zu betrachten, denn durch deren Produktorientierung<br />

besteht ein unmittelbarer Bezug zur gemeindlichen Aufgabenerfüllung. Außerdem sind in den<br />

Teilergebnisplänen die Erträge und Aufwendungen und in den Teilfinanzplänen die Einzahlungen und Auszah-<br />

lungen einschließlich aller Investitionsvorhaben, ggf. auch maßnahmenscharf, produktbezogen enthalten. Die<br />

Integration der Leistungsvorgaben (Outputorientierung) in das System der Steuerung und Rechenschaft führt zu<br />

weiteren wichtigen Inhalten. Die Festlegungen von Zielen für das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde<br />

und von Messgrößen für die Zielerreichung sind dabei ein unverzichtbarer wichtiger Bestandteil (vgl. § 12 GemH-<br />

VO <strong>NRW</strong>).<br />

3.1.2 Die Ausweispflicht nach § 23 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

Nach der Vorschrift des § 23 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong> sind die für die Bewirtschaftung festgelegten Sperrvermerke<br />

oder andere besondere Bestimmungen sind, soweit sie bereits bei der Aufstellung des Haushaltsplans feststehen,<br />

im Haushaltsplan oder in der Haushaltssatzung auszuweisen. Damit wird die erforderliche Transparenz über<br />

die Vorgaben für die Ausführung des Haushaltsplans geschaffen und die Beachtung der erlassenen Bewirtschaftungsbestimmungen<br />

gesichert werden. In diesem Zusammenhang erhält der Rat im Rahmen des Entwurfs der<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen die notwendige Kenntnis der von der Verwaltung vorgeschlagenen Sperrvermerke<br />

oder anderer besonderer Bestimmungen. Der Rat kann solche Bestimmungen im Rahmen seines<br />

Budgetrechts übernehmen, ändern oder ergänzen. Er kann aber auch eine Initiative ergreifen und aus seiner<br />

Sicht weitere oder andere notwendige Vorgaben setzen.<br />

Der jährliche Haushaltsplan kann daher i.V.m. mit der Haushaltssatzung der Gemeinde weitere ortsbezogene<br />

Vorschriften enthalten, wenn diese einen Bezug zur Haushaltswirtschaft der Gemeinde haben und für das jeweilige<br />

Haushaltsjahr von Bedeutung sind (vgl. § 78 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Weitere ortsbezogene Vorschriften<br />

können erforderliche Vorbehalte für die Inanspruchnahme von Ermächtigungen, z. B. das vorherige Einholen der<br />

Zustimmung des Kämmerers. Eine solche Zustimmung kann sich im Einzelfall auf die gesamte Ermächtigung<br />

oder einen Teil davon beziehen. Die Gemeinde muss sich bei der Ausgestaltung ortsbezogene Vorschriften im<br />

Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften bewegen.<br />

3.2 Zu Satz 2 (Verbindlichkeit für die Haushaltsausführung):<br />

3.2.1 Die Ausprägungen der Verbindlichkeit<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan ist nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften in der Gemeindeordnung<br />

und der Gemeindehaushaltsverordnung für die Haushaltsführung der Gemeinde verbindlich. Er bindet daher<br />

die Dienststellen der gemeindlichen Verwaltung bei ihrer Verwaltungstätigkeit an die im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

veranschlagten Haushaltspositionen, vergleichbar der Bindung der Aufgabenerfüllung der gemeindlichen<br />

Verwaltung an andere Rechtsvorschriften. Diese Bindung der gemeindlichen Verwaltung im Rahmen der<br />

Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ist so bedeutend, dass die Gemeindehaushaltsverordnung<br />

ausdrückliche gesonderte Vorgaben dafür enthält.<br />

Mit dem Haushaltsplan besteht ein Gesamtkonzept für das Handeln der Gemeinde im Haushaltsjahr, das von der<br />

gemeindlichen Verwaltung ziel-, zweck- und wirkungsorientiert umzusetzen ist. Die Verbindlichkeit lässt dabei<br />

eine Ausführung zu, die zeitbezogen und fallspezifisch die örtlichen Verhältnisse berücksichtigt. Die Gemeinde<br />

soll daher im Einzelfall bzw. bei ihren Geschäftsprozessen situationsgerecht handeln und nicht nur unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten<br />

mögliche Varianten abwägen. Die aktuelle haushaltswirtschaftliche Lage der Gemeinde<br />

kann dabei eine Orientierung des örtlich Möglichen und Machbaren darstellen. Von Bedeutung kann<br />

dabei eine intern und extern sachgerechte Abstimmung sein.<br />

GEMEINDEORDNUNG 483


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei der Ausführung der Haushaltswirtschaft durch die Gemeinde sind auch besondere haushaltsrechtliche Regelungen<br />

zu beachten, z. B. das Gebot, die im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen erst dann in Anspruch<br />

zu nehmen, wenn die Aufgabenerfüllung dieses erfordert und die Inanspruchnahme aber auch zu überwachen<br />

(vgl. § 23 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Aufgrund des Haushaltsplans hat die gemeindliche Verwaltung aber auch<br />

die Aufgabe, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Ansprüche der Gemeinde vollständig erfasst,<br />

rechtzeitig geltend gemacht und eingezogen und Verpflichtungen der Gemeinde erst bei ihrer Fälligkeit erfüllt<br />

werden (vgl. § 23 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Im Rahmen der haushaltsrechtlichen Vorschriften sind aber auch Abweichungen von den Ermächtigungen im<br />

gemeindlichen Haushaltsplan zulässig, wenn dafür ein dringender Bedarf bei der Gemeinde besteht. Beim Vorliegen<br />

bestimmter materieller Voraussetzungen (Unabweisbarkeit) und formeller Voraussetzungen (vorherige Zustimmung)<br />

sind z. B. überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen zulässig (vgl. §<br />

83 GO <strong>NRW</strong>). Es sind aber auch Ermächtigungen ins folgende Haushaltsjahr übertragbar (vgl. § 22 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). In den Fällen aber, in denen unzulässigerweise von den haushaltsmäßigen Vorgaben abgewichen oder<br />

für eine Maßnahme ggf. keine Ermächtigung im Haushaltsplan enthalten ist, wird das Budgetrecht des Rates<br />

verletzt. Es sind die daraus notwendigen Konsequenzen zu ziehen.<br />

3.2.2 Die Bindungen im Rahmen der Haushaltsplanung<br />

Die Verbindlichkeit des gemeindlichen Haushaltsplans für die Haushaltsausführung im Haushaltsjahr wirkt sich<br />

auch auf die Haushaltsplanung aus. Nur eine sachgerechte und sinnvolle Veranschlagung im Ergebnisplan, im<br />

Finanzplan und in den Teilplänen ermöglicht eine zweckbezogene und wirkungsorientierte Ausführung des Haushaltsplans.<br />

Bei der Veranschlagung im gemeindlichen Haushaltsplan ist daher z.B. der Grundsatz der Spezialität<br />

der Veranschlagung zu beachten, der durch die Regelungen in den §§ 2, 3, 4 und 11 GemHVO <strong>NRW</strong> näher ausgefüllt<br />

wird. Dem Grundsatz der sachlichen Bindung kann durch Beachtung der aufgeführten Vorschriften ebenfalls<br />

Genüge getan werden. Grundsätzlich müssen daher die Einzelpositionen im Haushaltsplan nach Summe<br />

und Zweckbestimmung hinreichend bestimmt sein, sodass auch deren Zahl und Umfang abzuwägen sind.<br />

Mit Beschluss des Rates der Gemeinde über die gemeindliche Haushaltssatzung nach § 80 Absatz 4 i.V.m. § 41<br />

Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong> tritt dann eine wirksame Bindung der gemeindlichen Verwaltung an den Willen<br />

des Rates in Form der Haushaltssatzung der Gemeinde und des gemeindlichen Haushaltsplans ein. Die weitere<br />

Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans wird durch eine Vielzahl sonstigen Maßgaben bestimmt, die,<br />

wenn diese nicht bei der Haushaltsplanung berücksichtigt werden, sich auf die Ausführung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans auswirken (vgl. Abbildung).<br />

§ 75<br />

§ 79<br />

§ 82<br />

§ 84<br />

§ 85<br />

Die Maßgaben für den gemeindlichen Haushaltsplan<br />

MAßGABEN IN DER GEMEINDEORDNUNG<br />

Allgemeine Haushaltsgrundsätze<br />

Gestaltung des gemeindlichen Haushaltsplans<br />

Vorgaben für die vorläufige Haushaltsführung<br />

GEMEINDEORDNUNG 484<br />

Einbeziehung der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

Ausweis von Verpflichtungsermächtigungen für Investitionen


§ 1<br />

§ 2<br />

§ 3<br />

§ 4<br />

§ 6<br />

§ 7<br />

§ 8<br />

§ 9<br />

§ 10<br />

§ 11<br />

§ 12<br />

§ 13<br />

§ 14<br />

§ 15<br />

§ 16<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Maßgaben für den gemeindlichen Haushaltsplan<br />

MAßGABEN IN DER GEMEINDEHAUSHALTSVERORDNUNG<br />

GEMEINDEORDNUNG 485<br />

Bestandteile und Anlagen des gemeindlichen Haushaltsplans<br />

Inhalt und Gliederung des Ergebnisplans<br />

Inhalt und Gliederung des Finanzplans<br />

Inhalt und Gliederung der Teilpläne<br />

Mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung“,<br />

Pflicht zur Erstellung eines Vorberichtes<br />

Inhalt und Gliederung des Stellenplans<br />

Vorgaben für den Haushaltsplan für zwei Jahre<br />

Vorgaben für den Nachtragshaushaltsplan<br />

Allgemeine Planungsgrundsätze<br />

Pflicht zur Angabe von Zielen und Kennzahlen zur Zielerreichung<br />

Ausweis von Verpflichtungsermächtigungen<br />

Vorgaben für die Veranschlagung von Investitionen<br />

Veranschlagung der Verfügungsmittel des Bürgermeisters<br />

Umgang mit fremden Finanzmitteln<br />

Abbildung 72 „Die Maßgaben für den gemeindlichen Haushaltsplan“<br />

In den Fällen des fehlenden In-Kraft-Tretens der gemeindlichen Haushaltssatzung besteht eine Übergangszeit, in<br />

der einhergehend mit der gesetzlich bestimmten vorläufigen Haushaltsführung nach § 82 GO <strong>NRW</strong> ergänzende<br />

örtliche Regelungen zur Fortführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft bestehen müssen. Für diese Übergangszeit<br />

bzw. die „haushaltslose Zeit“, die im besonderen Einzelfall auch das gesamte Haushaltsjahr umfassen<br />

kann, hat der Kämmerer bzw. der Bürgermeister die notwendigen einschränkenden Bewirtschaftungsregelungen<br />

auf der Basis der aufgestellten Haushaltssatzung mit ihren Anlagen zur Fortführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

in schriftlicher Form zu treffen. Die gemeindliche Haushaltsbewirtschaftung muss dabei örtlich so<br />

gestaltet werden, dass dem Ziel und Zweck der vorläufigen Haushaltsführung unter Beachtung der gesetzlichen<br />

Vorschrift Genüge getan wird und auch das In-Kraft-Treten der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr<br />

schnellstmöglich erreicht wird.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

3.3 Zu Satz 3 (Haushaltsplan und Ansprüche und Verbindlichkeiten):<br />

Nach der Vorschrift begründet der gemeindliche Haushaltsplan als gesondertes Werk der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

ausdrücklich keine Ansprüche und Verbindlichkeiten Dritter gegenüber der Gemeinde. Auch werden<br />

durch den Haushaltsplan der Gemeinde keine Ansprüche und Verbindlichkeiten Dritter gegenüber der Gemeinde<br />

aufgehoben. Damit wird klargestellt, dass der Haushaltsplan der Gemeinde über die durch ihn bestehende Verbindlichkeit<br />

für die gemeindliche Verwaltung hinaus keine weitere Dritt- bzw. Außenwirkung entfaltet (vgl. § 78<br />

Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Hinsichtlich der rechtlichen Wirkung ist der gemeindliche Haushaltsplan damit auf die<br />

finanzwirtschaftlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Organen der Gemeinde beschränkt.<br />

Ein Dritter kann sich daher nicht auf eine Haushaltsposition im gemeindlichen Haushaltsplan berufen und z.B.<br />

höhere Zinsen verlangen, wenn unter dieser Position höhere Zinsaufwendungen veranschlagt worden sind, als im<br />

Rahmen eines Kreditvertrages mit ihm vereinbart wurde. Aber auch die Gemeinde kann aufgrund einer Veranschlagung<br />

in ihrem Haushaltsplan keine Zinszahlungen verweigern, wenn die entsprechende Haushaltsposition<br />

weniger oder gar keine Zinsaufwendungen ausweist, als es der tatsächlichen rechtlichen Verpflichtung der Gemeinde<br />

entspricht. Die Vorschrift steht daher in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bestimmung, dass der<br />

gemeindliche Haushaltsplan alle für das Haushaltsjahr für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde voraussichtlich<br />

anfallenden Erträge und eingehenden Einzahlungen sowie die voraussichtlich entstehenden Aufwendungen<br />

und zu leistenden Auszahlungen zu enthalten hat (vgl. § 78 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 486


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 80<br />

Erlass der Haushaltssatzung<br />

(1) Der Entwurf der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen wird vom Kämmerer aufgestellt und dem Bürgermeister<br />

zur Bestätigung vorgelegt.<br />

(2) 1 Der Bürgermeister leitet den von ihm bestätigten Entwurf dem Rat zu. 2 Soweit er von dem ihm vorgelegten<br />

Entwurf abweicht, kann der Kämmerer dazu eine Stellungnahme abgeben. 3 Wird von diesem Recht Gebrauch<br />

gemacht, hat der Bürgermeister die Stellungnahme mit dem Entwurf dem Rat vorzulegen.<br />

(3) 1 Nach Zuleitung des Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen an den Rat ist dieser unverzüglich<br />

bekannt zu geben und während der Dauer des Beratungsverfahrens im Rat zur Einsichtnahme verfügbar zu halten.<br />

2 In der öffentlichen Bekanntgabe ist eine Frist von mindestens vierzehn Tagen festzulegen, in der Einwohner<br />

oder Abgabepflichtige gegen den Entwurf Einwendungen erheben können und die Stelle anzugeben, bei der die<br />

Einwendungen zu erheben sind. 3 Die Frist für die Erhebung von Einwendungen ist so festzusetzen, dass der Rat<br />

vor der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen in öffentlicher Sitzung darüber beschließen<br />

kann.<br />

(4) 1 Der Entwurf der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen ist vom Rat in öffentlicher Sitzung zu beraten und zu<br />

beschließen. 2 In der Beratung des Rates kann der Kämmerer seine abweichende Auffassung vertreten.<br />

(5) 1 Die vom Rat beschlossene Haushaltssatzung mit ihren Anlagen ist der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. 2 Die<br />

Anzeige soll spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres erfolgen. 3 Die Haushaltssatzung darf frühestens<br />

einen Monat nach der Anzeige bei der Aufsichtsbehörde öffentlich bekannt gemacht werden. 4 Die Aufsichtsbehörde<br />

kann im Einzelfall aus besonderem Grund die Anzeigefrist verkürzen oder verlängern. 5 Ist ein<br />

Haushaltssicherungskonzept nach § 76 aufzustellen, so darf die Haushaltssatzung erst nach Erteilung der Genehmigung<br />

bekannt gemacht werden.<br />

(6) Die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen ist im Anschluss an die öffentliche Bekanntmachung bis zum Ende<br />

der in § 96 Abs. 2 benannten Frist zur Einsichtnahme verfügbar zu halten.<br />

Erläuterungen zu § 80:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Der Erlass der Haushaltssatzung<br />

1.1 Die Verfahrenszwecke<br />

Die Vorschriften über das Aufstellungsverfahren der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen durch<br />

den Kämmerer und den Bürgermeister berücksichtigen entsprechend der besonderen Bedeutung der Haushaltswirtschaft<br />

für die gemeindliche Aufgabenerfüllung und ihre Wirkungen auf die Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

eine möglichst weitgehende bürgerschaftliche Mitwirkung beim Zustandekommen und der Beschlussfassung des<br />

Rates der Gemeinde über die gemeindliche Haushaltssatzung. Die Zielsetzung wird einerseits dadurch umgesetzt,<br />

dass der Entwurf der Haushaltssatzung mit Anlagen den Einwohnern und Abgabepflichtigen zur Kenntnis<br />

zu bringen und Einwendungen gegen den Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung möglich sind.<br />

Andererseits ist die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen im Anschluss an die öffentliche Bekanntmachung<br />

bis zum Ende der Auslegung des Jahresabschlusses des gleichen Haushaltsjahres zur Einsichtnahme<br />

für jedermann verfügbar zu halten (vgl. § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Durch diese zeitlich weitgehenden Zugangs-<br />

GEMEINDEORDNUNG 487


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

bzw. Informationsmöglichkeiten zur gemeindlichen Haushaltswirtschaft wird der jahresbezogene und jährlich<br />

wiederkehrende Ablauf der gemeindlichen Haushaltswirtschaft, von der Haushaltsplanung über den Beschluss<br />

über die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen bis zur Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

durch den Rat der Gemeinde für die Öffentlichkeit als Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

nachvollziehbar gemacht.<br />

Mit der Auslegung des Entwurfs der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen und dem Recht auf Einsichtnahme<br />

für die Einwohner und Abgabepflichtigen der Gemeinde werden die Informationsbedürfnisse der<br />

Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft als bedeutend höherwertig angesehen, als das Bedürfnis der<br />

Gemeinde möglichst ihre Geschäftsvorfälle und Geschäftsprozesse sowie ihr verwaltungsmäßiges Handeln und<br />

dessen Ergebnisse nicht offenlegen zu müssen. Die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger beim Gestalten des<br />

örtlichen Gemeindelebens erfordert aber, dass der Umgang mit haushaltswirtschaftlichen Informationen nicht<br />

mehr maßgeblich und allein durch die gemeindliche Verwaltung bestimmt wird. Die gemeindliche Verwaltung<br />

erbringt örtliche Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger und auch ausreichend informieren.<br />

Die Zwecke, Aufgaben und haushaltsrechtlichen Vorgaben für die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen<br />

(vgl. § 78 GO <strong>NRW</strong>) erfordern aber auch, dass zwei Organe der Gemeinde an den Entscheidungen über<br />

die Inhalte und Ausgestaltung der gemeindlichen Haushaltssatzung beteiligt sind. Einerseits hat der Bürgermeister<br />

den verwaltungsmäßig vom Kämmerer aufgestellten Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren<br />

Anlagen zu bestätigen. Er hat damit zu verantworten, dass das Jahresergebnis für die geplante Haushaltswirtschaft<br />

dem aktuellen Stand der sich ständig weiterentwickelnden Haushaltsplanung entspricht.<br />

Der Rat der Gemeinde hat die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen zu beschließen und ermächtigt<br />

damit im Rahmen seines Budgetrechtes die gemeindliche Verwaltung zur Ausführung der geplanten und im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan niedergelegten Haushaltswirtschaft. Der gemeindliche Haushaltsplan, der das geplante<br />

Ressourcenaufkommen und den voraussichtlichen Ressourcenverbrauch durch die veranschlagten Erträge<br />

und Aufwendungen aufzeigt und auch die voraussichtlichen Einzahlungen und Auszahlungen ausweist, wird<br />

durch den Ratsbeschluss verbindlich für die Haushaltsführung im neuen Haushaltsjahr wird (vgl. § 79 Absatz 3<br />

Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2 Die Verfahrensschritte<br />

Die Gemeindeordnung gibt für den Erlass der jährlichen Haushaltssatzung den Gemeinden mehrere Verfahrensschritte<br />

vor. Die Gemeinde im Aufstellungsverfahren die Rechte des Rates der Gemeinde, des Bürgermeisters<br />

und des Kämmerers sowie der Einwohner und Abgabepflichtigen zu berücksichtigen. Die Aufstellung der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr bedarf deshalb neben der notwendigen Aufgabenverteilung<br />

innerhalb der gemeindlichen Verwaltung auch einer konkreten Zeitplanung durch die Gemeinde. Die Festlegung<br />

des zeitlichen Ablaufes des Aufstellungsverfahrens wird dadurch bestimmt, dass die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

spätestens einen Monat vor Beginn des Hausjahres bei der Aufsichtsbehörde angezeigt werden soll<br />

(§ 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Aufsichtsbehörde der Gemeinde soll sich über die Verfahrensschritte zur Aufstellung der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung im Rahmen der Anzeige der Haushaltssatzung informieren, denn diese Satzung ist von ihr als<br />

Rechtsaufsichtsbehörde über die Gemeinde zu prüfen und zu akzeptieren. Sie auch feststellen, ob das gesetzlich<br />

bestimmte Verfahren zur Aufstellung der gemeindlichen Haushaltssatzung ordnungsgemäß abgelaufen ist und im<br />

Rahmen der Vorlage der gemeindlichen Haushaltssatzung ggf. aufgetretene Rechtsverstöße beanstanden. Das<br />

Nachhalten der aufgezeigten Verfahrensschritte, die terminlich bestimmt sein müssen, wird durch die nachfolgende<br />

Übersicht aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 488


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Verfahren zum Erlass der Haushaltssatzung<br />

VERFAHRENSSCHRITTE<br />

Aufstellung<br />

des Entwurfs der Haushaltssatzung<br />

Zuleitung<br />

des Entwurfs<br />

der Haushaltssatzung<br />

Öffentliche Bekanntgabe<br />

des Entwurfs der Haushaltssatzung<br />

Beratung<br />

über die Haushaltssatzung<br />

Beratung und Beschlussfassung<br />

über die Haushaltssatzung<br />

Anzeige<br />

der Haushaltssatzung<br />

Ablauf<br />

der Anzeigefrist<br />

Bekanntmachung und Verfügbarhalten<br />

der Haushaltssatzung<br />

GEMEINDEORDNUNG 489<br />

INHALTE<br />

Aufstellung der Satzung mit ihren Anlagen durch<br />

den Kämmerer und Bestätigung des Entwurfs<br />

durch den Bürgermeister (§ 80 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>) unter Mitwirkung des Verwaltungsvorstands<br />

(vgl. § 70 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Zuleitung der Satzung mit ihren Anlagen an den<br />

Rat (§ 80 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bekanntgabe mit Festlegung einer Frist für die<br />

Erhebung von Einwendungen an mindestens 14<br />

Tagen (§ 80 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Beratung der Satzung mit ihren Anlagen in<br />

öffentlicher Sitzung des Finanzausschusses (§<br />

59 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Beratung und Beschlussfassung der Satzung mit<br />

ihren Anlagen in öffentlicher Sitzung des Rates<br />

(§ 80 Absatz. 4 GO <strong>NRW</strong>), ggf. auch Beschlussfassung<br />

über die erhobenen Einwendungen (§<br />

80 Absatz 3 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Anzeige der Satzung mit ihren Anlagen bei der<br />

Aufsichtsbehörde (§ 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>; sie<br />

soll spätestens 1 Monat vor Beginn des Haushaltsjahres<br />

erfolgen).<br />

Anzeigfrist, bei der zu beachten ist:<br />

1. Genehmigung der Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage (§ 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>)<br />

2. Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes<br />

(§ 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bekanntmachung; Verfügbarhalten bis zum<br />

Ende der in § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> benannten<br />

Frist (§ 80 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Abbildung 73 „Das Verfahren zum Erlass der Haushaltssatzung“<br />

Die Aufsichtsbehörde hat auch, soweit erforderlich, die gesetzlich vorgesehenen Genehmigungen zu erteilen, z.B.<br />

zu einer vorgesehenen Verringerung der allgemeinen Rücklage (vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>) oder zu einem m<br />

aufgestellten Haushaltssicherungskonzept (vgl. § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Ein weiteres Mitwirken der Aufsichtsbehörde<br />

im Rahmen der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft kann im Einzelfall auch bei der eigenverantwortlichen<br />

Aufgabenerfüllung der Gemeinde im Rahmen ihrer Selbstverwaltung erforderlich sein. Die Gemeinde<br />

soll aber grundsätzlich die Prüfung haushaltswirtschaftlicher Tatbestände nicht auf die Aufsichtsbehörde<br />

verlagern, sondern unter Berücksichtigung des Haushaltsrechts in eigener Verantwortung erledigen.


2. Die Unterrichtung des Rates<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Aufstellung der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen und die Beschlussfassung darüber durch<br />

den Rat der Gemeinde sind gesetzlich bestimmten Fristen unterworfen worden (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Die<br />

in diesem gesetzlichen Rahmen festgelegten Aufstellungsfristen stellen dabei nicht nur eine Grenze für den Abschluss<br />

der örtlichen Arbeiten dar. Mit diesen Fristen wird auch bezweckt, dass im Rahmen des jährlich wiederkehrenden<br />

Haushaltskreislaufs der Rat der Gemeinde frühzeitig durch eine aktualisierte Haushaltsplanung über<br />

die weitere Entwicklung der Gemeinde informiert wird.<br />

Diese Gegebenheiten hat die Gemeinde zu beachten, wenn aus zwingenden örtlichen und sachlogischen Gründen<br />

die gesetzlich bestimmten Fristen überschritten werden müssen. In diesen Fällen obliegt dem Bürgermeister<br />

eine entsprechende Unterrichtungspflicht im Rahmen seiner Tätigkeit, denn er hat den Rat der Gemeinde grundsätzlich<br />

über alle wichtigen Gemeindeangelegenheiten zu unterrichten (vgl. § 62 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3. Die erweiterte Bürgerbeteiligung<br />

Die Gemeinden fördern das Wohl ihrer Einwohner durch ihre gewählten Organe (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Das gemeindliche Vermögen und die Einkünfte sind dabei so zu verwalten, dass die Gemeindefinanzen<br />

gesund bleiben (vgl. § 10 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde hat daher ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und<br />

auszuführen, dass die stetige Erfüllung der Aufgaben gesichert ist. Außerdem ist die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 1 und 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Bürgerinnen<br />

und Bürger als Teil der Bevölkerung in der Gemeinde sind daher eine wichtige Adressatengruppe für die Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde.<br />

Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und einer Beteiligung bei<br />

haushaltsrelevanten Angelegenheiten ist größer geworden, ohne dass dabei die Rechte der gemeindlichen Organe<br />

infrage gestellt werden. Vielfach wird aber ein örtlich abgestimmtes Verfahren gewünscht, in dem die gemeindliche<br />

Verwaltung haushaltswirtschaftliche Informationen in verständlicher Form verfügbar macht und die Bürgerinnen<br />

und Bürger beteiligt. Es wird daher oft nicht als ausreichend angesehen, im Rahmen des Aufstellungsverfahrens<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung nur als Einwohner und Abgabepflichtige sachliche Einwendungen<br />

gegen die gemeindliche Haushaltssatzung gegenüber der Gemeinde erheben zu können.<br />

Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft sollte sich deshalb nicht<br />

auf die gesetzlich vorgesehene Form beschränken. Die Gemeinde sollte vielmehr ihre Haushaltswirtschaft so<br />

aufbereiten, dass diese für die Bürgerinnen und Bürger verständlich und nachvollziehbar wird und sie durch ihre<br />

Beteiligung die Entscheidungsfindung des Rates der Gemeinde unterstützen. Ein Ziel ist dabei, dass der Rat und<br />

die Verwaltung der Gemeinde besser die Bedürfnisse und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger erkennen und<br />

einschätzen können. Es lässt sich aber nur verwirklichen, wenn durch die Verantwortlichen das örtliche Geschehen<br />

transparent gemacht wird und die Verwaltungsplanung nur nicht in Daten und Fakten, sondern auch durch<br />

Erläuterungen aufgezeigt wird.<br />

Die erweiterte Bürgerbeteiligung beim Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung erfordert sachgerechte und<br />

auf die Bürgerinnen und Bürger als Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft zugeschnittene Informationen<br />

über die örtliche Haushaltsplanung und eine entsprechende Kommunikation mit den Beteiligten. Die Informationen<br />

über die Haushaltswirtschaft im neuen Haushaltsjahr dürfen sich deshalb nicht auf ein reines Zahlenwerk<br />

beschränken. Vor der tatsächlichen Beteiligung sollte daher geklärt werden, welche Gruppen vor Ort angesprochen<br />

werden sollen. Dabei ist zu entscheiden, ob die gesamte produktorientierte Haushaltsgestaltung zum<br />

Gegenstand der Beteiligung gemacht wird und ob die Beteiligung das gesamte Gemeindegebiet oder nur bestimmte<br />

Ortsteile umfasst. Das örtliche Verfahren muss dabei nicht so weitgehend sein, dass es als „Aufstellung<br />

eines Bürgerhaushalts“ bezeichnet werden muss.<br />

GEMEINDEORDNUNG 490


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Rat und die Verwaltung der Gemeinde sollen auf der Grundlage aufbereiteter gemeindlicher Haushaltsdaten<br />

die Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Die haushaltswirtschaftlichen Ressourcen bzw. finanzielle Angelegenheiten<br />

der Gemeinde stehen dabei im Mittelpunkt. Im Rahmen einer öffentlichen Erörterung sollen Haushaltssachverhalte<br />

diskutiert werden, bei denen alle Beteiligten bereit sein sollen, über ihre Vorstellungen eine sachgerechte<br />

Auskunft zu geben. Für alle Beteiligten sollten zudem dieser Prozess und die dabei erzielten Ergebnisse nachvollziehbar<br />

dokumentiert werden, damit die Ergebnisse in die Beratungen des Rates über die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung einbezogen werden können.<br />

In diesem Zusammenhang ist mit der haushaltspolitischen und strategischen Steuerung der Gemeinde sowie der<br />

wirtschaftlichen Lage der Gemeinde sowie den Chancen und Risiken für die künftige wirtschaftliche Entwicklung<br />

der Gemeinde offen umzugehen. Es bedarf vor Ort einer Vision und fundamentaler Entscheidungen zur wirtschaftlichen<br />

Entwicklung der Gemeinde, bei denen die Zustimmung, das Vertrauen und die Meinung der Bürger<br />

unerlässlich für die Umsetzung sind. Die bestehenden Beziehungen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und<br />

der gemeindlichen Verwaltung müssen dazu überdacht und ggf. neu ausgeformt werden.<br />

Eine erweitere Bürgerbeteiligung bei haushaltswirtschaftlichen Sachverhalten geht aber nicht soweit, dass die<br />

Bürger beantragen können, anstelle des Rates selbst über die gemeindliche Haushaltssatzung zu entscheiden<br />

oder der Rat dieses beschließen könnte (vgl. § 26 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Für die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

ist gesetzlich ein besonderes Aufstellungsverfahren unter einer förmlichen Beteiligung der Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

gesetzlich bestimmt worden, das mit dem Beschluss des Rates über den Entwurf der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen endet. Im Rahmen der Auslegung des Entwurfs können Einwendungen<br />

erhoben werden, über die der Rat im Einzelnen zu entscheiden hat. Die Haushaltssatzung der Gemeinde ist<br />

daher als Gegenstand eines Bürgerbegehrens oder eines Bürgerentscheids für unzulässig erklärt worden (vgl. §<br />

26 Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

4. Die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft und die Aufgabenerfüllung der Gemeinde lassen sich nach den gemeindlichen<br />

Zielen und nach der Transparenz über die örtliche Umsetzung sowie nach den Adressaten beurteilen. Als<br />

Adressaten sind dabei Gruppen und/oder Personen anzusehen, die durch das haushaltswirtschaftliche Handeln<br />

der Gemeinde beeinflusst werden oder die ein besonderes Interesse an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

haben. Die Adressaten können Ansprüche auf gemeindliche Leistungen haben, z.B. im Rahmen der sozialen<br />

Sicherung, in Geschäftsbeziehungen mit der Gemeinde stehen, z.B. Kreditgeber, oder in ihren ortsbezogenen<br />

Lebensverhältnissen den Finanzbedarf für die gemeindliche Aufgabenerfüllung unmittelbar erfahren, z. B. als<br />

Grundsteuerpflichtige. Wichtige Adressatengruppen werden nachfolgend näher vorgestellt (vgl. Abbildung).<br />

ADRESSATENGRUPPE<br />

Der Rat<br />

der Gemeinde<br />

Die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

GEMEINDEORDNUNG 491<br />

INFORMATIONSBEDüRFNISSE<br />

Die Informationen über die gemeindliche Haushaltswirtschaft sind<br />

von der Haushaltsplanung bis zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

und dem Gesamtabschluss eine Grundlage für die Steuerung<br />

der Gemeinde durch den Rat als Träger der Gemeindeverwaltung<br />

(vgl. § 40 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Er ist als gemeindliches<br />

Vertretungsorgan für alle Angelegenheiten der Gemeinde<br />

grundsätzlich zuständig (vgl. § 41 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Dieses gemeindliche Organ nutzt dabei als Gremium auch die<br />

haushaltswirtschaftlichen Informationen gegenüber anderen Adressatengruppen,<br />

z. B. die Daten des gemeindlichen Jahresabschlusses,<br />

um bei Nachfragen der Bürgerinnen und Bürger sowie


ADRESSATENGRUPPE<br />

Der Bürgermeister<br />

der Gemeinde<br />

Die Beschäftigten<br />

der Gemeinde<br />

Die Betriebe<br />

der Gemeinde<br />

Die Bürgerinnen und Bürger<br />

der Gemeinde<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

GEMEINDEORDNUNG 492<br />

INFORMATIONSBEDüRFNISSE<br />

gegenüber anderen Dritten ggf. im Sinne einer Rechenschaft<br />

sachgerechte Angaben machen zu können. Das Informationsinteresse<br />

des Rates wird aber auch durch die Kontrollaufgabe über die<br />

gemeindliche Verwaltung begründet (vgl. § 55 GO <strong>NRW</strong>). Es<br />

richtet sich auch auf das erzielbare Jahresergebnis aus und dient<br />

aber auch dazu, eine Bilanzpolitik unter Berücksichtigung der<br />

wirtschaftlichen Lage umsetzen zu können.<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ist der Bürgermeister<br />

ein gewichtiger Adressat, denn einerseits ist er verantwortlich<br />

für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs<br />

der gesamten Verwaltung der Gemeinde und leitet und<br />

verteilt die Geschäfte (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits<br />

bedarf es im Rahmen des jährlichen Jahresabschlusses der Entscheidung<br />

der Ratsmitglieder über seine Entlastung wegen der<br />

Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft (vgl. § 96<br />

Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Dadurch besteht beim Bürgermeister ein<br />

erhebliches Informationsbedürfnis, das sich zudem unmittelbar<br />

und mittelbar auf seine Managemententscheidungen auswirken<br />

dürfte. Sein Informationsinteresse richtet sich daher auch auf das<br />

erzielbare Jahresergebnis aus und dient aber auch dazu, eine<br />

eigenständige Bilanzpolitik unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen<br />

Lage umsetzen zu können.<br />

Die Beschäftigten der Gemeinde verfolgen ihre Interessen insbesondere<br />

über ihre gewählten Vertreter und sind gleichzeitig an die<br />

Vorgaben der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gebunden.<br />

Daher besteht i.d.R. vielfach ein Bedarf der Beschäftigten an<br />

Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde sowie<br />

deren Risiken und Chancen, um persönliche Entscheidungen im<br />

Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis treffen zu können.<br />

Insbesondere in den Fällen der defizitären Haushaltslage einer<br />

Gemeinde dürfte sich das Informationsinteresse der Beschäftigten<br />

ändern, da diese einerseits durch gesetzliche Vorgaben und örtliche<br />

Regelungen in Ausführung der oftmals im Rahmen der Beschlüsse<br />

des Rates eigenverantwortlichen Bewirtschaftung des<br />

Haushalts beschränkt werden und andererseits oftmals ihre persönliche<br />

Entwicklung betroffen sehen.<br />

Die gemeindlichen Betriebe stellen ebenfalls Adressaten für die<br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft dar, denn vielfach bestehen<br />

umfangreiche Finanzbeziehungen zwischen der gemeindlichen<br />

Verwaltung und den Betrieben der Gemeinde. Ihre Tätigkeit im<br />

Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung führt zudem dazu,<br />

die Betriebe als ein eigenständiger Adressatenkreis anzusehen<br />

und zu behandeln. Außerdem bilden die Betriebe bei besonderen<br />

haushaltswirtschaftlichen Gegebenheiten, z.B. im Rahmen der<br />

Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses nach § 116<br />

GO <strong>NRW</strong>, noch gesonderte Interessengruppen gegenüber der<br />

gemeindlichen Verwaltung.<br />

Für die gemeindliche Haushaltswirtschaft sind die Bürgerinnen und<br />

Bürger als ein Teil der Bevölkerung in der Gemeinde eine wichtige<br />

Adressatengruppe, denn diese sind zu den Gemeindewahlen<br />

wahlberechtigt (vgl. § 21 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Gegenüber den<br />

Einwohnern und Abgabepflichtigen, die z.B. nach § 80 Absatz 3<br />

GO <strong>NRW</strong> Einwendungen gegen die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

erheben können, ist der Unterschied von nicht erheblicher<br />

Bedeutung. Ein Einwohner ist die Person, die in der Gemeinde<br />

wohnt (vgl. § 21 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Abgabepflichtigen kön-


ADRESSATENGRUPPE<br />

Die Aufsichtsbehörde<br />

der Gemeinde<br />

Die Kreditgeber<br />

der Gemeinde<br />

Die Geschäftspartner<br />

der Gemeinde<br />

Die sonstige<br />

Öffentlichkeit<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

GEMEINDEORDNUNG 493<br />

INFORMATIONSBEDüRFNISSE<br />

nen dabei Grundbesitzer und Gewerbetreibende sein, die ihren<br />

Wohnsitz aber nicht in der Gemeinde haben müssen. Die Bürgerinnen<br />

und Bürger bestimmen dagegen über ihre Wahlberechtigung<br />

nach den §§ 7 und 8 KWahlG die Zusammensetzung des<br />

Rates der Gemeinde, der für alle Angelegenheiten der Gemeinde<br />

und damit auch für die gemeindliche Haushaltswirtschaft grundsätzlich<br />

zuständig ist (vgl. § 41 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Nach der Gemeindeordnung soll die Aufsicht des Landes die<br />

Gemeinde in ihren Rechten schützen und die Erfüllung der Pflichten<br />

sichern (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde hat daher<br />

die Aufgabe die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung der Gemeinde<br />

zu überwachen. Die Einbeziehung der Aufsichtsbehörde in die<br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft wird durch eine Vielzahl von<br />

Bestimmungen festgelegt, z.B. durch die Anzeige der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung nach § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> oder des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses nach § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>.<br />

Besonders aber in den Fällen einer defizitären Haushaltslage der<br />

Gemeinde, die ggf. zur Verringerung der allgemeinen Rücklage<br />

und damit ggf. zu einem Haushaltssicherungskonzept führt, ist die<br />

Tätigkeit der Aufsichtsbehörde gefordert (vgl. § 76 Absatz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde der Gemeinde gehört daher zu den<br />

wichtigsten Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft.<br />

Die Gemeinde darf im Rahmen ihrer Investitionstätigkeit Kredite<br />

aufnehmen, wenn die daraus übernommenen Verpflichtungen mit<br />

der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde in Einklang stehen<br />

(vgl. § 86 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Sie kann auch zur Sicherung<br />

der rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten<br />

Höchstbetrag aufnehmen, soweit dafür keine anderen Mittel zur<br />

Verfügung stehen (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Banken und<br />

Sparkassen sowie die Kreditinstitute sind daher ein potentielles<br />

Interessente an Informationen über die wirtschaftliche Lage der<br />

Gemeinde, über ihre Haushaltsplanung sowie über den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss und die künftigen Risiken und Chancen.<br />

Dieses Interesse ist noch dadurch verstärkt worden, dass die<br />

Banken als Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet<br />

sind, ihre Kunden, also auch die Gemeinde, anhand der gesetzlich<br />

vorgegebenen Kriterien zu klassifizieren und diese Einstufung<br />

Auswirkungen auf die Bankleistungen gegenüber der Gemeinde<br />

hat.<br />

Die Geschäftspartner der Gemeinde, zu denen nicht nur die Lieferanten,<br />

sondern auch die Bürgerinnen und Bürger als Kunden zu<br />

zählen sind, erbringen Leistungen für die Gemeinde oder nehmen<br />

gemeindliche Leistungen in Anspruch. Bereits der gemeindliche<br />

Haushaltsplan kann dabei unter Berücksichtigung seiner Produktorientierung<br />

einen Einblick in das Leistungsspektrum der Gemeinde<br />

bieten. Die Lieferanten als Geschäftspartner der Gemeinde haben<br />

daher regelmäßiges Interesse an Informationen über die wirtschaftlichen<br />

Lage der Gemeinde und den künftigen Risiken und<br />

Chancen. Sie richten dabei ihren Blick vielfach auch auf den Zahlungsverkehr<br />

der Gemeinde, um feststellen zu können, ob und in<br />

welchen Umfang sie ggf. statusmäßig wie kurzfristige Kapitalgeber<br />

fungieren müssen.<br />

Die Öffentlichkeit als letzter Adressat der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

beinhaltet bereits einige der zuvor benannten Interessengruppen,<br />

z.B. die Bürgerinnen und Bürger. Sie umfasst<br />

jedoch auch die Einwohner und Abgabepflichtigen der Gemeinde


ADRESSATENGRUPPE<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

GEMEINDEORDNUNG 494<br />

INFORMATIONSBEDüRFNISSE<br />

oder auch andere Gruppen, die der Förderung der Gemeinde zur<br />

gesellschaftlichen Teilhabe und Integration bedürfen. Insgesamt<br />

können jedoch unter dem Begriff „Öffentlichkeit“ eine unbestimmbare<br />

Zahl von Interessengruppen und Personen erfasst werden,<br />

auf die sich das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde<br />

auswirkt und die deshalb sich über die daraus ergebenden finanziellen<br />

Wirkungen informieren wollen.<br />

Abbildung 74 „Die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft“<br />

Der Adressatenkreis besteht dabei aus einer unbestimmten Zahl von Interessengruppen und Personen mit unterschiedlichen<br />

Informationsbedürfnissen und Transparenzansprüchen. Die Interessen der Adressaten sind aber für<br />

die Gemeinde so gewichtig, dass diese in die gemeindliche Haushaltswirtschaft einbezogen werden müssen.<br />

Außerdem ist eine leserfreundliche und nachvollziehbare Darstellung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft bei<br />

deren Beteiligung oder auch wegen der Informationsrechte erforderlich.<br />

Die Bedeutung für die Gemeinde zeigt sich z. B. auch daran, dass die Adressaten an der Aufstellung der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen mitwirken können und die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen<br />

der Gemeinde ständig zur Einsichtnahme verfügbar sein müssen. Die Gemeinde hat dabei zu beachten, dass<br />

dafür besondere gesetzliche Vorgaben bestehen (vgl. §§ 80, 95 und 116 GO <strong>NRW</strong>). Wichtige Adressatengruppen<br />

werden nachfolgend näher vorgestellt.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Aufstellung des Entwurfs der Haushaltssatzung):<br />

1.1 Die Aufstellung durch den Kämmerer<br />

Nach der Vorschrift ist der Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen vom Kämmerer aufzustellen,<br />

der die Finanzverantwortung in der Gemeinde innehat. Er hat diesen Entwurf nach der Fertigstellung dem<br />

Bürgermeister zur Bestätigung vorzulegen. Bei der Aufstellung des Entwurfs ist vom Kämmerer zu beachten,<br />

dass die vom Rat der Gemeinde beschlossene Haushaltssatzung mit ihren Anlagen spätestens einen Monat vor<br />

Beginn des Haushaltsjahres der Aufsichtsbehörde angezeigt werden soll.<br />

Das gesamte Aufstellungsverfahren der gemeindlichen Haushaltssatzung erfordert daher eine klare Aufgabenverteilung<br />

und Terminplanung innerhalb der gemeindlichen Verwaltung. Es ist deshalb örtlich festzulegen, wer welche<br />

Aufstellungsarbeiten bis zu welchem Termin zu erbringen hat. Dabei ist auch die Beteiligung Dritter zu klären.<br />

Zudem besteht ein Zusammenhang mit den für den Jahresabschluss notwendigen Abstimmungsarbeiten und den<br />

zu klärenden Sachverhalten, denn die erste Spalte der Zeitreihe im gemeindlichen Haushaltsplan ist mit den Ist-<br />

Ergebnissen aus dem Jahresabschluss des Vorvorjahres zu füllen. Außerdem ist bei der Aufgaben- und Zeitplanung<br />

der Gemeinde die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses zu berücksichtigen.<br />

1.2 Die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen<br />

Der Kämmerer der Gemeinde muss bei der jährlichen Aufstellung des Entwurfs der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen beachten, dass zur Haushaltssatzung mit ihren Anlagen eine Vielzahl von haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften bestehen, um das haushaltswirtschaftliche Geschehen im Haushaltsjahr abzugrenzen bzw.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

die aktuelle und zukünftige wirtschaftliche Lage der Gemeinde aufzuzeigen. So muss z.B. die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung die in § 78 GO <strong>NRW</strong> bestimmten Angaben enthalten und ihr ist als wichtigste Anlage der gemeindliche<br />

Haushaltsplan (vgl. § 79 GO <strong>NRW</strong>) beizufügen. Zum Haushaltsplan gehört zudem eine Vielzahl von<br />

Anlagen. Die nachfolgende Übersicht soll dazu einen Überblick vermitteln (vgl. Abbildung).<br />

Die haushaltwirtschaftlichen Unterlagen<br />

Haushaltssatzung<br />

Ergebnisplan<br />

Finanzplan<br />

Teilpläne<br />

Ggf. Haushaltssicherungskonzept<br />

Vorbericht<br />

Stellenplan<br />

Bilanz<br />

des Vorvorjahres<br />

Übersicht<br />

über die Verpflichtungsermächtigungen<br />

Übersicht<br />

über die Zuwendungen<br />

an die Fraktionen, Gruppen<br />

und einzelne Ratsmitglieder<br />

Übersicht<br />

über den voraussichtlichen Stand<br />

der Verbindlichkeiten<br />

zu Beginn des Haushaltsjahres<br />

HAUSHALTSSATZUNG<br />

BESTANDTEILE DES HAUSHALTSPLANS<br />

ANLAGEN ZUM HAUSHALTSPLAN<br />

GEMEINDEORDNUNG 495<br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. Nr. 1.1.1 des Runderlasses<br />

vom 24.02.2005<br />

§ 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 1<br />

Nummer 1 und § 2 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr.<br />

1.2.1 des Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 1<br />

Nummer 2 und § 3 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr.<br />

1.2.2 des Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 1<br />

Nummer 3 und § 4 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie den<br />

Nrn. 1.2.3 bis Nr. 1.2.7 des Runderlasses vom<br />

24.02.2005<br />

§§ 75 und 76 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 5 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> und dem Runderlass vom 09.06.2006<br />

§ 1 Absatz 2 Nummer 1 i.V.m. § 7 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 2<br />

Nummer 2 und § 8 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.3<br />

des Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 1 Absatz 2 Nummer 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 2 Nummer 4<br />

und § 13 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.4.3 des<br />

Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 56 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 2<br />

Nummer 5 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.4.1 des<br />

Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 91 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 2<br />

Nummer 6 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.4.2 des<br />

Runderlasses vom 24.02.2005


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Die haushaltwirtschaftlichen Unterlagen<br />

Übersicht über die Entwicklung<br />

des Eigenkapitals<br />

Übersicht über die Wirtschaftslage<br />

und die voraussichtliche Entwicklung<br />

der Unternehmen und Einrichtungen<br />

sowie der Anstalten des öffentlichen Rechts<br />

und der Sondervermögen,<br />

für die Sonderrechnungen geführt werden<br />

Übersichten<br />

mit bezirksbezogenen Haushaltsangaben<br />

(in kreisfreien Städten)<br />

GEMEINDEORDNUNG 496<br />

§ 78 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1<br />

Absatz 2 Nummer 7 und § 41 Absatz 4 Nummer<br />

1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§§ 97, 108 und 114 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz<br />

2 Nummer 8 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie weitere<br />

Rechtsvorschriften<br />

§ 37 Absatz 3 und 4 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz<br />

2 Nummer 10 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 75 „Die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinde“<br />

1.3 Die Unterzeichnung durch den Kämmerer<br />

Der Kämmerer der Gemeinde, der für das Finanzwesen in der Gemeinde zuständig ist bzw. die Finanzverantwortung<br />

in der Gemeinde innehat, hat den von ihm aufgestellten Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung mit<br />

ihren Anlagen in Form der eigenhändigen Unterschrift und unter Angabe des Datums zu unterzeichnen. Mit seiner<br />

Unterschrift erfüllt der Kämmerer eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung und dokumentiert damit seine haushaltswirtschaftliche<br />

Verantwortung. Er erbringt dadurch den Nachweis der Durchführung seiner gesetzlichen Aufgabe.<br />

Für Dritte muss dabei erkennbar und nachvollziehbar werden, dass die Unterschrift des Kämmerers sich<br />

insgesamt auf die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen bezieht.<br />

Der Kämmerer bringt mit seiner Unterschrift aber auch zum Ausdruck, dass der von ihm aufgestellte Satzungsentwurf<br />

aus seiner Finanzverantwortung heraus richtig und vollständig ist, das notwendige wirtschaftliche Handeln<br />

der Gemeinde im neuen Haushaltsjahr unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Regeln aufzeigt, sofern er<br />

dazu keine besonderen Einschränkungen macht oder besondere Hinweise gibt. Die Verpflichtung des Kämmerers<br />

zur Unterzeichnung des Entwurfs der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen beinhaltet dabei<br />

nicht, dass sämtliche Bestandteile der Haushaltssatzung sowie die Anlagen einzeln zu unterzeichnen sind. Die<br />

gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen sollte vielmehr buchtechnisch in geeigneter Weise zusammengefasst<br />

werden.<br />

1.4 Die Vorlagepflicht des Kämmerers<br />

Nach der Vorschrift hat der Kämmerer die gesetzliche Verpflichtung, den von ihm aufgestellten Entwurf der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen dem Bürgermeister zur Bestätigung vorzulegen. Vor Ort ist dazu<br />

eigenverantwortlich über die Form und den Inhalt der Vorlage zu entscheiden, sofern dabei nicht auf die Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen oder auch Anlagen zum Haushaltsplan verzichtet wird. Bei einer nicht erheblichen<br />

Unvollständigkeit der Vorlage an den Bürgermeister muss sichergestellt werden, dass die fehlenden Teile<br />

schnellstmöglich nachgereicht werden. Bei einer erheblichen Unvollständigkeit wäre ggf., soweit erfolgt, die Unterzeichnung<br />

des Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen tangiert, weil der Kämmerer damit bestätigt,<br />

dass der aufgestellte Satzungsentwurf aus seiner Finanzverantwortung heraus richtig und vollständig ist.


1.5 Die Aktualität der Haushaltsplanung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Vorschrift gibt für die Aufstellung und den Erlass der jährlichen Haushaltssatzung der Gemeinde mehrere<br />

Verfahrensschritte vor, für die bestimmte Zeitvorgaben bestehen. Bei der Festlegung des zeitlichen Ablaufes des<br />

Aufstellungsverfahrens hat die Gemeinde zu beachten, dass die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen spätestens<br />

einen Monat vor Beginn des Hausjahres bei der Aufsichtsbehörde angezeigt werden soll (vgl. Absatz 5), damit die<br />

Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr rechtzeitig in Kraft treten kann. Vor Ort können jedoch zeitliche<br />

Verzögerungen im Aufstellungsverfahren durch die Gemeinde auftreten, sodass das Beratungsverfahren und die<br />

Beschlussfassung über die Haushaltssatzung durch den Rat der Gemeinde nicht immer entsprechend den gesetzlichen<br />

Fristen abgeschlossen werden können.<br />

Beim Vorliegen solcher örtlicher Gegebenheiten entsteht die Pflicht für die Gemeinde, im Rahmen der auftretenden<br />

zeitlichen Verzögerung im Aufstellungsverfahren der Haushaltssatzung der Gemeinde die gemeindliche<br />

Haushaltsplanung zu aktualisieren. Die Gemeinde muss sich dafür die notwendigen Informationen eigenständig<br />

verschaffen und ggf. weitere Umstände berücksichtigen. Sie muss im Rahmen ihrer Haushaltsplanung zudem<br />

prüfen, ob die veranschlagten Ermächtigungen im Haushaltsplan noch im begonnenen Haushaltsjahr ausgeführt<br />

bzw. in Anspruch genommen werden können und entsprechend dem zeitlichen Stand die Haushaltspositionen<br />

der Realität anzupassen.<br />

Der Kämmerer und der Bürgermeister haben deshalb unter Beachtung des Grundsatzes der Haushaltswahrheit<br />

die Aktualität der gemeindlichen Haushaltsplanung mindestens bis zur Zuleitung des Entwurfs der Haushaltssatzung<br />

an den Rat der Gemeinde zu wahren (vgl. § 80 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Sie haben in diesem Zusammenhang<br />

zu dokumentieren, dass ihnen ggf. keine Umstände bekannt waren, die ggf. Anlass zu einer Änderung<br />

ihrer Prognoseannahmen im gemeindlichen Haushaltsplan, z. B. hinsichtlich der Höhe der geplanten Erträge und<br />

Aufwendungen, hätten sein können. In den Fällen, in denen ihnen solche Umstände nach der Zuleitung des Entwurfs<br />

der Haushaltssatzung an den Rat der Gemeinde bekannt werden, soll der Rat im Rahmen seines Beratungsverfahrens<br />

darüber informiert werden.<br />

1.6 Haushaltsplanung und Ermächtigungsübertragung<br />

Die zeitlichen Verzögerungen im Aufstellungsverfahren der gemeindlichen Haushaltssatzung, durch die das Beratungsverfahren<br />

und die Beschlussfassung im Rat der Gemeinde nicht entsprechend der gesetzlichen<br />

abgeschlossen werden können, führen dazu führen, dass sich das Aufstellungsverfahren bis in das neue Haushaltsjahr<br />

hinein erstrecken kann. In solchen Fällen muss vor Ort geklärt werden, ob bei einer noch nicht beschlossenen<br />

Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr die vorgesehenen Ermächtigungsübertragungen unmittelbar<br />

in die Beschlussfassung des Rates einbezogen werden sollen. Die zu übertragenen Ermächtigungen<br />

aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr müssen einerseits dem Rat der Gemeinde zur Kenntnis gegeben werden<br />

(vgl. § 22 Absatz 4 Satz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>) und andererseits erhöhen diese unmittelbar die entsprechenden Positionen<br />

im Haushaltsplan des neuen Haushaltsjahres (vgl. § 22 Absatz 1 Satz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Es dürfte daher in solchen Fällen sachgerecht sein, die vorgesehenen Ermächtigungsübertragungen unmittelbar<br />

als Veränderungen in den Entwurf der Haushaltssatzung bzw. Haushaltsplan einzubeziehen und nicht zwei<br />

Haushaltsverfahren mit gegenseitigen Wirkungen nebeneinander zu betreiben. Das Zusammenführen der Ermächtigungsübertragung<br />

mit dem gleichzeitig laufenden Haushaltsaufstellungsverfahren bringt die notwendige<br />

Transparenz über die Fortsetzung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

und sichert gleichzeitig den Gesamtüberblick für den Rat der Gemeinde m Rahmen seines Budgetrechtes in<br />

Bezug auf die Haushaltswirtschaft des Folgejahres bzw. des bereits begonnenen Haushaltsjahres.<br />

GEMEINDEORDNUNG 497


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

2. Zu Absatz 2 (Entwurf der Haushaltssatzung und Aufgaben des Bürgermeisters):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Bestätigung und Zuleitung an den Rat):<br />

2.1.1 Die Bestätigung durch den Bürgermeister<br />

Der Bürgermeister hat den ihm vom Kämmerer vorgelegten Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung mit<br />

ihren Anlagen zu bestätigen. Für diese Bestätigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie erfolgt i.d.R.<br />

durch eine Unterzeichnung des Entwurfs in Form einer eigenhändigen Unterschrift des Bürgermeisters unter<br />

Angabe des Datums. Die Unterzeichnung stellt dabei eine Vollständigkeitserklärung des Bürgermeisters dahingehend<br />

dar, dass der Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung alle Bestandteile und Anlagen enthält, die dafür<br />

vorgeschrieben bzw. aus örtlichen Gründen heraus notwendig sind. Mit seiner Unterschrift dokumentiert der Bürgermeister<br />

ausreichend seine haushaltswirtschaftliche Verantwortung als Nachweis im Sinne der Vorschrift. Es<br />

wird damit aber auch nachgewiesen, inwieweit der Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung fristgerecht<br />

aufgestellt worden ist.<br />

Die Verpflichtung zur Unterzeichnung des Entwurfs beinhaltet dabei nicht, dass der Bürgermeister sämtliche<br />

Bestandteile und Anlagen der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen einzeln zu unterzeichnen hat.<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung ist vielmehr buchtechnisch zusammenzufassen, damit erkennbar und nachvollziehbar<br />

wird, dass die Unterschrift des Bürgermeisters sich auf die Gesamtheit aller Teile bezieht. Soweit der<br />

Bürgermeister seine gesetzliche Pflicht aus persönlichen Gründen nicht wahrnehmen kann, ist in einem solchen<br />

Falle die Bestätigung des Entwurfs der Haushaltssatzung unter Beachtung der geltenden Vertretungsregelungen<br />

durch den dann Vertretungsberechtigten vorzunehmen (vgl. § 68 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.2 Das Änderungsrecht des Bürgermeisters<br />

Der Bürgermeister ist im Rahmen seiner Bestätigung des Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen nicht<br />

verpflichtet, den Entwurf des Kämmerers unverändert zu übernehmen bzw. dem Rat zuzuleiten. Wenn aus seiner<br />

Sicht ein Bedarf für Änderungen des Entwurfs der Haushaltssatzung besteht, kann er eigenverantwortlich entscheiden,<br />

ob diese Änderungen vorgenommen werden sollen. Er kann zu dem Entwurf aber auch Einschränkungen<br />

machen oder weitere Hinweise geben. Eine Abstimmung mit dem Kämmerer ist sinnvoll und sachgerecht,<br />

aber nicht verpflichtend.<br />

Die Vornahme der Bestätigung des Entwurfs der Haushaltssatzung stellt zudem eine funktionale und keine persönliche<br />

Rechtshandlung des Bürgermeisters der Gemeinde dar. Sie kommt dadurch zum Ausdruck, dass dieser<br />

den ihm vorgelegten Entwurf zu unterzeichnen hat. Der Bürgermeister erfüllt mit seiner Bestätigung eine öffentlich-rechtliche<br />

Verpflichtung und bringt damit zum Ausdruck, dass der Entwurf aus seiner Verantwortung heraus<br />

richtig und vollständig ist, sofern er dazu keine besonderen Einschränkungen macht oder Hinweise gibt.<br />

2.1.3 Die Informationspflichten des Bürgermeisters<br />

Der Bürgermeister hat das Recht, vom dem ihm vom Kämmerer vorgelegten Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen abzuweichen, bevor er den Entwurf dem Rat der Gemeinde zur Beschlussfassung<br />

zuleitet. Sofern der Bürgermeister von dem Entwurf abweicht, hat er vor der Zuleitung des Entwurfs an den Rat<br />

der Gemeinde den Kämmerer über seine abweichende Auffassung in der Sache zu informieren und ihm die sich<br />

daraus ergebenden oder bereits von ihm vorgenommenen Änderungen des Entwurfs offen zu legen. Dem Kämmerer<br />

steht in diesem Falle das Recht zu, eine Stellungnahme zu dem durch den Bürgermeister geänderten Entwurf<br />

der Haushaltssatzung oder seinen Hinweisen abzugeben.<br />

GEMEINDEORDNUNG 498


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Befugnis des Bürgermeisters, Änderungen an dem ihm vom Kämmerer vorgelegten Entwurf der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung vornehmen zu dürfen, geht jedoch nicht so weit, dass er wegen des möglicherweise weitreichenden<br />

Umfangs seiner für notwendig angesehenen Änderungen eigenständig einen neuen Entwurf der ge-<br />

meindlichen Haushaltssatzung aufstellen darf oder den Kämmerer mit der Aufstellung eines neuen Entwurfs beauftragen<br />

kann, denn das Recht zur Aufstellung des Entwurfs der Haushaltssatzung der Gemeinde steht gesetzlich<br />

nur dem Kämmerer und nicht dem Bürgermeister zu. In den Fällen, in denen wegen der Änderungen der<br />

Entwurfsfassung durch den Bürgermeister aber noch Differenzen zwischen dem Kämmerer und dem Bürgermeister<br />

bestehen bleiben, sind diese im Rahmen der Beratungen des Rates über den Entwurf der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung auszuräumen.<br />

2.1.4 Die Zuleitung an den Rat<br />

Nach der Vorschrift hat der Bürgermeister den von ihm bestätigten Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen dem Rat der Gemeinde zuzuleiten. Der Adressat der Vorlage ist damit der Rat als Kollegialorgan,<br />

das seine Beschlüsse in Sitzungen fasst (Sitzungsprinzip) und nicht das einzelne Ratsmitglied. Die Zuleitung<br />

des bestätigten Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen an den Rat der Gemeinde wird in der gemeindlichen<br />

Praxis i.d.R. dadurch vollzogen, dass durch den Bürgermeister ein entsprechender Tagesordnungspunkt<br />

auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Rates gesetzt wird, denn er hat den Rat einzuberufen (vgl. § 47<br />

Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>) und die Tagesordnung der Ratssitzungen in eigener Verantwortung festzulegen (vgl. §<br />

48 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesem Zusammenhang muss der Bürgermeister sicherstellen, dass der Rat der Gemeinde auch über die<br />

Stellungnahme des Kämmerers verfügt, wenn der Kämmerer von dem ihm gesetzlich eingeräumten Recht Gebrauch<br />

gemacht hat, eine „abweichende Stellungnahme“ zu dem vom Bürgermeister bestätigten Entwurf der<br />

Haushaltssatzung abzugeben. In der betreffenden Ratssitzung besteht dann für Bürgermeister und auch für den<br />

Kämmerer ein Rederecht, sodass die für das neue Haushaltsjahr geplante Hauswirtschaft der Gemeinde mit<br />

Ausblick auf die weiteren drei Planungsjahre sowie die damit verbundenen Ziele, aber auch die Chancen und<br />

Risiken für die Gemeinde, vorgestellt werden. Dabei können beim Vorliegen der Stellungnahme des Kämmerers<br />

ggf. auch Meinungsverschiedenheiten in der betreffenden Ratssitzung aufgezeigt werden.<br />

Im Rahmen der beschlussfähigen Zusammenkunft des Rates (Sitzung) kann dann die Zuleitung des Entwurfs der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung als erfolgt betrachtet werden. Für die weiteren Beratungen bzw. die Verweisung<br />

an die zuständigen Ausschüsse ist es dann wichtig, dass jedes Ratsmitglied über ausreichende Beratungsunterlagen<br />

über die geplante gemeindliche Haushaltswirtschaft für das Haushaltsjahr verfügen kann. Es muss daher<br />

bereits bei der Zuleitung des Entwurfs der gemeindlichen Haushaltssatzung an den Rat der Gemeinde gewährleistet<br />

werden, dass der Rat sachgerecht einen Beschluss über den ihm vorgelegten Entwurf der Haushaltssatzung<br />

fassen kann.<br />

Die Beschlussfassung über die gemeindliche Haushaltssatzung ist dann nur als ordnungsgemäß zustande gekommen<br />

zu betrachten, wenn der Finanzausschuss zuvor beteiligt worden ist. Dieser Ausschuss hat die gesetzliche<br />

Aufgabe, die gemeindliche Haushaltssatzung vorzubereiten und die für die Ausführung des Haushaltsplans<br />

der Gemeinde erforderlichen Entscheidungen zu treffen (vgl. § 59 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Eine Nichtbeteiligung<br />

dieses Ausschusses des Rates führt daher zur Rechtswidrigkeit der Haushaltssatzung. Durch ein Wiedereinsetzen<br />

des Verfahrens mit der Durchführung der Beteiligung des Ausschusses bzw. der Nachholung der Beteiligung<br />

kann ein ordnungsmäßiger Zustand wieder hergestellt werden. Sofern dabei seitens des Finanzausschusses ggf.<br />

Änderungswünsche beschlossen werden, bedarf es auch einer neuen Beschlussfassung des Rates über die<br />

Haushaltssatzung. In den anderen Fällen sollte der Rat über das Beratungsergebnis des Finanzausschusses<br />

unterrichtet werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 499


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

2.2 Zu Satz 2 (Recht des Kämmerers zur Stellungnahme):<br />

Nach der Vorschrift kann der Kämmerer eine Stellungnahme abgeben, wenn der Bürgermeister im Rahmen seiner<br />

Bestätigung des Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen an dem ihm vom Kämmerer vorgelegten<br />

Entwurf Änderungen vornimmt oder besondere Hinweise gibt. In diesen Fällen kann der Kämmerer die notwendige<br />

Aufklärung über die vom Bürgermeister vorgenommenen Abweichungen verlangen, um von seinem ihm gesetzlich<br />

zustehenden Recht, eine Stellungnahme dazu abgeben zu können, Gebrauch machen zu können. Der<br />

Bürgermeister hat daher vor der Zuleitung des Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen an den Rat der<br />

Gemeinde die Pflicht, den Kämmerer über seine abweichende Auffassung zu informieren, ihm die sich daraus<br />

ergebenden oder bereits von ihm vorgenommenen Änderungen des Entwurfs der Haushaltssatzung offen zu<br />

legen und Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme zu geben.<br />

2.3 Zu Satz 3 (Vorlage der Stellungnahme an den Rat):<br />

Nach der Vorschrift besteht für den Bürgermeister die Pflicht, eine Stellungnahme des Kämmerers zu dem von<br />

ihm bestätigten Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung dem Rat der Gemeinde zuzuleiten. Aus dieser<br />

Verpflichtung des Bürgermeisters ergibt sich, dass der Kämmerer seine Stellungnahme schriftlich abzugeben hat.<br />

Den Ratsmitgliedern wird damit die Möglichkeit verschafft, sich vor Eintritt in die Beratungen über den Entwurf der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung auch mit der Auffassung des Kämmerers der Gemeinde zur geplanten Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde befassen zu können, die Argumente des Kämmerers und die des Bürgermeisters<br />

zu werten und sich dazu eine eigene Meinung zu bilden.<br />

Es bedarf daher einer Information an den Rat der Gemeinde, wenn der Kämmerer zu dem vom Bürgermeister<br />

bestätigten Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung eine Stellungnahme abgegeben hat. Die Stellungnahme<br />

des Kämmerers ist dabei jedoch nicht als Bestandteil des Entwurfs der Haushaltssatzung zu bewerten, sodass<br />

die abgegebene Stellungnahme nicht im Rahmen der Einsichtnahme des Entwurfs der Haushaltssatzung verfügbar<br />

gehalten werden muss. Die Stellungnahme des Kämmerers berührt vielmehr lediglich das verwaltungsinterne<br />

Aufstellungsverfahren des Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen. Es ist daher ausreichend, wenn der<br />

Rat in seinem Beratungsverfahren über die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen auch über die<br />

Auffassung des Kämmerers zur Haushaltssatzung informiert ist.<br />

3. Zu Absatz 3 (Bürgerbeteiligung beim Entwurf der Haushaltssatzung):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Bekanntgabe und Einsichtnahme):<br />

3.1.1 Die Bekanntgabe<br />

Mit der Vorschrift soll ein bürgerfreundliches Verfahren für die Aufstellung des gemeindlichen Haushalts erreicht<br />

werden. Die Bürgerinnen und Bürger sind einerseits als Einwohner und Abgabepflichtige die Adressaten des<br />

haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde und sollen andererseits die Arbeit von Rat und Verwaltung der<br />

Gemeinde unterstützen. Es besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an Informationen l<br />

über die aktuelle wirtschaftliche Lage der Gemeinde als auch über die vorgenommene Haushaltsplanung für das<br />

Haushaltsjahr. Für die gemeindliche Verwaltung besteht ein Interesse an einer geeigneten Bürgerbeteiligung,<br />

denn es sind die haushaltswirtschaftlichen Ziele und Leistungen zu bestimmen und insbesondere zu messen<br />

sowie die Wirkungen des Handelns der Gemeinde zu beurteilen. Die Bürgerbeteiligung kann daher zur Verbesserung<br />

der Qualität der gemeindlichen Haushaltsplanung in Bezug auf die örtlich geplanten Maßnahmen beitragen.<br />

Die Bürgerinnen und Bürger werden deshalb bereits im Rahmen des Aufstellungsverfahrens der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung in das örtliche Haushaltsgeschehen der Gemeinde eingebunden. Das jährliche Haushaltsge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 500


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

schehen der Gemeinde sollen möglichst von vielen Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde mitgetragen werden,<br />

denn diese nehmen die Leistungen der Gemeinde in Anspruch und nutzen die gemeindlichen Einrichtungen.<br />

Aufseiten vieler Bürgerinnen und Bürger besteht daher ein großes und berechtigtes Informationsinteresse am<br />

gemeindlichen Geschehen. Diesen Gegebenheiten soll örtlich durch ein umfassendes, verständliches und zugängliches<br />

Informationsangebot in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden. Die Gemeinde hat einerseits<br />

gegenüber den Bürgerinnen und Bürger die allgemeine gesetzliche Verpflichtung, ihr Vermögen und ihre<br />

Einkünfte so zu verwalten, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben (vgl. § 10 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>) und andererseits<br />

hat sie das Wohl ihrer Einwohner zu fördern (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.1.2 Die Bekanntgabe<br />

Die Vorschrift sieht deshalb ausdrücklich vor, das nach der Zuleitung des Entwurfs der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen an den Rat, das Bestehen eines Entwurfs der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr<br />

unverzüglich der Öffentlichkeit bekannt zu geben ist. Die gesetzlich vorgesehene Bürgerbeteiligung erfordert von<br />

der Gemeinde, die Einsichtnahme in den Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen, insbesondere<br />

den Haushaltsplan der Gemeinde, in sachlicher und zeitlicher Hinsicht leicht zu machen. Daraus folgt<br />

u.a., dass z.B. der gemeindliche Haushaltsplan auch verständliche und anschauliche Informationen über die<br />

geplante Haushaltswirtschaft der Gemeinde im neuen Haushaltsjahr enthalten muss.<br />

In diesem Zusammenhang bieten sich ggf. auch besondere Hinweise durch die Gemeinde an, wenn z. B. gemeindliche<br />

Investitionsmaßnahmen geplant oder abgeschlossen werden, bei denen eine Beitragspflicht nach § 8<br />

KAG <strong>NRW</strong> im Haushaltsjahr entstehen wird und von der Gemeinde von den von der Maßnahme betroffenen<br />

Bürgern nach dieser Vorschrift Beiträge erhoben werden sollen, auch wenn den betroffenen Bürgern noch weitere<br />

Informationen vor ihrer Heranziehung gegeben werden.<br />

3.1.3 Die Einsichtnahme<br />

Der Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen für das neue Haushaltsjahr soll vom Zeitpunkt<br />

der Zuleitung an den Rat bis zur Beschlussfassung über die Haushaltssatzung, also während des gesamten<br />

Beratungsverfahrens des Rates, den Einwohnern und Abgabepflichtigen der Gemeinde zur Einsichtnahme<br />

verfügbar gemacht werden. Dieser Personenkreis kann sich in dieser Zeit mit den im Entwurf enthaltenen Vorstellungen<br />

der gemeindlichen Verwaltung über die geplante Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres sowie über die<br />

zukünftige Entwicklung ihrer Gemeinde intensiv auseinandersetzen, dazu Vorschläge machen und ggf. dagegen<br />

auch Einwendungen in einer dafür vorher bestimmten Zeit erheben. Das Informationserfordernis verlangt dabei<br />

nicht, dass eine dem Beratungsverfahren des Rates entsprechende ständige Aktualisierung des Entwurfs, der zur<br />

Einsichtnahme verfügbar gemacht worden ist, vorgenommen werden muss.<br />

Die rechtlichen Festlegungen bilden dabei den Rahmen für das Handeln der Gemeinde, den sie selbstständig<br />

und eigenverantwortlich auszufüllen hat. Sie hat das Recht bzw. ihr obliegt die Pflicht, unter Berücksichtigung der<br />

Interessen und Möglichkeiten der Adressaten ihrer Haushaltswirtschaft die Formen und Orte der Einsichtnahme<br />

in die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen festzulegen. Die Gemeinde soll dabei auch dafür ausreichend Sorge<br />

tragen, dass die notwendige Transparenz über ihr geplantes haushaltswirtschaftliches Handeln geschaffen und<br />

eine Verständlichkeit in der Sache geboten wird.<br />

Den Einwohnern und Abgabepflichtigen muss es in diesem Rahmen ermöglicht werden, auch Erkenntnisse zu<br />

gewinnen und daraufhin Bedenken vortragen zu können, wenn diese persönlich oder allgemein von den Wirkungen<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft des neuen Haushaltsjahres betroffen sein können. Die Gemeinde<br />

kann bei ihrer Präsentation auch eigenverantwortlich sachgerechte Prioritäten setzen und ausgewählte An-<br />

GEMEINDEORDNUNG 501


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

sprechpartner benennen, soweit sie bereit ist, auf Nachfragen auch weitergehende Informationen zu ihrer Haushaltswirtschaft<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

Die Gemeinde muss zudem dafür Sorge tragen, dass die bereitgestellten haushaltswirtschaftlichen Informationen<br />

barrierefrei verfügbar sind und der Zugang dazu nicht eingeschränkt ist, sodass z. B. für Menschen mit Behinderungen<br />

ggf. Hindernisse für ihre Teilhabe am haushaltswirtschaftlichen Geschehen bzw. an den Entscheidungsprozessen<br />

der Gemeinde dazu bestehen (vgl. z.B.: Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung Nordrhein-<br />

Westfalen - BITV <strong>NRW</strong>). Außerdem darf die gesetzliche Frist nicht so ausgestaltet werden, dass diese auf ein<br />

unvertretbares Maß reduziert ist und dadurch dem Zweck der Beteiligung der Öffentlichkeit an der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft entgegen gewirkt wird.<br />

3.1.4 Frühzeitige Beteiligung<br />

Die Auslegung des Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen durch die Gemeinde muss nicht zwingend<br />

auch den Beginn der Beteiligung der Bürger bzw. Einwohner und Abgabepflichtigen am gemeindlichen Haushaltsaufstellungsverfahren<br />

bedeuten. Deren Einbindung kann vielmehr bereits früher beginnen, wenn z. B. seitens<br />

des Rates oder der gemeindlichen Verwaltung wichtige haushaltswirtschaftliche Eckpunkte für das neue<br />

Haushaltsjahr festlegt worden sind.<br />

Durch eine Information an die Bürger über diese Festlegungen wird frühzeitig eine Transparenz über den Haushalt<br />

für das neue Haushaltsjahr geschaffen und dessen Akzeptanz gefördert. Eine solche Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

der Gemeinde führt jedoch nicht dazu, dass die Gemeinde auf die gesetzlich vorgesehene Auslegung der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung verzichten darf. Sie darf auch nicht aus dem Grunde der frühzeitig gegebenen<br />

Informationen die von Einwohnern und Abgabepflichtigen erhobenen Einwendungen infrage stellen.<br />

3.2 Zu Satz 2 (Erhebung von Einwendungen):<br />

3.2.1 Das Recht zur Erhebung von Einwendungen<br />

Bei der Auslegung des Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen hat grundsätzlich jedermann das Recht<br />

zur Einsichtnahme. Es ist auch niemanden verwehrt, seine Meinung zur Haushaltsplanung der Gemeinde in Form<br />

von Bedenken, Änderungswünschen und Anregungen mitzuteilen oder Einwendungen gegen den Entwurf der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen zu erheben. Dieses gebietet bereits die gewünschte Bürgerfreundlichkeit<br />

der gemeindlichen Verwaltung sowie das vorhandene Informationsinteresse der Adressaten der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Das Recht zur Erhebung von Einwendungen wird aber in der Vorschrift ausdrücklich<br />

den Einwohnern und Abgabepflichtigen zugestanden, weil diese unmittelbar im Rahmen der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft davon betroffen sind.<br />

3.2.2 Die Einwendungsfrist<br />

Der Rat der Gemeinde muss rechtzeitig vor seinem Beschluss über die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren<br />

Anlagen über die erhobenen Einwendungen informiert werden, damit er später in öffentlicher Sitzung darüber<br />

beraten und entscheiden kann. Deshalb wird in der Vorschrift bestimmt, dass in der öffentlichen Bekanntgabe des<br />

Entwurfs der Haushaltssatzung mindestens auf eine Einwendungsfrist von 14 Tagen hinzuweisen ist. Für die<br />

Fristberechnung gelten gemäß § 31 Absatz 1 VwVfG <strong>NRW</strong> die §§ 187 bis 193 BGB entsprechend, soweit nicht<br />

durch § 31 Absatz 2 bis 5 VwVfG <strong>NRW</strong> etwas anderes bestimmt ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 502


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Rat der Gemeinde kann aber auch bei Bedarf eine längere Einwendungsfrist zu lassen. In diesen Zusammenhang<br />

gebietet das bürgerfreundliche Verhalten, ggf. auch Einwendungen zu berücksichtigen bzw. dem Rat<br />

mit vorzulegen, die nicht fristgerecht eingelegt worden sind. Dieses sollte auch für Einwendungen gelten, die nicht<br />

von den Einwohnern oder Abgabepflichtigen erhoben wurden. Es bleibt in diesen Fällen aber dem Rat der Gemeinde<br />

überlassen, ob er solche Einwendungen in seine Beratungen einbeziehen will. In solchen Fällen ist daher<br />

eine entsprechende vorherige Absprache zwischen dem Rat der Gemeinde und dem Bürgermeister als Leiter der<br />

gemeindlichen Verwaltung sinnvoll, mit der Klarheit geschaffen werden kann, wie mit solchen Einwendungen<br />

umgegangen werden soll.<br />

3.2.3 Die Abgabe der Einwendungen<br />

In der Vorschrift wird zur Abgabe der Einwendungen der Einwohner und Abgabepflichtigen bestimmt, dass in der<br />

öffentlichen Bekanntgabe des Entwurfs der Haushaltssatzung die Stelle anzugeben ist, bei der die Einwohner und<br />

Abgabepflichtigen ihre Einwendungen gegen den Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung entgegen genommen<br />

werden. Diese Regelung soll dazu beitragen, dass die erhobenen Einwendungen gesammelt und bewertet<br />

werden können. Der Rat der Gemeinde soll rechtzeitig vor seinem Beschluss über die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

über die erhobenen Einwendungen informiert werden, damit er in öffentlicher Sitzung darüber beraten<br />

und entscheiden kann.<br />

3.3 Zu Satz 3 (Bedingungen für die Fristsetzung):<br />

3.3.1 Der gesetzliche Rahmen<br />

In der Vorschrift ist ausdrücklich bestimmt worden, dass die Frist für die Erhebung von Einwendungen von der<br />

Gemeinde so festzusetzen ist, dass der Rat vor der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen<br />

in öffentlicher Sitzung darüber beschließen kann. Mit dieser Regelung wird eine ausreichende Bürgerinformation<br />

und eine Bürgerbeteiligung im Rahmen der Haushaltsplanung der Gemeinde, aber auch eine Befassung des<br />

Rates mit den Ergebnissen der Bürgerbeteiligung gesichert.<br />

3.3.2 Beratung und Information des Rates<br />

Die Einbeziehung aller Einwendungen in die Beratungen stärkt den Dialog zwischen den Bürgern und der gemeindlichen<br />

Verwaltung und erhöht die Akzeptanz für die gemeindliche Haushaltswirtschaft. Der Rat der Gemeinde<br />

hat sich zwar regelmäßig nur mit den „qualifizierten“ Einwendungen der Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

gegen die gemeindliche Haushaltssatzung zu befassen, jedoch bietet es sich an, auch die anderen Einwendungen,<br />

soweit sie sinnvolle Anregungen zur Haushaltssatzung mit ihren Anlagen zum Inhalt haben, dem Rat für<br />

seine Beratungen über die Haushaltssatzung zur Kenntnis zu bringen.<br />

Im Rahmen einer Absprache zwischen dem Rat der Gemeinde und dem Bürgermeister als Leiter der gemeindlichen<br />

Verwaltung kann der Beratungsablauf örtlich festgelegt werden. In den Fällen, in denen zum Tagesordnungspunkt<br />

„Beschluss über die Haushaltssatzung“ z. B. auch Haushaltsreden des Bürgermeisters und/oder des<br />

Kämmerers gehören, bietet es sich an die Beratungen über die gemachten Einwendungen sowie über die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung unter einem Tagesordnungspunkt, ggf. getrennt in zwei eigene Teile, zu führen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 503


3.3.3 Die Beschlussfassung des Rates<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Zum Zeitpunkt der Ratsberatungen über die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen für das Haushaltsjahr<br />

beziehen sich die Haushaltsreden von Bürgermeister und Kämmerer regelmäßig auf einen ggf. aktualisierten<br />

Stand der gemeindlichen Haushaltssatzung, in den möglicherweise auch von Einwohnern oder Abgabepflichtigen<br />

gemachte Einwendungen bereits berücksichtigt worden sind. Entsprechend sind die vom Rat vorzunehmenden<br />

Beschlüsse zu organisieren, sodass der Rat nach seiner Entscheidung über die Einwendungen zur neuen Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde dann über die Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr beschließen kann.<br />

4. Zu Absatz 4 (Beratung und Beschluss über die Haushaltssatzung):<br />

4.1 Zu Satz 1 (Pflicht zur Beratung und Beschlussfassung):<br />

4.1.1 Die zeitlichen Bedingungen für die Beschlussfassung<br />

Mit der Beschlussfassung des Rates über die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen steht die Anzeigefrist<br />

in Absatz 5 Satz 2 dieser Vorschrift in Verbindung. Die gesetzlich bestimmte Frist soll u.a. auch das<br />

Budgetrecht des Rates in der Weise sichern, dass dieser über einen gemeindlichen Haushalt beschließen kann,<br />

der sich noch nicht in der Ausführung bzw. der vorläufigen Ausführung nach § 82 GO <strong>NRW</strong> durch die gemeindliche<br />

Verwaltung befindet. Je weiter die Beschlussfassung über die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen<br />

in das neue Haushaltsjahr hinausgeschoben wird, desto mehr muss der Rat hinnehmen, dass die gemeindliche<br />

Verwaltung wegen bestehender rechtlicher Verpflichtungen oder wegen der Weiterführung notwendiger<br />

Aufgaben der Gemeinde bereits eine Vielzahl von haushaltswirtschaftlichen Maßnahmen umgesetzt hat. Diese<br />

verwaltungsmäßig bereits getroffenen Maßnahmen kann der Rat im Rahmen seines zu treffenden Beschlusses<br />

über die gemeindliche Haushaltsatzung i.d.R. nicht mehr rückwirkend abändern (Entscheidungsentzug).<br />

4.1.2 Das Vorgehen bei einem Änderungsbedarf<br />

Aus der Beratung des Rates der Gemeinde über den Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung kann sich ggf.<br />

noch ein Änderungsbedarf der Haushaltssatzung und/oder des Haushaltsplans ergeben. In solchen Fällen ist<br />

nicht immer eine vollständige Überarbeitung der dem Rat vorliegenden haushaltswirtschaftlichen Unterlagen<br />

zwingend erforderlich, denn die Änderungswünsche können auch alleine auf den gemeindlichen Haushaltplan<br />

ausgerichtet sein (vgl. Abbildung).<br />

ÄNDERUNGSBEDARF<br />

Bei der<br />

Haushaltssatzung<br />

und beim<br />

Haushaltsplan<br />

Der Änderungsbedarf beim Entwurf der Haushaltssatzung<br />

GEMEINDEORDNUNG 504<br />

INHALTLICHE ABGRENZUNG<br />

Der Änderungsbedarf erstreckt sich inhaltlich auf Festsetzungen in<br />

der Haushaltssatzung, z. B. die Kreditermächtigung, und auf die<br />

Veranschlagung im Haushaltsplan (vgl. §§ 78 und 79 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Satzung bedarf dann einer entsprechenden Überarbeitung und<br />

Neufassung, bevor der Rat darüber beschließen kann. Der vor der<br />

Beschlussfassung vorzunehmende Änderungsumfang des Haushaltsplans<br />

kann sachgerecht auf die Änderungserfordernisse<br />

beschränkt werden, die von ihrer Wertigkeit und Wesentlichkeit her<br />

bedeutsam für die Entscheidung des Rates sind und/oder wesentliche<br />

Auswirkungen auf die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

im Haushaltsjahr haben.


ÄNDERUNGSBEDARF<br />

Nur bei<br />

der Haushaltssatzung<br />

Nur beim<br />

Haushaltsplan<br />

Beim Haushaltsplan<br />

mit wesentlichen<br />

Wirkungen auf die<br />

Haushaltsausführung<br />

Beim Haushaltsplan,<br />

aber unwesentlich<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Änderungsbedarf beim Entwurf der Haushaltssatzung<br />

GEMEINDEORDNUNG 505<br />

INHALTLICHE ABGRENZUNG<br />

Der Änderungsbedarf erstreckt sich inhaltlich allein auf die Festsetzungen<br />

in der Haushaltssatzung, z.B. zum Stellenplan oder<br />

Haushaltssicherungskonzept (vgl. § 78 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Satzung bedarf dann einer entsprechenden Überarbeitung und<br />

Neufassung, bevor der Rat darüber beschließen kann.<br />

Der Änderungsbedarf erstreckt sich inhaltlich auf die Veranschlagung<br />

im Haushaltsplan (vgl. § 79 GO <strong>NRW</strong>). Die vor der Beschlussfassung<br />

vorzunehmenden Änderungen können sachgerecht<br />

auf die Änderungserfordernisse beschränkt werden, die von<br />

ihrer Wertigkeit und Wesentlichkeit her bedeutsam für die Entscheidung<br />

des Rates sind und/oder wesentliche Auswirkungen auf<br />

die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr<br />

haben.<br />

Der Änderungsbedarf erstreckt sich inhaltlich auf die Veranschlagung<br />

im Haushaltsplan und hat von seiner Wertigkeit und Wesentlichkeit<br />

her bedeutsame Auswirkungen auf die Haushaltsausführung.<br />

In Abstimmung mit dem Rat muss geklärt werden, in welcher<br />

Form die vorzunehmenden Änderungen in die Beschlussfassung<br />

des Rates über die Haushaltssatzung einbezogen werden, z.B.<br />

durch die Vornahme von Änderungen in bestimmten Teilen des<br />

Haushaltsplans oder durch die Beifügung einer Änderungsübersicht.<br />

Der Änderungsbedarf erstreckt sich inhaltlich auf die Veranschlagung<br />

im Haushaltsplan und hat von seiner Wertigkeit und Wesentlichkeit<br />

her keine bedeutsamen Auswirkungen auf die Haushaltsausführung.<br />

Durch eine Änderungsübersicht kann der Änderungsbedarf<br />

in die Beschlussfassung des Rates über die Haushaltssatzung<br />

einbezogen werden.<br />

Abbildung 76 „Der Änderungsbedarf beim Entwurf der Haushaltssatzung“<br />

In den Fällen von Änderungserfordernissen wird durch die Einbeziehung möglicher Änderungen in den Beschluss<br />

des Rates über die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen der dem Rat zugeleitete Entwurf entsprechend geändert.<br />

Bei der Festlegung des weiteren Vorgehens ist der Umfang, der Wertigkeit und Wesentlichkeit sowie die Auswirkungen<br />

der vorgeschlagenen Änderungen auf die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr<br />

abhängig. Lässt sich der Änderungsbedarf klar und eindeutig bestimmen, kann es als ausreichend angesehen<br />

werden, wenn im Ratsbeschluss über die gemeindliche Haushaltssatzung eine oder mehrere Maßgaben<br />

für die Vornahme der Änderungen, z. B. im Haushaltsplan, enthalten sind.<br />

Die beschlossenen Änderungen sind dann unverzüglich nach der Beschlussfassung durch den Rat in den vorliegenden<br />

Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen einzuarbeiten. In solchen Fällen entsteht<br />

ein Auftrag des Rates der Gemeinde an den Bürgermeister und ihm obliegt es dann, für die Erledigung dieses<br />

Auftrages Sorge zu tragen und die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen in die vom Rat beschlossene<br />

Form zu bringen.<br />

4.1.3 Die Rückgabe des Entwurfs<br />

In Ausnahmefällen kann der Rat der Gemeinde wegen eines möglicherweise umfangreichen sachlichen Änderungsbedarfs<br />

und der dazu notwendig gewordenen Nachvollziehbarkeit eine Überarbeitung des Entwurfs der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung durch den Bürgermeister vor seiner Beschlussfassung verlangen. Ein solches


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Vorgehen setzt aber voraus, dass der Änderungsbedarf inhaltlich soweit wie möglich konkret abgegrenzt und<br />

dazu begründet wird, warum der Entwurf der Haushaltssatzung für den Rat nicht tragfähig ist. Die Rückgabe des<br />

Entwurfs der Haushaltssatzung an den Bürgermeister bedarf einer gesonderten Beschlussfassung durch den Rat.<br />

Der Rat erteilt damit einen Arbeitsauftrag an den Bürgermeister, ohne dass dadurch die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen selbst vom Rat beschlossen wird.<br />

Dieser Ratsbeschluss ist dann vom Bürgermeister auszuführen (vgl. § 62 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Der Arbeitsauftrag<br />

zur Überarbeitung der gemeindlichen Haushaltssatzung darf dabei jedoch nicht so allgemein gefasst sein, dass<br />

es vollständig im Ermessen des Bürgermeisters liegt, welche Änderungen an dem Entwurf der Haushaltssatzung<br />

vorgenommen werden. Im Rahmen seines Vorsitzes sowie seines Stimmrechts im Rat sollte der Bürgermeister<br />

deshalb dafür Sorge tragen, dass der Beschluss des Rates ausgewählte Eckpunkte oder sonstige Anhaltspunkte<br />

enthält, die als Leitlinie oder Orientierung für die Überarbeitung des Entwurfs genutzt werden können.<br />

Im Rahmen dieser Überarbeitung hat der Bürgermeister den neuen Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

nicht wie zuvor den vom Kämmerer aufgestellten Entwurf zu bestätigen. Er muss aber im Rahmen seines Arbeitsauftrages<br />

beachten, dass die Veränderungen des Entwurfs zu geeigneten haushaltswirtschaftlichen Maßnahmen<br />

zur Aufgabenerfüllung im Haushaltsjahr führen müssen. Eine Mitwirkung des Kämmerers an dieser<br />

Überarbeitung ist sinnvoll und sachgerecht, aber nicht verpflichtend vorgesehen. Der Bürgermeister sollte im<br />

Zusammenhang mit dem Arbeitsauftrag des Rates auch prüfen, ob der Ratsbeschluss das geltende Recht verletzt<br />

oder das Wohl der Gemeinde gefährdet, denn das Inkrafttreten der Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr<br />

wird dadurch weiter hinausgezögert (vgl. § 54 Absatz 1 und 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In Abhängigkeit von der Erheblichkeit und Wesentlichkeit auf die Haushaltswirtschaft muss zudem ausreichende<br />

eine Information der Öffentlichkeit gewährleistet werden, sodass ggf. seitens der Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

auch Einwendungen gegen eine neue Fassung des Entwurfs erhoben werden können. Die Überarbeitung<br />

sollte nicht unnötig hinausgezögert werden, um die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr<br />

baldmöglichst auf die gesetzliche vorgesehene Grundlage zu stellen. Nach der Überarbeitung durch den<br />

Bürgermeister liegt dann eine Fassung des Entwurfs der gemeindlichen Haushaltssatzung vor, die zum Gegenstand<br />

der Beschlussfassung durch den Rat der Gemeinde gemacht werden kann.<br />

4.1.4 Die Mitwirkung des Bürgermeisters<br />

Für die Mitwirkung des Bürgermeisters am Beschluss des Rates der Gemeinde über die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen ist örtlich zu beurteilen, ob diese Mitwirkung sachlich geboten ist. Einerseits ist die<br />

Vorschrift des § 40 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> zu beachten, nach der der Bürgermeister ein Mitglied im Rat der Gemeinde<br />

kraft Gesetzes ist und ihm ein Stimmrecht zusteht. Andererseits schränkt die Vorschrift die Rechte des Bürgermeisters<br />

nur für den Fall wieder ein, dass die Ratsmitglieder über seine Entlastung entscheiden, denn in der<br />

Sache gilt er dann als befangen. Durch die Vorschrift wird daher der Bürgermeister nicht ausdrücklich von der<br />

Teilnahme an der Abstimmung über die gemeindliche Haushaltssatzung ausgeschlossen.<br />

In der Ratsangelegenheit „Beschluss über die gemeindliche Haushaltssatzung“ dürfte es jedoch aus Verfahrensgründen<br />

heraus geboten sein, dass der Bürgermeister auf die Ausübung des ihm nach § 40 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

zustehenden Stimmrechtes verzichtet. Dafür spricht, dass der Bürgermeister durch seine Bestätigung (Unterzeichnung)<br />

des ihm vom Kämmerer vorgelegten Entwurf der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen<br />

(vgl. § 80 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) die verwaltungsmäßige Verantwortung dafür übernimmt, denn er ist verantwortlich<br />

für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung (vgl. § 62 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Dem Bürgermeister steht neben seiner Verantwortung für die gemeindliche Haushaltssatzung auch ein<br />

Änderungsrecht bezogen auf den vom Kämmerer aufgestellten Entwurf der Haushaltssatzung zu.<br />

GEMEINDEORDNUNG 506


4.1.5 Beratung und Beschlussfassung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Die ausdrückliche gesetzliche Vorgabe, dass der Rat der Gemeinde den Entwurf der Haushaltssatzung mit ihren<br />

Anlagen in öffentlicher Sitzung zu beraten und zu beschließen hat, unterstreicht und verstärkt die Zuständigkeit<br />

des Rates für die Beschlussfassung über die gemeindliche Haushaltssatzung (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h<br />

GO <strong>NRW</strong>). Das in dieser Vorschrift enthaltene Verbot der Übertragung der darin aufgeführten Angelegenheiten<br />

stärkt die Entscheidungszuständigkeit des Rates für die gemeindlichen Angelegenheiten und sichert, dass sich<br />

der Rat sich nicht vollständig aus seinem örtlichen Kompetenzbereich zurückziehen kann bzw. bestimmte Entscheidungen<br />

selbst treffen muss.<br />

Der Gegenstand des Beschlusses des Rates der Gemeinde ist der vom Bürgermeister zugeleitete Entwurf der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr. Im Rahmen der Beratungen des Rates über den<br />

Entwurf der Haushaltssatzung können dazu auch von den Ratsmitgliedern unter Berücksichtigung der örtlichen<br />

Geschäftsordnung des Rates ggf. Änderungen beantragt werden. Der Rat hat dann im Rahmen seines Beschlusses<br />

über die gemeindliche Haushaltssatzung eine Entscheidung darüber zu treffen. Der Rat muss dabei nicht<br />

gesondert festlegen, dass die Haushaltssatzung bzw. der gemeindliche Haushaltsplan vor der Bekanntmachung<br />

entsprechend seinem Beschluss anzupassen ist.<br />

Mit der Rückgabe der beschlossenen Haushaltssatzung an den Bürgermeister zur Durchführung der Anzeige an<br />

die Aufsichtsbehörde und der öffentlichen Bekanntmachung (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>), ist dieser beauftragt,<br />

ggf. noch Änderungen am Entwurf aufgrund des Beratungsergebnisses des Rates vorzunehmen. Die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung muss für die Anzeige und die Veröffentlichung auch formell in Einklang mit dem Ratsbeschluss<br />

stehen. Der Bürgermeister kann daher solche Aufträge nicht verweigern.<br />

4.2 Zu Satz 2 (Vortragsrecht des Kämmerers):<br />

Das gesetzliche Rederecht des Kämmerers, seine Auffassung zum durch den Bürgermeister veränderten Entwurf<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen in der betreffenden Ratssitzung zu vertreten, setzt voraus,<br />

dass der Kämmerer zuvor in einer schriftlichen Stellungnahme seine Auffassung dargelegt hat. Insbesondere<br />

wenn wegen der Änderungen der Entwurfsfassung noch Differenzen zwischen dem Kämmerer und dem Bürgermeister<br />

bestehen geblieben sind, sollen diese im Rahmen der Beratungen des Rates über den Entwurf der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung ausgeräumt werden. Die Darlegung seiner Auffassung durch den Kämmerer in<br />

den Beratungen des Rates der Gemeinde kann wegen der Ausgestaltung als sein gesetzliches Recht nicht vom<br />

Bürgermeister übernommen werden. Außerdem erfordert die Ausübung dieses Vortragsrechts, dass der Kämmerer<br />

in der betreffenden Ratssitzung persönlich anwesend ist.<br />

5. Zu Absatz 5 (Veröffentlichung der gemeindlichen Haushaltssatzung):<br />

5.1 Zu Satz 1 (Pflicht zur Anzeige der Haushaltssatzung):<br />

5.1.1 Die Pflichten der Gemeinde<br />

Nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften hat die Gemeinde spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres<br />

ihrer Aufsichtsbehörde die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen anzuzeigen. Wegen der Bedeutung der<br />

Aufsicht des Landes für die Gemeinden (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>) soll die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren<br />

Anlagen der für die Gemeinde gesetzlich zuständigen Aufsichtsbehörde angezeigt und nicht vor der Anzeige an<br />

die Aufsichtsbehörde öffentlich bekannt gemacht werden. Vor der Veröffentlichung der Haushaltssatzung sollte<br />

deshalb durch geeignete Informationen sichergestellt werden, dass die Aufsichtsbehörde keine rechtlichen Bedenken<br />

gegen die vom Rat der Gemeinde beschlossene Haushaltssatzung erheben wird. Nach ihrer öffentlichen<br />

GEMEINDEORDNUNG 507


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Bekanntmachung ist die Haushaltssatzung Jahresabschluss bis zur Feststellung des folgenden Jahresabschlusses<br />

zur Einsichtnahme verfügbar zu halten.<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung unterliegt keiner Genehmigungspflicht durch die Aufsichtsbehörde, denn<br />

dieses ist nicht gesetzlich vorgeschrieben (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Ein Erlaubnisvorbehalt durch die<br />

staatliche Aufsicht kommt daher nicht in Betracht. Die Haushaltssatzung ist vielmehr Ausdruck der gemeindlichen<br />

Finanzhoheit und der Selbstverwaltung der Gemeinde. Nur wenn im Einzelfall von der Gemeinde die allgemeine<br />

Rücklage verringert werden soll (vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>) oder ein besonderes Haushaltssicherungskonzept<br />

(vgl. § 76 GO <strong>NRW</strong>) aufzustellen ist, das dann einen Bestandteil des gemeindlichen Haushaltsplans darstellt (vgl.<br />

§ 79 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 1 Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong>), lösen solche Tatbestände eine<br />

Genehmigungspflicht aus, die jedoch nur für den betreffenden Sachverhalt und nicht die gesamte Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde umfasst.<br />

5.1.2 Die Pflichten der Aufsichtsbehörde<br />

5.1.2.1 Die Stellung der Aufsichtsbehörde<br />

Die Gemeinde ist in Nordrhein-Westfalen eine Gebietskörperschaft mit dem Recht der Selbstverwaltung durch<br />

ihre gewählten Organe und ist in ihrem Gebiet die alleinige Trägerin der öffentlichen Verwaltung, sowie die Gesetze<br />

nicht anderes vorschreiben (vgl. Art. 78 LV <strong>NRW</strong>). In diesem Zusammenhang hat das Land die Gesetzmäßigkeit<br />

der Verwaltung der Gemeinde zu überwachen (vgl. Art. 78 Absatz 4 LV <strong>NRW</strong>). Die Gemeindeordnung in<br />

Nordrhein-Westfalen baut darauf auf und enthält deshalb Rechte und Pflichten sowie auch Regelungen über die<br />

Gestaltung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft sowie auch Rechte für die Aufsichtsbehörde der Gemeinde.<br />

Diese Rechte werden im 13. Teil der Gemeindeordnung <strong>NRW</strong> durch die §§ 119 bis 128 näher ausgestaltet.<br />

In diesem rechtlichen Rahmen gehört die gemeindliche Haushaltswirtschaft zu den Selbstverwaltungsaufgaben<br />

der Gemeinde, sodass die Aufsicht des Landes darüber ein Teil der allgemeinen Aufsicht nach § 119 GO <strong>NRW</strong><br />

ist. Diese Rechtsaufsicht erstreckt sich darauf, dass die Gemeinde im Einklang mit den Gesetzen verwaltet wird.<br />

Die Gemeindeordnung <strong>NRW</strong> enthält daher an verschiedenen Stellen besondere Vorgaben für eine Beteiligung<br />

der gesetzlich zuständigen Aufsichtsbehörde bei der Planung, Ausführung und Abrechnung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft, z. B. in Form der Anzeige der Haushaltssatzung. Daneben besteht für die Aufsichtsbehörde<br />

ein umfassendes Informationsrecht, denn sie kann sich jederzeit über die Angelegenheiten der Gemeinde unterrichten<br />

lassen (vgl. § 121 GO <strong>NRW</strong>).<br />

5.1.2.2 Die Aufsicht über die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

Die Aufsichtsbehörde hat im Rahmen des Anzeigeverfahrens der gemeindlichen Haushaltssatzung die Einhaltung<br />

der rechtlichen Vorgaben zu überprüfen und dabei das Ermessen der Gemeinde zu beachten. Die Ausübung des<br />

Ermessens ist unabhängig davon, ob eine Genehmigungspflicht für die Verringerung der allgemeinen Rücklage<br />

(vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>) und für das Haushaltssicherungskonzept (vgl. § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) besteht.<br />

Die Anzeigepflicht gibt der Aufsichtsbehörde die Befugnis und die Möglichkeit zur Rechtskontrolle der vom Rat<br />

der Gemeinde beschlossenen Haushaltssatzung. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Gemeinde sich nicht außerhalb<br />

der ihr zustehenden Ermessensspielräume bewegt, sodass bei der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

voraussichtlich rechtlich erhebliche Fehler gegangen werden können, d.h. auch bei der gemeindlichen<br />

Haushaltsplanung müssen die Anforderungen der stetigen Aufgabenerfüllung und Leistungsfähigkeit der Gemeinde<br />

(vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>) erfüllt werden.<br />

Die staatliche Aufsicht soll aber auch das Budgetrecht des Rates in der Weise sichern, dass dieser über einen<br />

gemeindlichen Haushalt beschließen kann, der sich noch nicht in der Ausführung bzw. der vorläufigen Ausfüh-<br />

GEMEINDEORDNUNG 508


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

rung nach § 82 GO <strong>NRW</strong> befindet. Je weiter die Beschlussfassung über die gemeindliche Haushaltssatzung in<br />

das neue Haushaltsjahr verschoben wird, desto weniger kann der Rat der Gemeinde vom seinem Recht auf Gestaltung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft unter Berücksichtigung seiner politischen Zielsetzungen Gebrauch<br />

machen. Erfolgt dagegen keine Äußerung der Aufsichtsbehörde innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist,<br />

kann die Gemeinde nach Ablauf der Monatsfrist ihre Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr bekannt machen.<br />

Die Aufsichtsbehörde sollte in jedem Anzeigeverfahren auch eine Rückäußerung an die Gemeinde geben und<br />

darin ihre aufsichtsrechtliche Einschätzung aufzeigen.<br />

5.2 Zu Satz 2 (Anzeigefrist für die gemeindliche Haushaltssatzung):<br />

5.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Durch die gesetzlich bestimmte Anzeigefrist erhält die Aufsichtsbehörde die Befugnis und die Möglichkeit zur<br />

Rechtskontrolle der vom Rat der Gemeinde beschlossenen Haushaltssatzung. Dabei ist auch zu prüfen, ob die<br />

Gemeinde sich nicht außerhalb der ihr zustehenden Ermessensspielräume bewegt, sodass bei der Ausführung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft voraussichtlich rechtlich erhebliche Fehler gegangen werden können. Der<br />

„Grundsatz der Vorherigkeit“, der sich ausdrücklich in der haushaltsrechtlichen Bestimmung wiederfindet, verpflichtet<br />

alle Beteiligten am gemeindlichen Haushaltsaufstellungsverfahren. Sie haben dafür zu sorgen, dass der<br />

Rat rechtzeitig einen Beschluss über die Haushaltssatzung fassen kann, damit diese zu Beginn des Haushaltsjahres<br />

in Kraft treten sowie der Aufsichtsbehörde angezeigt werden kann.<br />

In den Fällen, in denen die Gemeinde ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Anzeige der Haushaltssatzung mit<br />

ihren Anlagen zu dem in der Vorschrift festgelegten Termin nicht nachkommt, hat sie ihre Aufsichtsbehörde darüber<br />

zu unterrichten und die Anzeige baldmöglichst vorzunehmen. Sie hat in ihrem Bericht an die Aufsichtsbehörde<br />

die Gründe für das Versäumnis anzugeben sowie aufzuzeigen, welcher Verfahrensstand bei der Aufstellung<br />

der Haushaltssatzung besteht, wann der Beschluss des Rates über die Haushaltssatzung vorgesehen ist<br />

und bis zu welchem schnellstmöglichen Zeitpunkt die Anzeige bei der Aufsichtsbehörde nachgeholt wird.<br />

5.2.2 Die Wirkungen der Frist auf den Jahresabschluss des Vorvorjahres<br />

Die gesetzliche Anzeigefrist für die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen wirkt sich auch ohne ausdrücklichen<br />

Verweis auf die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses nach § 96 Absatz 1 Satz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong> aus. Den im Haushaltsplan für das Haushaltsjahr zu veranschlagenden Erträgen und Aufwendungen sowie<br />

den Einzahlungen und Auszahlungen ist nicht nur die Veranschlagung des Vorjahres voranzustellen, sondern es<br />

sind auch die Ergebnisse der Rechnung des Vorvorjahres anzugeben (vgl. § 1 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Außerdem<br />

ist diesem gemeindlichen Haushaltsplan auch die Bilanz des Vorvorjahres beizufügen (vgl. § 1 Absatz 2<br />

Nummer 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei einer Haushaltssatzung der Gemeinde für das Haushaltsjahr 2013 wäre dadurch der gemeindliche Jahresabschluss<br />

für das abgelaufene Haushaltsjahr 2011 betroffen. Der Jahresabschluss des Vorvorjahres kann nach den<br />

haushaltsrechtlichen Vorgaben bis zum 31. Dezember 2012 festgestellt werden (vgl. § 96 Absatz Satz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen für das Haushaltsjahr 2013 wäre nach der geltenden Regelung<br />

der Aufsichtsbehörde bis zum 1. Dezember 2012 anzuzeigen. Aus dieser gleichlaufenden Frist ergibt sich jedoch<br />

kein gravierendes Problem für die Gemeinde. Die Übereinstimmung der Daten eines gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

in zwei eigenständigen haushaltswirtschaftlichen Werken muss grundsätzlich bereits bei der Aufstellung<br />

von Jahresabschluss und Haushaltsplan beachtet werden.<br />

Den Kämmerer und den Bürgermeister trifft diese Pflicht gleichermaßen. Der Kämmerer hat sowohl den Entwurf<br />

des Jahresabschlusses als auch den Entwurf des Haushaltsplans bzw. der Haushaltssatzung aufzustellen und<br />

GEMEINDEORDNUNG 509


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

der Bürgermeister zu bestätigen. Die Verantwortlichkeit des Rates für die Haushaltssatzung und den Jahresabschluss<br />

führt dabei grundsätzlich dazu, dass der Jahresabschluss bis zum Beginn der Anzeigefrist der Haushaltssatzung<br />

festgestellt sein soll. Sofern es zu terminlichen Überschneidungen und ggf. zu Veränderungen der Daten<br />

des Jahresabschlusses kommt, muss von der Gemeinde örtlich sichergestellt werden, dass zu den Ist-Angaben<br />

des Vorvorjahres im Haushaltsplan eine entsprechende Erläuterung gegeben wird. Der festgestellte Jahresabschluss<br />

der Gemeinde muss dagegen immer auf belastbaren Daten aufbauen.<br />

5.3 Zu Satz 3 (Bekanntmachung der Haushaltssatzung):<br />

5.3.1 Allgemeine Vorgaben<br />

Als gemeindliche Rechtsnorm bedarf die Haushaltssatzung der Bekanntmachung, denn gemeindliche Satzungen<br />

sind öffentlich bekannt zu machen (vgl. § 7 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). Für die Bekanntmachung der Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde ist die Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht zu beachten,<br />

in der das Verfahren näher bestimmt ist. Die gemeindliche Haushaltssatzung erhält z. B. in der Überschrift das<br />

Datum, unter dem die Bekanntmachungsanordnung vom Bürgermeister unterzeichnet worden ist. Es ist dabei<br />

sicherzustellen, dass die Bekanntmachung der Haushaltssatzung dauerhaft allgemein zugänglich ist.<br />

Vor der Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung sollte aber geprüft werden, ob die Haushaltssatzung<br />

den materiellen und formellen Anforderungen entspricht und die für die Bekanntmachung notwendigen<br />

Verfahrensschritte nach den einschlägigen Rechtsvorschriften erfolgt sind (vgl. § 2 BekanntmVO <strong>NRW</strong>). Dazu<br />

gehört z. B., dass die Haushaltssatzung nicht allein in elektronischer Form bekannt gemacht wird, weil nur bestimmten<br />

Formen für die gemeindliche Bekanntmachung zugelassen sind (vgl. § 6 Absatz 1 BekanntmVO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung ist es jedoch nicht erforderlich, auch alle ihre<br />

Anlagen in die Bekanntmachung bzw. den Bekanntmachungstext mit aufzunehmen, z.B. im Amtsblatt der Gemeinde<br />

mit abzudrucken. Die Bekanntmachungsverordnung lässt zu, dass bestimmte Materialien, die Bestandteile<br />

einer Satzung sind, stattdessen zu jedermanns Einsicht an einer bestimmten Stelle der gemeindlichen Verwaltung<br />

ausgelegt werden können (vgl. § 3 Absatz 2 BekanntmVO <strong>NRW</strong>). Diese Regelung kann auch auf den gemeindlichen<br />

Haushaltsplan und seine Anlagen eine entsprechende Anwendung finden.<br />

Die Gemeinde muss dabei dafür Sorge tragen, dass die bereitgestellten haushaltswirtschaftlichen Informationen<br />

barrierefrei verfügbar sind und der Zugang dazu nicht eingeschränkt ist, sodass z. B. für Menschen mit Behinderungen<br />

ggf. Hindernisse für ihre Teilhabe am haushaltswirtschaftlichen Geschehen bzw. an den Entscheidungsprozessen<br />

dazu bestehen (vgl. z. B. Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung Nordrhein-Westfalen - BITV<br />

<strong>NRW</strong>). Außerdem darf die Bekanntmachung nicht so ausgestaltet werden, dass diese auf ein unvertretbares Maß<br />

reduziert ist und damit dem Zweck der Beteiligung der Öffentlichkeit an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

entgegen gewirkt wird.<br />

5.3.2 Die Zwecke der Bekanntmachung<br />

Die Bekanntmachung der Haushaltssatzung erfüllt als Information an die Einwohner und Abgabepflichtigen aber<br />

nur dann ihren Zweck, wenn darin auch die wichtigsten Angaben aus dem Ergebnisplan und aus dem Finanzplan<br />

sowie aus der Haushaltssatzung öffentlich gemacht werden. Die Einwohner und Abgabepflichtigen können sich<br />

dann weitere Kenntnisse über die Haushaltsplanung der Gemeinde verschaffen. Sie erhalten mit einer Einsichtnahme<br />

ein umfassendes und zutreffendes Bild über die gemeindliche Haushaltswirtschaft.<br />

Es bleibt dabei der Gemeinde überlassen, ob sie die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen in herkömmlicher Weise<br />

als Druckwerk oder im Internet verfügbar macht oder in sonstiger Weise ihre Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

GEMEINDEORDNUNG 510


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde und die gemeindliche Haushaltsplanung informiert. Sie sollte in ihrer<br />

Bekanntmachung ggf. bereits die betreffende Internetseite angeben. Die Vorschrift über den Zugang zu den<br />

haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinde lässt die Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes<br />

Nordrhein-Westfalen (IFG <strong>NRW</strong>) unberührt.<br />

5.3.3 Die Prüfpflichten vor der Bekanntmachung<br />

Vor der Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen, bei der die Frist in § 80 Absatz<br />

5 Satz 3 GO <strong>NRW</strong> zu beachten ist, hat der Bürgermeister zu prüfen, ob die vom Rat der Gemeinde beschlossene<br />

Haushaltssatzung den materiellen und formellen Anforderungen entspricht und ordnungsgemäß zustande gekommen<br />

ist (vgl. § 2 Absatz 1 BekanntmVO <strong>NRW</strong>). Dazu gehört, dass der Bürgermeister auch die Änderungen in<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung und ihren Anlagen umsetzt, die der Rat im Rahmen seines Beschlusses<br />

über die Haushaltssatzung festgelegt hat.<br />

Der Bürgermeister hat aber auch dafür Sorge zu tragen, dass im Verfahren vor der öffentlichen Bekanntmachung<br />

einzuhaltende Vorschriften eingehalten und mögliche Hindernisse für die Bekanntmachung der Haushaltssatzung<br />

vermieden werden. Ihm obliegt zudem die Pflicht, die gesetzlich erforderlichen Genehmigungen einzuholen, z. B.<br />

für die Verringerung der allgemeinen Rücklage (vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>) oder für ein aufgestelltes Haushaltssicherungskonzept<br />

(vgl. § 76 GO <strong>NRW</strong>). In solchen Anzeigeverfahren kann es in Einzelfällen erforderlich<br />

werden, einen erneuten Beschluss des Rates herbeizuführen (Beitrittsbeschluss).<br />

5.3.4 Die Bekanntmachungsanordnung<br />

Die Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung erfordert für den Vollzug eine Bekanntmachungsanordnung,<br />

die vom Bürgermeister zu unterzeichnen ist. Der Vermerk soll beinhalten, dass die Haushaltssatzung<br />

öffentlich bekannt gemacht wird und die erforderliche bzw. gesetzlich vorgesehene Beteiligung der Aufsichtsbehörde<br />

erfolgt ist. Mit seiner Unterschrift bestätigt daher der Bürgermeister, dass der Wortlaut der Haushaltssatzung<br />

mit dem Ratsbeschluss übereinstimmt und keine Bedenken mehr gegen die Satzung bestehen (vgl. § 2<br />

Absatz 3 BekanntmVO). Abhängig von den Beteiligungen und sonstigen Erfordernissen kommen folgende Textpassagen<br />

dabei in Betracht (vgl. Abbildung).<br />

SACHSTAND<br />

Erfüllung<br />

der<br />

Anzeigepflicht<br />

Bei einer<br />

Verringerung<br />

der allgemeinen<br />

Rücklage<br />

Bei der Aufstellung<br />

von<br />

Haushaltssicherungs-<br />

konzepten<br />

Die Bekanntmachung der Haushaltssatzung<br />

GEMEINDEORDNUNG 511<br />

INHALTE<br />

Die vorstehende Haushaltssatzung mit ihren Anlagen für das Haushaltsjahr<br />

... wird hiermit öffentlich bekannt gemacht. Die Haushaltssatzung mit<br />

ihren Anlagen ist gemäß § 80 Abs. 5 GO dem Landrat als untere staatliche<br />

Verwaltungsbehörde in ... (alternativ: der Bezirksregierung in ...) mit<br />

Schreiben vom ... angezeigt worden.<br />

Die nach § 75 Abs. 4 GO erforderliche Genehmigung der Verringerung der<br />

Rücklage ist vom Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde in ...<br />

(alternativ: der Bezirksregierung in ...) mit Verfügung vom ... erteilt worden.<br />

Die nach § 76 GO erforderliche Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes<br />

ist vom Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde in ...<br />

(alternativ: der Bezirksregierung in ...) mit Verfügung vom ... erteilt worden.


SACHSTAND<br />

Verfügbarmachung<br />

zur<br />

Einsichtnahme<br />

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§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Bekanntmachung der Haushaltssatzung<br />

GEMEINDEORDNUNG 512<br />

INHALTE<br />

Der Haushaltsplan (und das Haushaltssicherungskonzept) liegen zur<br />

Einsichtnahme vom ... bis ... im ... öffentlich aus und sind unter der Adresse<br />

… im Internet verfügbar.<br />

Abbildung 77 „Die Bekanntmachung der Haushaltssatzung“<br />

Die Haushaltssatzung wird dabei durch eine förmliche Bekanntmachungsanordnung in Kraft gesetzt, die nach § 2<br />

Absatz 4 BekanntmVO bestimmte Inhalte enthalten muss (vgl. Abbildung).<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

Die Inhalte der Bekanntmachungsanordnung<br />

die Erklärung, dass die Satzung hiermit öffentlich bekanntgemacht wird;<br />

die Bezeichnung der genehmigenden Behörden und das Datum der Genehmigungen,<br />

falls solche vorgeschrieben sind; ist eine Genehmigung befristet erteilt worden, muss<br />

auch die Befristung angegeben werden, sofern sich diese nicht aus dem Gesetz ergibt;<br />

auf die Erteilung einer für die Gültigkeit der Genehmigung erforderlichen Zustimmung<br />

einer anderen Behörde ist hinzuweisen;<br />

den Hinweis nach § 7 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>;<br />

den Ort und das Datum der Unterzeichnung durch den Bürgermeister.<br />

Abbildung 78 „Die Inhalte der Bekanntmachungsanordnung“<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Bekanntmachungsanordnung regelmäßig zum Bekanntmachungstext<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung gehört und mit zu veröffentlichen ist. Soweit die Anordnung<br />

jedoch versehentlich einmal nicht mit abgedruckt worden ist, führt dieser Mangel nicht zur Unwirksamkeit der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung.<br />

5.3.5 Die Fristen bei der Bekanntmachung<br />

Die Haushaltssatzung darf frühestens einen Monat nach der Anzeige bei der Aufsichtsbehörde öffentlich bekannt<br />

gemacht werden, wenn nicht im Einzelfall aus besonderem Grund die Anzeigefrist durch die Aufsichtsbehörde<br />

verkürzt oder verlängert wird. Ist ein Haushaltssicherungskonzept nach § 76 GO <strong>NRW</strong> aufzustellen, so darf die<br />

Haushaltssatzung erst nach Erteilung der Genehmigung bekannt gemacht werden. Auch wenn eine Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage nach § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> in der Haushaltssatzung festgesetzt ist, darf die Haushaltssatzung<br />

erst nach Erteilung der gesetzlich vorgesehenen Genehmigung bekannt gemacht werden, auch<br />

wenn dies nicht ausdrücklich in dieser Vorschrift geregelt wurde.<br />

Die Haushaltssatzung tritt nach Ihrer Bekanntmachung in Kraft und gilt für das Haushaltsjahr, für das sie vom Rat<br />

beschlossen wurde. Wird die Haushaltssatzung vor Beginn des Haushaltsjahres bekannt gemacht, tritt sie erst<br />

mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft und gilt für das betreffende Haushaltsjahr. Das Haushaltsjahr deckt sich<br />

dabei zeitlich immer mit dem Kalenderjahr. Somit besteht eine Übereinstimmung der haushaltswirtschaftlichen<br />

Periode des gemeindlichen Haushalts mit den sonstigen öffentlichen Haushalten und auch mit den Wirtschaftsjahren<br />

der gemeindlichen Unternehmen und Einrichtungen. Wenn die Haushaltssatzung jedoch erst nach Beginn


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§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

des Haushaltsjahres vom Rat beschlossen und bekannt gemacht wird, tritt sie rückwirkend mit Beginn des Haushaltsjahres<br />

in Kraft und gilt auch dann für das betreffende Haushaltsjahr.<br />

5.3.6 Hindernisse für die Bekanntmachung<br />

Im Rahmen seiner Prüfung, ob die vom Rat der Gemeinde beschlossene Haushaltssatzung den materiellen und<br />

formellen Anforderungen entspricht und ordnungsgemäß zustande gekommen ist (vgl. § 2 Absatz 1 BekanntmVO<br />

<strong>NRW</strong>), hat der Bürgermeister festzustellen, ob der Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung möglicherweise<br />

Hindernisse entgegenstehen und solche ggf. mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln schnellstmöglich<br />

zu beseitigen. Erst nach Beseitigung solcher Hindernisse darf die Haushaltssatzung öffentlich bekannt<br />

gemacht werden und kann in Kraft treten (vgl. Abbildung).<br />

ANLASS<br />

Verzicht<br />

auf die<br />

Bekanntgabe<br />

des Entwurfs<br />

Verzicht<br />

auf<br />

Bestandteile<br />

und Anlagen<br />

Verzicht<br />

auf die<br />

Beteiligung des<br />

Finanzausschusses<br />

Nicht umgesetzte<br />

Änderungen<br />

die vom Rat<br />

beschlossen sind<br />

Fehlende<br />

Genehmigung<br />

der Verringerung<br />

der allgemeinen<br />

Rücklage<br />

Hindernisse für die Bekanntmachung der Haushaltssatzung<br />

GEMEINDEORDNUNG 513<br />

INHALTLICHE ABGRENZUNG<br />

Ein Hindernis stellt die nach der Zuleitung des Entwurfs der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen an den Rat nicht vorgenommene Bekanntgabe<br />

der Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen gegen den Entwurf<br />

der Haushaltssatzung durch die Einwohner oder Abgabepflichtige dar.<br />

Ein Hindernis für die Bekanntmachung der Haushaltssatzung kann dadurch<br />

entstehen, dass der Beschluss über die Haushaltssatzung nicht alle gesetzlich<br />

vorgesehenen Bestandteile, Anlagen oder Unterlagen umfasst. Ist ggf. eine<br />

gesetzlich vorgesehene Anlage, z.B. der Stellenplan, nicht Teil des Ratsbeschluss,<br />

ist eine Bekanntmachung der Haushaltssatzung zulässig.<br />

Ein Hindernis stellt die unterlassene Beteiligung des Finanzausschusses dar,<br />

denn es ist gesetzlich bestimmt worden, dass dieser Ausschuss die Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde vorbereitet und die für die Ausführung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans im Haushaltsjahr erforderlichen Entscheidungen zu treffen<br />

hat (vgl. § 59 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Bürgermeister hat die Änderungen in der Haushaltssatzung und ihren<br />

Anlagen umzusetzen, die vom Rat im Rahmen seines Beschlusses über die<br />

gemeindliche Haushaltssatzung festgelegt worden sind. Für die Bekanntmachung<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen muss eine<br />

Fassung vorliegen, die dem Stand der Beschlussfassung des Rates entspricht.<br />

Ein Hindernis für die Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

stellt eine fehlende Genehmigung für die vorgesehene Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage nach § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> oder die fehlende Genehmigung<br />

der Aufsichtsbehörde für ein Haushaltssicherungskonzept.<br />

Abbildung 79 „Hindernisse für die Bekanntmachung“<br />

Vor der Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen, bei der die Frist in § 80 Absatz<br />

5 Satz 3 GO <strong>NRW</strong> zu beachten ist, hat der Bürgermeister zu prüfen, ob die vom Rat der Gemeinde beschlossene<br />

Haushaltssatzung den materiellen und formellen Anforderungen entspricht und ordnungsgemäß zustande gekommen<br />

ist (vgl. § 2 Absatz 1 BekanntmVO <strong>NRW</strong>). Mögliche bestehende Hindernisse sind unverzüglich vom<br />

Bürgermeister zu beseitigen.


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§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

5.3.7 Bekanntmachung einer Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre<br />

Bei der Bekanntmachung einer Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre ist bei einem in der Haushaltssatzung<br />

nur für das zweite Haushaltsjahr vorgesehenen Ausgleich des Ergebnisplans durch eine Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage zu beachten, dass wegen der dafür gesetzlich erforderlichen Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde<br />

(vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>) die Haushaltssatzung erst nach der Erteilung der Genehmigung<br />

bekannt gemacht darf.<br />

Die getrennten Festsetzungen für die einzelnen Haushaltsjahre in der Haushaltssatzung stellen keine Grundlage<br />

dafür dar, bei einem Haushaltsausgleich im ersten Haushaltsjahr auch eine auf das einzelne Haushaltsjahr bezogene<br />

Bekanntmachung der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen vorzunehmen. Die Haushaltssatzung stellt bei<br />

Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre immer ein Gesamtwerk für diesen Zeitraum dar, das nicht aufgeteilt werden<br />

darf, aber gleichwohl getrennte Festlegungen für die beiden Haushaltsjahre enthalten muss.<br />

5.3.8 Der Vollzug der Bekanntmachung<br />

Die öffentliche Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung im Amtsblatt oder in einer Zeitung ist mit<br />

Ablauf des Erscheinungstages des Amtsblattes oder der Zeitung vollzogen. Soweit die Bekanntmachung in mehreren<br />

Zeitungen erfolgt, ist die Bekanntmachung mit Ablauf des Tages der zuletzt erschienenen Zeitung vollzogen<br />

(vgl. § 6 Absatz 1 BekanntmVO). Eine Bekanntmachung darf derzeit nicht ausschließlich in elektronischer Form<br />

erfolgen, sodass eine Bekanntmachung auf elektronischen Weg auch nicht zum Vollzug der Bekanntmachung der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung führt.<br />

Die Öffentlichkeit ist bei einem entsprechenden Informationsbedarf zudem nicht verpflichtet, sich innerhalb einer<br />

bestimmten Auslegungsfrist über die vom Rat der Gemeinde beschlossene Haushaltssatzung zu informieren. Sie<br />

kann sich im Rahmen des dauernden Verfügbarhaltens der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen über einen langen<br />

Zeitraum informieren (vgl. Absatz 6 der Vorschrift). Das langfristige Verfügbarhalten der Haushaltssatzung<br />

hat dabei keinen Einfluss darauf, dass die Bekanntmachung der Haushaltssatzung mit Ablauf des Erscheinungstages<br />

der Bekanntmachungsmedien vollzogen ist.<br />

5.4 Zu Satz 4 (Anpassung der Anzeigefrist):<br />

Nach der Vorschrift darf die Aufsichtsbehörde im Einzelfall und aus besonderem Grund die Anzeigefrist gegenüber<br />

der Gemeinde verkürzen oder verlängern. Sie kann dadurch eine weitere notwendig gewordene Zeit zur<br />

Prüfung der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen erreichen. Die Aufsichtsbehörde hat die ihr vorgelegte<br />

Haushaltssatzung mit ihren Anlagen grundsätzlich dahingehend zu prüfen, ob diese formal und inhaltlich<br />

den einschlägigen Rechtsvorschriften entspricht. Der eigentlichen Haushaltsanalyse soll daher eine formelle<br />

Prüfung vorausgehen, bei der auf die Ordnungsmäßigkeit der Haushaltssatzung und ihrer Anlagen abzustellen<br />

ist. Die Aufsichtsbehörde hat aber auch das Vorliegen einer ausreichenden inhaltlichen Bestimmtheit und Aussagekraft<br />

der gemeindlichen Unterlagen zu prüfen.<br />

Die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde erfordert zudem, auch das Verfahren der Aufstellung der Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde zu kennen, um ggf. erkannte Rechtsverstöße mit den verfügbaren Mitteln beanstanden zu können.<br />

In den Fällen, in denen die Aufsichtsbehörde Bedenken gegen die beschlossene Haushaltssatzung der Gemeinde<br />

hat, soll sie der Gemeinde eine angemessene Frist zur Stellungnahme zu setzen, damit eine Klärung gelingt<br />

und die Bedenken ausgeräumt werden können. Dazu soll die Anzeigefrist nach dieser Vorschrift förmlich verlängert<br />

werden. Können die Bedenken von der Gemeinde nicht ausgeräumt werden und ist z. B. eine Festsetzung in<br />

der Haushaltssatzung zu beanstanden, ist diese vom Rat der Gemeinde neu zu beschließen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 514


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§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

5.5 Zu Satz 5 (Bekanntmachung der Haushaltssatzung bei Genehmigungspflichten):<br />

5.5.1 Die Bekanntmachung nach Genehmigung<br />

Nach der Vorschrift darf eine genehmigungspflichtige gemeindliche Haushaltssatzung erst bekannt gemacht<br />

werden, wenn die Aufsichtsbehörde die erforderliche Genehmigung erteilt hat. Diese Regelung ist erforderlich,<br />

denn in besonderen Fällen, z.B. bei der Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

(vgl. § 76 GO <strong>NRW</strong>), das als Bestandteil des Haushaltsplans (vgl. § 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) auch der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung zuzurechnen ist, besteht eine gesonderte Genehmigungspflicht (vgl. § 76 Absatz 2<br />

GO <strong>NRW</strong>). Außerdem besteht ein Genehmigungserfordernis, wenn die Haushaltssatzung der Gemeinde die<br />

Festsetzung einer Verringerung der allgemeinen Rücklage zum Ausgleich des Ergebnisplans enthält (vgl. § 75<br />

Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). In diesen Fällen kann die Haushaltssatzung nicht ohne eine vorherige Genehmigung der<br />

Aufsichtsbehörde bekannt gemacht werden.<br />

Bei der Erteilung der von der Gemeinde erbetenen Genehmigung hat die Aufsichtsbehörde nach den Umständen<br />

des Einzelfalls zu entscheiden. Die Aufsichtsbehörde muss bei der Erteilung der Genehmigung den ihr zustehenden<br />

Ermessensspielraum nach den haushaltsrechtlichen Zielbestimmungen ausgestalten. Hierbei kommt dem<br />

Ziel, wieder einen ausgeglichenen Haushalt nach § 75 Absatz 2 GO zu erreichen, die zentrale Bedeutung zu.<br />

Dies gilt auch dann, wenn die vorgesehene Verringerung der allgemeinen Rücklage der Kommune im Haushaltsjahr<br />

noch als haushaltsverträglich betrachtet werden kann, aber insbesondere nach der mittelfristigen Ergebnisund<br />

Finanzplanung eine Gefährdung der Haushaltswirtschaft zu befürchten ist.<br />

Die im Haushaltsplan enthaltene und jahresbezogen auszugleichende mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung<br />

(vgl. § 84 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>) stellt ein Kriterium dar, das im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen ist. Lassen<br />

sich aus den Planungsdaten für die dem Haushaltsjahr folgenden Jahre keine ausreichenden Veränderungen<br />

zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs erkennen, soll die Aufsichtsbehörde durch entsprechende Nebenbestimmungen<br />

in der Genehmigung wirksame Konsolidierungsmaßnahmen zur Wiedererreichung des gesetzlich<br />

bestimmten Haushaltsausgleichs von der Gemeinde verlangen. Die Aufsichtsbehörde darf dabei aber auch<br />

die gesetzlich bestimmte Genehmigungsfiktion nicht außer achtlassen (vgl. § 75 Absatz 4 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Von<br />

dieser Genehmigungsfiktion kann jedenfalls dann im aufsichtsrechtlichen Verfahren Gebrauch gemacht werden,<br />

wenn keine durchgreifenden haushaltswirtschaftlichen Gründe gegen die von der Gemeinde vorgesehene Verringerung<br />

der allgemeinen Rücklage sprechen.<br />

5.5.2 Keine Genehmigung für die Haushaltssatzung<br />

Die Gemeinde kann ihre Angelegenheiten durch Satzungen regeln, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen<br />

(vgl. § 7 GO <strong>NRW</strong>). Der Erlass, die Änderung oder die Aufhebung einer gemeindlichen Satzung sind grundsätzlich<br />

genehmigungsfrei, wenn eine Genehmigung solcher Tatbestände nicht gesetzlich vorgeschrieben ist (vgl.<br />

§ 7 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Zu den gemeindlichen Satzungen gehört auch die jährliche Haushaltssatzung der Gemeinde.<br />

Ein auf der gemeindlichen Haushaltssatzung aufbauender Haushalt ist Ausdruck der Finanzhoheit und<br />

Selbstverwaltung der Gemeinde. Für die gemeindliche Haushaltssatzung besteht keine gesetzlich vorgesehene<br />

Genehmigungspflicht. Es ist lediglich eine Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde der Gemeinde<br />

gesetzlich bestimmt worden (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

6. Zu Absatz 6 (Verfügbarhalten der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen):<br />

6.1 Die Zwecke des Verfügbarhaltens<br />

GEMEINDEORDNUNG 515


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§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Die haushaltsrechtliche Vorgabe des Verfügbarhaltens der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen<br />

setzt das bürgerfreundliche Verfahren aus der Aufstellungsphase des gemeindlichen Haushalts fort, denn es<br />

besteht ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über die aktuelle wirtschaftliche Lage der<br />

Gemeinde im Haushaltsjahr. Die Interessenbekundung im Rahmen des Verfügbarhaltens der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung ermöglicht der gemeindlichen Verwaltung, mithilfe dieser Bürgerbeteiligung die haushaltswirtschaftlichen<br />

Ziele und Leistungen besser zu bestimmen und zu messen sowie die Wirkungen des Handelns der<br />

Gemeinde zu beurteilen. Die Offenlegung von Haushaltsdaten und ein längerfristiges Verfügbarhalten können<br />

daher zur Verbesserung der Qualität der gemeindlichen Haushaltswirtschaft beitragen.<br />

Die Bürgerinnen und Bürger verlangen regelmäßig mehr Transparenz über haushaltswirtschaftliche Daten und<br />

neue Zugänge zu den gemeindlichen Haushaltsinformationen, denn diese nehmen die Leistungen der Gemeinde<br />

in Anspruch und nutzen die gemeindlichen Einrichtungen. Aufseiten vieler Bürgerinnen und Bürger besteht daher<br />

ein großes und berechtigtes Informationsinteresse am haushaltswirtschaftlichen Handeln. Diesen Gegebenheiten<br />

soll die Gemeinde durch ein umfassendes, verständliches und zugängliches örtliches Informationsangebot über<br />

die gemeindliche Haushaltswirtschaft in ausreichendem Maße Rechnung tragen. Die Gemeinde hat einerseits<br />

gegenüber den Bürgerinnen und Bürger die allgemeine gesetzliche Verpflichtung, ihr Vermögen und ihre Einkünfte<br />

so zu verwalten, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben (vgl. § 10 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>) und andererseits hat<br />

sie das Wohl ihrer Einwohner zu fördern (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Einhaltung dieser Vorgaben<br />

sollte auch Gegenstand ihrer Informationen sein.<br />

Abhängig von den tatsächlichen örtlichen Informationsbedürfnissen und der Informationspolitik der Gemeinde<br />

wird durch die Einsichtnahme in die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinde das Interesse der Einsichtnehmenden<br />

vielfach jedoch nicht ausreichend befriedigt. Oftmals wird von diesen Personen eine Freigabe<br />

weiterer Informationen und haushaltswirtschaftlicher Daten zur eigenen Verwendung gefordert, um eigene Interpretationen<br />

vornehmen zu können und um durch die gemeindliche Verwaltung hergestellte Zusammenhänge zu<br />

hinterfragen. Vielfach gilt es dabei für die Interessierten, einen schnellen und einfachen Überblick über die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft zu bekommen.<br />

Unter Beachtung des Datenschutzes kann es grundsätzlich zu einem offenen Umgang mit geeigneten Verwaltungsdaten<br />

im Sinne der für die Bürgerinnen und Bürger zu erbringenden Dienstleistungen kommen. Für die<br />

Entwicklung einer Zusammenarbeit zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, dem Rat der Gemeinde und der<br />

gemeindlichen Verwaltung bedarf es aber einer klaren Willensbekundung aller Beteiligten. Die Gemeinde kann<br />

dabei gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürger offenlegen, welche Informationsmöglichkeiten bzw. welche Informationsangebote<br />

bei ihr bestehen.<br />

6.2 Der Zeitraum des Verfügbarhaltens<br />

Nach der Vorschrift ist die gemeindliche Haushaltssatzung mit ihren Anlagen für die Bürgerinnen und Bürger bis<br />

zum Ende der Einsichtnahme in den gemeindlichen Jahresabschluss verfügbar zu halten und nicht nur an wenigen<br />

Tagen auszulegen. Das Zusammenführen von Haushaltsplan und Jahresabschluss des gleichen Haushaltsjahres<br />

erleichtert den vollständigen Überblick über die gemeindliche Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr. Es ist<br />

dabei unerheblich, dass in der Zeit nach der Beschlussfassung des Rates kein unmittelbares Einwendungsrecht<br />

mehr für die Einwohner und Abgabepflichtigen besteht. Nachfolgend wird der Zeitablauf des Verfügbarhaltens der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen für das Haushaltsjahr 2013 aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 516


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Zeitraum des Verfügbarhaltens der Haushaltssatzung 2013<br />

AUFGABE<br />

Aufstellung und Zuleitung des Entwurfs der<br />

Haushaltssatzung an den Rat<br />

Bekanntgabe des Entwurfs der Haushaltssatzung<br />

mit Festlegung einer Einwendungsfrist<br />

Verfügbarhalten des Entwurfs der Haushaltssatzung<br />

während des Beratungsverfahrens im Rat<br />

Beschlussfassung des Rates<br />

Anzeige der Haushaltssatzung<br />

an die Aufsichtsbehörde<br />

Bekanntmachung<br />

der Haushaltssatzung<br />

In-Kraft-Treten<br />

der Haushaltssatzung<br />

Verfügbarhalten der Haushaltssatzung<br />

bis zur Feststellung des Jahresabschlusses<br />

Aufstellung und Zuleitung<br />

des Entwurfs des Jahresabschlusses an den Rat<br />

Prüfung des Entwurfs des Jahresabschlusses<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

Feststellung des Jahresabschlusses<br />

durch den Rat<br />

Anzeige des Jahresabschlusses<br />

an die Aufsichtsbehörde<br />

Bekanntmachung<br />

des Jahresabschlusses<br />

Verfügbarhalten des Jahresabschlusses<br />

bis zur Feststellung des folgenden Jahresabschlusses<br />

GEMEINDEORDNUNG 517<br />

DATUM<br />

z. B. bis zum 15. September 2012<br />

Örtliche Fristsetzung<br />

Örtliche Fristsetzung<br />

z. B. zum 15. November 2012<br />

Bis zum 30. November 2012<br />

Bis zum 31. Dezember 2012<br />

Zum 01. Januar 2013<br />

Bis zum 31. Dezember 2014<br />

Bis zum 31. März 2014<br />

Örtliche Fristsetzung<br />

Bis zum 31. Dezember 2014<br />

Unverzüglich nach Feststellung<br />

Nach Feststellung<br />

Bis zum 31. Dezember 2015<br />

Abbildung 80 „Der Zeitraum des Verfügbarhaltens der Haushaltssatzung 2013“<br />

Mit der öffentlichen Bereitstellung dieses haushaltswirtschaftliche „Grundwerk“ der Gemeinde und dem Einsichtsrecht<br />

wird zudem dem Grundsatz der Öffentlichkeit, der sich durch das gesamte gemeindliche Haushaltsverfahren<br />

zieht, in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Der Zeitraum von insgesamt etwa drei Jahren, in dem<br />

anfangs nur die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen und später auch der Jahresabschluss für die Bürger zur


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

Einsichtnahme verfügbar gehalten werden müssen, eröffnet neue Möglichkeiten des politischen Miteinanders in<br />

den Gemeinden. Er verstärkt die mit der Darstellung des Ressourcenverbrauchs gewollte Transparenz des gemeindlichen<br />

Handelns und trägt zur Bürgerfreundlichkeit von Rat und Verwaltung bei.<br />

6.3 Die Formen des Verfügbarhaltens<br />

6.3.1 Allgemeine Zwecke<br />

Mit der Bekanntmachung der Haushaltssatzung werden die wichtigsten Angaben aus dem Ergebnisplan, dem<br />

Finanzplan sowie aus der Haushaltssatzung veröffentlicht. Der Grundsatz der Öffentlichkeit zieht sich durch das<br />

gesamte gemeindliche Haushaltsverfahren. Die Einwohner und Abgabepflichtigen können sich durch Einsichtnahme<br />

weitere Kenntnisse über die Haushaltssituation der Gemeinde verschaffen. Das Informationsangebot<br />

über den gemeindlichen Haushaltsplan als „Grundwerk“ des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde<br />

erfordert nicht, dass im betreffenden Haushaltsjahr laufend und dem Ablauf der Ausführung des Haushaltsplans<br />

entsprechend ergänzende Informationen an die Öffentlichkeit gegeben werden müssen.<br />

Eine unterjährige Aktualisierung des Haushaltsplans muss nur erfolgen, wenn die beschlossene Haushaltssatzung<br />

durch eine Nachtragssatzung geändert wurde (vgl. § 81 GO <strong>NRW</strong>). Der dazu aufgestellte Nachtragshaushaltsplan<br />

muss zusammen mit dem ursprünglichen Haushaltsplan den nunmehr geltenden Planungsstand transparent<br />

und nachvollziehbar für den o.a. Adressatenkreis aufzeigen. Es bleibt aber der Gemeinde überlassen, ob<br />

sie den beschlossenen Haushaltsplan für das neue Haushaltsjahr in herkömmlicher Weise als Druckwerk bereithält<br />

oder im Internet verfügbar macht oder ob sie in sonstiger Weise ihre Einwohner und Abgabepflichtigen über<br />

ihre wirtschaftliche Lage informiert.<br />

Die Gemeinde muss dabei dafür Sorge tragen, dass die bereitgestellten haushaltswirtschaftlichen Informationen<br />

barrierefrei verfügbar sind und der Zugang dazu nicht eingeschränkt ist, sodass z. B. für Menschen mit Behinderungen<br />

ggf. Hindernisse für ihre Teilhabe am haushaltswirtschaftlichen Geschehen bzw. an den Entscheidungsprozessen<br />

dazu bestehen (vgl. z. B.: Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung Nordrhein-Westfalen - BITV<br />

<strong>NRW</strong>). Außerdem darf die gesetzliche Frist nicht so ausgestaltet werden, dass diese auf ein unvertretbares Maß<br />

reduziert ist und damit dem Zweck der Beteiligung der Öffentlichkeit an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

entgegen gewirkt wird.<br />

6.3.2 Das Verfügbarhalten im Internet<br />

Die Gemeinde soll nach dem Grundsatz der Öffentlichkeit ihre Haushaltssatzung mit Haushaltsplan möglichst in<br />

verschiedenen Medienformen öffentlich zur Einsichtnahme bereitstellen. Mit der Veröffentlichung von Haushaltsunterlagen<br />

im Internet könnte ein wichtiger Beitrag zur Transparenz über die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

geleistet werden. Sie ist eine zeitgemäße Form, die auch dazu beitragen kann, dem Bürger den Zugang zu dem<br />

Haushalt der Gemeinde zu erleichtern. Diese Bekanntmachungsform muss immer im Zusammenhang mit anderen<br />

Formen der öffentlichen Bekanntmachung verwendet werden. Die vom Rat der Gemeinde beschlossene und<br />

veröffentlichte Haushaltssatzung mit Haushaltsplan unterliegt grundsätzlich nicht dem personenbezogenen Datenschutz,<br />

sondern soll gerade dem Bürger gegenüber das geplante haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde<br />

im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung im Haushaltsjahr aufzeigen.<br />

Die Gemeinde sollte bei einem Verfügbarhalten der Haushaltssatzung im Internet bereits in deren örtlicher Bekanntmachung<br />

darauf hinweisen und dazu die einschlägige Internetadresse angeben. Sie muss bei ihrem Informationsangebot<br />

über die gemeindliche Haushaltssatzung im Internet (Verfügbarhalten im Internet), aber auch bei<br />

ihren sonstigen Online-Auftritten und -Angeboten sowie bei den von ihr zur Verfügung gestellten Programmoberflächen<br />

im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung berücksichtigen, dass deren technische Gestaltung<br />

GEMEINDEORDNUNG 518


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

auch die Nutzung durch Menschen mit Behinderung ermöglicht (vgl. § 1 i.V.m. § 10 BGG <strong>NRW</strong>). Sie muss daher<br />

nach bestem Bemühen die Erstellung eines barrierefreien Angebotes vornehmen und bestimmte Aspekte dabei<br />

berücksichtigen und die alleinige Verantwortung für den Betrieb einer solchen Webseite tragen.<br />

Die Inhalte und das Erscheinungsbild des gemeindlichen Jahresabschlusses im Internet sind daher so zu gestalten,<br />

dass sie für alle Interessierten wahrnehmbar sind (vgl. § 2 BITV <strong>NRW</strong>). Als Barrierefreiheit wird dabei die<br />

Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der von der Gemeinde gestalteten Lebensbereiche für alle Menschen<br />

angesehen, sodass der Zugang und die Nutzung für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen<br />

Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe möglich sein müssen. Zu den zu gestalteten<br />

Lebensbereichen gehören nicht nur bauliche Anlagen und technische Gebrauchsgegenstände, sondern<br />

auch die Systeme der Informationsverarbeitung. Für das Verfügbarhalten von Informationen im Internet haben die<br />

folgende Aspekte eine erhebliche Bedeutung (vgl. Abbildung).<br />

EINZELASPEKTE<br />

Verantwortung<br />

Auffindbarkeit<br />

Zugänglichkeit<br />

Nutzbarkeit<br />

Bedienbarkeit<br />

Verständlichkeit<br />

Lesbarkeit<br />

Kostenfreiheit<br />

Belegbarkeit<br />

Aspekte für das Verfügbarhalten im Internet<br />

GEMEINDEORDNUNG 519<br />

INHALTE<br />

Veröffentlichung nur auf Internetseiten, die in der Verantwortung<br />

der Gemeinde liegen.<br />

Gestaltung der Internetseiten zur Wahrnehmung der gezeigten<br />

Elemente.<br />

Zulassung eines uneingeschränkten Nutzerkreises.<br />

Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Nutzerinnen und Nutzer.<br />

Sicherstellung der Bedienbarkeit und der einfachen Navigatio.<br />

Sicherstellung der Verständlichkeit der Informationen und der<br />

Funktionalität der Bedienung.<br />

Einsatz der natürlichen Sprache, in Größe, Form und Zeichen,<br />

z. B. auch die Gebärdensprache.<br />

Zulassung des kostenfreien Lesens und Ausdruckens.<br />

Angaben zur Einsichtnahme des Jahresabschlusses in Papierform.<br />

Abbildung 81 „Aspekte für das Verfügbarhalten im Internet“<br />

Für Internetauftritte und Internetangebote sowie andere grafische Programmoberflächen der Informationstechnik<br />

von Behörden der Bundesverwaltung, die öffentlich zugänglich sind, sind durch eine Verordnung des Bundes<br />

besondere Anforderungen bestimmt worden. Die „Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik<br />

nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung - BITV 2.0) ist im<br />

Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (vgl. BGBl. I S. 1843). Die Gemeinde unterliegt nicht dieser Verordnung.<br />

Sie kann die Verordnung aber als Hilfestellung für die Gestaltung ihrer eigenen Angebote nutzen.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 81<br />

Nachtragssatzung<br />

(1) 1 Die Haushaltssatzung kann nur durch Nachtragssatzung geändert werden, die spätestens bis zum Ablauf<br />

des Haushaltsjahres zu beschließen ist. 2 Für die Nachtragssatzung gelten die Vorschriften für die Haushaltssatzung<br />

entsprechend.<br />

(2) 1 Die Gemeinde hat unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn<br />

1. sich zeigt, dass trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit<br />

a) ein erheblicher Jahresfehlbetrag entstehen wird und der Haushaltsausgleich nur durch eine Änderung der<br />

Haushaltssatzung erreicht werden kann oder<br />

b) ein erheblich höherer Fehlbetrag als geplant entstehen wird und der höhere Fehlbetrag nur durch eine Änderung<br />

der Haushaltssatzung vermieden werden kann,<br />

2. bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen<br />

in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang<br />

geleistet werden müssen,<br />

3. Auszahlungen für bisher nicht veranschlagte Investitionen geleistet werden sollen.<br />

2<br />

Dies gilt nicht für überplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen im Sinne des § 83 Abs. 3.<br />

(3) Absatz 2 Nrn. 2 und 3 findet keine Anwendung auf<br />

1. geringfügige Investitionen und Instandsetzungen an Bauten, die unabweisbar sind,<br />

2. Umschuldung von Krediten für Investitionen.<br />

(4) 1 Im Übrigen kann, wenn die Entwicklung der Erträge oder der Aufwendungen oder die Erhaltung der Liquidität<br />

es erfordert, der Rat die Inanspruchnahme von Ermächtigungen sperren. 2 Er kann seine Sperre und die des<br />

Kämmerers oder des Bürgermeisters aufheben.<br />

Erläuterungen zu § 81:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Aufstellung einer Nachtragssatzung<br />

1.1 Der Anpassungsbedarf im Haushaltsjahr<br />

Die jährliche Haushaltswirtschaft der Gemeinde erfordert eine bindende Grundlage für ihre Ausführung durch die<br />

gemeindliche Verwaltung. Diese Grundlage schafft der Rat der Gemeinde im Rahmen seiner Zuständigkeit und<br />

seines Budgetrechtes durch den jährlichen Erlass einer Haushaltssatzung (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die Haushaltssatzung bindet die Verwaltung der Gemeinde und ermächtigt sie, die im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen für die dort ausgewiesenen Zwecke in Anspruch zu nehmen (vgl. §<br />

79 GO <strong>NRW</strong>). Sie hat aber nur in einem eingeschränkten Umfang eine unmittelbare Bindungswirkung für die<br />

Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde sowie die Abgabepflichtigen, z. B. wenn durch die Haushaltssatzung auch<br />

Steuersätze für die Gemeindesteuern festgesetzt werden.<br />

Im Rahmen der Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans kann sich aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

der Gemeinde und ihres Umfeldes ein Anpassungsbedarf bei den haushaltswirtschaftlichen Ermächtigungen<br />

im gemeindlichen Haushaltsplan ergeben, der so wesentlich oder erheblich ist, dass dieser sich auf die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung und auf die Einhaltung des Haushaltsausgleichs auswirkt, z. B. durch die Festsetzung des<br />

Gesamtbetrages der Erträge und Aufwendungen. Bei solchen Tatbeständen lassen sich die haushaltsmäßigen<br />

Ermächtigungen nur durch eine Änderung der vom Rat beschlossenen Haushaltssatzung und unter Beteiligung<br />

GEMEINDEORDNUNG 520


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

des Rates der Gemeinde im Rahmen des dafür gesetzlich vorgesehenen Verfahrens neu festlegen oder ergänzen<br />

(vgl. §§ 78 und 80 GO <strong>NRW</strong>). Eine Nachtragssatzung kann aber nur erlassen werden, wenn zuvor der Rat<br />

der Gemeinde eine Haushaltssatzung für das betreffende Haushaltsjahr beschlossen hat und diese auch in Kraft<br />

getreten ist (vgl. § 80 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Vorschrift schließt sich daran an und sieht deshalb bei einem örtlichen Bedarf an größeren haushaltswirtschaftlichen<br />

Anpassungen aus der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft den Erlass einer Nachtragssatzung<br />

vor. Die Gemeinde hat daher bei Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen unverzüglich eine<br />

Nachtragssatzung aufzustellen und darf diese nicht auf einen beliebigen späteren Zeitpunkt verschieben. Sie<br />

muss in diesem Zusammenhang beachten, dass eine Nachtragssatzung spätestens bis zum Ablauf des Haushaltsjahres<br />

durch den Rat der Gemeinde zu beschließen ist. Außerdem kann ein örtlicher Bedarf an größeren<br />

haushaltswirtschaftlichen Anpassungen aus der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft auch mehrmals<br />

im Haushaltsjahr auftreten, sodass ggf. auch mehrere Nachtragssatzungen durch die Gemeinde in einem<br />

Haushaltsjahr notwendig sind.<br />

1.2 Die Pflicht zur Aufstellung<br />

Der Anlass zur Aufstellung einer gemeindlichen Nachtragssatzung im Ablauf des Haushaltsjahres kann aus unterschiedlichen<br />

Gründen entstehen. Aus der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft kann sich z. B.<br />

ergeben, dass die in der gemeindlichen Haushaltssatzung festgesetzte Kreditermächtigung (vorgesehene Kreditaufnahmen<br />

für Investitionen, die Verpflichtungsermächtigungen, die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage<br />

und/oder Verringerung der allgemeinen Rücklage oder der Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

erhöht werden müssen (vgl. §§ 75, 85, 86 und 89 GO <strong>NRW</strong>). Über die Vornahme einer Anpassung muss die<br />

Gemeinde im Vergleich mit den Festsetzungen in der gemeindlichen Haushaltssatzung des Haushaltsjahres nach<br />

eigenverantwortlich entscheiden (vgl. § 78 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die haushaltswirtschaftliche Lage der Gemeinde kann sich im Haushaltsjahr aber auch so entwickelt haben, dass<br />

für die Gemeinde eine Pflicht zum Erlass einer gemeindlichen Nachtragssatzung entsteht. Die Vorschrift zeigt<br />

dazu drei Sachverhalte auf, bei deren Vorliegen die Gemeinde gesetzlich zum Erlass einer gemeindlichen Nachtragssatzung<br />

verpflichtet ist. Der Gesetzgeber sieht in diesen Fällen das Gesamtbild der tatsächlichen gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft nicht mehr in Einklang mit den haushaltsmäßigen Ermächtigungen in der vom Rat der<br />

Gemeinde beschlossenen Haushaltssatzung und im Haushaltsplan. Bei einer solchen Sachlage vor Ort hält er<br />

eine Nachtragssatzung zur Änderung der Haushaltssatzung für unverzichtbar und deshalb die Gemeinde zur<br />

Aufstellung einer Nachtragssatzung verpflichtet. Über den Anpassungsumfang muss die Gemeinde dabei im<br />

Vergleich mit den im gemeindlichen Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen eigenverantwortlich entscheiden.<br />

1.3 Die Bedarfsprüfung<br />

Im Rahmen des örtlichen Aufstellungsverfahrens soll sich die Gemeinde einen Überblick über die notwendigen<br />

Anpassungen der Festsetzungen in der gemeindlichen Haushaltssatzung und über die Anpassungen der haushaltsmäßigen<br />

Ermächtigungen im Haushaltsplan sowie ggf. der Anlagen zum gemeindlichen Haushaltsplan machen.<br />

Vor der Beschlussfassung über die gemeindliche Nachtragssatzung durch den Rat der Gemeinde sollte<br />

dann noch einmal geprüft werden, ob die vorgesehenen Anpassungen bzw. Änderungen der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung den materiellen und formellen Anforderungen entsprechen, denn nach Absatz 1 der Vorschrift<br />

gelten für die Nachtragssatzung der Gemeinde die Vorschriften für die gemeindliche Haushaltssatzung entsprechend.<br />

Insgesamt müssen von der Gemeinde die Verfahrensschritte durchgeführt werden, die auch beim Erlass<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung erfolgen müssen, z.B. die Bekanntmachung der Nachtragssatzung (vgl. § 2<br />

BekanntmVO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 521


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Nachtragssatzung der Gemeinde unterliegt zudem wie die jährliche Haushaltssatzung der Gemeinde keiner<br />

generellen Genehmigungspflicht durch die zuständige Aufsichtsbehörde, sondern ebenfalls nur einer Anzeigepflicht<br />

(vgl. § 80 Abs. 5 GO <strong>NRW</strong>). Nur wenn aufgrund der örtlichen haushaltswirtschaftlichen Verhältnisse zum<br />

Zeitpunkt der gemeindlichen Nachtragssatzung genehmigungspflichtige Tatbestände neu entstanden sind oder<br />

deren Umfang erweitert worden ist, lösen diese Tatbestände eine Genehmigungspflicht durch die Aufsichtsbehörde<br />

aus. Dazu zählt eine Verringerung der allgemeinen Rücklage (vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>) sowie das<br />

Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufstellung oder Fortschreibung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

(vgl. § 76 GO <strong>NRW</strong>). Diese Auswirkungen sind als sachgerecht und vertretbar anzusehen, denn das gemeindliche<br />

Haushaltssicherungskonzept ist auch ein Bestandteil des (geänderten) gemeindlichen Haushaltsplans (vgl. §<br />

79 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 1 Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

2. Die Aufstellung eines Nachtragshaushaltsplans<br />

Bei einer Nachtragshaushaltssatzung werden die erforderlichen Änderungen des Haushaltsplans durch den dieser<br />

Satzung beigefügten Nachtragshaushaltsplan vollzogen. Für diesen Nachtragshaushaltsplan gelten die gleichen<br />

rechtlichen Regelungen wie für die Aufstellung des gemeindlichen Haushaltsplans (vgl. § 80 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>) einschließlich der Beteiligung des Verwaltungsvorstands nach § 70 GO <strong>NRW</strong> und des Finanzausschusses<br />

des Rates nach § 59 GO <strong>NRW</strong>. Eine Aufgabe des Nachtragshaushaltsplans ist es daher, die notwendigen Änderungen<br />

des Haushaltsplans erkennbar und nachvollziehbar zu machen. Die gemeindliche Nachtragssatzung, in<br />

der die bisherigen Festsetzungen im Ergebnisplan und/oder im Finanzplan durch die vorgesehenen Veränderungen<br />

erhöht oder vermindert werden, verändert dadurch auch den gemeindlichen Haushaltsplan.<br />

Im gemeindlichen Nachtragshaushaltsplan sind die neuen oder veränderten Ermächtigungen zu veranschlagen,<br />

denn dieser muss die Änderungen der Erträge und Aufwendungen sowie der Einzahlungen und Auszahlungen<br />

enthalten, die im Zeitpunkt seiner Aufstellung übersehbar sind und oberhalb der vom Rat der Gemeinde festgelegten<br />

Wertgrenzen liegen (vgl. § 10 Absatz 1 Satz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die bei der Veranschlagung im Nachtragshaushaltsplan<br />

zu beachtende Wertgrenze ist dabei sachlich an das Vorliegen einer Erheblichkeit für den<br />

Erlass einer Nachtragssatzung gebunden. Dieser Zusammenhang besteht aufgrund der gemeindlichen Pflicht,<br />

eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen<br />

bei einzelnen Haushaltspositionen in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen<br />

erheblichen Umfang geleistet werden müssen oder Auszahlungen für bisher nicht veranschlagte<br />

Investitionen geleistet werden sollen.<br />

Bei den betreffenden Haushaltspositionen des Nachtragshaushaltsplans wird durch die Veranschlagung transparent<br />

und nachvollziehbar gemacht, welcher wichtige Änderungsbedarf sich unterjährig im Ablauf der Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde ergeben hat und wie damit bezogen auf die gesamte Haushaltswirtschaft der Gemeinde<br />

im Haushaltsjahr und die Verpflichtung zum Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> umgegangen werden<br />

soll. Der gemeindliche Nachtragshaushaltsplan soll daher alle vorgesehenen Veränderungen (Erhöhungen<br />

oder Minderungen) der Haushaltspositionen im Ergebnisplan und im Finanzplan sowie in den produktorientierten<br />

Teilplänen enthalten, aber auch die damit verbundenen Änderungen von Zielen und Kennzahlen. Bereits überoder<br />

außerplanmäßig entstandene Aufwendungen oder über- oder außerplanmäßig geleistete Auszahlungen<br />

müssen dabei nicht veranschlagt werden.<br />

3. Keine Anpassungspflicht<br />

3.1 Bei Änderungsbedarf bei örtlichen Zielen<br />

Im Rahmen der Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans kann sich aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

der Gemeinde auch ein Anpassungsbedarf bei den im gemeindlichen Haushaltsplan ausgewiesenen Zielen<br />

GEMEINDEORDNUNG 522


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

und Leistungskennzahlen ergeben, die im gemeindlichen Haushaltsplan enthalten sein müssen (vgl. § 12 GemH-<br />

VO <strong>NRW</strong>). In diesen Fällen entsteht keine gesetzliche Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung einer gemeindlichen<br />

Nachtragssatzung. Die Gemeinde hat vielmehr eigenverantwortlich über mögliche Anpassungen von Zielen und<br />

Leistungskennzahlen zu entscheiden. In den Fällen, in denen aber im Rahmen der Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft die Vornahme von Änderungen der im Haushaltsplan ausgewiesenen Ziele und Leistungskennzahlen<br />

sachlich geboten ist, bedarf es einer Beteiligung bzw. einer Information des Rates, wenn durch die<br />

vorgesehenen Änderungen die vom Rat gesetzten Ziele für die gemeindliche Haushaltswirtschaft berührt werden.<br />

Es bedarf aber auch in diesen Fällen keiner Aufstellung einer Nachtragssatzung durch die Gemeinde.<br />

3.2 Bei Änderungsbedarf in der mittelfristigen Planung<br />

Bei der Gemeinde kann sich aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung im Haushaltsjahr ein Anpassungsbedarf<br />

bei der im gemeindlichen Haushaltsplan enthaltenen mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in den drei dem<br />

Haushaltsjahr folgenden Planungsjahren ergeben. Die möglichen Veränderungen der mittelfristigen Haushaltsplanung<br />

der Gemeinde lösen jedoch keine Verpflichtung zur Aufstellung einer gemeindlichen Nachtragssatzung<br />

durch die Gemeinde aus, denn die Haushaltspositionen dieser Jahre werden nicht in die Festsetzungen der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung einbezogen. Die Inhalte der gemeindlichen Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr<br />

beziehen sich ausschließlich auf das jeweilige Haushaltsjahr. Lediglich bei der Verpflichtung zur Aufstellung<br />

eines Haushaltssicherungskonzeptes kann sich die Haushaltssatzung auch auf ein Folgejahr des Haushaltsjahres<br />

beziehen (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Änderung der Haushaltssatzung):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Änderung durch Nachtragssatzung):<br />

1.1.1 Der Begriff „Nachtragssatzung“<br />

Das Recht der Gemeinde, ihre Angelegenheiten durch Satzung eigenverantwortlich zu regeln, umfasst auch die<br />

Satzung über die gemeindliche Haushaltswirtschaft (vgl. § 7 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde entscheidet dabei über<br />

den Inhalt und die Zwecksetzungen der gemeindlichen Haushaltssatzung und hat dabei das geltende Recht zu<br />

beachten. Bei einem satzungsrechtlichen Änderungsbedarf kommt es dann üblicherweise zu einer vom Rat der<br />

Gemeinde beschlossenen Änderungssatzung. Entsprechend kommt es bei einem Anpassungsbedarf der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung zu einer Nachtragssatzung. Diese Satzung kann erforderlich werden, weil die<br />

Entwicklung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr so weitgehend fortgeschritten ist, dass für<br />

die weitere Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans einige Anpassungen und Ergänzungen bei der vom<br />

Rat der Gemeinde beschlossenen Haushaltssatzung notwendig werden (vgl. § 78 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Solche örtlichen Anpassungserfordernisse, insbesondere bei den Ermächtigungen im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

als Anlage zur Haushaltssatzung der Gemeinde, gaben den Ausschlag, die satzungsmäßige Änderung der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung als „Nachtragssatzung“ und nicht wie sonst üblich als „Änderungssatzung“ zu<br />

bezeichnen. Die Bezeichnung „Nachtragssatzung“ stellt dabei nur eine seit Jahren eingeführte gesetzliche Kurzbezeichnung<br />

dar. Die gemeindliche Satzung zur Anpassung der Haushaltssatzung müsste konkreter bzw. inhaltlich<br />

korrekt als „Nachtragshaushaltssatzung“ - wie in anderen Ländern - bezeichnet werden, denn eine „Nachtragssatzung“<br />

ist grundsätzlich zu jeder gemeindlichen Satzung möglich, die geändert oder ergänzt werden soll.<br />

GEMEINDEORDNUNG 523


1.1.2 Die Inhalte der Nachtragssatzung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

In der Nachtragssatzung der Gemeinde werden zur Anpassung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft an die<br />

tatsächliche Entwicklung die i.d.R. die Festsetzungen über den Gesamtbetrag der Erträge und der Aufwendungen<br />

für den gemeindlichen Ergebnisplan, über den Gesamtbetrag der Einzahlungen und Auszahlungen aus laufender<br />

Verwaltungstätigkeit, aus Investitionstätigkeit und aus Finanzierungstätigkeit für den Finanzplan der Gemeinde<br />

geändert. Darüber hinaus bedarf es ggf. auch einer Veränderung bzw. Neufestsetzung der Kreditermächtigung,<br />

der Verpflichtungsermächtigungen, der Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage und der Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage.<br />

Die gemeindliche Nachtragssatzung ist deshalb auch entsprechend der gemeindlichen Haushaltssatzung in einer<br />

vorgegebenen Art und Weise aufzubauen und zu gliedern. Soweit durch die Nachtragssatzung einzelne Festsetzungen<br />

der Haushaltssatzung nicht geändert werden, soll diese Sachlage in der Nachtragssatzung entsprechend<br />

angegeben werden. Für den Rat der Gemeinde liegt daher eine beschlussfähige gemeindliche Nachtragssatzung<br />

mit ihren Anlagen nur vor, wenn diese alle erforderlichen Änderungsregelungen für die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

bzw. die neuen Festsetzungen enthält und ihr alle geänderten Anlagen beigefügt sind.<br />

Der Verzicht auf eine ausdrückliche Aufzählung dieser Anlagen in den haushaltsrechtlichen Vorschriften steht<br />

dem Gebot der Beachtung des Grundsatzes der Vollständigkeit nicht entgegen. Eine solche Anpassung hat auch<br />

zu erfolgen, wenn in der gemeindlichen Haushaltssatzung bisher dafür keine Festlegungen enthalten sind. Die<br />

Festsetzungen in der Nachtragssatzung bauen dabei auf den notwendigen Änderungen der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

und des Haushaltsplans auf.<br />

1.1.3 Die Bindung der Nachtragssatzung<br />

Eine Nachtragssatzung der Gemeinde, die aufbauend auf der geltenden Haushaltssatzung des Haushaltsjahres<br />

(vgl. §§ 78 und 80 GO <strong>NRW</strong>) und dem dazugehörigen Haushaltsplan (vgl. § 79 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>) erlassen wird,<br />

entfaltet keine eigenständige Bindung der gemeindlichen Verwaltung. Vielmehr verändert eine gemeindliche<br />

Nachtragssatzung nur die Bindung der Verwaltung der Gemeinde an die ursprüngliche Haushaltssatzung in dem<br />

Umfang, in dem diese Satzung durch die Nachtragssatzung verändert und ergänzt wird. Dabei ist zu beachten,<br />

dass die Verpflichtung zum Haushaltsausgleich im Haushaltsjahr nach § 75 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong> auch bei<br />

einer Nachtragssatzung besteht, denn die Verpflichtung gilt auch im gemeindlichen Jahresabschluss.<br />

Dieser gesetzlichen „Bindung“ hat die Gemeinde nachzukommen, sodass bei der Fortschreibung der satzungsrechtlichen<br />

Festsetzungen durch die Nachtragssatzung nicht allein die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung<br />

der Gemeinde im Laufe des Haushaltsjahres zu berücksichtigen ist. Die gemeindliche Verwaltung wird durch die<br />

Nachtragssatzung ermächtigt, die im Haushaltsplan in geänderter Form enthaltenen Ermächtigungen für die dort<br />

ausgewiesenen Zwecke in Anspruch zu nehmen, wobei durch die Nachtragssatzung nicht die Geltungsdauer der<br />

für das Haushaltsjahr erlassenen Haushaltssatzung verändert wird (vgl. § 78 i.V.m. § 81 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.4 Die Frist für den Beschluss über die Nachtragssatzung<br />

Die weitere Vorgabe in der Vorschrift, die Nachtragssatzung spätestens bis zum Ablauf des Haushaltsjahres (31.<br />

Dezember) zu beschließen, schließt sich ebenfalls an die Vorschriften über die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

an. Sie ist erforderlich, weil nach § 78 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> die Haushaltssatzung der Gemeinde nur für das jeweilige<br />

Haushaltsjahr Geltung hat und das gemeindliche Haushaltsjahr das jeweilige Kalenderjahr ist (vgl. § 78 Absatz<br />

4 GO <strong>NRW</strong>). Diese Sachlage bedingt, dass der Rat der Gemeinde die Entscheidungen, die sich auf die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr auswirken sollen, auch im betreffenden Haushaltsjahr bzw. im Zeitraum<br />

der Geltungsdauer der gemeindlichen Haushaltssatzung trifft.<br />

GEMEINDEORDNUNG 524


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1.5 Dringlichkeitsentscheidung und Nachtragssatzung<br />

In haushaltswirtschaftlichen Angelegenheiten ist vielfach eine Entscheidung des Rates der Gemeinde einzuholen<br />

bzw. eine Beschlussfassung des Rates herbeizuführen (vgl. z. B. § 83 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). In den Fällen, in denen<br />

der Rat der Gemeinde nicht rechtzeitig einberufen und die Entscheidung auch nicht aufgeschoben werden<br />

kann, weil sonst erhebliche Nachteile oder Gefahren für die Gemeinde entstehen können, ist eine Dinglichkeitsentscheidung<br />

nach Maßgabe des § 60 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> möglich. Eine solche örtliche Dringlichkeitsentscheidung<br />

muss immer von Mitgliedern des Rates, vertretungsweise für den Rat, getroffen werden. In unaufschiebbaren<br />

Angelegenheiten kann daher der Bürgermeister zusammen mit einem Ratsmitglied entscheiden.<br />

Solche Dringlichkeitsentscheidungen kommen für alle gemeindlichen Angelegenheiten in Betracht. Sie haben<br />

aber nur einen vorübergehenden Charakter, weil sie anschließend dem Rat der Gemeinde zur Genehmigung<br />

vorzulegen sind (vgl. § 60 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Durch eine Dringlichkeitsentscheidung kann jedoch nicht<br />

eine gemeindliche Haushaltssatzung rechtswirksam erlassen werden. Für die gemeindliche Haushaltssatzung ist<br />

ein bestimmtes förmliches Verfahren vorgeschrieben ist, auf das auch bei einer möglichen Eilbedürftigkeit nicht<br />

verzichtet werden kann (vgl. § 80 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Rat der Gemeinde muss nach dieser Vorschrift z.B. nicht nur über die Haushaltssatzung entscheiden, sondern<br />

gesondert auch über die dazu erhobenen Einwendungen. Solche Ratsentscheidungen können daher nicht<br />

durch eine Dringlichkeitsentscheidung ersetzt werden. Das i.d.R. bei einer Dringlichkeitsentscheidung fehlende,<br />

gleichwohl aber vorgeschriebene Beteiligungsverfahren für den Erlass der gemeindlichen Haushaltssatzung kann<br />

auch nicht durch die bei einer Dringlichkeitsentscheidung erforderliche spätere Genehmigung des Rates ersetzt<br />

werden. Die Unzulässigkeit der Dringlichkeitsentscheidung bei der Haushaltssatzung gilt entsprechend für die<br />

gemeindliche Nachtragssatzung, denn für diese Satzung gelten nach § 81 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> die Vorschriften<br />

für die Haushaltssatzung entsprechend.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Geltung der Vorschriften für die Haushaltssatzung):<br />

1.2.1 Anwendung der Vorschriften über die Haushaltssatzung<br />

1.2.1.1 Die Gliederung der Nachtragssatzung<br />

Nach der Vorschrift gelten für die Nachtragssatzung der Gemeinde die Vorschriften für die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

entsprechend, d. h. insbesondere finden die §§ 78 und 80 GO <strong>NRW</strong> auf die Nachtragssatzung der<br />

Gemeinde Anwendung. Daher muss in der Nachtragssatzung der Gemeinde ein Bezug der darin enthaltenen<br />

Festsetzungen zu den Festlegungen in der gemeindlichen Haushaltssatzung bestehen (vgl. Abbildung).<br />

§<br />

1<br />

SATZUNGSINHALT<br />

Ergebnisplan<br />

Gesamtbetrag der Erträge<br />

Gesamtbetrag der Aufwendungen<br />

Finanzplan<br />

(lfd. Verwaltungstätigkeit)<br />

Gesamtbetrag der Einzahlungen<br />

Die Gliederung der Nachtragssatzung<br />

GEMEINDEORDNUNG 525<br />

Bisherige FESTSETZUNG<br />

Bisher festgesetzter<br />

Gesamtbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Gesamtbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Neue FESTSETZUNG<br />

Neuer Gesamtbetrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Gesamtbetrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Gesamtbetrag


2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

Gesamtbetrag der Auszahlungen<br />

(Investitionstätigkeit<br />

Gesamtbetrag der Einzahlungen<br />

Gesamtbetrag der Auszahlungen<br />

Finanzierungstätigkeit)<br />

Gesamtbetrag der Einzahlungen<br />

Gesamtbetrag der Auszahlungen<br />

Gesamtbetrag<br />

der Kredite für Investitionen<br />

Gesamtbetrag<br />

der Verpflichtungsermächtigungen<br />

für Investitionen<br />

Ausgleich des Ergebnisplans<br />

Verringerung der Ausgleichsrücklage<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage<br />

Höchstbetrag<br />

der Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

Steuersätze<br />

für die Gemeindesteuern<br />

Haushaltsausgleich<br />

wieder hergestellt bis ….<br />

Örtliche Sonderregelungen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

GEMEINDEORDNUNG 526<br />

Gesamtbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Gesamtbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Gesamtbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Gesamtbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Gesamtbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Gesamtbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Gesamtbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Gesamtbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Betrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Betrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzter<br />

Höchstbetrag in … EUR<br />

Bisher festgesetzt …<br />

Bisher festgesetzt bis …<br />

(Örtlich zu gestalten)<br />

Abbildung 82 „Die Gliederung der Nachtragssatzung“<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Gesamtbetrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Gesamtbetrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Gesamtbetrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Gesamtbetrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Gesamtbetrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Gesamtbetrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Gesamtbetrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Betrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Betrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neuer Höchstbetrag<br />

festgesetzt auf … EUR<br />

Neu festgesetzt …<br />

Neu festgesetzt …<br />

(Örtlich zu gestalten)<br />

Für die Festsetzung des Gesamtbetrages der Kredite, deren Aufnahme für die Investitionen erforderlich ist, in der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung würde dieses für den Fall, dass keine Anpassung erforderlich ist, zu der satzungsrechtlichen<br />

Festlegung führen „Der bisher festgesetzte Gesamtbetrag der Kredite für Investitionen wird nicht<br />

geändert“ (vgl. Anlage 2 zu Nr. 1.1.2 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>.<br />

6300). Außerdem ist die örtliche Ausgestaltung der gemeindlichen Nachtragssatzung nach dem bekannt gegebenen<br />

und für verbindlich erklärten Muster vorzunehmen (vgl. o.a. Runderlass).<br />

1.2.1.2 Der Ausweis der Veränderungen der Haushaltsermächtigungen<br />

Zur Nachtragssatzung der Gemeinde gehört auch immer ein Nachtragshaushaltsplan, der alle Änderungen der im<br />

Haushaltsjahr für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde voraussichtlich anfallenden Erträge und eingehenden<br />

Einzahlungen, die entstehenden Aufwendungen und zu leistenden Auszahlungen sowie die notwendigen Ver-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

pflichtungsermächtigungen bezogen auf die betroffenen Haushaltspositionen zu enthalten hat (vgl. § 10 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Der Nachtragshaushaltsplan sollte bei unterjährigem Anpassungsbedarf aber auch die Veränderungen bei<br />

den im Haushaltsplan abgebildeten Zielen und Leistungskennzahlen aufzeigen, soweit dazu Änderungen erfor-<br />

derlich geworden sind. Das nachfolgende Schema zeigt die Form der Festlegungen auf, die mit dem Nachtragshaushaltsplan<br />

verändert werden können (vgl. Abbildung).<br />

Die Festlegungen für den Nachtragshaushaltsplan<br />

Mit dem Nachtragshaushaltsplan werden<br />

Ergebnisplan<br />

Erträge<br />

Aufwendungen<br />

Finanzplan<br />

aus laufender<br />

Verwaltungstätigkeit:<br />

Einzahlungen<br />

Auszahlungen<br />

aus Investitionstätigkeit:<br />

Einzahlungen<br />

Auszahlungen<br />

aus Finanzierungstätigkeit:<br />

Einzahlungen<br />

Auszahlungen<br />

die<br />

bisherigen<br />

festgesetzten<br />

Gesamt-<br />

beträge<br />

EUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 527<br />

erhöht<br />

um<br />

EUR<br />

vermindert<br />

um<br />

EUR<br />

Abbildung 83 „Die Festlegungen für den Nachtragshaushaltsplan“<br />

1.2.1.3 Veränderungen bei den Anlagen zum Haushaltsplan<br />

und damit der<br />

Gesamtbetrag<br />

des<br />

Haushaltsplans<br />

einschl.<br />

Nachträge<br />

festgesetzt auf<br />

EUR<br />

Dem gemeindlichen Nachtragshaushaltsplan der Gemeinde sind zudem die in § 1 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong> vorgesehenen<br />

Anlagen beizufügen, um den notwendigen Überblick über das haushaltswirtschaftliche Geschehen<br />

bzw. die wirtschaftliche Lage der Gemeinde zum Zeitpunkt des Erlasses einer Nachtragssatzung zu aktualisieren<br />

und zu gewährleisten. Soweit die Anlagen zum Haushaltsplan im Rahmen der Nachtragssatzung geändert werden.<br />

sind diese dem Nachtragshaushaltsplan in ihrer neuen Form beizufügen. Zu den Anlagen des Nachtragshaushaltsplans<br />

können ggf. alle Anlagen zum gemeindlichen Haushaltsplan gehören (vgl. Abbildung).<br />

Die Anlagen zum gemeindlichen Haushaltsplan<br />

Vorbericht<br />

§ 1 Absatz 2 Nummer 1 i.V.m. § 7<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

Stellenplan<br />

Bilanz<br />

des Vorvorjahres<br />

Übersicht<br />

über die Verpflichtungsermächtigungen<br />

Übersicht<br />

über die Zuwendungen<br />

an die Fraktionen, Gruppen<br />

und einzelne Ratsmitglieder<br />

Übersicht<br />

über den voraussichtlichen Stand<br />

der Verbindlichkeiten<br />

zu Beginn des Haushaltsjahres<br />

Übersicht<br />

über die Entwicklung des Eigenkapitals<br />

Übersicht über die Wirtschaftslage<br />

und die voraussichtliche Entwicklung<br />

der Unternehmen und Einrichtungen<br />

sowie der Anstalten des öffentlichen Rechts<br />

und der Sondervermögen,<br />

für die Sonderrechnungen geführt werden<br />

Übersichten<br />

mit bezirksbezogenen Haushaltsangaben<br />

(in kreisfreien Städten)<br />

GEMEINDEORDNUNG 528<br />

§ 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz<br />

2 Nummer 2 und § 8 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.3 des Runderlasses<br />

vom 24.02.2005<br />

§ 1 Absatz 2 Nummer 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 2<br />

Nummer 4 und § 13 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

sowie Nr. 1.4.3 des Runderlasses vom<br />

24.02.2005<br />

§ 56 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz<br />

2 Nummer 5 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie<br />

Nr. 1.4.1 des Runderlasses vom<br />

24.02.2005<br />

§ 91 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz<br />

2 Nummer 6 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie<br />

Nr. 1.4.2 des Runderlasses vom<br />

24.02.2005<br />

§ 78 Absatz 2 Nr. 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1<br />

Absatz 2 Nummer 7 und § 41 Absatz 4<br />

Nr. 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§§ 97, 108 und 114 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1<br />

Absatz 2 Nummer 8 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

sowie weitere Rechtsvorschriften<br />

§ 37 Absatz 3 und 4 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1<br />

Absatz 2 Nummer 10 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 84 „Die Anlagen zum gemeindlichen Haushaltsplan“<br />

1.2.2 Die Verfahrensschritte für den Erlass einer Nachtragssatzung<br />

Für den Erlass der gemeindlichen Nachtragssatzung sind von der Gemeinde die gleichen Verfahrensschritte<br />

vorzunehmen, wie sie für die jährliche Haushaltssatzung der Gemeinde gesetzlich bestimmt worden sind. Der<br />

Entwurf der Nachtragssatzung mit ihren Anlagen ist daher vom Kämmerer aufzustellen und zu unterzeichnen.<br />

Anschließend hat der Kämmerer den Entwurf dem Bürgermeister zur Bestätigung vorzulegen. Die Bestätigung<br />

durch den Bürgermeister wird durch seine Unterschrift unter den Entwurf und die anschließende Zuleitung des<br />

Entwurfs an den Rat der Gemeinde abgeschlossen. Beide Verantwortlichen bringen mit ihrer Unterschrift zum<br />

Ausdruck, dass der aufgestellte Entwurf der gemeindlichen Nachtragssatzung mit ihren Anlagen aus ihrer Verantwortung<br />

heraus richtig und vollständig ist, sofern sie dazu keine besonderen Einschränkungen machen.<br />

Die Gemeinde hat nach Zuleitung des Entwurfs der Nachtragssatzung mit ihren Anlagen an den Rat diese unverzüglich<br />

bekannt zu geben und während der Dauer des Beratungsverfahrens im Rat zur Einsichtnahme verfügbar<br />

zu halten. Sie hat in der öffentlichen Bekanntgabe eine Frist von mindestens vierzehn Tagen festzulegen, in der<br />

Einwohner oder Abgabepflichtige gegen den Entwurf der gemeindlichen Nachtragssatzung Einwendungen erhe-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

ben können. Dazu ist die Stelle anzugeben, bei der die Einwendungen zu erheben sind. Die Gemeinde hat zudem<br />

die Frist für die Erhebung von Einwendungen so festzusetzen, dass der Rat vor der Beschlussfassung über<br />

die Nachtragssatzung mit ihren Anlagen in öffentlicher Sitzung darüber beschließen kann.<br />

Die vom Rat beschlossene Nachtragssatzung mit ihren Anlagen ist der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Im Rahmen<br />

der Anzeige der Nachtragsatzung der Gemeinde soll sich die Aufsichtsbehörde auch über die Verfahrensschritte<br />

zur Aufstellung der Nachtragssatzung informieren. Das Nachhalten dieser Verfahrensschritte, die terminlich<br />

bestimmt sein müssen, soll durch die nachfolgende Übersicht erleichtert werden. Sie zeigt die von der Gemeinde<br />

einzuhaltenden Verfahrensschritte auf (vgl. Abbildung).<br />

Das Verfahren zum Erlass der Nachtragssatzung<br />

VERFAHRENSSCHRITT<br />

Aufstellung<br />

des Entwurfs der Nachtragssatzung<br />

Zuleitung<br />

des Entwurfs der Nachtragssatzung<br />

Öffentliche Bekanntgabe<br />

des Entwurfs der Nachtragssatzung<br />

Beratung<br />

über die Nachtragssatzung<br />

Beratung und Beschlussfassung<br />

über die Nachtragssatzung<br />

Anzeige<br />

der Nachtragssatzung<br />

Ablauf der Anzeigefrist<br />

Bekanntmachung<br />

und Verfügbarhalten<br />

der Nachtragssatzung<br />

GEMEINDEORDNUNG 529<br />

TÄTIGKEITEN<br />

Aufstellung der Nachtragssatzung mit ihren Anlagen<br />

durch den Kämmerer und Bestätigung des Entwurfs<br />

durch den Bürgermeister (§ 81 i.V.m. § 80 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>).<br />

Zuleitung der Nachtragssatzung mit ihren Anlagen an<br />

den Rat (§ 81 i.V.m. § 80 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bekanntgabe des Entwurfs der Nachtragssatzung mit<br />

Festlegung einer Frist für die Erhebung von Einwendungen<br />

an mindestens 14 Tagen (§ 81 i.V.m. § 80<br />

Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Beratung über die Nachtragssatzung mit ihren Anlagen<br />

in öffentlicher Sitzung des Finanzausschusses (§ 59<br />

GO <strong>NRW</strong>).<br />

Beratung und Beschlussfassung über die Nachtragssatzung<br />

mit ihren Anlagen in öffentlicher Sitzung des<br />

Rates (§ 81 i.V.m. § 80 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>), ggf. auch<br />

Beschlussfassung über die erhobenen Einwendungen<br />

(§ 81 i.V.m. § 80 Absatz 3 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Anzeige der Nachtragssatzung mit ihren Anlagen bei<br />

der Aufsichtsbehörde (§ 81 i.V.m. § 80 Absatz 5 GO<br />

<strong>NRW</strong>; sie soll spätestens 1 Monat vor Beginn des<br />

Hausjahres erfolgen).<br />

Ablauf der Anzeigefrist,<br />

bei der zu beachten ist:<br />

1. Genehmigung der Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage (§ 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>)<br />

2. Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes (§<br />

76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Nachtragssatzung soll bis zum Ende der in § 96<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> benannten Frist verfügbar gehalten<br />

werden (§ 81 i.V.m. § 80 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Abbildung 85 „Das Verfahren zum Erlass der Nachtragssatzung“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

Die gemeindliche Nachtragssatzung ist außerdem von der Gemeinde bekannt zu machen. Die Gemeinde ist<br />

dabei nicht zu einer Neubekanntmachung der gesamten Haushaltssatzung verpflichtet. Die Nachtragssatzung mit<br />

ihren Anlagen ist der bestehenden Haushaltssatzung beizufügen, die für die Bürgerinnen und Bürger bis zum<br />

Ende der Einsichtnahme in den gemeindlichen Jahresabschluss verfügbar zu halten ist. Dabei haben die Bürgerinnen<br />

und Bürger keinen Anspruch darauf, dass die geänderte Haushaltssatzung der Gemeinde ihnen in einer<br />

Neufassung zur Verfügung gestellt wird. Das Zusammenführen von Haushaltsplan und Nachtragshaushaltsplan<br />

zur Einsichtnahme erleichtert den vollständigen Überblick über die aktuelle Haushaltswirtschaft der Gemeinde im<br />

laufenden Haushaltsjahr.<br />

1.2.3 Nachtragssatzung bei einer Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre<br />

1.2.3.1 Änderungsbedarf für das erste Haushaltsjahr<br />

Eine gemeindliche Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre bedarf oftmals bereits im Laufe des ersten Haushaltsjahres<br />

einer Anpassung an die tatsächliche Entwicklung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Bei einer<br />

von der Haushaltsplanung abweichenden wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde, die ggf. den jahresbezogenen<br />

Haushaltsausgleich gefährdet, können die in der Haushaltssatzung getroffenen Festsetzungen durch eine<br />

Nachtragssatzung korrigiert werden. Die gemeindliche Nachtragssatzung muss dann alle notwendigen gewordenen<br />

Änderungen sowie die neuen Festsetzungen mindestens für das erste Haushaltsjahr enthalten, z.B. beim<br />

Gesamtbetrag der Erträge und der Aufwendungen im Ergebnisplan, bei der Kreditermächtigung u.a. Sie ermächtigt<br />

die Verwaltung der Gemeinde, die angepassten Ermächtigungen des gemeindlichen Haushaltsplans für die<br />

dort ausgewiesenen Zwecke in der dann geltenden jahresbezogenen Form in Anspruch zu nehmen.<br />

Für eine gemeindliche Nachtragssatzung gelten die Vorschriften über die gemeindliche Haushaltssatzung entsprechend,<br />

auch wenn der Rat der Gemeinde eine Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre beschlossen hat<br />

(vgl. § 81 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). In diesen Fällen muss die gemeindliche Nachtragssatzung, soweit diese<br />

sich auf den Änderungsbedarf für das erste Haushaltsjahr bezieht, spätestens bis zum 31. Dezember des ersten<br />

Haushaltsjahres vom Rat beschlossen worden sein. Bei örtlichem Bedarf kann durch diese Nachtragssatzung<br />

bereits eine Korrektur der Festsetzungen für das zweite Haushaltsjahr vorgenommen werden. Eine Nachtragssatzung<br />

im zweiten Haushaltsjahr kann sich jedoch nur noch auf das zweite Haushaltsjahr beziehen. Sie kann<br />

keine Rückwirkung mehr auf das erste Haushaltsjahr entfalten.<br />

1.2.3.2 Änderungsbedarf für das zweite Haushaltsjahr<br />

Aus der Entwicklung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft kann sich bei einer Haushaltssatzung für zwei Haushaltsjahre<br />

ein Änderungsbedarf im ersten Haushaltsjahr ergeben, der auch für das zweite Haushaltsjahr besteht<br />

oder sich darauf auswirkt. Der Rat der Gemeinde kann, wenn die Anpassungen für beide Haushaltsjahre ermittelt<br />

werden können, bereits im ersten Haushaltsjahr auch eine Änderung der für das zweite Haushaltsjahr getroffenen<br />

Festsetzungen beschließen.<br />

Soweit die Gemeinde mit ihrer Entscheidung über eine Nachtragsatzung jedoch das zweite Haushaltsjahr abwartet,<br />

kann ggf. eine Pflicht zur Aufstellung einer Nachtragssatzung entstehen. Diese Sachlage ist insbesondere<br />

dann gegeben, wenn örtliche Sachverhalte vorliegen, die unter der Vorschrift des § 81 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> subsumiert<br />

werden können. In allen Fällen hat der Rat der Gemeinde eine Nachtragssatzung für das zweite Haushaltsjahr<br />

spätestens bis zum 31. Dezember des zweiten Haushaltsjahres zu beschließen. Für diese gemeindliche<br />

Satzung gelten die Vorschriften über die Haushaltssatzung entsprechend (vgl. § 81 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 530


2. Zu Absatz 2 (Erlass der Nachtragssatzung):<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

2.1 Zu Satz 1 (Verpflichtung zum Erlass einer Nachtragssatzung):<br />

2.1.01 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Vorschrift enthält drei Sachverhalte, bei deren Auftreten die Gemeinde gesetzlich verpflichtet wird, eine Nachtragssatzung<br />

zu erlassen. Die Gemeinde hat unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn sich zeigt,<br />

dass trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit ein erheblicher Jahresfehlbetrag entstehen wird und der Haushaltsausgleich<br />

nur durch eine Änderung der Haushaltssatzung erreicht werden kann. Die Gemeinde hat auch dann<br />

eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn von der Gemeinde bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen<br />

oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen<br />

oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang geleistet werden müssen.<br />

Eine Nachtragssatzung ist aber auch zu erlassen, wenn Auszahlungen für bisher nicht veranschlagte Investitionen<br />

geleistet werden sollen. In diesen drei in der Vorschrift benannten Fällen werden die Veränderungen der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft als so schwerwiegend betrachtet, dass das Gesamtbild nicht mehr mit der<br />

beschlossenen Haushaltssatzung in Einklang steht, sondern es unerlässlich ist, eine Nachtragssatzung zu beschließen.<br />

Die Gemeinde darf ohne Nachtragssatzung nicht die Aufwendungen entstehen lassen oder die Auszahlungen<br />

leisten, die als Ursache zur Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung einer Nachtragssatzung führen. Sie<br />

hat eine Nachtragssatzung unverzüglich aufzustellen, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass gegeben sind.<br />

Die Gemeinde kann diese nicht auf einen beliebigen späteren Zeitpunkt verschieben.<br />

2.1.02 Die Festlegung der Erheblichkeit<br />

Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "erheblich" in Bezug auf bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche<br />

Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen ist von der Gemeinde eigenverantwortlich<br />

vorzunehmen. Diese Festlegung wird am ehesten den unterschiedlichen Verhältnissen in den Gemeinden<br />

gerecht. Sie stärkt damit die Eigenverantwortung der Gemeinden für ihr haushaltswirtschaftliches Handeln.<br />

Die Ausgestaltung des unbestimmten Rechtsbegriffs sollte jedoch in Abstimmung mit dem Rat der Gemeinde<br />

erfolgen, denn die Regelung in § 83 GO <strong>NRW</strong>, dass geringe überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen<br />

und Auszahlungen dem Rat zur Kenntnis zu bringen sind, entlässt die gemeindliche Verwaltung nicht aus der<br />

„gemeinsamen“ Entscheidung in Zusammenarbeit mit dem Rat.<br />

In diesem Zusammenhang ist das Verhältnis wichtig, in dem der Begriff „erheblich“ auszugestalten ist, denn der<br />

Begriff wird in der Vorschrift einerseits auf den Jahresfehlbetrag bezogen (Absatz 2 Nummer 1 der Vorschrift) und<br />

andererseits auf das Verhältnis von Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen zu den<br />

gemeindlichen Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen (vgl. Absatz 2 Nummer 2 der Vorschrift). Für<br />

die Auslegung des Begriffs in Form der Festlegung einer Betragsgrenze bietet sich eine Regelung in der Haushaltssatzung<br />

nach § 78 GO <strong>NRW</strong> an, weil dadurch das Budgetrecht des Rates berührt wird. Bei einer überjährigen<br />

Bedeutung kann auch eine Festlegung durch einen gesonderten Ratsbeschluss erfolgen. In einem solchen<br />

Fall muss örtlich sichergestellt werden, dass ein Bezug eines solchen Beschlusses zur jährlichen Haushaltssatzung<br />

bzw. der Veranschlagung im Haushaltsplan eindeutig hergestellt wird.<br />

Die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs „erheblich“ in § 81 GO <strong>NRW</strong> durch die Gemeinde in Form einer<br />

betragsmäßigen Abgrenzung wirkt sich wegen des engen Zusammenhangs der Vorschriften über die gemeindliche<br />

Nachtragssatzung und den gemeindlichen Nachtragshaushaltsplan unmittelbar auch auf die Veranschlagung<br />

im Nachtragshaushaltsplan aus. Der Begriff erheblich“ ist daher nicht ohne Berücksichtigung des Begriffes „oberhalb<br />

der vom Rat festgelegten Wertgrenzen“ örtlich auszufüllen. Dabei besteht zudem ein Zusammenhang zu der<br />

vom Rat der Gemeinde festzulegenden Wertgrenze für gemeindliche Investitionen (vgl. § 14 Absatz 1 GemHVO<br />

GEMEINDEORDNUNG 531


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

<strong>NRW</strong>), denn die Pflicht der Gemeinde zum Erlass einer Nachtragssatzung kann auch durch geplante Auszahlungen<br />

für bisher nicht im gemeindlichen Finanzplan veranschlagte Investitionen entstehen (vgl. § 81 Absatz 2<br />

Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.1 Zu Nummer 1 (Nachtragssatzung wegen eines Jahresfehlbetrages):<br />

2.1.1.1 Zu a (Entstehung eines nicht geplanten Fehlbetrages)<br />

Nach der Vorschrift hat die Gemeinde unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn sich zeigt, dass<br />

trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit ein erheblicher Jahresfehlbetrag entstehen wird und der Haushaltsausgleich<br />

nur durch eine Änderung der Haushaltssatzung erreicht werden kann. Diese Vorgabe zur Änderung der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung folgt der gesetzlichen Verpflichtung zum Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong>. Nach dieser Vorschrift ist der jährliche gemeindliche Haushalt ausgeglichen, wenn der Gesamtbetrag<br />

der Erträge die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen erreicht oder übersteigt. Außerdem gilt diese Ausgleichsregel<br />

im NKF ausdrücklich sowohl im Rahmen der Haushaltsplanung (Ausgleich in der Planung) als auch<br />

im Jahresabschluss der Gemeinde (Ausgleich in der Rechnung).<br />

Die gesetzliche Regelung über den Haushaltsausgleich löst die Verpflichtung der Gemeinde aus, auch im Rahmen<br />

der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft alles zu tun, um dieser Verpflichtung nach zu kommen,<br />

insbesondere dann, wenn die Entwicklung der Erträge und Aufwendungen bzw. der Einzahlungen und Auszahlungen<br />

für Investitionen anders verläuft als es bei der Verabschiedung des Haushaltsplans angenommen<br />

wurde. Ausgehend von der im Ermessen der Gemeinde liegenden Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs<br />

„erheblich“ und unter Berücksichtigung ihrer Möglichkeiten, den Haushaltsausgleich im Haushaltsjahr wieder zu<br />

erreichen, muss sie eine Nachtragssatzung nach dieser Vorschrift erlassen. Sie hat dabei auch zu berücksichtigen,<br />

dass sich in Höhe des Fehlbetrages in der Ergebnisrechnung (die Aufwendungen sind höher als die Erträge)<br />

das gemeindliche Vermögen (Eigenkapital) entsprechend verringert.<br />

2.1.1.2 Zu b (Entstehung eines höheren Fehlbetrages)<br />

Die Gemeinde muss in den Fällen, in denen sich unterjährig zeigt, dass trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit,<br />

z. B. durch die Verhängung einer Haushaltssperre nach § 24 GemHVO <strong>NRW</strong>, ein höherer Jahresfehlbetrag als<br />

geplant entstehen wird, und der höhere Fehlbetrag nur durch eine Änderung der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

vermieden werden kann, eine Änderung ihrer satzungsrechtlichen Ermächtigungen zur Ausführung ihrer<br />

Haushaltswirtschaft herbeizuführen. Die Verschärfung einer bereits in der Haushaltssatzung ausgewiesenen<br />

erheblichen defizitären Haushaltslage durch einen höheren Fehlbetrag sowie das Budgetrecht des Rates gebieten<br />

es in diesen Fällen, die Gemeinde zur Aufstellung einer Nachtragssatzung zu verpflichten. Die Gemeinde hat<br />

bei der Aufstellung einer Nachtragssatzung darauf hinzuwirken, dass auch das Kriterium der Wiedererreichung<br />

des Haushaltsausgleichs dabei ausreichend beachtet wird.<br />

Die Aufstellung einer Nachtragssatzung ist bei einem höheren Fehlbetrag als geplant auch nach dem Sinn und<br />

Zweck der Vorschrift geboten. Die Basis für die Betrachtung, ob eine Nachtragssatzung aufgestellt werden soll<br />

oder muss, stellen deshalb immer der im Ergebnisplan enthaltene Jahresfehlbetrag und der voraussichtliche<br />

Jahresfehlbetrag dar. Die Vorschrift setzt dazu keine Bagatellgrenze fest. Es ist daher örtlich von der Gemeinde<br />

eigenverantwortlich zu entscheiden, ab welchem höheren Fehlbetrag eine Nachtragssatzung förmlich aufgestellt<br />

und vom Rat beschlossen wird. Sie muss jedoch mindestens ab dem Zeitpunkt ihrer Kenntnis über einen solchen<br />

Fehlbetrag unverzüglich die dringend erforderlichen Gegenmaßnahmen veranlassen.<br />

Der Rat der Gemeinde und die gemeindliche Verwaltung tragen gleichermaßen die Verantwortung für die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft und müssen daher durch geeignete Maßnahmen die möglicherweise eintretenden<br />

GEMEINDEORDNUNG 532


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

haushaltswirtschaftlichen Verschlechterungen verhindern. Sie müssen der weiteren Verschärfung der wirtschaftlichen<br />

Lage der Gemeinde ohne Verzögerung entgegen wirken, auch wenn damit gleichzeitig die Wiedererreichung<br />

des Haushaltsausgleichs formal nicht möglich wird. Die gesetzliche Vorgabe des Erlasses einer gemeindlichen<br />

Nachtragssatzung stellt deshalb einen geeigneten und sachgerechten Schritt im Sinne der Sicherstellung<br />

der gemeindlichen Aufgabenerfüllung dar (vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.2 Zu Nummer 2 (Neue Aufwendungen oder Auszahlungen):<br />

Nach der Vorschrift hat die Gemeinde unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn bisher nicht veranschlagte<br />

oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen in einem im<br />

Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang geleistet werden müssen.<br />

Diese Vorgabe zur Änderung der gemeindlichen Haushaltssatzung folgt der gesetzlichen Regelung über die<br />

Behandlung von unterjährig erforderlichen überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen<br />

(vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong>). Die Begriffe „überplanmäßig“ und „außerplanmäßig“ leiten sich von dem haushaltsrechtlichen<br />

Begriff „planmäßig“ ab. Als planmäßige Aufwendungen und Auszahlungen gelten alle Ermächtigungen,<br />

die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Rates über die Haushaltssatzung im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

veranschlagt sind.<br />

Die Pflicht für die Aufstellung einer gemeindlichen Nachtragssatzung leitet sich dann aus überplanmäßigen Aufwendungen<br />

ab, wenn diese zusätzlich zu den unter den einzelnen Haushaltspositionen im Ergebnisplan veranschlagten<br />

Aufwendungen erforderlich werden. Sie leitet sich aus außerplanmäßigen Aufwendungen ab, wenn<br />

dafür unter den einzelnen Haushaltspositionen keine Aufwendungen veranschlagt worden sind. Diese Einordnungen<br />

gelten entsprechend für von der Gemeinde zu leistende Auszahlungen, wenn die betreffenden Haushaltspositionen<br />

im Finanzplan überschritten werden oder keine Haushaltspositionen bestehen.<br />

Bei solchen überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen besteht regelmäßig<br />

keine erhöhte Dringlichkeit, sodass in zeitlicher Hinsicht die Änderungen und Ergänzungen des Haushaltsplans<br />

durch die Nachtragssatzung abgewartet werden können und es dazu nicht der Entscheidung des Kämmerers<br />

oder der vorherigen Zustimmung des Rates der Gemeinde nach § 83 GO <strong>NRW</strong> bedarf. Die Pflicht zur Aufstellung<br />

einer Nachtragssatzung knüpft dabei an eine Verhältnisbildung an, denn es wird durch die Vorschrift vorgegeben,<br />

dass die bisher nicht veranschlagten oder zusätzlichen Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen<br />

im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblich sein müssen.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen, die erst bei<br />

der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses nach Ablauf des Haushaltsjahres festgestellt werden,<br />

grundsätzlich auch die Pflicht zur Aufstellung einer Nachtragssatzung auslösen, diese jedoch nicht mehr erfüllbar<br />

ist, weil die Haushaltssatzung der Gemeinde nur durch eine Nachtragssatzung geändert werden kann, die spätestens<br />

bis zum Ablauf des Haushaltsjahres zu beschlossenen sein muss. Derartige Aufwendungen, die wirtschaftlich<br />

dem abgelaufenen Haushaltsjahr zuzurechnen sind, unterliegen dann der Entscheidung des Kämmerers<br />

oder der Zustimmung des Rates der Gemeinde, die im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

mit erledigt werden müssen.<br />

2.1.3 Zu Nummer 3 (Auszahlungen für neue Investitionen):<br />

Nach der Vorschrift hat die Gemeinde unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn Auszahlungen für<br />

bisher nicht im gemeindlichen Finanzplan veranschlagte Investitionen geleistet werden sollen. Diese Regelung<br />

knüpft an die Bestimmung an, nach der Investitionen oberhalb der vom Rat festgelegten Wertgrenzen beschlossen<br />

und im Haushaltsplan ausgewiesen werden sollen, wenn durch einen Wirtschaftlichkeitsvergleich, die für die<br />

Gemeinde wirtschaftlichste Lösung ermittelt worden ist (vgl. § 14 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). In diesem Zusam-<br />

GEMEINDEORDNUNG 533


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

menhang ist auch zu beachten, dass Ermächtigungen für Baumaßnahmen erst dann im gemeindlichen Finanzplan<br />

veranschlagt werden sollen, wenn Baupläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen<br />

die Art der Ausführung, die Gesamtkosten der Maßnahme, getrennt nach Grunderwerb und Herstellungskosten,<br />

einschließlich der Einrichtungskosten sowie der Folgekosten ersichtlich sind (vgl. § 14 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der Veranschlagung gemeindlicher Baumaßnahmen wird der Gemeinde hinsichtlich der haushaltsmäßigen<br />

Umsetzung ein weiter Spielraum, denn trotz sorgfältiger Aufstellung eines Bauzeitplans können unvorhersehbare<br />

Ereignisse zu Änderungen bei einer begonnenen Maßnahme führen. In solchen Fällen wäre der Erlass einer<br />

Nachtragssatzung zu aufwändig, um eine Anpassung im gemeindlichen Haushaltsplan herbeizuführen. Daher<br />

steht die Regelung in der Vorschrift auch in Beziehung zu § 83 GO <strong>NRW</strong>, denn danach sind überplanmäßige<br />

Auszahlungen für Investitionen, die im folgenden Jahr fortgesetzt werden, auch dann zulässig, wenn ihre Deckung<br />

erst im folgenden Jahr gewährleistet ist.<br />

Dieser Sachverhalt ist aber nicht mehr gegeben, wenn neue Investitionen begonnen werden sollen, für die wegen<br />

der fehlenden Einbeziehung in die Haushaltsplanung der Gemeinde die entsprechenden Auszahlungsermächtigungen<br />

des Rates der Gemeinde fehlen. Die gesetzliche Regelung soll daher auch gewährleisten, dass der Rat<br />

im Rahmen seines Budgetrechts über Auszahlungen für neue Investitionen entscheidet, die unterjährig begonnen<br />

werden sollen und für die voraussichtlich noch im Haushaltsjahr Auszahlungen zu leisten sind.<br />

2.1.4 Aufstellungspflicht und örtliche Ziele und Leistungskennzahlen<br />

Die Pflicht zur Aufstellung einer Nachtragssatzung wird nicht allein durch notwendige unterjährige Veränderungen<br />

der abgeschlossenen Vereinbarungen über Ziele und Leistungskennzahlen ausgelöst. Die Ziele und Leistungskennzahlen<br />

(vgl. § 12 GemHVO <strong>NRW</strong>) sind in der Regel zwar durch ihre Abbildung in den Teilplänen des Haushaltsplans<br />

in den Rahmen der gemeindlichen Haushaltssatzung einbezogen, jedoch sind sie deshalb noch nicht<br />

als originäre Bestandteile der Haushaltssatzung nach § 78 GO <strong>NRW</strong> anzusehen. Die Veränderungen von Zielen<br />

und Leistungskennzahlen können nicht selbstständig eine eigenständige Pflicht zur Aufstellung einer Nachtragssatzung<br />

durch die Gemeinde auslösen.<br />

In den Fällen, in denen ausschließlich Änderungen bei den im gemeindlichen Haushaltsplan ausgewiesenen<br />

Zielen und Kennzahlen erforderlich sind, kann es einer Beteiligung bzw. Information des Rates bedürfen, wenn<br />

die von ihm gesetzten Ziele durch die vorgesehenen Änderungen berührt werden. Wenn die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

jedoch durch eine Nachtragssatzung verändert werden soll und es werden dadurch auch die vereinbarten<br />

Ziele und Leistungskennzahlen berührt, bedarf es auch hier der Umsetzung der notwendigen Änderungen<br />

und das Aufzeigen der Veränderungen im Nachtragshaushaltsplan (vgl. § 10 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Soweit Veränderungen der zwischen Rat und Verwaltung und innerhalb der Verwaltung vereinbarten Ziele und<br />

Leistungskennzahlen unterjährig erforderlich geworden und die bisherigen Ziele und Leistungskennzahlen im<br />

gemeindlichen Haushaltsplan enthalten sind, muss spätestens im Jahresabschluss der Gemeinde nicht nur über<br />

die Ergebnisse, sondern auch über die vorgenommenen Änderungen informiert werden. In den Teilrechnungen<br />

im Jahresabschluss lassen sich im Rahmen der Abbildung der Ist-Zahlen zu den in den Teilplänen ausgewiesenen<br />

Leistungsmengen und Leistungskennzahlen, um den Grad der Zielerreichung nachzuweisen, auch dann<br />

noch notwendig gewordene unterjährige Veränderungen nachvollziehbar darstellen.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Keine Nachtragssatzung bei Fortsetzungsinvestitionen):<br />

Die getroffene Regelung entbindet die Gemeinde von der Pflicht zur Aufstellung einer Nachtragssatzung, wenn<br />

überplanmäßige Auszahlungen für laufende Investitionsmaßnahmen notwendig werden, deren Durchführung bis<br />

ins nächste Haushaltsjahr hinein reicht. Dafür wird auf die Vorschrift des § 83 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> verwiesen,<br />

GEMEINDEORDNUNG 534


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

durch die überplanmäßige Auszahlungen für Investitionen zulässig sind, wenn diese im folgenden Jahr fortgesetzt<br />

werden. Für solche Investitionsmaßnahmen können entstehende überplanmäßige Auszahlungen als Vorgriffe auf<br />

das kommende Haushaltsjahr behandelt werden, wenn ihre Deckung im Folgejahr gewährleistet ist. Der Verzicht<br />

auf eine Nachtragssatzung ist jedoch nicht bei entstehenden Aufwendungen möglich, denn diese entstehen erst<br />

mit der Nutzung des beschafften oder hergestellten Vermögensgegenstandes und sind dann periodengerecht<br />

zuzuordnen. Die Vorschrift ist daher nur auf überplanmäßige Auszahlungen im Sinne des § 83 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

ausgerichtet, auch wenn in der Vorschrift das Wort „Aufwendungen“ enthalten ist.<br />

3. Zu Absatz 3 (Verzicht auf eine Nachtragssatzung):<br />

3.1 Zu Nummer 1 (Verzicht bei geringfügigen Investitionen):<br />

Durch die Vorschrift wird ein Verzicht auf die Aufstellung einer gemeindlichen Nachtragssatzung zugelassen,<br />

wenn Auszahlungen für geringfügige Investitionen und Instandsetzungen an Bauten unabweisbar und von der<br />

Gemeinde zu leisten sind. Es ist dazu bestimmt worden, dass Absatz 2 Nummern 2 und 3 der Vorschrift in diesen<br />

Fällen keine Anwendung findet. Nach Absatz 2 Nummern 2 und 3 der Vorschrift hat die Gemeinde unverzüglich<br />

eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen<br />

bei einzelnen Haushaltspositionen in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen<br />

erheblichen Umfang geleistet werden müssen (Nummer 2). Eine Nachtragssatzung ist aber<br />

auch zu erlassen, wenn gemeindliche Auszahlungen für bisher nicht veranschlagte Investitionen von der Gemeinde<br />

geleistet werden sollen (Nummer 3).<br />

Bei geringfügigen Investitionen und Instandsetzungen an Bauten, die unabweisbar sind, wird es als vertretbar und<br />

ausreichend angesehen, den Mehrbedarf an Auszahlungen für solche Maßnahmen nach dem Verfahren über<br />

außerplanmäßige Auszahlungen nach § 83 GO <strong>NRW</strong> abzuwickeln. Der Begriff der Unabweisbarkeit, der vom<br />

Gesetzgeber nicht näher definiert worden ist, stellt auf die dringende Notwendigkeit bzw. Eilbedürftigkeit der Umsetzung<br />

sowie darauf ab, dass eine Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt nicht möglich ist oder wirtschaftlich<br />

unzweckmäßig wäre. Die Gemeinde muss aufgrund rechtlicher oder faktischer Zwänge weder sachlich noch<br />

zeitlich eine Handlungsalternative haben. Im Bedarfsfalle ist deshalb sorgfältige Analyse notwendig, um einen<br />

Mehrbedarf gegenüber den bestehenden haushaltsplanmäßigen Ermächtigungen festzustellen. Außerdem sollte<br />

der Rat der Gemeinde eine Entscheidung über die Abgrenzung des Begriffs „geringfügig“ treffen.<br />

3.2 Zu Nummer 2 (Verzicht bei Umschuldungen):<br />

Durch die Vorschrift wird ein Verzicht auf die Aufstellung einer gemeindlichen Nachtragssatzung zugelassen,<br />

wenn Auszahlungen für die Umschuldung von Krediten für Investitionen entstehen, denn es ist bestimmt worden,<br />

dass Absatz 2 Nummern 2 und 3 der Vorschrift dann keine Anwendung findet. Nach Absatz 2 Nrn. 2 und 3 der<br />

Vorschrift hat die Gemeinde unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn bisher nicht veranschlagte<br />

oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen in einem im Verhältnis zu<br />

den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang geleistet werden müssen (Nummer<br />

2) und wenn eine Nachtragssatzung ist aber auch zu erlassen, wenn gemeindliche Auszahlungen für bisher nicht<br />

veranschlagte Investitionen geleistet werden sollen (Nummer 3).<br />

Bei der Umschuldung von Krediten für Investitionen entsteht zwar ein Mehrbedarf an Auszahlungen für solche<br />

Maßnahmen, diesen steht jedoch regelmäßig in gleicher Höhe eine Einzahlung gegenüber. Zudem kann es bei<br />

einer solchen haushaltsmäßigen Maßnahme zu einer wirtschaftlichen Entlastung im Rahmen der zu vereinbarenden<br />

Zinszahlungen kommen. Der Mehrbedarf an Auszahlungen für solche Maßnahmen soll nach dem Verfahren<br />

über außerplanmäßige Auszahlungen nach § 83 GO <strong>NRW</strong> abgewickelt werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 535


4. Zu Absatz 4 (Haushaltssperre durch den Rat):<br />

4.1 Zu Satz 1 (Erlass einer Haushaltssperre):<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong><br />

Im Zusammenhang mit dem Erlass einer Nachtragssatzung ist gesetzlich festgelegt worden, dass der Rat die<br />

Inanspruchnahme von Ermächtigungen sperren kann, wenn die Entwicklung der Erträge oder der Aufwendungen<br />

oder die Erhaltung der Liquidität dies erfordert (Haushaltssperre). Durch diese Regelung wird bestätigt, dass der<br />

Rat ebenfalls über das Instrument der haushaltswirtschaftlichen Sperre verfügt, wie es durch § 24 Absatz 1<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> dem Kämmerer, und wenn ein solcher nicht bestellt ist, dem Bürgermeister eingeräumt wird.<br />

Diese Möglichkeit zum Erlass einer Haushaltssperre durch den Rat der Gemeinde baut darauf auf, dass der Rat<br />

unverzüglich zu unterrichten ist, wenn vom Kämmerer oder Bürgermeister eine haushaltswirtschaftliche Sperre<br />

ausgesprochen worden ist (vgl. § 24 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Nicht nur beim Erlass einer Haushaltssperre<br />

durch den Rat muss in haushaltswirtschaftlichen Fragen eine örtliche Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen<br />

dem Rat und der gemeindlichen Verwaltung erfolgen.<br />

4.2 Zu Satz 2 (Aufhebung einer Haushaltssperre):<br />

4.2.1 Die Aufhebung der Haushaltssperre des Rates<br />

Die Vorschrift sieht ausdrücklich vor, dass der Rat der Gemeinde seine Sperre aufheben kann. Die ausdrückliche<br />

Regelung über die Aufhebung der eigenen Sperre soll nur eine fiktive Lücke schließen und verhindern, dass<br />

örtliche Meinungsverschiedenheiten darüber entstehen, ob der Rat seine Haushaltssperre auch aufheben kann,<br />

wenn keine entsprechende Aussage in der Vorschrift enthalten wäre. Der Rat der Gemeinde aufgrund seiner<br />

Allzuständigkeit und seines Budgetrechtes eine Haushaltssperre erlassen kann, ist auch ohne ausdrückliche<br />

gesetzliche Regelung berechtigt, seine eigene erlassene Haushaltssperre durch einen Beschluss wieder aufheben,<br />

wenn dafür kein haushaltswirtschaftlicher Anlass mehr besteht.<br />

4.2.2 Die Aufhebung anderer Haushaltssperren<br />

Die Vorschrift sieht ausdrücklich vor, dass der Rat der Gemeinde die Sperre des Kämmerers oder des Bürgermeisters,<br />

die diese nach § 24 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong> erlassen können, wenn die Entwicklung der Erträge oder<br />

Aufwendungen oder die Erhaltung der Liquidität es erfordert, aufheben kann. Diese ausdrückliche Regelung<br />

berücksichtigt die Allzuständigkeit und das Budgetrecht des Rates, der deshalb berechtigt sein muss, die vom<br />

Kämmerer, wenn ein solcher nicht bestellt ist, vom Bürgermeister erlassene Haushaltssperre durch einen Beschluss<br />

wieder aufheben, wenn dafür kein haushaltswirtschaftlicher Anlass mehr besteht. Diese Möglichkeit zur<br />

Aufhebung der Sperre des Kämmerers oder des Bürgermeisters baut darauf auf, dass der Rat der Gemeinde<br />

unverzüglich zu unterrichten ist, wenn vom Kämmerer oder Bürgermeister eine haushaltswirtschaftliche Sperre<br />

ausgesprochen wurde. Bei der Aufhebung einer Haushaltssperre muss eine Fortsetzung der örtlichen Zusammenarbeit<br />

in haushaltswirtschaftlichen Fragen zwischen dem Rat und der gemeindlichen Verwaltung erfolgen.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 536


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 82<br />

Vorläufige Haushaltsführung<br />

(1) Ist die Haushaltssatzung bei Beginn des Haushaltsjahres noch nicht bekannt gemacht, so darf die Gemeinde<br />

ausschließlich<br />

1. Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist oder die für<br />

die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind; sie darf insbesondere Bauten, Beschaffungen<br />

und sonstige Investitionsleistungen, für die im Haushaltsplan des Vorjahres Finanzpositionen oder Verpflichtungsermächtigungen<br />

vorgesehen waren, fortsetzen,<br />

2. Realsteuern nach den Sätzen des Vorjahres erheben,<br />

3. Kredite umschulden.<br />

(2) 1 Reichen die Finanzmittel für die Fortsetzung der Bauten, der Beschaffungen und der sonstigen Leistungen<br />

des Finanzplans nach Absatz 1 Nr. 1 nicht aus, so darf die Gemeinde mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde<br />

Kredite für Investitionen bis zu einem Viertel des Gesamtbetrages der in der Haushaltssatzung des Vorjahres<br />

festgesetzten Kredite aufnehmen. 2 Die Gemeinde hat dem Antrag auf Genehmigung eine nach Dringlichkeit geordnete<br />

Aufstellung der vorgesehenen unaufschiebbaren Investitionen beizufügen. 3 Die Genehmigung soll unter<br />

dem Gesichtspunkt einer geordneten Haushaltswirtschaft erteilt oder versagt werden; sie kann unter Bedingungen<br />

und mit Auflagen erteilt werden. 4 Sie ist in der Regel zu versagen, wenn die Kreditverpflichtungen mit der<br />

dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht in Einklang stehen.<br />

(3) Ist im Fall des § 76 Abs. 1 die Haushaltssatzung bei Beginn des Haushaltsjahres noch nicht bekannt gemacht,<br />

gelten ergänzend zu den Regelungen der Absätze 1 und 2 die nachfolgenden Bestimmungen vom Beginn des<br />

Haushaltsjahres - bei späterer Beschlussfassung über die Haushaltssatzung vom Zeitpunkt der Beschlussfassung<br />

- bis zur Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes:<br />

1. Die Gemeinde hat weitergehende haushaltswirtschaftliche Beschränkungen für die Besetzung von Stellen,<br />

andere personalwirtschaftliche Maßnahmen und das höchstzulässige Aufwandsvolumen des Ergebnishaushalts<br />

sowie die Regelungen zur Nachweisführung gegenüber der Aufsichtsbehörde zu beachten, die durch<br />

Rechtsverordnung des Innenministeriums im Einvernehmen mit dem Finanzministerium festgelegt werden.<br />

2. Der in Absatz 2 festgelegte Kreditrahmen kann mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde überschritten werden,<br />

wenn das Verbot der Kreditaufnahme anderenfalls zu einem nicht auflösbaren Konflikt zwischen verschiedenen<br />

gleichrangigen Rechtspflichten der Gemeinde führen würde. Die Genehmigung kann unter Bedingungen<br />

und mit Auflagen erteilt werden.<br />

(4) Die Bestimmungen des Absatzes 3 gelten ab dem 1. April des Haushaltsjahres bis zur Beschlussfassung über<br />

einen ausgeglichenen Haushalt oder bis zur Erteilung der Genehmigung für ein Haushaltssicherungskonzept<br />

auch dann, wenn bis zu dem Termin kein ausgeglichener Haushalt beschlossen worden ist.<br />

Erläuterungen zu § 82:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Weiterführung der Haushaltswirtschaft<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht ist grundsätzlich darauf ausgerichtet, dass die Haushaltssatzung und der<br />

Haushaltsplan der Gemeinde nur für ein Haushaltsjahr gelten. Die Einbeziehung der mittelfristigen Ergebnis- und<br />

Finanzplanung in den Haushaltsplan hat an die Jährlichkeit der gemeindlichen Haushaltswirtschaft nicht geändert.<br />

Die Gemeinde muss daher für das neue Haushaltsjahr die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen so rechtzeitig<br />

vorbereiten, dass diese zu Beginn des neuen Haushaltsjahres in Kraft treten kann (vgl. §§ 78 und 80 GO<br />

<strong>NRW</strong>). In der gemeindlichen Praxis lässt es sich aus unterschiedlichen Gründen jedoch nicht immer vermeiden,<br />

GEMEINDEORDNUNG 537


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

dass die gemeindliche Haushaltssatzung erst nach Beginn des Haushaltsjahres vom Rat der Gemeinde beschlossen<br />

wird. In der Zeit vom Beginn des neuen Haushaltsjahres bis zum Erlass bzw. dem In-Kraft-Treten der<br />

neuen Haushaltssatzung muss die Gemeinde gleichwohl ihre rechtlichen Verpflichtungen erfüllen und ihre Aufga-<br />

benerfüllung fortsetzen, sodass auch die gemeindliche Haushaltswirtschaft weiterzuführen ist. In diesem Zeitraum<br />

findet daher nur eine „vorläufige Haushaltsführung“ statt. Es tritt dadurch aber kein Stillstand der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft auf.<br />

Die Vorschrift erlaubt der Gemeinde, in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung eine sachgerechte Weiterführung<br />

ihrer Haushaltswirtschaft, die dabei jedoch auf das notwendige Maß beschränkt wird. Der gemeindliche<br />

Haushaltsplan mit den darin veranschlagten Ermächtigungen darf in dieser Zeit noch nicht in vollem Umfang<br />

bewirtschaftet bzw. ausgeführt werden. Die Gemeinde darf aber z. B. Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen<br />

leisten, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben<br />

unaufschiebbar sind. Der im Entwurf aufgestellte Haushaltsplan der Gemeinde bleibt dabei die haushaltswirtschaftliche<br />

Leitlinie für den Rat und die Verwaltung der Gemeinde. Er stellt auch in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung<br />

die buchungstechnische Grundlage dar und hat weitere unverzichtbare Funktionen für die Durchführung<br />

und den Nachweis der gemeindlichen Aufgabenerfüllung.<br />

2. Die Weitergeltung von Festsetzungen der Haushaltssatzung des Vorjahres<br />

2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung gilt für ein Haushaltsjahr (Haushaltsgrundsatz der Jährlichkeit) und zwar für<br />

das Jahr, für das sie vom Rat der Gemeinde beschlossen wurde (vgl. § 78 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Für die gemeindliche<br />

Verwaltung wird dadurch ein genau bestimmter Zeitrahmen vorgegeben, in dem diese die vom Rat der Gemeinde<br />

im Rahmen seines Budgetrechts ausgesprochenen Ermächtigungen auszuführen und weitere dazu getroffene<br />

Festlegungen zu beachten hat. Das Haushaltsjahr deckt sich zeitlich immer mit dem jeweiligen Kalenderjahr<br />

(vgl. § 78 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). Das Haushaltsrecht enthält jedoch von den strengen zeitlichen Vorgaben<br />

einzelne sachliche Ausnahmen, um den Fortgang der gemeindlichen Haushaltswirtschaft auch bei einem Jahreswechsel<br />

sicher zu stelle. Folgende Ausnahmeregelungen sind insbesondere in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung<br />

für die Gemeinde von Bedeutung (vgl. Abbildung).<br />

Die Weitergeltung von Festsetzungen des Vorjahres<br />

REGELUNGSINHALT<br />

Verpflichtungsermächtigungen gelten bis zum Ende des auf das Haushaltsjahr<br />

folgenden Jahres und, wenn die Haushaltssatzung für das übernächste<br />

Jahr nicht rechtzeitig öffentlich bekannt gemacht wird, bis zum Erlass dieser<br />

Haushaltssatzung.<br />

Die Kreditermächtigung gilt bis zum Ende des auf das Haushaltsjahr folgenden<br />

Jahres und, wenn die Haushaltssatzung für das übernächste Jahr nicht<br />

rechtzeitig öffentlich bekannt gemacht wird, bis zum Erlass dieser Haushaltssatzung.<br />

Die Gemeinde kann zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen Kredite<br />

zur Liquiditätssicherung bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten<br />

Höchstbetrag aufnehmen kann, soweit dafür keine anderen Mittel zur Verfügung<br />

stehen, und diese Ermächtigung über das Haushaltsjahr hinaus bis<br />

zum Erlass der neuen Haushaltssatzung.<br />

GEMEINDEORDNUNG 538<br />

VORSCHRIFT<br />

§ 85 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 86 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Weitergeltung von Festsetzungen des Vorjahres<br />

REGELUNGSINHALT<br />

Die Gemeinde kann die in ihrem Haushaltsplan veranschlagten Ermächtigungen<br />

für Aufwendungen und Auszahlungen der laufenden Verwaltungstätigkeit,<br />

soweit diese nicht in Anspruch genommen worden sind, ins folgende<br />

Haushaltsjahr übertragen, denn diese bleiben bis zum Ende des folgenden<br />

Haushaltsjahres verfügbar. Werden sie übertragen, erhöhen sie die entsprechenden<br />

Positionen im Haushaltsplan des folgenden Jahres.<br />

Die Gemeinde kann die in ihrem Haushaltsplan veranschlagten Ermächtigungen<br />

für Auszahlungen für Investitionen, soweit diese nicht in Anspruch<br />

genommen worden sind, ins folgende Haushaltsjahr übertragen, denn diese<br />

bleiben bis zur Fälligkeit der letzten Zahlung für ihren Zweck verfügbar; bei<br />

Baumaßnahmen und Beschaffungen längstens jedoch zwei Jahre nach<br />

Schluss des Haushaltsjahres, in dem der Vermögensgegenstand in seinen<br />

wesentlichen Teilen in Benutzung genommen werden kann. Werden Investitionsmaßnahmen<br />

im Haushaltsjahr nicht begonnen, bleiben die Ermächtigungen<br />

bis zum Ende des zweiten dem Haushaltsjahr folgenden Jahr verfügbar.<br />

Abbildung 86 „Die Weitergeltung von Festsetzungen des Vorjahres“<br />

GEMEINDEORDNUNG 539<br />

VORSCHRIFT<br />

§ 22 Absatz 1 und 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong><br />

In diesem Zusammenhang bedarf es im Rahmen der vorläufigen Haushaltführung der Gemeinde eines Zusammenspiels<br />

zwischen den weiter geltenden Ermächtigungen aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr und den örtlichen<br />

Vorgaben, die wegen der noch nicht geltenden gemeindlichen Haushaltssatzung sachlich notwendig sind.<br />

Auch wenn keine ausdrückliche haushaltsrechtliche Regelung zum Stellenplan im Zeitraum der vorläufigen<br />

Haushaltsführung besteht, gilt grundsätzlich, dass der Stellenplan des Vorjahres weiter gilt, bis die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung in Kraft getreten ist.<br />

2.2 Die Weitergeltung der Ermächtigung für Investitionskredite<br />

Die Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten für Investitionen, die in der jährlichen Haushaltssatzung festzusetzen<br />

ist, gilt über das Haushaltsjahr hinaus bis zum Ende des Folgejahres und ggf. bis zum Erlass einer neuen<br />

Haushaltssatzung für das übernächste Jahr weiter (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1c i.V.m. § 86 Absatz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Am Ende eines Haushaltsjahres ist die noch bestehende Kreditermächtigung in das folgende Haushaltsjahr<br />

zu übertragen, sofern sie nicht vollständig im abgelaufenen Haushaltsjahr benötigt worden ist. Es ist deshalb<br />

im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung und der zeitlichen Geltungsdauer möglich, noch Kredite für Investitionen<br />

aufzunehmen, bis die satzungsrechtlich festgesetzte Kreditermächtigung ausgeschöpft ist.<br />

Die weitergeltende Ermächtigung über die Aufnahme von Krediten für Investitionen ist nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

nicht mehr vom Status der gemeindlichen Haushaltssatzung abhängig. Sie stellt dann eine eigenständige<br />

haushaltsmäßige Ermächtigung auf gesetzlicher Grundlage dar, auch wenn die Ermächtigung auf der<br />

Grundlage des Beschlusses des Rates über die gemeindliche (nicht mehr geltende) Haushaltssatzung des Vorjahres<br />

entstanden ist bez. deren Bestandteil war. Diese (noch geltende) Ermächtigung kann jedoch nicht in der<br />

Zeit ihrer weiteren Geltung (bis zum Erlass einer neuen Haushaltssatzung) durch den Rat wegen eines Mehrbedarfs<br />

geändert bzw. angepasst werden.<br />

2.3 Die Weitergeltung des Höchstbetrages für Liquiditätskredite<br />

Die Vorschrift des § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> sieht vor, dass die Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung,<br />

die in der jährlichen Haushaltssatzung der Gemeinde als Höchstbetrag festzusetzen ist, über


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

das Haushaltsjahr hinaus bis zum Erlass einer neuen Haushaltssatzung weiter gilt (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Am Ende eines Haushaltsjahres noch bestehende Kredite zur Liquiditätssicherung sind dabei in<br />

den Höchstbetrag des folgenden Haushaltsjahres einzubeziehen. Eine über das ursprüngliche Haushaltsjahr<br />

hinaus geltende Ermächtigung kann dabei jedoch nur dann noch in Anspruch genommen werden, soweit sie nicht<br />

vollständig im abgelaufenen Haushaltsjahr benötigt worden ist.<br />

Es ist deshalb einerseits möglich, noch weitere Kredite zur Liquiditätssicherung aufzunehmen, bis der satzungsrechtlich<br />

festgesetzte Höchstbetrag ausgeschöpft ist. Andererseits dürfen auf dieser (noch nicht ausgeschöpften)<br />

Ermächtigungsgrundlage so lange noch Kredite zur Liquiditätssicherung aufgenommen werden, bis die neue<br />

Haushaltssatzung der Gemeinde für das Haushaltsjahr erlassen worden ist. Für die Gemeinde kann sich dabei<br />

ergeben, dass der aus dem Vorjahr weitergeltende Höchstbetrag überschritten werden muss, weil dieser bereits<br />

ausgeschöpft ist. In solchen Fällen muss die Gemeinde gleichwohl Auszahlungen entsprechend ihren eingegangenen<br />

Zahlungsverpflichtungen an Dritte nachkommen. Zur Aufrechterhaltung der gemeindlichen Liquidität bzw.<br />

zur Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen bedarf es dann einer Veränderung der noch geltenden haushaltsmäßigen<br />

Ermächtigung im Sinne und Umfang des entstandenen Mehrbedarfs.<br />

Die weitergeltende Ermächtigung über die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung ist nach Ablauf des<br />

Haushaltsjahres nicht mehr vom Status der gemeindlichen Haushaltssatzung abhängig. Sie stellt dann eine eigenständige<br />

haushaltsmäßige Ermächtigung auf gesetzlicher Grundlage dar, auch wenn der Höchstbetrag auf<br />

der Grundlage des Beschlusses des Rates über die gemeindliche (nicht mehr geltende) Haushaltssatzung des<br />

Vorjahres entstanden ist bez. deren Bestandteil war. Diese (noch geltende) Ermächtigung kann deshalb auch in<br />

der Zeit ihrer weiteren Geltung (bis zum Erlass einer neuen Haushaltssatzung) durch den Rat unter Beachtung<br />

des notwendigen Mehrbedarfs geändert bzw. angepasst werden. Ein entsprechender Ratsbeschluss stellt deshalb<br />

auch keine "Nachtragssatzung" im Sinne der Vorschrift des § 81 GO <strong>NRW</strong> dar.<br />

3. Die Informationspflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde<br />

Die Gemeinde ist verpflichtet, die vom Rat der Gemeinde beschlossene Haushaltssatzung mit ihren Anlagen der<br />

Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Die Anzeige soll spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres erfolgen<br />

(vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Sofern die Gemeinde ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Anzeige der Haushaltssatzung<br />

zum gesetzlich bestimmten Termin nicht nachkommt, hat sie ihre Aufsichtsbehörde darüber rechtzeitig<br />

zu unterrichten. Sie soll dabei angeben, wie die Zeit der vorläufigen Haushaltsführung als Übergangszeit haushaltswirtschaftlich<br />

ausgefüllt wird und welche notwendigen und einschränkenden Bewirtschaftungsregelungen zur<br />

örtlichen Umsetzung erlassen worden sind.<br />

Die Gemeinde soll in ihrem Bericht an die Aufsichtsbehörde auch die Gründe für das Versäumnis angeben sowie<br />

aufzuzeigen, welcher aktueller Verfahrensstand hinsichtlich der Aufstellung der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

besteht. Dazu gehören die Angaben, wann der Beschluss des Rates über die Haushaltssatzung und ihre Anlagen<br />

vorgesehen ist und bis zu welchem Zeitpunkt die Anzeige bei der Aufsichtsbehörde nachgeholt wird. Die Aufsichtsbehörde<br />

hat in solchen Fällen das weitere Aufstellungsverfahren zu begleiten und kann sich jederzeit über<br />

den Verfahrensstand unterrichten lassen. Sie kann dazu auch Berichtstermine festlegen. Die Gemeinde hat die<br />

Anzeige ihrer Haushaltssatzung bei der Aufsichtsbehörde schnellstmöglich nachzuholen.<br />

4. Die örtliche Dienstanweisung als Ersatz für die Haushaltssatzung<br />

4.1 Allgemeine Grundlagen<br />

In der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung bedingt die fehlende gemeindliche Haushaltssatzung, dass die Gemeinde<br />

ihre Haushaltswirtschaft nicht so ausführen kann wie bei einer für das Haushaltsjahr in Kraft getretenen<br />

GEMEINDEORDNUNG 540


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

Haushaltssatzung. Gleichwohl muss die gemeindliche Geschäftstätigkeit und die Verwaltungsarbeit im Sinne der<br />

Aufgabenerfüllung der Gemeinde weiter erledigt und die gemeindliche Haushaltswirtschaft fortgeführt werden.<br />

Der Bürgermeister hat deshalb im Zusammenwirken mit dem Kämmerer, soweit dieser nicht damit beauftragt ist,<br />

gesonderte haushaltswirtschaftliche Regelungen als Ersatz für die fehlende Haushaltssatzung mit Anlagen in<br />

schriftlicher Form zu erlassen.<br />

Für die Zeit der vorläufigen Haushaltsführung als Übergangszeit bzw. sprachlich auch „haushaltslose Zeit“ sollen<br />

die notwendigen und einschränkenden Bewirtschaftungsregelungen in schriftlicher Form als örtliche Dienstanweisung<br />

erlassen werden. Die Festlegung der gesetzlich zulässigen Aufwendungen und Auszahlungen kann dabei<br />

unter Berücksichtigung des Entwurfs des gemeindlichen Haushaltsplans erfolgen, denn nach dem Beschluss des<br />

Rates über die Haushaltssatzung ist der Haushaltsplan für die Haushaltsführung der Gemeinde verbindlich (vgl. §<br />

79 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Dieser Sachstand lässt gleichwohl noch keine uneingeschränkte Bewirtschaftung<br />

zu, sodass auf die sonst üblichen Bewirtschaftungsregelungen noch vorläufig zu verzichten ist. Die auf die vorläufige<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde bezogenen Regelungen können dabei z. B. folgende Bereiche oder Gegenstände<br />

zum Inhalt haben (vgl. Abbildung).<br />

Die örtlichen (vorläufigen) Bewirtschaftungsvorgaben<br />

VORGABEN<br />

Zielvereinbarungen<br />

Grundsätze<br />

Haushaltsmittelverantwortung<br />

Budgetierung<br />

GEMEINDEORDNUNG 541<br />

INHALTE<br />

Mit der konkreten Ausführung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans sind örtliche Ziele verbunden, die<br />

einzuhalten sind. Mit den Leistungskennzahlen, die<br />

den einzelnen Produkten zugeordnet sind sowie<br />

weiteren im Einzelnen benannten Messgrößen wird<br />

die Zielerreichung gemessen. Besondere Verantwortlichkeiten<br />

sollten angegeben werden.<br />

Die Einhaltung der Haushaltsgrundsätze ist zu gewährleisten,<br />

z. B. der Haushaltsausgleich nach § 75<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Auch der Umgang mit dem<br />

Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, z. B. bei Investitionen<br />

(vgl. § 14 GemHVO <strong>NRW</strong>) ist ggf. näher zu<br />

bestimmen. Dazu gehören z. B. auch die besonderen<br />

Festlegungen, was zur Weiterführung notwendiger<br />

Aufgaben unaufschiebbar und wie der mögliche<br />

Kreditbedarf zu ermitteln ist.<br />

Die Hierarchie der Verantwortlichkeiten über die<br />

Haushaltsmittel sowie die zugeordneten Entscheidungsbefugnisse<br />

ist einzuhalten. In dringenden<br />

Angelegenheiten können die Befugnisse vertretungsweise<br />

oder durch eine höhere Hierarchiestufe<br />

wahrgenommen werden. Dabei können gesonderte<br />

Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse<br />

wegen der vorläufigen Haushaltsführung festgelegt<br />

werden. Die Entscheidungsrechte des Rates und<br />

seiner Ausschüsse müssen dabei gewahrt bleiben.<br />

Die örtliche Gestaltung der Budgetierung sollte in<br />

ihren Strukturen angegeben werden. Dazu gehört<br />

die Abgrenzung eines Budgets, z. B. mindestens ein<br />

Produkt, höchstens eine Produktgruppe. Es gehört<br />

aber auch ggf. die Benennung von "Querschnittsbudgets"<br />

sowie von anderen Ausnahmen dazu.<br />

Ebenso sollten die Budgetverantwortlichen funktional<br />

benannt werden. Budgetübergreifende gleiche<br />

Pflichten und Vorgehensweisen können ergänzend<br />

benannt werden. Darunter können auch Festlegungen<br />

zu möglichen Managementerfolgen und dem


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

Die örtlichen (vorläufigen) Bewirtschaftungsvorgaben<br />

VORGABEN<br />

Über- und Außerplanmäßiges<br />

Berichtswesen<br />

Managementerfolge<br />

Abschlussarbeiten<br />

Besondere Informationen<br />

GEMEINDEORDNUNG 542<br />

INHALTE<br />

Berichtswesen fallen, soweit diese Bereiche abhängig<br />

von der Budgetierung geregelt werden.<br />

Im Rahmen der Haushaltswirtschaft können zusätzliche<br />

Aufwendungen und Auszahlungen notwendig<br />

werden. Dazu sind ggf. Berichtspflichten und Entscheidungsvorgaben<br />

zu machen. Außerdem sollte<br />

das örtliche Verfahren einschließlich der zulässigen<br />

Deckungsmöglichkeiten angegeben werden (vgl. §<br />

83 GO <strong>NRW</strong>). Besondere Vorbehalte sind sachgerecht<br />

abzugrenzen und festzulegen.<br />

Die inhaltlichen Grundlagen aufzustellender Berichte<br />

über den Stand und die Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft und die daraus entstehenden<br />

Pflichten der Verantwortlichen für die Haushaltsmittel<br />

der Gemeinde sind inhaltlich näher festzulegen.<br />

Ebenso sind Festlegung hinsichtlich der<br />

Vorlagepflichten in zeitlicher Hinsicht (Zeiträume<br />

oder konkrete Termine) zu treffen. Dazu gehört auch<br />

die Benennung der Adressaten der Berichte bzw.<br />

das Aufzeigen des "Instanzenweges" bis hin zum<br />

Rat der Gemeinde.<br />

Der Umgang mit im Rahmen der Haushaltswirtschaft<br />

erzielten Managementerfolgen, z. B. durch eine<br />

Steigerung der Qualität der Leistungen oder eine<br />

Verbesserung der Geschäftsabläufe, ist unter Einbeziehung<br />

der örtlichen Verhältnisse einschließlich<br />

der Budgetierung im Einzelnen festzulegen. Ausgehend<br />

davon, dass Bewirtschaftungserfolge in Form<br />

von Überschüssen grundsätzlich dem gesamten<br />

Haushalt zustehen (vgl. Pflicht zum jährlichen Haushaltsausgleich),<br />

sollten differenziert nach der haushaltsmäßigen<br />

bzw. wirtschaftlichen Lage der Gemeinde<br />

ggf. Zugeständnisse an eigene (interne)<br />

Verwendungsmöglichkeiten von Teilen der Überschüsse<br />

durch die Bewirtschafter geprüft werden.<br />

Dabei ist die besondere Lage der vorläufigen Haushaltsführung<br />

i.d.R. einschränkend zu berücksichtigen.<br />

In Ausnahmefällen sollte ein Zustimmungsvorbehalt<br />

innerhalb der Hierarchie der Verantwortlichkeiten<br />

bestehen.<br />

Die sich aus der Bewirtschaftung des gemeindlichen<br />

Haushalts ergebenden Abschlussarbeiten können<br />

näher bestimmt und dem Bewirtschaftungsberechtigten<br />

auferlegt werden. Den Rahmen dafür bieten die<br />

Vorgaben für die Aufstellung des Entwurfs des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Kämmerer<br />

(vgl. § 95 Absatz 3 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). In Abstimmung<br />

mit dem Kämmerer können daher die<br />

Arbeiten benannt und dazu die zeitlichen Rahmenbedingungen<br />

unter Beachtung der gesetzlichen<br />

Vorschriften festgelegt werden.<br />

Im Rahmen der vorläufigen Haushaltswirtschaft ist<br />

detailgetreu über die wichtigen und wesentlichen<br />

Einzelheiten der vorläufigen Haushaltsführung zu<br />

informieren. Die den jeweiligen Bewirtschaftungsverantwortlichen<br />

zustehenden Entscheidungsbefug-


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§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

Die örtlichen (vorläufigen) Bewirtschaftungsvorgaben<br />

VORGABEN<br />

GEMEINDEORDNUNG 543<br />

INHALTE<br />

nisse können einem grundsätzlichen Zustimmungsvorbehalt<br />

unterworfen werden. Dazu sind Berichtspflichten<br />

sowie ggf. ein eigenständiges Verwendungsverbot<br />

nicht nur bei höheren Erträgen festzulegen.<br />

Weitere örtliche Rechte und Pflichten sind<br />

sachgerecht abzugrenzen und festzulegen, um den<br />

Zielen und Zwecken der vorläufigen Haushaltsführung<br />

ausreichend nachzukommen.<br />

Abbildung 87 „Die örtlichen (vorläufigen) Bewirtschaftungsvorgaben“<br />

Die örtlichen Regelungen müssen so ausgestaltet sein, dass die vorläufige Bewirtschaftung der gemeindlichen<br />

Haushaltsmittel den Zielen und Zwecken einer vorläufigen Haushaltsführung entspricht und den gesetzlichen<br />

Vorschriften Genüge getan wird sowie das Inkrafttreten der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen<br />

schnellstmöglich erreicht wird. Unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse soll dabei die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft so auszugestalten, dass diese und damit auch die laufende Aufgabenerfüllung der Gemeinde<br />

auf ein sachlich und wirtschaftlich vertretbares Mindestmaß zurückgeführt wird. Es ist dazu von der Gemeinde<br />

festzustellen, welche rechtliche Verpflichtungen in welcher Form bestehen, deren Erfüllung unaufschiebbar ist<br />

und welche gemeindlichen Aufgaben sofort zu erledigen sind.<br />

Diese Vorgaben erfordern ein besonderes der vorläufigen Haushaltsführung angepasstes und angemessenes<br />

Berichtswesen über die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Es sollte daher z. B. wenige Tage<br />

nach Ablauf eines Monats dem Bürgermeister als Verantwortlichen in der Gemeinde über den Stand der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft berichtet werden. Es wird dadurch die notwendige Überwachung und Kontrolle<br />

der Ausführung der Haushaltswirtschaft gewährleistet. Andererseits wird es dem Bürgermeister ermöglicht, die<br />

erlassene Dienstanweisung zu überprüfen und ggf. angemessen und sachgerecht zu aktualisieren.<br />

4.2 Die weiteren Informationspflichten<br />

Die örtliche Dienstanweisung über die vorläufige Haushaltsführung ist dem Rat der Gemeinde zur Kenntnis zu<br />

geben. Er ist gleichzeitig über die Gründe, die zur Verzögerung seiner Beschlussfassung über die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung führen, zu informieren. Der Aufsichtsbehörde der Gemeinde ist die Dienstanweisung ebenfalls<br />

zur Kenntnis zu geben. Diese Unterrichtung soll möglichst bis zu dem für die Anzeige der Haushaltssatzung geltenden<br />

Termin erfolgen, denn die Dienstanweisung überbrückt als zeitlich begrenzter Ersatz die haushaltswirtschaftlichen<br />

Regelungen, die durch die gemeindliche Haushaltssatzung im Haushaltsjahr gelten sollen.<br />

Im Rahmen der Unterrichtung ist die Aufsichtsbehörde auch über die vorliegende haushaltswirtschaftliche Lage<br />

der Gemeinde sowie über die vorgesehenen Maßnahmen zur Erreichung einer geltenden Haushaltssatzung zu<br />

informieren, soweit diese nicht bereits auf andere Weise davon Kenntnis erlangt hat. Die Gemeinde darf die Unterrichtung<br />

grundsätzlich nicht unnötig hinauszögern. Der Termin 1. April ist dabei kein Datum, bis zu dem die<br />

Beschlussfassung über die gemeindliche Haushaltssatzung hinausgeschoben werden kann. Die aufsichtsrechtlichen<br />

Maßnahmen gegenüber der Gemeinde bleiben hierbei unberührt (vgl. §§ 119 ff. GO <strong>NRW</strong>).<br />

5. Die Sicherstellung der Liquidität bzw. Zahlungsfähigkeit<br />

In der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung hat für die Gemeinde auch die Sicherstellung der Liquidität bzw. der<br />

Zahlungsfähigkeit eine große Bedeutung, denn sie muss auch in dieser Zeit die notwendigen Auszahlungen auf-


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§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

grund ihrer rechtlichen Verpflichtungen leisten. Der Begriff „Liquidität“ umfasst dabei die Fähigkeit der Gemeinde,<br />

ihren Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit termingerecht und betragsgenau nachzukommen. Die Gemeinde hat<br />

auch bei einer vorläufigen Haushaltsführung sowohl die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung nach § 77 GO<br />

<strong>NRW</strong> als auch die Grundsätze für die Aufnahme von Krediten für Investitionen (vgl. § 86 GO <strong>NRW</strong>) und von Krediten<br />

zur Liquiditätssicherung (vgl. § 89 GO <strong>NRW</strong>) zu beachten. Sie muss besonders darauf achten, dass die<br />

Auszahlungen erst dann geleistet werden, wenn eine wirtschaftliche und sparsame Aufgabenerledigung dies<br />

zwingend erfordern.<br />

Soweit in solchen Fällen der Zahlungsmittelbestand der Gemeinde für unabweisbare Auszahlungen vorübergehend<br />

erhöht werden muss, darf die Gemeinde auch in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung einen Kredit zur<br />

Liquiditätssicherung aufnehmen, wenn der in der Haushaltssatzung des Vorjahres festgesetzte Höchstbetrag für<br />

Kredite zur Liquiditätssicherung noch nicht ausgeschöpft ist. In den o.a. Vorschriften ist deshalb festgelegt worden,<br />

dass die in der Haushaltssatzung enthaltene Ermächtigung zur Kreditaufnahme über das Haushaltsjahr<br />

hinaus bis zum Erlass der neuen Haushaltssatzung weiter gilt. Die Regelungen über die Kreditaufnahme ergänzen<br />

daher die Vorschrift über die vorläufige Haushaltsführung.<br />

In der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung muss die Gemeinde in ihrer Liquiditätsplanung auch die Einziehung<br />

ihrer Forderungen berücksichtigen. Die Gemeinde sollte möglichst nur in Ausnahmefällen die Einziehung von<br />

Ansprüchen in Form der Stundung hinausschieben oder durch Niederschlagung und Erlass auf die Durchsetzung<br />

ihrer Ansprüche verzichtet (vgl. § 23 Absatz 3 und 4 und § 26 GemHVO <strong>NRW</strong>). Vielmehr muss sie auch in dieser<br />

Zeit versuchen, die bei den Dritten als Schuldner die ihr zustehenden Ansprüche einzuziehen.<br />

6. Das Ende der vorläufigen Haushaltsführung<br />

Die Zeit der vorläufigen Haushaltsführung endet bei der Gemeinde regelmäßig mit der Bekanntmachung der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen für das betreffende Haushaltsjahr (vgl. § 80 Absatz 5 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Durch die dann geltende Haushaltssatzung werden die bis zu diesem Zeitpunkt im Rahmen der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft bzw. der vorläufigen Haushaltsführung getätigten Aufwendungen und Auszahlungen<br />

sowie die erzielten Erträge und Einzahlungen „ordnungsgemäß“ im Sinne der vom Rat der Gemeinde beschlossenen<br />

Haushaltssatzung.<br />

Ab der Geltung der gemeindlichen Haushaltsatzung bedarf es dann auch nicht mehr einer Dienstanweisung über<br />

die vorläufige Haushaltsführung, sondern ggf. besonderen Bewirtschaftungsregelungen auf der Grundlage der<br />

Haushaltssatzung und des Haushaltsplans oder auch auf Grund der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde in darauf<br />

abgestellten Formen, z.B. Zustimmungsvorbehalte.<br />

Die Vorschrift geht von unterschiedlichen Zeitpunkten des Endes der vorläufigen Haushaltsführung im Haushaltsjahr<br />

aus, die jedoch von den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen abhängig sind. Die Bestimmungen des Absatzes<br />

2 sind vorrangig auf eine kurzfristige vorläufige Haushaltsführung ausgerichtet, z.B. weil die Haushaltssatzung,<br />

z.B. aus technischen oder aufsichtsrechtlichen Gründen nicht vor Beginn des Haushaltsjahres bekannt<br />

gemacht werden konnte. Die weiteren Absätze der Vorschrift stellen auf eine Zeit der vorläufigen Haushaltsführung<br />

nach dem 1. April des Haushaltsjahres ab.<br />

Die vorläufige Haushaltsführung soll grundsätzlich innerhalb des Haushaltsjahres enden. In besonderen Einzelfällen<br />

kann jedoch die Situation entstehen, dass die Gemeinde die Ausführung ihre Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr<br />

insgesamt im Status der „vorläufigen Haushaltsführung“ organisieren und ausführen muss. Eine solche<br />

Lage kann z.B. entstehen, wenn das von der Gemeinde aufgestellte Haushaltssicherungskonzept von der Aufsichtsbehörde<br />

nicht genehmigt wird und deshalb die gemeindliche Haushaltssatzung nicht bekannt gemacht<br />

werden darf (vgl. § 76 Absatz 2 i.V.m. § 80 Absatz 5 Satz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 544


II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

1. Zu Absatz 1 (Weiterführung der Haushaltswirtschaft):<br />

1.0 Die fehlende Bekanntmachung der Haushaltssatzung<br />

Die jährliche Haushaltswirtschaft der Gemeinde erfordert eine bindende Grundlage für ihre Ausführung durch die<br />

gemeindliche Verwaltung. Diese Grundlage schafft der Rat der Gemeinde im Rahmen seines Budgetrechtes<br />

durch den jährlichen Erlass einer Haushaltssatzung (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>). Die Haushaltssatzung<br />

bindet die Verwaltung der Gemeinde und ermächtigt sie, die im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen<br />

für die dort ausgewiesenen Zwecke in Anspruch zu nehmen, neue Verpflichtungen einzugehen, aber auch<br />

Kredite zur Finanzierung von Investitionen aufzunehmen (vgl. §§ 79, 85 und 86 GO <strong>NRW</strong>). Die Haushaltssatzung<br />

bedarf zudem der Bekanntmachung, denn gemeindliche Satzungen sind unter Beachtung der Bekanntmachungsverordnung<br />

öffentlich bekannt zu machen (vgl. § 7 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Für die Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen in den dafür vorgesehenen<br />

Medien kann aber ggf. ein Hindernis dadurch bestehen, dass der Beschluss des Rates über die Haushaltssatzung<br />

nicht alle gesetzlich vorgesehenen Bestandteile und Anlagen umfasst hat. Sofern eine gesetzlich vorgesehene<br />

Anlage, z. B. der Stellenplan (vgl. § 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>), nicht Gegenstand des Ratsbeschlusses über<br />

die gemeindliche Haushaltssatzung und ihre Anlagen war, ist kein rechtmäßiger Ratsbeschluss zustande gekommen<br />

(vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Eine Bekanntmachung der Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr<br />

und damit ihr Inkrafttreten kann dann nicht erfolgen. Die fehlende Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

führt dann zur vorläufigen Haushaltsführung bei der Gemeinde.<br />

Weitere Hindernisse für die Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung stellen auch fehlende Genehmigungen<br />

der Aufsichtsbehörde, z. B. für den Eigenkapitalverzehr durch eine vorgesehene Verringerung der<br />

allgemeinen Rücklage dar (vgl. § 75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). Eine fehlende Genehmigung der Aufsichtsbehörde für<br />

ein Haushaltssicherungskonzept, das dem Ziel dient, im Rahmen einer geordneten Haushaltswirtschaft die künftige,<br />

dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu erreichen, lässt ebenfalls keine Bekanntmachung der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung zu (vgl. § 76 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Eine fehlende Genehmigung der Bezirksregierung<br />

für ein individuelles Sanierungskonzept nach dem Stärkungspaktgesetz wirkt sich ebenso aus.<br />

Für die Beseitigung derartiger Hindernisse für die Bekanntmachung der gemeindlichen Haushaltssatzung mit<br />

ihren Anlagen hat die Gemeinde möglichst unverzüglich Sorge zu tragen oder die bestehenden Hindernisse möglichst<br />

unverzüglich zu beseitigen. Erst danach darf die gemeindliche Haushaltssatzung in den dafür vorgesehenen<br />

Medien öffentlich bekannt gemacht werden und kann in Kraft treten.<br />

1.1 Zu Nummer 1 (Weiterführung von Aufgaben):<br />

1.1.1 Die Weiterführung der laufenden Verwaltungstätigkeit<br />

1.1.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht ist darauf ausgerichtet, dass die Haushaltssatzung und der Haushaltsplan der<br />

Gemeinde für ein Haushaltsjahr gelten, auch wenn die mehrjährige mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung in<br />

den Haushaltsplan integriert und dort detailliert abzubilden ist. Die Gemeinde muss deshalb dafür Sorge tragen,<br />

dass die Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr so rechtzeitig vorbereitet wird, dass sie mit Beginn des<br />

neuen Haushaltsjahres in Kraft treten kann. In der gemeindlichen Praxis lässt es sich jedoch aus unterschiedli-<br />

GEMEINDEORDNUNG 545


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

chen Gründen nicht immer vermeiden, dass die gemeindliche Haushaltssatzung erst nach Beginn des Haushaltsjahres<br />

durch den Rat der Gemeinde erlassen wird.<br />

In dem durch die Vorschrift gesetzten Rahmen für die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft in der<br />

Zeit der vorläufigen Haushaltsführung kann die Gemeinde ihre Aufgabenerfüllung fortsetzen und die Funktionsfähigkeit<br />

sichern. Das Entstehen lassen von Aufwendungen und die Leistung von Auszahlungen in der Zeit der<br />

vorläufigen Haushaltsführung ist nicht auf die Tätigkeit der gemeindlichen Verwaltung beschränkt. Vielmehr sind<br />

z. B. auch Aufwendungen und Auszahlungen für die Weiterführung vorhandener Einrichtungen der Gemeinde als<br />

zulässig zu betrachten.<br />

Die Gemeinde muss gleichwohl in der Zeit vom Beginn des neuen Haushaltsjahres an bis zum Erlass bzw. dem<br />

In-Kraft-Treten der Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr ihre rechtlichen und faktischen Verpflichtungen<br />

erfüllen und ihre Aufgabenerfüllung sowie den Betrieb ihrer Einrichtungen fortsetzen. Die Gemeinde darf daher<br />

Erträge und Einzahlungen erzielen sowie bestimmte Aufwendungen und Auszahlungen leisten (vgl. Abbildung).<br />

Erzielung<br />

von Erträgen<br />

und Einzahlungen<br />

Leistung<br />

von Aufwendungen<br />

und Auszahlungen<br />

Beschränkungen bei der vorläufigen Haushaltsführung<br />

GEMEINDEORDNUNG 546<br />

- aufgrund von vertraglichen und gesetzlich bestimmten Ansprüchen<br />

- neu festgesetzte Ansprüche<br />

- aus der Vornahme von Mahnungen und der Vollstreckung<br />

- aus der Erhebung von Realsteuern nach den Sätzen des Vorjahres<br />

- aus Kreditaufnahmen<br />

- aufgrund rechtlicher Verpflichtungen<br />

- zur Weiterführung unaufschiebbarer Aufgaben<br />

- aufgrund übertragener Ermächtigungen<br />

Abbildung 88 „Beschränkungen bei der vorläufigen Haushaltsführung“<br />

Die Gemeinde ist zudem bei der Ausführung ihrer Haushaltswirtschaft in der Übergangszeit nicht allein auf die<br />

aus dem Vorjahr übertragenen Ermächtigungen beschränkt. Ihr wird vielmehr die Möglichkeit eingeräumt, sich die<br />

erforderlichen Finanzmittel zur Deckung der in dieser Zeit entstehenden Aufwendungen und zu leistenden Auszahlungen<br />

zu beschaffen, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger gemeindlicher<br />

Aufgaben unaufschiebbar sind.<br />

Die laufende Aufgabenerfüllung ist jedoch auf ein sachlich und wirtschaftlich vertretbares Mindestmaß unter Berücksichtigung<br />

der örtlichen Verhältnisse zurückzuführen. Außerdem müssen im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung<br />

die von der Gemeinde erzielten Erträge und Einzahlungen sowie die entstandenen Aufwendungen<br />

und Auszahlungen in den gemeindlichen Haushaltsplan für das betreffende Haushaltsjahr enthalten sein oder<br />

noch aufgenommen werden, soweit diese nicht vorhersehbar waren oder nicht veranschlagt worden sind.<br />

1.1.1.2 Der Begriff „rechtliche Verpflichtung“<br />

Im Rahmen der gesetzlichen Vorschrift darf die Gemeinde Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen<br />

leisten, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist. Die rechtlichen Verpflichtungen als bindende Vorgaben der Gemeinde<br />

können auf öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Grundlage beruhen. Solche Verpflichtungen der<br />

Gemeinde als Voraussetzung für gemeindliche Leistungen müssen dabei bereits vor Beginn des Haushaltsjahres<br />

entstanden sein oder auf einem Gesetz beruhen, z.B. Entgeltleistungen an die gemeindlichen Beschäftigten,<br />

Leistungen der Grundsicherung. Die Gemeinde darf in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung jedoch nicht für<br />

neu eingegangene rechtliche Verpflichtungen Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten.


1.1.1.3 Der Begriff „Unaufschiebbarkeit“<br />

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§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

In der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung darf die Gemeinde Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen<br />

leisten, die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind, soweit keine rechtliche Verpflichtung<br />

der Gemeinde besteht. Als unaufschiebbar sind dabei regelmäßig Aufwendungen und Auszahlungen<br />

anzusehen, wenn diese so eilbedürftig sind, dass eine weitere Verschiebung, z. B. bis zum Inkrafttreten der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung, als nicht vertretbar anzusehen ist.<br />

Die Erfüllung dieser Voraussetzung bedingt eine sorgfältige Analyse und vernünftige Beurteilung der aktuellen<br />

Situation hinsichtlich der Dringlichkeit einer gemeindlichen Maßnahme. In die Beurteilung ist dabei auch einzubeziehen,<br />

dass durch einen möglichen Verzicht auf die vorgesehene Maßnahme kein Verstoß gegen die Haushaltsgrundsätze<br />

und kein Schaden für die Gemeinde entstehen dürfen. Die Gemeinde darf z. B. Instandsetzungsmaßnahmen<br />

nur dann durchführen, wenn eine Unaufschiebbarkeit im Zeitpunkt der Auftragsvergabe besteht. Der<br />

Fälligkeitszeitpunkt der Auszahlung für eine solche Maßnahme ist dabei nicht ausschlaggebend.<br />

1.1.2 Die Weiterführung der Investitionstätigkeit<br />

Von der Gemeinde ist im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung auch über die Art und der Umfang der Weiterführung<br />

der gemeindlichen Investitionstätigkeit zu entscheiden. Nach der Vorschrift darf die Gemeinde ihre<br />

Bauten, Beschaffungen und sonstige Investitionsleistungen, für die im Haushaltsplan des Vorjahres Finanzpositionen<br />

oder Verpflichtungsermächtigungen vorgesehen waren, fortsetzen. Die betreffende gemeindliche Investition<br />

muss deshalb bereits im Haushaltsplan des abgelaufenen Haushaltsjahres veranschlagt worden sein. Andererseits<br />

muss mit der Investitionsmaßnahme im abgelaufenen Haushaltsjahr begonnen worden sein bzw. die Maßnahme<br />

muss fortgesetzt worden sein. Die Gemeinde darf jedoch die Weiterführung der Investitionstätigkeit nicht<br />

durch neue Investitionsmaßnahmen vornehmen.<br />

Im Zusammenhang mit der gemeindlichen Investitionstätigkeit ist zu beachten, dass in der Zeit der vorläufigen<br />

Haushaltsführung die Festlegungen der Haushaltssatzung des abgelaufenen Haushaltsjahres über die Aufnahme<br />

von Krediten für Investitionen (vgl. § 86 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) und über den Höchstbetrag für die Aufnahme von<br />

Krediten zur Liquiditätssicherung (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) sowie über die Verpflichtungsermächtigungen<br />

(vgl. § 85 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) fortgelten. Diese Ermächtigungen können bei Bedarf noch in Anspruch genommen<br />

werden, soweit sie nicht vollständig bereits im abgelaufenen Haushaltsjahr benötigt worden sind.<br />

1.2 Zu Nummer 2 (Erhebung von Realsteuern):<br />

In der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung ist es der Gemeinde möglich, im Rahmen ihrer Finanzmittelbeschaffung<br />

auch Realsteuern von den Steuerpflichtigen zu erheben. Zu den Steuersätzen, die von der Gemeinde für<br />

jedes Haushaltsjahr neu festzusetzen sind, gehören die Hebesätze für die Realsteuern, d.h. die Grundsteuer von<br />

den land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken (Grundsteuer A), die Grundsteuer von weiteren Grundstücken<br />

(Grundsteuer B) und die Gewerbesteuer vom Ertrag und Kapital. Für die Grundsteuer ist den Gemeinden<br />

z. B. im Rahmen des Grundsteuergesetzes das Recht eingeräumt worden, Hebesätze festzusetzen. Sie kann<br />

dazu bestimmen, mit welchem Von-Hundert-Satz des Steuermessbetrages oder des Zerlegungsanteils die<br />

Grundsteuer erhoben werden soll (vgl. § 25 GrStG).<br />

Es ist dabei der Gemeinde freigestellt, die Festsetzung der Hebesätze für ein Jahr oder mehrere Jahre vorzunehmen.<br />

Die Gemeinde kann den Hebesatz jedoch höchstens für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermessbeträge<br />

festsetzen und muss diesen Beschluss bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres fassen (vgl. § 25<br />

Absatz 2 und 3 GrStG). Diese Festsetzungen müssen immer bezogen auf die einzelnen Realsteuerarten erfol-<br />

GEMEINDEORDNUNG 547


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§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

gen. Die Festsetzung gilt zudem immer, auch rückwirkend, für das ganze Haushaltsjahr. In Einzelfällen bedarf es<br />

ggf. einer Nachtragssatzung zur Haushaltssatzung, wenn durch die gemeindliche Haushaltssatzung die Hebesätze<br />

festgelegt werden. Bei einer mehrjährigen Festsetzung bietet sich vielfach eine eigene Satzung dafür an.<br />

Der Gemeinde ist es in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung nur erlaubt, die örtlichen Realsteuern auf der<br />

Grundlage der Festsetzungen der Haushaltssatzung des abgelaufenen Haushaltsjahres erheben, wenn keine<br />

eigenständige Steuersatzung besteht. Die Haushaltssatzung besaß im abgelaufenen Haushaltsjahr die notwendige<br />

Rechtsgültigkeit für Steuerfestsetzungen. Sie ist aufgrund der Anwendung des Grundsatzes der Jährlichkeit<br />

auf das Haushaltsjahr begrenzt und daher mit Ablauf des Haushaltsjahres nicht mehr in Kraft.<br />

Durch die gesetzliche Regelung entfaltet die Festsetzung der Steuersätze aber weiterhin Geltung. In den Fällen,<br />

in denen im Rahmen der neuen Haushaltssatzung höhere Hebesätze geplant sind, kann eine endgültige und ggf.<br />

auf das Haushaltsjahr bezogene rückwirkende Festsetzung erst nach In-Kraft-Treten der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

für das Haushaltsjahr erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass nach den steuerrechtlichen Vorschriften<br />

die endgültige Festsetzung der gemeindlichen Hebesätze vor dem 30. Juni des betreffenden Haushaltsjahres<br />

erfolgen muss, denn sonst gelten die Hebesätze des Vorjahres weiter.<br />

1.3 Zu Nummer 3 (Kredite umschulden):<br />

1.3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die ausdrückliche Regelung, dass in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung auch die Umschuldung von Krediten<br />

zulässig ist, steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Regelung in § 86 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>, nach<br />

der von der Gemeinde auch Kredite zur Umschuldung aufgenommen werden dürfen. Diese beiden ausdrücklichen<br />

Regelungen lassen eine außerordentliche Schuldentilgung durch die Gemeinde in Abhängigkeit vom örtlichen<br />

Bedarf zu und stellen dabei nicht auf die Bestandskraft der gemeindlichen Haushaltssatzung ab. Dadurch<br />

wird aber gleichzeitig eine Kreditaufnahme für die ordentliche Tilgung von Schulden ausgeschlossen.<br />

Der Begriff „Umschuldung“ ist im Sinne der Vorschrift als Begründung einer neuen Verpflichtung der Gemeinde<br />

zur Begleichung einer bestehenden Verpflichtung zu verstehen. Durch den bestehenden Regelungszusammenhang<br />

mit der haushaltsrechtlichen Vorgabe, dass von der Gemeinde Kredite nur für Investitionen aufgenommen<br />

werden dürfen, bedeutet eine Umschuldung im Sinne dieser Vorschrift, die Ablösung eines Kredites für Investitionen<br />

durch die Aufnahme eines neuen Kredites für Investitionen. Im Rahmen einer solchen Umschuldung können<br />

von der Gemeinde aber auch mehrere „kleinere“ Kredite für Investitionen zu einem einzigen größeren Kredit zusammengefasst<br />

werden.<br />

Durch eine Umschuldung wird i.d.R. das Volumen der Verbindlichkeiten der Gemeinde nicht verändert, sondern<br />

es werden lediglich die Kreditkonditionen angepasst. Unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und<br />

Sparsamkeit nach § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> kann insbesondere dann eine Umschuldung in Betracht kommen,<br />

wenn die neuen Konditionen für die Gemeinde günstiger sind, als die des abzulösenden Kredites. Die Gemeinde<br />

kann im Rahmen der Umschuldung einen neuen Vertrag mit dem Kreditgeber abschließen, sie kann aber auch<br />

den Kreditgeber wechseln.<br />

Bei einer Umschuldung kommt jedoch keine Verlängerung der Laufzeit des ursprünglichen Kredites in Betracht,<br />

denn dieses käme der Neuaufnahme eines Kredites für Investitionen gleich. Die Zahlungen, die im Rahmen der<br />

Umschuldung von Krediten innerhalb der vorläufigen Haushaltsführung entstehen, müssen in den Finanzplan<br />

(vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>) des gemeindlichen Haushaltsplans aufgenommen werden, soweit diese noch nicht<br />

veranschlagt worden sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 548


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§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

1.3.2 Die Umwandlung kurzfristiger Investitionskredite<br />

In Sonderfällen, in denen die Gemeinde ausschließlich zur vorübergehenden Finanzierung einer Investition einen<br />

kurzfristigen Kredit aufgenommen hat (Zwischenfinanzierung), weil z. B. ein günstiges Kreditangebot bestand,<br />

kann ein solcher Kredit auch in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung in einen langfristigen Kredit oder einen<br />

Annuitätenkredit umgewandelt werden. Ein für Investitionszwecke aufgenommener kurzfristiger Kredit ist nur<br />

hinsichtlich seiner Laufzeit, aber nicht wegen seines Verwendungszwecks mit einem Kredit zur Liquiditätssicherung<br />

vergleichbar. Der für Investitionen aufgenommene kurzfristige Kredit stellt von Anfang an einen haushaltsmäßig<br />

zu behandelnden Kredit dar. Die Einzahlungen aus der Aufnahme dienen daher zur haushaltsmäßigen<br />

Deckung von investiven Auszahlungen. Sie haben nicht allein den allgemeinen Zweck, fällige Auszahlungen<br />

durch die Gemeinde zu ermöglichen.<br />

Diese Sachlage bedeutet, dass die Aufnahme eines solchen kurzfristigen Kredites unter die Regelungen einer<br />

Kreditaufnahme für Investitionen fällt und daher das Volumen auch durch die Kreditermächtigung der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung erfasst sein muss (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c GO <strong>NRW</strong>). Die Aufnahme<br />

des Kredites ist deshalb nicht dem Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung zuzuordnen (vgl. § 89 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong>, der ebenfalls in der gemeindlichen Haushaltssatzung enthalten sein muss (vgl. § 78 Absatz 2<br />

Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>). Für die tatsächlich von der Gemeinde aufgenommenen Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

folgt daraus, dass diese Kredite nicht in langfristige Kredite oder Annuitätenkredite umgewandelt werden dürfen.<br />

Ein solcher Vorgang steht nicht mit dem Begriff „Umschuldung“ in Sinne dieser Vorschrift in Einklang.<br />

1.3.3 Die Veränderung der Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

Unter die Zulässigkeit der Kreditaufnahme zur Umschuldung fällt nicht der Mehrbedarf der Gemeinde an Krediten<br />

zur Liquiditätssicherung (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>), die in der Haushaltssatzung der Gemeinde mit ihrem<br />

Höchstbetrag festgesetzt werden (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>). Sofern es im Rahmen der vorläufigen<br />

Haushaltsführung bei der Gemeinde einer nicht aufschiebbaren Aufstockung des Höchstbetrages bedarf, muss<br />

dazu örtlich eine Ratsentscheidung herbeigeführt werden. Es fehlt die Entscheidung des Rates über die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft durch den Erlass einer Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr.<br />

In unaufschiebbaren Fällen der gemeindlichen Zahlungsverpflichtungen und des daraus entstehenden Bedarfs an<br />

einem Kredit zur Liquiditätssicherung muss von der Gemeinde geprüft werden, ob dafür eine Dringlichkeitsentscheidung<br />

in Betracht kommen kann. Eine solche Entscheidung muss in der einzelfallbezogenen örtlichen Angelegenheit<br />

erforderlich, geeignet und ausreichend sein. Solche Dringlichkeitsentscheidungen kommen i.d.R. für<br />

alle gemeindlichen Angelegenheiten in Betracht. Sie haben jedoch immer nur einen vorübergehenden Charakter,<br />

weil sie anschließend dem Rat der Gemeinde zur Genehmigung vorzulegen sind (vgl. § 60 Absatz 1 Satz 3 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Dringlichkeitsentscheidung ist auch für die Aufnahme von Krediten<br />

zur Liquiditätssicherung gegeben.<br />

2. Zu Absatz 2 (Aufstockung der Finanzmittel durch Kredite):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Zulässige Kreditaufnahme):<br />

2.1.1 Die Ermittlung des Kreditbedarfs<br />

Im Zeitraum der vorläufigen Haushaltsführung ermöglicht die Vorschrift den Gemeinden in den Fällen, in denen<br />

die Finanzmittel für die Fortsetzung der Bauten, der Beschaffungen und der sonstigen Leistungen des Finanzplans<br />

nach Absatz 1 Nummer. 1 der Vorschrift nicht ausreichen, bis zu einem Viertel des Gesamtbetrages der in<br />

der Haushaltssatzung des Vorjahres festgesetzten Kredite für Investitionen aufzunehmen. Die Bedarfsermittlung<br />

GEMEINDEORDNUNG 549


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

vor der Aufnahme von Krediten hat die Gemeinde dabei unter Beachtung des § 77 GO <strong>NRW</strong> sowie unter Einbeziehung<br />

der noch nicht ausgeschöpften Kreditermächtigungen aus den beiden Vorjahren vorzunehmen. Außerdem<br />

müssen die Einzahlungen aus den im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung aufgenommenen Krediten<br />

in den gemeindlichen Haushaltsplan für das betreffende Haushaltsjahr aufgenommen werden, soweit diese dort<br />

noch nicht veranschlagt worden sind.<br />

In diesem Zusammenhang ist von der Gemeinde zu beachten, dass die Kreditermächtigung der jeweiligen Haushaltssatzung<br />

bis zum Ende des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres gilt und wenn die Haushaltssatzung für<br />

das übernächste Jahr nicht rechtzeitig öffentlich bekanntgemacht wird bis zum Erlass dieser Haushaltssatzung.<br />

Die Weitergeltung ist jedoch nur in dem Umfang möglich, in dem die Ermächtigungen im abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

noch nicht in Anspruch genommen worden sind. Dabei besteht ein Vorrang der Inanspruchnahme bestehender<br />

Kreditermächtigungen vor der Genehmigung der Kreditaufnahme durch die Aufsichtsbehörde nach<br />

dieser Vorschrift. Unter diese Vorschrift fällt jedoch nicht die Erhöhung von gemeindlichen Krediten zur Liquiditätssicherung,<br />

die in der Haushaltssatzung der Gemeinde mit ihrem Höchstbetrag festgesetzt werden (vgl. § 78<br />

Absatz 2 Nummer 3 und § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.2 Der Genehmigungsbedarf<br />

Die gesetzliche Möglichkeit für die Gemeinde, Kredite bis zu einem Viertel des Gesamtbetrages der in der Haushaltssatzung<br />

des Vorjahres festgesetzten Kredite für Investitionen aufzunehmen, aufzunehmen, ist wegen des<br />

Budgetrechts des Rates der Gemeinde ausdrücklich mit einem Genehmigungserfordernis verbunden worden. Die<br />

zuständige Aufsichtsbehörde der Gemeinde ist deshalb vor einer Kreditaufnahme im Rahmen der vorläufigen<br />

Haushaltsführung zu beteiligen, denn die Investitionsentscheidungen der Gemeinde sind in der Regel mit langfristig<br />

wirkenden Haushaltsbelastungen verbunden.<br />

Die Gemeinde hat in diesen Fällen zu prüfen, ob ein entsprechender Bedarf für solche Finanzmittel bei der Gemeinde<br />

besteht. Die Gemeinde muss daher in ihrem Bericht zur Erteilung der Genehmigung darlegen, dass ein<br />

entsprechender Finanzierungsbedarf für die Fortsetzung von Bauten, für Beschaffungen oder für sonstige Investitionsleistungen,<br />

für die im Haushaltsplan des Vorjahres Finanzpositionen oder Verpflichtungsermächtigungen<br />

vorgesehen waren, besteht.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Dringlichkeitsliste):<br />

Nach der Vorschrift hat die Gemeinde hat dem Antrag auf Genehmigung der Aufnahme von Krediten für Investitionen<br />

eine nach Dringlichkeit geordnete Aufstellung der vorgesehenen unaufschiebbaren Investitionen beizufügen.<br />

Die Aufsichtsbehörde kann dadurch prüfen, ob die von der Gemeinde vorgesehene Kreditaufnahme unter<br />

dem Gesichtspunkt einer geordneten Haushaltswirtschaft genehmigt werden kann und erforderlich ist. Die Vorlage<br />

einer Investitionsliste als Dringlichkeitsliste im Sinne der Vorschrift soll möglichst noch vor Beginn des Haushaltsjahres<br />

erfolgen.<br />

Die Gemeinde bedarf zuvor des Beschlusses durch den Rat der Gemeinde, da keine vom Rat beschlossene<br />

Haushaltssatzung besteht, die eine Grundlage für die Investitionstätigkeit der Gemeinde darstellen kann. In der<br />

Dringlichkeitsliste der Gemeinde sollten auch die sonstigen Deckungsmittel, die jahresbezogen als Einzahlungen<br />

zur Deckung der von der Gemeinde geplanten Investitionsmaßnahmen zur Verfügung stehen, aufgezeigt werden.<br />

Dadurch wird der notwendige Kreditbedarf der Gemeinde unmittelbar erkennbar und nachvollziehbar wird, denn<br />

dieser Betrag ist Gegenstand der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.<br />

Die Aufstellung der Dringlichkeitsliste ist von der Gemeinde in eigener Verantwortung vorzunehmen. Sie hat dabei<br />

einen eigenen Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum und kann je nach den örtlichen Erfordernissen<br />

GEMEINDEORDNUNG 550


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

eigene Prioritäten setzen. Die Gemeinde muss in diesem Rahmen aber auch vorrangige rechtliche Pflichten (Verkehrssicherungspflichten,<br />

Erfüllung von Auftragsangelegenheiten) sowie gesetzlich pflichtige Maßnahmen (gesetzliche<br />

Pflichtaufgaben) berücksichtigen. Aus der Reihenfolge der aufgeführten Maßnahmen müssen sich dann<br />

die von der Gemeinde gewünschte Priorisierung sowie die objektive Notwendigkeit und Dringlichkeit der gemeindlichen<br />

Investitionsmaßnahmen ergeben.<br />

Bei einer Gemeinde in der vorläufigen Haushaltsführung, bei der in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung kein<br />

Kreditbedarf besteht, entsteht auch kein Genehmigungserfordernis. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit ihrer<br />

Aufsichtsbehörde und bezogen auf die vorläufige Haushaltsführung bietet es sich aber an, gleichwohl die Aufsichtsbehörde<br />

über die vorgesehene Fortsetzung von Investitionen und ihre haushaltswirtschaftlichen Folgen zu<br />

informieren. In diesen Fällen wäre der Aufsichtsbehörde eine Übersicht über die haushaltsjahrbezogenen Investitionsmaßnahmen<br />

vorzulegen und ggf. auch über den Stand am Ende des Vorjahres sowie über die daraus für die<br />

Gemeinde entstehenden Erträge und Aufwendungen berichten.<br />

2.3 Zu Satz 3 (Erteilung der Genehmigung):<br />

Die Aufsichtsbehörde soll die Genehmigung zur Kreditaufnahme für gemeindliche Investitionen unter den Gesichtspunkten<br />

einer geordneten Haushaltswirtschaft erteilen. Sie soll dabei insbesondere berücksichtigen, dass<br />

die Investitionsentscheidungen der Gemeinde regelmäßig mit langfristig wirkenden Haushaltsbelastungen verbunden<br />

sind. Dabei ist von der Aufsichtsbehörde auch die von der Gemeinde vorgelegte Aufstellung, in der die<br />

vorgesehenen unaufschiebbaren Investitionen nach Dringlichkeit aufgezeigt werden, zu berücksichtigen. Dieses<br />

Gesamtbild kann ein Anlass zu Vorgaben der Aufsichtsbehörde gegenüber der Gemeinde sein. Die Aufsichtsbehörde<br />

kann deshalb ihre Genehmigung auch unter Bedingungen und mit Auflagen erteilen.<br />

2.4 Zu Satz 4 (Versagung der Genehmigung):<br />

Nach der Vorschrift soll die Aufsichtsbehörde die von der Gemeinde gewünschte Genehmigung für eine Kreditaufnahme<br />

für Investitionen in der Regel versagen, wenn die Kreditverpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit<br />

der Gemeinde nicht in Einklang stehen. Dabei gilt es insbesondere zu beurteilen, wie sich die Investitionsentscheidungen<br />

der Gemeinde langfristig auf den gemeindlichen Haushalt und auf das Gebot des jährlichen<br />

Haushaltsausgleichs nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> auswirken. Die Aufsichtsbehörde kann zu dem Schluss gelangen,<br />

dass eine Genehmigung zur Kreditaufnahme zu versagen ist, weil bei einer Erteilung der Genehmigung<br />

auch unter ergänzenden Bedingungen und mit Auflagen nicht dem gesetzlichen Erfordernis einer geordneten<br />

Haushaltswirtschaft in ausreichendem Maße Genüge getan werden kann.<br />

3. Zu Absatz 3 (Haushaltssicherungskonzept und vorläufige Haushaltsführung):<br />

3.01 Fehlende Haushaltssatzung und Haushaltssicherungskonzept<br />

Diese Vorschrift betrifft alle die Gemeinden, die nach § 76 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

verpflichtet sind, bei denen aber im neuen Haushaltsjahr noch keine Genehmigung dieses<br />

Haushaltssicherungskonzeptes durch die Aufsichtsbehörde vorliegt. Die Haushaltssatzung solcher Gemeinden<br />

durfte deshalb nach § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> noch nicht bekannt gemacht werden. Diese Gemeinden unterfallen<br />

daher nicht nur den Regelungen der Absätze 1 und 2 dieser Vorschrift, sondern müssen entsprechend ihrer defizitären<br />

Haushaltswirtschaft bzw. einer längerfristigen vorläufigen Haushaltsführung strengere Vorgaben bei der<br />

Ausführung ihrer Haushaltswirtschaft beachten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 551


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

Die vorläufige Haushaltsführung als Folge der Nicht-Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes der Gemeinde<br />

stellt deutlich höhere Anforderungen an das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde als die Bewirtschaftung<br />

eines Haushalts mit genehmigtem Haushaltssicherungskonzept. Dazu gehört z. B. eine tragfähige<br />

haushaltswirtschaftliche Kombination aus den Einschränkungen der vorläufigen Haushaltsführung und den Erfordernissen<br />

einer Konsolidierung des gemeindlichen Haushalts zu erreichen.<br />

Solche örtlichen Gegebenheiten haben erhebliche Veränderungen in der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

zur Folge und erfordern auch eine Begleitung durch die Aufsichtsbehörde der Gemeinde. Der<br />

Umgang mit der vorläufigen Haushaltsführung muss daher bei allen Verantwortlichen darauf ausgerichtet sein,<br />

dass es keine Alternative zur schnellstmöglichen Wiederherstellung einer geordneten Haushaltswirtschaft gibt,<br />

die bei einem mehrjährigen Weg nur über ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept führt. Bis dieses<br />

Ziel erreicht ist, muss die Gemeinde umfangreiche Einschränkungen bei der Gestaltung ihrer Haushaltswirtschaft<br />

mittragen und umsetzen.<br />

3.1 Zu Nummer 1 (Besondere haushaltswirtschaftliche Beschränkungen):<br />

Eine vorläufige Haushaltsführung aus Anlass eines nicht genehmigungsfähigen Haushaltssicherungskonzeptes<br />

muss deshalb erhebliche Einschränkungen in der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft vorsehen,<br />

um die bestehenden defizitären örtlichen Verhältnisse grundsätzlich und dauerhaft zu beseitigen. Es gilt in dieser<br />

Zeit für die Gemeinde, zusammen mit der Aufsichtsbehörde zu einem tragfähigen und umsetzbaren Haushaltssicherungskonzept<br />

zu kommen, dass unter Beachtung der Vorschriften der §§ 75 und 76 GO <strong>NRW</strong> einen Weg der<br />

Gemeinde in nicht mehr beherrschbare haushaltswirtschaftliche Verhältnisse bzw. die Überschuldung verhindert.<br />

Es muss schnellmöglich die ungeregelte Haushaltswirtschaft beseitigt und ein Umstieg herbeigeführt werden, der<br />

mittelfristig die geordnete Haushaltswirtschaft und den gesetzlich vorgesehenen jährlichen Haushaltsausgleich<br />

dauerhaft wieder herstellt.<br />

Die längere Zeit bestehende vorläufige Haushaltsführung muss sowohl von den Verantwortlichen in der Gemeinde<br />

als auch die Öffentlichkeit zum Anlass genommen werden, alle finanzwirksame Entscheidungen über haushaltswirtschaftliche<br />

Maßnahmen in einen Konsolidierungsrahmen zu stellen und vor deren Ausführung die Notwendigkeit<br />

anhand objektiver Kriterien zu beurteilen. Dabei ist insbesondere auch vor Ort zu klären, ob in der<br />

Vergangenheit entstandene Verpflichtungen der Gemeinde heute zu einem scheinbar nicht auflösbaren Konflikt<br />

zwischen verschiedenen gleichrangigen Rechtspflichten der Gemeinde führen.<br />

Es ist dann zu prüfen, ob und ggf. welche Verpflichtungen aufgegeben oder auf Dritte übertragen werden können,<br />

denn das Recht zur Weiterführung des gemeindlichen Haushalts im Haushaltsjahr beinhaltet auch die Pflicht für<br />

die Gemeinde, notwendige Anpassungen nach ihren Erfordernissen vorzunehmen. Bei einer solchen Haushaltssituation<br />

muss von der Gemeinde außerdem festgelegt werden, mit welchen Einschränkungen in der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft ggf. die örtlichen Probleme beseitigt werden können und auf welche Art und Weise den<br />

künftigen Belastungen der Gemeinde begegnet werden soll und kann.<br />

Diese Sachlage erfordert, die Rahmenbedingungen für die Weiterführung des Haushalts mindestens für die Zeit<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung konkret abzustecken und gleichzeitig eine Überwachung der<br />

Umsetzung (Controlling) vorzunehmen. Es gilt, eine stetige Aufgabenerfüllung auf Dauer auch dadurch zu sichern,<br />

dass der Weg zur Wiedererlangung eines jährlichen Haushaltsausgleichs eingeschlagen und eingehalten<br />

wird, geeignete messbare Ziele festgelegt und die Zielerreichung gemessen wird sowie notwendige Sanierungsmaßnahmen<br />

zeitgerecht umzusetzen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 552


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

3.2 Zu Nummer 2 (Überschreitung des Kreditrahmens):<br />

3.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Nach der Vorschrift kann die in Absatz 2 festgelegte Kreditvorgabe, nach dem die Gemeinde mit Genehmigung<br />

der Aufsichtsbehörde höchstens Kredite für Investitionen bis zu einem Viertel des Gesamtbetrages der in der<br />

Haushaltssatzung des Vorjahres festgesetzten Kredite aufnehmen darf, bei einer längeren vorläufigen Haushaltsführung<br />

überschritten werden. Die Gemeinde darf die Obergrenze der Kreditaufnahme während der Zeit der vorläufigen<br />

Haushaltsführung jedoch nur überschreiten, wenn das Verbot der Kreditaufnahme anderenfalls zu einem<br />

nicht auflösbaren Konflikt zwischen verschiedenen gleichrangigen Rechtspflichten der Gemeinde führen würde.<br />

Die Aufsichtsbehörde kann auch in diesen Fällen die zu erteilende Genehmigung unter Bedingungen und mit<br />

Auflagen erteilen.<br />

Diese Vorschrift, die ergänzend zu den Regelungen der Absätze 1 und 2 gilt, bildet daher die Rechtsgrundlage für<br />

die Genehmigung von gemeindlichen Kreditaufnahmen über die in Absatz 2 der Vorschrift bestimmte Grenze<br />

hinaus, wenn dafür bei der Gemeinde in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung Bedarf besteht und die Gemeinde<br />

nicht über ein genehmigtes Haushaltssicherungskonzept verfügt. Eine Kreditgenehmigung, die über eine<br />

Genehmigung nach Absatz 2 der Vorschrift hinausgeht, darf die Aufsichtsbehörde regelmäßig jedoch erst dann<br />

erteilen, wenn die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen vom Rat der Gemeinde beschlossen und der Aufsichtsbehörde<br />

angezeigt worden ist und die Gemeinde dabei die Genehmigung des beigefügten Haushaltsicherungskonzepts<br />

beantragt hat.<br />

Die Aufsichtsbehörde kann in solchen Fällen der Kreditgenehmigung von der Gemeinde eine nach Dringlichkeit<br />

geordnete Aufstellung der vorgesehenen unaufschiebbaren Investitionen entsprechend der Vorgabe in Absatz 2<br />

Satz 2 der Vorschrift verlangen. Beim späteren Haushaltsvollzug durch die Gemeinde kann bei einem örtlichen<br />

Bedarf die Aufsichtsbehörde ggf. den Austausch einzelner Investitionsmaßnahmen und/oder einzelner maßnahmebezogener<br />

Auszahlungen des Haushaltsjahres (Abweichen von der Planung) zulassen. Dadurch darf sich<br />

jedoch der genehmigte Rahmen der gemeindlichen Kreditaufnahmen des Haushaltsjahres insgesamt nicht erhöhen<br />

und es dürfen keine neuen Dauerverpflichtungen von der Gemeinde eingegangen werden, die ein Einhalten<br />

eines genehmigungsfähigen Kreditrahmens in künftigen Haushaltsjahren gefährden.<br />

3.2.2 Die Investitions-Dringlichkeitslisten<br />

Durch die Vorschrift des § 82 Absatz 3 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> wird keine Obergrenze für die genehmigungsfähige<br />

Kreditaufnahme der Gemeinde bestimmt. Die Zustimmung kann aber nur im Rahmen einer angemessenen Begrenzung<br />

der Kreditaufnahme unter Einbeziehung der vorgesehenen Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen<br />

erfolgen. Die Berechnung des Kreditaufnahmerahmens ist unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse<br />

sachgerecht vorzunehmen. Die Gemeinde hat daher eine Dringlichkeitsliste unter Beachtung des Bruttoprinzips<br />

und auf der Grundlage der jahresbezogenen Auszahlungen aus ihrer Investitionstätigkeit aufzustellen.<br />

Die Gemeinde hat bei der Aufstellung ihrer nach Dringlichkeit geordnete Aufstellung der vorgesehenen unaufschiebbaren<br />

Investitionen ihren Eigenanteil gesondert anzugeben. Sie hat dabei zu beachten, dass im Rahmen<br />

der Beurteilung des gemeindlichen Kreditbedarfs bestimmte Finanzleistungen Dritter auf den Eigenanteil der<br />

Gemeinde angerechnet werden, wenn diese Beträge bezogen auf das Haushaltsjahr der Gemeinde zur Verfügung<br />

stehen. Zu solchen Finanzleistungen zählen z. B. zweckgebundene Zuwendungen und zwar unabhängig<br />

davon, ob diese bezogen auf einzelne Projekte oder pauschal der Gemeinde gewährt werden. Die aufgrund des<br />

GfG gewährte allgemeine Investitionspauschale ist dagegen auch als „Deckung“ des Eigenanteils einsetzbar.<br />

Beim gemeindlichen Eigenanteil sind zudem auch von der Gemeinde zu erhebende Beiträge zu berücksichtigen.<br />

Solche Beiträge werden von der Gemeinde z. B. im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen oder Erschließungsmaßnahmen<br />

als Ersatz für den gemeindlichen Aufwand erhoben.<br />

GEMEINDEORDNUNG 553


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

4. Zu Absatz 4 (Längerfristige vorläufige Haushaltsführung):<br />

Die Gemeinden, die aus unterschiedlichen Gründen den Erlass der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr bzw.<br />

das In-Kraft-Treten nicht vornehmen können, und deshalb bei ihnen das Ende der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung<br />

nicht absehbar ist bzw. diese schon so weit in das neue Haushaltsjahr hineinreicht, sollen wie Gemeinden<br />

behandelt werden, die sich in der vorläufigen Haushaltsführung befinden, weil ihr Haushaltssicherungskonzept<br />

nicht den Genehmigungsanforderungen entspricht und daher noch nicht genehmigt worden ist.<br />

Die Vorschrift sieht deshalb vor, dass auch für die Gemeinden die Bestimmungen des Absatzes 3 gelten sollen,<br />

bei denen nach dem 1. April des Haushaltsjahres noch keine Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr in Kraft<br />

getreten ist, selbst dann, wenn ein ausgeglichener Haushalt im Entwurf vorliegt, aber vom Rat der Gemeinde<br />

noch nicht beschlossen worden ist bzw. wegen der fehlenden Bekanntmachung noch nicht in Kraft getreten ist<br />

(vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesen Fällen sollen bei der Gemeinde ebenfalls die haushaltsmäßigen Einschränkungen gelten, wie sie sonst<br />

nur bei Gemeinden mit einem nicht genehmigungsfähigen Haushaltssicherungskonzept zum Tragen kommen.<br />

Zur Klarstellung wird dabei ausdrücklich ergänzt, dass derartige Beschränkungen lediglich bis zur Beschlussfassung<br />

über einen ausgeglichenen Haushalt oder bis zur Erteilung der Genehmigung für ein Haushaltssicherungskonzept<br />

zu beachten sind. In den beiden Fällen wirken sich daher die Beschränkungen bis zur öffentlichen Bekanntmachung<br />

der Haushaltssatzung aus, denn diese tritt erst danach in Kraft (vgl. § 7 GO Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese rechtliche Vorgabe ist auch dann zu beachten, wenn bis zu dem genannten Termin (1. April des Haushaltsjahres)<br />

kein ausgeglichener Haushalt beschlossen worden ist. Die Gemeinden, die unter diese Regelungen fallen,<br />

müssen entsprechend ihrer nicht hergestellten geordneten Haushaltswirtschaft strenge Vorgaben bei der Weiterführung<br />

ihrer Aufgaben im bereits begonnenen neuen Haushaltsjahr beachten, die vom Bürgermeister in einer<br />

örtlichen Dienstanweisung als Ersatz für die noch nicht geltende Haushaltssatzung erlassen werden soll.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 554


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 83<br />

Überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen<br />

(1) 1 Überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen sind nur zulässig, wenn sie unabweisbar<br />

sind. 2 Die Deckung muss jeweils im laufenden Haushaltsjahr gewährleistet sein. 3 Über die Leistung dieser<br />

Aufwendungen und Auszahlungen entscheidet der Kämmerer, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Bürgermeister,<br />

soweit der Rat keine andere Regelung trifft. 4 Der Kämmerer kann mit Zustimmung des Bürgermeisters<br />

und des Rates die Entscheidungsbefugnis auf andere Bedienstete übertragen.<br />

(2) 1 Sind die überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen erheblich, bedürfen sie<br />

der vorherigen Zustimmung des Rates; im Übrigen sind sie dem Rat zur Kenntnis zu bringen. 2 § 81 Abs. 2 bleibt<br />

unberührt.<br />

(3) 1 Für Investitionen, die im folgenden Jahr fortgesetzt werden, sind überplanmäßige Auszahlungen auch dann<br />

zulässig, wenn ihre Deckung erst im folgenden Jahr gewährleistet ist. 2 Absatz 1 Sätze 3 und 4 und Absatz 2 gelten<br />

sinngemäß.<br />

(4) Die Absätze 1 bis 3 finden entsprechende Anwendung auf Maßnahmen, durch die später über- oder außerplanmäßige<br />

Aufwendungen und Auszahlungen entstehen können.<br />

Erläuterungen zu § 83:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Der Mehrbedarf im Haushaltsjahr<br />

1.1 Die Ermächtigungen im Haushaltsplan<br />

Die jährliche Haushaltswirtschaft der Gemeinde erfordert eine bindende Grundlage bzw. eine Ermächtigung für<br />

ihre Ausführung durch die gemeindliche Verwaltung. Diese Grundlage schafft der Rat der Gemeinde im Rahmen<br />

seines Budgetrechtes durch den jährlichen Erlass einer Haushaltssatzung mit ihren Anlagen (vgl. § 41 Absatz 1<br />

Buchstabe h i.V.m. § 78 GO <strong>NRW</strong>). Ein auf der beschlossenen Haushaltsatzung aufbauender gemeindlicher<br />

Haushalt ist Ausdruck der Finanzhoheit der Gemeinde und der gemeindlichen Selbstverwaltung. Es muss dabei<br />

von der Gemeinde gewährleistet werden, dass der Haushaltsplan alle Ermächtigungen für die gemeindliche Verwaltung<br />

enthält, die zur Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr notwendig sind bzw.<br />

den voraussichtlichen Bedarf abdecken.<br />

Der gemeindliche Haushaltsplan ist daher für die Haushaltsausführung durch die gemeindliche Verwaltung verbindlich<br />

(vgl. § 79 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Er muss alle Ermächtigungen und Bewirtschaftungsinformationen<br />

für das Haushaltsjahr bereitstellen, die für die Ausführung des Haushaltsplans sowie die spätere Haushaltskontrolle<br />

wichtig sind. Der Haushaltsplan muss auch eine dem Haushaltsjahr vergleichbare detaillierte Übersicht über<br />

die Erträge und Aufwendungen sowie Einzahlungen und Auszahlungen in den sich an das Haushaltsjahr anschließenden<br />

drei Planungsjahren geben. Er stellt somit ein örtliches Programm für die Erledigung der gemeindlichen<br />

Aufgaben im Haushaltsjahr mit Ausblick auf die Folgejahre dar. Dabei ist zu beachten, dass die im Haushaltsplan<br />

enthaltenen Ermächtigungen erst dann in Anspruch genommen werden dürfen, wenn die gemeindliche<br />

Aufgabenerfüllung dieses erfordert. Außerdem ist die Inanspruchnahme der Ermächtigungen zu überwachen (vgl.<br />

§ 23 Absatz 1 Satz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Für die Beurteilung der Gemeinde, ob überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen<br />

entstehen, ist die Veranschlagung von Erträgen und Aufwendungen sowie von Einzahlungen und Auszahlungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 555


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

im gemeindlichen Haushaltsplan maßgebend. Die mit den Haushaltsansätzen verbundene Zwecksetzung im<br />

Sinne des Grundsatzes der Spezialität der Veranschlagung, die aufgrund der Vorgaben in den §§ 2, 3, 4 und 11<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> von der Gemeinde näher festgelegt ist, muss in die Beurteilung einbezogen werden. Außerdem<br />

ist auch nicht die sachliche Bindung der im Haushaltsplan ausgewiesenen Haushaltspositionen unbeachtlich. Die<br />

überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen entstehen daher bezogen auf die<br />

einzelnen Positionen im gemeindlichen Haushaltsplan mit den darunter ausgewiesenen Ansätzen.<br />

1.2 Die Zwecke der Vorschrift<br />

In diesem Zusammenhang kommt der Vorschrift über die Zulässigkeit von überplanmäßigen und außerplanmäßige<br />

Aufwendungen und Auszahlungen eine Schutzfunktion und Informationsfunktion für den Rat der Gemeinde zu.<br />

Die gemeindliche Verwaltung soll nicht eigenmächtig über den vom Rat anerkannten und mitgetragenen Haushaltsplan<br />

hinaus zusätzliche Aufwendungen im Haushaltsjahr entstehen lassen und Auszahlungen leisten. Die<br />

Schutzfunktion bezieht deshalb vorrangig auf das Budgetrecht des Rates und nicht auf die gemeindlichen Aufwendungen<br />

und Auszahlungen, die bereits den Haushaltsgrundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit<br />

unterliegen. Eine Verpflichtung der Gemeinde gegenüber Dritten als Auslöser von überplanmäßigen und außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen und Auszahlungen für die Gemeinde muss der Vorschrift nicht entgegenstehen.<br />

Das Entstehen einer Verpflichtung im Haushaltsjahr erfordert, dass die Gemeinde im Rahmen des dazu i.d.R.<br />

notwendigen Vorlaufs unmittelbar auch die haushaltswirtschaftlichen Voraussetzungen dafür für das schafft.<br />

Gleichzeitig ist sie verpflichtet, auch die haushaltsmäßigen Auswirkungen für die folgenden Jahre zu prüfen und<br />

ggf. in ihre weitere Haushaltsplanung einzubeziehen. In solchen Fällen ist es unerheblich, ob die Verpflichtung<br />

der Gemeinde gegenüber einem Dritten besteht und auch, ob der Verpflichtung ein rechtlicher Charakter zukommt.<br />

Zusätzliche Aufwendungen können dabei auch aus einer Verpflichtung gegen sich selbst bestehen. Eine<br />

rechtliche Verpflichtung oder die gemeindlichen Aufgaben sind daher kein ausreichender Grund, grundsätzlich<br />

und eigenmächtig von dem haushaltswirtschaftlichen Rahmen abzuweichen, den der Rat der Gemeinde durch<br />

seinen Beschluss über die gemeindliche Haushaltssatzung gesetzt hat.<br />

1.3 Der Bedarf aus der Haushaltsausführung<br />

Im Rahmen der Ausführung des Haushaltsplans der Gemeinde durch die gemeindliche Verwaltung kann sich die<br />

Notwendigkeit eines Mehrbedarfs bei den im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen ergeben, weil die Entwicklung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr anders verläuft als nach dem aufgestellten<br />

Haushaltsplan vorgesehen. Im Laufe des gemeindlichen Haushaltsjahres kann sich ein Bedürfnis für zusätzliche<br />

haushaltswirtschaftliche Maßnahmen ergeben, sodass die Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben zu höheren<br />

Aufwendungen und/oder Auszahlungen führt. Der Haushaltsplan von der Gemeinde insoweit geändert werden,<br />

damit die Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben erfolgen kann.<br />

Eine Änderung des Haushaltsplans im Laufe eines Haushaltsjahres ist aber grundsätzlich nur durch eine Nachtragssatzung<br />

nach § 81 GO <strong>NRW</strong> möglich. Er ist ggf. im Rahmen einer Nachtragssatzung zu ändern, wenn z.B.<br />

bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen<br />

in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang geleistet<br />

werden müssen (vgl. § 81 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>). Eine Nachtragssatzung ist aber in dem gleichen<br />

förmlichen Verfahren aufzustellen wie die ursprüngliche Haushaltssatzung der Gemeinde (vgl. § 81 Absatz 1 Satz<br />

2 GO <strong>NRW</strong>). Wäre eine solche Vorgehensweise bei jedem Mehrbedarf im Haushaltsjahr erforderlich, dürfte sich<br />

eine solche Vorgabe erschwerend auf die weitere notwendige Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

auswirken. Die Gemeinde ist deshalb nur bei besonderen haushaltswirtschaftlichen Sachverhalten zum Erlass<br />

einer gemeindlichen Nachtragssatzung verpflichtet.<br />

GEMEINDEORDNUNG 556


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

Für den übrigen Mehrbedarf bei der Haushaltsausführung aufgrund besonderer Bedürfnisse wird durch die Vorschrift<br />

ein vereinfachtes Verfahren zugelassen. Mit Zustimmung des Kämmerers oder des Bürgermeisters (vgl.<br />

Regelung in Absatz 1 Satz 3 der Vorschrift) werden zusätzliche haushaltsmäßige Ermächtigungen möglich, um<br />

höhere Aufwendungen entstehen zu lassen und/oder Auszahlungen leisten zu können, ohne dass es der Aufstellung<br />

einer gemeindlichen Nachtragssatzung bedarf. Die überplanmäßigen oder außerplanmäßigen Aufwendungen<br />

und/oder Auszahlungen verändern dabei jedoch nicht die betroffenen Haushaltspositionen im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan. Außerdem fallen unter diese Vorschrift nicht die gemeindlichen Aufwendungen und Auszahlungen,<br />

die im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung der Gemeinde (vgl. § 82 GO <strong>NRW</strong>) entstehen.<br />

1.4 Die Begriffe „überplanmäßig“ und „außerplanmäßig“<br />

1.4.1 Der Begriff „überplanmäßig“<br />

Im gemeindlichen Haushaltsrecht stellen die unter den zutreffenden Haushaltspositionen im Ergebnisplan veranschlagten<br />

und betragsmäßig festgesetzten Aufwendungen und die im Finanzplan veranschlagten Auszahlungen<br />

für die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft verbindliche Obergrenzen dar (Planansatz). Der Begriff<br />

„überplanmäßig“ wird deshalb von dem haushaltsrechtlichen Begriff „planmäßig“ abgeleitet. Als planmäßige Aufwendungen<br />

und Auszahlungen gelten daher alle Ermächtigungen, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des<br />

Rates über die Haushaltssatzung im gemeindlichen Haushaltsplan veranschlagt sind.<br />

Als überplanmäßig werden daher gemeindliche Aufwendungen oder Auszahlungen bezeichnet, die über die im<br />

Haushaltsplan veranschlagten Ermächtigungen einschließlich der aus dem Vorjahr übertragenen Ermächtigungen<br />

hinausgehen und somit oberhalb des fortgeschriebenen Planansatzes liegen (zusätzliche Ermächtigungen). Der<br />

Begriff „überplanmäßig“ beinhaltet daher bereits, dass eine Abweichung von den im Haushaltsplan der Gemeinde<br />

ausgewiesenen bzw. von den auf zulässige Weise fortgeschriebenen Ermächtigungen vorliegt. Er beinhaltet<br />

auch, dass wegen der erst zu schaffenden Ermächtigung für die entstehenden Aufwendungen und die zu leistenden<br />

Auszahlungen das Budgetrecht des Rates betroffen ist.<br />

Durch die einzuholende Zustimmung des Kämmerers oder des Bürgermeisters oder des Rates zu über den<br />

Haushaltsplan hinausgehenden Aufwendungen und Auszahlungen werden zwar die notwendigen (zusätzlichen)<br />

Ermächtigungen für die gemeindliche Verwaltung zur Leistung der Aufwendungen und Auszahlungen geschaffen,<br />

die Zustimmung ist haushaltsrechtlich jedoch nicht so weitgehend, dass dadurch die im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

enthaltenen Haushaltspositionen verändert werden. Die überplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen<br />

beinhalten deshalb haushaltsmäßig nicht die Möglichkeit zu einer Planfortschreibung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans. Vielmehr sind die im Haushaltsjahr entstandenen überplanmäßigen Aufwendungen im Plan-/Ist-<br />

Vergleich in der Ergebnisrechnung unter den Ist-Werten zu erfassen und dürfen nicht im fortgeschriebenen Planansatz<br />

enthalten sein (vgl. § 38 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese Vorgabe gilt entsprechend für die Erfassung der<br />

im Haushaltsjahr geleisteten überplanmäßigen Auszahlungen im Finanzplan.<br />

1.4.2 Der Begriff „außerplanmäßig“<br />

Im gemeindlichen Haushaltsrecht stellen die unter den zutreffenden Haushaltspositionen im Ergebnisplan veranschlagten<br />

und betragsmäßig festgesetzten Aufwendungen und die im Finanzplan veranschlagten Auszahlungen<br />

für die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft verbindliche Obergrenzen dar (Planansatz). Der Begriff<br />

„außerplanmäßig“ wird deshalb von dem haushaltsrechtlichen Begriff „planmäßig“ abgeleitet. Als planmäßige<br />

Aufwendungen und Auszahlungen gelten alle Ermächtigungen, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des<br />

Rates über die Haushaltssatzung im gemeindlichen Haushaltsplan veranschlagt sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 557


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

Als außerplanmäßig werden daher gemeindliche Aufwendungen oder Auszahlungen bezeichnet, wenn dafür<br />

keine Ermächtigungen im Haushaltsplan veranschlagt und keine Ermächtigungen aus dem Vorjahr übertragen<br />

worden sind, also dafür kein fortgeschriebener Planansatz besteht (neue Ermächtigungen). Der Begriff „außer-<br />

planmäßig“ beinhaltet dabei bereits, dass eine Ergänzung zu den im Haushaltsplan der Gemeinde ausgewiesenen<br />

bzw. zu den auf zulässige Weise fortgeschriebenen Ermächtigungen erforderlich wird. Er beinhaltet auch,<br />

dass wegen der erst zu schaffenden Ermächtigung das Budgetrecht des Rates betroffen ist.<br />

Durch die einzuholende Zustimmung des Kämmerers oder des Bürgermeisters oder des Rates zu über den<br />

Haushaltsplan hinausgehenden Aufwendungen und Auszahlungen werden zwar die notwendigen (zusätzlichen)<br />

Ermächtigungen für die gemeindliche Verwaltung zur Leistung der Aufwendungen und Auszahlungen geschaffen,<br />

die Zustimmung ist haushaltsrechtlich jedoch nicht so weitgehend, dass dadurch im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

neue Haushaltspositionen geschaffen werden. Die außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen dürfen<br />

deshalb haushaltsmäßig auch nicht wie eine Planfortschreibung behandelt werden. Vielmehr sind die im Haushaltsjahr<br />

entstandenen außerplanmäßigen Aufwendungen im Plan-/Ist-Vergleich in der Ergebnisrechnung unter<br />

den Ist-Werten zu erfassen und dürfen nicht im fortgeschriebenen Planansatz enthalten sein (vgl. § 38 Absatz 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese Vorgabe gilt entsprechend für die Erfassung der im Haushaltsjahr geleisteten außerplanmäßigen<br />

Auszahlungen im Finanzplan.<br />

2. Der Mehrbedarf nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

2.1 Die Feststellung und Erfassung der zusätzlichen Aufwendungen<br />

Im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses sind von der Gemeinde ggf. auch Ereignisse<br />

aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr zu berücksichtigen, wenn daraus Aufwendungen entstanden sind, die noch<br />

dem Haushaltsjahr wirtschaftlich zuzurechnen sind, z. B. zusätzliche bilanzielle Abschreibungen. Dabei kommt es<br />

nicht darauf an, ob die Kenntnisse darüber aus dem gemeindlichen Verwaltungshandeln oder aus Beanstandungen<br />

der örtlichen Prüfung gewonnen wurden. Derartige gemeindliche Sachverhalte führen i.d.R. nicht zu Veränderungen<br />

der im gemeindlichen Haushaltsplan veranschlagten Ermächtigungen, sondern sind deshalb als überplanmäßige<br />

oder außerplanmäßige Aufwendungen zu behandeln und in der gemeindlichen Ergebnisrechnung zu<br />

berücksichtigen. Derartige gemeindliche Aufwendungen dürfen weder in das nächste Haushaltsjahr verschoben<br />

noch vergleichbar einer Planfortschreibung haushaltsmäßig behandelt werden.<br />

Die Gemeinde hat auch bei solchen überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen zu prüfen, ob<br />

diese Aufwendungen unabweisbar sind. Im Zeitpunkt des gemeindlichen Jahresabschlusses besteht die Unabweisbarkeit<br />

i.d.R. deshalb, weil derartige Aufwendungen dem abgelaufenen Haushaltsjahr wirtschaftlich zuzurechnen<br />

sind. Bei der Prüfung des Erfordernisses einer Deckung ist bezogen auf das abgelaufene Haushaltsjahr<br />

zu berücksichtigen, mit welchem Ergebnis die gemeindliche Ergebnisrechnung für das Haushaltsjahr abschließt.<br />

Die Deckung kann z. B. dadurch gegeben sein, dass in der gemeindlichen Ergebnisrechnung vor der Erfassung<br />

der außerplanmäßigen Aufwendungen ein Jahresüberschuss besteht. Das Bestehen der Unabweisbarkeit lässt<br />

aber auch zu, dass eine Deckung selbst dann angenommen werden kann, wenn ein Jahresfehlbetrag besteht,<br />

denn den zusätzlichen Aufwendungen bzw. der Erhöhung des Jahresfehlbetrages steht zum Zeitpunkt des Jahresabschlusses<br />

das gemeindliche Eigenkapital gegenüber.<br />

In den Fällen, in denen zu diesem Zeitpunkt bereits ein Fehlbetrag vorliegt, der sich durch die außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen noch erhöhen wird, ist die Unabweisbarkeit der außerplanmäßigen Aufwendungen besonders zu<br />

prüfen. Soweit die wirtschaftliche Zurechnung haushaltsmäßig einer gemeindlichen Verpflichtung gleichkommt,<br />

muss die erforderliche „Deckung“ der Aufwendungen durch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage erfolgen.<br />

In den Fällen, in denen die „Deckung“ in Form einer Verringerung der allgemeinen Rücklage erfolgt, kann es<br />

ggf. zu einer Überschreitung der Schwellenwerte des § 76 GO <strong>NRW</strong> mit den daraus entstehenden Konsequenzen<br />

für die gemeindliche Haushaltswirtschaft kommen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 558


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde sollte sich daher bemühen, bereits bei der Aufstellung ihrer Haushaltsplanung die bestehenden<br />

Risiken für ihre Vermögenslage möglichst wirklichkeitsnah einzuschätzen. Die Betrachtung und Bewertung ist<br />

dabei nicht auf die gemeindlichen Finanzanlagen zu beschränken. Es sind auch die Risiken bei ihren noch nicht<br />

erfüllten Ansprüchen bzw. Forderungen, z. B. Ausfall- und Beitreibungsrisiken zu bewerten. Soweit absehbar ist,<br />

dass es ggf. zu einem Verzicht auf gemeindliche Ansprüche bzw. Forderungen im Haushaltsjahr kommen wird,<br />

sollten die daraus entstehenden Aufwendungen im entsprechenden Umfang bereits im gemeindlichen Ergebnisplan<br />

veranschlagt werden. Aus solchen örtlichen Gegebenheiten erst im Jahresabschluss entstehende außerplanmäßige<br />

Aufwendungen sollten möglichst ganz oder teilweise vermieden werden.<br />

2.2 Das Verfahren im Jahresabschluss<br />

Die Vorschrift sieht vor, dass über die Leistung über- und außerplanmäßiger Aufwendungen der Kämmerer, und<br />

wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Bürgermeister entscheidet. Bei erheblichen über- und außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen ist die vorherige Zustimmung des Rates einzuholen. Diese Verfahrensvorgaben gelten auch für<br />

überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen, die der Gemeinde erst nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses bekannt werden. In diesen Fällen ist jedoch<br />

ein gesondertes Verfahren, dass zusätzlich zum Aufstellungsverfahren des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

durchzuführen wäre, nicht sachgerecht. Der Kämmerer, der Bürgermeister und der Rat der Gemeinde sind bereits<br />

im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses entsprechend ihrer Entscheidungskompetenz<br />

verantwortlich tätig, sodass sie dabei den noch dem abgelaufenen Haushaltsjahr wirtschaftlich zuzurechnenden<br />

überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen zustimmen können.<br />

Die Gemeinde sollte daher die beiden gesetzlich bestimmten Verfahren miteinander verknüpfen. Dabei muss für<br />

die benannten Verantwortlichen der Gemeinde erkennbar und klar sein, dass im Rahmen des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses auch eine Entscheidung oder eine Zustimmung zu überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen zu erteilen ist. In den Unterlagen zum gemeindlichen Jahresabschluss müssen deshalb die<br />

entsprechenden Informationen in geeigneter Form enthalten sein. Die Zusammenführung der Verfahren ist wegen<br />

der Pflicht des Kämmerers zur Aufstellung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses, der Pflicht des<br />

Bürgermeisters zur Bestätigung dieses Entwurfs und der Pflicht des Rates zur Feststellung des Jahresabschlusses<br />

haushaltsrechtlich als geboten anzusehen (vgl. § 95 Absatz 3 und § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Zusammenführung der Verfahren ist auch sachgerecht, denn der gemeindliche Jahresabschluss muss ein<br />

zutreffendes Bild über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde vermitteln. Dazu gehört auch eine zutreffende Periodenabgrenzung,<br />

sodass im Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses eine gemeindliche Pflicht entstehen<br />

kann, entstandene Aufwendungen in dem Haushaltsjahr nachzuweisen, dem diese wirtschaftlich zuzurechnen<br />

sind. Die Vorgabe der Vorschrift über eine „vorherige Zustimmung des Rates“ bei einer Erheblichkeit steht<br />

dem nicht entgegen, denn der Rat erteilt seine „vorherige“ Zustimmung durch seinen Beschluss. Erst dann steht<br />

das Jahresergebnis, i.d.R. einschließlich der betreffenden überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen,<br />

förmlich fest. Die Zusammenführung der Verfahren beschneidet daher keine haushaltsrechtlichen Entscheidungskompetenzen<br />

der benannten Verantwortlichen der Gemeinde, denn ihnen bleibt gleichwohl das Recht, die<br />

überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen ggf. auch ablehnen.<br />

2.3 Kein Mehrbedarf bei den Auszahlungen<br />

Unter Beachtung des für die gemeindlichen Zahlungen geltenden Liquiditätsänderungsprinzips oder Kassenwirksamkeitsprinzips<br />

können gemeindliche Auszahlungen nach Ablauf des Haushaltsjahres nicht mehr dem abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr zugerechnet werden. Im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses kann daher kein<br />

Bedarf der Gemeinde mehr bestehen, noch überplanmäßige und/oder außerplanmäßige Auszahlungen dem<br />

GEMEINDEORDNUNG 559


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

abgelaufenen Haushaltsjahr zuzurechnen. Die strenge Beschränkung in der gemeindlichen Zahlungsabwicklung<br />

ergibt sich einerseits aus dem Gebot, im Haushaltsplan nur die voraussichtlich erzielbaren Einzahlungen und die<br />

voraussichtlich zu leistenden Auszahlungen zu veranschlagen (vgl. § 11 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Andererseits ergibt sich die Zuordnung auf daraus, dass die Einzahlungen bei ihrem Eingang bei der Gemeinde<br />

und die Auszahlungen bei ihrer Leistung durch die Gemeinde erfassen und zu dokumentieren sind (vgl. § 30<br />

Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die gemeindlichen Zahlungen dürfen daher innerhalb eines Haushaltsjahres weder<br />

dem vorherigen bereits abgelaufenen Haushaltsjahr noch dem künftigen Haushaltsjahr zugeordnet werden. Ein<br />

Mehrbedarf bei den Ermächtigungen für Auszahlungen für das abgelaufene Haushaltsjahr kann sich daher nach<br />

Ablauf des Haushaltsjahres nicht mehr ergeben.<br />

2.4 Die Berichtigung von Forderungen<br />

Bei jedem noch nicht erfülltem Anspruch der Gemeinde bzw. bei ihren Forderungen bestehen Risiken, z.B. Ausfallrisiken<br />

und Beitreibungsrisiken. Bereits im Rahmen der gemeindlichen Haushaltsplanung müssen daher die<br />

gemeindlichen Ansprüche bzw. Forderungen hinsichtlich ihres Ausfallrisikos im Haushaltsjahr beurteilt werden.<br />

Gemeindliche Forderungen, bei denen es an einer Durchsetzbarkeit fehlt, sollen in der geschätzten Höhe des<br />

Ausfalls möglichst berichtigt werden, soweit sich die Gemeinde für einen Verzicht oder eine langfristige Unterbrechung<br />

der Verfolgung ihres Anspruches entscheidet (vgl. § 26 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine Berichtigung gemeindlicher<br />

Forderungen kann z.B. auch notwendig werden, wenn gesetzliche Änderungen erfolgt sind, die u.U. eine Rückwirkung<br />

entfalten und dadurch sich auf von der Gemeinde bilanzierte Forderungen auswirken können.<br />

Die Berichtigung einer gemeindlichen Forderung auf den niedrigeren beizulegenden Wert bedeutet für die Gemeinde<br />

ein Verzicht auf ihre Ansprüche. Daher muss die Durchführung einer bilanziellen Wertberichtung einerseits<br />

im Zusammenhang mit den haushaltsrechtlichen Vorschriften erfolgen. Es kann sich daher aus den örtlichen<br />

Verhältnissen heraus ein Bedarf für über- und/oder außerplanmäßige Aufwendungen im gemeindlichen Jahresabschluss<br />

ergeben.<br />

Andererseits sollen gemeindliche Wertberichtigungen, soweit diese für das Haushaltsjahr vorhersehbar oder<br />

schätzbar sind, bereits im gemeindlichen Ergebnisplan als Aufwendungen veranschlagt werden. Nach der gemeindlichen<br />

Praxis dürfen sich Entscheidungen zu über- und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen im Rahmen<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses nicht vermeiden lassen. Es wird i.d.R. erst zu diesem Zeitpunkt über die<br />

Vornahme von Wertberichtigungen entschieden, unabhängig davon, ob diese als Einzelwertberichtigungen oder<br />

als Pauschalwertberichtigungen vorgenommen werden.<br />

3. Über- und Außerplanmäßigkeit und Ermächtigungsübertragung<br />

Im Rahmen der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft können Ermächtigungen für über- und außerplanmäßige<br />

Aufwendungen und Auszahlungen erforderlich werden, wenn der Bedarf dafür im Haushaltsjahr als<br />

unabweisbar einzustufen ist. Jedoch kann sich die haushaltswirtschaftliche Abwicklung dergestalt verändern,<br />

dass im Zeitpunkt der Auftragsvergabe zwar eine dringende Notwendigkeit für eine über- oder außerplanmäßige<br />

haushaltswirtschaftliche Ermächtigung bestand, die weitere Entwicklung in der Sache aber anders als geplant<br />

verlief. In solchen Fällen, in denen das Vorhaben bis zum Ende des Haushaltsjahres nicht abgeschlossen werden<br />

kann, gleichwohl aber auch nicht abgebrochen werden kann, bedarf es einer Übertragung der über- oder außerplanmäßig<br />

bereitgestellten Aufwendungen und Auszahlungen, soweit die Ermächtigung noch nicht in Anspruch<br />

genommen worden ist.<br />

Eine Übertragung der im Haushaltsjahr zusätzlich bereitgestellten Ermächtigungen für über- und außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen und Auszahlungen nach § 22 GemHVO <strong>NRW</strong> bedeutet eine Verschiebung auf einen späte-<br />

GEMEINDEORDNUNG 560


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

ren Zeitpunkt im nächsten Haushaltsjahr und damit grundsätzlich den Wegfall der anlassbezogen Unabweisbarkeit<br />

und des Bedarfs im Haushaltsjahr. Grundsätzlich besteht daher systembedingt kein Anlass, dringend eingeforderte<br />

und bereitgestellte Ermächtigungen für unabweisbare Aufwendungen und Auszahlungen, die aus unter-<br />

schiedlichen Gründen dann aber nicht in Anspruch genommen wurden, ins folgende Haushaltsjahr zu übertragen.<br />

Gleichwohl können sich örtlich besondere Fallgestaltungen ergeben, sodass Übertragungen von Ermächtigungen,<br />

die für über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen bereitgestellt wurden, sachgerecht<br />

und unverzichtbar sind.<br />

Eine Übertragung von über- und außerplanmäßig bereitgestellten Aufwendungen und Auszahlungen kann als<br />

zulässig angesehen werden, wenn bei der Gemeinde weiterhin ein Bedarf dafür besteht. Diese Ermächtigungsübertragung<br />

tangiert nicht das Budgetrecht des Rates der Gemeinde, denn nach § 22 GemHVO <strong>NRW</strong> muss die<br />

Gemeinde bei einer Ermächtigungsübertragung nicht zwischen planmäßigen und über- oder außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen und Auszahlungen unterscheiden. Die im Haushaltsjahr zusätzlich bereitgestellten Ermächtigungen<br />

für über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen führen daher bei einer Übertragung ebenfalls<br />

zu einer Planfortschreibung der betreffenden Haushaltspositionen im Haushaltsplan für das folgende Haushaltsjahr.<br />

Auf diese Ermächtigungen findet dann auch die Regel Anwendung, dass die übertragenen Ermächtigungen<br />

für Aufwendungen und Auszahlungen der laufenden Verwaltungstätigkeit der Gemeinde bis zum Ende<br />

des Haushaltsjahres verfügbar bleiben, in das die Ermächtigungen übertragen wurden (vgl. § 22 Absatz 1<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Die übertragenen Ermächtigungen für Auszahlungen für Investitionen bleiben dabei bis zur<br />

Fälligkeit der letzten Zahlung für ihren Zweck verfügbar (vgl. § 22 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

4. Über- oder außerplanmäßige Verfügungsmittel<br />

Zu den Verfügungsmitteln des Bürgermeisters besteht die ausdrückliche haushaltsrechtliche Festlegung, dass<br />

diese Haushaltsmittel nicht überschritten werden dürfen (vgl. § 15 Satz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Regelung trägt<br />

dem Umstand Rechnung, dass die Verfügungsmittel ausschließlich zur dienstlichen Aufgabenerledigung des<br />

Bürgermeisters oder anderer Verfügungsberechtigter im Haushaltsjahr zur Verfügung stehen. Ein Mehrbedarf an<br />

solchen Haushaltsmitteln kann daher nicht damit begründet werden, dass die Verfügungsmittel für Zwecke außerhalb<br />

der Aufgabenerfüllung der Gemeinde in Anspruch genommen werden mussten. Ebenso gilt eine ersatzweise<br />

Inanspruchnahme für Zwecke, die zwar zum Aufgabenbereich der Gemeinde gehören, für die aber eine<br />

Veranschlagung im Haushaltsplan nicht enthalten ist, weil z. B. die Veranschlagung übersehen wurde, nicht als<br />

ausreichend. Ein möglicher Mehrbedarf bzw. eine Erhöhung der Verfügungsmittel innerhalb des Haushaltsjahres<br />

kann daher auch nicht im Wege der Zulassung überplanmäßiger Aufwendungen erreicht werden. Die im Haushaltsplan<br />

veranschlagten Verfügungsmittel stellen den einzuhaltenden Rahmen für die Inanspruchnahme der<br />

Verfügungsmittel durch die dazu Berechtigten dar, sodass eine Verstärkung der Verfügungsmittel nur im Rahmen<br />

einer Nachtragssatzung nach § 81 GO <strong>NRW</strong> möglich ist.<br />

5. Über- und Außerplanmäßigkeit bei nicht benötigten Zahlungsmitteln<br />

Die örtliche Vorschrift nach § 31 GemHVO <strong>NRW</strong> muss auch Regelungen über die Anlage nicht benötigter Zahlungsmittel<br />

der Gemeinde enthalten. Die Rahmenbedingungen dafür werden durch die Verpflichtung der Gemeinde<br />

zur Sicherstellung der Liquidität (vgl. § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>) sowie zu einer angemessenen Liquiditätsplanung<br />

(vgl. § 89 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>) bestimmt. Auf die festzulegenden Regelungen wirken sich sowohl die Art und<br />

Weise der Anlage nicht benötigter Zahlungsmittel der Gemeinde als auch die Stelle aus, bei der die Zahlungsmittel<br />

angelegt werden. Soweit die Anlage der gemeindlichen Zahlungsmittel in Anlageformen und auf Sonderkonten<br />

erfolgt, die im Verfügungsbereich der Gemeinde liegen, besteht für die Gemeinde keine Verpflichtung, über das<br />

Nachhalten der Kontobewegungen hinaus die entstandenen Zahlungsströme auch in der gemeindlichen Finanzrechnung<br />

zu erfassen. Die Gemeinde bleibt wirtschaftlicher Eigentümer ihrer Zahlungsmittel. Es entsteht für die<br />

Gemeinde auch keine Auszahlungsverpflichtung gegenüber Dritten, die in der gemeindlichen Finanzrechnung<br />

GEMEINDEORDNUNG 561


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

nachzuweisen wäre. In diesen Fällen kann es deshalb auch kein Sachverhalt der Über- oder Außerplanmäßigkeit<br />

im Sinne der Vorschrift entstehen.<br />

Die Gemeinde kann ihre nicht benötigten Zahlungsmittel aber auch Dritten vorübergehend zur Verfügung stellen,<br />

z. B. im Rahmen eines Cash-Poolings. Sie kann aber auch andere Anlageformen wählen, wenn dabei die o.a.<br />

Rahmenbedingungen eingehalten werden. Solche Fälle führen regelmäßig dazu, dass die Gemeinde nicht mehr<br />

wirtschaftlicher Eigentümer der hingegebenen Zahlungsmittel ist. Diese Sachlage erfordert, dass die Gemeinde<br />

die getätigten Zahlungen in ihrer Finanzrechnung erfassen muss. Es kann daher der Fall einer über- oder außerplanmäßigen<br />

Auszahlung eintreten, die dann entsprechend der von der Gemeinde getroffenen örtlichen Regelungen<br />

haushaltsmäßig abzuwickeln ist. In diesem Zusammenhang sollte die Gemeinde deshalb und wegen der<br />

oftmals kurzfristigen Entscheidung über die Anlage nicht benötigter Zahlungsmittel und der möglicherweise entstehenden<br />

überplanmäßigen Auszahlungen prüfen, ob die für über- oder außerplanmäßigen Auszahlungen örtlich<br />

festgelegten Wertgrenzen auch für diese Sachverhalte brauchbar sind. Für die Fälle der Anlage nicht benötigter<br />

Zahlungsmittel bei Dritten bietet es sich deshalb an, gesonderte örtliche Rahmenbedingungen in Anlehnung an<br />

die haushaltsmäßigen Gegebenheiten zu schaffen, wie es die Vorschrift ausdrücklich vorsieht.<br />

6. Die Verrechnungen mit der allgemeinen Rücklage<br />

Für die Gemeinde ist es zulässig, entstehende Aufwendungen aus dem Abgang und der Veräußerung von Vermögensgegenständen<br />

und aus Wertminderungen von Finanzanlagen unmittelbar mit der allgemeinen Rücklage<br />

zu verrechnen. Derartige Aufwendungen sind in der Weise in die gemeindliche Ergebnisrechnung einzubeziehen,<br />

dass diese Aufwendungen nachrichtlich nach dem Jahresergebnis anzugeben sind. Diese Aufwendungen berühren<br />

dadurch nicht die Haushaltsplanung, auch wenn die Aufwendungen aus dem Abgang und der Veräußerung<br />

von Vermögensgegenständen von der Gemeinde auch nachrichtlich im Ergebnisplan enthalten sein sollen, sofern<br />

dafür die Voraussetzungen der Veranschlagung erfüllt werden können.<br />

Die Einbeziehung in den Ergebnisplan nach dem Jahresergebnis der Gemeinde bewirkt dabei nicht, dass solche<br />

Aufwendungen der Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans zugerechnet werden müssen. Die Aufwendungen<br />

entstehen nicht im Rahmen des gemeindlichen Haushaltsplans und sollen nicht der laufenden Verwaltungstätigkeit<br />

der Gemeinde zugerechnet werden. Sie sollen deshalb auch nicht haushaltsmäßig als zusätzlich<br />

eingestuft und von der Gemeinde als überplanmäßige oder außerplanmäßige Aufwendungen im Sinne der Vorschrift<br />

behandelt werden. Die Aufwendungen der Gemeinde, die mit der allgemeinen Rücklage verrechnet werden<br />

können, unterliegen daher auch nicht den Voraussetzungen und dem Zustimmungsverfahren für überplanmäßige<br />

oder außerplanmäßige Aufwendungen nach dieser Vorschrift. Diese haushaltsrechtliche Einordnung der<br />

Verrechnung baut auf der entsprechenden gesetzlichen Entscheidung des Landesgesetzgebers auf, auch wenn<br />

dieser die Regelung in der Gemeindehaushaltsverordnung verankert hat.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Zulässigkeit von über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen):<br />

1.1.1 Der Begriff "Nicht geplant"<br />

Der Rat der Gemeinde hat im Rahmen seines Beschlusses über die gemeindliche Haushaltssatzung die aus<br />

seiner Sicht für die Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr notwendigen Ermächtigungen beschlossen. Er hat damit<br />

aufgrund der seinem Beschluss vorausgehenden Haushaltsplanung wichtige Eckwerte für die Ausführung der<br />

GEMEINDEORDNUNG 562


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft festgesetzt. Im Rahmen der Ausführung kann zwar noch ein Bedürfnis für<br />

höhere oder neue Aufwendungen und Auszahlungen entstehen, der zugrunde liegende Sachverhalt darf jedoch<br />

nicht bereits Gegenstand der Haushaltsplanung in Form der gemeindlichen Haushaltssatzung gewesen sein.<br />

Entsprechend muss von der Gemeinde auch die Möglichkeit der Aufstellung einer Nachtragshaushaltssatzung<br />

geprüft werden,<br />

Den Entscheidungsbefugten für über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen steht es in diesem<br />

Zusammenhang nicht zu, sich über den Weg der Über- und Außerplanmäßigkeit über Entscheidungen des<br />

Rates hinwegzusetzen. Ein gemeindlicher Sachverhalt, der einen Anlass für über- und außerplanmäßige Aufwendungen<br />

und Auszahlungen im Haushaltsjahr darstellt, muss daher grundsätzlich unvorhersehbar bzw. im<br />

Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Haushaltsplans nicht geplant gewesen sein. Eine solche Unvorhersehbarkeit<br />

kann auch als gegeben angenommen werden, wenn ein gemeindlicher Sachverhalt erst im Laufe des<br />

Haushaltsjahres eine solche Bedeutung erlangt, dass daraus eine Dringlichkeit hinsichtlich der Umsetzung durch<br />

die Gemeinde entsteht.<br />

1.1.2 Der Begriff "unabweisbar"<br />

Nach der Vorschrift sind über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen nur zulässig, wenn sie im<br />

Rahmen der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft unabweisbar sind. Der Begriff der Unabweisbarkeit<br />

ist vom Gesetzgeber nicht näher definiert worden. Er stellt auf die dringende sachliche Notwendigkeit bzw.<br />

Eilbedürftigkeit der Umsetzung einer gemeindlichen Maßnahme im Haushaltsjahr ab, bei der eine Verschiebung<br />

der notwendigen Aufwendungen und Auszahlungen auf einen späteren Zeitpunkt nicht möglich ist oder wirtschaftlich<br />

unzweckmäßig wäre. Grundsätzlich bestimmt der Rat der Gemeinde über die Gestaltung der Aufwendungen<br />

und Auszahlungen, sodass das Vorliegen einer Unabweisbarkeit eine erhebliche Bedeutung für die Ausübung der<br />

Entscheidung zu über- und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen hat. Der Kämmerer oder der<br />

Bürgermeister sollten daher ihre Entscheidung dazu ausreichend begründen und dokumentieren.<br />

1.1.3 Die Ermittlung des Mehrbedarfs<br />

Die Gemeinde muss bei einem Bedarf für über- oder außerplanmäßige Ermächtigungen aufgrund rechtlicher oder<br />

faktischer Zwänge weder sachlich noch zeitlich eine Handlungsalternative im Haushaltsjahr haben. Im Bedarfsfalle<br />

ist deshalb sorgfältige Analyse durch die Gemeinde notwendig, um einen Mehrbedarf gegenüber den bestehenden<br />

haushaltsplanmäßigen Ermächtigungen festzustellen und zu belegen. Dafür soll das nachfolgende<br />

Schema einen Einstieg bieten (vgl. Abbildung).<br />

Haushalts-<br />

positionen<br />

des<br />

Ergebnisplans<br />

oder<br />

des<br />

Finanzplans<br />

Der Bedarf für überplanmäßige Ermächtigungen<br />

INHALTE<br />

Haushaltsansatz nach Haushaltsplan<br />

+ übertragene Ermächtigungen aus dem Vorjahr<br />

+/- Veränderung durch eine Nachtragssatzung<br />

+/- Veränderung durch örtliche Entscheidungen (z.B. Deckung)<br />

= Fortgeschriebener Haushaltsansatz<br />

(Gesamtermächtigung)<br />

- Bisherige Inanspruchnahme<br />

- Vormerkungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 563<br />

EURO


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Bedarf für überplanmäßige Ermächtigungen<br />

= noch verfügbare Ermächtigungen<br />

- Mehrbedarf<br />

= Bedarf für eine überplanmäßige Ermächtigung<br />

Abbildung 89 „Der Bedarf für überplanmäßige Ermächtigungen“<br />

Die Gemeinde muss bei einem Bedarf für über- oder außerplanmäßige Ermächtigungen aufgrund rechtlicher oder<br />

faktischer Zwänge weder sachlich noch zeitlich eine Handlungsalternative im Haushaltsjahr haben. Im Bedarfsfalle<br />

ist deshalb sorgfältige Analyse durch die Gemeinde notwendig, um einen Mehrbedarf gegenüber den bestehenden<br />

haushaltsplanmäßigen Ermächtigungen festzustellen und zu belegen.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Notwendigkeit einer Deckung der zusätzlichen Aufwendungen und Auszahlungen):<br />

1.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Eine wichtige Voraussetzung bei der gemeindlichen Entscheidung über die über- und außerplanmäßigen Aufwendungen<br />

und Auszahlungen ist, dass in jedem haushaltswirtschaftlichen Einzelfall eine „Deckung“ dafür im<br />

laufenden Haushaltsjahr gewährleistet sein muss, damit dem gesetzlichen Erfordernis des Haushaltsausgleichs<br />

ständig Genüge getan und nicht durch zusätzliche Aufwendungen ein nicht geplanter Jahresfehlbetrag in Kauf<br />

genommen wird. Die Regelung verlangt daher ein flexibles haushaltswirtschaftliches Handeln der gemeindlichen<br />

Verwaltung in dem durch die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr festgelegten Rahmen. Bei den Verantwortlichen<br />

in der Gemeinde sollte daher unterjährig ein sachgerechter Gesamtüberblick über die Ausgleichs- bzw.<br />

Deckungsmöglichkeiten für die möglicherweise entstehenden zusätzlichen Aufwendungen und Auszahlungen<br />

bestehen. Diese Notwendigkeit wird für den Kämmerer z. B. durch die ausdrückliche Festlegung in der Vorschrift,<br />

dass dieser über die Leistung der zusätzlichen Aufwendungen und Auszahlungen als Finanzverantwortlicher und<br />

"zentrale Stelle" zu entscheiden hat, belegt.<br />

Die Gemeinde hat bei einem entstehenden Mehrbedarf z. B. die Möglichkeit zu prüfen, ob deswegen übertragene<br />

Ermächtigungen nicht in Anspruch genommenen oder andere vorgesehene Aufwendungen und Auszahlungen<br />

ausgesetzt werden. Es ist aber auch möglich, Mehrerträge, die im Haushaltsjahr erzielt werden, oder Mehreinzahlungen,<br />

die im Haushaltsjahr eingehen, für die benötigte „Deckung“ der zusätzlichen Aufwendungen und Auszahlungen<br />

zu nutzen. Der Grundsatz der Ordnungsmäßigkeit der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gebietet daher<br />

die Prüfung, ob die als Deckung für die zusätzlichen Aufwendungen und Auszahlungen vorgesehenen Haushaltsmittel<br />

nicht bereits an anderer Stelle der gemeindlichen Haushaltswirtschaft genutzt werden oder als Deckungsmittel<br />

für andere Zwecke vorgesehen sind. In diese Prüfung ist auch die Bewirtschaftung der gemeindlichen<br />

Budgets einzubeziehen, bei denen die Summe der Aufwendungen für die haushaltsmäßige Bewirtschaftung<br />

verbindlich ist. Bei zusätzlichen Aufwendungen muss aber gleichwohl auch bei den gemeindlichen Budgets ein<br />

Zusammenhang mit dem im Haushaltsplan dafür enthaltenen Haushaltspositionen bestehen oder hergestellt<br />

werden.<br />

Die Vorgabe einer unmittelbaren Deckung dient dabei dem Budgetrecht des Rates, der durch die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung einen einzuhaltenden Rahmen für die Ausführung der Haushaltswirtschaft unter Berücksichtigung<br />

der jährlichen Haushaltsausgleichsverpflichtung beschließt. Es bietet sich in besonderen Fällen ggf. auch<br />

eine „freiwillige“ Nachtragssatzung nach § 81 GO <strong>NRW</strong> an, um die bereits „veraltete“ Haushaltssatzung der aktuellen<br />

haushaltswirtschaftlichen Entwicklung und Haushaltsplanung der Gemeinde anzupassen, bevor zusätzliche<br />

bzw. über die Ermächtigungen im Haushaltsplan hinausgehende Aufwendungen von der Gemeinde geleistet<br />

werden, z. B. um gemeindliche Rechtspflichten zu erfüllen. Sofern solche Rechtspflichten im Haushaltsjahr neu<br />

GEMEINDEORDNUNG 564


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

entstehen, muss das Eingehen der Verpflichtungen durch die Gemeinde in Einklang mit ihren haushaltsmäßigen<br />

Möglichkeiten für das Haushaltsjahr stehen.<br />

In den Fällen, in denen gemeindliche Rechtspflichten unvorhersehbar entstehen, und die Gemeinde vor deren<br />

Erfüllung keine Möglichkeit mehr hat, die haushaltsmäßigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, sollte die Entscheidung<br />

über die Leistung der zusätzlichen Aufwendungen und Auszahlungen vom Rat getroffen werden, auch<br />

wenn im Einzelfall dieser Mehrbedarf ggf. tatsächlich nicht erheblich im Sinne der sonst notwendigen Einholung<br />

der vorherigen Zustimmung des Rates ist. Nach Ablauf des Haushaltsjahres weist der im gemeindlichen Jahresabschluss<br />

in den Teilergebnisrechnungen und Teilfinanzrechnungen enthaltene Plan-/Ist-Vergleich dann zwar<br />

regelmäßig den entstandenen Mehrbedarf an Aufwendungen und Auszahlungen aus, gleichwohl führt die gesetzlich<br />

erforderliche Deckung im Haushaltsjahr nicht dazu, dass in diesem rechnungsmäßigen Vergleich zwischen<br />

dem Plan-Wert und dem Ist-Wert keine Differenz, z. B. aus anderen haushaltswirtschaftlichen Gründen, mehr<br />

bestehen kann.<br />

1.2.2 Die Deckung im Einzelfall<br />

Bei einer ordnungsmäßigen Abwicklung und Entscheidung über die Einzelfälle von über- und außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen muss von der Gemeinde gesichert sein, dass eine Deckung der zusätzlichen Aufwendungen und<br />

Auszahlungen im Zeitpunkt der Entscheidung gewährleistet ist. Sie muss dabei im Haushaltsjahr sicherstellen,<br />

dass die „Deckungsmittel“ tatsächlich für den vorgesehenen Zweck verfügbar sind. Es ist daher nicht als ausreichend<br />

anzusehen, wenn die Deckung erst zu einem späteren Zeitpunkt im Haushaltsjahr hergestellt wird, auch<br />

wenn die Vorschrift die Gewährleistung der Deckung "nur" im laufenden Haushaltsjahr fordert. Diese gesetzliche<br />

Regelung lässt dabei jedoch nicht zu, die Deckung erst im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses,<br />

also nach Ablauf des Haushaltsjahres, herzustellen.<br />

Bei der Herstellung der Deckung für zusätzliche Aufwendungen und Auszahlungen darf das gesetzliche Gebot<br />

über den jährlichen Haushaltsausgleich nicht außer Betracht bleiben (vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Entscheidung<br />

über eine Deckung der zusätzlichen Aufwendungen darf daher nicht zu einem Jahresfehlbetrag in der gemeindlichen<br />

Ergebnisrechnung führen. Diese Vorgabe gilt in jedem Einzelfall, auch wenn bei ausreichender Deckung<br />

der über- und außerplanmäßigen Aufwendungen, z. B. durch Mehrerträge, der Haushaltsausgleich im<br />

Grundsatz nicht unmittelbar beeinflusst wird. Die Gemeinde darf die Deckung von zusätzlichen Aufwendungen<br />

und Auszahlungen zudem haushaltsmäßig nicht auf eine produktbezogene oder produktgruppenbezogene "Gesamtdeckung"<br />

beziehen oder entsprechend herstellen. Sie muss auch nicht im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

eine solche „Gesamtdeckung“ innerhalb des Haushalts oder der produktorientierten Teilpläne als<br />

"Deckung innerhalb des Haushaltsjahres" nachweisen.<br />

1.2.3 Die Deckung bei einem geplanten Jahresfehlbetrag<br />

Bei einem im gemeindlichen Ergebnisplan (vgl. § 2 GemHVO <strong>NRW</strong>) ausgewiesenen negativen Jahresergebnis<br />

darf durch die über- und außerplanmäßigen Aufwendungen das geplante Defizit nicht vergrößert werden. Diese<br />

Vorgabe entspricht der Grundregel, dass das gesetzliche Gebot über den jährlichen Haushaltsausgleich bei der<br />

Herstellung der Deckung für zusätzliche Aufwendungen und Auszahlungen nicht außer Betracht bleiben darf (vgl.<br />

§ 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde muss daher ggf. auf überplanmäßige oder außerplanmäßige Aufwendungen<br />

verzichten, wenn nicht durch einen Verzicht auf geplante Aufwendungen an anderer Stelle ihres Haushalts<br />

bzw. Ermächtigungen die Deckung des Mehrbedarfs hergestellt werden kann.<br />

GEMEINDEORDNUNG 565


1.3 Zu Satz 3 (Entscheidungsbefugnisse):<br />

1.3.1 Die Entscheidungsbefugnis des Kämmerers<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Regelungen über den Umgang mit überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen<br />

bei der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft sollen zum flexiblen Handeln in der gemeindlichen<br />

Verwaltung beitragen, aber auch bewirken, dass der Rat der Gemeinde nicht in allen Fällen einer dringenden<br />

Abweichung vom gemeindlichen Haushaltsplan mit der Sache befasst wird. Die Vorschrift sieht daher für notwendige<br />

Planabweichungen eine Entscheidungsbefugnis für den Kämmerer vor, weil solche Abweichungen im<br />

Grundsatz immer finanzwirtschaftliche Auswirkungen haben.<br />

Mit der Entscheidung des Kämmerers über die Leistung von überplanmäßigen oder außerplanmäßigen Aufwendungen<br />

oder Auszahlungen wird die ansonsten notwendige Ermächtigung im gemeindlichen Haushaltsplan ersetzt.<br />

Eine solche haushaltsmäßige Ermächtigung kann ggf. aber auch im Rahmen einer Nachtragssatzung nach<br />

§ 81 GO <strong>NRW</strong> durch die Einbeziehung der bereits durch den Kämmerer ausgesprochenen Ermächtigungen in<br />

den Nachtragshaushaltsplan nach § 10 GemHVO <strong>NRW</strong> nachgeholt werden. Im örtlichen Einzelfall kann die Entscheidungsbefugnis<br />

aber auch dem Rat zu stehen.<br />

1.3.2 Die Entscheidungsbefugnis des Bürgermeisters<br />

Nach der Vorschrift entscheidet über die Leistung von überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen<br />

und Auszahlungen der Bürgermeister, wenn ein Kämmerer nicht bestellt ist, und der Rat der Gemeinde keine<br />

andere Regelung getroffen hat. Bei der Gemeinde kann ein vom Bürgermeister bestellter oder ein beauftragter<br />

Kämmerer tätig sein, denn nur in kreisfreien Städten ist ein vom Rat gewählter Beigeordneter zum Kämmerer zu<br />

bestellen (vgl. § 71 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). In den Fällen, in denen in der Gemeinde ein bestellter Kämmerer tätig<br />

ist, hat dieser die Zuständigkeit und das Recht, alle Aufgaben durchzuführen, die durch die Gemeindeordnung<br />

und die Gemeindehaushaltsverordnung dem Kämmerer zugewiesen sind. Soweit der Kämmerer vom Bürgermeister<br />

beauftragt worden ist, stehen ihm aufgrund der Regelung „soweit er nicht bestellt ist“, nicht die Rechte<br />

eines vom Bürgermeister bestellten Kämmerer zu (vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong> und § 24 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine Entscheidung über überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen ist als eine<br />

organgleiche Handlung zu bewerten. Der Bürgermeister sollte daher bei einem Kämmerer klarstellen, ob er diesen<br />

im Sinne der haushaltsrechtlichen Vorschriften bestellt oder beauftragt hat. Soweit der Bürgermeister keine<br />

dahingehenden Festlegungen getroffen trifft, ist regelmäßig von der Bestellung eines Kämmerers auszugehen,<br />

denn der Bürgermeister hätte ansonsten wichtige haushaltsmäßige Entscheidungsbefugnisse nicht übertragen.<br />

Wenn ein Kämmerer lediglich beauftragt worden ist, obliegt die Entscheidungsbefugnis über überplanmäßige und<br />

außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen dem Bürgermeister.<br />

1.3.3 Die Entscheidungsbefugnis des Rates<br />

Nach der Vorschrift hat der Rat der Gemeinde die Möglichkeit, die gesetzliche Zuständigkeit des Kämmerers<br />

sowie des Bürgermeisters über die Leistung von über- und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen<br />

zu entscheiden, an sich zu ziehen. Der Kämmerer oder der Bürgermeister soll nach der Vorschrift von ihrem<br />

Recht der Entscheidungsbefugnis dann Gebrauch machen können, soweit der Rat keine andere Regelung dazu<br />

getroffen hat. Dem Rat obliegt sowohl die Rechtsetzung in gemeindlichen Angelegenheiten als auch die Erledigung<br />

von Verwaltungsaufgaben, auch wenn er wegen der Vielzahl der gemeindlichen Geschäftsvorfälle nicht in<br />

allen Verwaltungsangelegenheiten selbst durch Beschluss entscheiden kann. Die Regelung soll daher bewirken,<br />

dass das Budgetrecht des Rates im Rahmen der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft so wenig wie<br />

GEMEINDEORDNUNG 566


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

möglich eingeschränkt wird. Außerdem soll die Regelung über- und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen<br />

nicht der Allzuständigkeit des Rates nach § 41 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> entgegenstehen.<br />

Es ist deshalb örtlich zu entscheiden, ob der Rat der Gemeinde eine andere Regelung über die Entscheidungsbefugnis<br />

über die Leistung von über- und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen als gesetzlich vorgesehen,<br />

treffen soll. Soweit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden soll, ist nach der Vorschrift zu berücksichtigen,<br />

dass der Rat die Entscheidungsbefugnis nur auf sich zurückholen oder einer anderen Stelle in<br />

seinem Zuständigkeitsbereich, z.B. dem Finanzausschuss nach § 57 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>, übertragen kann. Dem<br />

Rat der Gemeinde steht es daher nicht zu, eine Stelle innerhalb der gemeindlichen Verwaltung als „andere Stelle“<br />

im Sinne der Vorschrift zu beauftragen, denn in einem solchen Fall würde er in das Organisationsrecht des Bürgermeisters<br />

eingreifen (vgl. § 62 GO <strong>NRW</strong>). Eine Beauftragungsbeschränkung besteht auch in dem Fall, dass der<br />

Rat in kreisfreien Städten den Geschäftskreis des Kämmerers als Beigeordneter festzulegen hat (vgl. § 73 Absatz<br />

1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Im Falle einer vom Rat zu treffenden anderen Regelung über die Entscheidungsbefugnis über die Leistung von<br />

über- und außerplanmäßigen Aufwendungen bietet es sich an, diese als Satzungsregelung zu behandeln, denn<br />

dieses stellt eine gemeindliche Angelegenheit dar, die in der gemeindlichen Hauptsatzung, die von der Gemeinde<br />

zu erlassen ist, verankert werden kann (vgl. § 7 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Diese Abgrenzung ist sachgerecht und steht<br />

in Einklang mit dem allgemeinen Übertragungsrecht des Rates nach § 41 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>. Außerdem ist zu<br />

berücksichtigen, dass in den Fällen, in denen der Rat eine andere Regelung im Sinne der Vorschrift trifft, gleichzeitig<br />

dem Bürgermeister die ihm gesetzlich zugestandene Entscheidungsbefugnis entzogen wird.<br />

1.4 Zu Satz 4 (Delegationsbefugnis des Kämmerers):<br />

Nach der Vorschrift kann der Kämmerer mit Zustimmung des Bürgermeisters und des Rates der Gemeinde seine<br />

Entscheidungsbefugnis über die Leistung überplanmäßiger und außerplanmäßiger Aufwendungen und Auszahlungen<br />

auf andere Bedienstete übertragen. Die Flexibilität des verwaltungsmäßigen Handelns sowie die eigenverantwortliche<br />

Haushaltsbewirtschaftung der Gemeinde werden durch diese Delegationsbefugnis verstärkt.<br />

Insbesondere wenn bei der Gemeinde eine durchgängige Budgetbildung unter Einbindung der Verantwortlichkeiten<br />

in der gemeindlichen Verwaltung besteht, kann es örtlich sachgerecht sein, einen gesonderten Befugnisrahmen<br />

unter Einbeziehung der Geschäftskreise der Beigeordneten festzulegen, der die Budgetbildung zur Haushaltsbewirtschaftung<br />

berücksichtigt (vgl. § 73 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine Übertragung der Entscheidungsbefugnis über die Leistung überplanmäßiger und außerplanmäßiger Aufwendungen<br />

und Auszahlungen vor Ort kann daher ein Teil der Budgetregeln der Gemeinde sein. Solche Regeln<br />

könnten auch, wenn sie grundsätzlich für alle Budgets gelten sollen, auch in der Haushaltssatzung der Gemeinde<br />

verankert werden. Damit werden für den Rat, aber auch für die anderen Adressaten der jährlichen Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde, die Verantwortlichkeiten transparent und nachvollziehbar. Soweit der Kämmerer von seiner<br />

Delegationsbefugnis Gebrauch macht, hat er zu beachten, dass dadurch nicht der gesetzlich bestimmte Haushaltsausgleich<br />

sowie die Sicherstellung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung gefährdet wird, sodass vor Ort für<br />

ausgewählte Sachverhalte zu prüfen ist, ob ggf. Zustimmungsvorbehalte für den Kämmerer notwendig sind und<br />

ob und wie unterjährige Kontrollen erfolgen sollen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 567


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

2. Zu Absatz 2 (Zustimmung des Rates bei Erheblichkeit)<br />

2.1 Zu Satz 1 (Beteiligung des Rates):<br />

2.1.1 Die Festlegung der „Erheblichkeit“<br />

Die Regelung in der haushaltsrechtlichen Vorschrift, dass überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen<br />

und Auszahlungen der Gemeinde, wenn sie erheblich sind, der vorherigen Zustimmung des Rates bedürfen, stellt<br />

eine Ausprägung des Budgetrechts des Rates der Gemeinde dar. Für diese Mitwirkungspflicht des Rates ist vom<br />

Landesgesetzgeber kein allgemeingültiger Maßstab festgelegt, sondern der Begriff „erheblich“ als Abgrenzungskriterium<br />

verwendet worden. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist von der Gemeinde unter Berücksichtigung der<br />

örtlichen Verhältnisse näher auszugestalten. Aus dem haushaltsmäßigen Zusammenhängen ist dafür ableitbar,<br />

dass bei der Ausfüllung dieses Begriffes das Verhältnis der vorgesehenen überplanmäßigen oder außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen oder Auszahlungen zu der jeweils betroffenen Haushaltsposition als wichtigster Tatbestand<br />

zu berücksichtigen ist. Diese Betrachtung wird am ehesten den jeweiligen gemeindlichen Verhältnissen gerecht.<br />

Die Möglichkeit für die Gemeinde, den Begriff „erheblich“ selbst auszugestalten, stärkt die Eigenverantwortung<br />

der Gemeinde für ihr haushaltswirtschaftliches Handeln.<br />

Die in der Vorschrift enthaltenen Regelungen stellen abstimmungsbedürftige Sachverhalte dar. So erfordert z.B.<br />

die örtliche Ausgestaltung des unbestimmten Rechtsbegriffs „erheblich“ die Zustimmung des Rates der Gemeinde<br />

als auch der gemeindlichen Verwaltung. Die Notwendigkeit dazu wird auch dadurch deutlich, dass die anderen<br />

geringeren überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen dem Rat zur Kenntnis zu<br />

bringen sind. Die abstimmungsbedürftigen Sachverhalte, einschließlich der Abgrenzung der örtlichen Erheblichkeit,<br />

erfordern eine „gemeinsame“ Entscheidung vom Rat und der gemeindlichen Verwaltung. In diesem Zusammenhang<br />

kann z.B. auch eine Festlegung in der jährlichen Haushaltssatzung nach § 78 GO <strong>NRW</strong> sachgerecht<br />

sein. Die örtliche Haushaltssatzung kann weitere Vorschriften enthalten, die sich auf gemeindliche Aufwendungen<br />

und Auszahlungen beziehen (vgl. § 78 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.2 Die Zustimmung des Rates<br />

2.1.2.1 Die vorherige Zustimmung<br />

Die erheblichen überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen tangieren oftmals<br />

die Ziele und Zwecke der im Haushaltsplan enthaltenen und durch den Rat der Gemeinde erteilten Ermächtigungen.<br />

Zu den gesetzlich festgelegten Pflichten gehört deshalb, dass vorgesehene überplanmäßige und außerplanmäßige<br />

Aufwendungen und Auszahlungen, die erheblich im Sinne der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

sind, der vorherigen Zustimmung des Rates bedürfen.<br />

Für die Abgrenzung der Erheblichkeit und damit für das Zustimmungserfordernis ist in der Vorschrift kein konkreter<br />

Maßstab festgelegt worden. Es muss daher von der Gemeinde unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse<br />

eine sachgerechte Anwendung des Begriffs „erheblich“ festgelegt werden. Die gemeindliche Verwaltung soll<br />

dabei eine geeignete Festlegung in gemeinsamer Verantwortung mit dem Rat treffen. In diesem Zusammenhang<br />

ist auch die zeitliche Handhabung der Einholung der Zustimmung zu klären, z.B. im Falle einer besonderen Dringlichkeit<br />

oder letztmalig im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses.<br />

2.1.2.2 Die Zustimmung durch eine Dringlichkeitsentscheidung<br />

In Angelegenheiten, die der Beschlussfassung des Rates der Gemeinde unterliegen und bei denen die Entscheidung<br />

darüber nicht rechtzeitig möglich ist oder nicht aufgeschoben werden kann, weil sonst erhebliche Nachteile<br />

GEMEINDEORDNUNG 568


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

oder Gefahren für die Gemeinde entstehen können, kann ggf. der Bürgermeister zusammen mit einem Ratsmitglied<br />

über die gemeindliche Angelegenheit entscheiden (vgl. § 60 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Eine derartige Dringlichkeitsentscheidung<br />

kann für alle gemeindlichen Angelegenheiten in Betracht kommen, insbesondere als Entschei-<br />

dung in Einzelfällen.<br />

In Ausnahmefällen können auch erhebliche überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen<br />

der Gemeinde so dringlich sein, dass für die Einholung der vorherigen Zustimmung des Rates seine<br />

nächste Sitzung nicht abgewartet werden kann. In solchen eilbedürftigen Fällen bietet es sich an, dass der Bürgermeister<br />

zusammen mit einem Ratsmitglied eine Entscheidung trifft, um das notwendig gewordene haushaltswirtschaftliche<br />

Handeln der Gemeinde zeitnah zu ermöglichen. Eine solche Entscheidung hat wie alle Dringlichkeitsentscheidungen<br />

jedoch nur einen vorübergehenden Charakter und ist sind dem Rat der Gemeinde anschließend<br />

zur Genehmigung vorzulegen (vgl. § 60 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.2.3 Die Zustimmung im Jahresabschluss<br />

Im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses kann sich oftmals erst ergeben, dass weitere<br />

Aufwendungen dem abgelaufenen Haushaltsjahr zuzurechnen sind. Diese überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen sind dann auch in die gemeindliche Ergebnisrechnung aufzunehmen. In solchen<br />

Fällen wäre es jedoch nach der Vorschrift erforderlich, vor deren Einbeziehung in die Ergebnisrechnung erst die<br />

Zustimmung des Rates dazu einzuholen und danach das Aufstellungsverfahren für den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

weiter zu betreiben. In solchen Fällen ist der Rat der Gemeinde in seiner Funktion sowohl im Zustimmungsverfahren<br />

wie auch im Aufstellungsverfahren gleichermaßen betroffen. Es bietet sich daher für die Gemeinde<br />

an, die beiden gesetzlich bestimmten Verfahren miteinander zu verknüpfen. Die Zusammenführung der<br />

Verfahren ist sachgerecht und zweckmäßig. Der Rat muss dazu im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

darüber unterrichtet werden, dass er auch eine „gesonderte“ Zustimmung zu den entstandenen überplanmäßigen<br />

und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen gibt.<br />

In einer geeigneten Übersicht sollte dem Rat im Rahmen der Jahresabschlussunterlagen aufgezeigt werden, zu<br />

welchen im Haushaltsjahr entstandenen erheblichen überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen<br />

er noch seine Zustimmung geben muss. In solchen Fällen kann sich z.B. eine Erweiterung des Plan-/Ist-<br />

Vergleichs in der gemeindlichen Ergebnisrechnung anbieten, in dem der Differenzbetrag weiter anlassbezogen<br />

aufgegliedert wird. Der Umfang der betreffenden überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen muss<br />

dadurch insgesamt erkennbar und nachvollziehbar sein, gleichzeitig aber auch erläutert werden. Soweit eine<br />

solche Darstellung in den Teilrechnungen erfolgt, sollte durch eine zusammenfassende zusätzliche Darstellung<br />

auch ein Überblick über das Gesamtvolumen der erheblichen überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen gegeben werden. Mit solchen Informationen wird es dem Rat ermöglicht, seine Zustimmung zu<br />

solchen Aufwendungen in die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses einzubeziehen.<br />

2.1.3 Die Erfüllung der Unterrichtungspflicht<br />

Zu den gesetzlich festgelegten Unterrichtungspflichten gegenüber dem Rat der Gemeinde gehört, dass überplanmäßige<br />

und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen, wenn sie nicht erheblich sind, dem Rat zur<br />

Kenntnis zu geben sind (vgl. § 83 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Für die Abgrenzung zwischen dem Zustimmungsbedürfnis<br />

des Rates bei erheblichen überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen und der<br />

Unterrichtungspflicht ist in der Vorschrift kein Maßstab festgelegt worden. Aus dem haushaltsmäßigen Zusammenhang<br />

kann dazu abgeleitet werden, dass der Begriff „nicht erheblich“ immer in einem Verhältnis der vorgesehenen<br />

überplanmäßigen oder außerplanmäßigen Aufwendungen oder Auszahlungen zu der jeweils betroffenen<br />

Haushaltsposition im gemeindlichen Haushaltsplan steht. Die Gemeinde hat diesen Sachverhalt unter Berücksichtigung<br />

der örtlichen Verhältnisse näher auszugestalten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 569


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

Diese örtliche Ausgestaltung sollte in Abstimmung mit dem Rat der Gemeinde erfolgen, denn die Vorgabe, dass<br />

die nicht erheblichen überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen dem Rat zur<br />

Kenntnis zu bringen sind, entlässt die gemeindliche Verwaltung nicht aus der „gemeinsamen“ haushaltswirtschaftlichen<br />

Verantwortung, die zusammen mit dem Rat zu tragen ist. In die Abstimmung über die Festlegung der Erheblichkeit<br />

sollte daher auch die Unterrichtungspflicht über die unterhalb der Erheblichkeitsschwelle liegenden<br />

überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen einbezogen werden. Unter Berücksichtigung<br />

der Bedeutung und dem Auftreten von überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und<br />

Auszahlungen kann die Gemeinde ggf. auch zwischen unterjährigen Informationen und einer gesonderten Unterrichtung<br />

im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses unterscheiden.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Verweis auf § 81 GO <strong>NRW</strong>):<br />

Der Verweis in der Vorschrift „§ 81 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> bleibt unberührt“ soll gewährleisten, dass trotz einer vorherigen<br />

Zustimmung des Rates bei erheblichen überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen<br />

auf die Aufstellung einer Nachtragssatzung nicht verzichtet werden kann. Soweit dabei ein örtlicher<br />

haushaltswirtschaftlicher Sachverhalt vorliegt, der die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung einer Nachtragssatzung<br />

auslöst, muss die Gemeinde entsprechend handeln. Die Gemeinde hat z.B. unverzüglich eine Nachtragssatzung<br />

zu erlassen, wenn von der Gemeinde bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder<br />

Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder<br />

Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang geleistet werden müssen. Eine gemeindliche Nachtragssatzung ist<br />

aber auch dann zu erlassen, wenn von der Gemeinde Auszahlungen für bisher nicht veranschlagte Investitionen<br />

geleistet werden sollen.<br />

Derartige haushaltswirtschaftliche Gegebenheiten führen zu Veränderungen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

im Haushaltsjahr und werden als so schwerwiegend betrachtet, dass das zu erreichende Gesamtbild der<br />

jahresbezogenen Haushaltswirtschaft bzw. die geplante wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde nicht mehr mit<br />

der vom Rat beschlossenen Haushaltssatzung in Einklang steht. In solchen Fällen wird es daher als unerlässlich<br />

angesehen, dass von der Gemeinde eine Nachtragssatzung zur Haushaltssatzung aufzustellen und zu beschließen<br />

ist. Die Gemeinde darf dann ohne eine beschlossene Nachtragssatzung nicht die Aufwendungen entstehen<br />

lassen oder die Auszahlungen leisten, deren Bedarf zur Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung einer Nachtragssatzung<br />

führt. Sie hat zuvor eine Nachtragssatzung unverzüglich aufzustellen und kann diese nicht auf einen beliebigen<br />

späteren Zeitpunkt verschieben.<br />

3. Zu Absatz 3 (Deckung für mehrjährige Investitionen):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Überplanmäßige Auszahlungen und fortgesetzte Investitionen):<br />

3.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht gewährt der Gemeinde bei der haushaltswirtschaftlichen Umsetzung von Investitionsmaßnahmen<br />

einen weiten Spielraum. Gleichwohl können trotz sorgfältiger Haushalts- und Bauplanung<br />

unvorhersehbare Ereignisse zu Änderungen bei einer begonnenen Investitionsmaßnahme und zu einem Bedarf<br />

zur Leistung von gemeindlichen Auszahlungen führen, die nach der Haushaltsplanung erst in einem späteren<br />

Haushaltsjahr erfolgen sollten. In solchen Fällen ist vielfach eine Änderung der gemeindlichen Haushaltsplanung<br />

durch den Erlass einer Nachtragssatzung nach § 81 GO <strong>NRW</strong> durch die Gemeinde zu aufwändig, um eine entsprechende<br />

Anpassung im gemeindlichen Haushaltsplan des laufenden Haushaltsjahres herbeizuführen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 570


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch die Vorschrift werden deshalb überplanmäßige Auszahlungen für gemeindliche Investitionen ausdrücklich<br />

für zulässig erklärt, auch wenn ihre Deckung erst im folgenden Haushaltsjahr gewährleistet ist. Sie können ggf.<br />

auch bereits im gemeindlichen Finanzplan für das neue Haushaltsjahr veranschlagt worden sein (Haushaltsvor-<br />

griff). Eine Voraussetzung für solche gemeindliche Auszahlungen ist jedoch immer, dass es sich um einen Mehrbedarf<br />

für die Fortsetzung einer laufenden Investitionsmaßnahme der Gemeinde handeln muss.<br />

Im Rahmen eines solchen Haushaltsvorgriffs sind jedoch keine außerplanmäßigen Auszahlungen für noch anstehende<br />

gemeindliche Investitionen zulässig. Sie unterliegen dem Verfahren nach Absatz 1 der Vorschrift. Im Wege<br />

dieser Vorschrift werden auch keine Auszahlungen für Investitionsmaßnahmen ermöglicht, die noch nicht im<br />

gemeindlichen Haushaltsplan veranschlagt worden sind. Solche Maßnahmen führen zu neuen investiven Auszahlungen,<br />

wenn die gemeindlichen Investitionen noch im Haushaltsjahr begonnen werden sollen. Sie lösen die<br />

Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung einer Nachtragssatzung aus (vgl. § 81 Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.1.2 Die Deckung überplanmäßiger Auszahlungen für Investitionen<br />

Bei Investitionsmaßnahmen der Gemeinde, für die im gemeindlichen Finanzplan bereits Auszahlungen veranschlagt<br />

worden sind, und die im folgenden Jahr fortgesetzt werden, sind überplanmäßige Auszahlungen auch<br />

dann zulässig, wenn ihre Deckung erst im folgenden Jahr gewährleistet ist (Haushaltsvorgriff). Mit dieser Vorschrift<br />

wird der Gemeinde die Möglichkeit gegeben, bei Bedarf die Auszahlungen für Investitionsmaßnahmen, für<br />

die erst im folgenden Haushaltsjahr die notwendigen Ermächtigungen verfügbar wären, in das Haushaltsjahr<br />

vorzuziehen. Es wird dabei eine entsprechende Deckung fiktiv unterstellt, denn wäre haushaltsmäßig erst im<br />

Folgejahr tatsächlich gegeben. In solchen Fällen erfolgt mit der investiven Auszahlung regelmäßig eine Vermögensänderung<br />

bei der Gemeinde, denn der Auszahlung kann z. B. eine Anlage im Bau als gemeindlicher Vermögensgegenstand<br />

gegenüberstehen.<br />

Die Möglichkeit, bei investiven Fortsetzungsmaßnahmen entsprechend dem Umsetzungsstand auch Auszahlungen<br />

vorzuziehen, denn eine Vorauszahlung ist im Grundsatz nicht zulässig, erhöht das flexible Handeln bei der<br />

gemeindlichen Investitionstätigkeit. Sie lässt zudem ein schnelles Reagieren der Gemeinde zu, wenn eine beschleunigte<br />

und zügige Weiterführung von gemeindlichen Baumaßnahmen geboten ist. Die Regelung stärkt zudem<br />

die gemeindliche Eigenverantwortung und ihr wirtschaftliches Handeln. Sie ist jedoch nicht anwendbar, wenn<br />

bisher noch nicht für das Haushaltsjahr veranschlagte Investitionen vorgezogen werden sollen. In diesen Fällen<br />

ist die Aufstellung einer Nachtragssatzung durch die Gemeinde zwingend erforderlich bzw. unverzichtbar (vgl. §<br />

81 Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.2 Zu Satz 2 (Verfahren bei überplanmäßigen Auszahlungen für Investitionen)<br />

Das Verfahren der Bereitstellung von überplanmäßigen Auszahlungen für gemeindliche Investitionen soll sich<br />

nach den in dieser Vorschrift bereits getroffenen Regelungen richten. Daher enthält die Vorschrift an dieser Stelle<br />

nur noch einen Verweis auf den Absatz 1 Sätze 3 und 4 und den Absatz 2 dieser Vorschrift, die sinngemäß gelten<br />

bzw. zur Anwendung durch die Gemeinde kommen sollen. Durch den Verweis auf Absatz 1 Satz 3 der Vorschrift<br />

wird ausgedrückt, dass auch in den Fällen des Absatzes 3 der Vorschrift die Entscheidung über die zusätzlichen<br />

Auszahlungen beim Kämmerer der Gemeinde liegt und, wenn ein solcher nicht bestellt ist, beim Bürgermeister<br />

der Gemeinde. Durch den Verweis auf Absatz 1 Satz 4 der Vorschrift wird bewirkt, dass in den Fällen des Absatzes<br />

3 der Vorschrift auch ein Beschäftigter der Gemeinde über die zusätzlichen Auszahlungen entscheiden kann,<br />

wenn diese Person die Entscheidungsbefugnis darüber vom Kämmerer mit Zustimmung des Bürgermeisters und<br />

des Rates übertragen bekommen hat.<br />

Der weitere Verweis auf den Absatz 2 hat zur Folge, dass eine Zustimmung des Rates der Gemeinde dann erforderlich<br />

ist, wenn die überplanmäßigen Auszahlungen im Sinne der örtlich zu treffenden Abgrenzung erheblich<br />

GEMEINDEORDNUNG 571


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

sind. Ansonsten sind die Entscheidungen des Kämmerers oder des Bürgermeisters über überplanmäßige Auszahlungen<br />

für Investitionen und deren Umfang dem Rat der Gemeinde zur Kenntnis zu geben. Der Verweis ist<br />

deshalb allein auf den Satz 1 des Absatzes 2 ausgerichtet. Der Satz 2 des Absatzes, der auf die Vorschriften<br />

über die Pflicht zur Aufstellung einer Nachtragssatzung verweist, bleibt in den Fällen von überplanmäßigen Auszahlungen<br />

bei gemeindlichen, im Haushaltsplan veranschlagten, Investitionen unberührt, auch wenn in der Vorschrift<br />

nicht ausdrücklich auf den Satz 1 verwiesen wird.<br />

4. Zu Absatz 4 (Künftige haushaltsmäßige Belastungen):<br />

4.1 Allgemeine Sachlage<br />

Nach der Vorschrift finden die Absätze 1 bis 3 dieser Vorschrift eine entsprechende Anwendung auf gemeindliche<br />

Maßnahmen, durch die später über- oder außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen für die Gemeinde<br />

entstehen können. Bei dieser Regelung wurde berücksichtigt, dass ein Zwang oder eine Eilbedürftigkeit, Aufwendungen<br />

entstehen zu lassen oder Auszahlungen zu leisten, sich vielfach nicht erst durch die Veranschlagung im<br />

gemeindlichen Haushaltsplan, sondern oftmals schon zuvor ergibt.<br />

Es sind vielfach schon die vorher eingeleiteten verwaltungsmäßigen Maßnahmen, die durch rechtliche Bindungen<br />

eingegangen werden, die zu späteren über- oder außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen führen<br />

können, z.B. wenn es unterlassen wurde, solche gemeindlichen Maßnahmen in die mehrjährige Haushaltsplanung<br />

der Gemeinde aufzunehmen. Daher sollen die Regelungen der Absätze 1 bis 3 der Vorschrift auch auf<br />

Maßnahmen der Gemeinde eine entsprechende Anwendung finden, die dafür die Ursache bilden. Sie werden den<br />

gleichen verfahrensmäßigen Bedingungen unterworfen wie aktuelle gemeindliche Sachverhalte und Maßnahmen,<br />

die im Haushaltsjahr überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen auslösen.<br />

4.2 Die Überprüfungspflichten<br />

Die Gemeinde soll vor dem Eingehen von Verpflichtungen, die künftige haushaltsmäßige Belastungen auslösen<br />

können, insbesondere prüfen, ob die sachlichen Voraussetzungen vorliegen, wenn daraus später über- oder<br />

außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen entstehen. Derartige über- oder außerplanmäßige Aufwendungen<br />

und Auszahlungen können entstehen, wenn die notwendigen Ermächtigungen für Aufwendungen und<br />

Auszahlungen nicht im Haushaltsplan veranschlagt sind, durch die vorher eingegangenen Verpflichtungen aber<br />

zwangsläufig Aufwendungen entstehen oder Auszahlungen notwendig werden, denen sich die Gemeinde nicht<br />

entziehen kann. Auch eine mehrjährige gemeindliche Investitionsmaßnahme kann dabei einen Anlass für eine<br />

solche Prüfung durch die Gemeinde darstellen.<br />

Die Prüfungen nach dieser Vorschrift erfordern auch, dass dann auch in entsprechender Weise die vorgeschriebenen<br />

Entscheidungen eingeholt bzw. getroffen werden. So hat nach Absatz 1 der Vorschrift der Kämmerer über<br />

die Leistung von überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen zu entscheiden,<br />

wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Bürgermeister der Gemeinde. Sind die künftigen überplanmäßigen und<br />

außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen aber voraussichtlich erheblich, bedürfen sie nach Absatz 2<br />

der Vorschrift der vorherigen Zustimmung des Rates und sind ihm ansonsten zur Kenntnis zu bringen. Es gilt<br />

zudem sicherzustellen, dass künftige haushaltsmäßige Belastungen frühzeitig erkannt werden und vermieden<br />

werden und die Sicherstellung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung nicht gefährdet wird.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 572


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 84 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 84<br />

Mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung<br />

1 Die Gemeinde hat ihrer Haushaltswirtschaft eine fünfjährige Ergebnis- und Finanzplanung zu Grunde zu legen<br />

und in den Haushaltsplan einzubeziehen. 2 Das erste Planungsjahr ist das laufende Haushaltsjahr. 3 Die Ergebnis-<br />

und Finanzplanung für die dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre soll in den einzelnen Jahren ausgeglichen<br />

sein. 4 Sie ist mit der Haushaltssatzung der Entwicklung anzupassen und fortzuführen.<br />

Erläuterungen zu § 84:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Inhalte und Zwecke der Vorschrift<br />

1.1 Ausgangsgrundlage<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft ist als prozessorientiert zu betrachten, die ergebnis- und zukunftsorientiert<br />

gesteuert wird. Deshalb steht am Beginn des Haushaltskreislaufs die jährliche Haushaltsplanung der Gemeinde,<br />

die vor dem Haushaltsjahr abgeschlossen sein soll (vgl. § 80 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde muss für diesen mittelfristigen<br />

Ergebnis- und Finanzplanungszeitraum offen legen, wie sie ihre Haushaltswirtschaft ausgestaltet und ausführen<br />

will und wie sie dabei die stetige Aufgabenerfüllung sichert. Unter den Rahmenbegriff „Haushaltswirtschaft“<br />

fallen dabei alle Dinge und Tätigkeiten der Gemeinde, die zur Planung der jährlichen Haushaltswirtschaft der<br />

Gemeinde gehören, z. B. die Ausstellung des gemeindlichen Haushaltsplans (Ergebnisplan, Finanzplan und<br />

Teilpläne für den Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung (vgl. § 79 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Vorgabe, der gemeindlichen Haushaltswirtschaft eine mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung zugrunde zu<br />

legen, baut auf Art. 109 GG i.V.m. § 50 HGrG auf. Der Bund und Länder haben ihrer Haushaltswirtschaft eine<br />

fünfjährige (mittelfristige) Finanzplanung zugrunde zu legen. Für die Gemeinden als Teil der Länder ist diese<br />

bundesweit geltende Vorgabe durch die haushaltsrechtliche Vorschrift übernommen worden. Die mittelfristige<br />

Ergebnis- und Finanzplanung stellt eine zukunftsbezogene Entwicklungsplanung der Gemeinde dar. Sie soll u.a.<br />

ein Orientierungsinstrument sein, das dem Rat die haushaltspolitischen Entscheidungen erleichtert, in dem die<br />

Auswirkungen seiner Entscheidung nicht nur für das Haushaltsjahr, sondern auch für die dann folgenden drei<br />

Jahre konkret aufgezeigt werden. Durch die Integration der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in den<br />

gemeindlichen Haushaltsplan werden die voraussichtlichen Auswirkungen der haushaltsmäßigen Entscheidungen<br />

auf die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde transparent gemacht.<br />

1.2 Die zeitliche Haushaltsplanung<br />

1.2.1 Der mittelfristige Zeitraum<br />

Die Gemeinde hat ihre örtliche Haushaltsplanung auf den Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

auszurichten. Die gemeindliche Haushaltsplanung hat sich daher nicht allein auf das künftige Haushaltsjahr<br />

zu erstrecken, sondern vielmehr auf einen fünfjährigen Planungszeitraum, der vom laufenden Haushaltsjahr ausgeht,<br />

in den das Haushaltsjahr als erstes Planungsjahr eingebunden ist, und der mit den drei dem Haushaltsjahr<br />

folgenden Planungsjahren endet. Die voraussichtliche gemeindliche Haushaltswirtschaft wird dabei anhand des<br />

im Haushaltsplan aufgezeigten Ressourcenaufkommens und des Ressourcenverbrauchs sowie des Bedarfs der<br />

Gemeinde an Finanzmitteln innerhalb der mehrjährigen Ergebnis- und Finanzplanung deutlich.<br />

GEMEINDEORDNUNG 573


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 84 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat daher in ihrem Haushaltsplan die gemeindlichen Erträge und Aufwendungen für das Haushaltsjahr<br />

in ihrer voraussichtlichen Höhe nach ihren Arten sowie die Einzahlungen in der zu erzielenden Höhe und<br />

die Auszahlungen in Höhe der voraussichtlich zu leistenden Beträge jahresbezogen nach ihren Arten zu veran-<br />

schlagen (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die haushaltswirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinde<br />

werden dadurch vorausschauend und jahresbezogen aufgezeigt. Sofern dabei der gemeindliche Haushaltsausgleich<br />

nicht erreicht wird (vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>), soll die Gemeinde rechtzeitig geeignete Gegenmaßnahmen<br />

treffen, um eine geordnete Haushaltswirtschaft wieder herzustellen. Im Rahmen der fünfjährigen Haushaltsplanung<br />

legt die Gemeinde daher ihre Leistungskraft offen und zeigt auf, wie sie die stetige Aufgabenerfüllung<br />

sichern will (vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2.2 Der langfristige Zeitraum<br />

Die gemeindliche Haushaltsplanung geht grundsätzlich vom Haushaltsjahr aus und muss über den Weg der mittelfristigen<br />

Planung auch langfristige Zeiträume berücksichtigen, denn die Gemeinde schließt vielfach langfristige<br />

Verträge ab, z.B. Mietverträge oder Kreditverträge. Die Gemeinde muss in solchen Fällen langfristig ihre Verpflichtungen<br />

gegenüber Dritten nachhalten und diese entsprechend dem Zeitablauf in ihre mittelfristige Planung<br />

einfließen lassen. Eine solche Verpflichtung gilt entsprechend auch für die Ansprüche der Gemeinde, die als<br />

Forderungen gegenüber Dritten bestehen. Es gilt daher eine entsprechend Übersicht, gegliedert in wichtige Betrachtungszeiträume<br />

vorzuhalten und ständig fortzuschreiben (vgl. Abbildung).<br />

Jahr …<br />

Ergebniswirksam:<br />

Erträge:<br />

Aufwendungen<br />

Zahlungswirksam:<br />

Einzahlungen:<br />

Auszahlungen:<br />

Die Übersicht über langfristige haushaltsmäßige Auswirkungen<br />

Jahr …<br />

Ergebniswirksam:<br />

Erträge:<br />

Aufwendungen<br />

Zahlungswirksam:<br />

Einzahlungen:<br />

Auszahlungen:<br />

GEMEINDEORDNUNG 574<br />

Jahr …<br />

Ergebniswirksam:<br />

Erträge:<br />

Aufwendungen<br />

Zahlungswirksam:<br />

Einzahlungen:<br />

Auszahlungen:<br />

Haushaltsjahr … Planungsjahr … Planungsjahr …<br />

Ergebniswirksam:<br />

Erträge:<br />

Aufwendungen<br />

Zahlungswirksam:<br />

Einzahlungen:<br />

Auszahlungen:<br />

Ergebniswirksam:<br />

Erträge:<br />

Aufwendungen<br />

Zahlungswirksam:<br />

Einzahlungen:<br />

Auszahlungen:<br />

Ergebniswirksam:<br />

Erträge:<br />

Aufwendungen<br />

Zahlungswirksam:<br />

Einzahlungen:<br />

Auszahlungen:<br />

Haushaltsjahr …<br />

Ergebniswirksam:<br />

Erträge:<br />

Aufwendungen<br />

Zahlungswirksam:<br />

Einzahlungen:<br />

Auszahlungen:<br />

Langfristige Planung ►<br />

Mittelfristige (fünfjährige) Planung ►<br />

Haushaltsjahrbezogene Planung ►<br />

Abbildung 90 „Die Übersicht über langfristige haushaltsmäßige Auswirkungen“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 84 GO <strong>NRW</strong><br />

Für die Erfassung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle mit haushaltsmäßigen Auswirkungen auf künftige Jahre<br />

ist es nicht als ausreichend anzusehen, derartige geschäftliche Bindungen nur im Rahmen der jährlich aufzustellenden<br />

Bilanz nachzuhalten. Die Gemeinde sollte vielmehr durch besondere Unterlagen und Nebenrechnungen<br />

einen ständigen Überblick über die künftigen Belastungen des gemeindlichen Haushalts haben. Sie kann dann<br />

bei weiteren Vereinbarungen auf eine einfache Art einen Vergleich bzw. eine Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich<br />

ihrer Leistungsfähigkeit vornehmen.<br />

1.3 Die Planungssicherheit<br />

Die Gemeinde muss sich ständig einen realitätsbezogenen Überblick über den fünfjährigen Planungszeitraum<br />

verschaffen und sich darüber klar werden, welche Erträge und Aufwendungen durch die Aufgabenerfüllung voraussichtlich<br />

entstehen werden und welche Einzahlungen zu erzielen und Auszahlungen im Einzelnen zu leisten<br />

sein werden. Dabei soll möglichst eine hohe Planungssicherheit erreicht werden, denn Planabweichungen bergen,<br />

insbesondere bei den gemeindlichen Erträgen, immer auch Risiken in sich. Eine fundierte mehrjährige<br />

Haushaltsplanung schafft daher auch die notwendige Transparenz darüber, sodass der Vorbericht zum Haushaltsplan<br />

entsprechende Erläuterungen enthalten sollte.<br />

Die Veranschlagung der Ermächtigungen im gemeindlichen Haushaltsplan muss daher ausgehend von der strategischen<br />

Planung und den Zielen der Gemeinde das auf das Haushaltsjahr bezogene und geplante operative<br />

Ergebnis wieder spiegeln und damit Lösungsmöglichkeiten für die Realisation der gemeindlichen Ziele aufzeigen.<br />

Einige damit verbundene Leistungskennzahlen sind dabei ein wichtiges Steuerungsinstrument und ermöglichen,<br />

die Zielerreichung zu messen (vgl. § 12 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie sind jedoch nur nutzbar, wenn auch der Zielbereich<br />

durch Sollgrößen oder Schwellenwerte angegeben wird. Dazu gehören auch die im gemeindlichen Jahresabschluss<br />

in der Ergebnisrechnung und in der Finanzrechnung vorzunehmenden Plan-/Ist-Vergleiche, die abhängig<br />

von den örtlichen Gegebenheiten im Rahmen der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft, ggf. auch<br />

unterjährig erfolgen sollten.<br />

1.4 Die Planungsinhalte<br />

Die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung unterstützt die gemeindliche Haushaltsplanung, weil sie die Gemeinde<br />

zwingt, im Rahmen einer mehrjährigen Planung örtliche Schwerpunkte zu setzen, und daraus Maßnahmen<br />

und Dringlichkeit in einen fünfjährigen jahresbezogenen Zeitplan einzustellen. In diese Haushaltsplanung der<br />

Gemeinde sind daher alle örtlichen Bedürfnisse aus der laufenden Verwaltungstätigkeit, aus der Investitions- und<br />

aus der Finanzierungstätigkeit der Gemeinde einzubeziehen.<br />

Durch eine wertorientierte gemeindliche Steuerung werden auch der Katalog der örtlich zu erfüllenden Aufgaben<br />

und die Chancen und Risiken für die künftige wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde berücksichtigt. Zur Erstellung<br />

der mittelfristigen örtlichen Haushaltsplanung gehören daher, z. B. bei den gemeindlichen Investitionsmaßnahmen,<br />

nicht nur die Entscheidungen über die Finanzierung, sondern unter Beachtung des Grundsatzes der<br />

Wirtschaftlichkeit auch die Beherrschung der Folgekosten aus der Nutzung der angeschafften oder hergestellten<br />

Vermögensgegenstände, z. B. in Form von Abschreibungen, Unterhaltungsaufwendungen u.a.<br />

Im Zusammenhang mit der Abbildung der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

bleiben die Schwierigkeiten für die Gemeinde bestehen, die Höhe der staatlichen Zuweisungen über<br />

mehrere Jahre im Voraus möglichst zutreffend zu schätzen. Derartige staatliche Finanzleistungen sind abhängig<br />

von der Gesetzgebung und von Ermessensentscheidungen der staatlichen Bewilligungsbehörden, sodass Unsicherheitsfaktoren<br />

für die Gemeinde bestehen, die sich auf ihre mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der<br />

Gemeinde auswirkt. Solche Unsicherheiten können auch nicht durch die jährlich vom Innenministerium veröffent-<br />

GEMEINDEORDNUNG 575


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 84 GO <strong>NRW</strong><br />

lichten Orientierungsdaten des Landes beseitigt werden (vgl. § 6 GemHVO <strong>NRW</strong>). Es gilt daher immer, vor Ort<br />

die bestmöglichen Annahmen zu treffen, auch wenn die zukünftigen Erfordernisse noch ungewiss sind.<br />

2. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Planung<br />

2.1 Die allgemeine Sachlage<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft wird anhand des im gemeindlichen Haushaltsplan aufgezeigten Ressourcenaufkommens<br />

und des Ressourcenverbrauchs sowie des Bedarfs der Gemeinde an Finanzmitteln innerhalb<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung gemessen. Die Gemeinde muss sich deshalb ständig einen realitätsbezogenen<br />

Überblick über den fünfjährigen Planungszeitraum verschaffen und sich darüber klar werden,<br />

welche Erträge und Aufwendungen durch die Aufgabenerfüllung voraussichtlich entstehen werden und welche<br />

Einzahlungen zu erzielen und Auszahlungen im Einzelnen zu leisten sein werden.<br />

In diese mehrjährige Haushaltsplanung sind von der Gemeinde daher alle Bedürfnisse aus ihrer laufenden Verwaltungstätigkeit<br />

sowie aus ihrer Investitionstätigkeit und aus ihrer Finanzierungstätigkeit einzubeziehen. In diese<br />

Planung gehört bei den gemeindlichen Investitionsmaßnahmen nicht nur die Entscheidung unter Einbeziehung<br />

wirtschaftlicher Gesichtspunkte, sondern auch die Beherrschung der Folgekosten aus der Nutzung der angeschafften<br />

oder hergestellten Vermögensgegenstände, z. B. Abschreibungen, Unterhaltungsaufwendungen u.a.<br />

2.2 Die einzelnen Grundsätze<br />

Mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Planung (GoP) werden die Notwendigkeit einer Analyse als Ausgangspunkt<br />

der zukunftsbezogenen Planung und die Bedeutung der strategischen und der operativen Planung ausdrücklich<br />

hervorgehoben und betont. Folgende allgemeine Grundsätze gelten als Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Planung (vgl. Abbildung).<br />

GRUNDSATZ<br />

Grundsatz der<br />

Vollständigkeit<br />

Grundsatz der<br />

Wesentlichkeit und<br />

Angemessenheit<br />

Grundsatz der<br />

Folgerichtigkeit<br />

Grundsatz der<br />

Dokumentation<br />

Grundsatz der<br />

Transparenz<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Planung<br />

GEMEINDEORDNUNG 576<br />

INHALT<br />

Nach diesem Grundsatz sollen alle für die Planungsziele relevanten<br />

Sachverhalte berücksichtigt werden.<br />

Nach diesem Grundsatz sollen in die Planung alle Informationen<br />

und Sachverhalte einbezogen werden, die zur Darstellung der<br />

voraussichtlichen Entwicklung aufgrund ihrer Tragweite oder ihres<br />

Betrages bedeutsam sind.<br />

Nach diesem Grundsatz soll die Planung eine sachlich korrekte<br />

Darstellung der Ausgangssituation mit allen Prämissen der Fortentwicklung<br />

enthalten. Die Planung muss erkennen lassen, ob Angaben<br />

zu nachprüfbaren Tatsachen zutreffen, ob Prämissen plausibel<br />

sind, richtig entwickelt und schlüssig sind.<br />

Nach diesem Grundsatz soll die Planung so dokumentiert werden,<br />

dass die Erstellung und Kontrolle der Planung für einen sachverständigen<br />

Dritteninnerhalb einer angemessenen Zeit nachvollziehbar<br />

ist.<br />

Nach diesem Grundsatz sollen die verwendeten Begriffe klar defi-


GRUNDSATZ<br />

Planungsprinzipien und<br />

Partizipation<br />

Planungsprozess<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 84 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Planung<br />

GEMEINDEORDNUNG 577<br />

INHALT<br />

niert und einheitlich verwendet werden. Die der Planung zugrunde<br />

liegenden Wertgrößen müssen realistisch und damit realisierbar<br />

sein. Zudem sind Chancen und Gefahren sowie Ursachen von<br />

Planabweichungen zu benennen und möglichst zu quantifizieren,<br />

um den Gesamtumfang möglicher Planabweichungen einschätzen<br />

zu können.<br />

Die Planansätze sollen mit den übergeordneten Grundsatzentscheidungen<br />

und Zielen in Einklang stehen, um die Realisierbarkeit<br />

bzw. die angestrebten Zwecke zu erreichen.<br />

In den verschiedenen Phasen des Planungsprozesses gilt es Ziele<br />

festzulegen, Informationen zu sammeln sowie eine Analyse vorzunehmen.<br />

Zu den Zielen sind Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen,<br />

aus denen dann in der Entscheidungsphase endgültige Ziele und<br />

Maßnahmen festgelegt werden.<br />

Abbildung 91 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Planung“<br />

Im Zusammenhang mit der Planung stellt die Festlegung strategischer Ziele eine Ausgangsgrundlage dar, auf der<br />

die Planungstätigkeit der Gemeinde aufbaut. Deren Visionen oder Leitbilder bilden eine Zielbestimmung für das<br />

Gesamtbild in allgemeiner Form und dienen der zukunftsbezogenen Orientierung. Sie bestimmen auch die weiteren<br />

Zielsetzungen und Dimensionen, ggf. auch in verschiedenen Arten, sodass auch die spätere Zielerreichung<br />

bereits bei der Planung messbar gemacht werden muss.<br />

Der vorgesehene Zeitraum für die gemeindliche Haushaltsplanung bestimmt dabei auch das Planungsgeschehen,<br />

vor allem, wenn sich im Zeitablauf wesentliche Rahmenbedingungen bei der Gemeinde und in ihrem Umfeld<br />

geändert haben oder ändern werden. Auf diesen Grundlagen soll dann die operative Planung aufbauen, die in der<br />

gemeindlichen Haushaltsplanung regelmäßig den Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in der<br />

Ausprägung des gemeindlichen Haushaltsplans umfasst. Die aufgezeigten Grundsätze ordnungsgemäßer Planung<br />

sind vom Institut der Unternehmensberater (IdU) herausgegeben worden.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Satz 1 (Pflicht zur mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung):<br />

Durch die Integration der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in den gemeindlichen Haushaltsplan baut<br />

die gesamte Haushaltsplanung auf den Haushaltspositionen auf, die für den Ergebnisplan und den Finanzplan<br />

sowie die Teilpläne vorgeschrieben sind (vgl. §§ 2, 3 und 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die gemeindliche Haushaltsplanung<br />

ist damit von der Gemeinde so produktorientiert auszugestalten, dass sie nicht mehr, wie es oftmals in der Vergangenheit<br />

war, mehr oder weniger eine „Wunschliste“ der Gemeinde darstellt.<br />

Die Planung der Erträge und Aufwendungen für das neue Haushaltsjahr und die diesem folgenden drei Planungsjahre<br />

ist daher von der Gemeinde sorgsam, gewissenhaft und bezogen auf die einzelnen Haushaltspositionen im<br />

Ergebnisplan und Finanzplan sowie in den Teilplänen durchzuführen. Der Bezug auf die verbindlichen Haushaltspositionen<br />

fordert von der Gemeinde unter Berücksichtigung ihrer realen Möglichkeiten, eine verbesserte Prognose<br />

für ihre künftige Haushaltswirtschaft vorzunehmen. Dieses haushaltswirtschaftliche Gebot gilt auch für die<br />

Veranschlagung von Maßnahmen aus der Investitionstätigkeit und der Finanzierungstätigkeit der Gemeinde über<br />

den mehrjährigen Zeitraum der gemeindlichen Haushaltsplanung.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 84 GO <strong>NRW</strong><br />

Der gemeindliche (mehrjährige) Haushaltsplan bringt es dabei mit sich, dass die haushaltswirtschaftlichen Effekte<br />

gemeindlicher Maßnahmen der Gemeinde, die über das Haushaltsjahr hinaus wirken, transparenter werden und<br />

dadurch die künftige wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde unmittelbar erkennbar wird. Die Gemeinde muss<br />

daher der Spezialisierung der Haushaltspositionen nicht nur im Haushaltsjahr, sondern auch in den drei folgenden<br />

Planungsjahren der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung sowie dem Grundsatz der Haushaltsklarheit<br />

in ausreichendem Maße Rechnung tragen.<br />

Durch die Integration der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in den gemeindlichen Haushaltsplan erhalten<br />

daher die Haushaltspositionen der drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre bereits eine erste „bindende<br />

Form“, z. B. dadurch, dass ein voraussichtliches negatives Jahresergebnis in diesem Zeitraum u.U. ein<br />

Anlass für die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes sein kann. Durch die mittelfristige Ergebnis- und<br />

Finanzplanung wird daher stärker als bisher eine Sicherung der haushaltswirtschaftlichen Planung für künftige<br />

Maßnahmen der Gemeinde herbeigeführt.<br />

2. Zu Satz 2 (Beginn der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung):<br />

Der Zeitraum der mehrjährigen Ergebnis- und Finanzplanung ist wegen in der Vergangenheit aufgetretener Missverständnisse<br />

in der Gemeindeordnung gesetzlich klargestellt worden. Das jeweils aktuell laufende Haushaltsjahr<br />

steht dabei immer am Beginn der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung. Diesem Jahr folgen das neue (zu<br />

planende) Haushaltsjahr und die diesem folgenden drei Planungsjahre, sodass die gemeindliche Haushaltsplanung<br />

insgesamt einen Zeitraum von fünf Jahren umfasst.<br />

Diese mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinde stellt jedoch keinen starren Plan für den beschriebenen<br />

Zeitraum dar, denn dieser wird nicht nach Ablauf der fünf Jahre durch einen weiteren „Fünfjahresplan“<br />

abgelöst. Es handelt sich bei der mehrjährigen Haushaltsplanung der Gemeinde vielmehr um eine sich<br />

ständig wandelnde und mit der Entwicklung der Gemeinde einhergehende Fortschreibung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft, die jährlich in der Aufstellung des neuen Haushaltsplans ihren Niederschlag findet. Die Zeitreihe<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung soll nachfolgend verdeutlicht werden (vgl. Abbildung).<br />

Die Zeitreihe der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

Ergebnisplan<br />

oder<br />

Finanzplan<br />

Ansatz des<br />

laufenden<br />

Haushalts-<br />

jahres<br />

EUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 578<br />

Ansatz<br />

des<br />

neuen<br />

Haushalts-<br />

jahres<br />

EUR<br />

Planung<br />

Haushalts-<br />

jahr<br />

+ 1<br />

EUR<br />

Planung<br />

Haushalts-<br />

jahr<br />

+ 2<br />

EUR<br />

Abbildung 92 „Die Zeitreihe der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung“<br />

Planung<br />

Haushalts-<br />

jahr<br />

+ 3<br />

Im Rahmen der mehrjährigen Haushaltsplanung obliegt es dem Kämmerer der Gemeinde durch die Aufstellung<br />

des Entwurfs der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen nicht nur die Planung für das neue Haushaltsjahr vorzunehmen,<br />

sondern jährlich auch die weitere jahresbezogene Planung für die dem Haushaltsjahr folgenden drei<br />

EUR


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 84 GO <strong>NRW</strong><br />

Planungsjahre der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung fortzuführen (vgl. §§ 80 und 84 GO <strong>NRW</strong>). In den<br />

Sonderfällen einer gemeindlichen Haushaltssatzung für zwei Jahre (vgl. § 78 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>) sind die<br />

dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre an das zweite Haushaltsjahr des „Doppelhaushalts“ anzuhän-<br />

gen, sodass im gemeindlichen Haushaltsplan eine Zeitreihe von sieben Jahren abzubilden ist.<br />

Eine erweitere Zeitreihe entsteht auch bei der Pflicht der Gemeinde ein Haushaltssicherungskonzept wegen der<br />

Überschreitung der Schwellenwerte nach § 76 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> aufstellen zu müssen, denn dann<br />

schließen sich die dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre an das „Ursachenjahr“ an. In besonderen<br />

örtlichen Ausnahmefällen kann bei der Gemeinde auch eine Veranlassung für die Anwendung der beiden Erweiterung<br />

bestehen und zu einer entsprechend langen Zeitreihe führen.<br />

3. Zu Satz 3 (Haushaltsausgleich in jedem Planungsjahr):<br />

3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die durch die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung geschaffene Gesamtheit der gemeindlichen Haushaltsplanung<br />

und einer aus mehreren Haushaltsjahren bestehenden Zeitreihe im gemeindlichen Haushaltsplan wirkt<br />

sich auch dadurch aus, dass die gemeindliche Ergebnisplanung in den einzelnen dem Haushaltsjahr folgenden<br />

drei Planungsjahren haushaltsmäßig ausgeglichen sein soll. Während das erste Jahr (laufendes Haushaltsjahr)<br />

und das zweite Jahr (neues Haushaltsjahr) dem Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> unterliegen,<br />

soll in den dem neuen Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahren der Haushaltsausgleich erreicht werden. Für<br />

diese drei Planungsjahre muss sich die Gemeinde nachhaltig darum bemühen, dass der Gesamtbetrag der Erträge<br />

möglichst den Gesamtbetrag der Aufwendungen erreicht.<br />

Diese Vorgabe ist haushaltswirtschaftlich erforderlich, denn die drei Planungsjahre stellen in diesem Sinne die<br />

„Vorplanung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft“ für die nächsten Haushaltsjahre dar, bei denen dann zum<br />

späteren Zeitpunkt ein verpflichtender Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> erreicht werden muss.<br />

Außerdem zeigt die jahresbezogene Planung bereits die weitere Entwicklung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

sowie die voraussichtliche Entwicklung der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde auf. Nur mit einer Ausgleichsvorgabe<br />

wird die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung ihrer Aufgabe in Bezug auf die künftige gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft gerecht.<br />

3.2 Die jahresbezogene Ausgleichsverpflichtung<br />

Die Berücksichtigung des Ressourcenaufkommens und des Ressourcenverbrauchs im Rahmen der gemeindlichen<br />

Haushaltsplanung, der mithilfe des Rechnungsstoffes „Erträge“ und „Aufwendungen“ ermittelt und abgebildet<br />

wird, erfordert eine jahresbezogene Ausgleichsverpflichtung auch in den dem gemeindlichen Haushaltsjahr<br />

folgenden drei Planungsjahren der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung. Diese Vorgabe steht i.V.m. der<br />

materiellen Regel zum Haushaltsausgleich in § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>, denn andernfalls wäre die Umsetzung des<br />

Ressourcenverbrauchskonzeptes im Zeitablauf unvollständig geblieben. Der gemeindliche Haushaltsausgleich<br />

bezieht sich dabei auf die Sicherung des Vermögensbestandes und die Erhaltung der Ertragskraft der Gemeinde,<br />

die vom tatsächlichen Ressourcenaufkommen (Erträge) und vom Ressourcenverbrauch (Aufwendungen) bestimmt<br />

wird.<br />

Die Gemeinde muss das Erreichen des Haushaltsausgleichs im Rahmen des gemeindlichen Ergebnisplans und<br />

der Ergebnisrechnung nachweisen. Die Erträge müssen dabei mindestens insgesamt die Höhe der vorgesehenen<br />

Aufwendungen erreichen (decken). Soweit im Haushaltsjahr die Erträge nicht erzielt, übersteigen also die Aufwendungen<br />

die Erträge in dieser Periode, verringert sich in diesem Maße das gemeindliche Vermögen (Eigenkapital).<br />

Eine weitere Ausgleichsverpflichtung für den Finanzplan und die Finanzrechnung besteht dabei nicht. Die-<br />

GEMEINDEORDNUNG 579


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 84 GO <strong>NRW</strong><br />

sen Teilen des gemeindlichen Haushalts kommen nur die Aufgaben der Darstellung der Finanzmittelherkunft und<br />

der Finanzmittelverwendung sowie des Nachweises einer ausreichenden Liquidität der Gemeinde, bezogen auf<br />

das Haushaltsjahr zu (vgl. § 75 Absatz 6 i.V.m. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Haushaltsausgleichsverpflichtung für die dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre soll dazu beitragen,<br />

dass negative Auswirkungen des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde auf die Zukunft frühzeitig<br />

erkannt und diesen entgegen gewirkt werden kann. Es gilt dabei auch zu vermeiden, dass die weitere Entwicklung<br />

des gemeindlichen Eigenkapitals negativ verläuft. Dieses Gebot des Haushaltsausgleichs für die drei Planungsjahre<br />

stellt eine rechtliche Verpflichtung für die Gemeinde dar, von der sie nur in besonderen Ausnahmefällen<br />

abweichen darf.<br />

Grundsätzlich ist eine Soll-Vorschrift für die Gemeinde ebenso verbindlich wie eine Muss-Vorschrift, solange die<br />

Gemeinde nicht besondere Umstände dartun und beweisen kann, die ausnahmsweise ein Abweichen von der<br />

Regel zulassen. Die getroffene Festlegung zum jährlichen Haushaltsausgleich ist als sachgerecht und vertretbar<br />

zu beurteilen, denn es können durchaus erhebliche Unwägbarkeiten sowohl für den wesentlich über das Haushaltsjahr<br />

hinausgehenden Planungszeitraum als auch für die auf die Haushaltspositionen bezogene vorzunehmende<br />

Prognose für die künftige Haushaltswirtschaft der Gemeinde bestehen.<br />

4. Zu Satz 4 (Fortschreibung der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung):<br />

Aus unterschiedlichen Gründen heraus kann die Entwicklung der Gemeinde anders verlaufen als ursprünglich für<br />

den mehrjährigen Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung geplant worden ist. Im Ablauf der<br />

Haushaltsjahre ist es daher geboten, die vorhandene Planung für die dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung mit der jährlichen Haushaltssatzung der Entwicklung<br />

anzupassen und fortzuführen, um die Differenzen zwischen prognostizierter und tatsächlich eingetretener Entwicklung<br />

der Gemeinde zu beseitigen. Daher wird durch die Vorschrift ausdrücklich betont, dass die mittelfristige<br />

Ergebnis- und Finanzplanung der Entwicklung anzupassen und fortzuführen ist. Dadurch hat der Rat bei seinen<br />

Beratungen und seiner Beschlussfassung über die Haushaltssatzung unmittelbar auch die dem Haushaltsjahr<br />

folgenden drei Planungsjahre der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung im Blickfeld.<br />

Die damit verbundene Abbildung einer Zeitreihe von sieben Jahren im gemeindlichen Haushaltsplan soll zur<br />

Verbesserung einer dauerhaften Ordnung der Finanzen der Gemeinde beitragen. Die Zeitreihe soll zudem die<br />

Transparenz über die Haushaltsplanung erhöhen und zu möglichst realistischeren Prognosen für die Fortschreibung<br />

zwingen. Die Gemeinde muss die Fortschreibung der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung unter<br />

Beachtung des Jährlichkeitsprinzips und ihrer Verpflichtung zum Haushaltsausgleich vorzunehmen. Außerdem<br />

muss die Fortschreibung der Haushaltsplanung die Arten der gemeindlichen Erträge und Aufwendungen im Ergebnisplan<br />

sowie die Arten der Einzahlungen und Auszahlungen im Finanzplan berücksichtigen und deshalb<br />

haushaltspositionenscharf erfolgen.<br />

Dieses Gebot der Fortschreibung gilt in dieser Form gleichermaßen für die im Haushaltsplan der Gemeinde enthaltenen<br />

produktorientierten Teilpläne. Die Fortschreibung ist daher bei der Aufstellung eines jährlichen Haushaltsplans<br />

eine jährlich fortzusetzende Haushaltsplanung, bei der das neue Haushaltsjahr im Mittelpunkt steht.<br />

Sie gibt den Adressaten der gemeindlichen Haushaltsplanung insgesamt einen aktuellen Überblick über die vergangenen<br />

zwei Haushaltsjahre, das aktuelle Haushaltsjahr und die folgenden drei Planungsjahre.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 580


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 85<br />

Verpflichtungsermächtigungen<br />

(1) 1 Verpflichtungen zur Leistung von Auszahlungen für Investitionen in künftigen Jahren dürfen grundsätzlich nur<br />

eingegangen werden, wenn der Haushaltsplan hierzu ermächtigt. 2 Sie dürfen ausnahmsweise auch überplanmäßig<br />

oder außerplanmäßig eingegangen werden, wenn sie unabweisbar sind und der in der Haushaltssatzung<br />

festgesetzte Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen nicht überschritten wird. 3 § 83 Abs. 1 Sätze 3 und<br />

4 gelten sinngemäß.<br />

(2) Die Verpflichtungsermächtigungen gelten bis zum Ende des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres und,<br />

wenn die Haushaltssatzung für das übernächste Jahr nicht rechtzeitig öffentlich bekannt gemacht wird, bis zum<br />

Erlass dieser Haushaltssatzung.<br />

Erläuterungen zu § 85:<br />

I. Allgemeines<br />

Im Rahmen der Haushaltssatzung der Gemeinde enthält der gemeindliche Haushaltsplan im Ergebnisplan und<br />

Finanzplan sowie in den produktorientierten Teilplänen die notwendigen Ermächtigungen für die Ausführung der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr (vgl. § 79 GO <strong>NRW</strong>). Er weist zudem die Haushaltspositionen<br />

für die sich an das Haushaltsjahr anschließenden drei Planungsjahre der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

aus (vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>). Der Haushaltsplan der Gemeinde stellt damit ein örtliches Programm für<br />

die Erledigung der gemeindlichen Aufgaben im Haushaltsjahr mit Ausblick und und Darstellung der Auswirkungen<br />

auf die künftigen Haushaltsjahre der Gemeinde dar.<br />

Für die gemeindliche Investitionstätigkeit ist es dabei nicht ausreichend, im Finanzplan und in den Teilplänen nur<br />

die voraussichtlichen Ein- und Auszahlungsermächtigungen für das Haushaltsjahr zu veranschlagen. Es bedarf<br />

vielmehr weiterer Ermächtigungen, um die investiven Maßnahmen als vorgegebene Zielsetzungen des Rates der<br />

Gemeinde zeitnah und zügig umzusetzen. Insbesondere dann, wenn gemeindliche Investitionen nur mehrjährig<br />

umsetzbar sind, soll die Jährlichkeit des gemeindlichen Haushalts nicht zu Einschränkungen im Zeitablauf der<br />

Anschaffung oder Herstellung von gemeindlichen Vermögensgegenständen führen.<br />

Die Gemeinde hat deshalb im Rahmen ihrer Investitionstätigkeit die Pflicht, bei geplanten Investitionsmaßnahmen<br />

nicht nur die auf das Haushaltsjahr und die anschließenden drei Planungsjahre bezogenen Auszahlungsermächtigungen<br />

im Haushaltsplan zu veranschlagen, sondern diese soweit umsetzbar zu machen, dass die notwendigen<br />

Auszahlungsermächtigungen nicht erst durch neue Haushaltssatzungen für die dem Haushaltsjahr folgenden<br />

Jahre durch den Rat erteilt werden müssen. Zu diesem Zweck können in den Teilplänen (Teilfinanzplänen) im<br />

gemeindlichen Haushaltsplan besondere Ermächtigungen, bezogen auf die einzelnen Investitionsmaßnahmen,<br />

veranschlagt werden, die haushaltsrechtlich als Verpflichtungsermächtigungen bezeichnet werden. Diese Ermächtigungen<br />

ermöglichen der Gemeinde, bereits im Haushaltsjahr finanzielle Zusagen zulasten künftiger Haushaltsjahre<br />

im Rahmen ihrer Investitionstätigkeit zu machen.<br />

Eine Verpflichtungsermächtigung im Sinne der Vorschrift liegt daher vor, wenn durch eine Veranschlagung in den<br />

Teilplänen im Haushaltsplan der Rat die gemeindliche Verwaltung ermächtigt, bereits im Haushaltsjahr über die<br />

veranschlagten Zahlungsermächtigungen hinaus weitere Verpflichtungen einzugehen, die im Zusammenhang mit<br />

der gemeindlichen Investitionsmaßnahme stehen müssen und zur Leistung von Auszahlungen in künftigen Haushaltsjahren<br />

führen können. Durch die Veranschlagung von Verpflichtungsermächtigungen für gemeindliche Investitionsmaßnahmen<br />

im Haushaltsplan der Gemeinde ist das Eingehen von anderen Verpflichtungen für die Gemeinde<br />

durch den Bürgermeister bzw. die gemeindliche Verwaltung nicht ausgeschlossen worden. Es sind daher<br />

keine Verpflichtungsermächtigungen für die Geschäfte der laufenden Verwaltung erforderlich, auch wenn sich<br />

GEMEINDEORDNUNG 581


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong><br />

einzelne Geschäfte, z. B. der Abschluss von Mietverträgen oder Personalentscheidungen, langfristig auf die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft belastend auswirken können.<br />

Mit der Veranschlagung von Verpflichtungsermächtigungen zur Leistung von Auszahlungen für Investitionen in<br />

künftigen Jahren in den Teilplänen im Haushaltsplan hat der Rat der Gemeinde die Möglichkeit, bei der Beratung<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr die gesamten jahresbezogenen Belastungen aus der<br />

Abwicklung und Finanzierung von mehrjährigen Investitionsmaßnahmen in seine Beratung und Entscheidung<br />

bzw. Beschlussfassung über die Haushaltssatzung einzubeziehen (vgl. §§ 78 und 80 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz<br />

2 Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die aufgrund von in Anspruch genommenen Verpflichtungsermächtigungen entstehenden<br />

Auszahlungen in künftigen Haushaltsjahren müssen dann im gemeindlichen Haushaltsplan unter den<br />

zutreffenden Haushaltspositionen veranschlagt werden.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Zulässigkeit von Verpflichtungsermächtigungen):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Verpflichtungsermächtigungen für Investitionsauszahlungen):<br />

1.1.1 Der Begriff „Verpflichtungsermächtigungen“<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht sieht die Möglichkeit einer Veranschlagung von Verpflichtungsermächtigungen<br />

nur für die in den gemeindlichen Teilplänen zu veranschlagenden Investitionsmaßnahmen der Gemeinde vor. Im<br />

Sinne des gemeindlichen Haushaltsrechts liegt eine gemeindliche Verpflichtungsermächtigung dann vor, wenn<br />

der Rat der Gemeinde im Rahmen seines Beschlusses über die gemeindliche Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr<br />

die gesonderte Veranschlagung im gemeindlichen Haushaltsplan gebilligt hat.<br />

Die gemeindliche Verwaltung ist dann ausdrücklich ermächtigt, über die Haushaltsposition hinaus bereits Verpflichtungen<br />

bzw. Rechtsgeschäfte einzugehen, die erst in späteren Haushaltsjahren zur Leistung von Auszahlungen<br />

für Investitionen führen. Diese Rahmenbedingungen beinhalten, dass Verpflichtungsermächtigungen<br />

grundsätzlich nur in der Höhe und zeitlichen Dimension veranschlagt werden sollen, in der sich die Gemeinde,<br />

bezogen auf ihre Investitionen, voraussichtlich auftragsmäßig gegenüber Dritten binden will.<br />

1.1.2 Verpflichtungsermächtigungen zulasten künftiger Haushaltsjahre<br />

Die Veranschlagung von Verpflichtungsermächtigungen im gemeindlichen Haushaltsplan muss erkennen lassen,<br />

in welcher Größenordnung und zulasten welcher Haushaltsjahre die gemeindliche Verwaltung neue Verpflichtungen<br />

eingehen darf (vgl. § 79 Absatz 1 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>). Der Rahmen dafür wird durch die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung gesetzt, in der wegen der besonderen Bedeutung der Verpflichtungsermächtigungen deren<br />

Gesamtbetrag festzusetzen ist (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe d GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der Bedarfsermittlung der notwendigen Verpflichtungsermächtigungen sind die daraus voraussichtlich entstehenden<br />

gemeindlichen Finanzleistungen in künftigen Haushaltsjahren ein besonderer Aspekt, den die Gemeinde<br />

zu beachten hat. Die gemeindlichen Verpflichtungsermächtigungen dürfen daher insgesamt nicht zu einer untragbaren<br />

haushaltswirtschaftlichen Belastung der Gemeinde in der Zukunft führen. Die Gemeinde hat zudem vor<br />

Beginn einer Investition deren Finanzierung insgesamt und nicht nur jahresbezogen sicherzustellen, sodass nach<br />

deren Veranschlagung die Lasten künftiger Haushaltsjahre erkennbar werden (vgl. § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 582


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1.3 Die Veranschlagung der Verpflichtungsermächtigungen<br />

Ein Ziel der Veranschlagung von Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsplan der Gemeinde ist es, die gemeindliche<br />

Verwaltung in die Lage zu versetzen, Aufträge für Lieferungen und Leistungen im Zusammenhang mit<br />

der Durchführung von anstehenden Investitionsmaßnahmen zu erteilen, ohne dass dafür bereits im Haushaltsplan<br />

konkrete Auszahlungsermächtigungen enthalten sind. Die Veranschlagung von Verpflichtungsermächtigungen<br />

ermöglicht es daher der Gemeinde gleichzeitig, die Zahlungen aus solchen Aufträgen erst in späteren Haushaltsjahren<br />

zu leisten.<br />

Die Vorschrift sieht dazu vor, dass die Gemeinde für mehrjährige Investitionsmaßnahmen die notwendigen Verpflichtungsermächtigungen<br />

zulasten der drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre in ihrem Haushaltsplan<br />

veranschlagen darf. Diese zeitliche Festlegung ist als sachgerecht anzusehen, denn sie steht mit dem Zeitraum<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in Verbindung, begrenzt in zeitlicher Hinsicht die künftigen Lasten<br />

der Gemeinde und steht mit dem Budgetrecht des Rates in Einklang (vgl. § 6 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die auf die einzelne Investitionsmaßnahme der Gemeinde bezogene Verpflichtungsermächtigung ist im Teilfinanzplan<br />

der produktorientierten Teilpläne unter der betreffenden Investitionsmaßnahme bedarfsgerecht zu veranschlagen.<br />

Soweit die Verpflichtungsermächtigung nicht einmalig, sondern jahresbezogen in Teilen in Anspruch<br />

genommen werden soll, ist diese bei der Veranschlagung entsprechend aufzuteilen. Zur Vereinfachung ist es<br />

dabei möglich, die für die Investitionsmaßnahme vorgesehenen Haushaltsansätze in den dem Haushaltsjahr<br />

folgenden drei Planungsjahren zu Verpflichtungsermächtigungen zu erklären.<br />

Durch die für die einzelnen Jahre veranschlagten Auszahlungsbeträge wird dabei das jeweilige Auftragsvolumen<br />

bzw. der zulässige Umfang für die gemeindlichen Verpflichtungen bestimmt. Die entsprechenden Haushaltspositionen<br />

zeigen dann als Planungsgrößen nicht nur die voraussichtlichen haushaltsmäßigen Auswirkungen auf,<br />

sondern bilden gleichzeitig als Verpflichtungsermächtigungen eine Grundlage für das Handeln der Verwaltung im<br />

laufenden Haushaltsjahr zulasten künftiger Jahre. Diese haushaltsmäßige Handhabung bindet die mittelfristige<br />

Finanzplanung noch stärker in die gemeindliche Haushaltsplanung ein.<br />

In Ausnahmefällen können die Verpflichtungsermächtigungen in zeitlicher Hinsicht auch bis zum Abschluss der<br />

Investitionsmaßnahme jahresbezogen veranschlagt werden, z.B. wenn aus örtlichen Gründen die Durchführung<br />

einer gemeindlichen Investitionsmaßnahme über den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung hinausgeht. Bei<br />

solchen Maßnahmen ist es vertretbar, dass die Verpflichtungsermächtigungen dann zulasten von mehr als drei<br />

künftigen Haushaltsjahren in Anspruch genommen werden dürfen. Im gemeindlichen Haushaltsplan bedarf es<br />

dann ggf. ergänzender Erläuterungen zu den noch nicht abgebildeten Verpflichtungsermächtigungen und der<br />

Angabe des Restbetrages für die Haushaltsjahre, die außerhalb der Jahresspalten im Haushaltsplan liegen. Insbesondere<br />

in solchen Fällen ermöglicht die Zuordnung der gemeindlichen Verpflichtungsermächtigungen zu den<br />

in den Teilplänen veranschlagten Investitionsmaßnahmen die notwendige Haushaltskontrolle.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Zulässigkeit über- oder außerplanmäßiger Verpflichtungsermächtigungen):<br />

1.2.1 Die Begriffe „Überplanmäßig“ und „Außerplanmäßig“<br />

Im Laufe eines Haushaltsjahres kann sich ggf. bei der Gemeinde ein Bedarf für weitere Verpflichtungsermächtigungen<br />

zu einer einzelnen Investitionsmaßnahme ergeben. In solchen Fällen muss geprüft werden, ob die im<br />

Haushaltsplan veranschlagten Verpflichtungsermächtigungen diesen Bedarf mit abdecken können, z.B. weil geplante<br />

Investitionsmaßnahmen nicht wie vorgesehen durchgeführt werden können. Soweit eine solche Möglichkeit<br />

nicht besteht, dürfen von der Gemeinde auch Verpflichtungsermächtigungen überplanmäßig oder außerplanmäßig<br />

eingegangen werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 583


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Begriff „überplanmäßig“ wird von dem haushaltsrechtlichen Begriff „planmäßig“ abgeleitet. Als planmäßige<br />

Verpflichtungsermächtigungen gelten daher alle Ermächtigungen, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des<br />

Rates über die Haushaltssatzung im gemeindlichen Haushaltsplan veranschlagt sind. Als überplanmäßig werden<br />

die Verpflichtungsermächtigungen bezeichnet, die über die im Haushaltsplan veranschlagten Ermächtigungen<br />

hinausgehen (zusätzliche Ermächtigungen).<br />

Der Begriff „außerplanmäßig“ wird in entsprechender Weise von dem haushaltsrechtlichen Begriff „planmäßig“<br />

abgeleitet, nur dass die gemeindlichen Verpflichtungsermächtigungen dann als außerplanmäßig bezeichnet werden,<br />

wenn bei einer gemeindlichen Investitionsmaßnahme bisher keine Verpflichtungsermächtigungen veranschlagt<br />

worden sind. Sie stellen unter der betreffenden Investitionsmaßnahme zusätzliche Ermächtigungen dar.<br />

Mit solchen haushaltmäßigen Möglichkeiten kann die Gemeinde im Einzelfall flexibel reagiert werden, ohne dass<br />

es der Aufstellung einer Nachtragssatzung bedarf.<br />

1.2.2 Die Unabweisbarkeit zusätzlicher Verpflichtungsermächtigungen<br />

Die Vorschrift sieht vor, dass von der Gemeinde überplanmäßige oder außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen<br />

nur eingegangen werden dürfen, wenn diese unabweisbar sind. Der Begriff „Unabweisbarkeit“, der vom<br />

Gesetzgeber nicht näher definiert worden ist, stellt auf die dringende Notwendigkeit bzw. Eilbedürftigkeit der Umsetzung<br />

sowie darauf ab, dass eine Verschiebung des Eingehens der gemeindlichen Verpflichtung auf einen<br />

späteren Zeitpunkt nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.<br />

Die Gemeinde muss in solchen Fällen aufgrund rechtlicher oder faktischer Zwänge weder sachlich noch zeitlich<br />

eine Handlungsalternative haben. Im Bedarfsfalle ist deshalb sorgfältige Analyse notwendig, um einen Änderungsbedarf<br />

gegenüber den bestehenden haushaltsplanmäßigen Ermächtigungen festzustellen. Der unbestimmte<br />

Rechtsbegriff „Unabweisbarkeit“ ist grundsätzlich wie für die Feststellung der Notwendigkeit von über- und außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen und Auszahlungen anzuwenden (vgl. § 83 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2.3 Der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen<br />

Die Gemeinde darf überplanmäßige und außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen nur im Rahmen des in<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung festgesetzten Gesamtbetrages eingehen (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1<br />

Buchstabe d GO <strong>NRW</strong>). Mit der Festsetzung des Gesamtbetrages besteht für die gemeindliche Verwaltung ein<br />

Rahmen für das Eingehen von Verpflichtungen im Rahmen der gesamten Investitionstätigkeit. Durch die Zuordnung<br />

der Verpflichtungsermächtigungen zu den einzelnen geplanten Investitionsmaßnahmen im Teilfinanzplan<br />

der produktorientierten Teilpläne im gemeindlichen Haushaltsplan besteht eine konkrete Bindung der veranschlagten<br />

Verpflichtungsermächtigung an diese Maßnahme. Gleichwohl ermöglicht die Vorschrift bei einem im<br />

Haushaltsjahr entstehenden Änderungsbedarf einen flexiblen Austausch innerhalb des durch den Gesamtbetrag<br />

gesetzten Rahmens. Eine Überschreitung des satzungsrechtlichen Rahmens würde dagegen den Erlass einer<br />

Nachtragssatzung durch den Rat der Gemeinde erforderlich machen (vgl. § 81 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.3 Zu Satz 3 (Verweis auf § 83 Absatz 1 Sätze 3 und 4 GO <strong>NRW</strong>):<br />

1.3.1 Allgemeine Sachlage<br />

Der Verweis auf die Vorschrift des § 83 Absatz 1 Sätze 3 und 4 GO <strong>NRW</strong> ist darauf ausgerichtet, dass bei überplanmäßigen<br />

oder außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigungen die gleichen Verfahrensregelungen zur<br />

Anwendung kommen sollen, wie diese für das Eingehen von überplanmäßigen oder außerplanmäßigen Aufwendungen<br />

und Auszahlungen bestimmt wurden. Auch die Entscheidungszuständigkeiten des Kämmerers, des Bür-<br />

GEMEINDEORDNUNG 584


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong><br />

germeisters und des Rates der Gemeinde sollen dabei unverändert bleiben. Die genannte Vorschrift des § 83 GO<br />

<strong>NRW</strong> legt z. B. fest, dass über die Leistung von überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen und<br />

Auszahlungen der Kämmerer entscheidet, der mit Zustimmung des Bürgermeisters und des Rates die Entscheidungsbefugnis<br />

auf andere Bedienstete übertragen kann. In den Fällen, in denen ein Kämmerer nicht bestellt ist,<br />

obliegt dem Bürgermeister die Entscheidungsbefugnis, soweit der Rat keine andere Regelung trifft. Durch beide<br />

Sachverhalte werden die vom Rat erteilten Ermächtigungen sachbezogen verändert oder überschritten, sodass<br />

es wegen der haushaltsmäßigen Veränderungen einer besonderen gesetzlichen Grundlage dafür bedurfte. Diese<br />

Sachlage gilt entsprechend für die zusätzlichen Verpflichtungsermächtigungen.<br />

1.3.2 Der Verweis auf Satz 3<br />

1.3.2.1 Die Entscheidungsbefugnis des Kämmerers<br />

Durch den Verweis auf die Regelung des § 83 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong> soll auch beim Umgang mit überplanmäßigen<br />

und außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigungen ein flexibles Handeln in der gemeindlichen Verwaltung<br />

möglich sein. Es soll aber auch bewirkt werden, dass der Rat der Gemeinde nicht in allen Fällen einer<br />

dringenden Abweichung vom gemeindlichen Haushaltsplan damit befasst wird. Da notwendige Planabweichungen<br />

im Grundsatz immer finanzwirtschaftliche Auswirkungen haben, soll der Kämmerer über zusätzliche Verpflichtungsermächtigungen<br />

entscheiden.<br />

Mit seiner Entscheidung über überplanmäßige oder außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen bedarf es<br />

keiner veranschlagten Ermächtigung im gemeindlichen Haushaltsplan mehr. Eine solche haushaltsmäßige Ermächtigung<br />

kann aber ggf. im Rahmen einer Nachtragssatzung nach § 81 GO <strong>NRW</strong> durch die Einbeziehung der<br />

bereits durch den Kämmerer ausgesprochenen Ermächtigungen in den Nachtragshaushaltsplan nach § 10<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> aufgenommen werden. Durch eine gemeindliche Nachtragssatzung können aber auch neue<br />

notwendige Verpflichtungsermächtigungen erst geschaffen werden.<br />

1.3.2.2 Die Entscheidungsbefugnis des Bürgermeisters<br />

Nach der Vorschrift entscheidet über die Leistung von überplanmäßigen und außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigungen<br />

der Bürgermeister, wenn ein Kämmerer nicht bestellt ist, und der Rat der Gemeinde keine andere<br />

Regelung trifft. Die Gemeinde kann ein Kämmerer bestellen oder beauftragen. Ist ein Kämmerer bestellt, hat<br />

dieser die Zuständigkeit und das Recht, alle Aufgaben durchzuführen, die ihm durch Gesetz zugewiesen sind. In<br />

den Fällen, in denen der Kämmerer nur vom Bürgermeister beauftragt worden ist, stehen ihm aufgrund der Regelung<br />

„soweit er nicht bestellt ist“, nicht die Rechte eines vom Bürgermeister bestellten Kämmerer zu (vgl. § 83 GO<br />

<strong>NRW</strong> und § 24 GemHVO <strong>NRW</strong>). In diesen Fällen muss die Entscheidungsbefugnis über überplanmäßige und<br />

außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen vom Bürgermeister ausgeübt werden.<br />

1.3.2.3 Die Entscheidungsbefugnis des Rates<br />

Nach der Vorschrift hat der Rat der Gemeinde die Möglichkeit, die gesetzliche Zuständigkeit des Kämmerers<br />

sowie des Bürgermeisters über die Leistung von über- und außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigungen zu<br />

entscheiden, an sich zu ziehen, denn der Kämmerer oder der Bürgermeister sollen von ihrem Recht der Entscheidungsbefugnis<br />

dann Gebrauch machen können, soweit der Rat keine andere Regelung getroffen hat. Die<br />

Regelung soll bewirken, dass das Budgetrecht des Rates so wenig wie möglich eingeschränkt wird. Außerdem<br />

soll die Regelung nicht der Allzuständigkeit des Rates entgegenstehen, denn dem Rat obliegt sowohl die Rechtsetzung<br />

als auch die Erledigung von Verwaltungsaufgaben, auch wenn er über alle Verwaltungsangelegenheiten<br />

selbst durch Beschluss entscheiden soll (vgl. § 41 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 585


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong><br />

Es ist deshalb örtlich zu entscheiden, ob der Rat der Gemeinde eine andere Regelung über die Entscheidungsbefugnis<br />

über die Leistung von über- und außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigungen als gesetzlich vorgesehen,<br />

treffen soll. In den Fällen, in denen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden soll, ist zu berücksichtigen,<br />

dass der Rat die Entscheidungsbefugnis auch zurückholen oder auch einer anderen Stelle in seinem Zuständigkeitsbereich,<br />

z.B. dem Finanzausschuss nach § 57 Absatz 2 i.V.m. § 59 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>, übertragen<br />

kann, denn darauf ist die Regelung ausgerichtet. Dem Rat der Gemeinde steht es daher nicht zu, eine Stelle<br />

innerhalb der gemeindlichen Verwaltung als „andere Stelle“ im Sinne der Vorschrift zu beauftragen, denn in einem<br />

solchen Fall würde er in das Organisationsrecht des Bürgermeisters eingreifen (vgl. § 62 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Beauftragungsbeschränkung besteht auch in dem Fall, dass der Rat den Geschäftskreis eines Beigeordneten<br />

festlegt (vgl. § 73 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Im Falle einer vom Rat zu treffenden anderen Regelung über<br />

die Entscheidungsbefugnis über die Leistung von über- und außerplanmäßigen Aufwendungen bietet es sich an,<br />

diese als Satzungsregelung zu behandeln, denn dieses stellt eine gemeindliche Angelegenheit dar, die in der<br />

gemeindlichen Hauptsatzung, die von der Gemeinde zu erlassen ist, verankert werden kann (vgl. § 7 Absatz 3<br />

GO <strong>NRW</strong>). Diese Abgrenzung ist sachgerecht und steht in Einklang mit dem allgemeinen Übertragungsrecht des<br />

Rates nach § 41 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass in den Fällen, in denen der Rat eine<br />

andere Regelung im Sinne der Vorschrift trifft, gleichzeitig dem Bürgermeister die ihm gesetzlich zugestandene<br />

Entscheidungsbefugnis entzogen wird.<br />

1.3.2.4 Der Verweis auf Satz 4<br />

Nach der Vorschrift kann der Kämmerer mit Zustimmung des Bürgermeisters und des Rates seine Entscheidungsbefugnis<br />

über die Leistung überplanmäßiger und außerplanmäßiger Aufwendungen und Auszahlungen auf<br />

andere Bedienstete übertragen. Die Flexibilität des verwaltungsmäßigen Handelns sowie die eigenverantwortliche<br />

Haushaltsbewirtschaftung werden durch diese Delegationsbefugnis verstärkt. Insbesondere wenn bei der Gemeinde<br />

eine durchgängige Budgetbildung unter Einbindung der Verantwortlichkeiten in der gemeindlichen Verwaltung<br />

besteht, kann es sachgerecht sein, einen Befugnisrahmen unter Einbeziehung der Geschäftskreise der<br />

Beigeordneten örtlich festzulegen (vgl. § 73 GO <strong>NRW</strong>), der auch für Vorgänge umfasst, die haushaltsmäßig als<br />

über- und außerplanmäßig zu behandeln sind.<br />

Eine solche Delegation kann vor Ort zu den Budgetregeln der Gemeinde gehören. Diese Regeln können bei<br />

grundsätzlicher Natur auch in der gemeindlichen Haushaltssatzung verankert werden. Für den Rat und die Adressaten<br />

der jährlichen Haushaltswirtschaft der Gemeinde werden dadurch die Verantwortlichkeiten transparent<br />

und nachvollziehbar, die bei Geschäftsvorfällen bestehen, die ggf. zu Veränderungen der zuvor erteilten Ermächtigungen<br />

führen können. Sofern von der Delegationsbefugnis Gebrauch gemacht wird, hat z. B. der Kämmerer zu<br />

beachten, dass dadurch nicht der gesetzlich bestimmte Haushaltsausgleich sowie die Sicherstellung der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung gefährdet werden. Für bestimmte Sachverhalte sollten deshalb sachgerecht die<br />

notwendigen Zustimmungsvorbehalte geschaffen und unterjährige Kontrollen durchgeführt werden.<br />

2. Zu Absatz 2 (Geltungsdauer der Verpflichtungsermächtigungen):<br />

2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Nach der Vorschrift gelten die in der gemeindlichen Haushaltssatzung festgesetzten Verpflichtungsermächtigungen<br />

bis zum Ende des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres und, wenn die Haushaltssatzung für das übernächste<br />

Jahr nicht rechtzeitig öffentlich bekannt gemacht wird, bis zum Erlass dieser Haushaltssatzung. Diese<br />

Zweijährigkeit der Geltungsdauer der gemeindlichen Verpflichtungsermächtigungen unterstützt die flexible Durchführung<br />

der Investitionen der Gemeinde, denn bedarfsgerecht können Verpflichtungen zur Leistung von Auszah-<br />

GEMEINDEORDNUNG 586


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong><br />

lungen zulasten künftiger Jahre von der Gemeinde eingegangen werden. Die Geltungsdauer der Verpflichtungsermächtigungen<br />

stimmt zudem mit der Geltungsdauer der Kreditermächtigung nach § 86 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

überein. Wie die Kreditermächtigungen betreffen auch die Verpflichtungsermächtigungen die Investitionsmaßnahmen<br />

der Gemeinde und nicht ihre laufende Verwaltungstätigkeit (vgl. § 13 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Geltungsdauer für Verpflichtungsermächtigungen auch für das Folgejahr des Haushaltsjahres kann nur für die<br />

Verpflichtungsermächtigungen gelten, aus denen heraus Verpflichtungen der Gemeinde zulasten des zweiten<br />

Folgejahres des Haushaltsjahres oder späterer Folgejahre entstehen. Eine bis zum Ende des Haushaltsjahres<br />

nicht in Anspruch genommene Verpflichtungsermächtigung zulasten des Folgejahres des Haushaltsjahres verfällt,<br />

auch wenn sie wegen der Geltungsdauer der Verpflichtungsermächtigungen formal noch Bestand hat. Im<br />

betreffenden Folgejahr können wegen des neuen Haushaltsjahres zwangsläufig nur noch die veranschlagten<br />

oder auch übertragenen Ermächtigungen für investive Auszahlungen in Anspruch genommen werden. Ggf. muss<br />

eine überplanmäßige Bereitstellung einer Ermächtigung für Auszahlungen erfolgen (vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.2 Die Übertragung der Verpflichtungsermächtigungen<br />

Die Übertragung der Verpflichtungsermächtigungen steht in einem Zusammenhang mit der Möglichkeit der Übertragbarkeit<br />

von haushaltswirtschaftlichen Ermächtigungen für gemeindliche Investitionsmaßnahmen. Die Ermächtigungen<br />

für solche Auszahlungen sind grundsätzlich übertragbar. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister<br />

hat den Grundsatz örtlich auszugestalten und Grundsätze über Art, Umfang und Dauer der Ermächtigungsübertragungen<br />

festzulegen. Ein solche örtliche Regelung bedarf dann noch der Zustimmung des Rates (vgl. § 22<br />

Absatz 1 Satz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die haushaltsmäßigen Grundlagen für die Übertragung von Verpflichtungsermächtigungen erfordern einen unmittelbaren<br />

Zusammenhang mit einer gemeindlichen Investitionsmaßnahme, die sich von Anfang an über mehrere<br />

Haushaltsjahre erstrecken soll oder deren Durchführungszeit mindestens länger als ein Haushaltsjahr beträgt. Bei<br />

vielen Maßnahmen ist es sinnvoll und sachgerecht, zur möglichst ungehinderten Durchführung einer Maßnahme<br />

das Instrument der Verpflichtungsermächtigungen nutzen zu können. Es bestehen aber Voraussetzungen, um<br />

ggf. auch Verpflichtungsermächtigungen ins folgende Haushaltsjahr übertragen zu können.<br />

Zu solchen Voraussetzungen gehört, dass eine Verpflichtungsermächtigung im Haushaltsjahr noch nicht in voller<br />

Höhe in Anspruch genommen worden ist. Bei der Gemeinde muss außerdem ein Bedarf für eine Inanspruchnahme<br />

der nicht benötigten Verpflichtungsermächtigung im Folgejahr erkennbar sein. Sofern die Gemeinde dann im<br />

Folgejahr die übertragenen Verpflichtungsermächtigungen in Anspruch nimmt, ist diese Inanspruchnahme nicht<br />

auf die in der Haushaltssatzung für das laufende Haushaltsjahr festgesetzten Verpflichtungsermächtigungen bzw.<br />

deren Gesamtbetrag anzurechnen (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe d GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.3 Information des Rates über die Verpflichtungsermächtigungen<br />

2.3.1 Informationen über den Stand der Inanspruchnahme<br />

Dem gemeindlichen Haushaltsplan ist eine Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen der Gemeinde beizufügen,<br />

die erkennen lassen muss, in welcher Höhe aus der Inanspruchnahme von Verpflichtungsermächtigungen<br />

der Gemeinde in späteren Jahren voraussichtlich Auszahlungen erwachsen werden und auf welche Jahre<br />

sich diese verteilen (vgl. § 1 Absatz 2 Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Durch die Übersicht soll der Rat der Gemeinde<br />

informiert werden, in welchem Umfang die künftigen Haushaltsjahre bereits durch Zahlungsverpflichtung der<br />

Gemeinde vorbelastet sind, weil in Vorjahren die vom ihm festgesetzten Verpflichtungsermächtigungen in Anspruch<br />

genommen worden sind. Es ist daher für die Gemeinde notwendig, in dieser Übersicht zum gemeindlichen<br />

Haushaltsplan sowohl die voraussichtlich erforderlichen Verpflichtungen im neuen Haushaltsjahr als auch die<br />

GEMEINDEORDNUNG 587


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong><br />

voraussichtlich fälligen Auszahlungen aus Verpflichtungsermächtigungen aus früheren Jahren, aufgeteilt auf die<br />

künftigen Haushaltsjahre, auszuweisen (vgl. Nr. 1.4.3 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005;<br />

SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

2.3.2 Informationen über die Übertragung<br />

Die Übertragung noch nicht in Anspruch genommener Verpflichtungsermächtigungen erfolgt durch die gemeindliche<br />

Verwaltung. Durch diesen Vorgang wird der nicht benötigte Teil der in der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

festgesetzten Verpflichtungsermächtigungen in das dem Haushaltsjahr folgende Jahr übertragen. Der Rat der<br />

Gemeinde soll darüber ergänzend zu den Informationen über den Stand der Inanspruchnahme der gemeindlichen<br />

Verpflichtungsermächtigungen informiert werden.<br />

Es bietet sich dafür eine entsprechende Ergänzung der dem Rat vorzulegenden Übersicht über die übertragenen<br />

Ermächtigungen für Aufwendungen und Auszahlungen an (vgl. § 22 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Durch entsprechende<br />

Angaben in einem besonderen Abschnitt kann der Rat nachvollziehen, in welchem Umfang die gemeindliche<br />

Verwaltung die Festsetzung der Verpflichtungsermächtigungen in der gemeindlichen Haushaltssatzung noch<br />

nicht in Anspruch genommen hat, aber gleichwohl noch ein Bedarf für deren Gebrauch besteht, der jedoch erst<br />

im Folgejahr umgesetzt werden kann.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 588


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 86<br />

Kredite<br />

(1) 1 Kredite dürfen nur für Investitionen unter der Voraussetzung des § 77 Abs. 3 und zur Umschuldung aufgenommen<br />

werden. 2 Die daraus übernommenen Verpflichtungen müssen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der<br />

Gemeinde in Einklang stehen.<br />

(2) Die Kreditermächtigung gilt bis zum Ende des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres und, wenn die Haushaltssatzung<br />

für das übernächste Jahr nicht rechtzeitig öffentlich bekanntgemacht wird, bis zum Erlass dieser<br />

Haushaltssatzung.<br />

(3) 1 Die Aufnahme einzelner Kredite bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, sobald die Kreditaufnahme<br />

nach § 19 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft beschränkt worden ist.<br />

2<br />

Die Einzelgenehmigung kann nach Maßgabe der Kreditbeschränkungen versagt werden.<br />

(4) 1 Entscheidungen der Gemeinde über die Begründung einer Zahlungsverpflichtung, die wirtschaftlich einer<br />

Kreditverpflichtung gleichkommt, sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich, spätestens einen Monat vor der rechtsverbindlichen<br />

Eingehung der Verpflichtung, schriftlich anzuzeigen. 2 Absatz 1 Satz 2 gilt sinngemäß. 3 Eine Anzeige<br />

ist nicht erforderlich für die Begründung von Zahlungsverpflichtungen im Rahmen der laufenden Verwaltung.<br />

(5) 1 Die Gemeinde darf zur Sicherung des Kredits keine Sicherheiten bestellen. 2 Die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen<br />

zulassen, wenn die Bestellung von Sicherheiten der Verkehrsübung entspricht.<br />

Erläuterungen zu § 86:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Inhalte der Vorschrift<br />

1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Aufnahme von Krediten hat wegen der langfristigen Bindung der Gemeinde an den Kreditgeber eine besondere<br />

haushaltsrechtliche und haushaltswirtschaftliche Bedeutung. Der Begriff „Kredit“ ist dabei im Sinne der Aufnahme<br />

von Finanzmitteln (Fremdkapital) auszulegen und nicht auf die bankrechtliche Einordnung beschränkt. Im<br />

Rahmen der Finanzhoheit der Gemeinde stellt diese Finanzierungsform eine Möglichkeit der Gemeinde dar, die<br />

Finanzierung der Investitionen sicherzustellen, die für die Gemeinde aber zusätzliche Kosten (Kreditzinsen) verursacht<br />

(vgl. § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Über diese Finanzierungsform entscheidet die Gemeinde eigenverantwortlich.<br />

Es besteht aufgrund der haushaltsrechtlichen Vorschrift keine Pflicht für die Gemeinde zur Aufnahme von<br />

Fremdkapital bzw. kein rechtlicher Anspruch, die Verschuldung zu erhöhen.<br />

Im Zusammenhang mit dem Begriff "Kredit" werden die verschiedenen Arten der gemeindlichen Verschuldung als<br />

Verbindlichkeiten erfasst. Sie sind entsprechend ihrem Zweck zu bilanzieren (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 4<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Kredite für Investitionen stellen dabei Finanzmittel für die Gemeinde dar, die als Einzahlungen<br />

im Rahmen der Finanzrechnung haushaltsmäßig der Deckung der Investitionsauszahlungen dienen. Sie<br />

verstärken zweckbezogen die gemeindliche Liquidität, führen aber nicht zu gemeindlichen Erträgen und werden<br />

deshalb auch nicht in den gemeindlichen Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> einbezogen. Für die<br />

gemeindliche Kreditaufnahme bestehen daher materielle und formelle Voraussetzungen.<br />

Die Gemeinde kann Kredite aufnehmen, wenn diese der Bedarfsdeckung bei investiven Maßnahmen im Rahmen<br />

der gemeindlichen Aufgabenerfüllung dienen. Jeder gemeindlichen Kreditaufnahme muss dabei die Schaffung<br />

GEMEINDEORDNUNG 589


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

von Vermögenswerten gegenüberstehen, sodass Anschaffungs- oder Herstellungskosten entstehen müssen, die<br />

zu einem entsprechenden Wertansatz in der gemeindlichen Bilanz führen. Die gemeindliche Kreditaufnahme ist<br />

daher - wie in den anderen Ländern - auf die investiven Zwecke und auf das Volumen der gemeindlichen Investitionstätigkeit<br />

im Haushaltsjahr begrenzt. Die Kreditgeber der Gemeinde können dabei regelmäßig davon ausgehen,<br />

dass die Gemeinde leistungsfähig und zuverlässig ist und die vereinbarten Tilgungsleistungen erbringen<br />

wird. Es dürften zudem regelmäßig keine Tatsachen vorliegen, die eine Unzuverlässigkeit der Verantwortlichen in<br />

der Gemeinde im Rahmen ihres Kreditgeschäftes belegen. Die in der Vorschrift enthaltenen Voraussetzungen für<br />

eine gemeindliche Kreditaufnahme sind u.a. insbesondere notwendig, um eine Vereinbarkeit der gemeindlichen<br />

Kreditaufnahme mit dem geltenden Verfassungsrecht zu sichern.<br />

Diese Gegebenheiten führen daher als haushaltsmäßige Vorgaben zu einem Verbot der Finanzierung von aufwandswirksamen<br />

Auszahlungen der Gemeinde und der ordentlichen Tilgung durch Kredite. Eine haushaltsrechtliche<br />

Ausnahme besteht lediglich für eine Kreditaufnahme zur Umschuldung bestehender gemeindlicher Verbindlichkeiten,<br />

weil bei einem solchen Vorgang eine bestehende finanzielle Verbindlichkeit der Gemeinde in gleicher<br />

Höhe durch eine neue finanzielle Verbindlichkeit ersetzt wird. Eine Umschuldung wird auch nicht anders behandelt,<br />

wenn sich ggf. gleichzeitig die Vertragsbedingungen zwischen dem Kreditgeber und der Gemeinde substanziell<br />

verändern.<br />

Das Erfordernis der Aufnahme von Krediten sollte von der Gemeinde jedoch nicht allein nach dem mit der Investitionsmaßnahme<br />

verbundenen Zahlungsbedarf beurteilt werden, sondern anhand der Tragfähigkeit der aus der<br />

Investitionsmaßnahme resultierenden gemeindlichen Verpflichtungen sowie möglichen Erträgen und Aufwendungen<br />

über die Nutzungszeit des gemeindlichen Vermögens, sodass die Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht<br />

unberücksichtigt bleibt. Auch die Belastungen künftiger Haushaltsjahre mit Zins- und Tilgungsleistungen bedingt<br />

grundsätzlich, dass eine Kreditaufnahme nur bei gemeindlichen Maßnahmen zulässig sein kann, bei der den<br />

künftigen Belastungen auch ein Vorteil für die Gemeinde gegenübersteht.<br />

Die heutige haushaltsrechtliche Regelung soll daher sicherstellen, dass der finanzpolitische Spielraum der Gemeinde<br />

erhalten bleibt und die sog. Symmetrie von Zukunftslasten und Vorteilen nicht verschoben wird. Die Regelung<br />

erfordert aber von der Gemeinde, für jedes Haushaltsjahr eine Gesamtbetrachtung ihrer Liquidität vorzunehmen,<br />

um den zutreffenden Kreditbedarf für gemeindliche Investitionen zu ermitteln. Die Aufnahme von Krediten<br />

für gemeindliche Investitionen unterliegt zudem einer eigenen Ermächtigung in der Haushaltssatzung (vgl. §<br />

78 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c GO <strong>NRW</strong>). Außerdem besteht bei diesen Krediten eine zeitliche Beschränkung<br />

für die Inanspruchnahme der in der Haushaltssatzung enthaltenen Ermächtigung des Rates.<br />

Bei der haushaltsrechtlichen Regelung über die Kreditaufnahme für gemeindliche Investitionen wird davon ausgegangen,<br />

dass die Beibehaltung der Koppelung der Aufnahme von Krediten an die gemeindlichen Investitionen<br />

nicht zu unvertretbaren Einschränkungen der Gemeinde bei der Auswahl der Beschaffung der notwendigen Liquidität<br />

führt. Eine schwierige wirtschaftliche Lage der Gemeinde kann nicht durch das NKF bzw. das gemeindliche<br />

Haushaltsrecht korrigiert werden. Außerdem darf die Gemeinde in einen Liquiditätsverbund bzw. Cashpooling<br />

keine Finanzmittel aus der Aufnahme von Krediten für Investitionen einbringen, denn diese Finanzmittel dürfen<br />

von der Gemeinde nur bedarfsgerecht aufgenommen werden und sind von ihr zweckbezogen im Rahmen ihrer<br />

Investitionstätigkeit zu verwenden. Sie stehen daher nicht allgemein für den Liquiditätsbedarf in einem Liquiditätsverbund<br />

zur Verfügung.<br />

In diesem Zusammenhang muss von der Gemeinde örtlich auch die Form der Verwaltung der gemeindlichen<br />

Schulden geklärt und organisiert werden. Diese Tätigkeiten unterliegen haushaltsmäßig dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit.<br />

Die Schuldenverwaltung kann dabei für Finanzmittel und Finanzinstrumente verantwortlich sein und<br />

daher als Aufgabe auch Finanzgeschäfte haben, die mit den Krediten für Investitionen und den Krediten zur Liquiditätssicherung<br />

zusammenhängen sowie ggf. weitere Geldgeschäfte, die darüber hinausgehen. Es muss dabei<br />

ein Überblick über die gemeindlichen Verbindlichkeiten im Sinne eines Schuldbuches bestehen, das auch der<br />

Dokumentation dient und fortzuschreiben ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 590


1.2 Kredite und rückzahlbare Zuwendungen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

1.2.1 Rückzahlbare Zuwendungen für investive Zwecke<br />

Die Gemeinde wird vielfach durch Zuwendungen Dritter für investive Zwecke in ihrer Aufgabenerfüllung unterstützt.<br />

Der Dritte als Kapitalgeber hat dafür vielfach ein "Förderprogramm" aufgestellt und in den Vordergrund<br />

seiner Hingabe von Finanzmitteln an die Gemeinde gestellt. Oftmals wird dabei der Gemeinde das Kapital mit der<br />

Verpflichtung zur Rückzahlung in einem festgelegten Zeitraum gewährt. Eine solche unbedingte Rückzahlungsverpflichtung<br />

bedeutet, dass der Dritte sein Kapital nicht dauerhaft der Gemeinde übertragen will.<br />

Der Dritte als Zuwendungsgeber stellt durch eine solche Zuwendung der Gemeinde sein Kapital in Form einer<br />

„zeitraumbezogenen Finanzierungshilfe“ zur Verfügung. Eine solche Zuwendung kann die Gemeinde auch in<br />

Form eines Bankdarlehens erhalten. Solche Darlehen für investive gemeindliche Zwecke zählen dann nicht zu<br />

den Krediten nach dieser Vorschrift, auch wenn für die Gemeinde in diesen Fällen von Anfang an eine langfristige<br />

Rückzahlungsverpflichtung besteht. Ein solches programmbezogenes Darlehen stellt daher haushaltsrechtlich<br />

keine unmittelbare Kreditaufnahme der Gemeinde im Sinne der Vorschrift des § 86 GO <strong>NRW</strong> dar. Die Rückzahlungsverpflichtungen<br />

der Gemeinde sind deshalb in der gemeindlichen Bilanz unter dem Bilanzposten "Verbindlichkeiten<br />

aus Transferleistungen" anzusetzen (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 4.6 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2.2 Rückzahlbare Zuwendungen für laufende Zwecke<br />

Im Rahmen von "Förderprogrammen" wird die Gemeinde auch für Zwecke der laufenden Verwaltungstätigkeit mit<br />

Kapital unterstützt, das sie ggf. im Rahmen eines mehrjährigen Zeitraumes wieder zurückzuzahlen hat. Derartige<br />

Programme Dritter können grundsätzlich einer Landesförderung für laufende Zwecke der Gemeinde gleichgestellt<br />

und entsprechend haushaltsmäßig betrachtet werden. Wegen der Rückzahlungsverpflichtung der Gemeinde ist in<br />

solchen Fällen jedoch regelmäßig die Absicht des Kapitalgebers zu beurteilen, ob die festgelegte Rückzahlbarkeit<br />

innerhalb des Programms von nachrangiger Bedeutung ist. Eine unbedingte Rückzahlungsverpflichtung bedeutet,<br />

dass der Dritte als Zuwendungsgeber sein Kapital nicht auf Dauer der Gemeinde übertragen will.<br />

Die Förderprogramme für laufende Zwecke, z. B. für gemeindliche Sanierungsmaßnahmen, werden oftmals durch<br />

Banken aufgestellt, die das Kapital aber nur darlehensweise der Gemeinde zur Verfügung stellen können. Die<br />

Gemeinde darf nach den geltenden haushaltsrechtlichen Vorschriften keine Darlehen für Zwecke der laufenden<br />

Verwaltungstätigkeit aufnehmen. Bei den Programmen muss deshalb die Unterstützung der Gemeinde im Sinne<br />

einer Zuwendungsgewährung im Vordergrund der Finanzierung mit Rückzahlungsverpflichtung stehen (vgl. z. B.<br />

§ 5 der Satzung der <strong>NRW</strong>.BANK vom 16.03.2012; GV. <strong>NRW</strong>. S. 146). Bei solchen Programmförderungen wird<br />

daher die Zahlungsform nur durch die vom Dritten verfolgte Absicht bestimmt. Die Gemeinde sollte gleichwohl<br />

prüfen, ob sie die bauliche Sanierung nicht so gestalten kann, dass Herstellungskosten entstehen und die Darlehensfinanzierung<br />

einen investiven Charakter erhält.<br />

Im Rahmen einer aufgabenbezogenen und haushaltsmäßigen Gesamtsicht kann eine vom Programminhaber<br />

ausschließlich angebotene Zahlungsform "Darlehen" als nachrangig gegenüber der zweckbezogenen Unterstützung<br />

der Gemeinde betrachtet werden. Die Gemeinde kann daher das ihr gewährte Darlehen für Zwecke der<br />

laufenden Verwaltungstätigkeit nutzen, auch wenn die zu fördernde Maßnahme haushaltsrechtlich der laufenden<br />

Verwaltungstätigkeit der Gemeinde zuzurechnen ist. Eine haushaltsrechtliche Zulässigkeit kann auch dann als<br />

gegeben angesehen werden, wenn aufgrund eines "Förderprogramms" oder im Fall einer Einzelförderung die<br />

Finanzmittel von der Gemeinde unmittelbar bei einer Bank oder einem Kreditinstitut abgerufen werden können.<br />

Solche Möglichkeiten entbinden die Gemeinde nicht von ihrer Verpflichtung, die Haushaltsverträglichkeit dieser<br />

GEMEINDEORDNUNG 591


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

zusätzlichen Finanzverpflichtungen unter Berücksichtigung ihrer Verschuldung und der Bedingungen des "Förderprogramms"<br />

zu prüfen und herzustellen.<br />

Die Finanzierung einer gemeindlichen Maßnahme für laufende Zwecke in Form eines „Programmdarlehens“ ist<br />

dann regelmäßig als eine vom Zuwendungsgeber festgelegte Zahlungsform zu betrachten, die anhand der Ziele<br />

und Zwecke der Förderung haushaltsmäßig einzuordnen ist. Bei der Gemeinde muss dabei ebenfalls die finanzielle<br />

Förderung durch Dritte im Vordergrund der Finanzierung der geplanten Maßnahme der laufenden Verwaltungstätigkeit<br />

stehen. Ein programmbezogenes Darlehen für laufende Zwecke der Gemeinde stellt dann haushaltsrechtlich<br />

keine investive Kreditaufnahme der Gemeinde im Sinne der Vorschrift des § 86 GO <strong>NRW</strong> dar. Die<br />

Möglichkeit, dass der Gemeinde ohne diese Zahlungsform ggf. keine Zuwendung gewährt werden würde, ist<br />

dabei für die haushaltsmäßige Behandlung unerheblich.<br />

2. Die Aufnahme von Krediten für Investitionen<br />

2.1 Allgemeine Zwecke<br />

Unter dem Begriff „Kredite für Investitionen“ wird das unter der Verpflichtung zur Rückzahlung von Dritten aufgenommene<br />

Kapital verstanden, das gesetzlich beschränkt, nur zur Finanzierung von Investitionen eingesetzt werden<br />

darf. Diese Beschränkung beruht auf den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 83 Satz 2 der Landesverfassung<br />

<strong>NRW</strong>. Sie ist auch auf der in allen Ländern vorzufindenden Festlegung zum Haushaltsausgleich der<br />

Gemeinden begründet, dass diese grundsätzlich keine Aufwendungen entstehen lassen sollen, die nicht durch<br />

„ordentliche“ Erträge gedeckt werden können (vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Kredite für Investitionen zählen<br />

daher nicht dazu. Außerdem ist auch die bankrechtliche Einordnung der Kredite an Gemeinden nach den Vorschriften<br />

des Kreditwesengesetzes ein maßgebliches Kriterium (vgl. z. B. § 21 Absatz 2 Nummer 1 KWG).<br />

Bei der Aufnahme von Krediten durch die Gemeinde ist u.a. auch der haushaltswirtschaftliche Grundsatz der<br />

Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie § 77 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> zu beachten, nach dem von der Gemeinde ein<br />

Kredit nur aufgenommen werden darf, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig<br />

wäre. Vor der Aufnahme eines Kredites durch die Gemeinde sind daher i.d.R. Angebote verschiedener<br />

Kreditgeber einzuholen. Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Angebotes sind alle Vertragselemente<br />

zu berücksichtigen und zu bewerten.<br />

In diesem Zusammenhang wird der Begriff „Investitionen“ durch die Festlegungen der im gemeindlichen Finanzplan<br />

unter der Investitionstätigkeit auszuweisenden Einzahlungen und Auszahlungen bestimmt (vgl. § 3 Absatz 1<br />

Nummern 15 bis 25 GemHVO <strong>NRW</strong>). Daraus folgt, dass Auszahlungen der Gemeinde, z.B. für den Erwerb von<br />

Grundstücken und Gebäuden oder Finanzanlagen, mit Krediten für Investitionen finanziert werden dürfen. Dagegen<br />

darf die Gemeinde für zu leistende Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit und für die ordentliche<br />

Tilgung von Krediten (ohne Umschuldung) keine Kredite für Investitionen aufnehmen. Die Investitionstätigkeit der<br />

Gemeinde umfasst dabei die in der nachfolgenden Übersicht aufgezeigten Einzahlungs- und Auszahlungsarten,<br />

die im gemeindlichen Finanzplan als gesonderte Haushaltspositionen auszuweisen sind.<br />

Im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung kann die Gemeinde auch Investitionsmaßnahmen Dritter mit Krediten finanzieren,<br />

soweit sie wirtschaftlicher Eigentümer des finanzierten Verfügungsgegenstandes wird oder durch eine<br />

festgelegte Gegenleistungsverpflichtung des Dritten eine aktivierbare Zuwendung schafft (vgl. § 43 Absatz 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Dabei ist zu beachten, dass die bilanzielle Abgrenzung zwischen Anlagevermögen und Umlaufvermögen<br />

in der gemeindlichen Bilanz nicht dazu führt, dass nur Vermögensgegenstände, die dem Anlagevermögen<br />

der Gemeinde zuzuordnen sind, als Investitionen im Sinne der haushaltsrechtlichen Vorschriften gelten.<br />

Die Kredite für Investitionen werden zudem haushaltsrechtlich von den Krediten zur Liquiditätssicherung nach §<br />

89 GO <strong>NRW</strong> unterschieden. Reichen die liquiden Mittel der Gemeinde zur rechtzeitigen Leistung von fälligen<br />

GEMEINDEORDNUNG 592


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

Auszahlungen nicht aus, darf sie lediglich Kredite zur Liquiditätssicherung nach § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> aufnehmen.<br />

Für diese „Liquiditätskredite“, die haushaltsmäßig nicht den Krediten nach dieser Vorschrift zuzuordnen<br />

sind, wird in der gemeindlichen Haushaltssatzung ein Höchstbetrag festgesetzt (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 3 GO<br />

<strong>NRW</strong>), sodass nicht der in der Haushaltssatzung festzusetzende Kreditrahmen (Kreditermächtigung) berührt wird<br />

(vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1c GO <strong>NRW</strong>). Außerdem gilt bei den beiden haushaltsrechtlichen Kreditarten eine<br />

zeitliche Beschränkung für die Inanspruchnahme der in der Haushaltssatzung enthaltenen Ermächtigung zur<br />

Aufnahme dieser Kredite.<br />

2.2 Ausleihungen als besondere Zwecke<br />

Zu den gemeindlichen Investitionen, bei denen eine Aufnahme von Krediten durch die Gemeinde zulässig ist,<br />

gehört auch die Gewährung von langfristigen Darlehen an gemeindliche Betriebe im Rahmen der Aufgabenerfüllung.<br />

Diese Sachlage gilt dann, wenn das von der Gemeinde gewährte Darlehen als Ausleihung zu klassifizieren<br />

ist. Als Ausleihungen werden langfristige Finanzforderungen der Gemeinde, denen Geld- oder Finanzgeschäfte<br />

zugrunde liegen, betrachtet. Die Langfristigkeit der gewährten Darlehen ist jedoch allein noch kein ausreichendes<br />

Abgrenzungskriterium, um eine Zuordnung zur gemeindlichen Investitionstätigkeit vorzunehmen. Das gemeindliche<br />

Darlehen muss zudem dem Betrieb der Gemeinde unter dem Zweck gewährt werden, dass die Kapitalhingabe<br />

dauernd den Verwaltungsbetrieb der Gemeinde zu dienen hat.<br />

Ein Darlehen der Gemeinde kann daher regelmäßig als Ausleihung klassifiziert und der gemeindlichen Investitionstätigkeit<br />

zugeordnet werden, wenn die Gemeinde mit dem Darlehen eine langfristige Bindung z.B. mit einem<br />

ihrer Betriebe eingeht, d.h. ist die Hingabe von Kapital durch die Gemeinde deshalb erfolgt, damit dadurch Erträge<br />

erwirtschaftet (Eigenkapital ersetzt) und der fremde Betriebszweck gefördert, ein unternehmerischer Einfluss<br />

ausgeübt oder eine Geschäftsbeziehung dauerhaft gesichert werden soll.<br />

Diese Erfordernisse können regelmäßig als gesichert angesehen werden, wenn der Investitionsbedarf des Betriebes<br />

der Anlass für die Gewährung eines Darlehens durch die Gemeinde ist. Im Rahmen der Entscheidung<br />

über die Hingabe von Kapital an einen gemeindlichen Betrieb ist gleichwohl noch zu prüfen, ob die Hingabe ggf.<br />

nicht so ausgestaltet ist, dass haushaltsmäßig eine Veranschlagung unter der Haushaltsposition „Aktivierbare<br />

Zuwendungen“ vorzunehmen ist.<br />

3. Kredite in fremder Währung<br />

3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Gemeinde kann aus Wirtschaftlichkeitserwägungen heraus auch Kredite in fremder Währung aufnehmen, d.<br />

h. das Kreditvolumen wird nicht in Euro bemessen, sondern in einer anderen Währung, z. B. Schweizer Franken,<br />

Japanischer Yen, und kommt oftmals in dieser Währung auch zur Auszahlung. Ein in fremder Währung aufgenommener<br />

Kredit kann gleichwohl auch in Euro zur Auszahlung kommen. In diesen Fällen hat die Gemeinde<br />

wegen möglicher Wechselkursschwankungen während der Laufzeit des Kredites besondere Anforderungen bei<br />

der Risikoabwägung und Risikovorsorge zu erfüllen, insbesondere dann, wenn mit der Kreditaufnahme ein Währungsswap<br />

oder ein kombinierter Zins- und Währungsswap verbunden wurde.<br />

Zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Aufnahme von Krediten in fremder Währung sind deshalb unter<br />

Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse die Entscheidungs- und Auswahlkriterien sowie die Zinssicherungsinstrumente<br />

durch die Gemeinde im Einzelnen zu bestimmen. Sie hat die dafür notwendigen Informationen und<br />

Daten einzuholen. Diese Aufgabe enthält für die Gemeinden insbesondere die Verpflichtung, sich Kenntnisse<br />

über Sicherheiten und Risiken im Vergleich zu einer anderen Kreditaufnahme zu verschaffen. Eine Kreditaufnahme<br />

in fremder Währung erfordert wegen des möglichen Wechselkursrisikos zudem eine laufende eigenverant-<br />

GEMEINDEORDNUNG 593


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

wortliche „Kontrolle“ über die Abwicklung des Kreditgeschäftes während seiner Laufzeit. Es ist in diesen Fällen<br />

nicht ausreichend, die Kontrolle nur einmal jährlich vorzunehmen oder sie einem Dritten zu übertragen.<br />

3.2 Rückstellungen zur Absicherung eines Fremdwährungsrisikos<br />

Bei der Aufnahme von Krediten in fremder Währung muss von der Gemeinde geprüft werden, ob für die gesamte<br />

Laufzeit dieses gemeindlichen Geschäftes die Gleichwertigkeitsvermutung besteht. Dabei muss grundsätzlich von<br />

der Gefahr einer Vermögensminderung für die Gemeinde ausgegangen werden, sodass abhängig von der Höhe<br />

des Wechselkursrisikos von der Gemeinde eine Risikovorsorge vorzunehmen ist (vgl. RdErl. des Innenministeriums<br />

vom 09.10.2006; SMBl. <strong>NRW</strong>. 652). Mit einer solchen Risikovorsorge wird bezweckt, dass die wirtschaftlichen<br />

Vorteile der Gemeinde aus der Aufnahme von Krediten in fremder Währung nicht bereits zum Zeitpunkt des<br />

Vertragsabschlusses vollständig für Zwecke des gemeindlichen Haushalts abgeschöpft werden. Die gemeindliche<br />

Risikovorsorge soll deshalb darin bestehen, dass ein Teil der wirtschaftlichen Vorteile gegenüber einer Kreditaufnahme<br />

in Euro-Währung erst zu einem späteren Zeitpunkt bzw. nach vollständiger Tilgung des Fremdwährungskredits<br />

realisiert wird. In der Zeit davor kann für die Gemeinde aus dem Wechselkursrisiko eine ungewisse Außenverpflichtung<br />

bestehen, die es zu bilanzieren gilt.<br />

Die Gemeinde soll deshalb im Zeitpunkt der Kreditaufnahme in Fremdwährung als „Absicherung des Fremdwährungsrisikos“<br />

eine entsprechende Rückstellung bilden. Diese Rückstellung soll solange bilanziert werden, bis<br />

gesichert ist, dass sich das Fremdwährungsrisiko der Gemeinde nicht mehr realisiert. Dieses ist i.d.R. erst nach<br />

Ablauf des Darlehensvertrages bzw. nach Rückzahlung des aufgenommenen Fremdwährungskredites der Fall<br />

und nicht abhängig von den vereinbarten Zinsbindungsfristen. Die Risikovorsorge ist von der Gemeinde unter<br />

Berücksichtigung des bestehenden Fremdwährungsrisikos zu bemessen. Sollten keine konkreten Anhaltspunkte<br />

für die Bestimmung der Höhe der notwendigen Risikovorsorge vorliegen, ist die Rückstellung mit einem Betrag in<br />

Höhe der Hälfte des Zinsvorteils der Gemeinde aus ihrer Kreditaufnahme in ausländischer Währung anzusetzen.<br />

Die Rückstellung ist nach Wegfall des Fremdwährungsrisikos ertragswirksam aufzulösen.<br />

3.3 Die Fremdwährungsumrechnung<br />

Die Gemeinde kann auch Kredite im Ausland aufnehmen. Sie hat bei aufgenommenen Krediten in fremder Währung<br />

die Verpflichtungen daraus in ihrer Bilanz in der Währungseinheit „Euro“ anzusetzen. Diese Vorgabe erfordert<br />

ggf. eine Umrechnung, in dem der Fremdwährungsbetrag mit dem zum Abschlussstichtag gültigen Umrechnungskurs<br />

in Euro umgerechnet wird. Außerdem sind über den Kurs der Währungsumrechnung gesonderte Angaben<br />

im Anhang im gemeindlichen Jahresabschluss zu machen (vgl. § 44 Absatz 2 Nummer 7 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Mit solchen Angaben im Jahresabschluss soll die Gemeinde nicht allein über solche Geschäftsvorfälle berichten<br />

und aufzeigen, in welchem Umfang die gemeindlichen Rückzahlungsverpflichtungen in der Währungseinheit<br />

„Euro“ bestehen. Die Gemeinde soll insbesondere auch das mit dem Geschäftsvorfall ggf. verbundene Risikopotential<br />

offenlegen. Es ist daher sachgerecht, dass dazu die Gemeinde auch die jeweils getroffenen Zinsvereinbarungen<br />

benennt.<br />

4. Kreditkosten<br />

4.1 Allgemeine Sachlage<br />

Vor der Annahme von Kreditangeboten zur Finanzierung von Investitionen ist von der Gemeinde zu prüfen, welches<br />

Angebot ihren finanzwirtschaftlichen Belangen am ehesten entspricht. Für die Kosten eines Kredites ist zwar<br />

die Höhe der Zinsen von entscheidender Bedeutung, jedoch sind auch andere für die Gemeinde entstehende<br />

Kosten nicht außer Betracht zu lassen, die mit der Aufnahme von Krediten entstehen, z. B. das Disagio oder<br />

GEMEINDEORDNUNG 594


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

andere Nebenkosten, z. B. bei Fremdwährungskrediten. Bei den zu zahlenden Zinsen ist besonders darauf zu<br />

achten, dass diese wirtschaftlich sind. Die mögliche Zinsentwicklung in Form eines vorausblickenden und verantwortungsvollen<br />

Risikomanagements durch die Gemeinde einzuschätzen, ist daher geboten.<br />

Für den Abschluss eines Kreditvertrages ist deshalb eine punktuelle Betrachtung des Zins- und Kreditmarktes<br />

nicht ausreichend. Auch ist es grundsätzlich zulässig, Zinsderivate zur Zinsabsicherung zu nutzen. Solche Finanzinstrumente<br />

dürfen allerdings lediglich im Rahmen des abgeschlossenen Kreditgeschäftes eingesetzt werden.<br />

Dementsprechend sind Geschäfte mit Derivaten, die unabhängig von Kreditgeschäften abgeschlossen werden,<br />

als spekulative Geschäfte für die Gemeinden unzulässig. Derivative Finanzinstrumente des Kredit- und des<br />

Geldmarktes sind dadurch gekennzeichnet, dass ihr Wert von einer anderen Größe, z. B. einem Preis oder Zinssatz,<br />

abgeleitet wird. Nach § 1 Absatz 11 Nummer 2 des Kreditwesengesetzes sind Derivate als Fest- oder Optionsgeschäfte<br />

ausgestaltete Termingeschäfte, deren Preis unmittelbar oder mittelbar von einem Börsen- oder<br />

Marktpreis, einem Kurs, Zinssätzen oder anderen Erträgen abhängt.<br />

Bei Derivatgeschäften der Gemeinde handelt es sich um ein schwebendes Geschäft aufgrund eines Vertrages<br />

zwischen der Gemeinde und einem Kreditinstitut, dessen Wert i.d.R. auf Änderungen eines Zinssatzes aufgebaut<br />

wird, und das erst in der Zukunft, teils erst nach mehreren Jahren, erfüllt wird. Soweit die Derivate sich auf die<br />

Zinsen im Kreditgeschäft oder bei Geldanlagen beziehen, kommen sie auch bei den Gemeinden zum Einsatz. Sie<br />

müssen sich jedoch immer auf ein Grundgeschäft, z.B. einen bestehenden oder einen geplanten Kredit beziehen,<br />

um nicht unter das für die Gemeinden geltende Spekulationsverbot zu fallen (vgl. § 90 GO <strong>NRW</strong>). Diese Verknüpfung<br />

muss objektiv in jedem Einzelfall in sachlicher und in zeitlicher Hinsicht gegeben sein, d. h. die Derivate<br />

müssen den gemeindlichen Krediten zugeordnet werden können.<br />

Die Beziehung liegt in sachlicher Hinsicht vor, wenn der Nominalbetrag und die Währung von Grundgeschäft und<br />

Derivatgeschäft identisch sind, und in zeitlicher Hinsicht, wenn die Laufzeit und Fälligkeit des Derivats die Laufzeit<br />

und Fälligkeit von gemeindlichen Krediten als Grundgeschäft nicht überschreitet. Mit dieser Abgrenzung soll neben<br />

der Risikobegrenzung die notwendige Konnexität sichergestellt werden. Auch muss gewährleistet sein, dass<br />

die Gemeinden keine Derivatgeschäfte lediglich zur spekulativen Ertragserzielung nutzen. Sie dürfen wegen des<br />

Spekulationsverbots die Derivate auch nicht als einzeln handelbare Finanzinstrumente unter Inkaufnahme von<br />

Verlustrisiken einsetzen.<br />

4.2 Das Zinsrisikomanagement<br />

4.2.1 Die Zwecke und Inhalte<br />

Mit einem Zinsrisikomanagement können die Gemeinden bei variabel verzinslichen Verbindlichkeiten, bei auslaufenden<br />

Zinsvereinbarungen oder bei Umschuldungen sowie bei der Aufnahme neuer Kredite das Risiko von Zinssteigerungen<br />

wirksam steuern, um die haushaltsmäßigen Belastungen in verträglichen Grenzen zu halten. In<br />

diesem Zusammenhang können auch Zinsderivate zum Einsatz kommen, wenn bei der Gemeinde ausreichend<br />

Kenntnisse über die Risiken und Chancen solcher Finanzinstrumente vorliegen und ein sorgfältiger Umgang<br />

damit erfolgt. Diese Gegebenheiten stellen vielfach eine erhebliche Herausforderung für die gemeindliche Kreditwirtschaft<br />

und die Geldanlage dar, um eine Optimierung von Kreditkonditionen zu erreichen und Zinsrisiken durch<br />

den Einsatz von Zinsderivaten zu begrenzen. Die Gemeinde hat dabei generell den Vorrang der Sicherheit und<br />

die Risikominimierung zu beachten. Auch darf sie die vielfältigen Möglichkeiten der Kapitalmärkte nur in einem<br />

angemessenen und vertretbaren Umfang in Anspruch nehmen.<br />

Die Abschlüsse von Finanzgeschäften sind zudem von der Gemeinde in ausreichender Weise zu dokumentieren,<br />

sodass neben den Daten des eigentlichen Finanzgeschäfts auch die vorhandene Risikosituation und die zu diesem<br />

Zeitpunkt vorhandene Marktmeinung der Gemeinde für Dritte, z. B. die örtliche Rechnungsprüfung, nachvollziehbar<br />

werden. Es bietet sich daher der Aufbau einer Rahmenkonzeption für ein örtliches Zinsrisikomanagement<br />

GEMEINDEORDNUNG 595


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

mit einer Darstellung der wesentlichen Komponenten an. In diesen Fällen sollte die Konzeption insbesondere die<br />

gemeindlichen Ziele, die Methoden der Risikoidentifikation, der Bewertung und der örtlichen Steuerung unter<br />

Berücksichtigung des gemeindlichen Haushaltsrechts sowie der gemeindlichen Haushaltswirtschaft, aber auch<br />

die Kontrollmöglichkeiten und Verantwortlichkeiten (Überwachungsprozess) sowie die Darstellung nach außen,<br />

bezogen auf die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft, enthalten.<br />

Die weitere Umsetzung in Form einer örtlichen Dienstanweisung für die Durchführung der gemeindlichen Finanzgeschäfte<br />

kann sich dann daran anschließen. Eine solche örtliche Richtlinie sollte daher die zulässigen Finanzinstrumente<br />

benennen, die örtliche Ziele und die Strategie für die gemeindlichen Finanzgeschäfte umfassen sowie<br />

das Risikomanagement und die Risikostreuung der Gemeinde festlegen. Sie sollte aber auch Grundlegendes<br />

über die Organisation und die Arbeitszuständigkeiten im Aufgabenbereich „Finanzmanagement“ enthalten und die<br />

Dokumentation und das interne Berichtswesen sowie die Informationen an die Adressaten der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft regeln. Die Einführung eines Zinsrisikomanagements durch die Gemeinde kann daher dazu<br />

beitragen, Zinsrisiken zu begrenzen, eine Optimierung von Kreditkonditionen und eine Senkung von Kapitalbeschaffungskosten<br />

zu erreichen und die gemeindliche Kreditbeschaffung insgesamt zu erleichtern.<br />

Im Zusammenhang mit der Einrichtung eines örtlichen Zinsrisikomanagements soll von der Gemeinde auch die<br />

Beteiligung des Rates der Gemeinde beim Abschluss von Zinssicherungsgeschäften unter Berücksichtigung der<br />

örtlichen Verhältnisse festgelegt werden. Im Zweifel dürften z. B. die Entscheidungen über den Einsatz von<br />

Zinsderivaten durch die Gemeinde als für die Gemeinde bedeutsame Geschäfte anzusehen sein, sodass eine<br />

Ratsbeteiligung dazu zwingend geboten ist. Es ist daher eine Festlegung für die gemeinde sachgerecht, ob und<br />

welche Zinssicherungsgeschäfte die gemeindliche Verwaltung als Geschäfte der laufenden Verwaltung abschließen<br />

darf (vgl. § 41 GO <strong>NRW</strong>). Dabei muss auch entschieden werden, ob und ggf. wann ein Zustimmungsvorbehalt<br />

des Rates besteht. Ein solcher Vorbehalt kann z. B. ab einem bestimmten Geschäftsvolumen bestehen oder<br />

anhand einer Wertgrenze bestimmt werden, unterhalb derer von einer untergeordneten Bedeutung des Geschäftsvorfalls<br />

für die Haushaltswirtschaft der Gemeinde ausgegangen werden kann. Soweit die gemeindliche<br />

Verwaltung eigenverantwortlich auch Zinssicherungsgeschäfte abschließen kann, sollten mit dem Rat zeitnahe<br />

und sachgerechte Informationspflichten vereinbart werden. Für besondere Fälle kann sich der Rat gleichwohl<br />

auch noch eine vorherige Beteiligung vorbehalten.<br />

4.2.2 Zinsoptionen<br />

Eine Zinsoption ist eine Vereinbarung zwischen zwei Vertragsparteien, die der Gemeinde als einer der beiden<br />

Parteien das Recht einräumt, ein bestimmtes Finanzinstrument zu einem vorher fixierten Preis zu einem bestimmten<br />

Datum oder nach oder in einer festgelegten Zeitspanne zu kaufen (Call Option) oder zu verkaufen (Put<br />

Option). Sofern die Gemeinde der Käufer der Option ist, geht sie mit der Optionsvereinbarung keine Verpflichtung<br />

ein, von diesem Recht auch Gebrauch machen zu müssen. Gleichwohl hat sie für dieses Recht dem Verkäufer<br />

eine Optionsprämie zu zahlen. Der Verkäufer hat in solchen Geschäften keine Entscheidungsmöglichkeit über die<br />

Ausübung des Optionsrechts durch die Gemeinde als Optionskäufer.<br />

In diesem Zusammenhang wird regelmäßig ein Basisinstrument bestimmt, das im Rahmen der Optionsvereinbarung<br />

und bei Ausübung der Option durch den Käufer mit dem vorher fixierten Preis oder Zinssatz zu kaufen oder<br />

vom Verkäufer zu liefern ist. Die Ausübung der Option kann grundsätzlich an jedem Tag ihrer Laufzeit und spätestens<br />

am letzten Tag ihrer Laufzeit ausgeübt werden, soweit im Einzelfall nichts anderes vereinbart worden ist.<br />

Als Basisinstrumente bei Zinsoptionen kommen daher insbesondere Caps oder Floors zum Einsatz, die es ermöglichen,<br />

die Auswirkungen von Veränderungen des Zinsniveaus über einen vorher bestimmten Rahmen hinaus<br />

zu begrenzen. Je nach Umfang und Wirkung solcher Derivatgeschäfte muss eine Abstimmung darüber zwischen<br />

Rat und Verwaltung erfolgen, um die Ermächtigungen zum Abschluss von Derivatgeschäften und die Verantwortlichkeiten<br />

dafür festzulegen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 596


4.2.2.1 Caps (Zinsobergrenze)<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

Ein Cap stellt ein Zinsbegrenzungsgeschäft dar. Er wird für einen bestimmten Zeitraum eine Zinsobergrenze<br />

bezogen auf einen bestimmten Betrag vereinbart. Sofern der Zins während der Cap-Laufzeit über die vereinbarte<br />

Obergrenze steigt, würde die Gemeinde als Inhaber des Caps die Differenz, bezogen auf den Nominalbetrag, von<br />

ihrer Bank als Verkäufer erstattet bekommen. Zum Zeitpunkt des Erwerbs des Caps muss i.d.R. von der Gemeinde<br />

jedoch eine Prämie für eine solche Zinssicherung gezahlt werden. Ein solcher Cap kann aber auch mehrere<br />

hintereinanderliegende Optionsgeschäfte beinhalten. Der CAP ist ein Vertrag, in dem gegen Zahlung einer CAP-<br />

Prämie (vom Käufer an den Verkäufer) das Steigen eines festgelegten Marktzinssatzes, über eine Zinsobergrenze<br />

der Verkäufer dem Käufer den Differenzbetrag bezogen auf den vereinbarten Kapitalbetrag erstattet.<br />

4.2.2.2 Floor (Zinsuntergrenze)<br />

Von der Gemeinde können auch Finanzgeschäfte zur Begrenzung von Zinssenkungen abgeschlossen werden<br />

(Floors). Diese Geschäfte kommen i.d.R. in Betracht, wenn die Verzinsung bei Finanzgeschäften nicht unter ein<br />

bestimmtes Niveau sinken soll, z. B. bei einer variablen Verzinsung. Der Floor entspricht spiegelbildlich dem<br />

CAP, d.h. unterschreitet der Referenzzins die vereinbarte Zinsuntergrenze, so ist von der Gemeinde als Floor-<br />

Verkäufer die Zinsdifferenz, bezogen auf den Nominalbetrag, für die betreffende Zinsperiode nachträglich dem<br />

Käufer auszuzahlen.<br />

4.2.2.3 Collar (Zinskorridor)<br />

Bei Finanzgeschäften der Gemeinde ist auch die Vereinbarung einer Kombination von Floors und Caps möglich,<br />

die als Collar bezeichnet wird. In diesen Fällen werden beide Finanzgeschäfte gleichzeitig abgeschlossen und es<br />

muss eine Übereinstimmung der beiden Finanzinstrumente hinsichtlich der Laufzeit, des Referenzzinssatzes und<br />

des Bezugsbetrages geben. Durch den Cap soll eine Absicherung gegen steigende Zinsen erreicht und mit dem<br />

Floor an Zinssenkungen bei variabel vereinbarten Zinsen profitiert werden.<br />

4.2.3 Forward Rate Agreements (FRAs)<br />

Für die Umschuldung eines bestehenden Festzinskredit kann die Gemeinde bereits im Vorfeld einen Zinssatz für<br />

den zukünftigen Zeitraum vereinbaren, in dem die Umschuldung erfolgen soll (Forward Rate Agreements -<br />

FRAs). Solche FRAs sichern ein Zinsniveau ab, ersetzen aber nicht die diesem Geschäft zugrunde liegende<br />

Kreditaufnahme. Sofern sich das Zinsniveau anders entwickelt, sind zwischen den Vertragspartnern die vereinbarten<br />

Ausgleichsleistungen zu erbringen. Die Gemeinde erhält eine Ausgleichsleistung, wenn das Zinsniveau<br />

über der vereinbarten Zinslinie liegt. Sie muss dann selbst eine Ausgleichsleistung zahlen, wenn das Zinsniveau<br />

unter der vereinbarten Zinslinie liegt, sodass ihre Zinskosten höchstens dem vereinbarten Zinsniveau entsprechen.<br />

Ggf. kann beim Abschluss eines FRAs eine Prämie zu zahlen sein. Damit ist das FRA ein Vertrag, in dem<br />

für einen bestimmten Kreditbetrag auf gegenwärtiger Zinsbasis ein bestimmter Zinssatz (FRA-Zins), z.B. 6-<br />

Monats-EURIBOR, für eine bestimmte Laufzeit (FRA-Periode) ab einem festgelegten Zeitpunkt vereinbart wird.<br />

4.2.4 Zinsswaps<br />

Im Rahmen von Zinsswaps werden künftige feste und variable Zinszahlungen auf einen nominellen Kreditbetrag<br />

für einen bestimmten Zeitraum gegeneinander getauscht. Dabei muss kein effektiver Tausch der Zinszahlungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 597


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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

erfolgen, wenn Ausgleichszahlungen zwischen festen und variablen Zinssatz geleistet werden. Die variablen<br />

Zinssätze werden i.d.R. an einen Referenzzinssatz geknüpft, z. B. den Euribor o.a. Dazu zwei Beispiele:<br />

- Receiver- (Empfänger-)Swaps<br />

Bei diesen Swaps sind weiterhin die Festzinsen für den aufgenommenen Kredit zu zahlen. Zusätzlich sind<br />

die variablen Zinsen im Zinsswap zu zahlen. Im Gegenzug erhält der Kreditnehmer den für die Laufzeit des<br />

Swaps vereinbarten Festzins (Swapsatz).<br />

- Payer-(Zahler-)Swaps<br />

Bei diesen Swaps sind weiterhin die variablen Zinsen für den aufgenommenen Kredit zu zahlen. Zusätzlich<br />

ist für die Laufzeit des Swaps ein vereinbarter Festzins (Swapsatz) zu zahlen. Im Gegenzug erhält der Kreditnehmer<br />

die variablen Zinsen im Zinsswap.<br />

Die Geschäfte über Zinsswaps werden auf dem Kapitalmarkt in unterschiedlichen Formen angeboten. So kann<br />

ausschließlich der Tausch variabler Zinsverpflichtungen gegeneinander zum Gegenstand einer Vereinbarung<br />

gemacht werden. Auch kann ein Zinsswap mit einem Währungsswap kombiniert sein. Die Flexibilität der Gemeinde<br />

bei solchen Geschäften kann sich auch in der Höhe der Zahlungen bei Geschäftsabschluss auswirken.<br />

Zu beachten ist dabei, dass durch diese Finanzgeschäfte keine Kapitalforderungen begründet werden. Beim<br />

Abschluss eines Zinsswapgeschäftes durch die Gemeinde ist im bilanziellen Sinne zudem von einem schwebenden<br />

Geschäft auszugehen. Dieses ist wegen einer Vermutung der Ausgeglichenheit nicht in der gemeindlichen<br />

Bilanz anzusetzen.<br />

Beim Abschluss eines Zinsswapgeschäftes kann es ggf. auch zu Zahlungen zwischen den Vertragspartnern<br />

kommen, z. B. Zahlung einer Prämie. Eine bilanzielle Ansatzpflicht kann aus solchen Finanzgeschäften für die<br />

Gemeinde erst entstehen, wenn aufgrund der geschlossenen Vereinbarungen für die Gemeinde entweder Forderungen<br />

oder Verpflichtungen begründet werden. In Einzelfällen kann beim Vorliegen der Voraussetzungen auch<br />

die Passivierung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften in der gemeindlichen<br />

Bilanz vorzunehmen sein. (vgl. § 36 Absatz 5 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine Passivierungspflicht oder auch ein Verzicht<br />

darauf entsteht jedoch nicht alleine dadurch, dass die Gemeinde ein Zinsswapgeschäft abschließt.<br />

4.2.5 Eigenverantwortlicher Einsatz<br />

4.2.5.1 Die Informationspflichten<br />

Die Gemeinde entscheidet über den Einsatz von Zinssicherungsinstrumenten in eigener Verantwortung. Sie muss<br />

sich deshalb über die Inhalte und Wirkungen sowie die haushaltsmäßigen Auswirkungen von Zinssicherungsinstrumenten<br />

ausreichende Kenntnisse und Informationen verschaffen, bevor sie diese Instrumente im Rahmen<br />

ihres Schuldenmanagements einsetzt. Auch müssen bei der Gemeinde insbesondere Kenntnisse über das Risikopotential<br />

insgesamt, das Verlustrisiko, Marktwerte und Zahlungspflichten bestehen, bevor von ihr eine „Zinssicherung“<br />

vereinbart wird. Im Rahmen einer Beratung muss sich die Gemeinde zudem Klarheit über ihren Wissensstand<br />

verschaffen und ggf. weitere Informationen über den realistischen Einsatz von Zinssicherungsinstrumenten<br />

einholen.<br />

Für den Vertragspartner der Gemeinde besteht auch eine Beratungs- bzw. Aufklärungspflicht, denn er muss von<br />

seinem Kunden alle Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten,<br />

über Anlageziele und finanzielle Verhältnisse einholen, um dem Kunden das für ihn geeignete Finanzinstrument<br />

empfehlen zu können. Erlangt z. B. ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht die erforderlichen<br />

Informationen, darf es im Zusammenhang mit einer Anlageberatung kein Finanzinstrument empfehlen oder<br />

im Zusammenhang mit einer Finanzportfolioverwaltung keine Empfehlung abgeben. Außerdem ist der Vertragspartner<br />

der Gemeinde i.d.R. verpflichtet, der Gemeinde rechtzeitig und in verständlicher Form Informationen zur<br />

Verfügung zu stellen, die angemessen sind, damit die Gemeinde als Kunde nach vernünftigem Ermessen die Art<br />

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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

und die Risiken der ihr angebotenen oder von ihr nachgefragten Arten von Finanzinstrumenten verstehen und auf<br />

dieser Grundlage ihre Entscheidung treffen kann.<br />

Die Informationen müssen sich dabei z. B. auf das Unternehmen und seine Dienstleistungen, die Arten von Finanzinstrumenten<br />

und die vorgeschlagene Anlagestrategie einschließlich der damit verbundenen Risiken, aber<br />

auch auf die Kosten und Nebenkosten beziehen (vgl. § 31 Absatz 3 WPHG). Das dazu vorgesehene Informationsblatt<br />

darf sich dabei nur auf ein Finanzinstrument beziehen und keine werbenden oder sonstigen, nicht dem<br />

vorgenannten Zweck dienenden Informationen enthalten. Es kann auch als elektronisches Dokument zur Verfügung<br />

gestellt werden. Das Informationsblatt, das der Gemeinde zur Verfügung zu stellen ist, muss nach § 5a<br />

WpDVerOV die wesentlichen Informationen über das jeweilige Finanzinstrument in übersichtlicher und leicht<br />

verständlicher Weise enthalten, sodass für die Gemeinde eine Vergleichsmöglichkeit für ihre Meinungsbildung<br />

besteht (vgl. Abbildung).<br />

Die Produktinformationen bei Finanzinstrumenten<br />

- über die Art des Finanzinstruments in Form wesentlicher Ausstattungsmerkmale.<br />

- über die Funktionsweise in Form einer Produktbeschreibung.<br />

- über die damit verbundenen Risiken und Chancen.<br />

- über die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen.<br />

- über die mit der Anlage verbundenen Kosten, ggf. auch zur Steuerpflicht.<br />

Abbildung 93 „Die Produktinformationen bei Finanzinstrumenten“<br />

Die Gemeinde kann mit den Zinssicherungsinstrumenten nicht die aus der Kreditwirtschaft der Gemeinde, bestehenden<br />

Risiken vermeiden, sondern nur eine Optimierung dieser Risiken zur eigenen Minimierung der haushaltswirtschaftlichen<br />

Belastungen vornehmen. Auch können Derivate zunächst Aufwendungen bei der Gemeinde<br />

verursachen. Die Gemeinde soll daher für ein nur die aus den örtlichen Gegebenheiten heraus geeigneten Instrumente<br />

für ein Zinsrisikomanagement nutzen. Die allgemein verfügbaren Finanzinstrumente können dabei<br />

vielfach im Sinne der Gemeinde auch eine Anpassung erfahren.<br />

Die Gemeinde sollte dann eine Modifizierung verlangen, wenn es aus ihrer Sicht heraus der Zielerreichung der<br />

Gemeinde dient. Nur dann wird eine geeignete Entscheidungsbasis für die Gemeinde geschaffen, auf der sie eine<br />

Gesamtstrategie aufbauen und eine wirksame Risikosteuerung vornehmen kann. Zudem muss die haushaltsrechtlich<br />

geforderte Bindung zwischen den Kreditgrundgeschäften und den Derivaten bzw. den Sicherungsinstrumenten<br />

immer erhalten bleiben. Ansonsten würden spekulative Finanzinstrumente bei der Gemeinde vorliegen,<br />

die dem gesetzlichen Spekulationsverbot widersprechen.<br />

4.2.5.2 Laufende Überwachung der Finanzgeschäfte<br />

Die Gemeinde soll, wenn sie ein aktives Zinsmanagement betreibt, einen konkreten Handlungsrahmen hinsichtlich<br />

des Umgangs mit Zins- und Anlagerisiken festlegen, durch den u.a. Ziele, Grundsätze, Verantwortlichkeiten<br />

und Prozesse bestimmt werden. Auch gehört dazu, zusätzlich zum Abschluss von Zinssicherungsinstrumenten<br />

und der Erfassung im doppischen Rechnungswesen der Gemeinde eine ständige Überwachung und Kontrolle im<br />

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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

Ablauf der abgeschlossenen Finanzgeschäfte sowie eine Markbeobachtung vorzunehmen. In diesem Zusammenhang<br />

gilt es, dies als pflichtige Aufgabe anzusehen und das Wissen der Gemeinde über die Chancen und<br />

Risiken bzw. Möglichkeiten des Einsatzes von haushaltsrechtlich zulässigen und vertretbaren Finanzinstrumenten<br />

ständig weiter zu entwickeln. Eine einmalige Information über derartige Finanzgeschäfte reicht für eine Anwendung<br />

in der örtlichen Praxis der Gemeinde nicht aus.<br />

In Anbetracht des tatsächlichen Einsatzes von Finanzinstrumenten sollte bei Abschluss von gemeindlichen Finanzgeschäften<br />

nicht nur das Vier-Augen-Prinzip zur Anwendung kommen. Derartige Geschäfte sollten auch ein<br />

örtlicher Anlass sein, für den Aufbau eines sachgerechten Risikomanagements sein. Es sollte auch ein Konzept<br />

bei der Gemeinde bestehen und festgelegt sein, welche Produkte des Marktes für die Gemeinde in Betracht<br />

kommen und genutzt werden dürfen. Ein bei der Gemeinde vorhandenes Konzept müsste zudem ständig an den<br />

Markt angepasst werden. Die Gemeinde könnte in diesem Rahmen auch z. B. festlegen, dass neue Produkte nur<br />

nach einer Testphase tatsächlich zum Einsatz kommen.<br />

Die wirtschaftliche Bedeutung eines örtlichen Zinsrisikomanagements ist für die Gemeinde als so bedeutsam<br />

anzusehen, dass ein solches gesondertes Management für jede Gemeinde unerlässlich wird. Eine Optimierung<br />

der finanzwirtschaftlichen Abläufe innerhalb der Gemeinde und mit den Geschäftspartnern kann grundlegend<br />

dazu beitragen, fehlerhafte oder riskante Einsätze von Derivaten zu vermeiden, die zu erheblichen wirtschaftlichen<br />

Schäden bei der Gemeinde führen können.<br />

4.2.6 Die Bilanzierung von Zinsderivaten<br />

Die Gemeinde hat vor der Bilanzierung von Zinsderivaten eine sachgerechte Analyse der gegebenenfalls bestehenden<br />

Sicherungsbeziehungen im Rahmen der abgeschlossenen Finanzgeschäfte vorzunehmen. Die von der<br />

Gemeinde abgeschlossenen Derivatgeschäfte stellen i.d.R. schwebende Geschäfte dar und sind daher nicht von<br />

der Gemeinde zu bilanzieren. Dabei ist im Einzelfall zu beurteilen, ob bereits vor Ablauf des Geschäftes ggf. Leistungen<br />

von der Gemeinde zu erbringen sind oder ihr Ansprüche aus solchen Geschäften zustehen und abgewickelt<br />

werden, z. B. Ausgleichszahlungen.<br />

Bei der Bewertung sind insbesondere der Grundsatz der Einzelbewertung (vgl. § 32 Absatz 1 Nummer 2 GemH-<br />

VO <strong>NRW</strong>) sowie das Vorsichtsprinzip (vgl. § 32 Absatz 1 Nummer 3 GemHVO <strong>NRW</strong>) zu beachten. Es bietet sich<br />

für die Gemeinde bei solchen Finanzgeschäften an, für den Ansatz in der gemeindlichen Bilanz eine Bewertungseinheit<br />

zu bilden. Dafür müssen jedoch die nachfolgenden Voraussetzungen vorliegen (vgl. Abbildung).<br />

Die Bilanzierung von Zinsderivaten<br />

Für die Bilanzierung müssen folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:<br />

- Beim Grund- und Sicherungsgeschäft muss aufgrund des diese Geschäfte beeinflussenden Risikoparameters<br />

eine gegenläufige Wertentwicklung vorliegen (Homogenität der Risiken).<br />

- Der Sicherungszusammenhang zwischen dem Grund- und dem Sicherungsgeschäft muss für den<br />

gesamten Zeitraum des abgeschlossenen Finanzgeschäftes der Gemeinde gegeben bzw. zu mindestens<br />

herstellbar sein (zeitliche Kongruenz).<br />

- Das Volumen des Sicherungsgeschäftes darf das Volumen der Grundgeschäfte im Rahmen der abgeschlossenen<br />

Finanzgeschäfte übersteigen (abstrakte Konnexität).<br />

Abbildung 94 „Die Bilanzierung von Zinsderivaten“<br />

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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde ist in diesem Zusammenhang verpflichtet, einen Sicherungszusammenhang zwischen dem Grundund<br />

dem Sicherungsgeschäft über die gesamte Laufzeit des abgeschlossenen Finanzgeschäftes herzustellen.<br />

Als Grundgeschäft kann dabei das gesamte Portfolio der Gemeinde gelten (Abstrakte Konnexität). Auf eine nachvollziehbare<br />

Dokumentation ist zu achten. Dazu gehört vor allem, die Art des Risikos, die Ziele und Strategie der<br />

Sicherung festzuhalten, das Grundgeschäft und das Sicherungsinstrument zu benennen sowie eine Begründung,<br />

aus der erkennbar sein muss, aus welchen Gründen mit gegenläufigen Wertveränderungen oder Zahlungsströmen<br />

aus Sicht der Gemeinde zu rechnen ist. Eine sachgerechte Transparenz ist dabei herzustellen.<br />

4.2.7 Die Offenlegung der Zinssicherungsinstrumente<br />

Im Anhang des gemeindlichen Jahresabschlusses sollen derivative Finanzinstrumente, z.B. Zinssicherungsinstrumente,<br />

unabhängig davon, ob sie ein schwebendes Geschäft darstellen, das nicht bilanzierungsfähig ist,<br />

angegeben werden. Diese Geschäfte sind wichtige Angaben über das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde<br />

im Sinne des § 44 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>. Mit diesen Angaben soll ein Überblick über den Umfang der<br />

eingesetzten Finanzinstrumente gegeben werden, weil die Geschäfte der Gemeinde über Zinsswaps und Währungsswaps<br />

ein schwebendes Dauerschuldverhältnis darzustellen, das zunächst nicht bilanziert wird, wenn nicht<br />

bereits bei Vertragsabschluss dafür Anschaffungskosten anfallen, z. B. wegen der Zahlung einer Prämie oder<br />

wegen entstandener Nebenkosten.<br />

Im Anhang im gemeindlichen Jahresabschluss sollen deshalb zu derartigen Geschäften der Gemeinde die Arten<br />

und der Umfang der derivativen Finanzinstrumente angegeben sowie dazu die beizulegenden Werte, soweit sie<br />

bestimmt werden können, und die angewandten Bewertungsmethoden aufgeführt werden. Dabei sollen möglichst<br />

die zinsbezogenen Finanzinstrumente von den währungsbezogenen Instrumenten getrennt dargestellt und dazu<br />

wegen der Beachtung des Konnexitätsprinzips die betroffenen Bilanzposten angegeben werden. Soweit Mischformen<br />

bestehen, sind diese gesondert im Anhang anzugeben.<br />

4.2.8 Die Unzulässigkeit spekulativer Finanzgeschäfte<br />

Der Einsatz von Finanzinstrumenten durch die Gemeinde, insbesondere von Finanzderivaten, ist unter Berücksichtigung<br />

des örtlichen Einzelfalles zu beurteilen. Dabei ist der Abschluss derartiger Finanzgeschäfte zu spekulativen<br />

Zwecken grundsätzlich als unzulässig anzusehen. Die beim Abschluss von Finanzgeschäften wegen der<br />

notwendigen Zukunftsorientierung bestehenden Unsicherheiten können jedoch nicht als Spekulationen in diesem<br />

Sinne betrachtet werden. Von der Gemeinde muss aber regelmäßig sowohl beim Abschluss von Finanzgeschäften<br />

als auch während der Laufzeiten überprüft werden, ob ein unzulässiger Sachverhalt vorliegt.<br />

Das Vorliegen eines spekulativen Finanzgeschäfts kann ggf. gegeben sein, wenn ein Finanzderivat z.B. ohne<br />

ausreichende inhaltliche Abgrenzung und ohne Verlustbegrenzung abgeschlossen wird oder ein nicht vorhandenes<br />

Risiko abgesichert werden soll, das Derivat ausschließlich der Gewinnerzielung dient oder keine nachweisbare<br />

Konnexität zu einem Kredit als Grundgeschäft besteht. Die Gliederung des örtlichen Zins- und Schuldenmanagements<br />

in getrennte eigenständige Verantwortungsbereiche, z. B. „Geschäftsabschluss“, „Überwachung und<br />

Kontrolle“ und „Gesamtleitung“, sowie die getrennt davon vorzunehmende buchungstechnische Erfassung in der<br />

gemeindlichen Finanzbuchhaltung unterstützt dabei ein ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln in Bezug auf die<br />

zahlungswirksamen Finanzgeschäfte der Gemeinde und soll einem Missbrauch entgegen wirken.<br />

5. Die Kredittilgung<br />

Die Laufzeit eines Kredites soll sich grundsätzlich an der Lebensdauer des damit finanzierten Investitionsobjektes<br />

orientieren. Langfristige Investitionsobjekte sollen möglichst auch durch langfristige Kredite finanziert werden,<br />

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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

sofern nicht eine andere Laufzeit aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebotes angezeigt ist. Der Grundsatz der<br />

Gesamtdeckung steht einer solchen Orientierung nicht entgegen (vgl. § 20 GemHVO <strong>NRW</strong>). Aus Gründen der<br />

gemeindlichen Haushaltssicherung bedarf es insbesondere bei einer kurzfristigen, aber auch bei einer mittelfristi-<br />

gen Verschuldung einer besonders sorgfältigen Prüfung der Leistungsfähigkeit im Hinblick auf den künftigen<br />

Haushaltsausgleich und den Verschuldungspielraum der Gemeinde.<br />

Die jeweils bei einer Kreditaufnahme von der Gemeinde zu vereinbarende Tilgung kann sich im Regelfall an den<br />

erforderlichen Abschreibungen der gemeindlichen Investitionen und an der Leistungskraft der Gemeinde orientieren.<br />

Bei Bedarf sollte sich die Gemeinde auch die Möglichkeit einer außerordentlichen Tilgung einräumen lassen,<br />

z. B. wenn für sie absehbar ist, dass ihr zu einem späteren Zeitpunkt weitere Geldmittel zufließen, die ggf. zur<br />

Reduzierung der gemeindlichen Verschuldung insgesamt genutzt werden können. Die Gemeinde besitzt zwar<br />

aus § 490 BGB ein außerordentliches Kündigungsrecht für die Kreditverträge, sie wäre in einem solchen Fall aber<br />

zum Ersatz des dem Kreditgeber entstehenden Schadens verpflichtet (Vorfälligkeitsentschädigung). Bei jeder<br />

einzelnen Kreditausnahme soll die Gemeinde daher abwägen und entscheiden, ob und in welchem Umfang ihr<br />

die Möglichkeit einer vorzeitigen Tilgung von aufgenommenen Krediten eingeräumt werden soll.<br />

6. Kündigungsrechte<br />

Die Gemeinde muss bei Aufnahme von Krediten sicherstellen, dass sie nicht von Kündigungsrechten ausgeschlossen<br />

wird. Sie muss prüfen, inwieweit sie von den ihr im Einzelfall zustehenden Kündigungsrechten nach §<br />

489 BGB Gebrauch machen oder auch auf ein Kündigungsrecht verzichten will. Bei aufgenommenen Darlehen<br />

mit einer vertraglichen Festzinsperiode darf jedenfalls kein einseitiges Kündigungsrecht des Kreditgebers vereinbart<br />

werden. Für den Kreditgeber sollte i.d.R. ein vorzeitiges Kündigungsrecht ausgeschlossen werden. Abgesehen<br />

von Änderungskündigungen zur Neuregelung der Konditionen und für den Fall des Zahlungsverzugs oder<br />

sonstiger Vertragsverletzungen sollte der Kredit an die Gemeinde für den Kreditgeber möglichst unkündbar sein.<br />

Bei zinsvariablen Darlehen muss außerdem ein beiderseitiges Kündigungsrecht für den Fall einer Anpassung des<br />

Zinssatzes an veränderte Kapitalmarktbedingungen auf einen Zeitraum von drei Monaten in der vertraglichen<br />

Vereinbarung beschränkt werden. Bei der Vereinbarung von sog. Zinsgleitklauseln (Anbindung der Zinssätze an<br />

bestimmte Sätze, z. B. Diskont, Lombard oder Euribor, hat die Gemeinde eigenverantwortlich eine sorgfältige<br />

Prognose der künftigen Zinsentwicklung (Zinsmeinung) vorzunehmen und sollte sich dabei ggf. durch eine spezialisierte<br />

Fachberatung unterstützen lassen.<br />

7. Unterrichtungspflichten des Kreditgebers<br />

Die Gemeinde sollte sich im Rahmen ihrer Kreditwirtschaft bei den Kreditgebern nicht nur ausreichend über deren<br />

Kreditvergabe und die damit verbundenen Kreditbedingungen informieren, sondern bei einer Beratung durch<br />

Finanzmakler oder Banken neben den bankwirtschaftlichen Produktinformationen auch die Verhandlungen, soweit<br />

sachlich geboten, dokumentieren. Soweit ein Kreditgeber die Zahlungsfähigkeit der Gemeinde in seine Beurteilung<br />

der Kreditvergabe an eine Gemeinde einbezogen und zur Abgrenzung besondere Kriterien entwickelt hat,<br />

muss er gegenüber der Gemeinde entsprechende Angaben machen, z. B. über eine Obergrenze für die von ihm<br />

an eine Gemeinde zu vergebenden Kredite.<br />

In den Fällen, in denen die Gemeinde im Darlehensvertrag mit dem Kreditgeber ein fester Zinssatz vereinbart<br />

wurde und die Zinsbindung vor der für die Tilgung bestimmten Zeit endet, besteht eine Unterrichtungspflicht des<br />

Kreditgebers gegenüber der Gemeinde als Kreditnehmer (vgl. § 492a BGB). Der Kreditgeber hat die Gemeinde<br />

vor dem Ende der Zinsbindung darüber zu informieren, ob er zu einer neuen Zinsbindungsabrede bereit ist. In<br />

den Fällen, in denen diese Möglichkeit gegeben ist, muss die Unterrichtung des Kreditgebers ein Angebot über<br />

den Zinssatz enthalten. Eine Unterrichtungspflicht des Kreditgebers besteht auch vor Beendigung eines Kredit-<br />

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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

vertrages. Der Kreditgeber hat den Kreditnehmer darüber zu unterrichten, ob er zur Fortführung des Darlehensverhältnisses<br />

bereit ist. Diese Unterrichtung muss dann die zum Zeitpunkt der Unterrichtung gültigen Pflichtangaben<br />

aus § 492 Absatz 1 Satz 5 BGB enthalten.<br />

8. Die bankrechtliche Kundeneinstufung<br />

Bei der gemeindlichen Kreditaufnahme am Kreditmarkt ist u.a. auch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz<br />

vom 16.07.2007 (BGBl. I S. 1330) nicht unbeachtlich. Nach diesem Gesetz sind die Banken als Wertpapierdienstleistungsunternehmen<br />

verpflichtet, ihre Kunden, also auch die Gemeinde, anhand der gesetzlich vorgegebenen<br />

Kriterien zu klassifizieren. Diese Einstufung hat Auswirkungen auf die Bankleistungen gegenüber der Gemeinde,<br />

denn die Bank hat das Anlegerschutzniveau und die Grundsätze für die Ausführung von Aufträgen in Finanzinstrumenten<br />

zu beachten.<br />

Die Einstufung der Gemeinde als Privatkunde oder professioneller Kunde wird von jeder Bank in Absprache mit<br />

der Gemeinde vorgenommen. Dabei hat die Gemeinde vielfach die Möglichkeit, sich unter Berücksichtigung des<br />

üblicherweise mit der betreffenden Bank laufenden Geschäftsverkehrs einzustufen zu lassen. Deshalb kann es<br />

bei den großen Städten im Einzelfall vorkommen, dass die Stadt bei der einen Bank als Privatkunde eingestuft ist,<br />

bei einer anderen Bank aber als professioneller Kunde. Die Gemeinde hat jedenfalls einen erheblichen Einfluss<br />

auf die Einstufung. So kann sie sich statt als Privatkunde unter der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen auch<br />

als professioneller Kunde einstufen lassen (vgl. Abbildung).<br />

Die Einstufung der Gemeinde als professioneller Kunde<br />

Die Einstufung eines Privatkunden als professioneller Kunde nach § 31a Absatz 7 Satz 1 erste<br />

Alternative des Wertpapierhandelsgesetzes darf jedoch nur erfolgen, wenn der Kunde<br />

Einstufung<br />

als<br />

professioneller<br />

Kunde<br />

GEMEINDEORDNUNG 603<br />

1. gegenüber dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen zumindest in Textform<br />

beantragt hat, generell oder für eine bestimmte Art von Geschäften,<br />

Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen oder für ein bestimmtes<br />

Geschäft oder für eine bestimmte Wertpapierdienstleistung als professioneller<br />

Kunde eingestuft zu werden,<br />

2. vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf einem dauerhaften Datenträger<br />

eindeutig auf die rechtlichen Folgen der Einstufungsänderung hingewiesen<br />

worden ist,<br />

3. seine Kenntnisnahme der nach Nummer 2 gegebenen Hinweise in einem<br />

gesonderten Dokument bestätigt hat.<br />

Soweit das Wertpapierdienstleistungsunternehmen beabsichtigt, einen Kunden nach § 31a Absatz 7 Satz 1 zweite<br />

Alternative des Wertpapierhandelsgesetzes als professionellen Kunden einzustufen, gilt Satz 1 entsprechend<br />

mit der Maßgabe, dass der Kunde sein Einverständnis zumindest in Textform erklären muss.<br />

Abbildung 95 „Die Einstufung der Gemeinde als professioneller Kunde“<br />

Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das eine Anlageberatung oder eine Finanzportfolioverwaltung vornimmt,<br />

muss von seinem Kunden alle Informationen einholen über Kenntnisse und Erfahrungen der Kunden in<br />

Bezug auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten, über Anlageziele und ihre finanziellen Verhältnisse, um dem Kunden<br />

das für ihn geeignete Finanzinstrument empfehlen zu können. Dazu gehört, dass der Kunde auch die mit<br />

einem solchen Geschäft verbundenen Anlagerisiken versteht. Erlangt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen<br />

nicht die erforderlichen Informationen, darf es im Zusammenhang mit einer Anlageberatung kein Finanzinstru-


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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

ment empfehlen oder im Zusammenhang mit einer Finanzportfolioverwaltung keine Empfehlung abgeben (vgl. die<br />

Einzelvorschriften des o.a. Gesetzes).<br />

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat in ihrem Schreiben vom 25.06.2010 gegenüber den Verbänden<br />

der für Finanzdienstleistungsunternehmen und der Kreditwirtschaft klargestellt, dass eine Gemeinde als<br />

Privatkunde im Sinne des § 31a Absatz 3 WpHG des Wertpapierhandelsgesetzes anzusehen ist und nicht als<br />

professioneller Kunde zu gelten hat. Das Ergebnis eines gemeindlichen „Privatkunden-Auftrages“ muss sich zudem<br />

am Preis und an den Kosten des Finanzinstrumentes orientieren (vgl. § 33a Absatz 3 WpHG). Außerdem<br />

besteht die Pflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens gegenüber der Gemeinde, diese ggf. auch über<br />

mögliche Probleme zur Ausführung der gemeindlichen Aufträge unter Anwendung der Grundsätze der bestmöglichen<br />

Ausführung zu unterrichten.<br />

In den Fällen der Einstufung der Gemeinde als professioneller Kunde und nicht mehr als Privatkunde muss das<br />

Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Gemeinde schriftlich darauf hinweisen, dass mit der Änderung dieser<br />

Einstufung auch die Schutzvorschriften für Privatkunden nicht mehr gelten. Die Gemeinde muss dazu ihr Einverständnis<br />

geben und diese Sachlage schriftlich bestätigen. Die Einstufung der Gemeinde als professioneller Kunde<br />

steht einer späteren Rückstufung zum Privatkunden gem. § 31a Absatz 6 WpHG nicht entgegen, wenn dieses<br />

von der Gemeinde verlangt wird.<br />

9. Verbot des Betreibens von Bankgeschäften<br />

Im Zusammenhang mit den gemeindlichen Kreditgeschäften nach dieser Vorschrift ist auch das Verbot in § 107<br />

Absatz 6 GO <strong>NRW</strong> zu beachten, nach dem die Gemeinde kein Bankunternehmen errichten, übernehmen oder<br />

betreiben darf. Diese Regelung schließt dabei das generelle Verbot zum Betreiben von Bankgeschäften im Sinne<br />

des § 1 Absatz 1 KWG ein. Für die Abwicklung solcher Bankgeschäfte bedarf es nicht zwingend eines Unternehmens,<br />

denn Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäfte werden, auch wenn der Umfang dieser Geschäfte objektiv<br />

keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, bereits dann gewerbsmäßig betrieben,<br />

wenn der gemeindliche Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und die Gemeinde ihn mit der Absicht<br />

der Gewinnerzielung verfolgt.<br />

Eine Gewinnerzielungsabsicht ist z. B. dann als gegeben anzunehmen, wenn durch ein Geschäft höhere Zinsen<br />

bei Kreditinstituten erspart werden sollen. Eine Beurteilung gemeindlicher Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Absatz<br />

1 KWG bedarf daher regelmäßig der Kenntnisse im Einzelfall, denn beim Betreiben mehrerer Bank- oder<br />

Finanzdienstleistungsgeschäfte durch die Gemeinde kann sich ein bankrechtlicher Geschäftsbetrieb der Gemeinde<br />

bereits auch bei einem vergleichsweise geringen Umfang ergeben. Der Gemeinde ist aber anderseits durch §<br />

107 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> gestattet worden, eine Sparkasse zu errichten und zu betreiben. Für diese öffentlichrechtliche<br />

Anstalt gelten dann die besonderen Vorschriften des Sparkassengesetzes Nordrhein-Westfalen.<br />

10. Kreditaufnahme und gemeindlicher Haushalt<br />

10.1 Kreditaufnahme und Haushaltssatzung<br />

Die vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen der Gemeinde sind mit ihrem Gesamtbetrag in der Haushaltssatzung<br />

des Haushaltsjahres festzusetzen (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1 c GO <strong>NRW</strong>). Diese besondere<br />

Festsetzung in der gemeindlichen Haushaltssatzung (Kreditermächtigung) ist sachlich erforderlich, um den Rat<br />

der Gemeinde unmittelbar in die Entscheidung über das benötigte Fremdkapital einzubeziehen. Die Veranschlagung<br />

der Einzahlungen und Auszahlungen aus der Investitionstätigkeit und aus der Finanzierungstätigkeit allein<br />

im Haushaltsplan ist allein nicht als ausreichend anzusehen. Es ist notwendig, den Umfang des für die Anschaf-<br />

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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

fung von Vermögensgegenständen der Gemeinde benötigten Fremdkapitals zusammengefasst aufzuzeigen, um<br />

die sich auf mehrere Jahre verteilende und zu finanzierende Rückzahlung beurteilen zu können.<br />

Diese Vorgehensweise führt nicht zu einer Doppelerfassung der Investitionskredite in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft.<br />

Durch die besondere Satzungsregelung wird außerdem verdeutlicht, dass die in der Rangfolge<br />

der zu beschaffenden Finanzmittel vor den Investitionskrediten liegenden Finanzmittel nicht ausreichen, um die<br />

gemeindlichen Aufgaben im betreffenden Haushaltsjahr in ausreichendem Maße zu erfüllen. Diese Finanzmittel<br />

aber gleichwohl erforderlich sind, weil eine andere Finanzierung nicht möglich oder wirtschaftlich unzweckmäßig<br />

wäre (vgl. § 77 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die satzungsmäßige Festsetzung für Investitionskredite darf zudem nur den Bedarf für die jahresbezogene Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde beinhalten, für die investive Auszahlungen im gemeindlichen Haushaltsplan veranschlagt<br />

worden sind. Ihr darf von der Gemeinde kein Bedarf zugerechnet werden, der ggf. bei den Betrieben der<br />

Gemeinde besteht. Die Kreditermächtigung umfasst zudem nicht die Kredite zur Liquiditätssicherung. Für diese<br />

Kredite ist gesondert an anderer Stelle der gemeindlichen Haushaltssatzung ein Höchstbetrag festzusetzen (vgl.<br />

§ 78 Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

10.2 Kreditaufnahme und Finanzplan<br />

Im gemeindlichen Finanzplan werden in der Gruppe „Einzahlungen und Auszahlungen aus Finanzierungstätigkeit“<br />

vorrangig die Einzahlungen aus der Aufnahme von Krediten für Investitionen nach § 86 GO <strong>NRW</strong> sowie die<br />

Auszahlungen für deren Tilgung getrennt voneinander ausgewiesen, weil deren Jahressummen in der Finanzrechnung<br />

die betreffenden Passivposten in der gemeindlichen Bilanz verändern (vgl. § 41 Absatz 3 Nummer 4.2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Auch die Gewährung von Darlehen im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Gemeinde und die<br />

daraus entstehenden Rückflüsse sind grundsätzlich unter der Finanzierungstätigkeit der Gemeinde zu erfassen,<br />

auch wenn dafür in der Vorschrift keine gesonderte Haushaltsposition gefordert wird.<br />

Von der Gemeinde ist örtlich abzuschätzen und zu entscheiden, ob für die Gewährung von Darlehen und ggf. ab<br />

welchem Volumen eine gesonderte Haushaltsposition dafür im Finanzplan ausgewiesen wird. Es besteht aber<br />

auch die Möglichkeit, die in der Vorschrift vorgesehene Haushaltsposition entsprechend zu erweitern und zu<br />

bezeichnen, denn das Muster für den gemeindlichen Finanzplan ist nicht für verbindlich erklärt, sondern nur zur<br />

Anwendung empfohlen worden (vgl. Nr. 1.2.2 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl.<br />

<strong>NRW</strong>. 6300).<br />

10.3 Kreditaufnahme und Ergebnisplan<br />

Die Aufnahme und die Rückzahlung von gemeindlichen Krediten nach dieser Vorschrift ist nicht Gegenstand der<br />

Veranschlagung im jährlichen Ergebnisplan der Gemeinde, denn die mit einem Kredit verbundenen Einzahlungen<br />

und Auszahlungen stellen gleichzeitig keine gemeindlichen Erträge und Aufwendungen dar. Diese Sachlage gilt<br />

allerdings nicht für die aus der Aufnahme der Kredite von der Gemeinde zu zahlenden Zinsen und Kreditbeschaffungskosten<br />

(vgl. § 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die mit den Krediten der Gemeinde zusammenhängenden Zahlungen sind<br />

nach dem Kassenwirksamkeitsprinzip in dem Finanzplan des Haushaltsjahres zu veranschlagen, in dem diese<br />

erzielt oder zu leisten (vgl. § 11 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Außerdem verändert die Aufnahme von Krediten und<br />

deren Tilgung durch die Gemeinde unmittelbar den Umfang der gemeindlichen Verbindlichkeiten in der gemeindlichen<br />

Bilanz (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

10.4 Kreditaufnahme und vorläufige Haushaltsführung<br />

In der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung der Gemeinde kommen für eine gemeindliche Kreditaufnahme neben<br />

der Vorschrift des § 86 GO <strong>NRW</strong> auch die besonderen Vorgaben des § 82 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> zur Anwendung.<br />

Die Gemeinde darf dann in dieser Zeit Kredite für Investitionen nur bis zu einem Viertel des Gesamtbetrages<br />

der in der Haushaltssatzung des Vorjahres festgesetzten Kredite aufnehmen, wenn ihre Finanzmittel für die<br />

Fortsetzung der Bauten, der Beschaffungen und der sonstigen Leistungen des Finanzplans nicht ausreichen. Sie<br />

bedarf zu dieser Kreditaufnahme außerdem noch der Genehmigung ihrer Aufsichtsbehörde.<br />

Die Gemeinde hat dann bei ihrem Antrag auf Genehmigung der vorgesehenen Kreditaufnahmen eine nach Dringlichkeit<br />

geordnete Aufstellung der vorgesehenen unaufschiebbaren Investitionen beizufügen. Sie muss deshalb<br />

bereits vor der Antragstellung prüfen, ob ihre Kreditverpflichtungen insgesamt (alt und neu) mit ihrer dauernden<br />

Leistungsfähigkeit in Einklang stehen. Die Bedarfsermittlung bzw. Prüfung ist dabei auch unter dem Kriterium<br />

vorzunehmen, ob eine andere Finanzierung nicht möglich oder wirtschaftlich unzweckmäßig ist (vgl. § 77 Absatz<br />

3 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde soll dabei noch berücksichtigen, dass die Ermächtigungen für die Kreditaufnahme<br />

und die Verpflichtungsermächtigungen aus der Haushaltssatzung des abgelaufenen Haushaltsjahres bis zum<br />

Erlass der neuen Haushaltssatzung weiter gelten, jedoch nur in dem Umfang, der im abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

noch nicht in Anspruch genommen worden ist (vgl. nach § 85 Absatz 2 und § 86 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

11. Die bilanzielle Behandlung von Krediten<br />

11.1 Das Vorliegen von Verbindlichkeiten<br />

Eine gemeindliche Verbindlichkeit liegt z. B. immer dann vor, wenn für die Gemeinde gegenüber einem Dritten zu<br />

einer Leistungserbringung aufgrund eines aufgenommenen Kredites für Investitionen besteht. Die Verbindlichkeit<br />

bezieht sich in diesem Fall auf Geldleistungen seitens der Gemeinde, bei denen die Zahlungsverpflichtung durch<br />

Vertrag hinreichend konkret bestimmt sein muss. Während der Vertragslaufzeit besteht dann zum jeweiligen<br />

gemeindlichen Abschlussstichtag noch eine rechtliche Außenverpflichtung, die noch nicht oder noch nicht vollständig<br />

erfüllt wurde und die vor dem Abschlussstichtag wirtschaftlich entstanden ist. Eine wirtschaftliche Belastung<br />

ist dabei deshalb gegeben, weil die Gemeinde sicher von einer Verminderung ihres Vermögens ausgehen<br />

kann. Quantifizierbar ist eine gemeindliche Verbindlichkeit aus der Aufnahme von Krediten für Investitionen, weil<br />

diese Verbindlichkeit zum Abschlussstichtag der Höhe nach konkret benannt werden kann, z. B. durch den Rückzahlungsbetrag<br />

bzw. den Erfüllungsbetrag (vgl. § 91 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei den von der Gemeinde aufgenommenen Krediten kann ggf. eine Differenz zwischen dem Rückzahlungsbetrag<br />

und dem Auszahlungsbetrag bestehen, z. B. durch ein Disagio. In den Fällen der gemeindlichen Kreditaufnahme<br />

für Investitionen, in denen der vereinbarte Rückzahlungsbetrag höher ist als der erhaltene Auszahlungsbetrag,<br />

darf der Unterschiedsbetrag in den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten aufgenommen werden. Dieser<br />

Betrag ist dann durch planmäßige jährliche Abschreibungen aufzulösen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit<br />

verteilt werden können (vgl. § 42 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

11.2 Der Bilanzausweis von Verbindlichkeiten<br />

Die Verbindlichkeiten der Gemeinde entstehen aus den gemeindlichen Geschäftsbeziehungen mit Dritten, z.B.<br />

aus der Aufnahme von Krediten für Investitionen. In diesen Fällen werden z.B. durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen<br />

(Kommunalobligationen) die Rechte der Gläubiger verbrieft und es entstehen in deren Umfang zu<br />

erfüllende Verbindlichkeiten für die Gemeinde. Der Ansatz der Verbindlichkeiten der Gemeinde in der gemeindlichen<br />

Bilanz orientiert sich im Wesentlichen an den Arten und Zwecken der Verbindlichkeiten. Insbesondere bei<br />

den von der Gemeinde aufgenommenen Krediten für Investitionen wird eine weitere Untergliederung nach Gläu-<br />

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NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

bigern verlangt. Die Zuordnung der gemeindlichen Investitionskredite zum zutreffenden Bilanzposten ist nur nach<br />

deren zweckbezogener Verwendung (für Investitionen der Gemeinde) und nicht nach der Laufzeit der Kredite<br />

vorzunehmen (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 4.2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Deshalb dürfen die kurzfristigen Kredite für In-<br />

vestitionen nicht unter dem Bilanzposten "Verbindlichkeiten aus Krediten zur Liquiditätssicherung" angesetzt<br />

werden (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 4.3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

11.3 Das Ausbuchen von Verbindlichkeiten<br />

Die Verbindlichkeiten der Gemeinde, z. B. die Verbindlichkeiten aus Krediten für Investitionen, entstehen aus den<br />

gemeindlichen Geschäftsbeziehungen mit Dritten und sind in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen. Sie sind von<br />

der Gemeinde mindestens dann auszubuchen, wenn sie erloschen sind. Die Verbindlichkeiten erlöschen regelmäßig<br />

durch Erfüllung, d. h. wenn die Gemeinde ihrer Rückzahlungsverpflichtung vollständig nachgekommen ist<br />

(vgl. § 362 BGB). Bei der Gemeinde kann eine Verbindlichkeit auch durch eine Aufrechnung erlöschen, wenn z.<br />

B. vertraglich vereinbart wurde, dass bei gegenseitigen gleichartigen Leistungen jeder Vertragspartner auch einseitig<br />

seine Forderung gegen die Forderung des Anderen aufrechnen darf, sofern die eigene Forderung voll wirksam,<br />

einredefrei und fällig ist (vgl. § 387 BGB).<br />

Die Ausbuchung einer gemeindlichen Verbindlichkeit ist jedoch grundsätzlich nicht von der Art ihrer Beendigung<br />

abhängig. Vielmehr bestimmt die Art der Beendigung der Verbindlichkeit nur der Zeitpunkt der Ausbuchung. In<br />

Einzelfällen kann daher das Ausbuchen von gemeindlichen Verbindlichkeiten auch aufgrund einer Schuldumwandlung<br />

oder durch einen Erlass der Schuld erfolgen. Bei einem solchen Vorgang verzichtet der Gläubiger der<br />

Gemeinde ganz oder zum Teil auf seine Forderung gegenüber der Gemeinde als Schuldner.<br />

12. Die Schriftform bei der Abgabe von Erklärungen<br />

Die Aufnahme von Krediten für Investitionen durch schuldrechtliche Verträge stellen gemeindliche Verpflichtungserklärungen<br />

dar. Sie bedürfen daher der Schriftform (vgl. § 64 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Mit dieser gesetzlichen<br />

Vorgabe wird u.a. der Zweck verfolgt, die Gemeinde vor übereilten Erklärungen zu schützen. Sie soll sich außerdem<br />

vor der Unterzeichnung eines Vertrages eine ausreichende Klarheit über den Inhalt der neuen Verpflichtung<br />

verschaffen und auch die interne Entscheidungszuständigkeit klären.<br />

Die Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, sind i.d.R. vom Bürgermeister oder dem<br />

allgemeinen Vertreter und einem vertretungsberechtigten Bediensteten zu unterzeichnen, soweit es sich nicht um<br />

ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Bestehende Formvorschriften sind dabei zu beachten. Sofern<br />

Erklärungen der Gemeinde nicht den Formvorschriften der Gemeindeordnung entsprechen, wird die Gemeinde<br />

nicht dadurch gebunden (vgl. § 64 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

13. Die Nichtigkeit von gemeindlichen Rechtsgeschäften<br />

In einem unmittelbaren Zusammenhang mit der gemeindlichen Vorschrift über das Verbot der Bestellung von<br />

Sicherheiten für einen gemeindlichen Kredit steht die Vorschrift über unwirksame Rechtsgeschäfte der Gemeinde<br />

(vgl. § 130 GO <strong>NRW</strong>). Nach dieser besonderen Vorschrift sind die Rechtsgeschäfte der Gemeinde, die von ihr<br />

ohne die aufgrund von Vorschriften der Gemeindeordnung erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde<br />

abgeschlossen werden, unwirksam. Bei einem Genehmigungsbedarf, z. B. für privatrechtliche Darlehensverträge,<br />

sind derartige Verträge bis zur Erteilung der Genehmigung schwebend unwirksam. Sie sind bei einer Ablehnung<br />

der Genehmigung endgültig unwirksam. Die Vorschrift dient gleichzeitig auch dem Schutz des gemeindlichen<br />

Vermögens im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft.<br />

GEMEINDEORDNUNG 607


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

In der benannten Vorschrift wird zudem ausdrücklich bestimmt, dass gemeindliche Rechtsgeschäfte, die gegen<br />

das Verbot der Bestellung von Sicherheiten für gemeindliche Kredite nach § 86 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> verstoßen,<br />

nichtig sind. Daraus lässt sich schließen, dass in solchen Fällen gemeindliche Kreditverträge schuldrechtlich und<br />

dinglich nichtig sind. Aus der Nennung von bestimmten gemeindlichen Sachverhalten in der Vorschrift kann zudem<br />

abgeleitet werden, dass bei gemeindlichen Rechtsgeschäften die Verletzung anderer gemeinderechtlicher<br />

Vorschriften nicht zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes führt.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Kreditaufnahmen und Leistungsfähigkeit):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Kredite für Investitionen und zur Umschuldung):<br />

1.1.1 Kreditaufnahmen für Investitionen<br />

1.1.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben<br />

gesichert ist. Außerdem ist die Haushaltswirtschaft wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen. Die Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde ist daher wesentlich mitbestimmend für die Kreditaufnahme für Investitionen. Für die<br />

Finanzierung kommunaler Investitionen sind daher besondere Maßstäbe anzulegen, sodass bei der Aufnahme<br />

von Krediten für Investitionen formelle Voraussetzungen erfüllt sein müssen, z. B. die Kreditermächtigung in der<br />

Haushaltssatzung nach § 78 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c GO <strong>NRW</strong> und materielle haushaltswirtschaftliche<br />

Voraussetzungen, z. B. die Subsidiarität der Kreditaufnahme nach § 77 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>.<br />

Vor der Annahme von Kreditangeboten zur Finanzierung von Investitionen hat die Gemeinde zu prüfen, welches<br />

Angebot ihren finanzwirtschaftlichen Belangen am ehesten entspricht. Dabei sind auch andere qualitative und<br />

quantitative Verpflichtungen der Gemeinde gegenüber dem Kreditgeber zu betrachten. Außerdem unterliegt jede<br />

Kreditaufnahme der Gemeinde den Voraussetzungen des § 77 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>. Der in dieser Vorschrift enthaltene<br />

Grundsatz der Subsidiarität der Kreditaufnahme gegenüber anderen Finanzierungsmöglichkeiten wird<br />

durch zulässige Wirtschaftlichkeitsbewertungen modifiziert.<br />

Die Gemeinde darf daher einen Kredit nur zur Deckung eines gegenwärtigen Bedarfs im Rahmen der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung aufnehmen. Die Kredite für Gemeinden für Investitionen in Form des Kommunalkredits<br />

stellen keine eigenständige Kreditform dar, vielmehr unterliegen sie den Formen der Kredite aus der allgemeinen<br />

Geldwirtschaft. Der Begriff des Kredites ist daher von dort übernommen worden und entspricht dem Darlehensbegriff<br />

nach §§ 488 BGB. Er umfasst daher für die Gemeinden nur Geldschulden und nicht darlehensweise empfangene<br />

Sachen (vgl. §§ 607 ff. BGB).<br />

Die gemeindlichen Kredite werden im Rahmen privatrechtlicher Rechtsgeschäfte, z. B. als Schuldscheindarlehen,<br />

Anleihen u.a., aufgenommen. Sie können daher nach ihren Arten, nach Kreditgebern, nach ihrer Laufzeit, nach<br />

ihrer Rückzahlung oder nach ihrer Herkunft (Inland oder Ausland) sowie nach ihrer Ausgabe in Euro oder in einer<br />

Fremdwährung) unterschieden werden. Es sind dazu der Gemeinde keine haushaltsrechtlichen Vorgaben gemacht<br />

worden. Bei einem Festbetragskredit wird z. B. der Kreditbetrag am Ende der Laufzeit insgesamt in einem<br />

Betrag fällig, dagegen sind bei einem Ratenkredit jährlich gleiche Tilgungsraten zu zahlen. Bei einem Annuitätenkredit<br />

bleibt die Jahresleistung für den Kredit insgesamt gleich, sodass ersparte Zinsen die Tilgungsleistungen<br />

erhöhen. Die Gemeinde hat ihre Verpflichtungen aus aufgenommenen Krediten in ihrer Bilanz differenziert anzusetzen<br />

(vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 4.2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 608


1.1.1.2 Der Begriff „Investitionstätigkeit“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

Die gemeindliche Aufgabenerfüllung erfordert eine Vielzahl von Vermögensgegenständen, die von der Gemeinde<br />

angeschafft oder hergestellt werden müssen. Die Entscheidungen der Gemeinde über die Vornahme von Investitionen<br />

bauen daher regelmäßig auf einem dringenden örtlichen Bedarf im Rahmen der Aufgabenerfüllung auf. Als<br />

gemeindliche „Investitionstätigkeit“ wird dabei der Tausch von Finanzmitteln der Gemeinde (Liquidität) in materielle<br />

und immaterielle Wirtschaftsgüter bezeichnet. Diese Güter müssen für die Gemeinde von Nutzen sein, denn<br />

ein solcher Tausch darf nur im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung erfolgen. Für die Zuordnung von<br />

Einzahlungen und Auszahlungen zur Investitionstätigkeit kommt es deshalb darauf an, ob die Zahlungsströme bei<br />

der Gemeinde vermögenswirksam sind, d. h. der Veränderung des gemeindlichen Vermögens durch Anschaffungen<br />

oder Veräußerungen von Vermögenswerten dienen.<br />

Unter diese Vorgaben fallen der Erwerb und die Veräußerung von Gegenständen des Anlagevermögens und von<br />

sonstigen finanziellen Vermögenswerten, z. B. die Anlage von vorhandenen Finanzmittelbeständen in Wertpapieren<br />

oder der Erwerb von Grundstücken (keine Kreditaufnahme für eine Geldanlage), die wegen einer beabsichtigten<br />

kurzfristigen Veräußerung in der gemeindlichen Bilanz im Umlaufvermögen anzusetzen sind. Die Bilanzierung<br />

von gemeindlichen Vermögensgegenständen ist allein nicht ausschlaggebend dafür, ob die Anschaffung oder<br />

Herstellung eines Vermögensgegenstandes für die Gemeinde eine Investition darstellt, denn der Begriff „Investition“<br />

ist vorrangig auf den haushaltsrechtlichen Finanzierungsvorgang ausgerichtet.<br />

Bei gemeindlichen Investitionen ist deshalb darauf zu achten, dass diese als Herstellungskosten oder Anschaffungskosten<br />

der Gemeinde nach § 33 Absatz 2 und 3 GemHVO <strong>NRW</strong> zu bewerten sind und daher zu einem in<br />

der gemeindlichen Bilanz aktivierbaren Vermögensgegenstand führen. Diese Sachlage besteht unabhängig von<br />

den haushaltsrechtlichen Wertgrenzen, z. B. nach § 33 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>, und den vom Rat der Gemeinde<br />

festgelegten Wertgrenzen (vgl. § 14 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde muss daher bei einem Tausch<br />

zwischen ihren liquiden Mitteln und einem Sachwert auch die haushaltsmäßigen und bilanziellen Wirkungen in<br />

ihre Entscheidung über den Erwerb eines Vermögensgegenstandes einbeziehen, z. B. auch die Festlegung der<br />

künftigen Nutzungsdauer und der aus der Nutzung entstehenden Aufwendungen bzw. Folgekosten. Dazu gehört<br />

auch die Finanzierung unter Einbeziehung einer Aufnahme von Krediten für Investitionen.<br />

Grundsätzlich gilt deshalb, dass nur in den Fällen eines bilanziellen Ansatzes die von der Gemeinde zu leistenden<br />

Auszahlungen der gemeindlichen Investitionstätigkeit zugeordnet werden. In den Fällen, in denen dagegen<br />

kein neues gemeindliches Sachvermögen geschaffen wird, sind die von der Gemeinde geleisteten Zahlungen als<br />

„Erhaltungsaufwand bzw. Instandhaltungsaufwand oder als Unterhaltungsaufwand“ zu qualifizieren. Derartige<br />

Auszahlungen stellen dann lediglich gemeindliche Aufwendungen dar und sind im Ergebnisplan der Gemeinde zu<br />

veranschlagen. Sie dürfen auch nicht mit Krediten für Investitionen finanziert werden.<br />

1.1.1.3 Die Formen der Investitionstätigkeit<br />

Die Gewährung von langfristigen Darlehen im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Gemeinde kann dann mit Krediten<br />

finanziert werden, wenn das von der Gemeinde gewährte Darlehen als Ausleihung zu klassifizieren ist. Als<br />

Ausleihungen werden langfristige Finanzforderungen der Gemeinde, denen Geld- oder Finanzgeschäfte zugrunde<br />

liegen, betrachtet. Die Langfristigkeit der gewährten Darlehen ist jedoch allein noch kein ausreichendes Abgrenzungskriterium,<br />

um eine Zuordnung zur gemeindlichen Investitionstätigkeit vorzunehmen. Die Zuordnung zur<br />

gemeindlichen Investitionstätigkeit erfordert auch, dass das gemeindliche Darlehen dem Betrieb der Gemeinde<br />

unter dem Zweck gewährt wird, dass die Kapitalhingabe dauernd den Verwaltungsbetrieb der Gemeinde zu dienen<br />

hat bzw. diesem zu dienen bestimmt ist.<br />

Durch die Festlegungen im gemeindlichen Finanzplan werden die Formen der Investitionstätigkeit der Gemeinde<br />

weiter ausgefüllt. Die dort zu veranschlagenden Arten von gemeindlichen Einzahlungen und Auszahlungen für die<br />

GEMEINDEORDNUNG 609


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

Investitionstätigkeit bestimmen dabei deren Rahmen (vgl. § 3 Absatz 1 Nummern 15 bis 25 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der<br />

Investitionstätigkeit der Gemeinde werden die nachfolgend aufgezeigten Einzahlungs- und Auszahlungsarten<br />

zugeordnet, die im gemeindlichen Finanzplan jeweils als gesonderte Haushaltspositionen auszuweisen sind (vgl.<br />

Abbildung).<br />

Die Investitionstätigkeit im gemeindlichen Finanzplan<br />

ZAHLUNGSBEREICH<br />

Einzahlungen<br />

aus Investitionstätigkeit<br />

Auszahlungen<br />

aus Investitionstätigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 610<br />

ZAHLUNGSARTEN<br />

- aus Zuwendungen für Investitionsmaßnahmen,<br />

- aus der Veräußerung von Sachanlagen,<br />

- von Beiträgen u.ä. Entgelten und<br />

- sonstige Investitionseinzahlungen,<br />

- für den Erwerb von Grundstücken und Gebäuden,<br />

- für Baumaßnahmen,<br />

- für den Erwerb von beweglichem Anlagevermögen,<br />

- für den Erwerb von Finanzanlagen,<br />

- von aktivierbaren Zuwendungen und<br />

- sonstige Investitionsauszahlungen,<br />

Abbildung 96 „Die Investitionstätigkeit im gemeindlichen Finanzplan“<br />

Im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung kann die Gemeinde auch Investitionsmaßnahmen Dritter mit Krediten finanzieren,<br />

soweit sie wirtschaftlicher Eigentümer des finanzierten Verfügungsgegenstandes wird oder durch eine<br />

festgelegte Gegenleistungsverpflichtung des Dritten eine aktivierbare Zuwendung schafft (vgl. § 43 Absatz 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Dabei ist zu beachten, dass die bilanzielle Abgrenzung zwischen Anlagevermögen und Umlaufvermögen<br />

in der gemeindlichen Bilanz nicht dazu führt, dass nur Vermögensgegenstände, die dem Anlagevermögen<br />

der Gemeinde zuzuordnen sind, als Investitionen im Sinne der haushaltsrechtlichen Vorschriften gelten.<br />

1.1.1.4 Aktivierbare Eigenleistungen der Gemeinde<br />

Wenn die Gemeinde in Einzelfällen die Planung, Bauleitung oder sonstige Maßnahmen einer konkreten Investitionsmaßnahme<br />

durch eigenes Personal oder durch Hilfsbetriebe der Gemeinde, z.B. Bauhof, Fuhrpark u.a., erbringen<br />

lässt, dürfen die dadurch entstandenen Aufwendungen der Investitionsmaßnahme zugerechnet werden.<br />

Dies geschieht in der Ergebnisrechnung dadurch, dass den für eine einzelne konkrete Investitionsmaßnahme<br />

entstandenen Aufwendungen in entsprechender Höhe Erträge unter der Position „Aktivierte Eigenleistungen“<br />

gegenübergestellt werden.<br />

Die Zurechnung verändert daher nicht die bei der Gemeinde tatsächlich entstandenen Aufwendungen, die weiterhin<br />

entsprechend ihrer Entstehung in der Ergebnisrechnung nachgewiesen werden. Zu beachten ist dabei, dass<br />

durch die Zurechnung bzw. die Klassifizierung von aktivierten Eigenleistungen kein zusätzlicher Zahlungsbedarf<br />

entsteht. Auch werden durch die Zurechnung die zu leistenden Personal- und/oder Sach- und Dienstleistungen<br />

nicht zu Auszahlungen für die Investitionstätigkeit. Die Zurechnung bzw. die Aktivierung von gemeindlichen Eigenleistungen<br />

löst daher keinen Veränderungsbedarf für die in der Haushaltssatzung festgesetzte Kreditermächtigung<br />

aus.<br />

1.1.1.5 Aktivierbare Zuwendungen der Gemeinde<br />

Die von der Gemeinde gewährten Zuwendungen für Investitionen Dritter (Investitionsförderungsmaßnahmen)<br />

werden im NKF wie gemeindliche Investitionsmaßnahmen behandelt, wenn diese in der gemeindlichen Bilanz


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

anzusetzen sind. In diesem Sinne ist daher die gesonderte Nennung des Begriffes „Investitionsförderungsmaßnahmen“<br />

entbehrlich geworden und in der Vorschrift des § 86 GO <strong>NRW</strong> nicht mehr enthalten. Eine gemeindliche<br />

Investitionszuwendung an Dritte kann dann der gemeindlichen Investitionstätigkeit zugeordnet werden, wenn die<br />

Gemeinde wirtschaftlicher Eigentümer des mithilfe dieser Finanzmittel von dem Dritten angeschafften oder hergestellten<br />

Vermögensgegenstandes ist.<br />

Die Zuordnung einer Investitionszuwendung zur gemeindlichen Investitionstätigkeit ist auch dann vorzunehmen,<br />

wenn die Gemeinde dem Zuwendungsempfänger eine zeitlich konkrete (mehrjährige) oder eine mengenmäßige<br />

Verpflichtung auferlegt hat (Gegenleistungsverpflichtung des Dritten). In solchen Fällen besteht eine aktivierbare<br />

gemeindliche Zuwendung, die in der Bilanz der Gemeinde entweder im Bereich „Sachanlagevermögen“ unter der<br />

Vermögensart (bei wirtschaftlichem Eigentum), unter dem Bilanzposten „Aktive Rechnungsabgrenzung“ (bei einer<br />

zeitbezogenen Gegenleistungsverpflichtung) oder unter dem Bilanzposten „Immaterielle Vermögensgegenstände<br />

(bei einer mengenbezogenen Gegenleistungsverpflichtung) anzusetzen ist. In allen anderen Fällen stellen die von<br />

der Gemeinde einem Dritten gewährten Zuwendungen gemeindliche Aufwendungen dar, die von der Gemeinde<br />

unmittelbar in ihrer Ergebnisrechnung des betreffenden Haushaltsjahres zu erfassen sind.<br />

1.1.1.6 Die Haushaltsermächtigung für die Kreditaufnahme<br />

Die von der Gemeinde vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen sind mit ihrem Gesamtbetrag in der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung als Kreditermächtigung festzusetzen (vgl. § 78 Absatz 2 Buchstabe c GO <strong>NRW</strong>).<br />

Dadurch entsteht im Rahmen des Satzungsrechtes und des Budgetrechtes die Entscheidungsbefugnis des Rates,<br />

die Beschaffung von Fremdkapital zur Finanzierung gemeindlicher Investitionen festzulegen. Diese Vorgabe<br />

ist erforderlich, weil allein die Veranschlagung der Kreditaufnahme im gemeindlichen Finanzplan als Einzahlung<br />

aus der gemeindlichen Finanzierungstätigkeit nicht als dafür ausreichend anzusehen ist (vgl. § 3 Absatz 1 Nummer<br />

26 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die notwendige Ermächtigung der gemeindlichen Verwaltung zur Aufnahme von Fremdkapital für die Anschaffung<br />

von Vermögensgegenständen der Gemeinde bedarf eines Rahmens, also eines am Finanzierungsbedarf<br />

orientierten Gesamtbetrages, der innerhalb der gemeindlichen Haushaltssatzung festgesetzt wird. Mit dieser<br />

satzungsrechtlichen Festsetzung des Gesamtbetrages der Kredite, deren Aufnahme für Investitionen der Gemeinde<br />

erforderlich ist, und der Veranschlagung der geplanten Investitionsauszahlungen und der Krediteinzahlungen<br />

besteht eine ausreichende Ermächtigung zur Aufnahme der einzelnen Kredite durch die Gemeinde.<br />

1.1.1.7 Kredite und Kapitalanlage (Geldanlage)<br />

Eine gemeindliche Kapitalanlage entsteht i.d.R. aus der Hingabe von vorhandenen liquiden Mitteln (Geldbeträgen)<br />

der Gemeinde, die in Kapital umgewandelt werden. Dieser Vorgang stellt wie die Umwandlung von vorhandenen<br />

liquiden Mitteln der Gemeinde in Sachanlagen haushaltsrechtlich eine Investition dar. Außerdem stellt die<br />

von der Gemeinde erworbene Kapitalanlage bilanztechnisch eine Finanzanlage dar, sodass in diesem Zusammenhang<br />

der Zahlungsvorgang in der gemeindlichen Finanzrechnung unter der Haushaltsposition „Auszahlungen<br />

für den Erwerb von Finanzanlagen“ nachzuweisen ist (vgl. § 3 Absatz 1 Nummer 23 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Investitionen der Gemeinde bewirken regelmäßig eine dauerhafte Mehrung des gemeindlichen Vermögens, z.<br />

B. das in der gemeindlichen Bilanz anzusetzende Anlagevermögen, zu dem auch die Finanzanlagen zu zählen<br />

sind. Diese haushaltsrechtliche Zuordnung einer Kapitalanlage der Gemeinde könnte den Schluss zu lassen,<br />

dass dadurch auch eine Kreditfinanzierung für eine Kapitalanlage zulässig wäre. Die Gemeinde darf nach der<br />

Vorschrift des § 86 GO <strong>NRW</strong> Kredite für Investitionen aufnehmen. Der Erwerb einer Kapitalanlage dient einerseits<br />

der gemeindlichen Aufgabenerfüllung und ist andererseits als Finanzanlage zu bilanzieren. Die Voraussetzungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 611


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

für eine Kreditaufnahme für eine solche Kapitalanlage sind dann grundsätzlich als erfüllt anzusehen, wenn durch<br />

die Kapitalanlage angesammelten Finanzmittel für gemeindliche Investitionsmaßnahmen eingesetzt werden.<br />

Einer solchen Kreditaufnahme dürfen jedoch auch die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung nicht entgegenstehen.<br />

Sie ist nach dieser Vorschrift zulässig, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich oder unzweckmäßig<br />

wäre (vgl. § 77 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Es wäre daher auch zu prüfen, ob beim Erwerb einer Kapitalanlage mit durch<br />

einen Kredit der Gemeinde zugegangenen Geldmitteln (Fremdkapital) es zu einer dauerhaften Vermögensmehrung<br />

bei der Gemeinde kommt. Bei einer Kreditaufnahme für eine Kapitalanlage könnte ggf. auch das Spekulationsverbot<br />

in § 90 GO <strong>NRW</strong> berührt sein, wenn unterstellt werden kann, dass die Kapitalanlage vorrangig der<br />

Erzielung eines Gewinns aus der Differenz zwischen den Kreditkosten und dem Zinsertrag dient, und dabei auf<br />

die weitere „ungewisse“ Zinsentwicklung gesetzt wird. Andererseits dient aber eine solche Differenz erst einmal<br />

dazu, eine Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage anzunehmen.<br />

Bei der Finanzierung einer Kapitalanlage durch Fremdkapital ist auch der künftige Verwendungszweck in die<br />

Bewertung einzubeziehen. Im Sinne des § 86 GO <strong>NRW</strong> dürfte es nicht zulässig sein, wenn die fremdfinanzierte<br />

Kapitalanlage der Gemeinde dazu dient, in künftigen Haushaltsjahren die Auszahlungen aus zahlungswirksamen<br />

Aufwendungen zu ermöglichen. Mit einem solchen Zweck verliert der Erwerb einer Kapitalanlage den Charakter<br />

einer Investition und damit die Grundlage für eine zulässige Kreditaufnahme durch die Gemeinde. In diesem<br />

Sinne wäre bei einer Fremdkapitalfinanzierung der Kapitalanlage auch der Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit<br />

tangiert (vgl. § 1 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Voraussetzungen bedingen, dass die Gemeinde dann nicht eine Kapitalanlage mit Hilfe von aufgenommenen<br />

Investitionskrediten nach § 86 GO <strong>NRW</strong> erwerben darf, wenn mit den künftig durch die Kapitalanlage verfügbaren<br />

Finanzmitteln gemeindliche Aufwendungen finanziert werden sollen, z. B. die künftigen Versorgungsleistungen<br />

der gemeindlichen Beamten. Ein derartiger haushaltswirtschaftlicher Vorgang steht nicht mit den haushaltsrechtlichen<br />

Grundsätzen und Vorschriften für Gemeinden in Einklang. Es kommt in einem solchen Fall dafür auch kein<br />

Ersatz durch Kredite zur Sicherung ihrer Liquidität nach § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> in Betracht. Diese Fremdmittel<br />

dienen nicht der haushaltsmäßigen Finanzierung, sondern ausschließlich dazu, die Zahlungsfähigkeit der Gemeinde<br />

aufrechtzuerhalten.<br />

1.1.2 Kreditaufnahmen für Zwecke der Umschuldung<br />

1.1.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Durch eine alleinige Festlegung in dieser Vorschrift auf die Aufnahme von Krediten für Investitionen wäre eine<br />

Aufnahme von Krediten für eine außerordentliche Tilgung bestehender Kredite (Umschuldung) nicht zulässig. Da<br />

aber durch die Vorschrift nur eine Kreditaufnahme für die ordentliche Tilgung von Schulden ausgeschlossen werden<br />

soll, enthält die Vorschrift eine ausdrückliche Regelung, dass eine Kreditaufnahme auch zum Zwecke der<br />

Umschuldung von Krediten erfolgen darf (außerordentliche Schuldentilgung).<br />

Der Begriff „Umschuldung“ soll dabei als die Begründung einer neuen Verpflichtung der Gemeinde zur Begleichung<br />

einer bestehenden Verpflichtung verstanden werden. Durch den in der Vorschrift bestehenden Regelungszusammenhang<br />

mit der haushaltsrechtlichen Vorgabe, dass von der Gemeinde Kredite nur für Investitionen aufgenommen<br />

werden dürfen. Daher bedeutet eine Umschuldung im Sinne dieser Vorschrift, die Ablösung eines<br />

Kredites für Investitionen durch die Aufnahme eines neuen Kredites für Investitionen. Im Rahmen einer Umschuldung<br />

können aber auch mehrere kleinere Kredite zu einem einzigen Kredit zusammengefasst werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 612


1.1.2.2 Die Inhalte der Umschuldung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

Im Rahmen des gemeindlichen Liquiditätsmanagements und auch zur Zinsoptimierung werden von der Gemeinde<br />

in unterschiedlichem Umfang bedarfsbezogene Umschuldungen vorgenommen. Durch eine gemeindliche<br />

Umschuldung erfolgt i.d.R. eine Ablösung der noch bestehenden Verbindlichkeit eines Kredites bei gleichzeitiger<br />

Neuaufnahme eines Kredites in Höhe des Restbetrages der noch bestehenden gemeindlichen Verbindlichkeit.<br />

Durch eine Umschuldung werden oftmals auch mehrere Einzelkredite zu einem „neuen“ Gesamtkredit zusammengefasst.<br />

Solche Umschuldungen werden aus unterschiedlichen Anlässen vorgenommen. Durch sie wird i.d.R.<br />

das Volumen der bestehenden Verbindlichkeiten nicht verändert, sondern es werden unter den Vorgang des<br />

Austausches der Kredite lediglich die Kreditkonditionen der Gemeinde angepasst.<br />

Unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> kann insbesondere<br />

dann eine Umschuldung in Betracht kommen, wenn die Konditionen für die Gemeinde günstiger sind,<br />

als die des abzulösenden Kredites für Investitionen. Die Gemeinde kann im Rahmen der Umschuldung einen<br />

neuen Vertrag mit dem Kreditgeber abschließen, sie kann aber auch den Kreditgeber wechseln. Bei einer Umschuldung<br />

kommt jedoch keine Verlängerung der Laufzeit des ursprünglichen Kredites in Betracht, denn dieses<br />

käme der Neuaufnahme eines Kredites für Investitionen gleich. Aus diesen Gründen bedarf es auch keiner gesonderten<br />

Ermächtigung des Rates der Gemeinde zur Durchführung der Umschuldung bzw. dem Austausch von<br />

Krediten und neuer Kreditkonditionen.<br />

1.1.2.3 Die Umwandlung kurzfristiger in langfristige Investitionskredite<br />

Die Gemeinde hat oftmals zur vorläufigen bzw. vorübergehenden Finanzierung einer Investition einen kurzfristigen<br />

Kredit aufgenommen (Zwischenfinanzierung), weil z. B. während der Herstellungsphase ein günstiges Kreditangebot<br />

bestand oder die der Gemeinde gewährte Zuwendung nur in bestimmten Teilbeträgen zur Auszahlung<br />

kam. Die Gemeinde kann dann am Ende der Laufzeit des aufgenommenen kurzfristigen Kredits diesen in einen<br />

langfristigen Kredit oder einen Annuitätenkredit umwandeln. Ein für gemeindliche Investitionen aufgenommener<br />

kurzfristiger Kredit stellt von Anfang an eine haushaltsrechtlich zulässige Kreditaufnahme dar, denn die Einzahlungen<br />

daraus dienen der haushaltsmäßigen Deckung von investiven Auszahlungen der Gemeinde. Sie haben<br />

nicht lediglich den allgemeinen Zweck, die Leistung fälliger Auszahlungen durch die Gemeinde zu ermöglichen.<br />

Diese Zwecksetzung kurzfristiger Kredite durch die Gemeinde führt dazu, dass solche kurzfristigen Kredite unter<br />

die Regelungen der Kreditaufnahme für Investitionen fallen und daher auch unter die Kreditermächtigung in der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung enthalten sein müssen (vgl. § 78 Absatz 2 Nr. 1c GO <strong>NRW</strong>). Ein für gemeindliche<br />

Investitionszwecke aufgenommener kurzfristiger Kredit ist zudem nur hinsichtlich seiner Laufzeit, aber nicht<br />

wegen seines Zweckes mit einem Kredit zur Liquiditätssicherung vergleichbar (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die<br />

Aufnahme solcher kurzfristigen Kredite fällt nicht unter die Höchstbetragsgrenze der Kredite zur Liquiditätssicherung,<br />

die in der gemeindlichen Haushaltssatzung festgesetzt sein muss (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Für die tatsächlich von der Gemeinde aufgenommenen Kredite zur Liquiditätssicherung folgt andererseits daraus,<br />

dass diese Kredite nicht in langfristige Kredite oder Annuitätenkredite umgewandelt werden dürfen. Ein solcher<br />

Vorgang steht nicht mit dem Begriff „Umschuldung“ im Sinne der Vorschrift in Einklang. Die kurzfristigen Investitionskredite<br />

können zudem von der Gemeinde auch durch erhaltene Zuwendungen für Investitionen, z. B. die<br />

Investitionspauschale des Landes, abgelöst werden. Eine solche Variante ist insbesondere dann sachgerecht,<br />

wenn die gemeindliche Investition noch nicht abgeschlossen ist und noch Zahlungsverpflichtungen der Gemeinde<br />

gegenüber Dritten bestehen. Die Gemeinde muss dabei jedoch beachten, ob eine solche Finanzierung mit den<br />

Zweckvorgaben der erhaltenen Zuwendung in Einklang steht.<br />

GEMEINDEORDNUNG 613


1.1.3 Unzulässige Finanzgeschäfte<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1.3.1 Keine Kreditaufnahmen für Telekommunikationsunternehmen<br />

Im Rahmen der Kreditaufnahmen hat die Gemeinde zu prüfen, in welchem Umfang neue Kreditaufnahmen für<br />

ihre Investitionstätigkeit notwendig und zulässig sind. Dafür können neben der fehlenden Liquidität zur Leistung<br />

der aktuellen Zahlungsverpflichtungen auch Ausleihungen an gemeindliche Betriebe wegen ihrer Aufgabenstellung<br />

ein ausreichender Anlass sein. Die Gemeinde muss dazu u.a. prüfen, in welchen Geschäftsfeldern der gemeindliche<br />

Betrieb tätig ist. Den Unternehmen der Telekommunikation darf die Gemeinde z. B. wegen der Sicherung<br />

der Wahrnehmung gleicher Wettbewerbschancen neben der Beschränkung der Haftung keine Kredite nach<br />

Maßgabe kommunalwirtschaftlicher Vorzugskonditionen gewähren (vgl. § 108 Absatz 1 Nummer 10 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.3.2 Keine Einlagengeschäfte<br />

Für die Gemeinde ist die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder von<br />

Dritten, sofern der Rückzahlungsanspruch der Dritten nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft<br />

wird, ein Einlagengeschäft als Bankgeschäft (vgl. § 1 Absatz 1 Nummer 1 KWG) und für die Gemeinde unzulässig.<br />

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Zinsen vergütet werden. Ein Einlagengeschäft im Sinne des KWG<br />

betreibt, wer fremde Gelder im o.a. Sinne annimmt. Als rückzahlbar werden dabei Gelder angesehen, bei denen<br />

ein zivilrechtlicher Anspruch auf ihre Rückzahlung besteht, z.B. bei einem Darlehen nach § 488 BGB und dieser<br />

nicht unter einer Bedingung steht (vgl. § 158 Absatz 1 BGB). Bereits die Anbahnung und Durchführung der Darlehen<br />

ist als Einlagengeschäft im Sinne des KWG anzusehen.<br />

Eine Beurteilung gemeindlicher Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Absatz 1 KWG bedarf regelmäßig der Kenntnisse<br />

im Einzelfall, denn beim Betreiben mehrerer Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte kann sich ein bankrechtlicher<br />

Geschäftsbetrieb bereits auch bei einem vergleichsweise geringen Umfang ergeben. Kein Einlagengeschäft<br />

im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 KWG und damit kein gemeindliches Bankgeschäft ist die Ausgabe von<br />

Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen, bei denen von der Gemeinde unbedingt zurückzahlbare Gelder von<br />

Dritten angenommen werden und der unbedingte Rückzahlungsanspruch des Dritten in der Inhaber- oder Orderschuldverschreibung<br />

verbrieft ist. Dabei ist Voraussetzung. dass die gesetzlichen und wertpapierrechtlichen Voraussetzungen<br />

von der Gemeinde gewahrt und wirksame Wertpapiere begeben werden.<br />

In diesem Zusammenhang ist von der Gemeinde darauf zu achten, dass sie als Aussteller von Inhaber- oder<br />

Orderschuldverschreibungen nicht wegen einer möglichen Verwahrung und Aufbewahrung von Wertpapieren für<br />

Dritte den Tatbestand des Depotgeschäftes nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 KW G erfüllt, denn sie würde<br />

dann der Erlaubnispflicht nach § 32 KWG unterfallen. Außerdem kann auch der Vertrieb von Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen<br />

durch Dritte, die von der Gemeinde beauftragt werden, eine für den Dritten erlaubnispflichtige<br />

Finanzdienstleistung darstellen. Vor diesem Hintergrund wäre umfassend zu prüfen, ob ein Einlagengeschäft<br />

für die Gemeinde überhaupt wirtschaftlich ist, wenn dabei eine Gewerbsmäßigkeit nicht zulässig ist.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Kreditverpflichtungen und dauernde Leistungsfähigkeit):<br />

1.2.1 Allgemeine Sachlage<br />

Nach dieser Vorschrift müssen die mit der Aufnahme von Krediten übernommenen Verpflichtungen mit der dauernden<br />

Leistungsfähigkeit der Gemeinde in Einklang stehen. Der Einhaltung der dauernden Leistungsfähigkeit<br />

der Gemeinde kommt damit bei der Finanzierung von Investitionen durch Kredite eine herausgehobene Bedeutung<br />

zu. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft muss deshalb über einen Finanzspielraum verfügen, damit der aus<br />

der Kreditaufnahme neu hinzukommende Schuldendienst nicht zu Einschränkungen bei der gemeindlichen Auf-<br />

GEMEINDEORDNUNG 614


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

gabenerfüllung führt. Daran knüpft der Haushaltsgrundsatz über das Verbot der Überschuldung der Gemeinde an<br />

(vgl. § 75 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2.2 Kreditaufnahme und Grundsatz der Gesamtdeckung<br />

Von der Gemeinde können in einem Haushaltsjahr mehrere Investitionsmaßnahmen vorgesehen sein, aufgrund<br />

derer ein Kreditbedarf bei der Gemeinde entsteht. In diesen Fällen kann jedoch wegen des Grundsatzes der<br />

Gesamtdeckung (vgl. § 20 GemHVO <strong>NRW</strong>) ein einzelner Kredit nicht einer bestimmten Maßnahme zugerechnet<br />

werden, um daran zu messen, ob langfristige Investitionen auch langfristig finanziert werden. Gleichwohl wird<br />

auch im NKF an dem Grundsatz festgehalten, dass langfristig nutzbare Vermögensgegenstände der Gemeinde<br />

auch langfristig finanziert werden sollen. Bei der Aufnahme eines kurzfristigen Kredites für die Erstfinanzierung<br />

von Investitionsmaßnahmen, dessen spätere Umwandlung in einen langfristigen Kredit beabsichtigt ist, ist eine<br />

Zusage des Kreditinstitutes für ein anschließendes Finanzierungsangebot (dem Grunde nach) unumgänglich.<br />

1.2.3 Kreditaufnahme und Überschüsse aus laufender Verwaltungstätigkeit<br />

Die Gemeinde hat unter Berücksichtigung der in der gemeindlichen Bilanz angesetzten Rückzahlungsverpflichtungen<br />

für Kredite, insbesondere der Kredite zur Liquiditätssicherung, in eigener Verantwortung zu bewerten und<br />

zu entscheiden, ob und in welchem Umfang ein Zahlungsüberschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit tatsächlich<br />

für Investitionen eingesetzt werden kann. Ist ein Zahlungsüberschuss erzielt worden und wird dieser Überschuss<br />

nicht für gemeindliche Tilgungsverpflichtungen benötigt, soll dieser zur Verminderung einer Kreditaufnahme<br />

für Investitionen eingesetzt werden.<br />

In diese Abwägung sind aber auch die Verpflichtungen der Gemeinde zur Sicherstellung ihrer Liquidität (vgl. § 75<br />

Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>) und zur Sicherstellung der künftigen Zahlungsfähigkeit der Gemeinde durch eine angemessene<br />

Liquiditätsplanung (vgl. § 89 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>) sowie die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung nach §<br />

77 GO <strong>NRW</strong> einzubeziehen. In solchen Fällen ist zu berücksichtigen, dass die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung,<br />

die z.B. aus einem Darlehensvertrag für die Gemeinde entstehen kann, grundsätzlich einer „freien“<br />

Verwendung eines Zahlungsüberschusses aus laufender Verwaltungstätigkeit, z. B. für Investitionen, vorgeht.<br />

Das Ergebnis aus einer solchen Abwägung wird dann durch die Zusammenführung der Überschüsse aus der<br />

laufenden Verwaltungstätigkeit mit den Einzahlungen aus der Investitionstätigkeit im Haushaltsplan aufgezeigt.<br />

1.2.4 Ermittlung der zulässigen Kreditermächtigung<br />

1.2.4.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Der gemeindliche Kreditbedarf lässt sich mit Hilfe des Finanzplans und den darin veranschlagten Einzahlungen<br />

und Auszahlungen aus der laufenden Verwaltungstätigkeit, der Investitionstätigkeit und der Finanzierungstätigkeit<br />

der Gemeinde ermitteln (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die im Finanzplan veranschlagten Beträge sind jedoch allein<br />

nicht ausschlaggebend. Sie stellen vielmehr nur den Ausgangspunkt für die Ermittlung dar, auf dem die weitere<br />

Betrachtung des des gemeindlichen Kreditbedarfs aufbaut. Ein möglicher Kreditbedarf für gemeindliche Investitionen<br />

dürfte dem Grunde nach bestehen, wenn im Finanzplan ein negativer Saldo aus der Investitionstätigkeit der<br />

Gemeinde ausgewiesen wird.<br />

Bei der Bemessung des tatsächlichen Bedarfs bzw. der Höhe einer gemeindlichen Kreditermächtigung müssen<br />

weitere Zahlungen oder Finanzmittel berücksichtigt werden. So ist zu prüfen, ob ein Überschuss aus den<br />

Einzahlungen und Auszahlungen der laufenden Verwaltungstätigkeit der Gemeinde verfügbar ist, soweit dieser<br />

nicht zur Tilgung von Krediten benötigt wird. Auch wenn Rückflüsse aus Darlehensgewährungen der Gemeinde<br />

GEMEINDEORDNUNG 615


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

eingehen werden, die nicht zur Tilgung von gemeindlichen Krediten benötigt werden, müssen diese Zahlungen in<br />

die Bemessung einbezogen werden.<br />

Insbesondere sind aber auch die Einzahlungen aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen zu<br />

berücksichtigen, die, soweit sie nicht für andere Zwecke benötigt werden, auch in die Bemessung des<br />

Kreditbedarfs der Gemeinde einzubeziehen sind. Im Rahmen dieses Gesamtbildes ist von der Gemeinde auch zu<br />

prüfen, ob eine andere Finanzierung nicht möglich oder ggf. wirtschaftlich unzweckmäßig wäre (vgl. § 77 Absatz<br />

3 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits ist zu beachten, dass der Investitionstätigkeit der Gemeinde zuzurechnende<br />

Maßnahmen nicht kreditfähig sind und daher nicht in die Bemessung des gemeindlichen Kreditbedarfs<br />

einbezogen werden dürfen. Dazu gehört z. B. der Kauf von Kapitalanlagen als Geldanlage der Gemeinde. Die<br />

dafür benötigten Finanzmittel dürfen nicht durch Kredite beschafft werden.<br />

1.2.4.2 Ein Überprüfungsschema<br />

Die Ermittlung des Kreditbedarfs für das Haushaltsjahr bedarf regelmäßig einer gesonderten schematischen<br />

Zusammenstellung aller darauf wirkenden Zahlungsströme. Der Bedarf bzw. die Höhe der Kreditermächtigung in<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung muss nicht zwingend mit dem im gemeindlichen Finanzplan enthaltenen<br />

Saldo der Investitionstätigkeit identisch sein. Es können sich auch noch andere Zahlungsströme und örtliche<br />

Gegebenheiten, z. B. eine nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigung aus dem Vorjahr auf den tatsächlichen Kreditbedarf<br />

des Haushaltsjahres auswirken.<br />

Das nachfolgende Überprüfungsschema soll einen Einstieg bieten, damit im örtlichen Einzelfall unter Beachtung<br />

der Vorschriften der §§ 75, 77 und 86 GO <strong>NRW</strong> und des § 20 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie unter Einbeziehung der<br />

Bedürfnisse der örtlichen Haushaltswirtschaft der gemeindliche Kreditbedarf für Investitionen im neuen Haushaltsjahr<br />

beurteilt werden kann. Das Schema soll dazu eine erste Hilfestellung bieten. Es stellt deshalb die Veranschlagung<br />

im gemeindlichen Finanzplan an den Anfang, weil die dort ausgewiesenen Auszahlungen als Zahlungsstrom<br />

die von der Gemeinde zu erbringenden Finanzleistungen aufzeigen (1. Schritt). Anschließend ist ausgehend<br />

von einem Saldo aus der Investitionstätigkeit der voraussichtliche Kreditbedarf zu ermitteln, der durch<br />

eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren und örtliche Verhältnisse beeinflusst wird (vgl. Abbildung).<br />

Der Kreditbedarf für Investitionen<br />

ZAHLUNGSART<br />

1. Auszug aus dem Finanzplan:<br />

Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit<br />

Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit<br />

Überschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit<br />

Zuwendungen für Investitionsmaßnahmen<br />

+ Einzahlungen aus der Veräußerung von Sachanlagen<br />

+ Einzahlungen aus der Veräußerung von Finanzanlagen<br />

+ Einzahlungen aus Beiträgen u.ä. Entgelten<br />

+ Sonstige Investitionseinzahlungen<br />

= Einzahlungen aus Investitionstätigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 616<br />

BETRAG


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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Kreditbedarf für Investitionen<br />

ZAHLUNGSART<br />

- Auszahlungen für den Erwerb von Grundstücken und Gebäuden<br />

- Auszahlungen für Baumaßnahmen<br />

- Auszahlungen für den Erwerb von beweglichem Anlagevermögen<br />

- Auszahlungen für den Erwerb von Finanzanlagen<br />

- Auszahlungen von aktivierbaren Zuwendungen<br />

- Sonstige Investitionsauszahlungen<br />

= Auszahlungen aus Investitionstätigkeit<br />

= Saldo aus Investitionstätigkeit<br />

2. Ermittlung des Kreditbedarfs für Investitionen:<br />

Möglicher Kreditbedarf nach § 86 GO <strong>NRW</strong><br />

(bei negativem Saldo aus Investitionstätigkeit)<br />

Zu berücksichtigen (abzuziehen) sind u.a.<br />

- Überschuss aus lfd. Verwaltungstätigkeit<br />

(soweit nicht zur Tilgung von Krediten)<br />

- Rückflüsse aus Darlehensgewährungen<br />

(soweit nicht zur Tilgung von Krediten)<br />

- …<br />

Zu berücksichtigen (hinzuzurechnen) sind u.a.<br />

- bei Fehlbedarf aus laufender Verwaltungstätigkeit:<br />

Einzahlungen aus der Veräußerung von Vermögens-<br />

gegenständen<br />

(wenn keine Kreditaufnahme zur Liquiditätssicherung)<br />

- …<br />

- …<br />

(§ 77 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> beachten: Ist eine andere Finanzierung<br />

möglich oder ggf. wirtschaftlich unzweckmäßig)<br />

Nicht kreditfähig und nicht einzubeziehen:<br />

- Kauf von Kapitalanlagen als Geldanlage, wenn deren künftiger<br />

Verwendungszweck von konsumtiver Natur ist. Dafür benötigte<br />

Finanzmittel dürfen nicht durch Kredite beschafft werden.<br />

- Hingabe von Finanzmitteln an Telekommunikationsunternehmen<br />

Ermittelter Kreditbedarf<br />

Übernahme als Höhe der Kreditermächtigung<br />

Abbildung 97 „Die Ermittlung des Kreditbedarfs“<br />

GEMEINDEORDNUNG 617<br />

BETRAG<br />

Das Schema stellt jedoch kein abschließendes und auch kein vollständiges Prüfschema zur Ermittlung oder zur<br />

Überprüfung der Kreditermächtigung in der gemeindlichen Haushaltssatzung dar. Der örtliche Kreditbedarf kann<br />

deshalb auch nicht ohne Vorprüfung rein rechnerisch durch die Einfügung von Beträgen in die verschiedenen<br />

Felder unmittelbar bestimmt werden. Mit dem Schema sollen lediglich und vorrangig nur die möglichen Kriterien<br />

verdeutlicht werden, die für die Ermittlung des Umfanges der gemeindlichen Kreditermächtigung von Bedeutung


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

sind und deshalb berücksichtigt werden müssen. Aufgrund der gesonderten Berechnung des jährlichen Kreditbedarfs<br />

bietet es sich an, die örtliche Ermittlung im Vorbericht zum Haushaltsplan offen zu legen.<br />

2. Zu Absatz 2 (Geltungsdauer der Kreditermächtigung):<br />

2.1 Allgemeine Vorgaben<br />

Die Vorschrift sieht einen fest bestimmten Zeitraum für die Geltungsdauer der in der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

festgesetzten Kreditermächtigung vor (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c GO <strong>NRW</strong>). Diese Ermächtigung<br />

gilt daher bis zum Ende des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres und, wenn die Haushaltssatzung für<br />

das übernächste Jahr nicht rechtzeitig öffentlich bekannt gemacht wird, bis zum Erlass dieser Haushaltssatzung.<br />

Eine im Haushaltsjahr teilweise oder vollständig nicht benötigte Kreditermächtigung steht damit im Folgejahr noch<br />

für anfallende Auszahlungen für Investitionen der Gemeinde zur Verfügung. Diese zweijährige Geltungsdauer der<br />

Kreditermächtigung stellt neben dem Grundsatz der Gesamtdeckung nach § 20 GemHVO <strong>NRW</strong> eine Maßnahme<br />

dar, aufgrund dessen die Gemeinde die Durchführung ihrer Investitionen flexibler gestalten kann. Zur Durchführung<br />

von Investitionsmaßnahmen durch die Gemeinde ist für die Kreditermächtigung und für die Verpflichtungsermächtigungen<br />

haushaltsrechtlich die gleiche Geltungsdauer bestimmt worden (vgl. § 85 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.2 Die Übertragung der Kreditermächtigung<br />

Die Übertragung der Kreditermächtigung in das folgende Haushaltsjahr steht in einem Zusammenhang mit der<br />

Möglichkeit der Übertragbarkeit von Ermächtigungen nach § 22 GemHVO <strong>NRW</strong>. Nach dem Absatz 2 dieser Vorschrift<br />

bleiben Ermächtigungen für Auszahlungen für Investitionen bis zur Fälligkeit der letzten Zahlung für ihren<br />

Zweck verfügbar; bei Baumaßnahmen und Beschaffungen längstens jedoch zwei Jahre nach Schluss des Haushaltsjahres,<br />

in dem der Vermögensgegenstand in seinen wesentlichen Teilen in Benutzung genommen werden<br />

kann. Werden Investitionsmaßnahmen im Haushaltsjahr nicht begonnen, bleiben die Ermächtigungen bis zum<br />

Ende des zweiten dem Haushaltsjahr folgenden Jahr verfügbar.<br />

Die Finanzierung der gemeindlichen Investitionen auf dieser Basis erfordert, dass auch die entsprechenden Finanzmittel<br />

verfügbar sind, zu denen auch die Einzahlungen aus den Krediten für Investitionen gehören. Daher ist<br />

es sachgerecht, die Ermächtigung des Rates, Kredite für geplante Investitionen oder für die Fortsetzung von<br />

Investitionen über das jeweilige Haushaltsjahr hinaus noch zu nutzen, wenn diese noch nicht in voller Höhe benötigt<br />

wurde, aber für das Folgejahr bereits ein Bedarf erkennbar ist. Nimmt die Gemeinde entsprechend dem Bedarf<br />

für Auszahlungen aus fortgeführten Investitionsmaßnahmen aus dem Vorjahr des Haushaltsjahres und im<br />

Rahmen der Übertragung der Kreditermächtigung einen Kredit für Investitionen auf, ist dieser nicht auf die in der<br />

Haushaltssatzung für das laufende Haushaltsjahr festgesetzten Kreditermächtigung (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer<br />

1 Buchstabe c GO <strong>NRW</strong>) anzurechnen.<br />

2.3 Die Vorfinanzierung einer Investitionsmaßnahme<br />

Die zweijährige gesetzliche Geltungsdauer ermöglicht aber auch der Gemeinde, bei einer ausreichenden Liquiditätslage<br />

eine Investitionsmaßnahme mit eigenen Mitteln vorzufinanzieren. Sie kann ihre investive Maßnahme ggf.<br />

auch zuerst mit einem kurzfristigen Kredit haushaltsmäßig finanzieren und dann nach dessen Ablauf der Laufzeit<br />

diesen Kredit in einen langfristigen Kredit für Investitionen umzuschulden. Die Gemeinde hat aber auch die Möglichkeit<br />

der Vorfinanzierung durch einen Kredit zur Liquiditätssicherung, der dann auf den in der Haushaltssatzung<br />

festgelegten Höchstbetrag anzurechnen ist. Im Folgejahr des Haushaltsjahres ist dann eine solche gemeindliche<br />

Vorfinanzierung durch einen langfristigen Kredit für Investitionen abzulösen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 618


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

In den Fällen, in denen die Gemeinde im Rahmen dieser Vorfinanzierung einen Kredit für ihre Investitionen aufnimmt,<br />

ist dieser Kredit i.d.R. auf die in der Haushaltssatzung für das laufende Haushaltsjahr festgesetzte Kreditermächtigung<br />

anzurechnen (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c GO <strong>NRW</strong>). Diese Sachlage gilt auch für<br />

eine Kreditaufnahme im zweiten Folgejahr des Haushaltsjahres, wenn die für dieses Folgejahr erforderliche<br />

Haushaltssatzung noch nicht bekannt gemacht worden ist. Diese Gegebenheiten setzen aber immer voraus, dass<br />

die Kreditermächtigung des ursprünglichen Haushaltsjahres noch nicht vollständig von der Gemeinde in Anspruch<br />

genommen worden ist.<br />

2.4 Information des Rates über die übertragene Kreditermächtigung<br />

In den Fällen, in denen die in der Haushaltssatzung festgesetzte Kreditermächtigung nicht in vollem Umfang im<br />

abgelaufenen Haushaltsjahr in Anspruch genommen worden ist, sollte auch der Rat - wie bei anderen Übertragungen<br />

ins nächste Haushaltsjahr - frühzeitig darüber informiert werden. Es bietet sich daher dafür an, in der dem<br />

Rat vorzulegenden Übersicht über die übertragenen Ermächtigungen für Aufwendungen und Auszahlungen auch<br />

die Höhe der übertragenen Kreditermächtigung mit anzugeben, für die noch ein Bedarf im Folgejahr besteht (vgl.<br />

§ 22 Absatz 4 GemHVO).<br />

3. Zu Absatz 3 (Genehmigungsbedarf bei einer gesamtwirtschaftlichen Störung):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Steuerung der gemeindlichen Kreditaufnahmen):<br />

Nach der Vorschrift bedarf die Aufnahme einzelner Kredite durch die Gemeinde der Genehmigung der Aufsichtsbehörde,<br />

sobald die Kreditaufnahme nach § 19 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums<br />

der Wirtschaft (StWG) beschränkt worden ist. Dazu kann durch eine Rechtsverordnung angeordnet werden, dass<br />

die Beschaffung von Geldmitteln im Wege des Kredits auch für die Gemeinden beschränkt wird. Die Schuldenwirtschaft<br />

der Gemeinden hat wegen des erheblichen Volumens sowie wegen der Bedeutung der Investitionspolitik<br />

unmittelbare Auswirkungen in konjunkturpolitischer Hinsicht, sodass es unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />

eine Steuerung der gemeindlichen Kreditaufnahmen notwendig werden kann.<br />

In diesem Zusammenhang wird davon ausgegangen, dass durch die Kreditaufnahmen der Gemeinden zu mindestens<br />

ein regionaler Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung genommen werden kann. Ob eine gesamtwirtschaftliche<br />

Störung in einem Land auch gleichzeitig eine gesamtwirtschaftliche Störung für die Gemeinden darstellt,<br />

ist von aber vielen Faktoren abhängig und bedarf einer Betrachtung und Feststellung im Einzelfall. Wird das<br />

Vorliegen einer gesamtwirtschaftlichen Störung festgestellt bzw. eine Kreditbeschränkung ausgesprochen, bedarf<br />

die einzelne Kreditaufnahme jeder Gemeinde der Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde.<br />

3.2 Zu Satz 2 (Versagung der Genehmigung der gemeindlichen Kreditaufnahme):<br />

Durch die Vorschrift ist für die Aufsichtsbehörde der Gemeinde die rechtliche Grundlage geschaffen worden, die<br />

erforderliche Genehmigung für eine einzelne Kreditaufnahme der Gemeinde zu versagen, wenn durch eine<br />

Rechtsverordnung angeordnet werden, dass die Beschaffung von Geldmitteln im Wege des Kredits auch für die<br />

Gemeinden beschränkt worden ist und die Kreditaufnahme nicht mit den Maßgaben der Kreditbeschränkungen in<br />

Einklang steht. Damit soll u.a. erreicht werden, dass in Zeiten einer gesamtwirtschaftlichen Störung die Gemeinden<br />

eventuell Kreditbedingungen akzeptieren, die für den Kreditmarkt schädlich sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 619


4. Zu Absatz 4 (Kreditähnliche Rechtsgeschäfte):<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

4.1 Zu Satz 1 (Anzeigepflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde):<br />

4.1.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die Haushaltswirtschaft der Gemeinde wird neben der Aufnahme von Krediten auch durch den Abschluss kreditähnlicher<br />

Rechtsgeschäfte belastet. Das kreditähnliche Rechtsgeschäft begründet eine Zahlungsverpflichtung der<br />

Gemeinde, die einer Kreditaufnahme wirtschaftlich gleichkommt. Damit sind nur die gemeindlichen Rechtsgeschäfte<br />

als kreditähnlich einzuordnen, die mit der Investitionstätigkeit der Gemeinde in Verbindung stehen. Dieses<br />

Erfordernis wird auch durch die Einbindung der Regelungen über kreditähnliche Rechtsgeschäfte in die Vorschrift<br />

über die Aufnahme von Krediten für gemeindliche Investitionen deutlich. Für die Beurteilung, ob ein kreditähnliches<br />

Rechtsgeschäft vorliegt, kommt es auf die Prüfung des Einzelfalls an. Entscheidend sind nicht die formale<br />

Bezeichnung und Einordnung des Geschäftes, sondern dessen wirtschaftliche Auswirkungen.<br />

Als Beispiele für kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinde sind folgende Geschäfte anzusehen: Leasinggeschäfte,<br />

atypische langfristige Mietverträge ohne Kündigungsmöglichkeiten bzw. Nutzungsüberlassungsverträge<br />

für Gebäude auf gemeindeeigenen Grundstücken, periodenübergreifende Stundungsabreden, aber auch Leibrentenverträge<br />

(z. B. Erwerb eines Grundstückes gegen Übernahme einer festen Geldrente - Rentengut nach dem<br />

Gesetz über Rentengüter vom 27.06.1890), Ratenkaufmodelle oder ÖPP-Projekte der Gemeinden - etwa mit<br />

kombinierten kreditähnlichen Vertragselementen, sowie abhängig von der Ausgestaltung auch Zinstermingeschäfte,<br />

sofern keine Gleichwertigkeit der Vereinbarung gegeben ist und Zahlungen zeitverzögert vorgesehen<br />

sind.<br />

Diese Geschäfte sind typischerweise jene gemeindlichen Rechtsgeschäfte, in denen die Gemeinde langfristige<br />

Leistungsverpflichtungen mit erheblichen wirtschaftlichen Belastungen für künftige Haushaltsjahre eingeht. Zu<br />

diesen Geschäften der Gemeinde gehören jedoch nicht zinsbezogene Derivatgeschäfte. Solche Rechtsgeschäfte<br />

stellen keine Kreditgeschäfte im Sinne des Absatzes 1 dieser Vorschrift dar und fließen daher auch nicht in den<br />

Gesamtbetrag der von der Gemeinde vorgesehenen Kredite für Investitionen ein, der in der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

festzusetzen ist (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c GO <strong>NRW</strong>).<br />

4.1.2 Die Anzeigepflicht<br />

Wegen der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten der kreditähnlichen Rechtsgeschäfte bedarf es einer Anzeige an<br />

die Aufsichtsbehörde. Entscheidend dafür ist, dass ein solches Rechtsgeschäft nach den Umständen des Einzelfalls<br />

bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu dem gleichen haushaltsmäßigen Erfolg führen würde wie die Aufnahme<br />

eines Kredites entsprechend der in der Haushaltssatzung enthaltenen Ermächtigung und damit ggf. eine<br />

sonst nicht zulässige Kreditaufnahme ermöglicht würde. Die Entscheidung über die Begründung einer Zahlungsverpflichtung,<br />

die wirtschaftlich einer Kreditverpflichtung gleichkommt, ist der Aufsichtsbehörde daher unverzüglich,<br />

spätestens einen Monat vor der rechtsverbindlichen Eingehung der Verpflichtung, schriftlich anzuzeigen.<br />

Diese Regelung dient dem Schutz der Gemeinde, um eine Gefährdung ihrer Haushaltswirtschaft oder riskante<br />

oder unwirtschaftliche Rechtsgeschäfte mit Dritten auszuschließen. Unter die Anzeigepflicht nach dieser Vorschrift<br />

fallen daher auch spätere Änderungen der von der Gemeinde angezeigten Zahlungsverpflichtungen, wenn<br />

sie zu einer höheren Belastung der Gemeinde führen. In der Anzeige sind von der Gemeinde jeweils die tatsächlichen<br />

Verhältnisse und die finanziellen Auswirkungen im Rahmen eines Wirtschaftlichkeitsvergleiches darzustellen<br />

und auf Verlangen durch Vorlage der vertraglichen Abmachungen zu belegen. Die Monatsfrist ist dabei keine<br />

Ausschlussfrist für aufsichtsbehördliches Handeln.<br />

GEMEINDEORDNUNG 620


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§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

4.1.3 Der Nachweis der kreditähnlichen Rechtsgeschäfte<br />

Zur Gewährleistung einer geordneten Haushaltswirtschaft hat die Gemeinde ihre aus kreditähnlichen Rechtsgeschäften<br />

bestehenden Finanzierungsverpflichtungen im Haushaltsplan vollständig darzustellen. Im Vorbericht<br />

zum Haushaltsplan sollte dazu ausgeführt werden, wie hoch die haushaltswirtschaftlichen Belastungen aus kreditähnlichen<br />

Rechtsgeschäften in den folgenden Jahren voraussichtlich sein werden, z. B. aus Leasinggeschäften<br />

(vgl. § 7 GemHVO <strong>NRW</strong>). Entsprechende Erläuterungen sollten auch beim Jahresabschluss gegeben werden,<br />

dem eine Übersicht über den Stand der Verbindlichkeiten der Gemeinde zu Beginn und zum Ende des Haushaltsjahres<br />

beizufügen ist (vgl. § 47 GemHVO <strong>NRW</strong>). In dieser Übersicht ist auch der Stand der Verpflichtungen aus<br />

Vorgängen, die Kreditaufnahmen wirtschaftlich gleichkommen, darzustellen.<br />

4.1.4 Besondere kreditähnliche Rechtsgeschäfte: ÖPP und Leasing<br />

4.1.4.1 Die Inhalte dieser Rechtsgeschäfte<br />

Für die Gemeinde bedeutet nicht nur die Aufnahme von Krediten eine dauerhafte Belastung ihres Haushalts,<br />

sondern auch die Verpflichtungen aus einem ÖPP/Leasing-Projekt können künftige erhebliche haushaltsmäßige<br />

Belastungen darstellen. Die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Gemeinde darf auch durch solche gemeindlichen<br />

Geschäfte nicht gefährdet werden. Die Gemeinde muss deshalb auch für kreditähnliche Rechtsgeschäfte die<br />

gleichen Maßstäbe hinsichtlich der Leistungsfähigkeit anlegen wie für eine Kreditaufnahme. Die Bilanzierung<br />

eines Leasingobjektes findet i.d.R. beim Leasinggeber statt, denn dieser bleibt der wirtschaftliche Eigentümer.<br />

Vielfach ist der Leasingvertrag für die Gemeinde kündbar und ggf. besteht eine Verlängerungsoption für Gemeinde.<br />

Die Gemeinde ist nur zur Zahlung der Leasingraten verpflichtet, sodass bei der Gemeinde nur Aufwendungen<br />

aus den zu leistenden Leasingraten entstehen und in der gemeindlichen Finanzrechnung zu erfassen sind.<br />

In den Fällen, in denen es sich dagegen um ein Objekt nach den Wünschen der Gemeinde handelt, die Gemeinde<br />

die wirtschaftlichen Risiken und Lasten auf eigene Rechnung trägt, die Dauer der Mietzeit der voraussichtlichen<br />

Nutzungsdauer entspricht und die Leasingraten insgesamt die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des<br />

Objektes decken, ist die Gemeinde i.d.R. als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen. Das Leasingobjekt ist dann<br />

von der Gemeinde in ihrer Bilanz zu aktivieren. Die von der Gemeinde zu zahlenden Leasingraten stellen dann in<br />

einem solchen Fall Verbindlichkeiten für die Gemeinde dar. Bei ÖPP-Projekten, die in unterschiedlichen Modellen,<br />

z. B. Erwerbermodell oder Inhabermodell, bei der Gemeinde realisiert werden, ist die haushaltsmäßige Behandlung<br />

und die wirtschaftliche Zuordnung der betreffenden Vermögensgegenstände durch die Gemeinde abhängig<br />

von der örtlichen Ausgestaltung des ÖPP-Projektes im Einzelfall. Zu solchen Projekten können deshalb<br />

keine generellen Festlegungen für deren haushaltsmäßige Behandlung getroffen werden.<br />

4.1.4.2 Die Veranschlagung im Haushaltsplan<br />

Das von der Gemeinde zu erbringende Leistungsentgelt aus einem ÖPP/Leasing-Projekt ist jährlich im gemeindlichen<br />

Haushaltsplan zu veranschlagen. Es ist dabei in Abhängigkeit von der gewählten Modellvariante zu veranschlagen<br />

und dabei soweit möglich in seine konsumtiven und investiven Anteile aufzuteilen. Eine pauschale Zuordnung<br />

nach dem Prinzip der „überwiegenden Zugehörigkeit“ ist daher bei der Veranschlagung möglichst zu<br />

vermeiden. Die getrennte haushaltsmäßige Veranschlagung wird jedoch dadurch erleichtert, dass Investoren als<br />

Bieter i.d.R. bei der Angebotsabgabe aufgefordert werden, die Preise für einzelne Leistungsbereiche, z. B. für<br />

den Bau, den Betrieb, die Unterhaltung und für die Finanzierung, gesondert anzugeben.<br />

Von der Gemeinde sind die konsumtiven Anteile aus dem Betrieb und der Unterhaltung der gemeindlichen Projekte<br />

als Aufwendungen im Ergebnisplan der Gemeinde zu veranschlagen und in der gemeindlichen Ergebnisrechnung<br />

nachzuweisen (vgl. §§ 3 und 38 GemHVO <strong>NRW</strong>). Es sind auch etwaige Erlöse aus dem Betrieb eines<br />

GEMEINDEORDNUNG 621


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

solchen Projektes zu erfassen. Die ermittelten investiven Anteile, z. B. Baukosten, sind dagegen der gemeindlichen<br />

Investitionstätigkeit zuzuordnen und entsprechend im gemeindlichen Finanzplan zu veranschlagen und in<br />

der Finanzrechnung nachzuweisen. Sie stellen Auszahlungen an den Investor i.d.R für eine Baumaßnahme dar.<br />

4.2 Zu Satz 2 (Verweis auf Absatz 1):<br />

Mit der Vorschrift soll sichergestellt werden, dass auch die aus Entscheidungen der Gemeinde über die Begründung<br />

einer Zahlungsverpflichtung, die wirtschaftlich einer Kreditverpflichtung gleichkommt, übernommenen Verpflichtungen<br />

mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde in Einklang stehen. Die Beachtung der dauernden<br />

Leistungsfähigkeit gilt dadurch nicht nur für die Kreditaufnahmen der Gemeinde für Investitionen und zur<br />

Umschuldung, sondern sinngemäß auch für gemeindliche Zahlungsverpflichtungen aus anderen vergleichbaren<br />

Rechtsgeschäften.<br />

4.3 Zu Satz 3 (Verzicht auf die Anzeige):<br />

Nach der Vorschrift ist eine Anzeige nicht erforderlich für die Begründung von Zahlungsverpflichtungen im Rahmen<br />

der laufenden Verwaltung. Von der Anzeigepflicht der Gemeinde gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde sind<br />

dadurch Rechtsgeschäfte ausgenommen, die als Geschäfte der laufenden Verwaltung nach § 41 Absatz 3 Satz 1<br />

GO <strong>NRW</strong> gelten und als solche abgeschlossen werden. Dazu gehören regelmäßig Angelegenheiten, die keine<br />

grundsätzliche oder eine erhebliche Bedeutung für den gemeindlichen Haushalt haben und daher zu den üblichen<br />

Geschäften der gemeindlichen Verwaltung zu rechnen sind. Eine genaue Abgrenzung bedarf der örtlichen Betrachtung,<br />

sodass im Einzelfall ggf. eine Absprache mit der Aufsichtsbehörde geboten ist.<br />

5. Zu Absatz 5 (Bestellung von Sicherheiten für Kredite):<br />

5.1 Zu Satz 1 (Verbot der Sicherheitsbestellung):<br />

Nach der Vorschrift darf die Gemeinde zur Sicherung eines ihrer Kredite keine Sicherheiten bestellen. Dabei wird<br />

entsprechend dem Wesen des Kommunalkredits davon ausgegangen, dass er aufgrund bankrechtlicher Gegebenheiten<br />

ohne eine Bestellung besonderer Sicherheiten gewährt wird. Dieser Sachlage liegt u.a. auch die Überlegung<br />

zugrunde, dass die Gemeinde mit ihrem gesamten Vermögen und ihren gesamten Erträgen haftet und es<br />

auch kein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinde gibt (vgl. § 128 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Im Ergebnis<br />

besteht bei einer Kreditvergabe an eine Gemeinde für den Kreditgeber kein Kreditausfallrisiko.<br />

Das Verbot in dieser Vorschrift bezieht sich auf die gesamte Kreditwirtschaft der Gemeinde. Der Begriff in der<br />

Vorschrift „zur Sicherung des Kredits“ ist weit auszulegen und bezieht sich daher nicht nur auf die gemeindlichen<br />

Kreditaufnahmen nach dieser Vorschrift. Vielmehr werden sowohl die Kredite für Investitionen (vgl. § 86 Absatz 1<br />

GO <strong>NRW</strong>) als auch die Kredite zur Liquiditätssicherung (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) sowie die kreditähnlichen<br />

Rechtsgeschäfte (vgl. § 86 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>) erfasst, für die keine Sicherheiten durch die Gemeinde bestellt<br />

werden dürfen. Unter das Verbot fallen alle möglichen Arten von Sicherheiten, insbesondere dingliche Sicherheiten<br />

oder auch Pfandrechte. Außerdem ist zu beachten, dass Rechtsgeschäfte der Gemeinde, die gegen das<br />

Verbot verstoßen, nichtig sind (vgl. § 130 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

5.2 Zu Satz 2 (Ausnahmezulassung vom Verbot):<br />

Der Aufsichtsbehörde ist es gestattet, eine Ausnahme von dem Verbot der Bestellung einer Sicherheit zur Sicherung<br />

eines Kredits zuzulassen, wenn die Bestellung solcher Sicherheiten der Verkehrsübung im Kreditwesen<br />

GEMEINDEORDNUNG 622


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

entspricht (vgl. § 86 Absatz 5 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Der Verkehrsübung entspricht die Bestellung einer Sicherheit für<br />

die Aufnahme eines Kredites durch die Gemeinde, wenn die Sicherheitsbestellung im allgemeinen Geschäftsverkehr<br />

und unter Berücksichtigung der besonderen Stellung der Gemeinden im Kreditgeschäft üblich ist. Ein Gläu-<br />

biger kann z. B. aus Rechtsgründen auf die Bestellung einer dinglichen Sicherheit bei einem gemeindlichen Kredit<br />

bestehen, z. B. bei Hypotheken für gemeindliche Gebäude.<br />

Die Zulassung einer Ausnahme vom Verbot der Bestellung einer Sicherheit bei der Aufnahme eines gemeindlichen<br />

Kredits wird durch die Ausnahmeregelung in das pflichtgemäße Ermessen der Aufsichtsbehörde gestellt. In<br />

solchen Fällen sind auch die speziellen Verhältnisse der Gemeinde in die Bewertung einzubeziehen. Liegen die<br />

Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme von dem Verbot nicht vor, so ist die Aufsichtsbehörde verpflichtet,<br />

die Zulassung einer Ausnahme zu verweigern.<br />

5.3 Die Nichtigkeit der Bestellung von Sicherheiten<br />

In einem unmittelbaren Zusammenhang mit der gemeindlichen Vorschrift über das Verbot der Bestellung von<br />

Sicherheiten zugunsten Dritter steht die Vorschrift des § 130 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> über unwirksame Rechtsgeschäfte<br />

der Gemeinde. Nach dieser besonderen Vorschrift sind die Rechtsgeschäfte der Gemeinde, die von ihr<br />

ohne die aufgrund von Vorschriften der Gemeindeordnung erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde<br />

abgeschlossen werden, unwirksam.<br />

In der Vorschrift wird zudem ausdrücklich bestimmt, dass gemeindliche Rechtsgeschäfte, die gegen das Verbot<br />

der Bestellung von Sicherheiten für gemeindliche Kredite nach § 86 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> verstoßen, schuldrechtlich<br />

und dinglich nichtig sind. Aus der Nennung von bestimmten gemeindlichen Sachverhalten in der Vorschrift<br />

kann zudem abgeleitet werden, dass bei gemeindlichen Rechtsgeschäften die Verletzung anderer gemeinderechtlicher<br />

Vorschriften nicht zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes führt. Das aufgrund eines nichtigen Rechtsgeschäfts<br />

bereits Geleistete kann dann zurückgefordert werden.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 623


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 87<br />

Sicherheiten und Gewährleistung für Dritte<br />

(1) 1 Die Gemeinde darf keine Sicherheiten zugunsten Dritter bestellen. 2 Die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen<br />

zulassen. 3 Für die Bestellung von Sicherheiten zur Finanzierung des Erwerbs von Grundstücken der Gemeinde<br />

durch Dritte finden die Sätze 1 und 2 keine Anwendung.<br />

(2) 1 Die Gemeinde darf Bürgschaften und Verpflichtungen aus Gewährverträgen nur im Rahmen der Erfüllung<br />

ihrer Aufgaben übernehmen. 2 Die Entscheidung der Gemeinde zur Übernahme ist der Aufsichtsbehörde unverzüglich,<br />

spätestens einen Monat vor der rechtsverbindlichen Übernahme, schriftlich anzuzeigen.<br />

(3) Absatz 2 gilt sinngemäß für Rechtsgeschäfte, die den in Absatz 2 genannten Rechtsgeschäften wirtschaftlich<br />

gleichkommen, insbesondere für die Zustimmung zu Rechtsgeschäften Dritter, aus denen der Gemeinde in künftigen<br />

Haushaltsjahren Verpflichtungen zu Leistungen erwachsen können.<br />

Erläuterungen zu § 87:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Inhalte der Vorschrift<br />

Mit der Bestellung von Sicherheiten zugunsten Dritter übernimmt die Gemeinde ein wirtschaftliches Risiko für<br />

fremde Interessen, ohne dass einer derartigen Bestellung i.d.R. eine entsprechende Gegenleistung oder ein<br />

Vermögenszuwachs bei der Gemeinde gegenübersteht. Unter den Begriff „Bestellung von Sicherheiten“ fallen<br />

dabei alle Rechtsgeschäfte der Gemeinde, die der Sicherung von fremden Verbindlichkeiten dienen. Dazu gehören<br />

die Sicherheitsleistung nach den §§ 232 ff. BGB, die dinglichen Sicherheiten im Sinne der §§ 1204 ff BGB,<br />

aber auch die Sicherungsübereignung. Eine Sicherheitsleistung kann dabei z. B. durch eine Hinterlegung von<br />

Geld oder Wertgegenständen, Bestellung einer Grundschuld und Ähnlichem erfolgen.<br />

Durch solche Rechtsgeschäfte tritt die Gemeinde in Haftungsverhältnisse gegenüber Dritten ein. Die Übernahme<br />

eines wirtschaftlichen Risikos für fremde Interessen darf dabei von der Gemeinde nur im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung<br />

erfolgen. In der gemeindlichen Praxis geschieht dieses insbesondere durch die Übernahme von<br />

Bürgschaften und Gewährverträgen, aber auch durch die Bestellung sonstiger Sicherheiten zugunsten Dritter, z.<br />

B. den gemeindlichen Betrieben. Derartige Verpflichtungen der Gemeinde bedürfen dabei nicht zwingend eigenständiger<br />

Verträge, sondern können auch durch Regelungen oder Klauseln in anderen Verträgen, z.B. bei Betrieben<br />

der Gemeinde im Gesellschaftsvertrag, enthalten sein. Das generelle Verbot der Bestellung von Sicherheiten<br />

zugunsten Dritter in dieser Vorschrift soll daher verhindern, dass die Gemeinde die Stellung eines Garanten auch<br />

für fremde Interessen erhält.<br />

Das umfassende Verbot in Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift wird jedoch durch die gesetzliche Berechtigung der<br />

Aufsichtsbehörde der Gemeinde, Ausnahmen davon zulassen zu können, modifiziert. Das Verbot wird auch<br />

dadurch eingeschränkt, dass aufgrund der Regelungen in den Absätzen 2 und 3 die Gemeinde Bürgschaften und<br />

Verpflichtungen aus Gewährverträgen im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben übernehmen darf. Andererseits<br />

sind die Rechtsgeschäfte der Gemeinde, die gegen das Verbot in dieser Vorschrift verstoßen, nichtig (vgl. § 130<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). In den haushaltsrechtlichen Rahmen fallen jedoch keine Bürgschaften Dritter, durch die ein<br />

Schuldner der Gemeinde die Erfüllung seiner privaten Verpflichtungen gegenüber der Gemeinde mithilfe eines<br />

Bürgen absichern will, soweit seitens der Gemeinde eine Forderung gegenüber dem Dritten besteht..<br />

GEMEINDEORDNUNG 624


2. Nachweis der Haftungsverhältnisse der Gemeinde<br />

2.1 Gemeindliche Haftungsverhältnisse<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

Mit der Bestellung von Sicherheiten zugunsten Dritter übernimmt die Gemeinde ein wirtschaftliches Risiko für<br />

fremde Interessen. Damit der gemeindliche Jahresabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und<br />

Finanzlage der Gemeinde vermittelt und die wirtschaftliche Lage der Gemeinde zutreffend beurteilt werden kann,<br />

müssen im gemeindlichen Verbindlichkeitenspiegel nach § 47 GemHVO <strong>NRW</strong> die bestehenden Haftungsverhältnisse<br />

der Gemeinde offen gelegt bzw. nachvollziehbar dargestellt werden. Die notwendige Transparenz für die<br />

Öffentlichkeit wird insbesondere dadurch geschaffen, dass die gemeindlichen Haftungsverhältnisse dort gegliedert<br />

nach Arten und unter Angabe des jeweiligen Gesamtbetrages auszuweisen sind.<br />

Wie im handelsrechtlichen Sinne unterscheiden sich auch im NKF die Haftungsverhältnisse der Gemeinde von<br />

ihren Verbindlichkeiten und Rückstellungen durch den Grad der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme. Ist der<br />

Eintritt der Verpflichtung sicher oder wahrscheinlich, ist eine Passivierung in der gemeindlichen Bilanz geboten.<br />

Für eine solche Prüfung sind Angaben und Erläuterungen zu übernommenen Bürgschaften, bestellten Sicherheiten,<br />

z.B. Grundpfandrechten und Sicherungsübereignungen, sowie zu Gewährverträgen heranzuziehen. Daher ist<br />

bei gemeindlichen Haftungsverhältnissen immer das Vorliegen folgender Merkmale zu prüfen (vgl. Abbildung).<br />

Die Merkmale gemeindlicher Haftungsverhältnisse<br />

- Bestehen einer einseitigen vertraglichen Verpflichtung gegenüber einem Dritten, die zu einer<br />

vermögenswirksamen Belastung bei der Gemeinde führen kann.<br />

- Bei dem Dritten besteht keine unmittelbare Verpflichtung zu einer Gegenleistung gegenüber<br />

der Gemeinde.<br />

- Der Eintritt der gemeindlichen Verpflichtung ist von einem künftigen Ereignis abhängig,<br />

das die Gemeinde nicht beeinflussen kann.<br />

- Es liegen keine Gegebenheiten dafür vor, dass die gemeindliche Verpflichtung als Verbindlichkeit<br />

oder Rückstellung zu bilanzieren ist.<br />

Abbildung 98 „Die Merkmale gemeindlicher Haftungsverhältnisse“<br />

Wenn nach den örtlichen Gegebenheiten und unter Beachtung der Bilanzierungsgrundsätze die Haftungsverhältnisse<br />

der Gemeinde den Status von Rückstellungen oder Verbindlichkeiten erreicht haben, sind sie in der gemeindlichen<br />

Bilanz auch unter diesen Bilanzposten anzusetzen und nicht mehr nachrichtlich im Verbindlichkeitenspiegel<br />

anzugeben. Der Ausweis der gemeindlichen Haftungsverhältnisse liegt im Interesse der Adressaten<br />

des Jahresabschlusses sollte auch unter Berücksichtigung der örtlichen Bedeutung erfolgen.<br />

2.2 Die Quantifizierung der Haftungsverhältnisse<br />

Die Quantifizierung der angabepflichtigen Haftungsverhältnisse der Gemeinde in der gemeindlichen Bilanz oder<br />

im Verbindlichkeitenspiegel hat mit dem Betrag zu erfolgen, für den die Gemeinde am Abschlussstichtag haftet.<br />

Bezieht sich die Haftung der Gemeinde auf die Schuld eines Dritten, wie etwa im Fall einer übernommenen Ausfallbürgschaft,<br />

ist eine Betragsangabe in Höhe der aktuell gültigen Haftungszusage erforderlich. Die Höhe der<br />

Verbindlichkeit des Dritten, für den die Bürgschaft übernommen wurde, kann am jeweiligen Bilanzstichtag für die<br />

Ermittlung der Betragsangabe dafür herangezogen werden. Für den Nachweis der Verbindlichkeiten aus Bürg-<br />

GEMEINDEORDNUNG 625


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

schaften ist ein Nachweis über das Bestehen der Hauptschuld erforderlich. Bei einem von der Gemeinde übernommenen<br />

oder einbehaltenen Sicherungsgut richtet sich die Betragsangabe nach der Höhe der bestehenden<br />

Haftung der Gemeinde und nicht nach dem Wert des (vorhandenen) Sicherungsgutes.<br />

Im Fall einer inzwischen eingetretenen Heranziehung der Gemeinde aus der Übernahme der Haftung, für die in<br />

diesem Umfang eine Verbindlichkeit in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen ist (Teilpassivierung des Haftungsrisikos),<br />

soll im Verbindlichkeitenspiegel noch das nicht zu passivierte Haftungsvolumen angegeben werden. In<br />

solchen Fällen ist aus Transparenzgründen und zur Nachvollziehbarkeit der gemeindlichen Haftungsverhältnisse<br />

ein Zusammenhang zwischen dem passivierungspflichtigen Teil und den Angaben im Verbindlichkeitenspiegel<br />

herzustellen und zu erläutern. Es soll durch eine solche Offenlegung der Haftungsverhältnisse den Interessen der<br />

Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses ausreichend Rechnung getragen werden.<br />

3. Die Bilanzierung von Sicherungsrechten<br />

Bei der Bestellung von Sicherheiten oder Sicherungsrechten an Vermögensgegenständen, z.B. Sicherungsübereignungen<br />

oder Sicherungsabtretungen verbleibt das wirtschaftliche Eigentum grundsätzlich beim Sicherungsgeber.<br />

Daher sind betroffene gemeindliche Vermögensgegenstände weiterhin in der Bilanz der Gemeinde anzusetzen,<br />

wenn die Gemeinde als Sicherungsgeber auftritt. Nur in den Ausnahmefällen, in denen die Vereinbarung<br />

zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer etwaige Verfügungsbefugnisse des Sicherungsnehmers<br />

vorsieht, die über den Sicherungszweck hinausgehen, besteht die Möglichkeit der Bilanzierung beim<br />

Sicherungsnehmer.<br />

In den Fällen, in denen gemeindliche Vermögensgegenstände als Sicherheit dienen, ist in der gemeindlichen<br />

Bilanz keine besondere Kennzeichnung bei den jeweils betroffenen Bilanzposten vorzunehmen. Es ist als ausreichend<br />

anzusehen, wenn im Anhang im gemeindlichen Jahresabschluss die entsprechenden Angaben zur Sicherungsübereignung<br />

dazu gemacht werden. Die Gemeinde sollte dazu Auskunft über die Art und den Umfang des<br />

erhaltenen bzw. bei ihr aufbewahrten Sicherheitsgutes geben. Außerdem kann im Falle der Verwertung des Sicherungsgutes<br />

die Gemeinde als Sicherungsnehmer ihre Ansprüche gegen einen Dritten als Sicherungsgeber mit<br />

dem erzielten Erlös unmittelbar verrechnen, ohne dass dadurch gegen das Saldierungsverbot nach § 41 Absatz 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> verstoßen wird.<br />

4. Kein Verbot der Bestellung bei Grundstücksveräußerungen<br />

Bei Grundstücksverkäufen der Gemeinde benötigt der Erwerber eines gemeindlichen Grundstückes zur Sicherheit<br />

bei der Finanzierung seines Grundstückskaufs oftmals bereits das noch zu erwerbende Grundstück. Es bedarf<br />

dann in solchen Fällen der Bestellung einer Sicherheit auf dem gemeindlichen Grundstück zur Finanzierung<br />

des Erwerbs des Grundstücks. Diese Bestellung erfolgt daher zugunsten eines Dritten und würde ohne eine Sonderregelung<br />

unter die Vorgaben der Sätze 1 und 2 des Absatzes 1 der Vorschrift fallen. Vor der Neuregelung<br />

durch das 1. NKF-Weiterentwicklungsgesetz wurden die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 GO <strong>NRW</strong> dann<br />

als nicht erfüllt angesehen, wenn vom Käufer der Kaufpreis für das Grundstück unmittelbar und unwiderruflich an<br />

die Gemeinde oder auf ein Notaranderkonto gezahlt wurde. In solchen Fällen bedurfte es dann der Zulassung<br />

einer Ausnahme.<br />

Bei solchen Geschäften liegt die Einräumung von Grundpfandrechten auch im Interesse der Gemeinde und im<br />

Rahmen einer geschäftsüblichen und marktgerechten Abwicklung der von ihr vorgesehenen Veräußerung. Die<br />

Gemeinde tritt hier nicht in eine Garantenstellung fremder Interessen ein, da die Grundpfandrechte nur unter<br />

Bedingung der Kaufpreiszahlung wirksam werden. Die Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos zugunsten eines<br />

Dritten ist mit der Bestellung der Grundpfandrechte bei Grundstückveräußerungsgeschäften für die Gemeinde<br />

regelmäßig nicht verbunden. In einzelnen Ausnahmefällen können Grundpfandrechtsbestellungen bei Grund-<br />

GEMEINDEORDNUNG 626


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

stücksverkäufen der Gemeinde ggf. der Zulassung einer Ausnahme nach § 87 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> bedürfen,<br />

z. B. wenn diese ohne deren Erteilung nichtig werden würden (vgl. § 130 GO <strong>NRW</strong>).<br />

5. Die Abgabe von gemeindlichen Erklärungen<br />

Die Bestellung von Sicherheiten zugunsten Dritter durch die Gemeinde, die Übernahme von Bürgschaften und<br />

Verpflichtungen aus Gewährverträgen im Rahmen der Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben sowie der Abschluss<br />

von sonstigen Rechtsgeschäften bedürfen der Beteiligung des Rates der Gemeinde, denn der Rat ist für<br />

die Übernahme von Bürgschaften, den Abschluss von Gewährverträgen und die Bestellung sonstiger Sicherheiten<br />

für andere Rechtsgeschäfte sowie für Rechtsgeschäfte allein zuständig, die den genannten Geschäften wirtschaftlich<br />

gleichkommen (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe p GO <strong>NRW</strong>). Aus diesen gemeindlichen Geschäften entstehen<br />

regelmäßig zukunftsbezogene Verpflichtungen der Gemeinde. Für die Einverständniserklärung ist die<br />

Schriftform ausdrücklich gesetzlich festgelegt worden (vgl. § 64 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Mit dieser gesetzlichen Vorgabe<br />

wird u.a. der Zweck verfolgt, die Gemeinde vor übereilten Erklärungen zu schützen.<br />

Die Gemeinde soll sich deshalb vor dem Abschluss solcher Rechtsgeschäfte die notwendige Klarheit über den<br />

Inhalt der neuen Verpflichtungen verschaffen und die interne Entscheidungszuständigkeit klären. Die gemeindlichen<br />

Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet wird, sind i.d.R. vom Bürgermeister oder dem allgemeinen<br />

Vertreter und einem vertretungsberechtigten Bediensteten zu unterzeichnen, soweit es sich nicht um ein<br />

Geschäft der laufenden Verwaltung handelt (vgl. § 64 GO <strong>NRW</strong>). Dabei ist zu beachten, dass Erklärungen der<br />

Gemeinde, die nicht den Formvorschriften der Gemeindeordnung entsprechen, nicht die Gemeinde binden.<br />

6. Die Nichtigkeit der Bestellung von Sicherheiten<br />

In einem unmittelbaren Zusammenhang mit der gemeindlichen Vorschrift über das Verbot der Bestellung von<br />

Sicherheiten zugunsten Dritter steht die Vorschrift des § 130 GO <strong>NRW</strong> über unwirksame Rechtsgeschäfte der<br />

Gemeinde. Nach Absatz 1 dieser besonderen Vorschrift sind die Rechtsgeschäfte der Gemeinde, die von ihr<br />

ohne die aufgrund von Vorschriften der Gemeindeordnung erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde<br />

abgeschlossen werden, unwirksam. So würden z.B. privatrechtliche Kaufverträge, die einer Genehmigung der<br />

Aufsichtsbehörde bedürften, bis zur Erteilung der Genehmigung schwebend unwirksam sein und bei einer Ablehnung<br />

der Genehmigung sogar endgültig unwirksam.<br />

In Absatz 2 der Vorschrift wird weiter ausdrücklich bestimmt, dass gemeindliche Rechtsgeschäfte, die gegen das<br />

Verbot der Bestellung von Sicherheiten zugunsten Dritter nach § 87 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> verstoßen, schuldrechtlich<br />

und dinglich nichtig sind. Aus der Nennung von bestimmten gemeindlichen Sachverhalten in der Vorschrift<br />

kann zudem abgeleitet werden, dass bei gemeindlichen Rechtsgeschäften die Verletzung anderer gemeinderechtlicher<br />

Vorschriften nicht zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes führt. Diese Vorschrift dient auch dem Schutz<br />

des gemeindlichen Vermögens im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Bestellung von Sicherheiten):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Verbot der Bestellung von Sicherheiten):<br />

Dem Verbot dieser Vorschrift liegt die Überlegung zugrunde, dass die Bestellung von Sicherheiten zugunsten<br />

Dritter die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos für fremde Interessen bedeutet. Dieses Risiko wird dadurch<br />

deutlicher, dass die Sicherheiten, die ein Dritter seinen Geschäftspartner bietet, nicht als ausreichend angesehen<br />

GEMEINDEORDNUNG 627


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

werden, sodass der Dritte eine Sicherheitsleistung der Gemeinde verlangt. Für die Gemeinde steht ihrer Sicherheitsleistung<br />

in der Regel keine unmittelbare Gegenleistung oder ein vermögensmäßiger Zuwachs gegenüber.<br />

Aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten und zur Sicherung der künftigen Haushaltswirtschaft, aber auch um auszuschließen,<br />

dass die Gemeinde die Stellung eines Garanten für Dritte einnimmt, enthält die Gemeindeordnung<br />

ein generelles Verbot der Bestellung von Sicherheiten zugunsten Dritter. Wenn aber Haftungsverhältnisse der<br />

Gemeinde aus der Bestellung von Sicherheiten bestehen, z.B. Grundpfandrechte, Pfandbestellungen an beweglichen<br />

Sachen und Rechten, Sicherungsabtretungen von Forderungen und sonstigen Rechten u.a., müssen diese<br />

im Verbindlichkeitenspiegel nach § 47 GemHVO <strong>NRW</strong> gesondert angegeben werden. Der dabei anzugebende<br />

Betrag wird nicht durch den Wert des Sicherungsgutes, sondern durch die Höhe der Haftung der Gemeinde bestimmt.<br />

Rechtsgeschäfte der Gemeinde, die gegen das Verbot verstoßen, sind nach der Vorschrift des § 130<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> nichtig.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Zulassung einer Ausnahme vom Verbot):<br />

Das Verbot der Bestellung von Sicherheiten wird durch Satz 2 der Vorschrift modifiziert, denn die Aufsichtsbehörde<br />

kann im Einzelfall eine Ausnahme von dem Verbot in Satz 1 der Vorschrift zulassen. Die Aufsichtsbehörden<br />

haben die ihnen angezeigten Sicherheitsleistungen bzw. Gewährleistungen für Dritte, für die von der Gemeinde<br />

die Zulassung einer Ausnahme erbeten wird, nach eigenem Ermessen zu beurteilen.<br />

Die Gemeinde muss aber vor ihrem Begehren versucht haben, das Risiko für ihre Haushaltswirtschaft möglichst<br />

gering zu halten und dies in ihrer Anzeige auch darlegen. Auch muss ein dringendes Interesse der Gemeinde<br />

vorliegen, dem sonst nicht Rechnung getragen werden kann. Die Bestellung der Sicherheit muss zudem im Rahmen<br />

der Aufgaben der Gemeinde liegen. Insbesondere muss bei einem erheblichen Wert der Sicherheit das<br />

damit verbundene Risiko für die Gemeinde in einem tragbaren Rahmen liegen.<br />

Der Zulassung einer Ausnahme nach dieser Vorschrift bedarf es z.B. nicht, wenn ein sonstiges Rechtsgeschäft<br />

der Gemeinde keine Übernahme einer Sicherheit für Dritte beinhaltet, z.B. der Erwerb eines mit einer Hypothek<br />

belasteten Grundstückes. In diesem Fall entsteht kein Rechtsgeschäft der Gemeinde über die Bestellung einer<br />

Sicherheit, sondern nur über den Erwerb eines belasteten Grundstückes, z. B. im Wege der Zwangsversteigerung.<br />

Gleichwohl muss auch in einem solchen Fall bei der Gemeinde die Haushaltsverträglichkeit des Erwerbsgeschäftes<br />

gegeben sein. Dazu muss insbesondere auch geprüft werden, welche möglichen Belastungen aufgrund<br />

des Vermögenserwerbs auf die Gemeinde zu kommen und ob sie diese Belastungen tragen will.<br />

1.3 Zu Satz 3 (Sonderregelung für Grundstücke)<br />

Bei Grundstücksverkäufen der Gemeinde ist zur Übertragung des Eigentums an dem betreffenden Grundstück<br />

eine Einigung der Gemeinde und des Dritten als Erwerber (Auflassung nach § 925 BGB) über den Eintritt der<br />

Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich (vgl. § 871 Absatz 1<br />

BGB). Vor der Eintragung in das Grundbuch sind die Beteiligten an die Einigung nur gebunden, wenn die Erklärungen<br />

notariell beurkundet oder vor dem Grundbuchamt abgegeben oder bei diesem eingereicht sind oder wenn<br />

der Berechtigte dem anderen Teil eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung<br />

ausgehändigt hat (vgl. § 873 BGB).<br />

Der Erwerber eines gemeindlichen Grundstückes benötigt zur Sicherheit bei der Finanzierung seines Grundstückskaufs<br />

oftmals bereits das noch zu erwerbende Grundstück. Es bedarf dann in solchen Fällen der Bestellung<br />

einer Sicherheit auf dem gemeindlichen Grundstück zur Finanzierung des Erwerbs des Grundstücks. Diese<br />

Bestellung erfolgt daher zugunsten eines Dritten und würde ohne eine Sonderregelung unter die Vorgaben der<br />

Sätze 1 und 2 des Absatzes 1 der Vorschrift fallen. Vor der Ergänzung der Vorschrift durch das 1. NKF-<br />

GEMEINDEORDNUNG 628


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

Weiterentwicklungsgesetz wurden die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 GO <strong>NRW</strong> als erfüllt angesehen,<br />

wenn vom Käufer der Kaufpreis für das Grundstück unmittelbar und unwiderruflich an die Gemeinde oder auf ein<br />

Notaranderkonto gezahlt wurde. In solchen Fällen bedurfte es dann nicht der Zulassung einer Ausnahme.<br />

Bei solchen Geschäften liegt die Einräumung von Grundpfandrechten auch im Interesse der Gemeinde und im<br />

Rahmen einer geschäftsüblichen und marktgerechten Abwicklung der von ihr vorgesehenen Veräußerung. Die<br />

Gemeinde tritt hier nicht in eine Garantenstellung fremder Interessen ein, da die Grundpfandrechte nur unter<br />

Bedingung der Kaufpreiszahlung wirksam werden. Die Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos zugunsten eines<br />

Dritten ist mit der Bestellung der Grundpfandrechte bei Grundstückveräußerungsgeschäften für die Gemeinde<br />

nicht verbunden. In einzelnen Ausnahmefällen können Grundpfandrechtsbestellungen bei Grundstücksverkäufen<br />

der Gemeinde ggf. der Zulassung einer Ausnahme nach § 87 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> bedürfen, z. B. wenn<br />

diese ohne deren Erteilung nichtig werden würden (vgl. § 130 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2. Zu Absatz 2 (Bürgschaften und Gewährverträge):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Übernahme und gemeindliche Aufgabenerfüllung):<br />

2.1.1 Die Bedeutung der Vorschrift<br />

Die Übernahme von Bürgschaften und Verpflichtungen aus Gewährverträgen bedeutet immer ein Risiko für die<br />

Gemeinde. Daher kommen für die Gemeinde derartige Rechtsgeschäfte nur in Betracht, wenn das Risiko haushaltswirtschaftlich<br />

tragbar ist und die Übernahme im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung liegt. Es bedarf<br />

einer Beteiligung der Entscheidung der Aufsichtsbehörde bei der Übernahme von Bürgschaften und Verpflichtungen<br />

aus Gewährverträgen durch die Gemeinde.<br />

In den Fällen der Übernahme von Bürgschaften und Verpflichtungen aus Gewährverträgen haftet die Gemeinde<br />

i.d.R. insgesamt und nicht eingeschränkt wie z. B. bei einer dinglichen Sicherung. Die Gemeinde darf daher keine<br />

selbstschuldnerische Bürgschaft (vgl. § 773 Absatz 1 Nummer 1 BGB) übernehmen, weil bei einem Ausfall des<br />

Schuldners der Gläubiger des Dritten die Gemeinde unmittelbar zur Befriedigung seiner Forderungen in Anspruch<br />

nehmen kann. Die Gemeinde darf daher regelmäßig nicht auf die Einrede der Vorausklage verzichten und sich<br />

nicht als Selbstschuldner verbürgen.<br />

Die Übernahme einer Bürgschaft durch die Gemeinde führt zudem nicht dazu, dass aus Anlass ihrer Übernahme<br />

eine Veranschlagung im gemeindlichen Haushaltsplan notwendig wird. Ein Anlass dazu liegt jedoch dann vor,<br />

wenn die Gemeinde als Bürge tatsächlich zu Leistungen gegenüber den Gläubigern des Bürgschaftsnehmers<br />

herangezogen werden soll. Die übernommene Bürgschaft ist jedoch im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

unter den Haftungsverhältnissen der Gemeinde anzugeben. Ob eine solche Angabe ausreichend ist<br />

oder eine andere bilanzielle Zuordnung zu erfolgen hat, z. B. für die gemeindliche Verpflichtung eine Rückstellung<br />

oder ggf. auch eine Verbindlichkeit zu bilanzieren, ist von der Gemeinde während der Laufzeit der Bürgschaft<br />

jährlich zum Abschlussstichtag anhand der ihr bekannten Verhältnisse zu prüfen und zu beurteilen.<br />

Die Abgabe einer Bürgschaftserklärung bzw. der Abschluss eines Bürgschaftsvertrages stellen verpflichtende<br />

Erklärungen zulasten der Gemeinde dar. Solche Verträge bedürfen daher gemäß § 64 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

der Schriftform. Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags der Gemeinde ist außerdem eine schriftliche Erteilung der<br />

Bürgschaftserklärung erforderlich (vgl. § 766 BGB). Dabei ist die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer<br />

Form nicht zulässig. Die Bürgschaftserklärung der Gemeinde bedarf zudem der Entscheidung des Rates<br />

(vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe p GO <strong>NRW</strong>). Sie ist vom Bürgermeister sowie einer weiteren Person zu unterzeichnen<br />

(vgl. § 64 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 629


2.1.2 Die Übernahme von Bürgschaften<br />

2.1.2.1 Vorgaben für Bürgschaften<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Instrument der Übernahme einer Bürgschaft, das auch von der Gemeinde genutzt wird, ist in den Vorschriften<br />

der §§ 765 ff. BGB näher bestimmt worden. Durch einen Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich die Gemeinde<br />

als Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Dritten einzustehen<br />

(vgl. § 765 Abs. 1 BGB). Durch die gemeindliche Bürgschaftsübernahme entsteht neben dem Schuldverhältnis<br />

zwischen einem Dritten und seinem Gläubiger durch einen Darlehensvertrag (vgl. § 488 BGB) ein zusätzliches<br />

Schuldverhältnis zwischen dem Gläubiger und der Gemeinde als Bürgen, durch das die Hauptforderung des<br />

Gläubigers abgesichert wird. Der Umfang der Bürgschaftsschuld wird dabei i.d.R. nach dem jeweiligen Bestand<br />

der Hauptverbindlichkeit einschl. ggf. bestehender Nebenleistungsverpflichtungen bemessen und regelmäßig<br />

entsprechend dem Sicherungszweck der Bürgschaft subsidiär ausgestaltet.<br />

Die haushaltsrechtliche Vorschrift stellt die Übernahme von Bürgschaften durch die Gemeinde von dem Verbot<br />

des Absatzes 1 Satz 1 frei, wenn die Gemeinde diese im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben übernehmen will.<br />

Die gemeindliche Bürgschaft stellt eine einseitige Verpflichtung zulasten der Gemeinde dar und hat den Zweck,<br />

gegenüber dem Gläubiger eines Dritten für die Verbindlichkeiten des Dritten einzustehen. Die Bürgschaftsübernahme<br />

kann sich dabei z. B. auf die Finanzierung vermögenswirksamer Maßnahmen eines Dritten beziehen.<br />

Die besondere Festlegung, dass die Übernahme von Bürgschaften nur im Rahmen der Erfüllung der gemeindlichen<br />

Aufgaben zulässig ist, soll dazu beitragen, dass die Gemeinde ein Risiko für Dritte nur dann übernehmen<br />

soll, wenn aus ihrer Aufgabenerfüllung heraus ein unmittelbares eigenes Interesse in der Sache besteht. Die<br />

Gemeinde soll daher immer eine Bürgschaftsform wählen, die nur ein geringes Risiko für die Gemeinde beinhaltet.<br />

Eine Inanspruchnahme der Gemeinde aus der übernommenen Bürgschaft heraus soll nach der wirtschaftlichen<br />

Situation des Dritten nicht sehr wahrscheinlich bzw. i.d.R. nicht zu erwarten sein.<br />

Die haushaltsmäßigen Auswirkungen sind durch die Gemeinde zu prüfen und einzuschätzen. Je höher ein mögliches<br />

Risiko besteht, desto sorgfältiger und strenger ist von der Gemeinde ist das Bürgschaftsrisiko zu prüfen. Die<br />

Übernahme solcher Bürgschaften soll daher nur erfolgen, wenn für den Fall der Inanspruchnahme der Gemeinde<br />

aus der Bürgschaft weiterhin die stetige Aufgabenerfüllung der Gemeinde gesichert ist. Soweit sich auch unter<br />

Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde eine Bürgschaftsübernahme haushaltsmäßig als nicht<br />

tragbar anzusehen ist, darf die Gemeinde eine Bürgschaft nicht übernehmen.<br />

2.1.2.2 Zulässige Arten gemeindlicher Bürgschaften<br />

Durch einen schriftlichen Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich die Gemeinde als Bürge gegenüber dem Gläubiger<br />

eines Dritten, für die Erfüllung bestimmter Verbindlichkeiten des Dritten einzustehen (vgl. § 766 BGB). Durch die<br />

Gestaltung der Bürgschaftserklärung selbst kann das Risiko für die Gemeinde minimiert werden. Es dürfen daher<br />

von der Gemeinde grundsätzlich nur Ausfallbürgschaften übernommen werden, um die Risiken für die Haushaltswirtschaft<br />

der Kommune auf ein Mindestmaß zu begrenzen.<br />

Für die Gemeinde kommt daher grundsätzlich nur die Übernahme einer Ausfallbürgschaft in Betracht, bei der der<br />

Gemeinde die Einrede der Vorausklage zusteht, sodass der Gläubiger des Dritten zuerst versuchen muss, im<br />

Wege der Zwangsvollstreckung seine Forderung gegenüber dem Schuldner durchzusetzen. Der Bürgschaftsfall<br />

wird dabei durch den Nachweis des Gläubigers des Dritten ausgelöst, dass er erfolglos die Zwangsvollstreckung<br />

betrieben hat und die Verwertung von anderen Sicherheiten nicht zum Erfolg führt (normale Ausfallbürgschaft).<br />

Im gemeindlichen Bereich erfolgt i.d.R. die Übernahme einer Bürgschaft in Form einer modifizierten Ausfallbürgschaft.<br />

Bei einer solchen Bürgschaft wird zwischen dem Gläubiger und dem Bürgen vereinbart, wann der Ausfall<br />

GEMEINDEORDNUNG 630


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

als eingetreten gelten soll, wobei unterschiedliche Arten der Modifizierung haushaltsrechtlich als zulässig angesehen<br />

werden können. So kann z.B. vereinbart werden, dass der Ausfall als eingetreten gilt, „… Monate nach der<br />

Fälligkeit des aufgenommenen Kredits“, bei „Eröffnung des Insolvenzverfahrens“, bei der „Zahlungseinstellung<br />

des Schuldners“, bei „Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung“ u.a.<br />

Bei einem Eintritt solcher genau bestimmter Ausfälle ist dann der Bürgschaftsfall eingetreten und die Gemeinde<br />

zur Leistung gegenüber dem Gläubiger verpflichtet. Die Gemeinde muss bei einer Bürgschaftsübernahme zudem<br />

prüfen, ob das europäische Beihilferecht dadurch berührt wird. Ob darüber hinaus wegen des Risikos für die<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde weitere Einschränkungen im Rahmen einer Bürgschaftsübernahme gelten<br />

müssen, muss der Beurteilung im Einzelfall überlassen bleiben. Für den Nachweis der Verpflichtungen aus Bürgschaften<br />

ist ein Nachweis über das Bestehen der Hauptschuld erforderlich.<br />

2.1.2.3 Die Konkretisierung der Bürgschaft<br />

Im Rahmen einer Bürgschaftsübernahme durch die Gemeinde ist nicht nur der Tatbestand des Eintritts des Ausfalls<br />

des Schuldners vertraglich genau zu bestimmen, sondern auch das Bürgschaftsvolumen ist konkret und<br />

bezogen auf das einzelne Schuldverhältnis festzulegen. Dieser Betrag sollte nicht höher sein als das zwingend<br />

Notwendige, denn es zählt nicht zu den Aufgaben einer Gemeinde, Dritte von Risiken aus ihrem wirtschaftlichen<br />

Handeln freizustellen. In die Vereinbarung gehört zudem die ausdrückliche Festlegung, ob und ggf. in welchem<br />

Umfang sich die Bürgschaft auch auf etwaige nicht gezahlte Zinsen, Verzugszinsen, Provisionen und Verwaltungskosten<br />

der Bürgschaft bezieht und diese abdeckt.<br />

In diesem Zusammenhang kann auch vereinbart werden, dass bei Eintritt eines Ausfalls die unmittelbaren Zahlungen<br />

der Gemeinde auf einen Höchstbetrag begrenzt sind und z. B. weitere Zahlungen erst erfolgen, wenn aus<br />

dem sonstigen Vermögen des Schuldners keine relevanten Erlöse mehr zu erwarten sind. Außerdem sind auch<br />

zeitliche Beschränkungen bei der Vornahme von gemeindlichen Zahlungsleistungen bei einem Ausfall grundsätzlich<br />

möglich, wenn die wirtschaftliche Lage der Gemeinde die Festlegung solcher Bedingungen erfordert. Es sollte<br />

in der Vereinbarung zudem zusätzlich klargestellt werden, wann die Gemeinde hinsichtlich der o.a. Nebenkosten<br />

leistungspflichtig wird bzw. dafür einzustehen hat.<br />

2.1.2.4 Bürgschaftsübernahmen zugunsten von Betrieben<br />

Bei der Übernahme von Bürgschaften zugunsten von Betrieben, die von der Gemeinde errichtet oder an denen<br />

die Gemeinde beteiligt ist, soll die Bürgschaft i.d.R. grundsätzlich nur entsprechend dem gemeindlichen Anteil an<br />

dem jeweiligen gemeindlichen Betrieb übernommen werden. Die Gemeinde darf daher im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung<br />

nicht zusätzlich Lasten von Dritten übernehmen, die über den Umfang ihrer wirtschaftlichen Betätigung,<br />

bezogen auf ihre Beteiligung an einem einzelnen Betrieb, hinausgehen. In den Fällen, in denen dagegen<br />

keine Beteiligung der Gemeinde an einem Unternehmen besteht, darf die Gemeinde auch keine Bürgschaften<br />

zugunsten eines solchen Betriebes übernehmen. Ob es in besonderen Ausnahmefällen gleichwohl möglich ist,<br />

von der Regel abzuweichen, kann nur im speziellen örtlichen Einzelfall geklärt werden.<br />

Diese Grundsätze lassen zu, dass in besonderen örtlichen Einzelfällen aus den bestehenden Gegebenheiten<br />

heraus ggf. Abweichungen bei der Bemessung der Bürgschaft der Gemeinde nach dem Beteiligungsverhältnis an<br />

einem Unternehmen vertretbar sind. Die örtlichen Abweichungen sind dabei daran zu messen, dass auch in diesen<br />

Fällen die Bürgschaftsübernahme in Einklang mit der gemeindlichen Aufgabenerfüllung unter Einbeziehung<br />

der örtlichen Besonderheiten der Gemeinde stehen muss. Darüber hinaus muss bei einer Bürgschaftsübernahme<br />

auch der Anlass für diese Risikoübernahme mit der gemeindlichen Aufgabenerfüllung in Einklang stehen. Die<br />

Gemeinde darf z. B. keine Bürgschaftsübernahme zur Insolvenzsicherung eines Betriebes übernehmen, auch<br />

wenn sie daran beteiligt ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 631


2.1.2.5 Unzulässige Bürgschaftsübernahmen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

Für die Gemeinde kann die Übernahme einer Bürgschaft für einen Dritten unzulässig sein. Dieser Tatbestand<br />

kann einerseits dadurch entstehen, dass eine Bürgschaftsform gewählt wird, die zu einem nicht vertretbaren<br />

Risiko für die Gemeinde führt, z. B. eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Andererseits kann auch der Dritte als<br />

Schuldner einen Anlass für die Unzulässigkeit einer Bürgschaftsübernahme darstellen, z. B. ein Unternehmen, an<br />

dem die Gemeinde nicht beteiligt ist. Bei Unternehmen der Telekommunikation gilt z. B. für die Gemeinde neben<br />

der Beschränkung der Haftung auch, dass die Gemeinde zur Wahrnehmung gleicher Wettbewerbschancen für<br />

solche Unternehmen i.S. des § 87 GO <strong>NRW</strong> keine Bürgschaften übernehmen und Sicherheiten leisten darf (vgl. §<br />

108 Absatz 1 Nummer 10 GO <strong>NRW</strong>). Im Rahmen einer Bürgschaftsübernahme hat die Gemeinde deshalb immer<br />

zu prüfen, ob sie gegenüber dem Schuldner berechtigt und leistungsfähig ist, für eine bestimmte Schuld eine<br />

Bürgschaft zu übernehmen.<br />

2.1.2.6 Die Übersicht über gemeindliche Bürgschaften<br />

Die Übernahme von Bürgschaften erfolgt regelmäßig durch die Gemeinde, wenn das Risiko haushaltswirtschaftlich<br />

tragbar ist und die Übernahme im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung liegt. Die Übernahme führt<br />

nicht dazu, eine Veranschlagung im gemeindlichen Haushaltsplan vorzunehmen. Diese Auswirkung liegt erst<br />

dann vor, wenn die Gemeinde als Bürge tatsächlich zu Leistungen herangezogen werden soll. Es ist sinnvoll und<br />

sachgerecht, im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses eine gesonderte Übersicht über die von der<br />

Gemeinde übernommenen Bürgschaften und deren Stand aufzustellen. Eine Möglichkeit zur Gestaltung dieser<br />

Übersicht wird nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Produkt-<br />

Bereich<br />

Kinder-,<br />

Jugend-<br />

und<br />

Familienhilfe<br />

Gesundheitsdienste<br />

(weitere<br />

Bereiche<br />

örtlich<br />

festlegen)<br />

Die Bürgschaftsübernahmen zugunsten Dritter<br />

Bürgschaftsadressaten<br />

Gläubiger Schuldner Datum Laufzeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 632<br />

Bürgschaftsübernahme Stand der Bürgschaft<br />

Bei<br />

Übernahme<br />

EUR<br />

Abbildung 99 „Die Bürgschaftsübernahmen zugunsten Dritter“<br />

Zum 31.12.<br />

des<br />

Haushalts-<br />

jahres<br />

…<br />

EUR


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Abgabe einer Bürgschaftserklärung bzw. der Abschluss eines Bürgschaftsvertrages stellen verpflichtende<br />

Erklärungen zulasten der Gemeinde dar. Dabei kann die Unterstützung Dritter durch eine Bürgschaftsübernahme<br />

durch die Gemeinde haushaltswirtschaftlich sachgerecht sein, wenn die Dritten örtlich tätig sind und dabei gemeindliche<br />

Aufgaben erfüllen. Es bietet sich daher eine Darstellung der bestehenden Bürgschaften unter Berücksichtigung<br />

der produktorientierten Teilpläne des gemeindlichen Haushaltsplans an.<br />

2.1.3 Bürgschaften der Gemeinde und europäisches Beihilferecht<br />

2.1.3.1 Die Ausgangslage<br />

Gemäß Artikel 87 des EG–Vertrages sind auch aus gemeindlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art,<br />

die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder<br />

zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten<br />

beeinträchtigen. Unter Beihilfen versteht das europäische Wettbewerbsrecht dabei auch alle von der Gemeinde<br />

gewährte Vorteile, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise<br />

zu tragen hat. Aus gemeindlichen Mitteln gewährte Bürgschaften und Garantien stellen eine der Kontrolle<br />

der Kommission unterliegende Beihilfe für den Darlehensnehmer dar, soweit sie ihn in die Lage versetzen, ein<br />

Darlehen zu erhalten, ihm den Vorteil eines günstigeren Darlehens verschaffen, ihm die Leistung anderer Sicherheiten<br />

ersparen oder sie ihm "kostenlos" ohne angemessene Risikoprämie bewilligt werden.<br />

2.1.3.2 Bürgschaften nicht staatliche Beihilfe<br />

2.1.3.2.1 Einzelbürgschaften<br />

Die Europäische Kommission geht nach ihrer Mitteilung vom 20.06.2008 davon aus, dass beim Vorliegen bestimmter<br />

Voraussetzungen die von der Gemeinde für ihre Betriebe übernommenen Bürgschaften nicht als staatliche<br />

Beihilfen zu bewerten sind (vgl. Abbildung).<br />

Die Einzelbürgschaften und staatliche Beihilfe<br />

Einzelbürgschaften der Gemeinde sind keine staatliche Beihilfe, wenn<br />

- der gemeindliche Betrieb sich nicht in finanziellen Schwierigkeiten befindet;<br />

- die Bürgschaft an ein bestimmtes Darlehen mit festgelegtem Höchstbetrag und Laufzeit geknüpft ist;<br />

- der gemeindliche Betrieb ein Eigenobligo von 20 v.H trägt, d.h. es dürfen nur 80 v.H. der Darlehenssumme<br />

verbürgt werden;<br />

- der gemeindliche Betrieb eine marktübliche Prämie für die Bürgschaft zahlt.<br />

Abbildung 100 „Die Einzelbürgschaften und staatliche Beihilfe“<br />

Bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen ist auch zu unterscheiden, ob die Gemeinde eine Bürgschaft<br />

als „Ad-hoc-Einzelbürgschaft“ oder aufgrund einer erlassenen Bürgschaftsregelung übernimmt. Eine Einzelbürgschaft<br />

der Gemeinde wird dann nicht als staatliche Beihilfe bewertet, wenn bei ihrer Gewährung bestimmte<br />

Bedingungen kumulativ erfüllt sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 633


2.1.3.2.2 Örtliche Bürgschaftsrichtlinien<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Übernahme einer Bürgschaft durch die Gemeinde aufgrund einer von der Gemeinde erlassenen abstrakten<br />

Regelung, z. B. Bürgschaftsrichtlinien, soll grundsätzlich in allgemeiner Form durch örtliche Bürgschaftsrichtlinien<br />

ermöglicht werden. Eine solche gemeindliche Regelung bedarf wegen ihrer Bedeutung eines Ratsbeschlusses. In<br />

solchen Fällen wird eine Bürgschaft nicht als eine staatliche Beihilfe bewertet, wenn bestimmte Bedingungen<br />

kumulativ erfüllt sind (vgl. Abbildung).<br />

Bürgschaftsrichtlinien und staatliche Beihilfe<br />

Bürgschaften der Gemeinde bei örtlichen Bürgschaftsrichtlinien sind keine staatliche<br />

Beihilfe, wenn<br />

- der gemeindliche Betrieb sich nicht in finanziellen Schwierigkeiten befindet;<br />

- die Bürgschaft an ein bestimmtes Darlehen mit festgelegtem Höchstbetrag und Laufzeit geknüpft ist;<br />

- der gemeindliche Betrieb ein Eigenobligo von 20 v.H trägt, d. h. es dürfen nur 80 v.H. der Darlehenssumme<br />

verbürgt werden;<br />

- die örtliche Regelung so gestaltet ist, dass sich die vorgenommenen Bürgschaftsgeschäfte auf der<br />

Grundlage einer Risikobewertung selbst finanzieren (Ausgleich der Verwaltungskosten, angemessener<br />

Kapitalertrag);<br />

- mindestens jährlich anhand der tatsächlichen Ausfallquote geprüft wird, ob die Höhe der Prämien<br />

angemessen ist;<br />

- die örtliche Regelung auch eine Anpassung der Prämien ermöglicht;<br />

- die örtliche Regelung festlegt, unter welchen Bedingungen Verpflichtungen aus Gewährverträgen<br />

übernommen werden, einschließlich der Festlegung der Förderfähigkeit gemeindlicher Betriebe nach<br />

Maßgabe der Bonität, des Höchstbetrages und der Laufzeit der Verträge u.a.<br />

Abbildung 101 „Bürgschaftsrichtlinien und staatliche Beihilfe“<br />

2.1.3.3 Bürgschaften und die „De-minimis“- Regelung<br />

Die Übernahme einer Bürgschaft durch die Gemeinde wird auch nicht als eine staatliche Beihilfe bewertet, wenn<br />

sie nicht aufgrund einer Bürgschaftsrichtlinie gewährt wird, aber die Voraussetzungen der „De-minimis“-<br />

Verordnung erfüllt. Dabei darf es sich aber nicht um Einzelbürgschaften (s.o.) handeln. Außerdem darf es sich bei<br />

dem gemeindlichen Betrieb nicht um einen Betrieb in Schwierigkeiten handeln. In den Fällen der Bürgschaftsgewährung<br />

darf der verbürgte Teil des Darlehens, für das im Rahmen der örtlichen Regelung eine Einzelbürgschaft<br />

gewährt wird, den Betrag i.H.v. 1,5 Mio. Euro (für den Straßentransportsektor 0,75 Mio. Euro) nicht übersteigen.<br />

Der gemeindliche Betrieb muss dabei ein Eigenobligo von 20 v.H tragen, d. h. es dürfen nur 80 v.H. der Darlehenssumme<br />

verbürgt werden. Sofern diese Fälle vorliegen, bedarf die Übernahme einer Bürgschaft durch die<br />

Gemeinde keiner Notifizierung durch die Europäische Kommission. Es sollte dabei berücksichtigt werden, dass<br />

der Schwellenwert für Ausgleichsleistungen auf bis zu 500.000 Euro in drei Jahren von der EU-Kommission angehoben<br />

wurde (vgl. De-Minimis-Verordnung Nr. 360/2012 vom 25.04.2012).<br />

GEMEINDEORDNUNG 634


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

2.1.3.4 Sonderfall: Bürgschaften für Betriebe in Schwierigkeiten<br />

Bei Bürgschaften der Gemeinde zugunsten eines Betriebes in Schwierigkeiten ist eine umfassende Prüfung erforderlich,<br />

ob die Gewährung einer gemeindlichen Bürgschaft als staatliche Beihilfe zu bewerten ist oder nicht,<br />

und ggf. eine Notifizierung bei der Europäischen Kommission erforderlich macht. Dazu und auch zur Ermittlung<br />

des Beihilfewertes sowie zu den möglichen Rechtsfolgen aus der Gewährung von Bürgschaften im Hinblick auf<br />

das europäische Beihilferecht gibt eine <strong>Handreichung</strong> des MWME <strong>NRW</strong> und des IM <strong>NRW</strong> umfassend Auskunft.<br />

Durch die in dieser <strong>Handreichung</strong> enthaltenen erläuternden Hinweise soll den Gemeinden eine Hilfestellung an<br />

die Hand gegeben werden, um bei der Übernahme von Bürgschaften auch das Europäische Beihilferecht zutreffend<br />

anzuwenden. Die <strong>Handreichung</strong> „Zur Beurteilung kommunaler Bürgschaften im Hinblick auf das Europäische<br />

Beihilfenrecht auf der Grundlage der Bürgschaftsmitteilung der Europäischen Kommission aus Juni 2008 (Abl. EU<br />

2008/C 155/10)“ ist unter der Internetadresse beider Ministerien verfügbar.<br />

2.1.3.5 Die Notifizierung gemeindlicher Bürgschaften<br />

Die Übernahme einer Bürgschaft durch die Gemeinde, bei der die Merkmale einer staatlichen Beihilfe nach den<br />

Bestimmungen der Europäischen Kommission erfüllt sind, bedarf vor ihrer Übernahme der Genehmigung der<br />

Europäischen Kommission (Notifizierung). Sie ist unabhängig von der Anzeige der gemeindlichen Entscheidung<br />

über die Übernahme einer Bürgschaft bei ihrer Aufsichtsbehörde durchzuführen. Vor der Genehmigung durch die<br />

Europäische Kommission sind alle Maßnahmen zu unterlassen, die einen Rechtsanspruch auf eine Übernahme<br />

der Bürgschaft durch die Gemeinde begründen könnten. Dagegen sind rechtlich unverbindliche und als solche<br />

gekennzeichnete Absichtserklärungen, z. B. ein „letter of intent“, als zulässig anzusehen.<br />

2.1.4 Die Übernahme von Verpflichtungen aus Gewährverträgen<br />

Die Vorschrift stellt die Übernahme von Verpflichtungen aus Gewährverträgen, die ein anderes Rechtsverhältnis<br />

als die Bürgschaften darstellen, obwohl sie mit diesen verwandt sind, von dem Verbot der Bestellung von Sicherheiten<br />

zugunsten Dritter für den Fall frei, dass die Gemeinde eine solche Verpflichtung im Rahmen der Erfüllung<br />

ihrer Aufgaben übernehmen will. In solchen Fällen wird die Übernahme von Verpflichtungen aus Gewährverträgen<br />

durch die Gemeinde zugleich der Anzeigepflicht gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde unterworfen.<br />

Die Festlegung, dass die Übernahme von Verpflichtungen aus Gewährverträgen nur im Rahmen der Erfüllung der<br />

gemeindlichen Aufgaben zulässig ist, soll dazu beitragen, dass die Gemeinde ein Risiko für Dritte nur in den Fällen<br />

übernimmt, wenn wegen ihrer Aufgabenerfüllung ein unmittelbares eigenes Interesse besteht. In einem Gewährvertrag<br />

oder Garantievertrag verpflichtet sich die Gemeinde als Schuldner, für einen Erfolg einzustehen oder<br />

die Gewähr für einen künftigen, noch nicht entstandenen Schaden zu übernehmen, der dem Anderen aus einem<br />

eigenen Vorgang erwächst.<br />

Der Schuldner ist im Falle der Gewährleistung verpflichtet, den Gläubiger so zu stellen, als ob der mögliche Erfolg<br />

eingetreten oder ein Schaden nicht entstanden wäre. Zu diesen Rechtsverhältnissen gehören die Haftungsübernahme,<br />

die Patronatserklärung, die Erwerbsverpflichtung und die Garantieversprechen. Deren Umfang ist unter<br />

der Zugrundelegung ungünstiger Umstände zu bestimmen. In der gemeindlichen Praxis werden deshalb unter<br />

dem Begriff „Gewährleistungsverträge“ eine Vielzahl unterschiedlicher Vereinbarungen verstanden, bei denen die<br />

Gemeinde einer der Vertragspartner ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 635


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

2.2 Zu Satz 2 (Anzeigepflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde):<br />

Nach der Vorschrift hat die Gemeinde die Entscheidung zur Übernahme von Bürgschaften oder von Verpflichtungen<br />

aus einem Gewährvertrag ihrer Aufsichtsbehörde unverzüglich, spätestens einen Monat vor der rechtsverbindlichen<br />

Übernahme, schriftlich anzuzeigen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass eine Anzeigepflicht<br />

nicht nur entsteht, wenn Verpflichtungen der Gemeinde in eigenständigen Verträgen vereinbart werden.<br />

Diese Pflicht entsteht auch, wenn durch Regelungen oder Klauseln in anderen Verträgen vergleichbare<br />

Verpflichtungen zulasten der Gemeinde enthalten sind, z. B. im Gesellschaftsvertrag von Betrieben der Gemeinde.<br />

Die Anzeige der Gemeinde gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde muss so weitreichend gefasst sein, dass die Aufsichtsbehörde<br />

die anstehende Entscheidung der Gemeinde zur Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos für<br />

fremde Interessen beurteilen kann. Die Gemeinde hat daher nicht nur zu belegen, dass ihre Entscheidung im<br />

Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung liegt, sondern auch das Risiko bzw. die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme<br />

aus einem solchen Haftungsverhältnis sowie deren mögliche Auswirkungen auf die künftige Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde. Ihrer Anzeige hat die Gemeinde die dazu gehörenden Unterlagen beizufügen, aus denen<br />

z. B. der Adressat der Bürgschaft, die Daten der Bürgschaft u.a. hervorgehen müssen. Die Gemeinde muss<br />

zur Bürgschaftsübernahme eine eigene Gesamtbeurteilung gegenüber der Aufsichtsbehörde abgeben.<br />

Ein solches Anzeigeverfahren ist sachlich notwendig, denn der Eingang solcher Verpflichtungen durch die Gemeinde<br />

bedarf weder einer Festsetzung in der gemeindlichen Haushaltssatzung noch einer Veranschlagung im<br />

Haushaltsplan der Gemeinde. Wegen der aus solchen Verträgen möglicherweise entstehenden finanziellen Verpflichtungen,<br />

die bei einer Inanspruchnahme der Gemeinde aus Bürgschafts- oder Gewährverträgen ggf. erhebliche<br />

Auswirkungen auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft haben können, ist die gesetzliche Festlegung einer<br />

vorherigen Anzeigepflicht geboten und sachgerecht. Die Aufsichtsbehörde sollte in jedem Anzeigeverfahren auch<br />

eine Rückäußerung an die Gemeinde geben und darin ihre aufsichtsrechtliche Einschätzung aufzeigen.<br />

3. Zu Absatz 3 (Übernahme von Verpflichtungen aus anderen Rechtsgeschäften):<br />

3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Vorschrift erstreckt die Anzeigepflicht des Absatzes 2 ausdrücklich auf weitere Rechtsgeschäfte der Gemeinde,<br />

die gemeindlichen Bürgschaftsübernahmen und Verpflichtungen aus Gewährverträgen wirtschaftlich gleichkommen.<br />

Hierunter fallen z. B. insbesondere Erfüllungsübernahmen, Schuldübernahmen und Schuldbeitritte<br />

durch die Gemeinde. Die Anzeige der Gemeinde gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde muss so weitreichend gefasst<br />

sein, dass die Aufsichtsbehörde die anstehende Entscheidung der Gemeinde zur Übernahme von Verpflichtungen<br />

aus Rechtsgeschäften Dritter hinsichtlich eines wirtschaftlichen Risikos beurteilen kann.<br />

Die Gemeinde hat daher nicht nur zu belegen, dass ihre Entscheidung im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung liegt,<br />

sondern den Umfang der Inanspruchnahme aus einer solchen Übernahme sowie deren mögliche Auswirkungen<br />

auf die künftige Haushaltswirtschaft der Gemeinde. Ihrer Anzeige hat die Gemeinde daher die dazu gehörenden<br />

Unterlagen beizufügen. Sie muss zudem eine eigene Gesamtbeurteilung gegenüber der Aufsichtsbehörde abgeben.<br />

In der Vorschrift wird die Zustimmung zu Rechtsgeschäften Dritter besonders herausgestellt.<br />

Aus solchen verpflichtenden Zusagen erwachsen der Gemeinde regelmäßig Verpflichtungen zu Leistungen in<br />

künftigen Haushaltsjahren. Bei solchen gemeindlichen Vorgängen wird allgemein davon ausgegangen, dass die<br />

Aufgabenerledigung auf Dritte in eigener Verantwortung übertragen worden ist, die Gemeinde jedoch subsidiär<br />

weiter für Verbindlichkeiten haftet, die aus der Durchführung dieser Aufgabenerledigung entstehen. Zu solchen<br />

gemeindlichen Gegebenheiten sind z. B. auch Sanierungsträgerverträge oder Entwicklungsträgerverträge zu<br />

zählen, soweit sie Kredit- oder Haftungsverpflichtungen der Gemeinde begründen. Die Gemeinde darf in solchen<br />

GEMEINDEORDNUNG 636


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

Fällen ihre Zustimmung nur nach Anzeige an die Aufsichtsbehörde entsprechend der Regelung in Absatz der<br />

Vorschrift erteilen. Der gemeindlichen Zustimmung zu solchen Verträgen soll wegen der wirtschaftlichen Bedeutung<br />

und den möglicherweise erheblichen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der Gemeinde eine sorgfältige<br />

Prüfung vorausgehen.<br />

3.2 Schuldübernahmen und Schuldbeitritt<br />

Der Gemeinde ist es möglich, Schulden eines Dritten im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung zu übernehmen, z. B.<br />

von einem gemeindlichen Betrieb im Rahmen ihrer anteiligen Beteiligung an diesem Betrieb. Die zivilrechtlich<br />

geregelte befreiende Schuldübernahme nach § 414 BGB ist dabei das Gegenstück zur Abtretung auf Schuldnerseite.<br />

Sie führt zu einem Austausch des Schuldners im betreffenden Darlehensgeschäft, sodass in einem solchen<br />

Fall die Gemeinde als Übernehmende an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt. Ab diesem Zeitpunkt scheidet<br />

der bisherige Schuldner aus dem bestehenden Schuldverhältnis gegenüber dem Gläubiger aus. Diese „befreiende“<br />

Schuldübernahme dient somit in erster Linie den Interessen des „Altschuldners“.<br />

Von der Schuldübernahme muss der Schuldbeitritt (kumulative Schuldübernahme) unterschieden werden, der<br />

auch durch die Gemeinde möglich ist. Bei einem Schuldbeitritt tritt die Gemeinde als weiterer Schuldner neben<br />

den bisherigen Schuldner. Der Schuldbeitritt führt daher nicht zu einem Schuldnerwechsel, sondern zu einer<br />

Schuldnermehrheit, durch die ab diesem Zeitpunkt die Gesamtschuld im Sinne des § 421 BGB getragen wird.<br />

Damit stellt ein Schuldbeitritt durch die Gemeinde ein Sicherungsmittel für den Gläubiger dar. Er dient ggf. vorrangig<br />

den Interessen des Gläubigers, dem jetzt auch die Vermögensmasse der Gemeinde zur Befriedigung<br />

seiner Forderungen zur Verfügung stehen.<br />

3.3 Erfüllungsübernahmen<br />

Der Gemeinde ist es möglich, Schulden eines Dritten, z. B. eines gemeindlichen Betriebes, im Rahmen ihrer<br />

anteiligen Beteiligung an diesem Betrieb zu erfüllen. Bei der sogenannten Erfüllungsübernahme (vgl. § 329 BGB)<br />

verpflichtet sich die Gemeinde als Übernehmende gegenüber dem Schuldner, diesen von seiner Schuld zu befreien.<br />

Der Schuldner hat damit einen Anspruch gegen die Gemeinde als Übernehmende und zwar darauf, dass<br />

diese seine Schuld gegenüber dem Gläubiger erfüllt.<br />

Die Gemeinde ist dadurch nicht Schuldner gegenüber dem Gläubiger eines Dritten. Die Verpflichtung der Gemeinde<br />

wirkt daher nur im Verhältnis zwischen ihr als Übernehmende und dem Schuldner, jedoch nicht gegenüber<br />

dem Gläubiger. Der Gläubiger erwirbt daher keinen Anspruch gegen die Gemeinde als Übernehmende und<br />

kann von ihr auch keine Leistung einfordern. Die Erfüllungsübernahme dient somit in erster Linie den Interessen<br />

des Schuldners.<br />

3.4 Die Patronatserklärung<br />

Die Gemeinde gibt vielfach verpflichtende Erklärungen, z.B. wegen ihrer Betriebe, gegenüber Dritten mit dem<br />

Zweck ab, die Kreditwürdigkeit des betreffenden Betriebes zu erhalten. Derartige Erklärungen werden als Patronatserklärung<br />

bezeichnet, weil die Gemeinde als „Patron“ mit der Erklärung vielfach die Erfüllung der gegenwärtigen<br />

und künftigen Verbindlichkeiten des Betriebes im Sinne einer Haftung absichert bzw. bereit ist, dem Betrieb<br />

die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinne kann auch Zusage der Gemeinde gegenüber<br />

einem gemeindlichen Betrieb zur Abdeckung oder Übernahme eines Verlustes als Patronatserklärung<br />

bezeichnet werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 637


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde darf derartige Erklärungen, die ggf. eine Einstandspflicht bewirken, nur unter Beachtung der einschlägigen<br />

Vorschriften des gemeindlichen Haushaltsrechts abgeben. Sie muss dabei prüfen, ob im örtlichen<br />

Einzelfall ihre Entscheidung für eine Patronatserklärung der Aufsichtsbehörde anzuzeigen ist und in welcher Form<br />

sich die Erklärung bilanziell auswirkt. Es kann dabei ggf. ausreichend sein, die Erklärung unter den Haftungsverhältnissen<br />

im Verbindlichkeitenspiegel anzugeben (vgl. § 47 Absatz 1 Satz GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 638


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 88<br />

Rückstellungen<br />

Für dem Grunde oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten, für drohende Verluste aus schwebenden<br />

Geschäften oder laufenden Verfahren oder für bestimmte Aufwendungen hat die Gemeinde Rückstellungen in<br />

angemessener Höhe zu bilden.<br />

Erläuterungen zu § 88:<br />

1. Die Grundlagen der Rückstellungsbildung<br />

1.1 Die Erfordernisse für die Rückstellungsbildung<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft mit einer Erfassung und dem Nachweis der auf das Haushaltsjahr<br />

bezogenen Ressourcen bedarf es auch der periodengerechten Erfassung aller gemeindlichen Verpflichtungen,<br />

auch wenn diese z. B. dem Grunde oder der Höhe nach noch ungewiss sind. Durch die Bilanzierung der<br />

gemeindlichen Rückstellungen wird daher eine Vorsorge der Gemeinde für ihre Verpflichtungen, die künftig zu<br />

gemeindlichen Zahlungen führen können, transparent und nachvollziehbar gemacht. Zur Erfassung des vollständigen<br />

Ressourcenverbrauchs der Gemeinde gehört daher auch die Bildung von Rückstellungen für gemeindliche<br />

Verpflichtungen, deren Eintritt dem Grunde nach zu erwarten ist, deren Höhe und Fälligkeitstermin jedoch noch<br />

ungewiss, aber dennoch ausreichend sicher sind, die wirtschaftliche Ursache aber bereits vor dem Abschlussstichtag<br />

eingetreten ist.<br />

Durch die Bildung von Rückstellungen durch die Gemeinde werden die gemeindlichen Aufwendungen dem<br />

Haushaltsjahr als Verursachungsperiode zugerechnet. Diese Gegebenheiten setzen im jeweiligen Haushaltsjahr<br />

ein „verpflichtendes Ereignis“ der Gemeinde gegenüber Dritten (Außenverpflichtung) oder gegenüber sich selbst<br />

(Innenverpflichtung) voraus. Ein solches gemeindliches Ereignis schafft eine rechtliche oder faktische Verpflichtung<br />

für die Gemeinde, aufgrund dessen sie keine rechtliche Alternative zur Erfüllung der Verpflichtung hat, sodass<br />

von ihr Rückstellungen zu bilden und zu bilanzieren sind. In den Fällen, in denen die Bedingungen für die<br />

Bildung von Rückstellungen bei der Gemeinde vorliegen, sind diese in angemessener Höhe unter Beachtung des<br />

Vorsichtsprinzips zu bilden.<br />

Die gemeindlichen Rückstellungen sind im Rahmen des Jahresabschlusses der Gemeinde in der Ergebnisrechnung<br />

zu erfassen und entsprechend in der gemeindlichen Bilanz zu passivieren. Zum Zeitpunkt ihrer Bildung<br />

bleibt die Finanzrechnung der Gemeinde regelmäßig unberührt. Aus den Verpflichtungen der Gemeinde gegenüber<br />

Dritten sind die Zahlungen erst zum späteren Zeitpunkt der Fälligkeit zu leisten und dann nur in der gemeindlichen<br />

Finanzrechnung zu erfassen. Sofern eine Rückstellungsbildung oder deren Veränderung (Erhöhungen<br />

und Verminderungen) im Haushaltsjahr zu erwarten sind, müssen die deshalb entstehenden Aufwendungen<br />

und Erträge im gemeindlichen Ergebnisplan veranschlagt werden. Die aus der Erfüllung der Verpflichtungen der<br />

Gemeinde entstehende Inanspruchnahme einer Rückstellung, die zu einer Auszahlung an einen Dritten führt, ist<br />

nur im gemeindlichen Finanzplan zu veranschlagen.<br />

1.2 Die Pflicht zur Rückstellungsbildung<br />

Die Pflicht der Gemeinde zur Rückstellungsbildung wird im gemeindlichen Haushaltsrecht im Grundsatz auf die<br />

wesentlichen Verpflichtungen der Gemeinde beschränkt. Diesem Grundsatz folgen auch die Festlegungen, dass<br />

für gemeindliche Verpflichtungen, die dem Grunde oder der Höhe nach zum Abschlussstichtag noch nicht genau<br />

bekannt sind, die Gemeinde in ihrer Bilanz entsprechend hohe Rückstellungen anzusetzen hat, sofern der von<br />

der Gemeinde zu leistende Betrag nicht geringfügig ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 639


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Zu diesen gemeindlichen Verpflichtungen gehört auch die Festlegung, dass für drohende Verluste aus schwebenden<br />

Geschäften und aus laufenden Verfahren der Gemeinde entsprechend hohe Rückstellungen bilanziert<br />

werden müssen, sofern der voraussichtliche Verlust für die Gemeinde nicht geringfügig sein wird. Für die Bilanzierung<br />

einer gemeindlichen Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist jedoch allein nicht ausreichend,<br />

dass diese zum Abschlussstichtag der Gemeinde rechtlich entstanden ist. Eine solche Verpflichtung der Gemeinde<br />

muss zudem gegenüber einem Dritten bestehen (Außenverpflichtung).<br />

Ein Beispiel bietet die Regelung über die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen der Gemeinde (vgl. § 58<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde ist nach dieser haushaltsrechtlichen Vorschrift verpflichtet, ihre Geschäftsunterlagen<br />

aufzubewahren. Es ist somit davon auszugehen, dass eine gemeindliche Verpflichtung besteht und entsprechend<br />

eine Verbindlichkeitsrückstellung rechtlich entstanden ist. Die Gemeinde ist aber in diesem Beispiel<br />

nur gegenüber sich selbst und nicht gegenüber einem Dritten verpflichtet. Eine Konkretisierung der rechtlichen<br />

Verpflichtung durch einen externen Adressaten ist daher nicht möglich.<br />

Diese „Lücke“ bewirkt, dass die Bildung einer entsprechenden Rückstellung als nicht zulässig anzusehen ist. Sie<br />

kann auch nicht dadurch geschlossen werden, dass die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen eine "interne"<br />

Verpflichtung der Gemeinde darstellt. Solche Verpflichtungen sind durch die haushaltsrechtliche Vorschrift nur für<br />

wenige gemeindliche Sachverhalte zulässig, z. B. für die unterlassene Instandhaltung von Sachanlagen. Die<br />

rechtliche Verpflichtung der Gemeinde begründet daher alleine nicht die Verpflichtung zur Bilanzierung einer<br />

Rückstellung für die Aufbewahrung gemeindlicher Geschäftsunterlagen.<br />

1.3 Die Zwecke der Rückstellungsbildung<br />

Mit den gemeindlichen Rückstellungen werden Vorgänge dem jeweiligen Haushaltsjahr in Form von Aufwendungen<br />

zugerechnet, die in diesem Haushaltsjahr verursacht worden sind, eine wirtschaftliche Belastung für die Gemeinde<br />

auslösen und in ihrer Höhe quantifizierbar sind. Die darauf notwendigen Handlungen der Gemeinde erfolgen<br />

jedoch erst zukünftig, z. B. in Form von Zahlungsleistungen. Durch die Bilanzierung einer Rückstellung findet<br />

daher immer eine Verknüpfung zwischen der im Haushaltsjahr entstandenen Belastung der Gemeinde und der<br />

von ihr in einem Folgejahr vorzunehmenden Zahlungsleistung statt.<br />

Die Bildung einer gemeindlichen Rückstellung muss daher nicht nur an eine Handlung der Gemeinde in der Vergangenheit<br />

anknüpfen, sondern vielmehr eine „Abgeltung“ dieser abgeschlossenen gemeindlichen Handlung<br />

darstellen. Es reicht daher eine bloße Einschätzung über eine mögliche künftige Inanspruchnahme oder eines<br />

Verlustes durch die Gemeinde für die Bildung einer gemeindlichen Rückstellung regelmäßig nicht aus. Vielmehr<br />

muss grundsätzlich ernsthaft und mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Inanspruchnahme der Gemeinde oder<br />

mit einem Verlust für die Gemeinde gerechnet werden. In einem solchen Bewertungsspielraum beinhaltet die<br />

vernünftige Beurteilung eines örtlichen Sachverhaltes auch die Prüfung von Chancen und Risiken für die Gemeinde<br />

unter Beachtung des Vorsichtsprinzips. Die Beurteilung muss dabei in sich schlüssig und willkürfrei sein,<br />

sodass das Ergebnis aus objektiven Gegebenheiten logisch ableitbar und nachvollziehbar ist.<br />

Von der Gemeinde dürfen erst Rückstellungen gebildet und bilanziert werden, wenn alle Kriterien dafür erfüllt<br />

sind. Die Rückstellungen stellen dabei für die Gemeinde kein Eigenkapital in ihrer Bilanz dar. Sie sind vielmehr<br />

dem in der gemeindlichen Bilanz abzubildenden Fremdkapital zuzuordnen und stellen zudem eine Ergänzung der<br />

Verbindlichkeiten der Gemeinde dar. Der Umfang der zu bildenden gemeindlichen Rückstellungen bemisst sich<br />

dabei i.d.R. nach dem voraussichtlich zukünftigen Erfüllungsbetrag der Gemeinde. Dabei kommt grundsätzlich<br />

nicht das ausschließliche Stichtagsprinzip zur Anwendung, d. h. der Ansatz in der gemeindlichen Bilanz ist nicht<br />

danach zu bestimmen, was die Gemeinde am jeweiligen Abschlussstichtag aufbringen müsste, um ihre Verpflichtung<br />

zu diesem Tag zu erfüllen. Sie muss vielmehr berücksichtigen, in welchem Umfang sie künftig ihre Verpflichtung<br />

erfüllen muss (Erfüllungspflicht).<br />

GEMEINDEORDNUNG 640


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Von der Gemeinde muss deshalb unter Beachtung der GoB auch geprüft werden, ob im weiteren Rückstellungszeitraum<br />

z. B. allgemeine Kosten- oder Preissteigerungen entstehen werden. Soweit diese von der Gemeinde<br />

erkennbar sind und und objektiv betrachtet sich auf den gemeindlichen Erfüllungsbetrag auswirken können, müssen<br />

diese Faktoren bei der gemeindlichen Rückstellungsbildung berücksichtigt werden. Zu solchen Faktoren<br />

sollen aber nicht persönliche Veränderungen im Einzelfall gehören, sodass z. B. die berufliche Entwicklung von<br />

Beamtinnen und Beamten nicht von Anfang an zu berücksichtigen ist. Diese Entwicklung soll sich erst ab dem<br />

Zeitpunkt auf die Rückstellungsbildung auswirken, zu dem sie tatsächlich eingetreten ist. Erst dann erwerben die<br />

Beamtinnen und Beamten die entsprechenden Ansprüche auf künftige Versorgungsleistungen gegenüber ihrem<br />

Dienstherrn.<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Jahresabschlussarbeiten müssen von der Gemeinde bestehende bzw. bilanzierte<br />

Rückstellungen unter Berücksichtigung der Geschäftsvorfälle des abgelaufenen Haushaltsjahres überprüft und<br />

ein möglicher Bedarf für neue Rückstellungen sowie für die Aufstockung oder Auflösung bestehender und bilanzierter<br />

Rückstellungen ermittelt werden. Für bereits bilanzierte gemeindliche Rückstellungen muss auch geprüft<br />

werden, ob der frühere Rückstellungsgrund zum Abschlussstichtag noch besteht, ob bereits eine Inanspruchnahme<br />

der Rückstellung erfolgte, ggf. in welcher Höhe, oder ob aus anderen Gründen eine Anpassung vorzunehmen<br />

ist. Im örtlichen Einzelfall muss der notwendige Rückstellungsbetrag oder der Anpassungsbedarf ggf.<br />

auch unter Einbeziehung der zu betrachtenden wirtschaftlichen Verhältnisse vorsichtig geschätzt werden, wenn<br />

der Ansatz nicht auf eine andere Art und Weise rechnerisch ermittelt werden kann. Die Ermittlung eines Rückstellungsbetrages<br />

erfordert immer auch eine nachvollziehbare Begründung und eine ausreichende Dokumentation.<br />

1.4 Das Saldierungsverbot<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss soll einen Überblick über das Ergebnis der wirtschaftlichen Aktivitäten der<br />

Gemeinde im Haushaltsjahr und die daraus entstandene gemeindliche Vermögens- und Schuldenlage geben. In<br />

der Bilanz der Gemeinde sind dazu insbesondere die gemeindlichen Verpflichtungen zu passivieren, zu denen<br />

auch die anzusetzenden Rückstellungen der Gemeinde gehören. Die gemeindliche Bilanz ist dabei als Bruttorechnung<br />

zu führen, sodass die Bilanzposten auf der Aktivseite nicht mit den Bilanzposten auf der Passivseite<br />

verrechnet werden dürfen (vgl. § 41 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese gemeindlichen Verhältnisse bedingen, dass<br />

eine Verrechnung von Vermögensgegenständen auf der Aktivseite der gemeindlichen Bilanz mit bilanzierten<br />

gemeindlichen Verpflichtungen auf der Passivseite der Bilanz nicht zulässig ist. Das Saldierungsverbot bewirkt z.<br />

B., dass eine Verrechnung des Verpflichtungsansatzes einer Pensionsrückstellung mit dem angesetzten Vermögenswert<br />

einer Kapitalversicherung als „Beamtenpensionsversicherung“ nicht erfolgen darf. Dieses Verbot gilt<br />

auch dann noch, wenn die Kapitalversicherung der Beschaffung von Liquidität für die künftigen Zahlungen der<br />

Versorgungsleistungen durch die Gemeinde dient.<br />

Das haushaltsrechtlich verankerte Saldierungsverbot soll u.a. eine Bilanzverschleierung verhindern, denn das<br />

Eigenkapital in der Bilanz der Gemeinde ist nicht allein auf die Darstellung und Erfassung als Nettovermögen<br />

ausgerichtet worden. Es steht auch unmittelbar mit dem gemeindlichen Haushaltsausgleich in Verbindung (vgl. §§<br />

75 und 76 GO <strong>NRW</strong>). Bei der Gemeinde soll es deshalb nicht dazu kommen, dass sachlich gebotene Wertansätze<br />

nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang unter den Aktiv- oder Passivposten in der gemeindlichen Bilanz<br />

angesetzt werden. Das Verbot der Saldierung dient deshalb auch dem Erhalt der Übersicht über die bilanzierten<br />

Rückstellungen als Nachweis bestehender gemeindlicher Verpflichtungen. Bei einer Zusammenfassung von Bilanzposten<br />

oder einer Aufrechnung dürfte die Übersicht verloren gehen und die Transparenz über die gemeindlichen<br />

Rückstellungen eingeschränkt werden. Außerdem würde in einem solchen Fall gegen die Bilanzierungsgrundsätze<br />

„Klarheit“ und „Übersichtlichkeit“ verstoßen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 641


2. Die Anwendung von Rechtsbegriffen<br />

2.1 Der Rechtsbegriff „Ungewiss“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei der Bilanzierung von Verpflichtungsrückstellungen dürfen der Gemeinde zum Abschlussstichtag die Verpflichtungen<br />

dem Grunde oder der Höhe nach noch nicht genau bekannt sein. Für den Tatbestand der Ungewissheit<br />

bei einem gemeindlichen Sachverhalt müssen akzeptable Anhaltspunkte vorliegen, sodass eine Verpflichtung der<br />

Gemeinde nicht auszuschließen ist, die Gemeinde dies aber noch nicht abschließend beurteilen kann. Die Gemeinde<br />

muss aber zum Abschlussstichtag aufgrund objektiver Tatbestände und nicht aufgrund einer subjektiven<br />

Einschätzung sorgfältig beurteilen, dass ihre Inanspruchnahme voraussichtlich erfolgen wird. Bei den gemeindlichen<br />

Fällen, in denen nur ungewiss ist, wem gegenüber eine Verbindlichkeit besteht oder wann sie fällig wird,<br />

liegt regelmäßig keine Ungewissheit im Sinne dieser Vorschrift vor, sodass eine Rückstellungsbildung durch die<br />

Gemeinde nicht zulässig ist.<br />

Die „Ungewissheit“ kann sich bei Verpflichtungsrückstellungen auf die Höhe der Verpflichtung und auf das Bestehen<br />

der Verpflichtung beziehen. Dem Grunde nach ungewiss ist eine gemeindliche Verpflichtung, wenn erst ein<br />

Ereignis eintreten muss, dessen Eintritt aber unklar ist, z. B. bei einer Gewährleistung. Der Höhe nach ungewiss<br />

sind solche Verpflichtungen, die z. B. wegen noch nicht eingegangener Rechnungen bestehen. Außerdem muss<br />

sich die Ungewissheit über eine gemeindliche Verpflichtung nicht immer zwingend auf deren gesamten Umfang<br />

erstrecken. Insbesondere in den Fällen, in den gemeindliche Verpflichtungen hinsichtlich ihrer Höhe ungewiss<br />

sind, können Teile davon durchaus gewiss sein. Unter diesen Gegebenheiten ist ein bilanzieller Ansatz von der<br />

Gemeinde entsprechend vorzunehmen. Der „gewisse“ Teil ist in der gemeindlichen Bilanz unter den Verbindlichkeiten<br />

und nur der restliche „ungewisse“ Umfang ist unter den Rückstellungen anzusetzen.<br />

2.2 Der Rechtsbegriff „Angemessene Höhe“<br />

2.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Nach der Vorschrift hat die Gemeinde für bestimmte örtliche Sachverhalte die notwendigen Rückstellungen in<br />

angemessener Höhe zu bilden. Für den Tatbestand der Angemessenheit müssen bei einem gemeindlichen<br />

Sachverhalt, der zu einer Rückstellungsbildung durch die Gemeinde führt, akzeptable Anhaltspunkte dafür vorliegen,<br />

dass eine bestehende Verpflichtung der Gemeinde eine wirtschaftliche Belastung darstellt und zutreffend<br />

betragsmäßig bestimmt werden kann. Zum Abschlussstichtag muss aufgrund objektiver Tatbestände und nicht<br />

einer subjektiven Einschätzung die Gemeinde sorgfältig beurteilen, in welcher Höhe eine Inanspruchnahme der<br />

Gemeinde voraussichtlich erfolgen wird.<br />

In den haushaltsrechtlichen Vorschriften wird jedoch nicht ausdrücklich der zukunftsorientierte Rechtsbegriff „Erfüllungsbetrag“<br />

benutzt. Die Gemeinde soll gleichwohl in die Rückstellungsbildung bzw. die Bemessung ihrer<br />

Rückstellungen die weitere mögliche Entwicklung der gemeindlichen Verpflichtungen auch durch äußere allgemeine<br />

Umstände einbeziehen. Aufbauend auf den für die einzelne Rückstellungsarten bestehenden besonderen<br />

Vorgaben soll die Gemeinde in die „Vorausschau“ zum Abschlussstichtag möglichst auch allgemeine Preis- und<br />

Kostensteigerungen einbeziehen, soweit ihr dieses möglich ist. Der Begriff „Angemessene Höhe“ beinhaltet daher<br />

für die gemeindliche Rückstellungsbildung grundsätzlich den Erfüllungsbetrag. Ob dieser Begriff streng nach dem<br />

Stichtagsprinzip zu ermitteln ist, hängt von der Regelung zu der einzelnen Rückstellungsart ab, z. B. für Deponierückstellungen<br />

in § 36 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>..<br />

Der künftige Erfüllungsbetrag kann daher bei einer gemeindlichen Rückstellung zur Grundlage des Passivansatzes<br />

in der gemeindlichen Bilanz gemacht werden. Die Ermittlung des Rückstellungsbetrages ist dabei auf die<br />

künftige Erfüllung der gemeindlichen Verpflichtung auszurichten. Mögliche allgemeine Entwicklungen und Ereignisse,<br />

die sich auf die gemeindliche Rückstellung auswirken können, sind dann bereits zum Abschlussstichtag bei<br />

GEMEINDEORDNUNG 642


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

der Rückstellungsbildung zu berücksichtigen, z. B. allgemeine Preis- und Kostensteigerungen. In diesen Fällen<br />

müssen der Gemeinde geeignete und belegbare Anhaltspunkte für den Eintritt solcher Ereignisse vorliegen oder<br />

bekannt sein. Die Festlegung der angemessenen Höhe einer gemeindlichen Rückstellung ist dabei unabhängig<br />

davon, ob die Gemeinde ihre Verpflichtung durch eine Geldleistung oder eine Sachleistung zu erfüllen hat.<br />

2.2.2 Die Berücksichtigung von Entwicklungen<br />

In die Beurteilung der angemessenen Höhe einer gemeindlichen Rückstellung ist auch die Vorschrift des § 36<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> einzubeziehen, soweit sich die Regelungen dieser Vorschrift auf die Ermittlung der „angemessenen<br />

Höhe“ einer gemeindlichen Rückstellung beziehen. Außerdem sind zukunftsorientierte Komponenten zu<br />

berücksichtigen, denn die Erfüllung einer gemeindlichen Verpflichtung in Form einer Rückstellung soll regelmäßig<br />

erst zu einem späteren (künftigen) Zeitpunkt erfolgen. Nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung sind daher<br />

von der Gemeinde zum jeweiligen Abschlussstichtag die allgemeinen Entwicklungen zu berücksichtigen, die<br />

hinreichend begründbar sind oder auf objektivierbaren Hinweisen beruhen.<br />

Diese Einschätzung geht von der Vorschrift des § 91 Absatz 2 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> aus, nach der allgemein<br />

bestimmt wird, dass gemeindliche Rückstellungen grundsätzlich in Höhe des Betrages in der Bilanz der Gemeinde<br />

anzusetzen sind, der voraussichtlich zur Erfüllung der gemeindlichen Verpflichtung notwendig wird (Erfüllungsbetrag).<br />

Insgesamt gesehen sind daher von der Gemeinde allgemeine Preis- und Kostensteigerungen bei<br />

der gemeindlichen Rückstellungsbildung zu berücksichtigen, soweit der Erfüllungsbetrag die Grundlage für die<br />

Rückstellungsbildung bildet. Dazu sollen keine Gesetzesänderungen oder neue Gesetze gehören, die i.d.R. nur<br />

allgemeine Grundlagen für das gemeindliche Verwaltungshandeln darstellen, auch wenn deren nur noch deren<br />

Veröffentlichung bzw. das In-Kraft-Treten aussteht.<br />

Im öffentlich-rechtlichen Bereich entstehen finanzielle Wirkungen regelmäßig erst durch verwaltungsrechtliches<br />

Handeln und damit durch einen gemeindlichen Bescheid als Verwaltungsakt. Dieser bietet dann vielfach erst die<br />

ausreichende Grundlage für die gemeindliche Bilanzierung. Außerdem müssen derartige künftige Ereignisse<br />

vorhersehbar und bestimmbar sein und sich auch auf die Höhe der in der gemeindlichen Bilanz anzusetzenden<br />

Pensionsrückstellungen auswirken. In diese Beurteilung sind jedoch nicht künftige Gegebenheiten einzubeziehen,<br />

deren künftige Ursachen und Wirkungen nur spekulativ zu ermitteln sind.<br />

Zu den voraussichtlich künftigen Gegebenheiten sollen dagegen nicht die noch nicht eingetretenen Veränderungen<br />

in den persönlichen Verhältnissen eines gemeindlichen Beamten gehören, sodass diese auch nicht bei der<br />

Ermittlung der in der gemeindlichen Bilanz anzusetzenden Pensionsrückstellungen zu berücksichtigen sind. Auch<br />

wenn die Gemeinde über ein Personalentwicklungskonzept verfügt und sich daraus ein sog. Karrieretrend bezogen<br />

auf die einzelnen Beamtinnen und Beamten ableiten lässt, führt diese Sachlage gleichwohl nicht dazu, die<br />

persönlichen Verhältnisse bei der Bestimmung des Erfüllungsbetrages der Gemeinde zu berücksichtigen.<br />

2.2.3 Die Beschränkung des Stichtagsprinzips<br />

Die Auslegung des Rechtsbegriffs „Angemessene Höhe“ benötigt den Abschlussstichtag als zeitlichen Bezugspunkt.<br />

Unter Berücksichtigung, dass der Begriff den künftigen Erfüllungsbetrag beinhaltet, wird das Stichtagsprinzip<br />

eingeschränkt. Bei der Bemessung von gemeindlichen Rückstellungen ist deshalb der Ansatz in der gemeindlichen<br />

Bilanz danach zu bestimmen, was die Gemeinde zukünftig aufbringen muss. Es ist nicht mehr zu ermitteln,<br />

was die Gemeinde am jeweiligen Abschlussstichtag hätte aufbringen müssen, um ihre Verpflichtung zu erfüllen.<br />

Von der Gemeinde muss vielmehr unter Beachtung der GoB auch geprüft werden, ob im weiteren Rückstellungszeitraum<br />

z.B. Kostensteigerungen oder andere Anlässe entstehen können, die sich auf die Rückstellungsbildung<br />

voraussichtlich auswirken werden. Soweit diese am jeweiligen Abschlussstichtag erkennbar sind und voraussicht-<br />

GEMEINDEORDNUNG 643


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

lich zu einer Veränderung des Erfüllungsbetrages führen, müssen diese bei der gemeindlichen Rückstellungsbildung<br />

berücksichtigt werden.<br />

3. Die Abgrenzung der Rückstellungsarten<br />

Unter Beachtung dieser Vorschrift und in Anlehnung an das Handelsrecht darf die Gemeinde nur für die Zwecke<br />

Rückstellungen bilden, die in § 36 Absatz 1 bis 5 GemHVO <strong>NRW</strong> näher und abschließend bestimmt sind. Die<br />

Gemeinden sollen Rückstellungen grundsätzlich nur für rechtliche und wirtschaftliche Gegebenheiten bilden, die<br />

ursächlich in der Hand der Gemeinde liegen und die periodengerecht zu Aufwendungen bei der Gemeinde führen.<br />

Die grundsätzliche Abgrenzung der einzelnen Rückstellungsarten ergibt sich aufgrund von Außenverpflichtungen<br />

der Gemeinde gegenüber Dritten oder von Innenverpflichtungen, die von der Gemeinde gegenüber sich<br />

selbst bestehen bzw. zu erfüllen sind. Die Abgrenzung der gemeindlichen Rückstellungen soll das nachfolgende<br />

Schema (Quelle: NKF-Dokumentation 2003 S. 258) verdeutlicht werden (vgl. Abbildung).<br />

Rückstellungen für<br />

ungewisse Verbindlichkeiten<br />

rechtlich faktisch<br />

Die Abgrenzung der Rückstellungen<br />

Verpflichtung gegenüber<br />

Dritten<br />

Außenverpflichtung<br />

Rückstellungen für<br />

ungeplante Aufwendungen<br />

aus schwebenden<br />

Geschäften<br />

GEMEINDEORDNUNG 644<br />

Rückstellungen<br />

Abbildung 102 „Die Abgrenzung der Rückstellungen“<br />

Verpflichtung gegenüber sich<br />

selbst<br />

Innenverpflichtung<br />

Aufwandsrückstellungen


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Für gemeindliche Aufwendungen, die regelmäßig anfallen, dürfen von der Gemeinde dagegen keine Rückstellungen<br />

bilanziert werden, denn dieses würde dem haushaltswirtschaftlichen Prinzip widersprechen, regelmäßig wiederkehrenden<br />

Aufwand nur als laufenden Aufwand zu erfassen. Außerdem würde eine Rückstellungsbildung in<br />

diesen Fällen die Transparenz und Klarheit des gemeindlichen Haushalts beeinträchtigen. In diesen Zusammenhang<br />

ist die Vorschrift in § 36 Absatz 6 GemHVO <strong>NRW</strong> zu beachten, nach der weitere Arten von Rückstellungen<br />

nur gebildet werden dürfen, soweit diese durch Gesetz oder Verordnung zugelassen sind.<br />

Durch die Vorschrift des § 36 GemHVO <strong>NRW</strong> werden in den Absätzen 1 bis 5 die zulässigen Rückstellungsarten<br />

für die Gemeinden abschließend bestimmt. Von der Gemeinde dürfen deshalb für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten,<br />

soweit diese nicht die Voraussetzungen des § 36 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong> erfüllen, keine Rückstellungen<br />

gebildet werden. Für die Gemeinde ist außerdem keine Rückstellungsbildung im Rahmen des gemeindlichen<br />

Finanzausgleichs, für künftige Umlagezahlungen und aus der Steuererhebung zugelassen worden. Die zulässigen<br />

Rückstellungsarten sind von der Gemeinde auf der Passivseite ihrer Bilanz anzusetzen (vgl. § 41 Absatz 4<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

4. Zulässige Rückstellungsarten<br />

4.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die Gemeinde muss Rückstellungen für unterschiedliche gemeindliche Gegebenheiten bilden, z. B. für ihre Pensionsverpflichtungen<br />

nach den beamtenrechtlichen Vorschriften. Die Gemeinde darf jedoch nur für die Zwecke<br />

bilanzielle Rückstellungen bilden, die in der Vorschrift des § 36 GemHVO <strong>NRW</strong> abschließend bestimmt worden<br />

sind. Dem haushaltsrechtlichen Rückstellungsbegriff wird dadurch sowohl die sog. statische als auch die dynamische<br />

Bilanzauffassung zugrunde gelegt. Die Gemeinde darf für die nachfolgend aufgezeigten Arten eine Rückstellung<br />

bilden (vgl. Abbildung).<br />

Die Rückstellungen nach § 88 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 36 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

VORGABE<br />

Passivierungspflicht<br />

Passivierungswahlrecht<br />

Passivierungsverbot<br />

GEMEINDEORDNUNG 645<br />

RÜCKSTELLUNGSART<br />

- Pensionen nach den beamtenrechtlichen Vorschriften.<br />

- Rekultivierung und Nachsorge von Deponien und für die<br />

Sanierung von Altlasten.<br />

- Verpflichtungen, die dem Grunde oder der Höhe nach<br />

zum Abschlussstichtag noch nicht genau bekannt sind.<br />

- drohende Verluste aus schwebenden Geschäften und<br />

aus laufenden Verfahren.<br />

- Verpflichtungen für Zwecke, die durch andere Gesetze<br />

bestimmt wurden.<br />

- unterlassene Instandhaltung von Sachanlagen.<br />

Sonstige Rückstellungen, die nicht durch Gesetz oder Verordnung<br />

zugelassen sind, z.B.<br />

- künftige Umlagezahlungen der Gemeinde;<br />

- Verpflichtungen im Rahmen des Gemeindefinanzausgleichs;<br />

- Verpflichtungen aus der gemeindlichen Steuererhebung.<br />

Abbildung 103 „Die zulässigen Rückstellungsarten“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch die ausdrückliche Aufzählung der zulässigen Arten der Rückstellungen in der Vorschrift wird zudem klargestellt,<br />

dass die Gemeinden nur Rückstellungen für die benannten Zwecke bilden dürfen. Daraus folgt, dass die<br />

zulässigen Rückstellungsarten für die Gemeinde durch die Vorschriften des § 36 Absatz 1 bis 6 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

abschließend bestimmt sind. Die Gemeinde darf daher keine Rückstellungen für Zwecke bilden, die nicht ausdrücklich<br />

in der Vorschrift bestimmt sind. Daher darf sie auch für regelmäßig jährlich wiederkehrende Gegebenheiten<br />

keine Rückstellungen bilanzieren.<br />

4.2 Die einzelnen Rückstellungsarten<br />

4.2.1 Die Pensionsrückstellungen<br />

Durch die Bildung von Pensionsrückstellungen werden die Versorgungsverpflichtungen der Gemeinde den Haushaltsjahren<br />

zugeordnet, in denen die Beamtinnen und Beamte ihre Anwartschaften auf künftige Versorgungsleistungen<br />

erwerben. Folglich werden in einem gemeindlichen Jahresabschluss während der Anwartschaftsphase die<br />

gesamten entstehenden Personalaufwendungen des Haushaltsjahres nachgewiesen und nicht ein Jahresergebnis<br />

gezeigt, dass die Personalaufwendungen der Gemeinde nur im Umfang der aktuell zu erbringenden Zahlungsleistungen<br />

aufweist.<br />

Das von der Gemeinde erzielte Jahresergebnis enthält aber auch Aufwendungen für die Versorgung der Beamtinnen<br />

und Beamten, auch wenn die tatsächlichen Zahlungsleistungen gegenüber diesem Personenkreis erst in<br />

den zukünftigen Haushaltsjahren zu erbringen sind. Dieser Sachverhalt spiegelt den Entgeltcharakter der gemeindlichen<br />

Pensionsverpflichtungen wieder, als würden die Beamtinnen und Beamten ihre Zukunftsvorsorge<br />

eigenverantwortlich vornehmen müssen. Zu den Versorgungsverpflichtungen der Gemeinde gehören aber auch<br />

die Beihilfeverpflichtungen gegenüber den Beamtinnen und Beamten der Gemeinde. Auch die daraus entstehenden<br />

künftigen Verpflichtungen der Gemeinde sind in die gemeindliche Rückstellungsbildung einzubeziehen (vgl. §<br />

36 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

4.2.2 Die Rückstellungen für Deponien<br />

Die Rekultivierung und Nachsorge von Deponien hat im gemeindlichen Bereich eine besondere Bedeutung, da<br />

dafür gesetzliche Verpflichtungen bestehen, die in abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahren näher bestimmt<br />

werden. Die rechtliche Grundlage bildet das Fachgesetz, das Verpflichtungen zur Vorsorge enthält, die auch in<br />

die Gebührenkalkulation einzubeziehen sind (vgl. § 9 Absatz 2 und 2a des Landesabfallgesetzes). Der Anlass zur<br />

Rekultivierung und Nachsorge von Deponien, der wirtschaftlich in den Jahren der Nutzung der Deponie entsteht,<br />

verlangt dementsprechend die notwendige Rückstellungsbildung (vgl. § 36 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

4.2.3 Die Rückstellungen für Altlasten und sonstige Umweltschäden<br />

Die gemeindlichen Rückstellungen für die Beseitigung von Altlasten sind zu bilden, wenn die Gemeinde verpflichtet<br />

ist, bestimmte vorhandene Altlasten zu beseitigen bzw. zu sanieren (vgl. § 36 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Derartige<br />

gemeindliche Verpflichtungen können bei Grundstücken der Gemeinde oder auch für Grundstücke Dritter<br />

bestehen, wenn eine behördliche Verpflichtung zur Beseitigung der Altlasten durch die Gemeinde vorliegt. Entsprechend<br />

ist dann eine Rückstellung für die Beseitigung von Altlasten in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen.<br />

In den Fällen, in denen seitens der Gemeinde jedoch nur eine Absicht zur Beseitigung von Altlasten besteht, liegt<br />

noch keine ausreichende Grundlage für eine Rückstellungsbildung in der gemeindlichen Bilanz vor.<br />

Unter dem entsprechenden Bilanzposten sind von der Gemeinde auch Rückstellungen wegen gemeindlicher<br />

Verpflichtungen zur Beseitigung anderer Umweltschäden anzusetzen (vgl. Umweltschadensgesetz). Dabei gilt<br />

GEMEINDEORDNUNG 646


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

entsprechend wie bei gemeindlichen Altlasten, dass für derartige gemeindliche Verpflichtungen dann eine Rückstellung<br />

für die Beseitigung von Altlasten in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen ist, wenn eine behördliche<br />

Verpflichtung zur Beseitigung vorliegt. In den Fällen, in denen seitens der Gemeinde jedoch nur eine Absicht zur<br />

Beseitigung von aufgetretenen Umweltschäden besteht, liegt noch keine ausreichende Grundlage für eine Rückstellungsbildung<br />

in der gemeindlichen Bilanz vor.<br />

4.2.4 Die Rückstellungen für die unterlassene Instandhaltung<br />

Für unterlassene Aufwendungen für die Instandhaltung von Sachanlagen sind von der Gemeinde die notwendigen<br />

Rückstellungen zu bilden, soweit die Aufwendungen keinen Herstellungsaufwand für gemeindliche Vermögensgegenstände<br />

darstellen (vgl. § 36 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine solche Rückstellungsbildung soll dazu<br />

beitragen, den Verfall von instandhaltungspflichtigen Sachanlagen zu verhindern und die stetige Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde insoweit zu sichern.<br />

Derartige Rückstellungen sind in der gemeindlichen Bilanz mit dem Betrag anzusetzen, der voraussichtlich bei<br />

der Nachholung bzw. beim späteren Entstehen von gemeindlichen Ausgaben notwendig wird. Dazu ist durch die<br />

Vorschrift - abweichend vom Handelsrecht - keine konkrete Zeitvorgabe zur Nachholung der unterlassenen Instandhaltung<br />

festgelegt, sondern zur Ansatzbildung bestimmt worden „soweit die Nachholung der Instandhaltung<br />

hinreichend konkret beabsichtigt ist und als bisher unterlassen bewertet werden muss“. Diese Regelung wurde<br />

aus ausreichend im Sinne der eigenverantwortlichen Selbstverwaltung der Gemeinden gesehen.<br />

4.2.5 Die Rückstellungen für ungewisse Verpflichtungen<br />

Die Gemeinden haben auch Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, soweit dafür keine spezielle<br />

Regelung in den Absätzen 1, 2 und 5 dieser Vorschrift getroffen worden sind (vgl. § 36 Absatz 4 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Bei den Verpflichtungsrückstellungen muss eine Verpflichtung der Gemeinde gegenüber Dritten bestehen,<br />

z. B. aufgrund von Verträgen (privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Vereinbarungen) oder von gesetzlichen<br />

Regelungen. Es ist dabei nicht erforderlich, dass der Dritte Kenntnis von seinem Anspruch hat. Sofern jedoch nur<br />

ungewiss ist, wem gegenüber eine Verbindlichkeit besteht oder wann sie fällig wird, so liegt darin keine Ungewissheit<br />

im Sinne der haushaltsrechtlichen Vorschrift über die Bildung von Rückstellungen.<br />

Von der Gemeinde kann außerdem in eigener Verantwortung eine Geringfügigkeitsgrenze für den Ansatz von<br />

gemeindlichen Rückstellungen festgelegt werden. Dabei sollen die haushaltsmäßigen Auswirkungen berücksichtigt<br />

werden. Für die Bildung und den Ansatz von Rückstellungen für Verpflichtungen der Gemeinde gegenüber<br />

Dritten gelten grundsätzlich die nachfolgend aufgezeigten Merkmale (vgl. Abbildung).<br />

Merkmale für Rückstellungen für ungewisse gemeindliche Verpflichtungen<br />

- Die Verpflichtungen müssen dem Grunde oder der Höhe nach zum Abschlussstichtag noch nicht genau<br />

bekannt sein.<br />

- Es muss zukünftig wahrscheinlich eine Verbindlichkeit tatsächlich entstehen.<br />

- Die zukünftige Inanspruchnahme wird voraussichtlich tatsächlich erfolgen.<br />

- Die wirtschaftliche Ursache der Verbindlichkeit muss vor dem Abschlussstichtag liegen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 647


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Merkmale für Rückstellungen für ungewisse gemeindliche Verpflichtungen<br />

- Der zu leistende Betrag ist nicht geringfügig.<br />

Abbildung 104 „Merkmale für Rückstellungen für ungewisse gemeindliche Verpflichtungen“<br />

Für die Gemeinde kann es zudem im Einzelfall notwendig werden, den bilanziellen Ansatz für Verpflichtungsrückstellungen<br />

ggf. zu schätzen. Derartige Gegebenheiten müssen im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

vom Abschlussprüfer berücksichtigt werden, denn Unsicherheiten bei den Schätzungen können bedeutsame<br />

Risiken für die Gemeinde zu Folge haben. Die zur Ermittlung von bilanziellen Ansätzen für Rückstellungen vorgenommenen<br />

Schätzungen sind daher im gemeindlichen Jahresabschluss im Anhang angemessen zu erläutern.<br />

Auch ist zu beachten, dass die zulässigen Aufwandsrückstellungen nicht zu den Verpflichtungsrückstellungen<br />

gehören, denn sie stellen nur eine Verpflichtung der Gemeinde gegenüber sich selber und nicht eine Außenverpflichtung<br />

gegenüber einem Dritten dar.<br />

4.2.6 Die Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften<br />

Von der Gemeinde sind in den Fällen drohender Verluste aus schwebenden Geschäften die notwendigen Rückstellungen<br />

zu bilden (vgl. § 36 Absatz 5 GemHVO <strong>NRW</strong>). Ein schwebendes Geschäft der Gemeinde kann ein<br />

einmaliges Geschäft oder ein Geschäft auf Dauer (Dauerschuldverhältnis) sein. Ein solcher Fall liegt z. B. vor,<br />

wenn bei der Gemeinde ein zweiseitig verpflichtender Vertrag besteht, der auf einen Leistungsaustausch ausgerichtet<br />

ist und von beiden Vertragspartnern noch nicht erfüllt worden ist. Mögliche Gegenstände von derartigen<br />

schwebenden Geschäften können Lieferungen von Vermögensgegenständen, Leistungen in Form von Nutzungsüberlassungen<br />

oder ein sonstiges Tun oder Unterlassen sein. Außerdem ist für die Qualifizierung von schwebenden<br />

Geschäften wichtig, dass eine Bindungswirkung für die Vertragspartner besteht.<br />

Der Schwebezustand eines gemeindlichen Geschäftes, bei dem ein Anspruch und eine Verpflichtung aus dem<br />

Geschäft vorliegen müssen, beginnt i.d.R. mit seinem rechtswirksamen Abschluss. Er wird durch die Erfüllung der<br />

Sachleistung beendet. Dagegen bewirkt die Erbringung der geldmäßigen Gegenleistung i.d.R. nicht die Beendigung<br />

des Schwebezustands. Damit die Gemeinde nicht verpflichtet ist, für jeden möglichen Verlust eine Rückstellungsbildung<br />

vorzunehmen, ist zudem als Abgrenzung bestimmt worden, dass Rückstellungen nur zu bilden sind,<br />

sofern der voraussichtliche Verlust für die Gemeinde nicht geringfügig sein wird. Bei der Bestimmung der Geringfügigkeitsgrenze,<br />

die in der Eigenverantwortung der Gemeinde liegt, ist auch auf die örtlichen haushaltsmäßigen<br />

Auswirkungen abzustellen. Darüber hinaus ist festzustellen, ob ein künftiger Verpflichtungsüberschuss für die<br />

Gemeinde entstehen wird (Saldo aus künftigen Aufwendungen und künftigen Erträgen) und ob das auslösende<br />

Ereignis zur Rückstellungsbildung nach Abschluss des Geschäftes liegt.<br />

4.2.7 Die Rückstellungen für drohende Verluste aus laufenden Verfahren<br />

Die Gemeinde ist verpflichtet, für drohende Verluste aus laufenden Verfahren in ihrer Bilanz entsprechende<br />

Rückstellungen anzusetzen (vgl. § 36 Absatz 5 GemHVO <strong>NRW</strong>). Unter dem Begriff „Verfahren“ sind dabei nur<br />

nur gemeindliche Geschäftsvorfälle zu verstehen, sondern allgemein alle Verwaltungsvorgänge, die auf einer<br />

rechtlichen Grundlage aufbauen und von der Gemeinde im Rahmen des Verwaltungsverfahrensgesetzes des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen durch einen gemeindlichen Bescheid abgewickelt werden, z. B. die Heranziehung<br />

Dritter zur Zahlung von Steuern, Beiträgen u.a. Als dazugehörig sind auch Gerichtsprozesse anzusehen, die<br />

wegen der gemeindlichen Geschäftsvorfälle anhängig sind, unabhängig von der gerichtlichen Instanz.<br />

GEMEINDEORDNUNG 648


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Solche Verwaltungsverfahren der Gemeinde sind als laufend zu qualifizieren, wenn ein von der Gemeinde erlassener<br />

Bescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist. Diese Sachlage ist regelmäßig gegeben, wenn im gemeindlichen<br />

Verfahren die Rechtsmittelfrist noch nicht abgelaufen ist oder diese Frist wegen eines sich daran<br />

anschließenden (anhängigen) Widerspruchs- oder Klageverfahrens noch läuft. Sofern eine solche Sachlage bei<br />

der Gemeinde besteht, sollte eine getrennte Betrachtung und Bewertung über den Verfahrensgegenstand und<br />

über das Verfahren erfolgen. Bei einem möglicherweise „drohenden Verlust“ aus dem Verfahren sollte keine<br />

Wertberichtigung der bestehenden Forderung erfolgen, solange die Gemeinde am Bestand ihrer durch Bescheid<br />

festgesetzten Forderung festhält. Die Gemeinde soll ggf. eine Rückstellung passivieren, zumal ein Bedarf für eine<br />

Rückstellungsbildung sich aus der möglichen kostenmäßigen Beteiligung der Gemeinde ergeben kann.<br />

4.3 Sonstige Rückstellungen<br />

Die Gemeinde darf unter dem Bilanzposten „Sonstige Rückstellungen“ mögliche Rückstellungen für andere Zwecke<br />

nur ansetzten, soweit diese durch Gesetz oder Verordnung zugelassen sind (vgl. § 36 Absatz 6 Satz 1<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Mit dieser gesonderten Vorschrift wird klargestellt, dass die Gemeinde nur dann Rückstellungen<br />

für andere Zwecke bilden darf, wenn dabei die in den Vorschriften des § 36 Absatz 4 oder 5 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

enthalten Voraussetzungen erfüllt sind. Es ist daher der Gemeinde nicht erlaubt, für selbst gewählte Zwecke aus<br />

ihren örtlichen Verhältnissen heraus oder für andere äußere Umstände gesonderte Rückstellungen zu bilden.<br />

Von diesem Verbot besteht nur dann eine Ausnahme, wenn die Bildung von besonderen Rückstellungen ausdrücklich<br />

zugelassen wird, z. B. durch fachgesetzliche Vorschriften (vgl. Reglungen im Landesabfallgesetz). Die<br />

Rechtsvorschriften für gemeindliche Umlagezahlungen und für den Gemeindefinanzausgleich sowie für die gemeindliche<br />

Steuererhebung sehen dagegen keine Rückstellungsbildung vor. Von der Gemeinde dürfen deshalb<br />

für diese Zwecke auch dann keine Rückstellungen gebildet werden, wenn sich derartige örtliche Sachverhalte<br />

ggf. unter die Bestimmungen der Vorschrift des § 36 Absatz 4 und 5 GemHVO <strong>NRW</strong> subsumieren lassen.<br />

5. Rückstellungen für nicht andere Zwecke<br />

5.1 Allgemeine Sachlage<br />

Durch die ausdrückliche Aufzählung der zulässigen Arten der Rückstellungen in § 36 GemHVO <strong>NRW</strong> wird klargestellt,<br />

dass die Gemeinden keine Rückstellungen für andere Zwecke bilden dürfen. Die Gemeinden sollen die<br />

Rückstellungen grundsätzlich nur für rechtliche und wirtschaftliche Leistungen bilden, die ursächlich in der Hand<br />

der Gemeinde liegen und die periodengerecht zu Aufwendungen bei der Gemeinde führen sowie nicht jährlich<br />

wiederkehrend sind. Bei gemeindlichen Geschäftsvorfällen, die auf Leistungen Dritter ohne Gegenleistungsverpflichtung<br />

der Gemeinde oder auf einseitigen Leistungen der Gemeinde an Dritte beruhen, z. B. Gewerbesteuerzahlungen,<br />

Sozialhilfeleistungen, soll erst das Entstehen der rechtlichen Verpflichtung der Gemeinde und nicht<br />

bereits das mögliche Entstehen einer wirtschaftlichen Verpflichtung beim Dritten der Anlass für eine Rückstellungsbildung<br />

bei der Gemeinde sein, sofern nicht bereits eine Forderung zu bilanzieren ist.<br />

Die haushaltswirtschaftliche Zuordnung erfolgt immer, wenn der Gemeinde Zuwendungen von Dritten gewährt<br />

werden oder wenn gemeindliche Forderungen, die i.d.R. aus einem Leistungsbescheid der Gemeinde entstehen,<br />

zu bilanzieren sind. Sie ist bei solchen Geschäftsvorfällen der Gemeinde allgemein anerkannt und wird dort nicht<br />

infrage gestellt. Eine Rückstellungspflicht für die Gemeinde soll daher erst als entstanden anzunehmen bzw. die<br />

Zuordnung entsprechender Aufwendungen zum Haushaltsjahr erst vorzunehmen sein, wenn eine tatsächliche<br />

Verpflichtung der Gemeinde durch einen Heranziehungsbescheid einsetzt.<br />

Der gemeindliche Ressourcenverbrauch ist objektiv betrachtet zu dem Zeitpunkt als entstanden anzusehen, wenn<br />

dieser durch einen Verwaltungsakt der Gemeinde objektiviert wird. Er ist i.d.R. auch erst zu diesem Zeitpunkt<br />

GEMEINDEORDNUNG 649


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

verlässlich bewertbar ist (Bestimmung des Erfüllungszeitpunktes als Realisation der Zeit nach). Es muss somit<br />

ein konkretes Ereignis bezogen auf den Abschlussstichtag eingetreten sein bzw. vorliegen, damit bei bestimmten<br />

gemeindlichen Sachverhalten eine Rückstellungsbildung zulässig ist. Der in § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> gesetzlich<br />

bestimmte jährliche Haushaltsausgleich erfordert in diesem Zusammenhang gemeindeübergreifend eine gleiche<br />

Handhabung durch alle Gemeinden.<br />

5.2 Rückstellungen und künftige Umlagezahlungen der Gemeinde<br />

Für Umlagen der Gemeinde, die regelmäßig jährlich anfallen, ist die Bildung von Rückstellungen nicht zugelassen<br />

worden. Die Bildung solcher Rückstellungen würde dem haushaltswirtschaftlichen Prinzip widersprechen, regelmäßig<br />

wiederkehrenden Aufwand nur als laufenden Aufwand zu erfassen. Außerdem würde in diesen Fällen eine<br />

Rückstellungsbildung die Transparenz und Klarheit des gemeindlichen Haushalts beeinträchtigen. Eine konkrete<br />

Verpflichtung der Gemeinde besteht jedoch nicht allein wegen der rechtlichen Bindung der Gemeinde als Mitglied<br />

an den Umlageverband. Sie entsteht vielmehr jährlich aufgrund der konkreten Aufgabenerfüllung (Leistungserbringung)<br />

des Umlageverbandes und wird durch einen Heranziehungsbescheid des umlageberechtigten Dritten<br />

gegenüber den Umlagezahlern erst hinreichend konkretisiert, sodass eine Zuordnung zu dem Haushaltsjahr zu<br />

erfolgen hat, auf das sich der Festsetzungsbescheid bezieht (Erfüllungszeitpunkt).<br />

Die Einbeziehung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde in die Ermittlung der Höhe des Umlagebetrages, z. B. in<br />

Form der Steuerkraft der Gemeinde vor dem Umlagejahr, führt daher nicht zwangsläufig zu einer Verpflichtung<br />

der Gemeinde, den Vorjahren des betreffenden Umlagehaushaltsjahres bereits Aufwendungen aus der Umlageerhebung<br />

zuzurechnen. Es werden im Rahmen der Ermittlung des Umlagebetrages lediglich die belegbaren<br />

haushaltswirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde für die Ermittlung der konkreten Höhe der Umlage herangezogen.<br />

Die Realisation des Ertrages beim Umlageberechtigten und damit das Entstehen von Aufwendungen beim<br />

Umlagepflichtigen sind daher erst zum aktuellen haushaltsjahrbezogenen Zeitpunkt möglich.<br />

Nach den gesetzlichen Vorschriften sind die Arten und der Umfang der Leistungsfähigkeit der Gemeinde bei der<br />

Umlageermittlung zu berücksichtigen. Daher müssen Messgrößen bzw. Schlüsselgrößen für eine zutreffende<br />

Ermittlung des Umlagebetrages jeder einzelnen Gemeinde bestimmt werden. Aus diesen öffentlich-rechtlichen<br />

Gegebenheiten heraus führt erst die rechtliche Verpflichtung der Gemeinde zur Umlagezahlung zu einer wirtschaftlichen<br />

Belastung, und zwar in dem Haushaltsjahr, für das die Gemeinde durch den Umlageberechtigten zur<br />

Umlagezahlung herangezogen wird.<br />

Eine Rückstellungsbildung würde unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze dazu führen, dass die gesamte<br />

Umlage wirtschaftlich einem Haushaltsjahr zuzurechnen wäre, für das für den Umlageberechtigten weder ein<br />

haushaltsrechtlicher noch ein wirtschaftlicher Anspruch zur Erhebung der Umlage besteht. Zudem hat ein Umlageberechtigter,<br />

z. B. der Kreis, erst nach seiner Feststellung, dass die sonstigen Erträge die entstehenden Aufwendungen<br />

nicht decken, die Berechtigung zur Umlageerhebung (vgl. § 56 Absatz 1 KrO <strong>NRW</strong>). Dieser Sachverhalt<br />

gilt auch bei Zweckverbänden (vgl. § 19 Absatz 1 Satz 1 GkG <strong>NRW</strong>). Eine Rückstellungsbildung für Umlagezwecke<br />

ist auch deshalb nicht zugelassen worden.<br />

Die gesetzlich nicht vorgesehene Rückstellungsbildung für gemeindliche Umlagezahlungen führt dazu, dass von<br />

der Gemeinde auch dann keine Rückstellungen gebildet werden dürfen, wenn sich örtliche Umlagesachverhalte<br />

ggf. grundsätzlich und in allgemeiner Form unter die Bestimmungen des § 36 Absatz 4 und 5 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

subsumieren lassen, soweit die Umlageerhebung noch nicht Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens der Gemeinde<br />

ist (Verfahren zum Erlass eines rechtskräftigen Umlagebescheides). In den Fällen, in denen es aber nach<br />

dem Erlass eines Umlagebescheides zu einem Widerspruch des Betroffenen gegen den Bescheid bzw. zu einem<br />

Klageverfahren kommt, ist von der Gemeinde zum Abschlussstichtag zu prüfen und zu entscheiden, ob in einem<br />

solchen Fall eine Rückstellung für drohende Verluste aus laufenden Verfahren in der gemeindlichen Bilanz angesetzt<br />

werden muss, sofern der voraussichtliche Verlust nicht geringfügig sein wird.<br />

GEMEINDEORDNUNG 650


5.3 Rückstellungen und Gemeindefinanzausgleich<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Gesetzgeber hat durch die abschließende Aufzählung der zulässigen Rückstellungsarten in der Vorschrift<br />

bestimmt, dass die Bildung von Rückstellungen für gemeindliche Leistungen im Rahmen des Gemeindefinanzausgleichs<br />

nicht zulässig ist. Die Bildung solcher Rückstellungen würde dem haushaltswirtschaftlichen Prinzip<br />

widersprechen, regelmäßig wiederkehrenden Aufwand als laufenden Aufwand des jeweiligen Haushaltsjahres zu<br />

erfassen. Eine Rückstellungsbildung unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze könnte dazu führen, dass die<br />

gesamten gemeindlichen Leistungen im Rahmen des Gemeindefinanzausgleichs wirtschaftlich einem Haushaltsjahr<br />

zuzurechnen wären, bei dem weder ein haushaltsrechtlicher noch ein wirtschaftlicher Grund dafür besteht.<br />

Ein Anlass zu dieser Sachlage besteht auch dadurch, dass in Nordrhein-Westfalen die Gemeinden nicht verpflichtet<br />

sind, auch nicht die finanzstarken Gemeinden, eigene Finanzmittel der allgemeinen Finanzausgleichsmasse<br />

des Landes zuzuführen, wie es z.T. in anderen Ländern die Regel ist. Auch deshalb ist eine Rückstellungsbildung<br />

für gemeindliche Leistungen im Rahmen des Gemeindefinanzausgleichs nicht zugelassen worden. Außerdem<br />

könnte wegen möglicherweise unterschiedlichen Bewertungen eine gemeindliche Rückstellungsbildung im Rahmen<br />

des Gemeindefinanzausgleichs die Transparenz und Klarheit des gemeindlichen Haushalts sowie die Vergleichbarkeit<br />

beeinträchtigen.<br />

In den Fällen, in denen die Gemeinde eigene Finanzleistungen aufgrund des jährlichen Gemeindefinanzausgleichs<br />

erbringen muss, entsteht erst durch die rechtliche Heranziehung der Gemeinde durch einen Leistungsbescheid<br />

eine aufwandswirksame Verpflichtung der Gemeinde, sodass i.d.R. der gemeindliche Ressourcenverbrauch<br />

entsprechend dem darin festgesetzten Erfüllungszeitpunkt dem Haushaltsjahr zuzurechnen ist. Die Entscheidung,<br />

keine „Vorverpflichtung“ bzw. Zurechnung zu Vorjahren als alleinige Grundlage für eine örtliche Rückstellungsbildung<br />

aus Anlass des Gemeindefinanzausgleichs bei der Gemeinde zuzulassen, unter dem Gesichtspunkt<br />

des Ressourcenverbrauchs sachgerecht und vertretbar. Die gesetzlich nicht vorgesehene Rückstellungsbildung<br />

im Rahmen des Gemeindefinanzausgleichs führt dazu, dass von der Gemeinde auch dann keine Rückstellungen<br />

gebildet werden dürfen, wenn sich örtliche Finanzausgleichssachverhalte ggf. unter die Bestimmungen<br />

des § 36 Absatz 4 und 5 GemHVO <strong>NRW</strong> subsumieren lassen.<br />

5.4 Rückstellungen und gemeindliche Steuererhebung<br />

Der Gesetzgeber hat durch die abschließende Aufzählung der zulässigen Rückstellungsarten in der Vorschrift<br />

bestimmt, dass die Bildung von Rückstellungen im Rahmen der jährlich wiederkehrenden gemeindlichen Steuererhebung,<br />

z.B. der Gewerbesteuer, nicht zulässig ist. Die Bildung solcher Rückstellungen würde dem haushaltswirtschaftlichen<br />

Prinzip widersprechen, regelmäßig wiederkehrenden Aufwand nur als laufenden Aufwand zu<br />

erfassen. Außerdem würde in diesen Fällen eine Rückstellungsbildung die Transparenz und Klarheit des gemeindlichen<br />

Haushalts beeinträchtigen. Auch der in § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> gesetzlich bestimmte jährliche<br />

Haushaltsausgleich erfordert gemeindeübergreifend eine gleiche Handhabung.<br />

Diese Gegebenheiten führen dazu, dass bei der gemeindlichen Steuererhebung das Entstehen der rechtlichen<br />

Verpflichtung und nicht bereits das mögliche Entstehen einer wirtschaftlichen Verpflichtung der Anlass für die<br />

periodengerechte Zuordnung von Steuererträgen ist. Daher ist objektiv betrachtet erst zum Erfüllungszeitpunkt<br />

ein Ressourcenaufkommen als entstanden anzusehen, weil der Vorgang durch einen Verwaltungsakt objektiviert<br />

wird und i.d.R. erst zu diesem Zeitpunkt verlässlich bewertbar ist (Bestimmung des Erfüllungszeitpunktes als<br />

Realisation der Zeit nach). Erst aus der Festsetzung oder der Fälligkeit gemeindlicher Steuern heraus eine Zurechnung<br />

der Ressourcen zu einem Haushaltsjahr vorzunehmen, ist sachgerecht und vertretbar.<br />

GEMEINDEORDNUNG 651


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Die gesetzlich nicht vorgesehene Rückstellungsbildung aus der gemeindlichen Steuererhebung führt daher dazu,<br />

dass von der Gemeinde auch dann keine Rückstellungen gebildet werden dürfen, wenn sich örtliche Steuersachverhalte<br />

ggf. unter die Bestimmungen des § 36 Absatz 4 und 5 GemHVO <strong>NRW</strong> subsumieren lassen. Kommt es<br />

aber nach dem Erlass eines gemeindlichen Steuerbescheides zu einem Widerspruch des Betroffenen gegen den<br />

Bescheid bzw. zu einem Klageverfahren ist von der Gemeinde zum Abschlussstichtag zu prüfen und zu entscheiden,<br />

ob in einem solchen Fall eine Rückstellung für drohende Verluste aus laufenden Verfahren in der gemeindlichen<br />

Bilanz angesetzt werden muss, sofern der voraussichtliche Verlust nicht geringfügig sein wird.<br />

Von der Betrachtung von Steuersachverhalten aus der gemeindlichen Steuererhebung sind zudem die Sachverhalte<br />

zu trennen, durch die für die Gemeinde eine Steuerpflicht gegenüber dem Staat entsteht. In diesen Fällen<br />

ist eine Rückstellungsbildung als zulässig anzusehen, z. B. für Steuerschuldverhältnisse der Gemeinde aus ihrem<br />

„Betrieb gewerblicher Art“. Ist eine solche Rückstellungsbildung durch die Gemeinde erforderlich, ist diese auf der<br />

Grundlage der Regelungen in Absatz 4 dieser Vorschrift vorzunehmen.<br />

6. Die Abzinsung von gemeindlichen Rückstellungen<br />

Die einzelnen Rückstellungen der Gemeinde sind nach dem Nominalwertprinzip zu bemessen bzw. zu bewerten<br />

und dürfen in Anlehnung an das Handelsrecht i.d.R. nicht abgezinst werden. Es soll gesichert werden, dass von<br />

der Gemeinde unter Beachtung des Realisationsprinzips ein entnahmefähiger Betrag (Erfüllungsbetrag) zurückgestellt<br />

wird. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass in der Mehrzahl der gemeindlichen Rückstellungen<br />

kein verdeckter Zins enthalten ist, z. B. bei Sachleistungsverpflichtungen, bei Verpflichtungen aus Bürgschaften<br />

oder Schadenersatzleistungen.<br />

Eine Abzinsung ist bei auch Rückstellungen für Altersteilzeit nicht zulässig, denn die Ansprüche einer Beamtin<br />

oder eines Beamten nach dem Altersteilzeitmodell stellen keine von der Gemeinde zu erbringenden abzinsbaren<br />

Versorgungsleistungen dar. Diese Sachlage wird auch dadurch deutlich, dass die Rückstellungen für Altersteilzeit<br />

unter den „Sonstigen Rückstellungen“ und nicht unter den „Pensionsrückstellungen“ in der gemeindlichen Bilanz<br />

anzusetzen sind. Auch längerfristige Umweltschutzverpflichtungen, z. B. Rückstellungen für die Rekultivierung<br />

von Deponien, sind nicht abzuzinsen.<br />

Diese sachlichen Vorgaben bedingen, dass bei den gemeindlichen Rückstellungen deshalb keine Trennung in<br />

Beträge für die Erfüllung der Leistungsverpflichtung und für die Kapitalnutzung vorzunehmen ist. Nur bei ihren<br />

Pensionsrückstellungen darf die Gemeinde nach Maßgabe des § 36 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> eine Abzinsung vornehmen,<br />

denn die gemeindlichen Versorgungsleistungen sind mit ihrem Barwert und nicht mit dem Nominalbetrag in<br />

der gemeindlichen Bilanz anzusetzen. Bei dessen Ermittlung ist der Berechnung ein Rechnungszins von fünf<br />

Prozent zugrunde zu legen.<br />

7. Auflösung und Herabsetzung der gemeindlichen Rückstellungen<br />

7.1 Die Auflösung von Rückstellungen<br />

7.1.1 Die Auflösung, weil der Grund entfallen ist<br />

Das Gebot in dieser Vorschrift ist im Einklang mit dem Handelsrecht bestimmt worden. Es verpflichtet die Gemeinde,<br />

angesetzte Rückstellungen aufzulösen, wenn der Grund hierfür ganz oder teilweise entfallen ist. In den<br />

Fällen, in denen absehbar ist, dass die Gemeinde nun doch nicht zu einer Leistung verpflichtet ist (fehlende Inanspruchnahme<br />

der Gemeinde), ist die in der gemeindlichen Bilanz angesetzte Rückstellung zum Abschlussstichtag<br />

ganz oder teilweise aufzulösen. Die Auflösung einer Rückstellung wegen eines nicht mehr vorhandenen Bedarfs<br />

führt zu einer Ergebniswirksamkeit und daher zu einer Erfassung als Ertrag in der Ergebnisrechnung.<br />

GEMEINDEORDNUNG 652


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§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Ein Wahlrecht für die Gemeinde, die Inanspruchnahme einer Rückstellung ergebniswirksam abzuwickeln, d.h.<br />

ertragswirksam aufzulösen und gleichzeitig Aufwendungen insgesamt in Höhe der erforderlichen Auszahlungen<br />

zu erfassen sowie entsprechend in ihrem Jahresabschluss nachzuweisen, besteht im Grundsatz nicht. Der Gemeinde<br />

ist eine gesonderte Erfassung ihrer Zahlungsströme im Rahmen der Finanzrechnung vorgegeben. Eine<br />

gleichzeitige ergebniswirksame Erfassung bedarf es daher nicht, denn die Zahlungsströme aus einer Inanspruchnahme<br />

einer Rückstellung sind auch unterjährig zu erfassen. Es bedarf daher keiner Überführung aus ergebniswirksamen<br />

Daten, z. B. im Rahmen einer „kaufmännischen“ Aufwandsminderung (Saldierung).<br />

7.1.2 Die Auflösung aus Verzicht auf die Instandhaltung<br />

Das Gebot in dieser Vorschrift verpflichtet die Gemeinden, auch angesetzte Rückstellungen für unterlassene<br />

Instandhaltung aufzulösen, wenn die geplanten (konkret beabsichtigten) Maßnahmen nach dem Haushaltsplan<br />

nicht umgesetzt worden sind und die dafür gebildete Rückstellung nicht mehr benötigt wird. Die Gemeinde hat in<br />

diesen Fällen regelmäßig eine Wertberichtigung beim Ansatz der betreffenden Vermögensgegenstände in der<br />

gemeindlichen Bilanz vorzunehmen.<br />

Bei der Bildung der Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung für bestimmte gemeindliche Vermögensgegenstände<br />

ist nach dem Bruttoprinzip vorzugehen, sodass der Wertansatz dieser Vermögensgegenstände nicht<br />

verändert wurde. Bei der ertragswirksamen Auflösung einer Rückstellung für unterlassene Instandhaltung muss<br />

daher wegen nicht durchgeführter Instandhaltungsmaßnahmen in entsprechender Höhe eine außerplanmäßige<br />

Abschreibung der betreffenden gemeindlichen Vermögensgegenstände vorgenommen werden. Diese haushaltswirtschaftlichen<br />

Maßnahmen sind in der gemeindlichen Ergebnisrechnung zu erfassen.<br />

7.1.3 Die Auflösung bei Dienstherrnwechsel<br />

In Ausnahmefällen kann es beim Wechsel einer Beamtin oder eines Beamten zu einem anderen Dienstherrn<br />

jedoch geboten sein, sich sofort von der späteren Beteiligungsverpflichtung durch eine Ausgleichszahlung zu<br />

entlasten. Wenn in solchen Fällen die Erstattungsverpflichtung des abgebenden Dienstherrn gegenüber dem<br />

neuen Dienstherrn durch eine einmalige Leistung abgegolten worden ist, kann auf den Erhalt der vorgenommenen<br />

Rückstellung für diese früheren Bediensteten verzichtet werden. Den Aufwendungen aus der Leistung an den<br />

neuen Dienstherrn steht der Ertrag aus der Auflösung der gebildeten Pensionsrückstellung gegenüber. Für die<br />

abgebende Gemeinde besteht keine Verpflichtung mehr gegenüber dem früheren Beschäftigten und damit ist der<br />

Grund für ihre Rückstellungsbildung entfallen.<br />

7.2 Die Herabsetzung von Rückstellungen<br />

7.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Das in dieser Vorschrift enthaltene Gebot verpflichtet die Gemeinde aber auch darauf zu achten, dass sie die<br />

Rückstellungen nur für die Zwecke in Anspruch nimmt, für die sie ursprünglich gebildet wurden. Dazu bietet z.B.<br />

die in den Haushaltsplan integrierte mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung eine Hilfestellung. Die Inanspruchnahme<br />

einer Rückstellung führt zu ihrer ergebnisneutralen Herabsetzung. Eine Herabsetzung von Rückstellungen<br />

erfolgt i.d.R. kann durch eine einmalige Inanspruchnahme, z. B. bei Durchführung einer Instandhaltung, für die<br />

eine Rückstellung gebildet wurde. Sie wird aber auch wegen laufender Leistungen vorgenommen, wenn die Gemeinde<br />

ab dem Eintritt ihrer Beamtin oder ihres Beamten in den Ruhestand ihre Verpflichtung zur Zahlung von<br />

laufenden Versorgungsleistungen erfüllt. Durch die Leistung von Zahlungen der Gemeinde ausgelöste Herabsetzungen<br />

von Rückstellungen berühren nur die gemeindliche Finanzrechnung.<br />

GEMEINDEORDNUNG 653


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§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

7.2.2 Die Herabsetzung durch eine einmalige Inanspruchnahme<br />

Mit der Umsetzung der von der Gemeinde vorgesehenen Instandhaltungsmaßnahme, für die von der Gemeinde<br />

eine Rückstellung gebildet wurde, wird diese in Anspruch genommen. Dadurch ist der bilanzielle Ansatz der gebildeten<br />

Rückstellung entsprechend zu verringern. Die von der Gemeinde aus der Umsetzung entstehenden<br />

Zahlungsverpflichtungen stellen in diesen Fällen keine gemeindlichen Aufwendungen dar, sodass die Ergebnisrechnung<br />

der Gemeinde nicht berührt wird. Die von der Gemeinde zu erbringenden Zahlungen (Leistungen) sind<br />

deshalb nur über die gemeindliche Finanzrechnung abzuwickeln.<br />

In diesem Zusammenhang ist in den Fällen, in denen die von der Gemeinde bilanzierte Rückstellung zu hoch<br />

bemessen worden ist, der nicht benötigte Anteil der gemeindlichen Rückstellung über die Ergebnisrechnung<br />

ertragswirksam aufzulösen. Ist dagegen aber die bilanzierte Rückstellung zu niedrig bemessen worden, stellt der<br />

fehlende, nicht zurückgestellte Anteil, z. B. an einer Instandhaltungsmaßnahme, für die von der Gemeinde zu<br />

erbringenden Leistungen weitere gemeindliche Aufwendungen dar, die von der Gemeinde in ihrer Ergebnisrechnung<br />

zu erfassen sind.<br />

7.2.3 Herabsetzung wegen laufender Leistungen<br />

7.2.3.1 Der Umfang der Herabsetzung<br />

Die Gemeinde muss ab dem Eintritt ihrer Beamtin oder ihres Beamten in den Ruhestand regelmäßig Versorgungsbezüge<br />

an diese Personen zahlen. Die in der gemeindlichen Bilanz angesetzten Pensionsrückstellungen<br />

sind dann zu reduzieren, denn die Gemeinde erfüllt ihre Verpflichtung durch die Zahlung von laufenden Versorgungsleistungen.<br />

Der Umfang einer Herabsetzung der Rückstellung wird jedoch nicht ausschließlich durch die<br />

Höhe der geleisteten Zahlungen bestimmt, sondern ist unter Berücksichtigung der noch bestehenden gemeindlichen<br />

Verpflichtungen vorzunehmen. Die Ermittlung der Höhe ist daher unter Einbeziehung von versicherungsmathematischen<br />

und nicht ausschließlich nach buchhalterischen Methoden vorzunehmen.<br />

Die mögliche Herabsetzung der Pensionsrückstellungen entsteht dadurch, dass die Gemeinde durch die Zahlung<br />

von Versorgungsbezügen insbesondere auch zeitlich einen Teil ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Beamtinnen<br />

und Beamten erfüllt hat (Teilerfüllung). Zum Beispiel hätte die Gemeinde bei einer Verpflichtung gegenüber<br />

einer Person über einen Zeitraum von 30 Jahren am Eröffnungsbilanzstichtag dafür den Barwert als Rückstellungsbetrag<br />

in ihrer Bilanz anzusetzen. Am folgenden Abschlussstichtag wäre dann für einen Zeitraum von 29<br />

Jahren der Barwert anzusetzen. Diese Sachlage kann zu einer Herabsetzung von Pensionsrückstellungen führen.<br />

Der Wertansatz der Pensionsrückstellungen in der Bilanz der Gemeinde ist daher dann herabzusetzen, wenn er<br />

am Abschlussstichtag höher ist, als es dem Barwert der noch in Zukunft zu leistenden Versorgungszahlungen zu<br />

diesem Stichtag entspricht.<br />

7.2.3.2 Die Trennung von Zuführungen und Herabsetzungen<br />

In der Praxis werden vielfach die Pensionsverpflichtungen der Gemeinde zu jedem Abschlussstichtag nur insgesamt<br />

und nicht getrennt nach Beschäftigten und Versorgungsempfängern neu ermittelt. Das Ergebnis wird dem<br />

Bestand zum Abschlussstichtag des Vorjahres gegenübergestellt und der sich daraus ergebende Saldo ergebniswirksam.<br />

Durch die Beschäftigten der Gemeinde werden im gleichen Haushaltsjahr jedoch regelmäßig weitere<br />

Ansprüche auf künftige Versorgungsleistungen erworben. Diese Sachlage führt dazu, dass neben der Herabsetzung<br />

von Pensionsrückstellungen aufgrund der zu zahlenden Versorgungsleistungen gleichzeitig aus dem Erwerb<br />

von Ansprüchen weitere Zuführungen zur Pensionsrückstellung erforderlich werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 654


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§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei einer solchen Vorgehensweise muss von der Gemeinde gewährleistet werden, dass die erworbenen Ansprüche<br />

der Beschäftigten periodengerecht dem Haushaltsjahr als Aufwendungen zugerechnet werden können. Außerdem<br />

ist haushaltsmäßig eine Differenzierung nach Personalaufwendungen und Versorgungsaufwendungen<br />

unter Beachtung des Bruttoprinzips vorzunehmen (vgl. § 3 i.V.m. § 11 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine Erfassung<br />

des Saldos aus dem Gesamtbestand der Pensionsrückstellungen für die Versorgungsempfänger und die Beschäftigten<br />

durch einen Vergleich des Wertansatzes für Pensionsrückstellungen an zwei aufeinanderfolgenden<br />

Abschlussstichtagen in der Ergebnisrechnung genügt dabei nicht den haushaltsrechtlichen Anforderungen.<br />

7.3 Ergebniswirksamkeit bei Veränderungen der Verpflichtungen<br />

7.3.1 Herabsetzung von Pensionsrückstellungen und Aufwendungen<br />

Von der Gemeinde muss zu jedem Abschlussstichtag geprüft werden, ob eine Herabsetzung von Pensionsrückstellungen<br />

erfolgen kann. Der Saldo aus dem dazu notwendigen Vergleich der Barwerte der Pensionsrückstellungen<br />

zum Abschlussstichtag mit denen des vorherigen Abschlussstichtages zeigt dabei auf, ob eine Herabsetzung<br />

der Pensionsrückstellungen oder eine Zuführung zu Pensionsrückstellungen vorzunehmen ist. Die Bewertung von<br />

Pensionsrückstellungen ist darauf angelegt, die Aufwendungen der Gemeinde über die Totalperiode zu verteilen.<br />

Die Bewertung der Pensionsrückstellungen zum Barwert statt eines Ansatzes zum Nominalwert bringt es daher<br />

mit sich, dass i.d.R. trotz einer Veränderung des Ansatzes der Pensionsrückstellungen die in einem Haushaltsjahr<br />

zu zahlenden Versorgungsbezüge die mögliche Herabsetzung des Wertansatzes für Pensionsrückstellungen<br />

übersteigen. In den Fällen, in denen in einem Haushaltsjahr die Versorgungsauszahlungen der Gemeinde die<br />

Herabsetzung des Wertansatzes für Pensionsrückstellungen übersteigen, stellen die Versorgungsauszahlungen<br />

insoweit gemeindliche Aufwendungen dar, die in der Ergebnisrechnung des betreffenden Haushaltsjahres von der<br />

Gemeinde zu erfassen sind.<br />

7.3.2 Der Verzicht auf Urlaubsansprüche und Arbeitszeitguthaben<br />

Aus nicht beanspruchtem Urlaub der Beschäftigten im abgelaufenen Haushaltsjahr sowie aus bestehenden Arbeitszeitguthaben<br />

der Beschäftigten entstehen für die Gemeinde am Abschlussstichtag entsprechende Verpflichtungen<br />

gegenüber ihren Beschäftigten. Deshalb müssen von der Gemeinde dafür Rückstellungen gebildet werden,<br />

wenn für die am Abschlussstichtag ermittelten o.a. Ansprüche der Beschäftigten eine Abgeltung durch Urlaub<br />

oder eine Barabgeltung vorgesehen bzw. nicht ausgeschlossen worden ist.<br />

In den Fällen, in denen die Ansprüche der gemeindlichen Beschäftigten auf Urlaub und Arbeitszeitguthaben aus<br />

dem vergangenen Haushaltsjahr im Folgejahr durch die Gewährung von Urlaub oder Freizeit und nicht durch eine<br />

Abgeltung in Geld erfolgt, ist eine ergebniswirksame Herabsetzung der für Urlaubsansprüche und Arbeitszeitguthaben<br />

gebildeten Rückstellungen vorzunehmen. Der Umfang einer solchen Herabsetzung gebildeter Rückstellungen<br />

ist in der Ergebnisrechnung der Gemeinde zu erfassen.<br />

7.4 Der Passivtausch zwischen Rückstellungen und Verbindlichkeiten<br />

Eine Rückstellung ist auch aufzulösen, wenn z. B. aus einer ungewissen Verbindlichkeit, die der Grund für die<br />

Rückstellungsbildung war, eine gewisse Verbindlichkeit geworden ist. Bei übereinstimmenden Beträgen erfolgt<br />

dann ein Passivtausch zwischen den Rückstellungen und den Verbindlichkeiten. Nur wenn bei einem solchen<br />

Passivtausch noch ein Teilbetrag bei der Rückstellung bestehen bleibt und kein Grund mehr für dessen Ansatz in<br />

der gemeindlichen Bilanz besteht, ist dieser Betrag ertragswirksam durch Erfassung in der Ergebnisrechnung<br />

GEMEINDEORDNUNG 655


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§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

aufzulösen. Diese Sachlage erfordert, die in der gemeindlichen Bilanz angesetzten Rückstellungen an jedem<br />

Abschlusstag zu überprüfen und ggf. anzupassen.<br />

Die Grenzen der gemeindlichen Rückstellungsbildung werden auch dadurch bestimmt, dass Rückstellungen<br />

aufzulösen sind, wenn der Grund dafür entfallen ist (vgl. § 36 Absatz 6 Satz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Wenn bei der<br />

Aufstellung der gemeindlichen Bilanz z. B. nicht mehr mit einer Inanspruchnahme zu rechnen ist, weil sich die<br />

Verhältnisse geändert haben oder neue Erkenntnisse über den Sachverhalt vorliegen, die zu einer veränderten<br />

Beurteilung führen, sind die entsprechenden Rückstellungen ganz oder teilweise aufzulösen.<br />

In den Fällen, in denen von der Gemeinde die einzelnen Rückstellungen richtig bemessen werden, sind diese<br />

beim Eintritt der zu erbringenden Zahlungsleistungen ganz oder teilweise herabzusetzen und werden nicht ergebniswirksam.<br />

Soweit jedoch die bilanzierte Rückstellung zu hoch bemessen wurde, entfällt in Höhe des nicht<br />

benötigten Teiles der Grund der Rückstellungsbildung, sodass dieser Teil als Ertrag in der gemeindlichen Ergebnisrechnung<br />

zu erfassen ist. Andererseits stellt in den Fällen, in denen die Rückstellung zu niedrig bemessen<br />

worden ist, der fehlende Teil für die Gemeinde neue Aufwendungen dar, die dann in der Ergebnisrechnung zu<br />

erfassen sind.<br />

Von der Gemeinde gebildete Rückstellungen sind grundsätzlich herabzusetzen, wenn diese wegen laufender<br />

Leistungen, z. B. Renten, in Anspruch genommen werden. Bei Gemeinden sind gebildete Pensionsrückstellungen<br />

herab zu setzen, wenn ab dem Eintritt einer Beamtin oder eines Beamten in den Ruhestand diesen Versorgungsbezüge<br />

gezahlt werden. Dadurch erfüllt die Gemeinde ihre Verpflichtungen aus der Vergangenheit, die zur Bildung<br />

von Rückstellungen geführt haben. Die Erfüllung der gemeindlichen Verpflichtungen reduziert nicht immer<br />

im gleichen Umfang den Wertansatz der Pensionsrückstellungen in der gemeindlichen Bilanz.<br />

Eine Veränderung eines Wertansatzes ist nur dann vorzunehmen, wenn der Wertansatz höher ist als es dem<br />

Barwert der noch in Zukunft zu leistenden Versorgungszahlungen entspricht. Ob dieser Sachverhalt örtlich gegeben<br />

ist, muss von der Gemeinde zu jedem Abschlussstichtag geprüft werden. Soweit die Versorgungsauszahlungen<br />

die mögliche Herabsetzung des Wertansatzes für Pensionsrückstellungen übersteigen, stellen sie Aufwendungen<br />

dar, die in der Ergebnisrechnung des betreffenden Haushaltsjahres zu erfassen sind.<br />

8. Der Rückstellungsspiegel<br />

Es ist für die Gemeinde sinnvoll, sich im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses einen detaillierten Überblick<br />

über den Stand und die Veränderungen der Rückstellungen zum Abschlussstichtag zu verschaffen. Als<br />

Grundgliederung des gemeindlichen Rückstellungsspiegels bietet sich die Bilanzgliederung nach § 41 Absatz 4<br />

Nummer 3 GemHVO <strong>NRW</strong> an, die im Teil A um die Veränderungen im Haushaltsjahr und in Teil B um eine zeitliche<br />

Komponente nach Laufzeiten erweitert wird. Im Teil A werden daher der Gesamtbetrag am Ende des Vorjahres,<br />

die Veränderungen aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr und der Gesamtbetrag am Ende des Haushaltsjahres<br />

in Bezug auf die einzelnen Arten von Rückstellungen aufgezeigt. Darüber hinaus werden im Teil B die einzelnen<br />

Arten von Rückstellungen, gegliedert nach Fristigkeiten, aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Arten der<br />

Rückstellungen<br />

Der Rückstellungsspiegel Teil A<br />

Gesamt-<br />

betrag<br />

am 31.12<br />

des<br />

Vor-<br />

jahres<br />

EUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 656<br />

Zufüh-<br />

rungen<br />

EUR<br />

Veränderungen<br />

im Haushaltsjahr<br />

Laufende<br />

Auflösung<br />

EUR<br />

Grund<br />

entfallen<br />

EUR<br />

Gesamt-<br />

betrag<br />

am 31.12<br />

des<br />

Haus-<br />

jahres<br />

EUR


(Gliederung<br />

mindestens wie<br />

in der Bilanz<br />

nach<br />

§ 41 Absatz 4<br />

Nummer 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

Arten der<br />

Rückstellungen<br />

(Gliederung<br />

mindestens wie<br />

in der Bilanz<br />

nach § 41 Absatz 4<br />

Nummer 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Rückstellungsspiegel Teil B<br />

Gesamt-<br />

betrag<br />

am 31.12<br />

des Haus-<br />

halts-<br />

jahres<br />

EUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 657<br />

mit einer Restlaufzeit von<br />

bis zu 1<br />

Jahr<br />

EUR<br />

1 bis 5<br />

Jahre<br />

EUR<br />

Abbildung 105 „Der Rückstellungsspiegel“<br />

mehr als<br />

5 Jahre<br />

EUR<br />

Gesamt-<br />

betrag<br />

am 31.12<br />

des<br />

Vor-<br />

jahres<br />

Ein solcher Rückstellungsspiegel macht die einzelnen Wertansätze in der gemeindlichen Bilanz transparent und<br />

nachvollziehbar. Er trägt erheblich zur Übersichtlichkeit der in der gemeindlichen Bilanz angesetzten Rückstellungen<br />

bei. Die Gemeinde kann dazu auch weitere Zusatzinformationen geben, die aus örtlichen Gegebenheiten<br />

heraus sachgerecht sind.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

EUR


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 89<br />

Liquidität<br />

(1) Die Gemeinde hat ihre Zahlungsfähigkeit durch eine angemessene Liquiditätsplanung sicherzustellen.<br />

(2) 1 Zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen kann die Gemeinde Kredite zur Liquiditätssicherung bis zu<br />

dem in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag aufnehmen, soweit dafür keine anderen Mittel zur Verfügung<br />

stehen. 2 Diese Ermächtigung gilt über das Haushaltsjahr hinaus bis zum Erlass der neuen Haushaltssatzung.<br />

Erläuterungen zu § 89:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Sicherstellung der Liquidität der Gemeinde<br />

Die Gemeinde hat unter Beachtung der Grundsatzes der Sicherstellung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

ihre gesamte Haushaltswirtschaft zukunftsbezogen auszurichten und dabei den besonderen Haushaltsgrundsatz<br />

„Sicherstellung der Liquidität einschließlich der Finanzierung der Investitionen“ zu beachten (vgl. § 75 Absatz 1<br />

und 6 GO <strong>NRW</strong>). Das Gebot für die Gemeinde, ihre künftige Liquidität sicherstellen, beinhaltet deshalb die Aufgabe<br />

für die Gemeinde, sich ihre finanziellen Handlungsmöglichkeiten zu erhalten. Der Begriff „Liquidität“ umfasst<br />

dabei die Fähigkeit der Gemeinde, ihren Zahlungsverpflichtungen termingerecht und betragsgenau nachzukommen.<br />

In diesem Sinne ist eine gesetzliche Verpflichtung der Gemeinde sachgerecht und erforderlich, weil eine<br />

Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der Gemeinde nur durch eine angemessene Liquiditätsplanung erreicht<br />

werden kann (vgl. § 30 Absatz 6 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Zur Ausgestaltung der o.a. Haushaltsgrundsätze gehört daher auch die weitere gesetzliche Grundlage, dass die<br />

Gemeinde zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen bedarfsgerecht die notwendigen Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

unter Einhaltung des in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrages aufnehmen kann, um<br />

ihren kurzfristigen Liquiditätsbedarf zu decken (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Regelungen über die<br />

Aufnahme von Krediten für Investitionen bleiben dabei von der Vorschrift über die gemeindliche Liquidität als<br />

Verstärkung und Erhaltung der Zahlungsfähigkeit unberührt (vgl. § 86 GO <strong>NRW</strong>). Für die Ausnahme von Krediten<br />

zur Liquiditätssicherung besteht zudem eine zeitliche Begrenzung für die Inanspruchnahme der in der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung enthaltenen Ermächtigung.<br />

Im Zusammenhang mit der gemeindlichen Liquiditätsplanung wird vielfach auch der Ausweis einer „Liquiditätsreserve“<br />

in der Finanzrechnung gewünscht, um aufzuzeigen, dass die Gemeinde ihren Bestand an liquiden Mitteln<br />

durch Umwandlung von Finanzanlagen oder mithilfe vergleichbarer Maßnahmen kurzfristig erhöhen kann. Diese<br />

Art der Bewirtschaftung und Planung von Liquidität muss als interne Maßnahme der Gemeinde bewertet werden<br />

und ist daher für die Gemeinde nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften nicht pflichtig vorgesehen, denn sie<br />

führt i.d.R. nicht zu kassenwirksamen Einzahlungen und Auszahlungen, die in der Finanzrechnung der Gemeinde<br />

nachzuweisen sind.<br />

Die Gemeinde kann jedoch intern und in eigener Verantwortung einen Finanzmittelfonds im Rahmen ihrer Liquiditätsplanung<br />

führen, um jederzeit einen Gesamtüberblick über ihren Bestand an Zahlungsmitteln zu erhalten, z. B.<br />

Barmittel und täglich fällige Sichteinlagen. Sie kann auch Zahlungsmitteläquivalente bewirtschaften, die kurzfristige,<br />

äußerst liquide Finanzmittel darstellen, die jederzeit umgewandelt werden können und nur unwesentlichen<br />

Wertschwankungen unterliegen. Ein gesonderter Ausweis der Liquiditätsreserve ist weder in der Finanzrechnung<br />

noch in der Bilanz der Gemeinde vorgesehen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 658


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

2. Einzahlungen und Auszahlungen als Rechengrößen<br />

2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Finanzrechnung der Gemeinde soll Auskunft über die tatsächliche finanzielle Lage der Gemeinde geben und<br />

dabei auch die Finanzierungsquellen sowie die Veränderung des Zahlungsmittelbestandes der Gemeinde (Liquide<br />

Mittel) aufzeigen. Dadurch stellt die Finanzrechnung eine Mittelherkunfts- und Mittelverwendungsrechnung der<br />

Gemeinde dar, bei der die Zahlungsströme ausschlaggebend sind. Aufgrund dessen kommen bei der gemeindlichen<br />

Finanzrechnung die Rechengrößen „Einzahlungen“ und „Auszahlungen“ als zutreffender Buchungsstoff zur<br />

Anwendung.<br />

Die gemeindlichen Einzahlungen und Auszahlung sind zudem unter Beachtung des Kassenwirksamkeitsprinzips<br />

in der Finanzrechnung der Gemeinde zu erfassen. Dieses Prinzip ist, vergleichbar mit der Entwicklung der Kassenkredite<br />

zu Krediten für die Liquiditätssicherung, zum Liquiditätsänderungsprinzip weiterentwickelt worden.<br />

Deshalb dürfen unter den Haushaltspositionen im Finanzplan nur Beträge in Höhe der im Haushaltsjahr voraussichtlich<br />

eingehenden oder zu leistenden Zahlungen ausgewiesen werden, die eine Änderung der Liquidität der<br />

Gemeinde bewirken.<br />

2.2 Die Rechengröße „Einzahlungen“<br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Einzahlungen“ wird der tatsächliche Zahlungsmittelzufluss bei der Gemeinde<br />

im Haushaltsjahr erfasst, der zu einer Erhöhung des gemeindlichen Zahlungsmittelbestandes durch den<br />

Zugang liquider Mittel, die in Form von Bargeld oder Buchgeld der Gemeinde zufließen, führt. Nicht als Einzahlung<br />

gilt die Erhöhung des Kassenbestandes der Gemeinde durch eine Barabhebung von einem Bankkonto der<br />

Gemeinde, weil dadurch der Zahlungsmittelbestand der Gemeinde insgesamt nicht verändert wird. Die Begriffspaare<br />

„Einzahlungen“ und „Einnahmen“ können im gemeindlichen Bereich wie folgt unterschieden werden:<br />

Einzahlung, die nicht gleichzeitig<br />

eine Einnahme ist<br />

Die Rechengröße „Einzahlungen“<br />

Einzahlung<br />

Einzahlung, die gleichzeitig<br />

eine Einnahme ist<br />

Einnahme, die gleichzeitig<br />

eine Einzahlung ist<br />

GEMEINDEORDNUNG 659<br />

Einnahme<br />

Abbildung 106 „Die Rechengröße Einzahlungen“<br />

Einnahme, die nicht gleichzeitig<br />

eine Einzahlung ist<br />

Es liegen beim Einsatz der Rechengrößen „Einzahlungen“ und „Einnahme“ im gemeindlichen Rechnungswesen<br />

dann nicht einnahmewirksame Einzahlungen vor, wenn es in gleicher Höhe zu einer zu einer Abnahme der gemeindlichen<br />

Forderungen oder zu einer Erhöhung der gemeindlichen Verbindlichkeiten kommt.


2.3 Die Rechengröße „Auszahlungen“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Auszahlungen“ wird der tatsächliche Zahlungsmittelabfluss bei der Ge-<br />

meinde im Haushaltsjahr erfasst, der zu einer Verminderung des gemeindlichen Zahlungsmittelbestandes durch<br />

den Abgang liquider Mittel führt. Die Abgabe von Finanzmitteln durch die Gemeinde kann in Form von Bargeld<br />

oder Buchgeld erfolgen. Die Begriffspaare „Aufwendungen“ und „Ausgaben“ können im gemeindlichen Bereich<br />

wie folgt unterschieden werden:<br />

Auszahlung, die nicht gleichzeitig<br />

ausgabewirksam ist<br />

Die Rechengröße „Auszahlungen“<br />

Auszahlung<br />

Auszahlung, die gleichzeitig<br />

ausgabewirksam ist<br />

Ausgabe, die gleichzeitig<br />

auszahlungswirksam ist<br />

GEMEINDEORDNUNG 660<br />

Ausgabe<br />

Abbildung 107 „Die Rechengröße Auszahlungen“<br />

Ausgabe, die nicht gleichzeitig<br />

auszahlungswirksam ist<br />

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass beim Einsatz der Rechengrößen „Auszahlungen“ und „Ausgabe“<br />

auch dann keine ausgabewirksamen Auszahlungen vorliegen, wenn es in gleicher Höhe zu einer zu einer Minderung<br />

der gemeindlichen Verbindlichkeiten oder zu einer Zunahme der gemeindlichen Forderungen kommt. Auch<br />

eine Verminderung des Kassenbestandes der Gemeinde durch eine Bareinzahlung auf ein Bankkonto der Gemeinde<br />

gilt nicht als gemeindliche Auszahlung, weil durch diesen Vorgang der Zahlungsmittelbestand der Gemeinde<br />

insgesamt nicht verändert wird.<br />

3. Der Nachweis der Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung führt zur Erhöhung der Zahlungsmittel der Gemeinde. Diese<br />

Kredite sind daher mit ihrem Stand zum Abschlussstichtag (Rückzahlungsbetrag) in der Finanzrechnung gesondert<br />

auszuweisen. Weil diese Kredite wegen der mangelnden unterjährigen Zahlungsfähigkeit der Gemeinde<br />

bedarfsgerecht und tagesgenau aufgenommen werden, steht deren Rückzahlungsbetrag nur zum Stichtag des<br />

Jahresabschlusses genau fest. Der Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung stellt daher eine örtliche<br />

Schätzgröße aus den Erfahrungswerten der Gemeinde dar. Daher bedarf es bei jedem Jahresabschluss eines<br />

Nachweises der Kredite zur Liquiditätssicherung in der gemeindlichen Finanzrechnung. Einer vorherigen Veranschlagung<br />

der Kredite zur Liquiditätssicherung im gemeindlichen Finanzplan bedarf es dagegen nicht (vgl. § 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>).


3.2 Der Nachweis in der Finanzrechnung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Der gemeindlichen Finanzrechnung kommt die Aufgabe zu, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Finanzlage der Gemeinde, also der Einzahlungs- und Auszahlungsströme, zu vermitteln. Sie ist im NKF<br />

die dritte Säule und ein Element, das mit der im kaufmännischen Rechnungswesen bekannten „Kapitalflussrechnung“<br />

verwandt ist. Die Finanzrechnung kann auch als eine auf die gemeindlichen Belange abgewandelte Form<br />

der in der privaten Wirtschaft gebräuchlichen Kapitalflussrechnung betrachtet werden. Die Finanzrechnung soll<br />

aussagekräftige Informationen über die tatsächliche finanzielle Lage der Gemeinde liefern. Sie bietet eine zeitraumbezogene<br />

Abbildung sämtlicher Zahlungsströme (Ein- und Auszahlungen), mit einer Darstellung der Finanzierungsquellen<br />

(Mittelherkunfts- und -verwendungsrechnung) und der Veränderung des Zahlungsmittelbestandes<br />

und beinhaltet über die Planungsvariante „Finanzplan“ die Ermächtigung für die investiven Einzahlungen und<br />

Auszahlungen.<br />

Unter Beachtung des Bruttoprinzips sind in der gemeindlichen Finanzrechnung für sämtliche Einzahlungs- und<br />

Auszahlungsarten, jeweils Jahressummen auszuweisen, um die tatsächlichen Einzahlungen und Auszahlungen<br />

im Haushaltsjahr nach Arten aufzuzeigen (vgl. § 11 und 39 GemHVO <strong>NRW</strong>). Hierbei ist die erfolgte Änderung des<br />

Bestandes an Finanzmitteln insgesamt nachzuweisen sowie der Bestand an liquiden Mitteln festzustellen und in<br />

die Bilanz überzuleiten. Dazu sind der Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit und der Saldo aus der Investitionstätigkeit<br />

zuermitteln und daraus der Finanzmittelüberschuss oder Finanzmittelfehlbetrag. Durch die Einbeziehung<br />

des Saldos aus der Finanzierungstätigkeit, der aus den Zahlungen aus der Aufnahme und der Tilgung von<br />

Krediten für Investitionen sowie auch aus Krediten zur Liquiditätssicherung entsteht, lässt sich die Änderung des<br />

Bestandes an eigenen Finanzmitteln ermitteln und in der Finanzrechnung ausweisen. Der Endbestand an Finanzmitteln<br />

ist als vorhandene liquide Mittel der Gemeinde in dem dafür vorgesehenen Bilanzposten der<br />

Schlussbilanz des Haushaltsjahres anzusetzen.<br />

3.3 Der Nachweis in der Bilanz<br />

Die Bilanz der Gemeinde ist als Gegenüberstellung von gemeindlichem Vermögen (Aktivseite) und den Finanzierungsmitteln<br />

(Passivseite) eine auf den jährlichen Abschlussstichtag bezogene Zeitpunktrechnung und ein wesentlicher<br />

Bestandteil des doppischen Rechnungswesens im NKF. Auf der Passivseite der Bilanz werden die<br />

Verbindlichkeiten der Gemeinde und ihr Eigenkapital gezeigt (Passivierung). Dadurch wird die Mittelherkunft bzw.<br />

die Finanzierung des Vermögens offengelegt und dokumentiert. Die durch die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung<br />

entstehenden Rückzahlungsverpflichtungen führen dazu, dass auch diese Fremdmittel zu den<br />

Schulden der Gemeinde zählen.<br />

Wegen ihrer Bedeutung als vorübergehende Unterstützung zur Leistung der gemeindlichen Auszahlungen sind<br />

die am Schluss des Haushaltsjahres noch nicht zurückgezahlten Kredite zur Liquiditätssicherung als Verbindlichkeiten<br />

in einem gesonderten Bilanzposten anzusetzen. Damit wird ein besserer Überblick über den Stand der<br />

Fremdfinanzierung der Gemeinde im abgelaufenen Haushaltsjahr erreicht. Die Zuordnung der gemeindlichen<br />

Kredite zur Liquiditätssicherung zum zutreffenden Bilanzposten ist nur nach deren zweckbezogener Verwendung<br />

und nicht nach der Laufzeit der Kredite vorzunehmen (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 4.3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die kurzfristigen<br />

Kredite für Investitionen der Gemeinde sind deshalb unter dem Bilanzposten "Verbindlichkeiten aus Krediten<br />

für Investitionen" anzusetzen (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 4.2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

3.4 Liquiditätskredite und Ergebnisplan<br />

Die Aufnahme und die Rückzahlung von gemeindlichen Krediten zur Liquiditätssicherung sind nicht Gegenstand<br />

der Veranschlagung im jährlichen Ergebnisplan der Gemeinde. Die dadurch entstehenden Einzahlungen und<br />

Auszahlungen stellen haushaltsmäßig keine gemeindlichen Erträge und Aufwendungen dar, die wirtschaftlich den<br />

GEMEINDEORDNUNG 661


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Haushaltsjahren zuzurechnen wären, in denen sie entstehen (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>) Sie werden deshalb nur<br />

in der gemeindlichen Finanzrechnung erfasst. Die Kreditkosten einschließlich der Zinsen stellen dagegen Aufwendungen<br />

für die Gemeinde dar. Sie muss diese Aufwendungen in ihrer Haushaltsplanung berücksichtigen und<br />

im Ergebnisplan im Produktbereich „Allgemeine Finanzwirtschaft“ veranschlagen (vgl. § 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

4. Die Schriftform bei der Abgabe von Erklärungen<br />

Die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung durch schuldrechtliche Verträge stellen gemeindliche Verpflichtungserklärungen<br />

dar und bedürfen daher der Schriftform (vgl. § 64 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Mit dieser gesetzlichen<br />

Vorgabe wird der Zweck verfolgt, die Gemeinde vor übereilten Erklärungen zu schützen. Sie soll sich Klarheit<br />

über den Inhalt einer neuen Verpflichtung verschaffen und die interne Entscheidungszuständigkeit klären. Die<br />

gemeindlichen Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, sind zudem i.d.R. vom Bürgermeister<br />

oder dem allgemeinen Vertreter und einem vertretungsberechtigten Bediensteten zu unterzeichnen, soweit<br />

es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Dabei ist zu beachten, dass Erklärungen<br />

der Gemeinde, die nicht den Formvorschriften der Gemeindeordnung entsprechen, nicht die Gemeinde binden.<br />

5. Der Haushaltsgrundsatz "Wirtschaftlichkeit"<br />

Zur Ausgestaltung der Ausführung des gemeindlichen Haushalts gehört auch die Möglichkeit der Gemeinde zur<br />

rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen bedarfsgerecht die notwendigen Kredite zur Liquiditätssicherung aufnehmen<br />

zu können, um ihren kurzfristigen Liquiditätsbedarf zu decken. Diese Kredite fallen nicht unter die besondere<br />

haushaltsrechtliche Regelung, dass die Gemeinde Kredite nur aufnehmen darf, wenn eine andere Finanzierung<br />

nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre (vgl. § 77 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Grundsätze<br />

der gemeindlichen Finanzmittelbeschaffung sind auf die Finanzierung des gemeindlichen Haushalts und nicht<br />

auf die Verstärkung der liquiden Mittel der Gemeinde zur Leistung von Auszahlungen ausgerichtet.<br />

Die haushaltsrechtliche Einschränkung führt gleichwohl nicht dazu, dass von der Gemeinde die Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

ohne Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeitsaspekten aufgenommen werden können. Nach dem<br />

Haushaltsgrundsatz „Wirtschaftlichkeit“ hat die Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft insgesamt wirtschaftlich zu<br />

führen (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Dieser Haushaltsgrundsatz erstreckt auf das gesamte haushaltswirtschaftliche<br />

Handeln der Gemeinde und ist hinsichtlich seiner Anwendung nicht eingeschränkt worden. Er endet<br />

daher in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung nicht bei der Buchführung, sondern umfasst dort auch die gemeindliche<br />

Zahlungsabwicklung (vgl. § 93 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Sicherstellung der gemeindlichen Liquiditätsplanung):<br />

1.1 Die gemeindliche Liquiditätsplanung<br />

1.1.1 Die Pflicht zur Liquiditätsplanung<br />

Der Haushaltsgrundsatz in § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>, der die Gemeinde verpflichtet, ihre Liquidität einschließlich<br />

der Finanzierung der Investitionen sicherzustellen, wird durch die Regelung des Absatzes 1 dieser Vorschrift<br />

näher bestimmt. In diesem Zusammenhang wird unter dem Begriff „Liquidität“ die Fähigkeit der Gemeinde verstanden,<br />

ihren Zahlungsverpflichtungen vollständig nachzukommen. Diese haushaltsmäßige Sachlage erfordert,<br />

die Gemeinde zu einer örtlichen Liquiditätsplanung zu verpflichten, anhand derer über die Maßnahmen zur Sicherstellung<br />

der erforderlichen Zahlungen der Gemeinde bestimmt werden sollen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 662


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Gemeinde bleibt es dabei eigenverantwortlich überlassen, wie konkret und in welchem Umfang sie durch die<br />

(angemessene) Liquiditätsplanung ihre Zahlungsfähigkeit sicherstellt. Aus dem Gebot zur gemeindlichen Liquiditätsplanung<br />

entsteht aber auch das Erfordernis für die Gemeinde, interne Informationspflichten zu verankern,<br />

damit die für die Liquiditätsplanung zuständige Stelle auch aus den Fachbereichen der gemeindlichen Verwaltung<br />

die notwendigen Informationen erhält, um den Liquiditätsbedarf der Gemeinde möglichst zutreffend abschätzen<br />

zu können. Bei den gemeindlichen Zahlungsströmen, die nach der Mittelherkunft und der Mittelverwendung unterteilt<br />

werden können, gilt zudem das „Kassenwirksamkeitsprinzip“, das auch als „Liquiditätsänderungsprinzip“<br />

bezeichnet werden kann.<br />

1.1.2 Die tagesgenaue Betrachtung<br />

Das Gebot einer Liquiditätsplanung verpflichtet aber die Gemeinde, sich täglich Kenntnisse über Zahlungsmittelzuflüsse<br />

und die Zahlungsmittelabflüsse sowie über Sicherheiten, Risiken und die Rentabilität von Anlagemöglichkeiten<br />

zu verschaffen (sog. Cash-Management). So bedarf es im Falle der Unterdeckung einer Finanzmittelbeschaffung<br />

und im Falle einer Überdeckung einer ggf. auch kurzfristigen Geldanlage. Die Gemeinde hat sowohl<br />

bei einer Finanzmittelbeschaffung als auch bei einer Geldanlage die einschlägigen haushaltsrechtlichen Vorschriften<br />

zu beachten.<br />

Zur tagesgenauen Betrachtung der gemeindlichen Liquidität gehört u.a. die Verpflichtung der Gemeinde, am<br />

Schluss eines jeden Buchungstages oder vor Beginn des folgenden Buchungstages ihre Finanzmittelkonten mit<br />

den Bankkonten abzugleichen (vgl. § 30 Absatz 4 Satz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die notwendige tägliche Abstimmung<br />

betrifft dabei den Abgleich der buchmäßigen Bestände der Finanzmittelkonten (Bestandskonten) auf der einen<br />

Seite mit den Kontoständen lt. Bankauszügen sowie den vorhandenen gemeindlichen Zahlungsmitteln auf der<br />

anderen Seite. Hierzu gehört, nach Abschluss der zahlungswirksamen Buchungsarbeiten die vorhandenen Buchund<br />

Ist-Bestände in geeigneter Weise zu protokollieren und in die örtliche Liquiditätsplanung einzubeziehen.<br />

1.1.3 Die zukunftsbezogene Betrachtung<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Liquiditätsplanung gilt es auch, einen möglichst genauen Aufschluss über die<br />

künftige Liquiditätsentwicklung der Gemeinde zu erhalten. Es besteht daher ein Bedarf, eine den örtlichen Verhältnissen<br />

angepasste Finanzierungsstruktur zu erhalten und ausreichende Finanzmittel zu den Fälligkeitstermin<br />

verfügbar zu haben. Dieses Ansinnen erfordert, die gemeindliche Finanzierung durch Eigen- und Fremdkapital zu<br />

betrachten und eine unausgewogene Finanzierungsstruktur zu vermeiden. In diese Betrachtung sind deshalb<br />

insbesondere die Finanzbeziehungen zu den Kreditgebern zu betrachten, die mit ihrer Kreditvergabe andere<br />

Interessen als die Gemeinde verfolgen. Ebenso ist die zeitliche Gestaltung der Kapitalbindung sowie der Kapitalbeschaffung<br />

und der Tilgung von Darlehen nicht zu vernachlässigen, um die Zahlungsfähigkeit zu erhalten und<br />

Risiken möglichst auszuschließen.<br />

Im Rahmen der zukunftsbezogenen Betrachtung sollte auch die Zielsetzung bestehen, den Saldo aus den Einzahlungen<br />

und Auszahlungen für die laufende Verwaltungstätigkeit der Gemeinde so groß werden zu lassen,<br />

dass daraus die von der Gemeinde zu leistende ordentliche Tilgung erbracht werden kann, auch wenn dieses Ziel<br />

nicht ausdrücklich in der Vorschriften über die gemeindliche Finanzierungstätigkeit und die Finanzmittelbeschaffung<br />

verankert worden ist (vgl. z.B. § 77 GO <strong>NRW</strong>). Bei absehbaren Differenzen zwischen den bei der Gemeinde<br />

voraussichtlich im Haushaltsjahr eingehenden Zahlungen und den von der Gemeinde voraussichtlich im gleichen<br />

Jahr zu leistenden Zahlungen sind die Ursachen zu analysieren und sachgerechte Ausgleichs- und Anpassungsmaßnahmen<br />

einzuleiten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 663


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Umsetzung des Gebotes zur angemessenen Liquiditätsplanung nach dieser Vorschrift soll eine tatsächliche<br />

und örtlich sorgfältige Planung bewirken, in der auch die Vorschriften über die Grundsätze über die Finanzmittelbeschaffung<br />

(vgl. § 77 GO <strong>NRW</strong>), die Regelungen über die Ergebnis- und Finanzplanung (vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>)<br />

sowie über die Voraussetzungen über die Aufnahme von Krediten für Investitionen (vgl. § 86 GO <strong>NRW</strong>) sowie<br />

von Krediten zur Liquiditätssicherung (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) zu beachten sind. Nicht zu vernachlässigen<br />

sind in diesem Zusammenhang die Vorschriften über die Einziehung von Ansprüchen der Gemeinde und über<br />

den Verzicht von Ansprüchen (vgl. § 23 Absatz 3 und § 26 GemHVO <strong>NRW</strong>), die im Rahmen der Liquiditätsplanung<br />

der Gemeinde ebenfalls relevant sind.<br />

1.1.4 Die Zeiträume der Liquiditätsplanung<br />

Die gemeindliche Liquiditätsplanung muss daher entsprechend den von der Gemeinde gesetzten spezifischen<br />

Zielsetzungen und unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten ausgestaltet werden. Einige mögliche<br />

Planungszeiträume werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Die Zeiträume der Liquiditätsplanung<br />

Jahr … Jahr … Jahr …<br />

Haushaltsjahr … Planungsjahr … Planungsjahr …<br />

Haushaltsjahr …<br />

1. Quartal 2. Quartal …<br />

Februar … Juni<br />

… Mi. Do. …<br />

GEMEINDEORDNUNG 664<br />

Langfristige Planung ►<br />

Mittelfristige (fünfjährige) Planung ►<br />

Haushaltsjahrbezogene Planung ►<br />

Quartalsbezogene Planung ►<br />

Monatsbezogene Planung ►<br />

Tagesgenaue Planung ►<br />

Abbildung 108 „Die Zeiträume der Liquiditätsplanung“<br />

Der Grundsatz der Vollständigkeit sollte im Rahmen der gemeindlichen Liquiditätsplanung eine ausreichende<br />

Beachtung finden, denn je weniger Zahlungsströme von der Gemeinde in die von ihr vorgesehene Planungszeit<br />

einbezogen werden, desto ungenauer sind die Aussagen zur Liquiditätsentwicklung der Gemeinde. Auch der<br />

Grundsatz der Zeitpunktgenauigkeit ist für die Gemeinde von Bedeutung, denn die Länge des zu betrachtenden<br />

Zeitraumes sollte von ihr so gewählt werden, dass der Eintrittszeitpunkt der erwarteten Zahlungsströme hinreichend<br />

genau geschätzt werden kann. Je länger der zu betrachtende Zeitraum, desto ungenauer die Schätzung.<br />

1.2 Die Risikobeurteilung<br />

Zur gemeindlichen Liquiditätsplanung gehört aber auch die Einschätzung des Risikos, dass der Gemeinde keine<br />

kurzfristigen Liquiditätskredite zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen mehr gewährt werden. Dieser mögliche<br />

Sachverhalt darf jedoch nicht negativ belegt werden. Er muss vielmehr als Chance für einen Neuanfang der<br />

Entschuldung verstanden werden, bei dem auch neue Instrumente zur Schuldenbegrenzung zum Einsatz kommen<br />

müssen. Es muss zudem schnellstmöglich ein Sanierungsweg beschritten bzw. eingeschlagen werden. Für


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

die Beurteilung einer ausreichenden Liquidität bietet sich die Einrichtung eines gemeindlichen Liquiditätsrisikomessverfahrens<br />

und Liquiditätssteuerungsverfahren durch die Gemeinde an.<br />

Das Verfahren muss unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse der Gemeinde der Art und Komplexität der<br />

gemeindlichen Geschäftsvorfälle eine adäquate laufende Ermittlung und Überwachung des Liquiditätsrisikos und<br />

der Liquiditätslage gewährleisten sowie Risiken und Chancen möglichst im Voraus erkennen. Daher basiert ein<br />

mögliches gemeindliches Liquiditätssteuerungsverfahren auf der Beurteilung von tagesaktuellen Zahlungsströmen<br />

und nicht auf der Vornahme von Bewertungen. Die wichtigsten Inhalte dieser Verfahren nachfolgend beispielhaft<br />

aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Liquiditätsrisikomessverfahren und -steuerungsverfahren<br />

BESTANDTEILE<br />

Konzeption<br />

Beteiligungen<br />

Rahmen<br />

Tests<br />

Krisenplan<br />

GEMEINDEORDNUNG 665<br />

INHALTE<br />

Im Rahmen der Konzeption ist das örtliche Liquiditätsrisiko zu<br />

definieren, das z. B. wegen einer möglichen Zahlungsunfähigkeit<br />

bestehen kann, aber auch Risiken der Refinanzierung unter Berücksichtigung<br />

der zeitlichen Komponente beinhaltet. Daraus sind<br />

Strategien für ein Liquiditätsrisikomanagement zu entwickeln.<br />

In den Rahmen der örtlichen Verwaltungsorganisation ist das Liquiditätsrisikomanagement<br />

einzubinden und entsprechend seiner<br />

Bedeutung den Verantwortlichkeiten zuzuordnen. Dabei sind auch<br />

die örtlichen Entscheidungsstrukturen zu berücksichtigen sowie<br />

Liquiditätsrisikostrategien einschließlich einer Berichterstattung<br />

festzulegen.<br />

Der Rahmen für die örtlichen Risikomess- und -steuerungssysteme<br />

muss Methoden und Messzahlen zur Risikoidentifizierung und<br />

Risikoquantifizierung enthalten. Unter einer Zeitkomponente gilt es<br />

die Zahlungsströme zu erfassen, um das Liquiditätspotential unter<br />

Verwendung von Steuerungsgrößen zu bestimmen.<br />

Das örtliche Liquiditätsrisikomess- und -steuerungsverfahren bzw.<br />

die Methoden zur Risikomessung und Risikoüberwachung sind<br />

regelmäßig zu überprüfen. Insbesondere bedarf das Management<br />

der Liquiditätsrisiken einer ständigen Überwachung einschließlich<br />

der Tests, auch unter Krisenszenarien.<br />

Die Erkenntnisse aus den Krisenszenarien sollen in einem Krisenplan<br />

münden, der abgestufte Maßnahmen für Ereignisse enthält,<br />

die einen „Liquiditätsnotfall“ bewirken können. Dazu sind auch die<br />

dann geltenden Kommunikationswege einschließlich der Zuständigkeiten<br />

und Verantwortlichkeiten zu bestimmen.<br />

Abbildung 109 „Liquiditätsrisikomessverfahren und -steuerungsverfahren“<br />

Im Zusammenhang mit der Einschätzung, bei welchem Niveau ein mittleres oder ein hohes Risiko für eine nicht<br />

ausreichende Liquidität entsteht, sollten geeignete Obergrenzen für Liquiditätsrisiken wie sie vergleichsweise<br />

auch im Zinsmanagement zur Anwendung kommen, bestimmt und zudem regelmäßig überprüft werden. Außerdem<br />

bedarf es bereits im Vorfeld einer Auswahl von möglichen Maßnahmen für den Fall des Eintritts einer Gefährdung<br />

sowie für deren Beseitigung.


1.3 Der Liquiditätsverbund bzw. Cashpooling<br />

1.3.1 Allgemeine Voraussetzungen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Für die Gemeinden besteht grundsätzlich die Möglichkeit, einen Liquiditätsverbund bzw. ein Cashpooling mit<br />

einem Masteraccountkonto zwischen der Verwaltung und den Betrieben im Sinne eines Konzerns einzurichten.<br />

Durch einen solchen Liquiditätsverbund können die notwendigen Kreditaufnahmen der Gemeinde insgesamt<br />

minimiert und gegebenenfalls günstigere Konditionen erzielt werden. Die Einrichtung eines Liquiditätsverbundes<br />

steht unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit nach § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>, die dabei unter Berücksichtigung<br />

der örtlichen Gesamtumstände gegeben sein muss. In die Beurteilung der Zulässigkeit eines Liquiditätsverbundes<br />

ist u.a. das Verbot einzubeziehen, dass die Gemeinde kein Bankunternehmen errichten, übernehmen oder betreiben<br />

darf (vgl. § 107 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Diese Vorschrift steht der Einrichtung eines Liquiditätsverbundes<br />

bzw. eines Cashpoolings durch die Gemeinde jedoch nicht entgegen, denn ein gemeindlicher Liquiditätsverbund<br />

ist nicht als das Betreiben eines Bankgeschäftes zu bewerten.<br />

Nach Auskunft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist die Ausnahmeregelung in § 2 Absatz<br />

1 Nummer. 7 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KW G) vom 09.09.1998 (BGBl. I S.<br />

2776) auch auf Gemeinden anwendbar. Durch diese getroffene Festlegung ist die Tätigkeit der Gemeinde im<br />

Rahmen eines Liquiditätsverbundes im Rahmen des Konzernprivilegs als zulässig zu betrachten. Die Nutzung<br />

des Konzernprivilegs für die Abwicklung von Geldgeschäften in einem Liquiditätsverbund der Gemeinde setzt<br />

jedoch das Bestehen einer Allein- oder Mehrheitsgesellschafterstellung der Gemeinde bei den betreffenden gemeindlichen<br />

Betrieben voraus oder die verpflichtende Einbeziehung dieser Betriebe in die Vollkonsolidierung für<br />

den gemeindlichen Gesamtabschlusses (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 50 GemHVO <strong>NRW</strong> ).<br />

1.3.2 Haushaltswirtschaftliche Voraussetzungen<br />

Bei der Einrichtung eines Liquiditätsverbundes bedarf es einer Abstimmung über die Abwicklung der Geldgeschäfte<br />

zwischen den Beteiligten und der Übernahme von Verantwortlichkeiten einschließlich über die für die<br />

Abwicklung ggf. zu beauftragende Bank. Dieses Erfordernis besteht insbesondere dann, wenn auch rechtlich<br />

selbstständige Betriebe der Gemeinde in einen solchen Liquiditätsverbund einbezogen werden. Zu einem Liquiditätsverbund<br />

gehören auch Regelungen über die eindeutige Zuordnung der jeweils bestehenden Verbindlichkeiten<br />

und Forderungen zu den Beteiligten.<br />

Die Führung eines eigenen Verrechnungskontos durch die Gemeinde oder durch einen Betrieb ist deshalb unabdingbar.<br />

Die finanzwirtschaftliche Verantwortung kann zudem nicht alleine von der Verwaltung der Gemeinde<br />

getragen werden. Ein solcher Liquiditätsverbund darf zudem nicht dazu führen, dass die Gemeinde dann Kredite<br />

zur Liquiditätssicherung oberhalb ihres eigenen haushaltsmäßigen Bedarfs aufnimmt. Sofern die Gemeinde die<br />

Kredite zur Liquiditätssicherung nicht im Umfang des in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrages für<br />

eigene Zwecke benötigt, darf sie in Höhe des Differenzbetrages keine weiteren Kredite aufnehmen. Das Cashpooling<br />

stellt dabei keinen gemeindlichen Zweck dar, für den eine Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung<br />

durch die Gemeinde zulässig wäre.<br />

Die Gemeinde kann aber auch selbst als „Cashpool-Führer“ auftreten. In einem solchen Fall stellen die von Dritten<br />

in den Cashpool eingebrachten Finanzmittel zwar Guthaben der Gemeinde dar, jedoch bestehen zusätzlich in<br />

gleicher Höhe auch Ansprüche der Dritten als Geldgeber, sodass entsprechende Verbindlichkeiten in der gemeindlichen<br />

Bilanz zu passivieren sind. Sofern die Gemeinde nur an einem Cashpooling beteiligt ist, hat sie entsprechend<br />

der Höhe der in den Cashpool eingebrachten Finanzmittel entsprechende Forderungen gegenüber<br />

dem Cashpool zu bilanzieren.<br />

GEMEINDEORDNUNG 666


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

In einem Liquiditätsverbund kann die Abwicklung der Geldgeschäfte auch durch die Verwaltung der Gemeinde<br />

erfolgen. In diesen Fällen tritt die Gemeinde im Rahmen des Liquiditätsverbundes als „innere“ Bank für die rechtlich<br />

selbstständigen Betriebe auf. Die Gemeinde muss dann dafür Sorge tragen, dass in ihrer Finanzbuchhaltung<br />

die Finanzgeschäfte aufgrund der „Cashpool-Führung“ von den eigenen haushaltsbezogenen Geschäftsvorfällen<br />

und der Zahlungsabwicklung sachlich ausreichend abgegrenzt und buchungsmäßig getrennt verarbeitet werden.<br />

1.3.3 Beachtung des europäischen Beihilferechts<br />

Bei der Ausgestaltung eines Liquiditätsverbundes sind die Vorgaben des europäischen Beihilferechts zu beachten.<br />

Es ist auch unter beihilferechtlichen Erwägungen insbesondere die eindeutige Zuordnung der finanziellen<br />

Mittel zu den jeweiligen Beteiligten im Liquiditätsverbund sicherzustellen. Außerdem darf durch die Inanspruchnahme<br />

des Liquiditätsverbundes kein beihilferechtlich unzulässiger Liquiditätszuwachs erfolgen. Als beihilferechtlich<br />

zulässig wären z. B. die finanziellen Vorteile aus dem Liquiditätsverbund anzusehen, die bei gemeindlichen<br />

Betrieben im Rahmen von Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem<br />

Interesse entstehen. In diesem Zusammenhang ist von der Gemeinde sicherzustellen, dass die<br />

Beteiligen finanzielle Vorteile aus dem Liquiditätszuwachs zur Subventionierung wirtschaftlicher Tätigkeit verwenden.<br />

Die Betriebe können die finanziellen Vorteile des Liquiditätsverbundes grundsätzlich nur zu marktgerechten<br />

Konditionen oder im Rahmen der Freistellungsverordung für „De-minimis“-Beihilfen in Anspruch nehmen.<br />

1.4 Auftragsvergabe und Liquiditätsplanung<br />

Im Rahmen eines Vergabeverfahrens sollte die Gemeinde ihre haushaltsmäßige Planung der voraussichtlichen<br />

Umsetzung der gemeindlichen Maßnahme bereits beginnen. Dazu gehört nicht nur die haushaltsmäßige Einbeziehung<br />

der Maßnahme in die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinde, sondern auch in die<br />

örtliche Liquiditätsplanung, denn die Gemeinde hat ihre Liquidität einschließlich der Finanzierung ihrer Investitionen<br />

sicherzustellen (vgl. § 75 Absatz 6, § 84 und § 89 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 30 Absatz 6 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesem Zusammenhang mit der gemeindlichen Auftragsvergabe sollte auch das Forderungssicherungsgesetz<br />

Beachtung finden, denn danach kann z. B. ein Unternehmer vom Besteller eine Abschlagszahlung verlangen.<br />

Diese Zahlung darf auch von der Gemeinde nicht verweigert werden, selbst dann nicht, wenn (unwesentliche)<br />

Mängel beim angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstand bestehen (vgl. § 632a BGB).<br />

1.5 Die Beauftragung Dritter<br />

Die Gemeinde kann Dritte damit beauftragt, sie bei der Verwaltung der gemeindlichen Finanzmittel fachlich zu<br />

beraten oder zu unterstützen. Sie kann sie sogar beauftragen, die gemeindlichen Finanzmittel zu verwalten, in<br />

dem die Aufgaben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung durch eine Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

erledigt werden (vgl. § 94 GO <strong>NRW</strong>). In allen diesen Fällen ist die Gemeinde verpflichtet, eine wirksame Kontrolle<br />

gegenüber den Dritten sicherzustellen. Sie hat in jedem Fall zu gewährleisten, dass insbesondere die ihr gesetzlich<br />

zugewiesenen Aufgaben in ihrer Verfügungs- und Entscheidungsbefugnis verbleiben, denn sie trägt weiterhin<br />

die Gesamtverantwortung für eine ordnungsgemäße Finanzbuchhaltung.<br />

1.6 Der Liquiditätsspiegel<br />

Die Gemeinde muss sich nicht eines ausgefeilten Liquiditätsrisikomessverfahrens bzw. Liquiditätssteuerungsverfahrens<br />

bedienen, sondern kann auch alternative Verfahren zur Sicherung der gemeindlichen Liquidität nutzen.<br />

Einen Einstieg, um sich einen zeitbezogenen Überblick über die verfügbaren Zahlungsmittel und der abrufbaren<br />

Forderungen und Zahlungsverpflichtungen zu verschaffen, bietet ein Liquiditätsspiegel. Ein solcher Liquiditäts-<br />

GEMEINDEORDNUNG 667


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

spiegel trägt zur Übersicht bei der Liquiditätssteuerung der Gemeinde bei. Er ist ein internes Instrument, das nicht<br />

zum gemeindlichen Jahresabschluss gehört, auch wenn dadurch die kurz- und mittelfristige Finanzlage der Gemeinde<br />

noch besser transparent und nachvollziehbar gemacht wird.<br />

Bei einem gemeindlichen Liquiditätsspiegel stehen anders als beim Forderungsspiegel und Verbindlichkeitenspiegel<br />

die Auswirkungen auf die Finanzmittel der Gemeinde aus dem Kassenwirksamkeitsprinzip sowie dem<br />

Fälligkeitsprinzip im Vordergrund der Betrachtung. Damit müssen einem Liquiditätsspiegel insbesondere die kurzfristigen<br />

Zahlungserfordernisse berücksichtigt werden. Durch die Einstellung der Ansprüche und Zahlungsverpflichtungen<br />

in ein Zeitraster wird ein Überblick erreicht, durch den das gemeindliche Finanzmanagement und die<br />

notwendige Liquiditätssicherung unterstützt werden. Das nachfolgende Schema zeigt die mögliche Gliederung für<br />

einen gemeindlichen Liquiditätsspiegel auf (vgl. Abbildung).<br />

Arten der<br />

Zahlungsmittel<br />

und Zahlungs-<br />

verpflichtungen<br />

(Gliederung<br />

detaillierter als<br />

in der Bilanz nach<br />

§ 41 Absatz 3<br />

Nrn. 2.2 - 2.4<br />

und Absatz 4 Nr. 4<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

Arten der<br />

Zahlungsmittel<br />

und Zahlungs-<br />

verpflichtungen<br />

(Gliederung<br />

detaillierter als<br />

in der Bilanz nach<br />

§ 41 Absatz 3<br />

Nrn. 2.2 - 2.4<br />

und Absatz 4 Nr. 4<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

Der Liquiditätssspiegel<br />

Teil A<br />

Stand<br />

(Betrag)<br />

am 31.12<br />

des<br />

Vor-<br />

jahres<br />

EUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 668<br />

täglich<br />

bis zu<br />

1 Monat<br />

EUR<br />

Der Liquiditätsspiegel<br />

Teil B<br />

Stand<br />

(Betrag)<br />

am 31.12<br />

des Haus-<br />

halts-<br />

jahres<br />

EUR<br />

Veränderungen im Haushaltsjahr<br />

nach Fälligkeit<br />

über<br />

1 Monat<br />

bis zu<br />

3 Monaten<br />

EUR<br />

Veränderungen<br />

bei einer Fälligkeit von<br />

bis zu 1<br />

Jahr<br />

EUR<br />

1 bis 5<br />

Jahre<br />

EUR<br />

Abbildung 110 „Der Liquiditätsspiegel“<br />

über<br />

3 Monate<br />

bis zu<br />

6 Monaten<br />

EUR<br />

mehr als<br />

5 Jahre<br />

EUR<br />

über<br />

6 Monate<br />

bis zu<br />

12 Monaten<br />

EUR<br />

Hin-<br />

weise


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde kann das Schema des aufgezeigten Liquiditätsspiegels auf ihre Bedürfnisse übertragen und unter<br />

Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten weiter ausgestalten. Sie kann dazu auch weitere Informationen<br />

geben, die von örtlicher Relevanz sind. Ein solcher gemeindlicher Liquiditätsspiegel muss grundsätzlich in kurzen<br />

Zeitabständen, ggf. täglich, von der Gemeinde fortgeschrieben werden.<br />

2. Zu Absatz 2 (Kredite zur Liquiditätssicherung):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung):<br />

2.1.1 Voraussetzungen für die Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

Dem gesetzlichen Gebot, die Zahlungsfähigkeit durch eine angemessene Liquiditätsplanung sicherzustellen,<br />

kann die Gemeinde nur nachkommen, wenn es ihr ermöglicht wird, bei Bedarf und zur rechtzeitigen Leistung ihrer<br />

Auszahlungen im notwendigen Umfang ihre Zahlungsmittel durch Kredite zu verstärken. Die Vorschrift enthält<br />

daher die zur Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung notwendige gesetzliche Grundlage für die Gemeinde.<br />

Diese Kredite unterliegen als kassenmäßige Verstärkungsmittel einer gesonderten Festsetzung in Form eines<br />

Höchstbetrages in der gemeindlichen Haushaltssatzung (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>). Durch die<br />

Aufnahme dieser Kredite wird daher auch nicht der in der gemeindlichen Haushaltssatzung festzusetzende Kreditrahmen<br />

für Kredite für Investitionen berührt (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1 c GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Kredite zur Liquiditätssicherung sind zudem nicht als "Einnahmen aus Krediten" im gemeindlichen Finanzplan<br />

zu veranschlagen (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie stellen keine Haushaltsmittel für die Gemeinde dar, auch wenn<br />

die gemeindlichen Zahlungen aus der Aufnahme und der Tilgung dieser Kredite in der Finanzrechnung der Gemeinde<br />

nachzuweisen sind (vgl. § 39 Satz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie dienen lediglich der Verstärkung der gemeindlichen<br />

Zahlungsmittel. Unabhängig von der haushaltsrechtlichen Einordnung fallen diese gemeindlichen Finanzmittel<br />

jedoch unter den bankrechtlichen Kreditbegriff. Von der Gemeinde werden daher die „Kredite zur Liquiditätssicherung“<br />

wie andere Kredite aus der allgemeinen Geldwirtschaft aufgenommen. Der Begriff des Kredites ist<br />

daher auch von dort für diese gemeindlichen Finanzmittel übernommen worden. Er entspricht zudem dem Darlehensbegriff<br />

nach §§ 488 BGB. Dabei umfasst er bei der Gemeinde nur die Geldschulden und nicht darlehensweise<br />

empfangene Sachen (vgl. §§ 607 ff. BGB).<br />

Die Gemeinde nimmt die Kredite zur Liquiditätssicherung eigenverantwortlich als Darlehen im Sinne des Privatrechts<br />

auf. Ihr obliegt dabei auch die Entscheidung, bei welchem Kreditgeber sie solche Kredite aufnimmt. Es ist<br />

dazu nicht vorgegeben worden, welchen Formen für die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung durch<br />

die Gemeinde zulässig sind. Vor der Aufnahme eines Kredites zur Liquiditätssicherung müssen jedoch bestimmte<br />

Voraussetzungen bei der Gemeinde erfüllt sein (vgl. Abbildung).<br />

Die Voraussetzungen bei Krediten zur Liquiditätssicherung<br />

- Bei der Gemeinde muss zum Zahlungszeitpunkt ein konkreter Bedarf zur Leistung von Auszahlungen<br />

bestehen.<br />

- Bei der Gemeinde stehen zum Zahlungszeitpunkt für die zu leistenden Auszahlungen keine<br />

anderen Finanzmittel aus Einzahlungen und Geldanlagen aktuell zur Verfügung.<br />

- Bei der Gemeinde ist zum Zahlungszeitpunkt der in der Haushaltssatzung festgesetzte Höchstbetrag<br />

noch nicht überschritten (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Abbildung 111 „Die Voraussetzungen bei Krediten zur Liquiditätssicherung“<br />

GEMEINDEORDNUNG 669


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Die gemeindlichen Kredite zur Liquiditätssicherung haben als kurzfristige Kredite grundsätzlich eine Laufzeit von<br />

einem Monat bis zu zwölf Monaten (Termingeldaufnahmen). Für diese Kredite kann in einem beschränkten Umfang<br />

von der Gemeinde ggf. auch eine mehrjährige Zinsbindung vereinbart werden, wenn ein „Grundbestand“<br />

solcher Kredite auf Dauer besteht, weil diese Schulden von der Gemeinde in absehbarer Zeit nicht endgültig<br />

getilgt werden können. Die Gemeinde hat die aufgenommenen Kredite zur Sicherstellung der Liquidität unter<br />

einem gesonderten Bilanzposten anzusetzen sowie im Verbindlichkeitenspiegel auszuweisen (vgl. § 41 Absatz 4<br />

und § 47 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie dabei zur weiteren Erläuterung im Anhang die Kredite zusätzlich z. B. nach Kreditgebern,<br />

nach ihrer Herkunft (Inland oder Ausland) sowie nach ihrer Ausgabe in Euro oder in einer Fremdwährung<br />

unterscheiden.<br />

Bei diesen kurzfristigen Krediten zur Liquiditätssicherung wird regelmäßig zwischen Festbetragskrediten und<br />

Kontokorrentkrediten unterschieden. Bei einem Festbetragskredit verpflichtet sich die Gemeinde vertraglich, ein<br />

kurzfristiges Darlehen mit einem bestimmten Betrag für eine festgelegte Zeit in Anspruch zu nehmen. Bei einem<br />

Kontokorrentkredit wird dem Kontoinhaber das Recht eingeräumt, sein Konto bis zu einer vorher bestimmten<br />

Höhe zu überziehen (Rahmenkredit). Dieser zuletzt genannte Kredit gilt mit der tatsächlichen Überziehung des<br />

Kontos (Minusbestand) als aufgenommen. Jeder Zahlungsvorgang über dieses Konto verändert dann die Höhe<br />

des in Anspruch genommenen kurzfristigen Überziehungskredits. Daneben wird der kurzfristige Liquiditätsbedarf<br />

der Gemeinde aber auch über Tagesgeldaufnahmen befriedigt.<br />

In diesem Zusammenhang muss von der Gemeinde örtlich auch die Form der Verwaltung der gemeindlichen<br />

Schulden geklärt und organisiert werden. Diese Tätigkeiten unterliegen haushaltsmäßig dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit.<br />

Die Schuldenverwaltung kann dabei für Finanzmittel und Finanzinstrumente verantwortlich sein und<br />

daher als Aufgabe auch Finanzgeschäfte haben, die mit den Krediten für Investitionen und den Krediten zur Liquiditätssicherung<br />

zusammenhängen sowie ggf. weitere Geldgeschäfte, die darüber hinausgehen. Es muss dabei<br />

ein Überblick über die gemeindlichen Verbindlichkeiten im Sinne eines Schuldbuches bestehen, das auch der<br />

Dokumentation dient und fortzuschreiben ist.<br />

2.1.2 Der Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

Der Rat der Gemeinde hat im Rahmen seines Budgetrechts einen Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

in der Haushaltssatzung festzusetzen (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer. 3 GO <strong>NRW</strong>). Diese Ermächtigung beinhaltet<br />

das Recht für die gemeindliche Verwaltung, bei einem Bedarf innerhalb des Haushaltsjahres die notwendigen<br />

Kredite zur Liquiditätssicherung in diesem vom Rat gesetzten Rahmen aufzunehmen. Der satzungsrechtliche<br />

Höchstbetrag sollte möglichst so bemessen sein, dass dieser Betrag im Rahmen der Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft nicht überschritten wird.<br />

Der jahresbezogene Bedarf an Krediten zur Liquiditätssicherung, der zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen<br />

im Rahmen der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im neuen Haushaltsjahr benötigt wird, ist im<br />

Zeitpunkt der gemeindlichen Haushaltsplanung i.d.R. nicht betragsgenau bestimmbar. Oftmals ist er von verschiedenen,<br />

meistens erst im Ablauf des Haushaltsjahres auftretenden Faktoren abhängig, sodass der tatsächliche<br />

Liquiditätsbedarf der Gemeinde sich regelmäßig nur tagesaktuell ergibt. Der mögliche Bedarf an kurzfristigen<br />

Krediten für das Haushaltsjahr ist daher zu schätzen. Die Gemeinde hat dabei ist zu berücksichtigen, dass im<br />

Haushaltsjahr möglicherweise mehrere Kredite nebeneinander bestehen können, sodass es gilt, einen rahmenmäßigen<br />

Höchstbetrag für die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung für das Haushaltsjahr zu bestimmen.<br />

Daraus entsteht für die Gemeinde eine unterjährige Überprüfungspflicht, ob der in der Haushaltssatzung<br />

festgesetzte Höchstbetrag nicht überschritten wurde und nicht für andere Zwecke verwendet wird. Die einzelnen<br />

Kreditaufnahmen sind dabei nur dann nominal zusammenzurechnen, wenn sie sich zeitlich überschneiden.<br />

In den Höchstbetrag dürfen zudem nur die Kreditaufnahmen für die eigenen haushaltsmäßigen Auszahlungsverpflichtungen<br />

und nicht eine Kreditaufnahme für andere Zwecke einfließen, z. B. nicht zur Verstärkung der Liquidi-<br />

GEMEINDEORDNUNG 670


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

tät in einem Liquiditätsverbund. Bei der Gemeinde entstehen dabei derartige Zahlungsverpflichtungen regelmäßig<br />

aus ihrer laufenden Verwaltungstätigkeit, der Investitionstätigkeit und der Finanzierungstätigkeit. Vielfach kann<br />

dabei diese Verpflichtung nur mithilfe von Liquiditätskrediten erfüllt werden. Diese Kredite stellen keine Haus-<br />

haltsmittel für die Gemeinde dar, auch wenn die gemeindlichen Zahlungen aus der Aufnahme und der Tilgung<br />

dieser Liquiditätskredite in der Finanzrechnung der Gemeinde nachzuweisen sind (vgl. § 39 Satz 4 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Sie dienen lediglich der Verstärkung der gemeindlichen Zahlungsmittel. Die Aufnahme von Krediten zur<br />

Liquiditätssicherung durch die Gemeinde führt daher dazu, dass die Gemeinde haushaltsmäßig ihren Liquiditätsbedarf<br />

nicht ausreichend durch Einzahlungen sichergestellt hat (vgl. § 75 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde muss daher haushaltsmäßig insbesondere prüfen, ob neue Verpflichtungen aus einer Veranschlagung<br />

im gemeindlichen Finanzplan von ihr entsprechend der haushaltsrechtlichen Grundsätze erfüllt werden<br />

können. So ist z. B. das Eingehen einer neuen Zahlungsverpflichtung der Gemeinde, die nur durch die Aufnahme<br />

zusätzlicher Kredite zur Liquiditätssicherung erfüllt werden kann, regelmäßig nicht als zulässig anzusehen. Diese<br />

Sachlage gilt auch dann, wenn aus dem örtlichen Geschäftsvorfall der Gemeinde keine Aufwendungen für die<br />

Gemeinde entstehen. Der ermittelte Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung ist in der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung festzusetzen. Am Ende eines Haushaltsjahres bei der Gemeinde noch bestehende Kredite zur<br />

Liquiditätssicherung sind in den Höchstbetrag des folgenden Haushaltsjahres einzubeziehen, denn die Ermächtigung<br />

für Kredite zur Liquiditätssicherung gilt grundsätzlich nur für das Haushaltsjahr. Sie besteht darüber hinaus<br />

nur dann fort, wenn noch keine Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr vom Rat der Gemeinde erlassen<br />

bzw. beschlossen worden ist.<br />

2.1.3 Kredite zur Liquiditätssicherung und Haushaltsplan<br />

Die Kredite zur Liquiditätssicherung werden von der Gemeinde wegen ihrer mangelnden Zahlungsfähigkeit und<br />

nicht wegen eines Jahresfehlbetrages in der gemeindlichen Ergebnisrechnung aufgenommen. Es besteht daher<br />

kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Sicherung der Zahlungsfähigkeit durch einen Liquiditätskredit<br />

und den im Haushaltsplan veranschlagten Erträgen und Aufwendungen. Ein negativer Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit<br />

im Finanzplan (vgl. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>) macht zwar deutlich, dass die Gemeinde im Haushaltsjahr<br />

voraussichtlich Kredite zur Liquiditätssicherung benötigt, dieser stellt jedoch nicht zwingend gleichzeitig auch<br />

den Betrag dar, der tatsächlich insgesamt zur Aufrechterhaltung der gemeindlichen Zahlungsfähigkeit im Haushaltsjahr<br />

benötigt wird.<br />

Der täglich zu ermittelnde Liquiditätsbedarf und das daraus ggf. entstehende Erfordernis, Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

aufzunehmen und auch unterjährig wieder zurückzuzahlen, bringen es mit sich, dass eine zum Stichtag<br />

des Jahresabschlusses möglicherweise noch bestehende Rückzahlungsverpflichtung im Rahmen der Haushaltsplanung<br />

betragsmäßig nicht genau vorher bestimmbar ist. Dieser Sachverhalt und die Sachlage, dass die Einzahlungen<br />

aus Krediten zur Liquiditätssicherung keine haushaltsmäßigen Finanzierungsmittel darstellen, ist u.a. der<br />

Anlass dafür, auf die Vorgabe einer Veranschlagung von Krediten zur Liquiditätssicherung im gemeindlichen<br />

Finanzplan zu verzichten.<br />

Der entbehrlichen Veranschlagung im gemeindlichen Finanzplan steht jedoch ein Nachweis der Zahlungen in der<br />

gemeindlichen Finanzrechnung als in Anspruch genommene „Betriebsmittel“ zur Sicherung der gemeindlichen<br />

Liquidität gegenüber. Die Gemeinde muss außerdem eine zum Abschlussstichtag des Jahresabschlusses bestehende<br />

Rückzahlungsverpflichtung aus der Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung im Haushaltsjahr<br />

betragsmäßig in der gemeindlichen Finanzrechnung nachweisen. Sie muss gleichzeitig diese Rückzahlungsverpflichtung<br />

in der gemeindlichen Bilanz unter dem Posten „Verbindlichkeiten aus Krediten zur Liquiditätssicherung<br />

ansetzen (vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 4.3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Es wird dadurch nachvollziehbar, in welchem Umfang<br />

noch Verpflichtungen der Gemeinde aus der Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung bestehen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 671


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

2.1.4 Kredite zur Liquiditätssicherung in fremder Währung<br />

2.1.4.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Gemeinde kann aus Wirtschaftlichkeitserwägungen heraus auch Kredite in fremder Währung aufnehmen, d.<br />

h. das Kreditvolumen wird nicht in Euro bemessen und kommt in dieser Währung zur Auszahlung, sondern in<br />

einer anderen Währung, z. B. Schweizer Franken, Japanischer Yen. Auch kann ein in fremder Währung aufgenommener<br />

Kredit gleichwohl in Euro zur Auszahlung kommen. In diesen Fällen hat die Gemeinde wegen möglicher<br />

Wechselkursschwankungen während der Laufzeit des Kredites besondere Anforderungen bei der Risikoabwägung<br />

und Risikovorsorge zu erfüllen, insbesondere dann, wenn mit der Kreditaufnahme ein Währungsswap<br />

oder ein kombinierter Zins- und Währungsswap verbunden wurde.<br />

Zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Aufnahme von Krediten in fremder Währung sind deshalb unter<br />

Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse die Entscheidungs- und Auswahlkriterien sowie die Zinssicherungsinstrumente<br />

durch die Gemeinde im Einzelnen zu bestimmen. Sie hat die dafür notwendigen Informationen und<br />

Daten einzuholen. Diese Aufgabe enthält für die Gemeinden insbesondere die Verpflichtung, sich Kenntnisse<br />

über Sicherheiten und Risiken im Vergleich zu einer anderen Kreditaufnahme zu verschaffen. Die Kreditaufnahme<br />

in fremder Währung erfordert wegen des möglichen Wechselkursrisikos von Fremdwährungen außerdem eine<br />

laufende eigenverantwortliche „Kontrolle“ über die Abwicklung des Kreditgeschäftes während seiner Laufzeit. Es<br />

ist in diesen Fällen nicht ausreichend, wenn die Kontrolle nur einmal jährlich von der Gemeinde vorgenommen<br />

oder sie vollständig einem Dritten übertragen wird.<br />

2.1.4.2 Die Risikovorsorge<br />

Bei der Aufnahme von Krediten in fremder Währung muss von der Gemeinde geprüft werden, ob für die gesamte<br />

Laufzeit dieses gemeindlichen Geschäftes die Gleichwertigkeitsvermutung besteht. Dabei muss grundsätzlich von<br />

der Gefahr einer Vermögensminderung für die Gemeinde ausgegangen werden, sodass abhängig von der Höhe<br />

des Wechselkursrisikos von der Gemeinde eine Risikovorsorge vorzunehmen ist (vgl. RdErl. vom 09.10.2006).<br />

Mit einer solchen Risikovorsorge wird bezweckt, dass die wirtschaftlichen Vorteile der Gemeinde aus der Aufnahme<br />

von Krediten in fremder Währung nicht bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vollständig für<br />

Zwecke des gemeindlichen Haushalts abgeschöpft werden.<br />

Die gemeindliche Risikovorsorge soll deshalb darin bestehen, dass ein Teil der wirtschaftlichen Vorteile gegenüber<br />

einer Kreditaufnahme in Euro-Währung erst zu einem späteren Zeitpunkt bzw. nach vollständiger Tilgung<br />

des Fremdwährungskredits realisiert wird. In der Zeit davor kann für die Gemeinde aus dem Wechselkursrisiko<br />

eine ungewisse Außenverpflichtung bestehen, die es zu bilanzieren gilt. Die Gemeinde soll im Zeitpunkt der Kreditaufnahme<br />

in Fremdwährung als „Absicherung des Fremdwährungsrisikos“ eine entsprechende Rückstellung<br />

bilden. Diese Rückstellung soll solange bilanziert werden, bis gesichert ist, dass sich das Fremdwährungsrisiko<br />

der Gemeinde nicht mehr realisiert. Dies ist i.d.R. erst nach Ablauf des Darlehensvertrages bzw. nach Rückzahlung<br />

des aufgenommenen Fremdwährungskredites der Fall und nicht abhängig von den vereinbarten Zinsbindungsfristen.<br />

Die Risikovorsorge ist dabei von der Gemeinde unter Berücksichtigung des bestehenden Fremdwährungsrisikos<br />

zu bemessen. Sofern keine konkreten Anhaltspunkte für die Bestimmung der Höhe der notwendigen Risikovorsorge<br />

vorliegen, ist die Rückstellung mit einem Betrag in Höhe der Hälfte des Zinsvorteils der Gemeinde aus ihrer<br />

Kreditaufnahme in ausländischer Währung anzusetzen. Die Rückstellung ist nach Wegfall des Fremdwährungsrisikos<br />

ertragswirksam aufzulösen. Weitere Hinweise enthält der Runderlass des Innenministeriums über Kredite<br />

und kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden (GV) vom 09.10.2006 (SMBl. <strong>NRW</strong>. 652).<br />

GEMEINDEORDNUNG 672


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

2.1.5 Kredite zur Liquiditätssicherung und Kapitalanlage<br />

Eine gemeindliche Kapitalanlage entsteht i.d.R. aus der Hingabe von vorhandenen liquiden Mitteln (Geldbeträgen)<br />

der Gemeinde, die in eine Finanzanlage umgewandelt werden. Dieser Vorgang stellt wie die Umwandlung<br />

von vorhandenen liquiden Mitteln der Gemeinde in Sachanlagen haushaltsrechtlich eine Investition dar. Die von<br />

der Gemeinde erworbene Kapitalanlage ist einerseits als Finanzanlage in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen.<br />

Andererseits ist der daraus entstandene Zahlungsvorgang in der gemeindlichen Finanzrechnung unter der Haushaltsposition<br />

„Auszahlungen für den Erwerb von Finanzanlagen“ nachzuweisen (vgl. § 3 Absatz 1 Nummer 23<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Der aus dem Erwerb einer Kapitalanlage entstehende Zahlungsbedarf bei der Gemeinde könnte den Schluss zu<br />

lassen, dass dadurch auch eine Finanzierung der Kapitalanlage durch Kredite zur Liquiditätssicherung zulässig<br />

wäre. Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht. Die haushaltsmäßige Einordnung des Erwerbs der Kapitalanlage<br />

als Investition erfordert auch haushaltsrechtlich zulässige Deckungsmittel. Diese Voraussetzung wird durch Kredite<br />

zur Liquiditätssicherung, die als Betriebsmittel nur der Verstärkung der gemeindlichen Zahlungsmittel dienen<br />

nicht erfüllt, sodass diese Kredite bereits aus diesem Grund nicht für den Erwerb einer Kapitalanlage eingesetzt<br />

werden dürfen.<br />

Die Gemeinde kann bei fehlenden Eigenmitteln eine Kapitalanlage nur dann mithilfe von Fremdmitteln erwerben,<br />

wenn die aus der Kapitalanlage künftig verfügbaren liquiden Mittel für gemeindliche Investitionen eingesetzt werden.<br />

In solchen Fällen ist es für die Gemeinde zulässig, dafür unter Beachtung der Vorgaben auch Kredite für<br />

Investitionen aufzunehmen (vgl. § 86 GO <strong>NRW</strong>). Sofern die anzusammelnden Finanzmittel jedoch später für<br />

laufende Zwecke im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung eingesetzt werden sollen, ist eine Fremdfinanzierung<br />

über Kredite für Investitionen ausgeschlossen. In solchen Fällen können dann als Ersatz keine Kredite<br />

zur Liquiditätssicherung eingesetzt, weil diese lediglich Betriebsmittelcharakter haben.<br />

2.1.6 Die bankrechtliche Kundeneinstufung<br />

Bei der gemeindlichen Kreditaufnahme am Kreditmarkt ist u.a. auch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz<br />

vom 16.07.2007 (BGBl. I S. 1330) nicht unbeachtlich. Nach diesem Gesetz sind die Banken als Wertpapierdienstleistungsunternehmen<br />

verpflichtet, ihre Kunden, also auch die Gemeinde, anhand der gesetzlich vorgegebenen<br />

Kriterien zu klassifizieren. Diese Einstufung hat Auswirkungen auf die Bankleistungen gegenüber der Gemeinde,<br />

denn die Bank hat das Anlegerschutzniveau und die Grundsätze für die Ausführung von Aufträgen in Finanzinstrumenten<br />

zu beachten. Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das eine Anlageberatung oder eine Finanzportfolioverwaltung<br />

vornimmt, muss von seinem Kunden alle Informationen einholen über Kenntnisse und Erfahrungen<br />

der Kunden in Bezug auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten, über Anlageziele und ihre finanziellen Verhältnisse,<br />

um dem Kunden das für ihn geeignete Finanzinstrument empfehlen zu können. Dazu gehört, dass der<br />

Kunde auch die mit einem solchen Geschäft verbundenen Anlagerisiken versteht.<br />

Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf es im Zusammenhang mit einer Anlageberatung kein Finanzinstrument<br />

empfehlen oder im Zusammenhang mit einer Finanzportfolioverwaltung keine Empfehlung abgeben,<br />

solange es nicht die erforderlichen Informationen über die Gemeinde als Kunden erlangt (vgl. die Einzelvorschriften<br />

des o.a. Gesetzes). Es besteht zudem für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gegenüber der Gemeinde<br />

die Pflicht, die Gemeinde ggf. auch über mögliche Probleme zur Ausführung der gemeindlichen Aufträge<br />

unter Anwendung der Grundsätze der bestmöglichen Ausführung zu unterrichten. Die Gemeinde hat zudem bei<br />

ausreichenden finanzwirtschaftlichen Kenntnissen und Erfahrungen die Möglichkeit, sich auch als professioneller<br />

Kunde einstufen zu lassen (vgl. Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 673


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Einstufung der Gemeinde als professioneller Kunde<br />

Die Einstufung eines Privatkunden als professioneller Kunde nach § 31a Absatz 7 Satz 1 erste Alternative des<br />

Wertpapierhandelsgesetzes darf jedoch nur erfolgen, wenn der Kunde<br />

Einstufung<br />

als<br />

professioneller<br />

Kunde<br />

GEMEINDEORDNUNG 674<br />

1. gegenüber dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen zumindest in Textform<br />

beantragt hat, generell oder für eine bestimmte Art von Geschäften,<br />

Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen oder für ein bestimmtes<br />

Geschäft oder für eine bestimmte Wertpapierdienstleistung als professioneller<br />

Kunde eingestuft zu werden,<br />

2. vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf einem dauerhaften Datenträger<br />

eindeutig auf die rechtlichen Folgen der Einstufungsänderung hingewiesen<br />

worden ist,<br />

3. seine Kenntnisnahme der nach Nummer 2 gegebenen Hinweise in einem<br />

gesonderten Dokument bestätigt hat.<br />

Beabsichtigt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, einen Kunden nach § 31a Absatz 7 Satz 1 zweite Alternative<br />

des Wertpapierhandelsgesetzes als professionellen Kunden einzustufen, gilt Satz 1 entsprechend mit der<br />

Maßgabe, dass der Kunde sein Einverständnis zumindest in Textform erklären muss.<br />

Abbildung 112 „Die Einstufung der Gemeinde als professioneller Kunde“<br />

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat in ihrem Schreiben vom 25.06.2010 gegenüber den Verbänden<br />

der für Finanzdienstleistungsunternehmen und der Kreditwirtschaft klargestellt, dass eine Gemeinde als<br />

Privatkunde im Sinne des § 31a Absatz 3 WpHG des Wertpapierhandelsgesetzes anzusehen ist und nicht als<br />

professioneller Kunde zu gelten hat. Das Ergebnis eines gemeindlichen „Privatkunden-Auftrages“ muss sich zudem<br />

am Preis und an den Kosten des Finanzinstrumentes orientieren (vgl. § 33a Absatz 3 WpHG). In den Fällen<br />

der Einstufung der Gemeinde als professioneller Kunde und nicht mehr als Privatkunde muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen<br />

die Gemeinde schriftlich darauf hinweisen, dass mit der Änderung dieser Einstufung<br />

auch die Schutzvorschriften für Privatkunden nicht mehr gelten. Die Gemeinde muss dazu ihr Einverständnis<br />

geben und diese Sachlage schriftlich bestätigen. Die Einstufung der Gemeinde als professioneller Kunde steht<br />

einer späteren Rückstufung zum Privatkunden gem. § 31a Absatz 6 WpHG, soweit dieses von der Gemeinde<br />

verlangt wird, nicht entgegen.<br />

2.1.7 Kredite zur Liquiditätssicherung und Zinsmanagement<br />

2.1.7.1 Das Zinsrisikomanagement<br />

2.1.7.1.1 Zwecke und Inhalte<br />

Mit einem Zinsrisikomanagement können die Gemeinden bei variabel verzinslichen Verbindlichkeiten, bei auslaufenden<br />

Zinsvereinbarungen oder bei Umschuldungen sowie bei der Aufnahme neuer Kredite das Risiko von Zinssteigerungen<br />

wirksam steuern, um die haushaltsmäßigen Belastungen in verträglichen Grenzen zu halten. In<br />

diesem Zusammenhang können auch Zinsderivate zum Einsatz kommen, wenn bei der Gemeinde ausreichend<br />

Kenntnisse über die Risiken und Chancen solcher Finanzinstrumente vorliegen und ein sorgfältiger Umgang<br />

damit erfolgt. Diese Sachlage stellt vielfach eine erhebliche Herausforderung für die gemeindliche Kreditwirtschaft<br />

und die Anlage von gemeindlichem Kapital dar.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Einführung eines Zinsrisikomanagements durch die Gemeinde kann daher dazu beitragen, Zinsrisiken zu<br />

begrenzen, eine Optimierung von Kreditkonditionen und eine Senkung von Kapitalbeschaffungskosten zu erreichen<br />

und die gemeindliche Kreditbeschaffung insgesamt zu erleichtern. Die derivativen Finanzinstrumente des<br />

Kredit- und des Geldmarktes sind dadurch gekennzeichnet, dass ihr Wert von einer anderen Größe, z.B. einem<br />

Preis oder Zinssatz, abgeleitet wird. Nach § 1 Absatz 11 Nummer 2 des Kreditwesengesetzes sind Derivate als<br />

Fest- oder Optionsgeschäfte ausgestaltete Termingeschäfte, deren Preis unmittelbar oder mittelbar von einem<br />

Börsen- oder Marktpreis, einem Kurs, Zinssätzen oder anderen Erträgen abhängt. Soweit die Derivate sich auf<br />

die Zinsen im Kreditgeschäft oder bei Geldanlagen beziehen, kommen sie auch bei den Gemeinden zum Einsatz.<br />

Die gemeindlichen Derivate müssen sich jedoch immer auf ein Grundgeschäft, z.B. einen bestehenden oder<br />

einen geplanten Kredit beziehen, um nicht unter das für die Gemeinden geltende Spekulationsverbot zu fallen<br />

(vgl. § 90 GO <strong>NRW</strong>). Diese Verknüpfung muss objektiv in jedem Einzelfall in sachlicher und in zeitlicher Hinsicht<br />

gegeben sein, d. h. die Derivate müssen den gemeindlichen Krediten zugeordnet werden können. Sie liegt in<br />

sachlicher Hinsicht vor, wenn der Nominalbetrag und die Währung von Grundgeschäft und Derivatgeschäft identisch<br />

sind, und in zeitlicher Hinsicht, wenn die Laufzeit und Fälligkeit des Derivats die Laufzeit und Fälligkeit von<br />

gemeindlichen Krediten als Grundgeschäft nicht überschreitet.<br />

Mit dieser Abgrenzung soll neben der Risikobegrenzung die notwendige Konnexität sichergestellt werden. Auch<br />

muss gewährleistet sein, dass die Gemeinden keine Derivatgeschäfte lediglich zur spekulativen Ertragserzielung<br />

nutzen. Sie dürfen wegen des Spekulationsverbots die Derivate auch nicht als einzeln handelbare Finanzinstrumente<br />

unter Inkaufnahme von Verlustrisiken einsetzen. Die allgemein verfügbaren Finanzinstrumente können<br />

vielfach im Sinne der Gemeinde auch eine Anpassung erfahren. Die Gemeinde sollte dann eine Modifizierung<br />

verlangen, wenn es aus ihrer Sicht heraus der Zielerreichung der Gemeinde dient. Nur dann wird eine geeignete<br />

Entscheidungsbasis für die Gemeinde geschaffen, auf der sie eine Gesamtstrategie aufbauen und eine wirksame<br />

Risikosteuerung vornehmen kann. Daraus dürfen aber keine spekulativen Finanzinstrumente entstehen, die dem<br />

gesetzlichen Spekulationsverbot widersprechen (vgl. § 90 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Aus Sicherheitsgesichtspunkten und zur Verringerung künftiger Belastungen des gemeindlichen Haushalts ist es<br />

erforderlich, dass die Gemeinde je nach Bewertung des möglichen Risikos aus dem Zinssicherungsgeschäft<br />

gleichzeitig eine Risikovorsorge treffen muss. Eine angemessene Vorsorge kann darin bestehen, dass die Zinsvorteile<br />

aus der abgeschlossenen Vereinbarung nicht von Anfang an vollständig für Zwecke des gemeindlichen<br />

Haushalts abgeschöpft werden, sondern ein Teil davon, z. B. die Hälfte, als „Risikoabsicherung“ zurückgelegt<br />

wird und erst später (nach Ablauf der Vereinbarung) wieder frei für den gemeindlichen Haushalt verfügbar ist. Die<br />

Gemeinde muss deshalb für diese „Risikovorsorge“ auch die notwendigen Mittel während der Vertragslaufzeit<br />

haushaltsmäßig separieren (vgl. Runderlass „Kredite und kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden (GV)“<br />

vom 09.10.2006 (SMBl. <strong>NRW</strong>. 652).<br />

Im Zusammenhang mit der Einrichtung eines örtlichen Zinsrisikomanagements soll von der Gemeinde auch die<br />

Beteiligung des Rates der Gemeinde beim Abschluss von Zinssicherungsgeschäften unter Berücksichtigung der<br />

örtlichen Verhältnisse festgelegt werden. Im Zweifel dürften z. B. die Entscheidungen über den Einsatz von<br />

Zinsderivaten durch die Gemeinde als für die Gemeinde bedeutsame Geschäfte anzusehen sein, sodass eine<br />

Ratsbeteiligung dazu zwingend geboten ist.<br />

Es ist daher sachgerecht, sowohl festzulegen, ob und welche Zinssicherungsgeschäfte die gemeindliche Verwaltung<br />

als Geschäfte der laufenden Verwaltung abschließen darf (vgl. § 41 GO <strong>NRW</strong>), als auch ggf. einen Zustimmungsvorbehalt<br />

des Rates festzulegen, z. B. ab einem bestimmten Geschäftsvolumen oder ab einer Wertgrenze<br />

unterhalb derer von einer untergeordneten Bedeutung für die Haushaltswirtschaft der Gemeinde ausgegangen<br />

werden kann. Soweit die gemeindliche Verwaltung eigenverantwortlich Zinssicherungsgeschäfte abschließen<br />

kann, sollten mit dem Rat zeitnahe und sachgerechte Informationspflichten vereinbart werden. Für besondere<br />

Fälle kann sich der Rat gleichwohl noch eine vorherige Beteiligung vorbehalten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 675


2.1.7.1.2 Zinsoptionen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Als Zinsoptionen kommen insbesondere Caps oder Floors zum Einsatz, die es ermöglichen, die Auswirkungen<br />

von Veränderungen des Zinsniveaus über einen vorher bestimmten Rahmen hinaus zu begrenzen. Je nach Umfang<br />

und Wirkung solcher Derivatgeschäfte muss eine Abstimmung darüber zwischen Rat und Verwalzung erfolgen,<br />

um die Ermächtigungen zum Abschluss von Derivatgeschäften und die Verantwortlichkeiten dafür festzulegen.<br />

Bei Caps wird für einen bestimmten Zeitraum eine Zinsobergrenze bezogen auf einen bestimmten Betrag<br />

vereinbart. Sofern der Zins während der Cap-Laufzeit über die vereinbarte Obergrenze steigt, würde die Gemeinde<br />

als Inhaber des Caps die Differenz bezogen auf den Nominalbetrag von ihrer Bank als Verkäufer erstattet<br />

bekommen.<br />

Zum Zeitpunkt des Erwerbs des Caps muss i.d.R. von der Gemeinde jedoch eine Prämie für eine solche Zinssicherung<br />

gezahlt werden. Ein solcher Cap kann aber auch mehrere hintereinanderliegende Optionsgeschäfte<br />

beinhalten. Von der Gemeinde können außerdem auch Finanzgeschäfte zur Begrenzung von Zinssenkungen<br />

abgeschlossen werden (Floors). Diese Geschäfte kommen i.d.R. in Betracht, wenn die Verzinsung von Finanzanlagen<br />

nicht unter ein bestimmtes Niveau sinken soll. Bei den Finanzgeschäften ist eine Kombination von Floors<br />

und Caps möglich.<br />

2.1.7.1.3 Zinsswaps<br />

Wenn künftige feste und variable Zinszahlungen auf einen nominellen Kreditbetrag für einen bestimmten Zeitraum<br />

gegeneinander getauscht werden, erfolgt dies im Rahmen von Zinsswaps. Dabei muss kein effektiver<br />

Tausch der Zinszahlungen erfolgen, wenn Ausgleichszahlungen zwischen einem festen und dem variablen Zinssatz<br />

geleistet werden. Die variablen Zinssätze werden i.d.R. an einen Referenzzinssatz geknüpft, z. B. den Euribor<br />

o.a. Dazu zwei Beispiele:<br />

- Receiver- (Empänger-)Swaps<br />

Bei diesen Swaps sind weiterhin die Festzinsen für den aufgenommenen Kredit zu zahlen. Zusätzlich sind<br />

die variablen Zinsen im Zinsswap zu zahlen. Im Gegenzug erhält der Kreditnehmer den für die Laufzeit des<br />

Swaps vereinbarten Festzins (Swapsatz).<br />

- Payer-(Zahler-)Swaps<br />

Bei diesen Swaps sind weiterhin die variablen Zinsen für den aufgenommenen Kredit zu zahlen. Zusätzlich<br />

ist für die Laufzeit des Swaps ein vereinbarter Festzins (Swapsatz) zu zahlen. Im Gegenzug erhält der Kreditnehmer<br />

die variablen Zinsen im Zinsswap.<br />

Bei Zinsgeschäften liegt ein schwebendes Geschäft vor, das wegen einer Vermutung der Ausgeglichenheit zunächst<br />

nicht zu bilanzieren ist, wenn es nicht bereits am Anfang zu Zahlungen kommt. Von der Gemeinde kann z.<br />

B. beim Abschluss eines Zinsswaps eine Prämie zu zahlen sein. Die Flexibilität der Gemeinde bei solchen Geschäften<br />

kann sich in der Höhe der Zahlungen bei Geschäftsabschluss auswirken. Bei Zinsswaps können aber<br />

auch ausschließlich variable Zinsverpflichtungen gegeneinander getauscht werden, denn die Zinsswaps werden<br />

in unterschiedlichen Formen angeboten. So kann auch ein Zinsswap mit einem Währungsswap kombiniert sein.<br />

Außerdem werden durch diese Finanzgeschäfte keine Kapitalforderungen begründet.<br />

2.1.7.2 Eigenverantwortung bei Zinssicherungsinstrumenten<br />

2.1.7.2.1 Informationspflichten<br />

Die Gemeinde entscheidet über den Einsatz von Zinssicherungsinstrumenten in eigener Verantwortung. Sie muss<br />

sich deshalb über die Inhalte und Wirkungen sowie die haushaltsmäßigen Auswirkungen von Zinssicherungsin-<br />

GEMEINDEORDNUNG 676


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

strumenten ausreichende Kenntnisse und Informationen verschaffen, bevor sie diese Instrumente im Rahmen<br />

ihres Schuldenmanagements einsetzt. Auch müssen bei der Gemeinde insbesondere Kenntnisse über das Risikopotential<br />

insgesamt, das Verlustrisiko, Marktwerte und Zahlungspflichten bestehen, bevor von ihr eine „Zinssicherung“<br />

vereinbart wird.<br />

Im Rahmen einer Beratung muss sich die Gemeinde zudem Klarheit über ihren Wissensstand verschaffen und<br />

ggf. weitere Informationen über den realistischen Einsatz von Zinssicherungsinstrumenten einholen. Entsprechend<br />

besteht auch eine Beratungs- bzw. Aufklärungspflicht des Vertragspartners, der von seinem Kunden alle<br />

Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten, über Anlageziele<br />

und finanzielle Verhältnisse einholen muss, um dem Kunden das für ihn geeignete Finanzinstrument empfehlen<br />

zu können. Sofern z. B. ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht die erforderlichen Informationen erlangt,<br />

darf es im Zusammenhang mit einer Anlageberatung kein Finanzinstrument empfehlen oder im Zusammenhang<br />

mit einer Finanzportfolioverwaltung keine Empfehlung abgeben.<br />

Die Gemeinde kann mit den Zinssicherungsinstrumenten nicht die, insbesondere aus der Kreditwirtschaft der<br />

Gemeinde, bestehenden Risiken vermeiden, sondern nur eine Optimierung dieser Risiken zur eigenen Minimierung<br />

der haushaltswirtschaftlichen Belastungen vornehmen. Auch können Derivate zunächst Aufwendungen bei<br />

der Gemeinde verursachen. Die Gemeinde soll daher für ein nur die aus den örtlichen Gegebenheiten heraus<br />

geeigneten Instrumente für ein Zinsrisikomanagement nutzen. Die allgemein verfügbaren Finanzinstrumente<br />

können vielfach im Sinne der Gemeinde auch eine Anpassung erfahren.<br />

Die Gemeinde sollte dann eine Modifizierung verlangen, wenn es aus ihrer Sicht heraus der Zielerreichung der<br />

Gemeinde dient. Nur dann wird eine geeignete Entscheidungsbasis für die Gemeinde geschaffen, auf der sie eine<br />

Gesamtstrategie aufbauen und eine wirksame Risikosteuerung vornehmen kann. Die haushaltsrechtlich geforderte<br />

Bindung zwischen den Kreditgrundgeschäften und den Derivatgeschäften der Gemeinde muss während der<br />

Laufzeit immer erhalten bleiben. Es könnten sonst möglicherweise Finanzinstrumente vorliegen, die mit dem<br />

gesetzlichen Spekulationsverbot nicht in Einklang stehen (vgl. § 90 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.7.2.2 Laufende Überwachung der Finanzgeschäfte<br />

Die Gemeinde soll, wenn sie ein aktives Zinsmanagement betreibt, einen konkreten Handlungsrahmen hinsichtlich<br />

des Umgangs mit Zins- und Anlagerisiken festlegen, durch den u.a. Ziele, Grundsätze, Verantwortlichkeiten<br />

und Prozesse bestimmt werden. Nach dem Abschluss von Zinssicherungsinstrumenten und der Erfassung solcher<br />

Geschäftsvorfälle in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung muss von der Gemeinde eine ständige Überwachung<br />

und Kontrolle der abgeschlossenen Finanzgeschäfte sowie eine Markbeobachtung während der Laufzeit<br />

der Verträge erfolgen. Diese Vorgaben sind als pflichtige Aufgabe anzusehen. Das Wissen der Gemeinde über<br />

die Chancen und Risiken bzw. die Möglichkeiten des Einsatzes von haushaltsrechtlich zulässigen und vertretbaren<br />

Finanzinstrumenten muss zudem ständig weiter entwickelt werden.<br />

Eine einmalige Information über Finanzinstrumente reicht deshalb für eine Nutzung in der örtlichen Praxis der<br />

Gemeinde nicht aus. In Anbetracht ihres tatsächlichen Einsatzes sollte bei Abschluss von Finanzgeschäften<br />

durch die Gemeinde nicht nur das 4-Augen-Prinzip zur Anwendung kommen. Die Gemeinde sollte solche Geschäfte<br />

zum Anlass nehmen, ein vielfältiges sachgerechtes Risikomanagement unter Berücksichtigung des örtlichen<br />

Bedarfs aufzubauen. Sofern nicht bereits ein Konzept von der Gemeinde erstellt worden ist, welche Produkte<br />

des Marktes genutzt werden dürfen, gilt es, diese Arbeiten nachzuholen. Ein bereits bei der Gemeinde vorhandenes<br />

Konzept ist ggf. sofort oder zukünftig fortzuschreiben.<br />

Von der Gemeinde könnte z. B. darin festgelegt werden, dass neue Produkte nur nach einer Testphase tatsächlich<br />

zum Einsatz kommen dürfen. Die wirtschaftliche Bedeutung eines örtlichen Zinsrisikomanagements ist so<br />

bedeutsam, dass dieses für jede Gemeinde unerlässlich wird. Eine Optimierung der finanzwirtschaftlichen Abläu-<br />

GEMEINDEORDNUNG 677


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

fe innerhalb der Gemeinde und mit den Geschäftspartnern kann dazu beitragen, fehlerhafte oder riskante Einsätze<br />

von Derivaten zu vermeiden, die zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden bei der Gemeinde führen können.<br />

2.1.7.3 Angaben zu Zinssicherungsinstrumenten im Anhang<br />

Im Anhang des gemeindlichen Jahresabschlusses sollen derivative Finanzinstrumente, z.B. Zinssicherungsinstrumente,<br />

unabhängig davon, ob sie ein schwebendes Geschäft darstellen, das nicht bilanzierungsfähig ist,<br />

angegeben werden. Diese Geschäfte sind wichtige Angaben über das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde<br />

im Sinne des § 44 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>. Mit diesen Angaben soll ein Überblick über den Umfang der<br />

von der Gemeinde eingesetzten Finanzinstrumente gegeben werden, weil die Geschäfte der Gemeinde über<br />

Zinsswaps und Währungsswaps ein schwebendes Dauerschuldverhältnis darzustellen, das zunächst nicht bilanziert<br />

wird.<br />

Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist ggf. in Einzelfällen die Passivierung einer Rückstellung für drohende Verluste<br />

aus schwebenden Geschäften in der gemeindlichen Bilanz vorzunehmen (vgl. § 36 Absatz 5 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Dazu sollen dann im Anhang im gemeindlichen Jahresabschluss die Geschäfte der Gemeinde in ihrer Art<br />

und ihrem Umfang einschließlich der eingesetzten derivativen Finanzinstrumente sowie dazu die beizulegenden<br />

Werte, soweit sie bestimmt werden können, und die angewandten Bewertungsmethoden angegeben werden. Die<br />

zinsbezogenen Finanzinstrumente der Gemeinde sollen im Anhang im gemeindlichen Jahresabschluss möglichst<br />

von den währungsbezogenen Instrumenten getrennt dargestellt werden. Wegen der Beachtung des Konnexitätsprinzips<br />

sollen dazu die betroffenen Bilanzposten angegeben werden. Soweit Mischformen bestehen, sind diese<br />

im Anhang gesondert anzugeben.<br />

2.1.7.4 Die Unzulässigkeit spekulativer Finanzgeschäfte<br />

Der Einsatz von Finanzinstrumenten durch die Gemeinde, insbesondere von Finanzderivaten, ist unter Berücksichtigung<br />

des örtlichen Einzelfalles zu beurteilen. Der Abschluss derartiger Finanzgeschäfte zu spekulativen<br />

Zwecken ist grundsätzlich als unzulässig anzusehen. Das Vorliegen eines spekulativen Finanzgeschäfts kann<br />

ggf. gegeben sein, wenn ein Finanzderivat z.B. ohne ausreichende inhaltliche Abgrenzung und ohne Verlustbegrenzung<br />

abgeschlossen wird, ein nicht vorhandenes Risiko abgesichert werden soll, ausschließlich der Gewinnerzielung<br />

dient oder keine nachweisbare Konnexität zu einem Kredit als Grundgeschäft besteht.<br />

Von der Gemeinde muss regelmäßig sowohl beim Abschluss von Finanzgeschäften als auch während der Laufzeiten<br />

überprüft werden, ob ein unzulässiger Sachverhalt vorliegt. Die Gliederung des örtlichen Zins- und Schuldenmanagements<br />

in getrennte eigenständige Verantwortungsbereiche, z. B. „Geschäftsabschluss“, „Überwachung<br />

und Kontrolle“ und „Gesamtleitung“, sowie die getrennt davon vorzunehmende buchungstechnische Erfassung<br />

in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung unterstützt dabei ein ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln.<br />

2.1.7.5 Die Zinsfestschreibung bei Krediten zur Liquiditätssicherung<br />

Vor dem Hintergrund einer Haushaltslage, die eine Zurückzahlung von Krediten zur Liquiditätssicherung durch die<br />

Gemeinde nicht zulässt, kann die Gemeinde für einen Teil der Liquiditätskredite eine längerfristige mehrjährige<br />

Zinsfestschreibung mit den Kreditgebern vereinbaren. Als sachlich vertretbar wird eine Zinsfestschreibung für die<br />

Dauer bis zu zehn Jahren für höchstens die Hälfte des Volumens der zum Stichtag 31. Dezember 2010 bestehenden<br />

Liquiditätskredite angesehen (vgl. Nr. 3 des Runderlasses des Innenministerium „Kredite und kreditähnliche<br />

Rechtsgeschäfte der Gemeinden (GV)“ vom 09.06.2006; SMBl. <strong>NRW</strong>. 652).<br />

GEMEINDEORDNUNG 678


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat insbesondere in ihrer mittelfristigen Finanzplanung nachzuweisen, dass aus haushaltswirtschaftlichen<br />

Gründen eine vorzeitige Tilgung der Liquiditätskredite nicht in Betracht kommt, wenn sie von der<br />

Möglichkeit Gebrauch machen will, Zinsvereinbarungen über eine mehrjährige Laufzeit abzuschließen. In diesem<br />

Runderlass wird außerdem zugelassen, dass für ein weiteres Viertel des stichtagsbezogenen Kreditvolumens<br />

eine Zinsfestschreibung bis zu fünf Jahren - unter Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde - vereinbart werden darf.<br />

Die jeweiligen Anteile dürfen dabei nicht wesentlich überschritten werden.<br />

Diese mehrjährige Zinsbindung führt zudem zu einer längeren Laufzeit der Kredite zur Liquiditätssicherung, obwohl<br />

diese Kredite von ihrem Zweck her nur kurzfristige Kredite sind und ihre Laufzeit deshalb regelmäßig unter<br />

einem Jahr liegen sollte. Die getroffene Regelung gilt jedoch nicht für Kredite zur Liquiditätssicherung, die von der<br />

Gemeinde nach dem 1. Januar 2011 aufgenommen wurden.<br />

2.1.8 Die Umschuldung und Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

Unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> kann auch<br />

bei Krediten zur Liquiditätssicherung eine Umschuldung in Betracht kommen, wenn trotz kurzfristiger Laufzeiten<br />

die neuen Konditionen für die Gemeinde günstiger sind als die des abzulösenden Kredites. Die Gemeinde kann<br />

im Rahmen der Umschuldung einen neuen Vertrag mit dem Kreditgeber abschließen, sie kann aber auch den<br />

Kreditgeber wechseln. In diesen Fällen wird der Begriff „Umschuldung“ als Begründung einer neuen Kreditverpflichtung<br />

der Gemeinde zur Begleichung einer bestehenden Kreditverpflichtung verstanden. Daher wird durch<br />

eine Umschuldung i.d.R. auch das Volumen der Verbindlichkeiten der Gemeinde nicht verändert, sondern es<br />

werden lediglich die Kreditkonditionen angepasst.<br />

Die Umschuldung eines Kredites zur Liquiditätssicherung kann jedoch nicht auf die Vorschrift des § 86 GO <strong>NRW</strong><br />

gestützt werden. Durch den in der Vorschrift bestehenden Regelungszusammenhang mit der haushaltsrechtlichen<br />

Vorgabe, dass von der Gemeinde Kredite nur für Investitionen aufgenommen werden dürfen, bedeutet die<br />

Umschuldung im Sinne des § 86 GO <strong>NRW</strong>, die Ablösung eines Kredites für Investitionen durch die Aufnahme<br />

eines neuen Kredites für Investitionen.<br />

Diese Sachlage schließt für die Gemeinden ein, dass die Umwandlung eines zu tilgenden Kredites zur Liquiditätssicherung<br />

in einen langfristigen Kredit oder einen Annuitätenkredit nicht zulässig ist, denn ein solcher Vorgang<br />

steht nicht mit dem Begriff „Umschuldung“ im Sinne des § 86 GO <strong>NRW</strong> in Einklang. In Sonderfällen aber, in denen<br />

die Gemeinde ausschließlich zur vorübergehenden Finanzierung einer Investition einen kurzfristigen Kredit<br />

aufgenommen hat (Zwischenfinanzierung), weil z. B. ein günstiges Kreditangebot bestand, kann ein solcher zu<br />

tilgender Kredit auch in einen langfristigen Kredit oder einen Annuitätenkredit umgewandelt werden.<br />

Ein für einen solchen Zweck aufgenommener kurzfristiger Kredit ist nur hinsichtlich seiner Laufzeit, aber nicht<br />

wegen seines Zweckes mit einem Kredit zur Liquiditätssicherung vergleichbar. Der zur Finanzierung von gemeindlichen<br />

Investitionen aufgenommene kurzfristige Kredit stellt daher von Anfang an haushaltsrechtlich einen<br />

Kredit dar, denn die Einzahlungen aus seiner Aufnahme dienen der haushaltsmäßigen Deckung von investiven<br />

Auszahlungen. Die Kreditaufnahme dient daher nicht dem allgemeinen Zweck, fällige Auszahlungen der Gemeinde<br />

zu ermöglichen. Diese Sachlage bedeutet, dass es für die Aufnahme eines solchen kurzfristigen Kredites einer<br />

geltenden Kreditermächtigung nach § 86 GO <strong>NRW</strong> bedarf und die Aufnahme dieses Kredites nicht unter die<br />

Höchstbetragsgrenze der Kredite zur Liquiditätssicherung in der gemeindlichen Haushaltssatzung fällt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 679


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

2.2 Zu Satz 2 (Geltungsdauer der Ermächtigung in der Haushaltssatzung):<br />

2.2.1 Die Geltung im Haushaltsjahr<br />

Die vom Rat der Gemeinde in der Haushaltssatzung für das betreffende Haushaltsjahr ausgesprochene Ermächtigung,<br />

zur rechtzeitigen Leistung von Auszahlungen die notwendigen Kredite zur Liquiditätssicherung bis zu dem<br />

in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>) aufnehmen, soweit<br />

dafür keine anderen Mittel zur Verfügung stehen, würde wegen der Geltungsdauer der Haushaltssatzung für das<br />

betreffende Haushaltsjahr nur für diesen Zeitraum gelten (vgl. § 78 Absatz 3 und 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Durch die Vorschrift wird die Geltungsdauer dieser Ermächtigung jedoch erweitert, denn sie soll über das Haushaltsjahr<br />

hinaus bis zum Erlass bzw. dem In-Kraft-Treten der neuen Haushaltssatzung gelten. Damit wurde keine<br />

jahresbezogene Beschränkung der Ermächtigung auf eine bestimmte Anzahl von Folgejahren des Haushaltsjahres<br />

festgelegt, wie sie bei der Kreditermächtigung (vgl. § 86 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) und bei den Verpflichtungsermächtigungen<br />

ausdrücklich bestehen.<br />

Der satzungsrechtliche Höchstbetrag innerhalb der Haushaltssatzung, der im Rahmen des Budgetrechts des<br />

Rates festgesetzt wird, beinhaltet die Ermächtigung für die gemeindliche Verwaltung, jeweils bei Bedarf die notwendigen<br />

Kredite zur Liquiditätssicherung bis zu diesem Betrag aufzunehmen. Dieser Betrag darf nicht überschritten<br />

werden. Die einzelnen Kreditaufnahmen sind jedoch nur dann nominal zusammenzurechnen, wenn sie<br />

sich zeitlich überschneiden. Diese Vorgabe gilt auch dann für die Gemeinde, wenn von ihr nicht Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

aufgenommen worden sind, sondern die von den Banken eingeräumten Überziehungs- oder<br />

Kontokorrentkredite in Anspruch genommen wurden. Der in der Haushaltssatzung festgesetzte Höchstbetrag für<br />

gemeindliche Liquiditätskredite stellt deshalb die Höchstgrenze für die Verstärkung von Zahlungsmitteln dar.<br />

2.2.2 Die Geltung nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

2.2.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

In der gemeindlichen Praxis lässt es sich aus unterschiedlichen Gründen nicht immer vermeiden, dass die Haushaltssatzung<br />

der Gemeinde erst nach Beginn des Haushaltsjahres erlassen wird. Die Gemeinde muss aber<br />

grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass die Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr so rechtzeitig vorbereitet<br />

wird, damit sie mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft treten kann, denn sie hat nach § 78 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

jährlich eine Haushaltssatzung aufzustellen. In solchen Fällen, also in der Zeit vom Beginn des neuen Haushaltsjahres<br />

bis zum Erlass bzw. dem In-Kraft-Treten der Haushaltssatzung, muss die Gemeinde gleichwohl ihre rechtlichen<br />

Zahlungsverpflichtungen im Rahmen ihrer Aufgaben erfüllen. Dieser zahlungsbezogene Zweck beeinflusst<br />

die Geltungsdauer, denn die Liquiditätskredite dienen nicht der haushaltsmäßigen Deckung.<br />

In der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung hat die Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft unter Beachtung der<br />

Bestimmungen des § 82 GO <strong>NRW</strong> auszuführen. Darüber hinaus gelten bestimmte Festlegungen der Haushaltssatzung<br />

des abgelaufenen Haushaltsjahres als eigenständige Ermächtigungen für das neue Haushaltsjahr weiter,<br />

denn diese beruhen nicht auf der gesetzlichen Vorschrift über die gemeindliche Haushaltssatzung, sondern auf<br />

eigenständigen haushaltsrechtlichen Regelungen, z. B. die Festlegung über den Höchstbetrag für die Aufnahme<br />

von Krediten zur Liquiditätssicherung (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Vorschrift sieht vor, dass die Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung in der<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung (Höchstbetrag) über das Haushaltsjahr hinaus bis zum Erlass einer neuen<br />

Haushaltssatzung weiter gilt. Am Ende eines Haushaltsjahres noch bestehende Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

sind dabei in den Höchstbetrag des folgenden Haushaltsjahres einzubeziehen. Eine über das ursprüngliche<br />

GEMEINDEORDNUNG 680


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

Haushaltsjahr hinaus geltende Ermächtigung kann jedoch nur dann noch in Anspruch genommen werden, soweit<br />

sie nicht vollständig im abgelaufenen Haushaltsjahr benötigt worden ist.<br />

Es ist deshalb einerseits möglich, noch weitere Kredite zur Liquiditätssicherung aufzunehmen, bis der satzungsrechtlich<br />

festgesetzte Höchstbetrag ausgeschöpft ist. Andererseits dürfen auf dieser (noch nicht ausgeschöpften)<br />

Ermächtigungsgrundlage so lange noch Kredite zur Liquiditätssicherung aufgenommen werden, bis die neue<br />

Haushaltssatzung der Gemeinde für das Haushaltsjahr erlassen worden ist. Die vom Rat beschlossene gemeindliche<br />

Haushaltssatzung entfaltet erst mit ihrer Bekanntmachung die notwendige Bindung an die in der Satzung<br />

getroffenen Festlegungen, z. B. auch hinsichtlich des Höchstbetrages der Kredite, die zur Liquiditätssicherung in<br />

Anspruch genommen werden dürfen (vgl. § 78 Absatz 2 und § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.2.2.2 Die Veränderung des Höchstbetrages<br />

In einem Haushaltsjahr, in dem noch keine Haushaltssatzung in Kraft getreten ist, kann sich ergeben, dass der<br />

aus dem Vorjahr weitergeltende Höchstbetrag in der Haushaltssatzung zur Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung<br />

überschritten werden muss, weil der Höchstbetrag bereits ausgeschöpft ist. In solchen Fällen muss<br />

die Gemeinde gleichwohl Auszahlungen entsprechend ihren eingegangenen Zahlungsverpflichtungen an Dritte<br />

nachkommen. Zur Aufrechterhaltung der gemeindlichen Liquidität bzw. zur Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen<br />

bedarf es dann einer Veränderung der noch geltenden haushaltsmäßigen Ermächtigung entsprechend dem<br />

entstandenen bzw. notwendigen Mehrbedarf.<br />

Ausgehend von der Zuständigkeit des Rates der Gemeinde, jährlich die gemeindliche Haushaltssatzung zu erlassen,<br />

die den festgesetzten Höchstbetrag für die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung enthält (vgl. § 78<br />

Absatz 2 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>), bedarf es zur Veränderung der noch geltenden haushaltsmäßigen Ermächtigung<br />

des abgelaufenen Haushaltsjahres ebenfalls der Beschlussfassung des Rates. Nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

ist die gemeindliche Haushaltssatzung jedoch nicht mehr in Kraft, denn diese Satzung gilt nur für das Haushaltsjahr<br />

(vgl. § 78 Absatz 3 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Veränderung des in der Haushaltssatzung enthaltenen Höchstbetrages<br />

kann daher auch nicht mehr durch eine Nachtragssatzung erfolgen. Sie darf auch nur innerhalb der Geltungsdauer<br />

der gemeindlichen Haushaltssatzung, also bis zum Ablauf des betreffenden Haushaltsjahres beschlossen<br />

werden (vgl. § 81 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die weitergeltende Ermächtigung über die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung ist nach Ablauf des<br />

Haushaltsjahres nicht mehr vom Status der gemeindlichen Haushaltssatzung abhängig. Sie stellt dann eine eigenständige<br />

haushaltsmäßige Ermächtigung auf gesetzlicher Grundlage dar, auch wenn der Höchstbetrag auf<br />

der Grundlage des Beschlusses des Rates über die gemeindliche (nicht mehr geltende) Haushaltssatzung des<br />

Vorjahres entstanden ist bzw. deren Bestandteil war. Die aber noch geltende Ermächtigung in Form des Höchstbetrages<br />

zur Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung kann deshalb in der Zeit ihrer weiteren Geltung (bis<br />

zum Erlass einer neuen Haushaltssatzung) unter Beachtung des notwendigen Mehrbedarfs durch den Rat geändert<br />

bzw. angepasst werden. Ein entsprechender Ratsbeschluss stellt deshalb auch keine satzungsrechtliche<br />

Nachtragssatzung nach § 81 GO <strong>NRW</strong> dar.<br />

Die Anpassung der eigenständig bestehenden haushaltsmäßigen Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten zur<br />

Liquiditätssicherung (Höchstbetrag) kann in Ausnahmefällen auch durch eine Dringlichkeitsentscheidung nach §<br />

60 GO <strong>NRW</strong> erfolgen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen dafür bei der Gemeinde vorliegen. In der Zeit<br />

der Geltung der gemeindlichen Haushaltssatzung ist eine Veränderung des Höchstbetrages jedoch nur durch<br />

eine entsprechende Nachtragssatzung möglich (vgl. § 81 GO <strong>NRW</strong>).<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 681


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 90<br />

Vermögensgegenstände<br />

(1) Die Gemeinde soll Vermögensgegenstände nur erwerben, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich<br />

ist oder wird.<br />

(2) 1 Die Vermögensgegenstände sind pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten. 2 Bei Geldanlagen ist auf eine<br />

ausreichende Sicherheit zu achten; sie sollen einen angemessenen Ertrag erbringen.<br />

(3) 1 Die Gemeinde darf Vermögensgegenstände, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht<br />

braucht, veräußern. 2 Vermögensgegenstände dürfen in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden.<br />

(4) Für die Überlassung der Nutzung eines Vermögensgegenstandes gilt Absatz 3 sinngemäß.<br />

(5) Für die Verwaltung und Bewirtschaftung von Gemeindewaldungen gelten die Vorschriften dieses Gesetzes<br />

und des Landesforstgesetzes.<br />

Erläuterungen zu § 90:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Gemeindliches Vermögen und Erfüllung der Aufgaben<br />

Das gemeindliche Vermögen dient der Erfüllung aller öffentlichen Aufgaben der Gemeinde. Es hat den Zweck,<br />

Leistungen und Nutzen für den Bürger zu erbringen und dient der stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde im<br />

Sinne der Vorschrift des § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>. Der Grundsatz der „Sicherung der Aufgabenerfüllung schließt<br />

die Verpflichtung der Gemeinde zum Erhalt ihrer Leistungsfähigkeit und damit des dafür benötigten Vermögens<br />

sowie der notwendigen Erträge im Haushaltsjahr als auch bezogen auf die Zukunft (auf Dauer) ein. Für die Vermögenslage<br />

und deren Weiterentwicklung kommt es auf die Ergebnisse der jährlichen Haushaltswirtschaft der<br />

Gemeinde an. Die Sicherung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung soll auch dem Erhalt einer Vielzahl von<br />

Dienstleistungen der Gemeinde und damit dem Nutzen der örtlichen Gemeinschaft dienen. Bei der Beurteilung<br />

kommt es vielfach auf eine adressatenbezogene Betrachtung der Art und des Umfanges der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

an.<br />

Zum Vermögen der Gemeinde im haushaltsrechtlichen Sinn ist die Gesamtheit aller Sachen und Rechte zu zählen,<br />

die der Gemeinde gehören oder zustehen oder deren wirtschaftlicher Eigentümer sie ist, sofern diese Güter<br />

nicht aufgrund ausdrücklicher Vorschriften gesondert zu behandeln sind, z. B. gemeindliches Sondervermögen<br />

nach dem im 9. Teil der Gemeindeordnung. Das gemeindliche Haushaltsrecht orientiert sich dabei am kaufmännischen<br />

Begriff des Vermögensgegenstandes, für den es bisher keine gesetzliche Definition und keine einheitliche<br />

Begriffsbestimmung gibt (vgl. § 33 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde muss grundsätzlich den Nachweis über<br />

eine ordnungsgemäße Verwaltung ihres Vermögens, über dessen Werterhaltung und über den Substanzverzehr<br />

im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses erbringen.<br />

Die Gemeinde muss ihr Vermögen so ausgestalten, dass die Erfüllung aller Aufgaben nicht beeinträchtigt wird.<br />

Die einzelnen Vermögensgegenstände stehen zwar zur Erfüllung bestimmter Aufgaben zur Verfügung, gleichwohl<br />

gehören diese Gegenstände noch zum allgemeinen Gemeindevermögen. Entsprechend ist auch von der Gemeinde<br />

zu bilanzieren. Eine ausschließliche Separierung zur Erledigung bestimmter gemeindlicher Verpflichtungen<br />

ist daher nicht zulässig. Durch eine solche Maßnahme würden ggf. einzelne Vermögensgegenstände der<br />

allgemeinen Aufgabenerledigung der Gemeinde in unzulässiger Weise entzogen. Das Gemeindevermögen darf<br />

deshalb z. B. nicht in Gemeindegliedervermögen umgewandelt werden (vgl. § 99 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 682


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat daher ihr gesamtes Vermögen unter Berücksichtigung ihrer örtlichen Aufgabenerfüllung insgesamt<br />

so zu verwalten, dass die Vermögensgegenstände durch die Bürgerinnen und Bürger entsprechend den<br />

vorgesehenen Zwecken genutzt werden können und die Gemeindefinanzen insgesamt gesund bleiben (vgl. § 10<br />

GO <strong>NRW</strong>). Die gemeindliche Haushaltswirtschaft sowie die Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung erfordern<br />

daher bei der Gemeinde grundsätzlich ein geeignetes gemeindliches Vermögensmanagement, das entsprechend<br />

den örtlichen Bedürfnissen auszugestalten ist.<br />

2. Beschaffung und Veräußerung von Vermögen<br />

Die Nutzung gemeindlicher Vermögensgegenstände entsprechend den örtlichen Aufgaben beinhaltet auch die<br />

Beachtung der in der Vorschrift ausdrücklich enthaltenen Regelungen, dass die Gemeinde neue Vermögensgegenstände<br />

nur erwerben soll, soweit diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind oder werden. Die Beschaffung<br />

von Vermögensgegenständen durch die Gemeinde muss daher immer aus der örtlichen Aufgabenerfüllung<br />

und den tatsächlich bestehenden Verhältnissen heraus veranlasst sein.<br />

Die Gemeinde hat außerdem ihre Vermögensgegenstände pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten, um die mit<br />

den zweckbestimmten Vermögensgegenständen die Erfüllung ihrer Aufgaben zu erreichen und zu sichern. Sie<br />

darf daher ihre Vermögensgegenstände nur dann veräußern, wenn die Gegenstände zur Erfüllung der gemeindlichen<br />

Aufgaben in absehbarer Zeit nicht mehr benötigt werden. Insgesamt folgt daraus, dass sowohl bei der Beschaffung<br />

als auch bei der Veräußerung von Vermögensgegenständen durch die Gemeinde stets ein konkreter<br />

Zusammenhang mit der gemeindlichen Aufgabenerfüllung oder ein Anlass daraus bestehen muss. Schwerwiegende<br />

Umstände können ggf. Abweichungen ein örtliches Abweichen von den Grundsätzen der Soll-Vorschrift<br />

rechtfertigen.<br />

Aus der weiteren Vorgabe der Vorschrift, dass die Gemeinde vorhandene Vermögensgegenstände in der Regel<br />

nur zu ihrem vollen Wert veräußert darf, ist im Umkehrschluss zu entnehmen, dass die Gemeinde bei einem<br />

Bedarf die benötigten Vermögensgegenstände grundsätzlich auch nicht zu einem Kaufpreis über ihrem Wert<br />

erwerben darf. Ein solcher Erwerbsvorgang ist auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten als nicht zulässig<br />

anzusehen. Unter Beachtung des Grundsatzes der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung muss die<br />

Gemeinde in jedem Einzelfall den örtlich zulässigen Rahmen bestimmen und wahren.<br />

Eine unzulässige Abweichung davon könnte z. B. auch eine unzulässige Beihilfe oder Subventionen im Sinne des<br />

europäischen Rechts darstellen. Dazu gehört auch, dass nach Auffassung der EU die Veräußerung von bebauten<br />

oder unbebauten gemeindlichen Grundstücken erst nach einem hinreichend publizierten sowie allgemeinen und<br />

bedingungsfreien Bieterverfahren durchgeführt werden soll. Sofern dann eine Veräußerung durch die Gemeinde<br />

an den Meistbietenden oder einzigen Bieter erfolgt, geht die EU davon aus, dass dann dieser Vorgang einen<br />

Verkauf zum Marktwert darstellt und damit keine staatliche Beihilfe enthält.<br />

3. Die Bilanzierung des gemeindlichen Vermögens<br />

3.1 Allgemeine Sachlage<br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden schreibt für den gemeindlichen Jahresabschluss eine Bilanz als umfassende<br />

Vermögensrechnung vor. In die gemeindliche Bilanz sind von der Gemeinde alle Vermögensgegenstände, die der<br />

gemeindlichen Aufgabenerfüllung dienen, einzubeziehen. Dabei wird entsprechend nach den von der Gemeinde<br />

getroffenen wirtschaftlichen Zwecksetzungen zwischen Vermögensgegenständen zum Gebrauch und Vermögensgegenständen<br />

zum Verbrauch im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung unterschieden. Entspre-<br />

GEMEINDEORDNUNG 683


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

chend sind die gemeindlichen Vermögensgegenstände in der Bilanz der Gemeinde entweder im Anlagevermögen<br />

oder im Umlaufvermögen anzusetzen. Der Wert eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes stellt dabei kein<br />

Abgrenzungskriterium für den Ansatz in der gemeindlichen Bilanz dar.<br />

3.2 Die Bilanzierung des Anlagevermögens<br />

Als Anlagevermögen sind in der gemeindlichen Bilanz nur die Vermögensgegenstände anzusetzen, bei denen die<br />

Gemeinde mindestens der wirtschaftliche Eigentümer ist. Die gemeindlichen Vermögensgegenstände müssen<br />

zudem zum Gebrauch auf Dauer bestimmt sein, also dauernd der Aufgabenerfüllung der Gemeinde dienen sollen.<br />

Zum gemeindlichen Anlagevermögen sind alle Vermögensgegenstände der Gemeinde zu zählen, deren<br />

Zweckbestimmung darin besteht, dem Geschäftsbetrieb der Gemeinde über mehrere Jahre zu dienen und die<br />

von der Gemeinde nicht veräußert werden sollen. Die gemeindliche Bilanz zeigt im Bereich „Anlagevermögen“<br />

folgende Struktur (vgl. Abbildung).<br />

Das Anlagevermögen in der gemeindlichen Bilanz<br />

BILANZBEREICH<br />

GEMEINDEORDNUNG 684<br />

BILANZPOSTEN<br />

Immaterielle Vermögensgegenstände (Untergliederung nach örtlichem Bedarf)<br />

Unbebaute Grundstücke und<br />

grundstücksgleiche Rechten<br />

Bebaute Grundstücke und<br />

grundstücksgleiche Rechte<br />

Infrastrukturvermögen<br />

Sonstiges Sachanlagevermögen<br />

Finanzanlagen<br />

- Grünflächen<br />

- Ackerland<br />

- Wald, Forsten<br />

- Sonstige unbebaute Grundstücke<br />

- Kinder- und Jugendeinrichtungen<br />

- Schulen<br />

- Wohnbauten<br />

- Sonstige Dienst-, Geschäfts- und Betriebsgebäude<br />

- Grund und Boden des Infrastrukturvermögens<br />

- Brücken und Tunnel<br />

- Gleisanlagen mit Streckenausrüstung und<br />

Sicherheitsanlagen<br />

- Entwässerungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen<br />

- Straßennetz mit Wegen, Plätzen und<br />

Verkehrslenkungsanlagen<br />

- Sonstige Bauten des Infrastrukturvermögens<br />

- Bauten auf fremdem Grund und Boden<br />

- Kunstgegenstände, Kulturdenkmäler<br />

- Maschinen und technische Anlagen, Fahrzeuge<br />

- Betriebs- und Geschäftsausstattung<br />

- Geleistete Anzahlungen, Anlagen im Bau<br />

- Anteile an verbundenen Unternehmen<br />

- Beteiligungen<br />

- Sondervermögen<br />

- Wertpapiere des Anlagevermögens<br />

- Ausleihungen<br />

Abbildung 113 „Das Anlagevermögen in der gemeindlichen Bilanz“<br />

Das Anlagevermögen in der gemeindlichen Bilanz ist von der Gemeinde so zu gliedern, dass die Arten und die<br />

Werte der Vermögensgegenstände offen gelegt werden (vgl. § 41 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).


3.3 Die Bilanzierung des Umlaufvermögens<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Vermögensgegenstände, die von der Gemeinde zur kurzfristigen Nutzung und zum Verbrauch vorgesehen<br />

sind, hat die Gemeinde in ihrer Bilanz im Umlaufvermögen anzusetzen. Die Bewertung dieser Vermögensgegenstände<br />

ist dabei nach dem strengen Niederstwertprinzip vorzunehmen. Unter dem Umlaufvermögen sind auch<br />

gemeindliche Vermögensgegenstände anzusetzen, die bei einer auf Dauer ausgerichteten Zwecksetzung dem<br />

gemeindlichen Anlagevermögen zuzuordnen wären. Solche Vermögensgegenstände sollen dann nicht mehr dem<br />

Geschäftsbetrieb der Gemeinde dienen und sind deshalb dann vielfach von der Gemeinde konkret zur Veräußerung<br />

vorgesehen. Gemeindliche Grundstücke, die nur zum Zwecke der Veräußerung von der Gemeinde gehalten<br />

werden, sind ebenfalls dem Umlaufvermögen zuzuordnen, auch wenn sie aufgrund ihrer Eigenart i.d.R. dem<br />

Anlagevermögen zuzuordnen, z. B. Grundstücke in Baugebieten und Gewerbegebieten. Zu den Bilanzposten des<br />

gemeindlichen Umlaufvermögens gehören die folgenden Posten (vgl. Abbildung).<br />

Das Umlaufvermögen in der gemeindlichen Bilanz<br />

BILANZBEREICH<br />

Vorräte<br />

Öffentlich-rechtliche Forderungen<br />

und<br />

Forderungen aus Transferleistungen<br />

Privatrechtliche Forderungen<br />

Sonstige Vermögensgegenstände<br />

Wertpapiere des Umlaufvermögens<br />

Liquide Mittel<br />

GEMEINDEORDNUNG 685<br />

BILANZPOSTEN<br />

- Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Waren,<br />

- Geleistete Anzahlungen,<br />

- Gebühren,<br />

- Beiträge,<br />

- Steuern,<br />

- Forderungen aus Transferleistungen,<br />

- Sonstige öffentlich-rechtliche Forderungen,<br />

- gegenüber dem privaten Bereich,<br />

- gegenüber dem öffentlichen Bereich,<br />

- gegen verbundene Unternehmen,<br />

- gegen Beteiligungen,<br />

- gegen Sondervermögen,<br />

(Untergliederung nach örtlichem Bedarf)<br />

(Untergliederung nach örtlichem Bedarf)<br />

(Untergliederung nach örtlichem Bedarf)<br />

Abbildung 114 „Das Umlaufvermögen in der gemeindlichen Bilanz“<br />

3.4 Die bilanziellen Wirkungen der Vermögensveräußerung<br />

Die Gemeinde erwirbt nicht nur Vermögensgegenstände zur Aufgabenerledigung oder stellt solche Gegenstände<br />

her, sondern veräußert auch Vermögensgegenstände, sofern diese von der Gemeinde nicht mehr benötigt werden.<br />

In solchen Fällen muss sich die Gemeinde ein Gesamtbild über die tatsächlichen Verhältnisse einschließlich<br />

des Wertes des betreffenden Vermögensgegenstandes einschließlich des Zeitpunktes des Abgangs verschaffen,<br />

bevor sie diesen Vermögensgegenstand nicht mehr bilanziert. Zu diesem gemeindlichen Vorgang gehört auch,<br />

den für den Vermögensgegenstand erzielten Veräußerungserlös zu vereinnahmen und entsprechend den Ausweis<br />

der liquiden Mittel zu erhöhen und zu prüfen, ob ggf. ein aus der Finanzierung des Vermögensgegenstandes


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

gebildeter Sonderposten auf der Passivseite der gemeindlichen Bilanz aufzulösen ist. Die Gemeinde hat in solchen<br />

Fällen die notwendigen Buchungen vorzunehmen, damit der gemeindliche Jahresabschluss ein zutreffendes<br />

Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde vermitteln kann.<br />

4. Die vermögensbezogenen Risiken<br />

Das gemeindliche Vermögen dient der Erfüllung aller öffentlichen Aufgaben der Gemeinde. Es hat den Zweck,<br />

Leistungen und Nutzen für den Bürger zu erbringen und dient der stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde. Der<br />

Grundsatz „Sicherung der Aufgabenerfüllung" schließt dabei die Verpflichtung der Gemeinde zum Erhalt ihrer<br />

Leistungsfähigkeit ein. Sie muss deshalb Risiken, die sich auf das gemeindliche Vermögen auswirken können,<br />

bezogen auf die Zukunft (auf Dauer) möglichst zu vermeiden. Bei der Beurteilung der gemeindlichen Vermögenslage<br />

sind z. B. von der Gemeinde auch die folgenden Risiken in die örtliche Betrachtung und Bewertung einzubeziehen<br />

(vgl. Abbildung).<br />

RISIKOART<br />

Ausfallrisiko<br />

Liquiditätsrisiko<br />

Preisrisiko<br />

Währungsrisiko<br />

Zinsänderungsrisiko<br />

Die Risiken bei gemeindlichem Vermögen<br />

GEMEINDEORDNUNG 686<br />

INHALTE<br />

Als Ausfallrisiko kann ein Risiko für die Gemeinde bezeichnet<br />

werden, wenn ein Vertragspartner der Gemeinde<br />

bei einem Geschäft mit der Gemeinde einen Verlust für<br />

die Gemeinde verursacht, weil dieser z. B. seine Verpflichtungen<br />

gegenüber der Gemeinde nicht vollständig<br />

erfüllt.<br />

Als Liquiditätsrisiko kann ein Risiko für die Gemeinde<br />

bezeichnet werden, wenn ein Dritter als Schuldner der<br />

Gemeinde nicht in der Lage ist, der Gemeinde die zugesagten<br />

Zahlungsmittel wie vereinbart zur Verfügung zu<br />

stellen.<br />

Als Preisrisiko kann ein Risiko für die Gemeinde bezeichnet<br />

werden, wenn sich die Aufwendungen und Erträge<br />

oder die Kosten der Gemeinde aufgrund von Schwankungen<br />

der Marktpreise verändern.<br />

Als Währungsrisiko kann ein Risiko für die Gemeinde<br />

bezeichnet werden, wenn sich die Ansprüche oder Verpflichtungen<br />

der Gemeinde aufgrund von Änderungen der<br />

Wechselkurse verändern.<br />

Als Zinsänderungsrisiko kann ein Risiko für die Gemeinde<br />

bezeichnet werden, wenn sich die Zinserträge oder die<br />

Zinsaufwendungen der Gemeinde aufgrund von Schwankungen<br />

der Marktzinsen verändern.<br />

Abbildung 115 „Die Risiken bei gemeindlichem Vermögen“<br />

Im Rahmen des gemeindlichen Vermögensmanagements hat daher die Gemeinde durch eine ausreichende<br />

Sorgfalt dem Auftreten von Risiken beim Abschluss und der Ausführung von vermögenswirksamen Geschäften<br />

durch eine sachgerechte Überwachung und Kontrolle entgegen zu wirken.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

5. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzplanung (GOF)<br />

Die Gemeinde nimmt im Rahmen der Verwaltung des gemeindlichen Vermögens, insbesondere bei der Verwaltung<br />

des gemeindlichen Kapitals vielfach Beratungsleistungen Dritter in Anspruch, z. B. bei gemeindlichen Geldanlagen.<br />

In diesem Zusammenhang ist nicht nur die haushaltsrechtliche Vorschrift zu beachten, dass bei Geldanlagen<br />

auf eine ausreichende Sicherheit zu achten ist und diese einen angemessenen Ertrag erbringen sollen (vgl.<br />

§ 90 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde hat auch im Rahmen einer angemessenen Liquiditätsplanung<br />

darauf zu achten, dass die angelegten Finanzmittel für ihren Zweck rechtzeitig verfügbar sein müssen (vgl. § 89<br />

Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze bzw. Qualitätsstandards, die seitens der Finanzplaner bestehen, sollten im Rahmen der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft ebenfalls eine ausreichende Beachtung finden. Die „Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Finanzplanung“ (GOF) sind dabei keine Vorschriften. Sie sind als Empfehlungen konzipiert, die als Hilfestellung<br />

bei Finanzgeschäften dienen sollen. Sie wurden von der Deutschen Gesellschaft für Finanzplanung e.V.<br />

entwickelt und werden vom Deutschen Verband Financial Planner e.V. (DEVFP) mitgetragen. Die Grundsätze<br />

werden nachfolgend vorgestellt (vgl. Abbildung).<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzplanung (GOF)<br />

GRUNDSATZ<br />

Grundsatz der<br />

Vollständigkeit<br />

Grundsatz der<br />

Vernetzung<br />

Grundsatz der<br />

Individualität<br />

Grundsatz der<br />

Richtigkeit<br />

Grundsatz der<br />

Verständlichkeit<br />

Grundsatz der<br />

Dokumentationspflicht<br />

Einhaltung<br />

der Berufsgrundsätze<br />

GEMEINDEORDNUNG 687<br />

INHALTE<br />

Nach diesem Grundsatz sind die relevanten Kundendaten zu erfassen<br />

und zu analysieren. Dazu zählen Vermögenswerte und Schulden,<br />

die Einnahmen und Ausgaben sowie die persönlichen Ziele<br />

(Zielsystem).<br />

Nach diesem Grundsatz sind alle Wirkungen und Wechselwirkungen<br />

der Vermögenswerte und Schulden, der Einnahmen und Ausgaben<br />

unter Beachtung der rechtlichen, persönlichen, steuerlichen<br />

und volkswirtschaftlichen Faktoren zu berücksichtigen.<br />

Nach diesem Grundsatz ist der einzelne Kunde mit seinem persönlichen<br />

Umfeld, seinen Zielen und Bedürfnissen in den Mittelpunkt<br />

der Finanzplanung zu stellen. Dabei sind Verallgemeinerungen zu<br />

vermeiden.<br />

Nach diesem Grundsatz ist die Finanzplanung nach dem jeweiligen<br />

aktuellen Gesetzgebungsstand und im Grundsatz fehlerfrei durchzuführen.<br />

Die Planungen müssen plausibel sein und den allgemein<br />

anerkannten Verfahren der Planungsrechnung entsprechen.<br />

Nach diesem Grundsatz muss die Finanzplanung einschließlich<br />

ihrer Ergebnisse so präsentiert werden, dass der Kunde sie versteht<br />

und nachvollziehen kann sowie seine im Rahmen des Auftrags<br />

gestellten Fragen beantwortet erhält.<br />

Nach diesem Grundsatz ist der Finanzplan einschließlich der Prämissen<br />

und Ergebnisse schriftlich oder in digitaler Form zu dokumentieren<br />

und dem Kunden zur Verfügung zu stellen.<br />

Nach diesem Grundsatz hat ein Finanzplaner die für ihn geltenden<br />

Berufsgrundsätze, z.B. Integrität, Vertraulichkeit, Objektivität, Neutralität,<br />

Kompetenz und Professionalität, zu beachten.<br />

Abbildung 113 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzplanung (GOF)“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Ein wichtiger Zweck ist dabei, dass im Rahmen der Erarbeitung des kundenbezogenen umfassenden Finanzplans<br />

und der Handlungsempfehlungen die Ergebnisse auf vorzunehmenden Analysen und ggf. auf fortgeschriebenen<br />

Ist- und Planwerten beruhen sollen. Eine qualitative Beurteilung aktiver und passiver Beteiligungen einschließlich<br />

des Liquiditätsstatus gehört dabei untrennbar dazu.<br />

6. Die Schriftform bei der Abgabe von Erklärungen<br />

Der Erwerb von Vermögensgegenständen durch die Gemeinde zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben erfordert<br />

eine vertragliche Vereinbarung, in der sich die Gemeinde zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Bei anderen<br />

vermögenswirksamen Geschäften der Gemeinde, z. B. Kapitalanlage, Veräußerung von Vermögensgegenständen,<br />

die von der Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht benötigt werden, die Überlassung<br />

der Nutzung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes an einen Dritten, verpflichtet sich die Gemeinde<br />

ebenfalls gegenüber einem Dritten. Derartige gemeindliche Verpflichtungserklärungen bedürfen der<br />

Schriftform (vgl. § 64 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Mit dieser gesetzlichen Vorgabe werden die Zwecke verfolgt, dass die Gemeinde sich Klarheit über den Inhalt der<br />

neuen Verpflichtung verschafft und die interne Entscheidungszuständigkeit klärt, um dadurch die Gemeinde vor<br />

übereilten Erklärungen zu schützen. Die Vereinbarungen bzw. Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet<br />

werden soll, sind i.d.R. vom Bürgermeister oder dem allgemeinen Vertreter und einem vertretungsberechtigten<br />

Bediensteten zu unterzeichnen, soweit es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt.<br />

Außerdem ist zu beachten, dass Erklärungen der Gemeinde, die nicht den Formvorschriften der Gemeindeordnung<br />

entsprechen, nicht die Gemeinde binden.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Erwerb von Vermögensgegenständen):<br />

1.1 Die Inhalte und Zwecke der Vorschrift<br />

Die Gemeinde soll Vermögensgegenstände nur erwerben, soweit diese Gegenstände zur Erfüllung ihrer Aufgaben<br />

erforderlich sind oder werden. Sie ist grundsätzlich in ihrer Entscheidung frei, ob und welche Vermögensgegenstände<br />

erworben werden sollen. Dieses Wahlrecht wird jedoch durch den Gesichtspunkt der Sicherung der<br />

stetigen Aufgabenerfüllung begrenzt (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde soll daher kein Vermögen<br />

erwerben, um ihren Bestand zu vergrößern, um Erträge oder um Gewinne bei einer Veräußerung von Vermögensgegenständen<br />

zu erzielen.<br />

Bei einem geplanten Vermögenserwerb der Gemeinde muss deshalb stets ein konkreter Zusammenhang mit der<br />

gemeindlichen Aufgabenerfüllung bestehen oder hergestellt werden. Sofern die Gemeinde dagegen Schenkungen<br />

erhält, kann ein großzügiger Maßstab angelegt werden. Bei allen Erwerbsvorgängen sollte wegen der von<br />

der Gemeinde zu tragenden Folgekosten ihre haushaltswirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht außer Betracht<br />

bleiben. Es sollte bei einem Erwerb von Vermögensgegenständen auch die Frage beantwortet werden, ob der<br />

Besitz des Vermögensgegenstandes es der Gemeinde wert ist, dass ggf. die künftigen Aufwendungen die möglichen<br />

Erträge aus dem neuen Besitz übersteigen.<br />

Die Regelungen über den gemeindlichen Vermögenserwerb sind dabei als Soll-Vorschrift ausgestaltet worden.<br />

Abweichungen von dieser Vorschrift sind daher möglich, wenn gewichtige Umstände vor Ort vorliegen, die eine<br />

Ausnahme rechtfertigen. Unerheblich ist dabei, ob der Erwerb entgeltlich oder unentgeltlich durch die Gemeinde<br />

erfolgen soll.<br />

GEMEINDEORDNUNG 688


1.2 Der Begriff „erforderlich“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Der haushaltswirtschaftliche Begriff „erforderlich“, der in der Vorschrift verwendet wird, ist von der Gemeinde im<br />

Sinne ihrer Aufgabenerfüllung und unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse auszulegen und anzuwenden.<br />

Er beinhaltet im Grundsatz eine vorherige Prüfung der Gemeinde, ob und wann der zur Anschaffung vorgesehene<br />

Vermögensgegenstand voraussichtlich für die Aufgabenerfüllung der Gemeinde benötigt wird, z. B.<br />

unmittelbar im Haushaltsjahr oder erst in künftigen Jahren.<br />

Die Vorschrift legt für eine solche Prüfung vor Ort keine besonderen Rahmenbedingungen fest. Als Ausgangslage<br />

zum Gebrauch des Begriffes bietet sich eine örtlich geprägte vergleichende Betrachtung und Bewertung<br />

an. Die Gemeinde sollte beurteilen, ob zwischen dem für die gemeindliche Aufgabenerfüllung vorhandenen<br />

Vermögen und dem dafür notwendigen Vermögen eine Differenz besteht. In solchen Fällen könnte dann bei<br />

einem entsprechenden örtlichen Bedarf und ggf. noch weiteren Faktoren der Erwerb eines geeigneten Vermögensgegenstandes<br />

als „betriebsnotwendig“ im haushaltswirtschaftlichen Sinne sowie im Sinne der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung von der Gemeinde bewertet werden.<br />

Es bedarf dabei einer abschließenden Beurteilung durch die Gemeinde, ob der Erwerb eines neuen Vermögensgegenstandes<br />

objektiv sachgerecht ist oder andere Umstände vorliegen, die den Erwerb für die Nutzung im<br />

Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung begründen. Ein gemeindlicher Vermögensgegenstand kann z. B.<br />

wegen einer neuen gemeindlichen Aufgabe oder aufgrund einer Änderung in der Form der gemeindlichen Aufgabenerledigung<br />

von der Gemeinde zu erwerben sein. Die Gemeinde hat den Begriff „erforderlich“ sachgerecht<br />

auszulegen und anzuwenden sowie in der Sache eigenverantwortlich zu entscheiden.<br />

1.3 Der Ansatz der gemeindlichen Vermögensgegenstände<br />

1.3.1 Die Bilanz als Vermögensrechnung<br />

Die Bilanz der Gemeinde ist als Gegenüberstellung von gemeindlichem Vermögen (Aktivseite) und den Finanzierungsmitteln<br />

(Passivseite) eine auf den jährlichen Abschlussstichtag bezogene Zeitpunktrechnung und ein wesentlicher<br />

Bestandteil des doppischen Rechnungswesens im NKF. Sie müssen daher einheitlich gegliedert sein.<br />

Auf der Aktivseite der Bilanz wird das Vermögen der Gemeinde mit den zum Abschlussstichtag ermittelten Werten<br />

angesetzt (Aktivierung). Damit wird die Mittelverwendung der Gemeinde dokumentiert. Auf der Passivseite<br />

der Bilanz werden die Verbindlichkeiten der Gemeinde und ihr Eigenkapital gezeigt (Passivierung). Dadurch wird<br />

die Mittelherkunft bzw. die Finanzierung des Vermögens offengelegt und dokumentiert. Die Gliederung der Bilanz<br />

erfolgt sowohl auf der Aktivseite als auch auf der Passivseite nach Fristigkeiten.<br />

1.3.2 Der Vermögensausweis in der Bilanz<br />

Die Gemeinde hat einen Vermögensgegenstand in die Bilanz aufzunehmen, wenn sie mindestens das wirtschaftliche<br />

Eigentum daran innehat und dieser selbstständig verwertbar ist (vgl. § 33 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die bilanzielle<br />

Zuordnung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes zum Anlagevermögen oder zum Umlaufvermögen<br />

hängt auch von der Zweckbestimmung bzw. von der Art des Vermögensgegenstandes sowie vom Willen der<br />

Gemeinde ab, wie der Vermögensgegenstand im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung genutzt werden<br />

soll. Dem Anlagevermögen in der gemeindlichen Bilanz sind nur die Vermögensgegenstände zuzuordnen, die<br />

von der Gemeinde dazu bestimmt sind, dauernd der Aufgabenerfüllung der Gemeinde zu dienen (vgl. § 33 Absatz<br />

1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Gemeindliche Vermögensgegenstände, die von der Gemeinde zum Verbrauch vorgesehen<br />

sind, sind in der Bilanz im Umlaufvermögen anzusetzen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 689


1.3.3 Der Wertansatz von Vermögensgegenständen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei der Frage der Höhe des Wertansatzes für Vermögensgegenstände in der gemeindlichen Bilanz muss geklärt<br />

werden, in welchen Werten in Geldeinheiten die Gegenstände unter den betreffenden Bilanzposten anzusetzen<br />

sind. Bei neuen Vermögensgegenständen muss die Gemeinde die Anschaffungs- oder Herstellungskosten ermitteln,<br />

die für den Wertansatz die Höchstgrenze darstellen, weil bei der Bilanzierung von gemeindlichen Vermögensgegenständen<br />

das Anschaffungskostenprinzip zu beachten ist (vgl. § 33 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die gemeindlichen Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die von der Gemeinde geleistet werden, um<br />

einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie<br />

dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die<br />

Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Von den Anschaffungskosten sind Minderungen des<br />

Anschaffungspreises abzusetzen. Die Begriffe „Anschaffungskosten“ und „Herstellungskosten“ können wie nachfolgend<br />

aufgezeigt differenziert werden (vgl. Abbildung).<br />

Herstellungskosten<br />

Herstellungs-<br />

aufwand<br />

Zu aktivierender<br />

Aufwand<br />

Bilanz<br />

betroffen<br />

Die Anschaffungskosten und Herstellungskosten<br />

Erweiterungs-<br />

aufwand<br />

oder<br />

wesentliche<br />

Verbesserung<br />

(anschaffungsnaher<br />

Herstellungsaufwand)<br />

Ab-<br />

schrei-<br />

bung<br />

nach<br />

Nutzung<br />

Erhaltungs-<br />

aufwand<br />

(Aufwendungen<br />

für Instandhaltung,<br />

die durch die<br />

gewöhnliche<br />

Nutzung<br />

veranlasst ist)<br />

GEMEINDEORDNUNG 690<br />

Anschaffungskosten<br />

Geringwertige<br />

Vermögens-<br />

gegenstände<br />

(GVG)<br />

unter 410 €<br />

Laufender Aufwand<br />

(Sofortabschreibung; keine Aktivierung)<br />

Ergebnisrechnung<br />

betroffen<br />

Abbildung 117 „Die Anschaffungskosten und Herstellungskosten“<br />

Kein GVG;<br />

Anlagevermögen<br />

Zu aktivie-<br />

render<br />

Aufwand<br />

Bilanz<br />

betroffen<br />

Ab-<br />

schrei-<br />

bung<br />

nach<br />

Nut-<br />

zung<br />

In den Fällen, in denen die Gemeinde einen in ihrer Bilanz anzusetzenden Vermögensgegenstand selbst hergestellt<br />

hat, sind unter den gemeindlichen Herstellungskosten die Aufwendungen der Gemeinde zu verstehen, die<br />

durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands,<br />

seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche<br />

Verbesserung entstehen. Zu den Herstellungskosten gehören auch die notwendigen Materialkosten, die Fertigungskosten<br />

und die Sonderkosten der Fertigung. In die Herstellung dürfen auch die notwendigen Materialgemeinkosten<br />

und Fertigungsgemeinkosten einbezogen werden.<br />

1.3.4 Die Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse<br />

Für die Aktivierung eines Vermögensgegenstandes in der gemeindlichen Bilanz nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />

muss sich die Gemeinde ein Gesamtbild über die tatsächlichen Verhältnisse bezüglich des betreffenden<br />

Vermögensgegenstandes verschaffen. Ein Bedarf dafür kann dann entstehen, wenn beim Erwerb eines Vermö-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

gensgegenstandes durch die Gemeinde noch ein Eigentumsvorbehalt des Veräußerers besteht, z. B. bei Sicherungsgeschäften,<br />

bei der Grundstücksübertragung sowie bei anderen Gegebenheiten.<br />

In den Fällen, in denen sich bestehende Zweifel nicht ausräumen lassen, ob die Gemeinde als wirtschaftlicher<br />

Eigentümer eines Vermögensgegenstandes anzusehen ist, soll der Aktivierung des betreffenden Vermögensgegenstandes<br />

beim rechtlichen Eigentümer der Vorzug gegeben werden. Zur Beurteilung des wirtschaftlichen Eigentums<br />

können ggf. die Regelungen des Bilanzsteuerrechts auch als Hilfestellung herangezogen werden. Insbesondere<br />

bei Leasinggeschäften und ÖPP-Modellen muss der örtlichen Festlegung „der Vermögensgegenstand<br />

steht im wirtschaftlichen Eigentum der Gemeinde“ eine genaue Analyse der Gemeinde vorausgehen, in die auch<br />

die vorgesehene Vertragsgestaltung einzubeziehen ist.<br />

1.4 Der Vermögenserwerb durch Tauschgeschäfte<br />

Die Gemeinde kann neue oder gebrauchte Vermögensgegenstände für ihre Aufgabenerfüllung auch durch<br />

Tauschgeschäfte mit Dritten erwerben. Sie muss vor der Abwicklung solcher Geschäfte prüfen, ob die zu erwerbenden<br />

Vermögensgegenstände zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben erforderlich sind oder werden. Bei<br />

abzugebenden Vermögensgegenständen ist zu prüfen, ob diese nicht mehr für die gemeindliche Aufgabenerfüllung<br />

benötigt werden (vgl. § 90 Absatz 1 und 3 GO <strong>NRW</strong>). Bei nicht mehr benötigten Vermögensgegenständen<br />

darf die Gemeinde diese i.d.R. nur zu ihrem vollen Wert abgeben (vgl. § 90 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde soll daher eine Wertermittlung bei dem abzugebenden und dem zu erwerbenden Vermögensgegenstandes<br />

vornehmen, um die notwendige Gleichwertigkeit des vorgesehenen Tauschgeschäftes beurteilen zu<br />

können. Bei einem im Eigentum der Gemeinde befindlichen und abzugebenden Vermögensgegenstand kann<br />

dessen bilanzierter Buchwert einen Einstieg oder einen Anhaltspunkt für die gemeindliche Wertermittlung bieten.<br />

Die Gemeinde soll daher bei ihren Tauschgeschäften prüfen, ob der Buchwert des abzugebenden Vermögensgegenstandes<br />

dem Wert des übernommenen Vermögensgegenstandes entspricht und ggf. in welcher Art und in<br />

welchem Umfang möglicherweise Abweichungen bestehen. Ein bilanzierter Buchwert kann dabei eine Wertuntergrenze<br />

für den ohne Zahlungen zu erwerbenden Vermögensgegenstand darstellen.<br />

2. Zu Absatz 2 (Verwaltung des gemeindlichen Vermögens):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Erhaltung des Vermögensstatus):<br />

2.1.1 Die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Vermögensgegenstände<br />

Die Vermögensgegenstände sind von der Gemeinde pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten. Sie sind so zu<br />

verwalten, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben (vgl. § 10 GO <strong>NRW</strong>). Das Ziel ist es dabei, die gemeindlichen<br />

Vermögensgegenstände in einem funktionsfähigen Zustand zu erhalten, sodass ihr Einsatz und ihr Nutzen<br />

für die Aufgabenerfüllung der Gemeinde gesichert sind. Diese Vorgaben erfordern von der Gemeinde, einerseits<br />

eine laufende Unterhaltung ihrer Vermögensgegenstände in einem Umfang durchzuführen, der zur Erhaltung der<br />

Funktionsfähigkeit der einzelnen Vermögensgegenstände und deren Nutzung sachgerecht und notwendig ist. Sie<br />

erfordern unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse ggf. ein Gesamtkonzept, bei dem auch die im Einzelnen<br />

festgelegten Nutzungsdauern der gemeindlichen Vermögensgegenstände sowie die weitere Entwicklung der<br />

Gemeinde von erheblicher Bedeutung sind.<br />

Aus der ausdrücklichen Vorgabe für die Gemeinde, ihre Vermögensgegenstände „pfleglich und wirtschaftlich zu<br />

verwalten“ ist die Verpflichtung der Gemeinde zu entnehmen, soweit es möglich ist, auf eine nutzbringende Verwaltung<br />

der Vermögensgegenstände sowie auf nutzbare Vermögensgegenstände zu achten, bei der auch deren<br />

technischer Zustand im Sinne des Aufgabenzwecks ausreichend zu berücksichtigen ist. Für gemeindliche Geld-<br />

GEMEINDEORDNUNG 691


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

anlagen sind diese Überlegungen grundsätzlich übertragbar, denn die ausreichende Sicherheit der Geldanlage<br />

geht der Ertragserzielung vor. Eine sachgerechte Verwaltung des gemeindlichen Vermögens erfordert daher<br />

auch, dass die Gemeinde ein geeignetes Controlling durchführt. Dazu kann es im Sinne des Haushaltsgrundsatzes<br />

"Wirtschaftlichkeit" geboten sein, auch langfristig wirkende Herausforderungen zu berücksichtigen und nicht<br />

nur die haushaltsjahrbezogenen notwendigen Maßnahmen abzuwägen, längstens im Zeitrahmen der mittelfristigen<br />

Ergebnis- und Finanzplanung abzuwägen.<br />

2.1.2 Die Geltendmachung von Ansprüchen bei Vermögensschäden<br />

Die gemeindliche Vermögensverwaltung soll dazu beitragen, die Vermögensgegenstände im Sinne der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung nutzen zu können. Daraus lässt sich u.a. ableiten, dass die Gemeinde im Falle des<br />

Eintritts eines Vermögensschadens die Pflicht zur allgemeinen und der haushaltsmäßigen Sicherung der gemeindlichen<br />

Ansprüche bzw. möglicher Schadensersatzansprüche hat. Die Gemeinde hat deshalb eine Vorsorge<br />

betreiben, um bei einem Schadensereignis das sachlich Notwendige zur Fortführung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

veranlassen zu können. Bei eingetretenen Vermögensschäden ist daher mindestens von Prüfungspflichten<br />

der Gemeinde auszugehen.<br />

Die Gemeinde soll den Schaden für die Gemeinde möglichst gering halten und daher ihr zustehende Ansprüche<br />

geltend machen. Sie soll nicht nur eine notwendige Instandsetzung oder Ersatzbeschaffung der betroffenen Vermögensgegenstände<br />

veranlassen, sondern auch mögliche Haftungs- und Schadensersatzansprüchen gegenüber<br />

einem oder mehreren Dritten, ggf. auch gegenüber den eigenen Beschäftigten, prüfen und geltend machen. Eine<br />

Überprüfungspflicht kann z. B. auch dann entstehen, wenn die Gemeinde Kenntnisse über Schadensfälle in anderen<br />

Gemeinden erlangt und bei ihr vergleichbare Sachverhalte bestehen können. Die vermögensbezogene<br />

Vorschrift dient daher auch der Sicherung bestehender gemeindlicher Vermögensansprüche im Schadensfall.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Verwaltung von Geldanlagen):<br />

2.2.1 Allgemeine Anforderungen<br />

Die Gemeinde ist nach dieser Vorschrift verpflichtet, bei der Anlage von nicht unmittelbar benötigtem Kapital<br />

(Geldmitteln) auf eine ausreichende Sicherheit zu achten. Sie muss die möglichen Anlageformen auch danach<br />

auswählen, dass die gemeindlichen Kapitalanlagen einen angemessenen Ertrag erbringen sollen. In diesem<br />

Zusammenhang wird der Rahmen für gemeindliche Kapitalanlagen ebenso durch die Verpflichtung der Gemeinde<br />

zur Sicherstellung der Liquidität und zur angemessenen Liquiditätsplanung bestimmt (vgl. § 75 Absatz 6 und § 89<br />

Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Das gemeindliche Kapital muss dabei jedoch nicht zwingend mündelsicher angelegt sein. Es<br />

ist in diesem Zusammenhang für die Gemeinde auch nicht verboten, im Rahmen der gemeindlichen Finanzgeschäfte<br />

vertretbare Risiken einzugehen. Die möglichen Risiken müssen der Gemeinde bekannt, von ihr begrenzt<br />

werden und beherrschbar sein. Sie muss daher für die Anlage von Kapital vertretbare örtliche Rahmenbedingungen<br />

schaffen.<br />

Dem Gesichtspunkt der Sicherheit ist bei gemeindlichen Kapitalanlagen immer ein Vorrang vor einem erzielbaren<br />

höheren Ertrag einzuräumen. Aus dieser Vorgabe folgt, dass von der Gemeinde grundsätzlich keine Finanzgeschäfte<br />

getätigt werden dürfen, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, dass das angelegte Kapital gemindert oder<br />

insgesamt aufgezehrt wird (Verlustrisiko). Aus der Nachrangigkeit der Ertragserzielung folgt dabei, dass gemeindliches<br />

Kapital nicht mit dem ausschließlichen Zweck angelegt werden darf, einen höchstmöglichen Ertrag zu erzielen.<br />

Die Gemeinde muss vielmehr berücksichtigen, dass die Anlage von Kapital, ebenso wie das sonstige<br />

gemeindliche Vermögen, der Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde sowie dem Liquiditätserhalt<br />

in ausreichendem Maße dienen muss.<br />

GEMEINDEORDNUNG 692


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat daher im Zusammenhang mit ihren Kapitalanlagegeschäften immer eine Abwägung zwischen<br />

den pflichtigen Sicherheitsgesichtspunkten und Ertragsmöglichkeiten vorzunehmen. Sie hat dabei auch zu beachten,<br />

dass das angelegte Kapital für den vorgesehenen Zweck rechtzeitig verfügbar sein muss. Es gilt daher für<br />

die Gemeinde, grundsätzlich eine Anlagestrategie verfolgen, bei der eine möglichst große Sicherheit und Rentabilität<br />

bei zeitgerechter Liquidität unter Wahrung einer angemessenen Mischung und Streuung des von ihr angelegten<br />

Kapitals erreicht wird. Im Rahmen einer örtlichen Kapitalanlage ist deshalb von der Gemeinde auch zu dokumentieren,<br />

wie und auf welchen Wegen der gesetzliche Rahmen eingehalten wird. Für die Risikobeurteilung der<br />

gemeindlichen Geldanlagen bietet sich die Einrichtung eines örtlich geeigneten Verfahrens durch die Gemeinde<br />

an, deren wichtigste Eckpunkte nachfolgend beispielhaft aufgezeigt werden (vgl. Abbildung).<br />

Eckpunkte für eine Risikobeurteilung bei Geldanlagen<br />

ECKPUNKTE<br />

Konzeption<br />

Beteiligungen<br />

Rahmen<br />

Tests<br />

Krisenplan<br />

GEMEINDEORDNUNG 693<br />

INHALTE<br />

Im Rahmen der Konzeption sind die Formen und Arten der örtlich<br />

zulässigen und geeigneten Geldanlagen zu definieren, aber auch<br />

die daraus entstehenden Risiken zu benennen sowie Anlagestrategien<br />

und ein Risikorisikomanagement zu entwickeln. Es gilt, eine<br />

intransparente und die Gemeinde belastende Kostenstruktur zu<br />

vermeiden.<br />

In den Rahmen der örtlichen Verwaltungsorganisation ist das Anlagemanagement<br />

einzubinden und entsprechend seiner Bedeutung<br />

den Verantwortlichkeiten zuzuordnen. Dabei sind auch die örtlichen<br />

Entscheidungsstrukturen zu berücksichtigen sowie Risikostrategien<br />

einschließlich einer Berichterstattung festzulegen. Diese Vorgaben<br />

erfordern eine geeignete Organisationsstruktur und eine Managementstrategie<br />

sowie eine Überwachung und Kontrolle der Managementleistungen.<br />

Der Rahmen für die Risikomess- und -steuerungssysteme muss auf<br />

den örtlichen Anlagestrategien aufbauen und Methoden und Messzahlen<br />

zur Risikoidentifizierung und Risikoquantifizierung enthalten.<br />

Es müssen aber auch Mindestanforderungen darin enthalten sein,<br />

die z. B. bei Bedarf die Darstellung eines aktuellen Standes des<br />

Vermögens ermöglichen. Unter einer Zeitkomponente gilt es die<br />

Zahlungsströme aus der Geldanlage zu erfassen, um das Risikopotential<br />

unter Verwendung von Steuerungsgrößen zu bestimmen.<br />

Dazu gehört auch, den Anlagezeitraum näher zu konkretisieren.<br />

Die örtlichen Verfahren bzw. die Methoden zur Risikomessung und<br />

Risikoüberwachung sind regelmäßig zu überprüfen. Insbesondere<br />

bedarf das Management der Anlagerisiken einer ständigen Überwachung<br />

einschließlich der Tests, auch unter Krisenszenarien. Die<br />

Inhalte und zeitlichen Vorgaben des Berichtswesens sowie die<br />

Verfügbarkeit der wesentlichen Daten müssen in die Überprüfung<br />

einbezogen werden.<br />

Die Erkenntnisse aus den Krisenszenarien sollen in einem Krisenplan<br />

münden, der abgestufte Maßnahmen für Ereignisse enthält,<br />

die einen „Notfall“ bewirken können. Dazu sind auch die dann<br />

geltenden Kommunikationswege einschließlich der Zuständigkeiten<br />

und Verantwortlichkeiten zu bestimmen. Diese Unterlagen müssen<br />

ein Bestandteil der örtlichen Anlagerichtlinien sein.<br />

Abbildung 118 „Eckpunkte für eine Risikobeurteilung bei Geldanlagen“<br />

Die Anlage von Kapitalvermögen durch die Gemeinde erfordert entsprechende Sachkenntnisse und die gebotene<br />

Sorgfalt sowie ein ausreichend ausgestaltetes Anlagemanagement, zu dem auch ein Risikomanagement gehören


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

sollte. Insbesondere müssen aber von der Gemeinde sachgerecht ausgestaltete Anlagegrundsätze und eine<br />

strategische und taktische Anlagepolitik sowie Überwachungs- und Kontrollverfahren einschließlich der örtlichen<br />

Verantwortlichkeiten festgelegt werden. Das örtliche Verfahren muss unter Berücksichtigung der Verhältnisse der<br />

Gemeinde der Art und Komplexität der gemeindlichen Geldanlagen deren adäquate laufende Überwachung und<br />

Kontrolle gewährleisten sowie Risiken und Chancen möglichst im Voraus erkennen. Ob und in welchem Umfang<br />

dazu weitere organisatorische Maßnahmen von der Gemeinde zu treffen sind, hat diese unter Berücksichtigung<br />

der örtlichen Verhältnisse zu entscheiden. Die Gemeinde muss unter Berücksichtigung möglicher künftiger Entwicklungen<br />

die notwendige Risikostreuung vornehmen und dabei sicherstellen, dass sie auf sich wandelnde wirtschaftliche<br />

und rechtliche Bedingungen bei der Anlage von Kapital angemessen reagieren kann.<br />

Für die Gemeinde bietet sich dazu im Rahmen ihres Gesamtportfolios mindestens die Aufstellung einer Übersicht<br />

über ihre gesamten Kapitalanlagen an, aufgegliedert in Neuanlagen und Bestände, in Anlageformen und Laufzeiten,<br />

sodass jeweils der aktuelle Stand im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses dargestellt werden<br />

kann. Von der Gemeinde sollten dann Informationen über die Art und Form der Kapitalanlagen, über die Einhaltung<br />

der gesetzlichen Vorgaben sowie über die geplanten Veränderungen und weiteren Entwicklungen gegeben<br />

werden. Eine derartige Informationspolitik im gemeindlichen Jahresabschluss darf dabei bei der Gemeinde nicht<br />

dazu führen, dass der Stand der gemeindlichen Kapitalanlagen nur einmal jährlich erhoben und darüber berichtet<br />

wird. Vielmehr sind unterjährige Berichtspflichten notwendig, um den Sicherheitserfordernissen und den Ertragszwecken<br />

in ausreichendem Maße zu genügen.<br />

2.2.2 Geldanlagen nach örtlichen Anlagegrundsätzen<br />

2.2.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die hervorgehobene Bedeutung der Sicherheit bei gemeindlichen Geldanlagen lässt gleichwohl zu, dass eine<br />

Gemeinde ihr Kapital nach besonderen Anlagegrundsätzen anlegt. Sie muss dabei möglichst einem spekulativen<br />

Charakter vorbeugen, sodass besondere Anlagegrundsätze regelmäßig nur bei langfristig anzulegendem Kapital<br />

für die Gemeinde in Betracht kommen können. Die kurzfristig benötigten Geldmittel zur gemeindlichen Zahlungsabwicklung<br />

sind dafür grundsätzlich als ungeeignet anzusehen. Die Gemeinde hat eigenverantwortlich unter<br />

Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zu entscheiden, ob und welche Geldmittel der Gemeinde für eine<br />

mittel- und langfristige Geldanlage in Betracht kommen.<br />

Maßgeblich dafür ist grundsätzlich eine vorausschauende Gesamtbewertung ihres Portfolios im Rahmen der<br />

örtlichen Liquiditätsplanung und einer Bewertung der voraussichtlichen Entwicklung der gemeindlichen Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage. In die zu treffenden Entscheidungen sollte der Rat der Gemeinde<br />

eingebunden sein, sofern nicht bereits allgemeine Rahmenregelungen erlassen wurden, in denen auch das Zusammenwirken<br />

von Rat und Verwaltung bei geplanten Kapitalanlagen bestimmt wurde. Die Gemeinde kann außerdem<br />

Dritte mit der Anlage des gemeindlichen Kapitals sowie mit der Bewertung der Chancen und Risiken von<br />

Anlageformen beauftragen. Eine solche Beauftragung entbindet die Gemeinde jedoch nicht von ihrer Gesamtverantwortung<br />

für die Anlage ihres Kapitals. Diese allgemeinen Grundlagen gelten entsprechend, wenn die Gemeinde<br />

ggf. Kapital anlegen will, das gemeinderechtlich einem ihrer Sondervermögen zuzurechnen ist (vgl. § 97 GO<br />

<strong>NRW</strong>).<br />

2.2.2.2 Die Pflichten der Gemeinde<br />

2.2.2.2.1 Wichtige Anlagepflichten<br />

Der örtliche Rahmen für die Anlage von Kapital durch die Gemeinde, das nicht zur Sicherung der Liquidität und<br />

zur Zahlungsabwicklung benötigt wird, muss von der Gemeinde eigenverantwortlich abgegrenzt und verbindlich<br />

GEMEINDEORDNUNG 694


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

festgelegt werden. Dieser Rahmen soll auf den örtlichen Anlagezielen und Anlagegrundsätzen sowie einer Gesamtschau<br />

der Liquiditätsplanung unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Entwicklung der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage aufbauen. Der Anlagerahmen ist unter Berücksichtigung der örtlichen Be-<br />

dürfnisse und der nachfolgenden Grundsätze eigenverantwortlich auszugestalten.<br />

Die Anlage von Kapital soll die Gemeinde mit der gebotenen Sachkenntnis und Sorgfalt vornehmen. Die Gemeinde<br />

kann dabei auf der Grundlage örtlich festgelegter Anlageziele und Anlagegrundsätze ihr nicht benötigtes Kapital<br />

unter den Bedingungen anzulegen, die von den kommunalen Versorgungskassen und Zusatzversorgungskassen<br />

in Nordrhein-Westfalen bei solchen Geschäften zu beachten sind. Die Gemeinde kann daher ihr Kapital in<br />

Anlageformen unter Beachtung der Vorschrift des § 16 Absatz 2 des Gesetzes über die kommunalen Versorgungskassen<br />

und Zusatzversorgungskassen im Lande Nordrhein-Westfalen (VKZVKG) anlegen. Sie kann dabei<br />

die zulässigen Anlageformen auf ihr gemeindliches Gesamtportfolio beziehen.<br />

Die Gemeinde kann im Rahmen von Kapitalanlagegeschäften dann vertretbare Risiken eingehen, wenn diese mit<br />

den haushaltsrechtlichen Grundsätzen sowie den örtlichen Anlagegrundsätzen vereinbar sind. Bei den längerfristigen<br />

Kapitalanlagen müssen der Gemeinde die möglichen Risiken bekannt sein, von ihr begrenzt werden und<br />

von ihr beherrschbar sein. Sie hat die örtlichen Anlageentscheidungen ausreichend und nachvollziehbar in ihrer<br />

Finanzbuchhaltung zu dokumentieren. Die Gemeinde muss zudem eine sachgerechte Kontrolle und Überwachung<br />

der Anlage von Kapital sowie auch der Tätigkeit beauftragter Dritter vornehmen.<br />

Die Kontrolle und Überwachung soll dabei angepasst an die örtlichen Verhältnisse bestimmt und durchgeführt<br />

werden. Sie darf dabei die Kontrolle und Überwachung nicht nur einmal jährlich vorzunehmen, sondern soll möglichst<br />

regelmäßige Informationen einfordern. Aus den örtlichen Anlagebedingungen heraus bietet sich auch aus<br />

Gründen der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Ablaufprozesses bei der Anlage von Kapital eine örtliche<br />

Anlagerichtlinie an. In einer solchen Richtlinie sollten unter Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse u.a. auch<br />

die örtlichen Verantwortlichkeiten und Entscheidungsbefugnisse festgelegt werden.<br />

2.2.2.2.2 Wichtige Informationspflichten<br />

Die Gemeinde entscheidet über die Anlage von Kapital in eigener Verantwortung. Sie muss sich deshalb über die<br />

Wirkungen sowie die haushaltsmäßigen Auswirkungen von Kapitalanlagen ausreichende Kenntnisse und Informationen<br />

verschaffen, bevor sie die Entscheidung darüber trifft. Dazu gehören ausreichende Kenntnisse über das<br />

Risikopotential insgesamt, das Verlustrisiko, die Marktwerte sowie über Zahlungspflichten. Im Rahmen einer<br />

Beratung sollte sich die Gemeinde zudem Klarheit über ihren Wissensstand verschaffen und ggf. weitere Informationen<br />

über die möglichst realistischen Wirkungen einer Kapitalanlage einholen.<br />

Für den Vertragspartner der Gemeinde besteht in diesem Zusammenhang eine Beratungs- bzw. Aufklärungspflicht,<br />

denn er muss von seinem Kunden alle Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf Geschäfte<br />

mit Kapitalanlagen, über Anlageziele und finanzielle Verhältnisse einholen, um dem Kunden die für ihn<br />

geeignete Anlageform empfehlen zu können. Gegenüber der Gemeinde ist der Vertragspartner außerdem verpflichtet,<br />

der Gemeinde rechtzeitig und in verständlicher Form die notwendigen Informationen ausreichend und<br />

angemessen zur Verfügung zu stellen.<br />

Im Rahmen einer solchen Beratung soll erreicht werden, dass die Gemeinde als Kunde nach vernünftigem Ermessen<br />

die Art und die Risiken der ihr angebotenen oder von ihr nachgefragten Arten von Kapitalanlagen versteht<br />

und auf dieser Grundlage ihre Entscheidung treffen kann. Die Informationen müssen sich dabei z. B. auch<br />

auf das Unternehmen und seine Dienstleistungen, die Arten von Finanzinstrumenten und die vorgeschlagene<br />

Anlagestrategie einschließlich der damit verbundenen Risiken, aber auch auf die Kosten und Nebenkosten beziehen<br />

(vgl. § 31 Absatz 3 WPHG). In diesem Zusammenhang können auch die Vorschriften des Vermögensanlagengesetzes<br />

von Relevanz für die Gemeinde sein.<br />

GEMEINDEORDNUNG 695


2.2.3 Kredite und Kapitalanlage (Geldanlage)<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Eine gemeindliche Kapitalanlage entsteht i.d.R. aus der Hingabe von vorhandenen liquiden Mitteln (Geldbeträgen)<br />

der Gemeinde, die in eine zu aktivierende Finanzanlage umgewandelt werden. Dieser Vorgang stellt wie die<br />

Umwandlung von vorhandenen liquiden Mitteln der Gemeinde in Sachanlagen haushaltsrechtlich eine gemeindliche<br />

Investition dar. Der dafür notwendige Zahlungsvorgang ist im gemeindlichen Finanzplan unter der Haushaltsposition<br />

„Auszahlungen für den Erwerb von Finanzanlagen“ zu veranschlagen und von der Gemeinde entsprechend<br />

in der Finanzrechnung nachzuweisen (vgl. § 3 Absatz 1 Nummer 23 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese haushaltsrechtliche Zuordnung einer Kapitalanlage der Gemeinde lässt den Schluss zu, dass dadurch auch<br />

eine Kreditfinanzierung für eine gemeindliche Kapitalanlage zulässig ist, denn die Gemeinde darf Kredite für Investitionen<br />

aufnehmen (vgl. § 86 GO <strong>NRW</strong>). Einer solchen Kreditaufnahme dürfen dabei auch die Grundsätze der<br />

Finanzmittelbeschaffung nicht entgegenstehen, nicht denen eine Kreditaufnahme der Gemeinde zulässig ist,<br />

wenn eine andere Finanzierung nicht möglich oder unzweckmäßig wäre (vgl. § 77 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Ob eine<br />

solche Sachlage beim Erwerb einer Kapitalanlage durch die Gemeinde gegeben ist, muss im örtlichen Einzelfall<br />

geprüft und bewertet werden.<br />

In die Prüfung einer geplanten gemeindlichen Kapitalanlage ist auch der künftige Verwendungszweck des angesammelten<br />

Kapitals einzubeziehen. Im Zusammenhang mit einer Fremdfinanzierung einer Kapitalanlage muss<br />

das angesammelte Kapital künftig für gemeindliche Investitionen verwendet werden. Die formale Art „Kapitalanlage“<br />

ist allein nicht ausreichend, um eine Fremdfinanzierung einer Kapitalanlage im Sinne der Vorschrift des § 86<br />

GO <strong>NRW</strong> vornehmen zu können. Eine fremdfinanzierte Kapitalanlage der Gemeinde ist deshalb nicht zulässig<br />

anzusehen, wenn die Kapitalanlage dazu dient, in künftigen Haushaltsjahren die Auszahlungen aufgrund zahlungswirksamer<br />

Aufwendungen zu ermöglichen. Mit einem solchen Zweck verliert bereits der Erwerb einer Kapitalanlage<br />

den Charakter einer Investition und damit die Grundlage für eine zulässige Kreditaufnahme.<br />

In diesem Sinne wäre bei einer Fremdkapitalfinanzierung der Kapitalanlage auch der Grundsatz der intergenerativen<br />

Gerechtigkeit tangiert (vgl. § 1 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Außerdem könnte bei einer solchen Kreditaufnahme für<br />

eine Kapitalanlage das Spekulationsverbot berührt sein, wenn unterstellt werden kann, dass die Kapitalanlage<br />

vorrangig der Erzielung eines Gewinns aus der Differenz zwischen den Kreditkosten und dem Zinsertrag dient,<br />

und dabei auf die weitere „ungewisse“ Zinsentwicklung gesetzt wird (vgl. § 90 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits dient aber<br />

eine solche Differenz erst einmal dazu, eine „Wirtschaftlichkeit“ der Kapitalanlage anzunehmen.<br />

Diese Voraussetzungen bedingen, dass der Erwerb einer Kapitalanlage auch nicht mit solchen Fremdmitteln<br />

finanziert werden darf, die von der Gemeinde zur Sicherung ihrer Liquidität aufgenommen werden können (vgl. §<br />

89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Diese Fremdmittel dienen bei der Gemeinde der Verstärkung ihrer Zahlungsmittel zur<br />

Erfüllung ihrer fälligen Auszahlungsverpflichtungen und damit der Aufrechterhaltung der gemeindlichen Zahlungsfähigkeit.<br />

Die Fremdfinanzierung hat daher im Zusammenhang mit den Grundsätzen der gemeindlichen Finanzmittelbeschaffung<br />

nicht den Zweck, die haushaltsmäßige Finanzierung der Gemeinde sicherzustellen.<br />

2.2.4 Die bankrechtliche Kundeneinstufung<br />

Im Zusammenhang mit der gemeindlichen Kreditaufnahme ist von Bedeutung, dass die Banken als Wertpapierdienstleistungsunternehmen<br />

nach dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz verpflichtet sind, ihre Kunden<br />

anhand der gesetzlich vorgegebenen Kriterien zu klassifizieren. Die Bestimmungen wirken sich auf die Bankleistungen<br />

aus, bei denen das Anlegerschutzniveau und die Grundsätze für die Ausführung von Aufträgen in Finanzinstrumenten<br />

zu beachten sind. Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das eine Anlageberatung oder eine<br />

Finanzportfolioverwaltung vornimmt, muss von seinem Kunden alle Informationen einholen über Kenntnisse und<br />

GEMEINDEORDNUNG 696


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Erfahrungen der Kunden in Bezug auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten, über Anlageziele und ihre finanziellen<br />

Verhältnisse, um dem Kunden das für ihn geeignete Finanzinstrument empfehlen zu können. Dazu gehört, dass<br />

der Kunde auch die mit einem solchen Geschäft verbundenen Anlagerisiken versteht. Erlangt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen<br />

nicht die erforderlichen Informationen, darf es im Zusammenhang mit einer Anlageberatung<br />

kein Finanzinstrument empfehlen oder im Zusammenhang mit einer Finanzportfolioverwaltung keine<br />

Empfehlung abgeben (vgl. die Einzelvorschriften des o.a. Gesetzes).<br />

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat in ihrem Schreiben vom 25.06.2010 gegenüber den Verbänden<br />

der für Finanzdienstleistungsunternehmen und der Kreditwirtschaft klargestellt, dass eine Gemeinde als<br />

Privatkunde im Sinne des § 31a Absatz 3 WpHG des Wertpapierhandelsgesetzes anzusehen ist und nicht als<br />

professioneller Kunde zu gelten hat. Es gilt daher grundsätzlich auch für die Gemeinde, dass sich das Ergebnis<br />

eines gemeindlichen „Privatkunden-Auftrages“ am Preis und an den Kosten des Finanzinstrumentes orientieren<br />

muss (vgl. § 33a Absatz 3 WpHG). Außerdem besteht die Pflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens<br />

gegenüber der Gemeinde, diese ggf. auch über mögliche Probleme zur Ausführung der gemeindlichen Aufträge<br />

unter Anwendung der Grundsätze der bestmöglichen Ausführung zu unterrichten.<br />

Die Gemeinde hat aber auch die Möglichkeit, sich als professioneller Kunde einstufen zu lassen. In diesen Fällen<br />

der muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Gemeinde schriftlich darauf hinweisen, dass mit der<br />

Änderung dieser Einstufung auch die Schutzvorschriften für Privatkunden nicht mehr gelten. Die Gemeinde muss<br />

dazu ihr Einverständnis geben und diese Sachlage schriftlich bestätigen. Die Einstufung der Gemeinde als professioneller<br />

Kunde steht einer späteren Rückstufung zum Privatkunden nicht entgegen, sofern die Gemeinde<br />

danach verlangt (vgl. gem. § 31a Absatz 6 WpHG).<br />

2.2.5 Die Beteiligung eines Finanzanlagenvermittlers<br />

2.2.5.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Im Zusammenhang mit einer von der Gemeinde beabsichtigten Kapitalanlage kann die Gemeinde auch unter<br />

Beteiligung eines Finanzmaklers die passende Anlageform auswählen. In diesen Fällen sollte die Gemeinde<br />

ausreichende Kenntnis darüber haben, ob der Vermittler eine ausreichende Sachkunde besitzt. Sie sollte ggf.<br />

sachbezogene Informationen aus dem Vermittlerregister einholen (vgl. § 11a GewO). Im Rahmen einer Vermittlung<br />

hat der Vermittler gegenüber der Gemeinde als Anleger besondere Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten<br />

(vgl. Abschnitt 4 der FinVermV). Die rechtliche Grundlage stellt dabei die bundesweit geltende<br />

Finanzanlagenvermittlungsverordnung dar.<br />

2.2.5.2 Die Informationspflichten des Vermittlers<br />

Der Vermittler muss der Gemeinde statusbezogene Informationen in Schriftform übermitteln, wenn die Gemeinde<br />

nicht ausdrücklich eine mündliche Information wünscht (vgl. § 12 FinVermV). Vor Abschluss des Finanzgeschäftes<br />

muss die Gemeinde zudem über die Risiken der angebotenen oder vom Anleger nachgefragten Finanzanlage<br />

zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen müssen so gefasst sein, dass der Anleger nach vernünftigem Ermessen<br />

die Art und die Risiken der Finanzanlagen verstehen und auf dieser Grundlage seine Anlageentscheidung<br />

treffen kann. Die Beschreibung der Risiken kann dabei an der Art der Finanzanlage und den Kenntnissen<br />

des Anlegers ausgerichtet werden (vgl. § 13 FinVermV).<br />

Die Gemeinde muss auch über die Kosten und Nebenkosten informiert werden, z. B. über den Gesamtpreis, den<br />

der Anleger im Zusammenhang mit der Finanzanlage und den Dienstleistungen des Vermittlers zu zahlen hat,<br />

einschließlich aller damit verbundenen Gebühren, Provisionen, Entgelte und Auslagen. Sofern dabei ein Teil des<br />

Gesamtpreises in einer Fremdwährung zu zahlen oder in einer anderen Währung als in Euro dargestellt ist, müs-<br />

GEMEINDEORDNUNG 697


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

sen die betreffende Währung und der anzuwendende Wechselkurs sowie die damit verbundenen Kosten gegenüber<br />

der Gemeinde angegeben werden.<br />

2.2.5.3 Die Auskunftspflichten der Gemeinde<br />

Der von der Gemeinde beauftragte Vermittler hat im Rahmen seiner Anlageberatung auch Informationen über die<br />

Kenntnisse und Erfahrungen der Gemeinde als Anleger in Bezug auf die möglichen Finanzanlagen, die Anlageziele<br />

der Gemeinde und die finanziellen Verhältnisse einzuholen, die erforderlich sind, um der Gemeinde eine für<br />

sie geeignete Finanzanlage empfehlen zu können. Das Ziel dabei ist, dass die vom Vermittler empfohlene Finanzanlage<br />

den Anlagezielen des Anlegers entspricht und die hieraus erwachsenden Anlagerisiken verstanden<br />

und entsprechend den Anlagezielen finanziell tragbar sind. Ein weiteres Ziel ist dabei, dass der Vermittler der<br />

Gemeinde nur solche Finanzanlagen empfehlen darf, die er nach den ihm vorliegenden Informationen über die<br />

Gemeinde für ihn geeignet hält.<br />

In den Fällen, in denen der Vermittler zu der Auffassung gelangt, dass die von der Gemeinde gewünschte Finanzanlage<br />

für die Gemeinde nicht angemessen ist, hat er die Gemeinde darauf hinzuweisen. Außerdem darf der<br />

Vermittler ohne ausreichende Informationen über die Gemeinde als Anleger der Gemeinde im Rahmen der Anlageberatung<br />

keine Finanzanlage empfehlen (vgl. § 16 Absatz 1 Satz 4 FinVermV). In diesem Zusammenhang hat<br />

der Vermittler vor Abschluss eines Geschäfts auch die Gemeinde auf Interessenkonflikte hinzuweisen, die in<br />

Ausübung der Tätigkeiten zwischen ihm oder seinen Mitarbeitern und den Anlegern oder zwischen den Anlegern<br />

bestehen können. Er hat zudem seine Informationen der Gemeinde in Textform zur Verfügung zu stellen.<br />

3. Zu Absatz 3 (Veräußerung von Vermögensgegenständen):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Veräußerung nicht benötigter Vermögensgegenstände):<br />

3.1.1 Die Inhalte der Vorschrift<br />

Nach der Vorschrift darf die Gemeinde die in ihrem Besitz befindlichen Vermögensgegenstände, die sie zur<br />

Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht braucht, veräußern. Eine Veräußerung kann auch dann infrage<br />

kommen, wenn von der Gemeinde für den aufzugebenden oder einem Dritten zu übertragenen Vermögensgegenstand<br />

ein geeigneter Ersatz beschafft wird, damit die stetige Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben weiterhin<br />

gesichert ist. Die Veräußerung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes ist jedenfalls dann als unzulässig<br />

anzusehen, wenn der zur Veräußerung vorgesehene Vermögensgegenstand noch zur Aufgabenerfüllung benötigt<br />

wird. Gleichwohl wird durch die Vorschrift jedoch kein Veräußerungsverbot für die Gemeinde ausgesprochen.<br />

Die Vorschrift steht einerseits mit der Vorschrift des § 100 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> als Grundsatz für die Einbringung<br />

(Abgabe) von gemeindlichem Vermögen in Stiftungsvermögen unmittelbarer Verbindung. Nach dieser Vorschrift<br />

darf die Gemeinde das Gemeindevermögen nur im Rahmen der Aufgabenerfüllung in Stiftungsvermögen einbringen<br />

und nur dann eingebracht werden, wenn der mit der Stiftung verfolgte Zweck auf andere Weise nicht<br />

erreicht werden kann. Andererseits stellt die Vorschrift des § 100 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> kein gesetzliches Verbot<br />

zur Abgabe von gemeindlichen Vermögensgegenständen dar, das zur Nichtigkeit des Stiftungsgeschäfts im<br />

Sinne des § 134 BGB führen kann.<br />

Ein Zusammenhang besteht auch mit der Vorschrift des § 111 GO <strong>NRW</strong> über die Veräußerung von Betrieben und<br />

Beteiligungen der Gemeinde. Danach ist die teilweise oder vollständige Veräußerung eines gemeindlichen Betriebes<br />

oder einer Beteiligung der Gemeinde an einer Gesellschaft sowie andere Rechtsgeschäfte, durch welche<br />

die Gemeinde ihren Einfluss auf den Betrieb verliert oder vermindert, nur zulässig, wenn die für die Betreuung der<br />

GEMEINDEORDNUNG 698


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Einwohner erforderliche Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde nicht beeinträchtigt wird. Ggf. bedürfen solche<br />

Rechtsgeschäfte der vorherigen Entscheidung des Rates (vgl. § 115 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.1.2 Die Begriffe „nicht braucht“ und „Veräußerung“<br />

3.1.2.1 Der Begriff „nicht braucht“<br />

Der haushaltswirtschaftliche Begriff „nicht braucht“ in der Vorschrift ist von der Gemeinde im Sinne ihrer gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung und unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse auszulegen und anzuwenden.<br />

Mit der Anwendung des Begriffes im Sinne der Vorschrift soll die Gemeinde eine inhaltliche Prüfung<br />

verbinden, ob der betreffende gemeindliche Vermögensgegenstand voraussichtlich zukünftig noch für die Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde benötigt wird. Die Vorschrift legt für eine solche Prüfung vor Ort keine besonderen<br />

Rahmenbedingungen fest. Sie beinhaltet aber die Festlegung für die Gemeinde, dass die Abgabe von gemeindlichen<br />

Vermögensgegenständen nicht allein unter der Zwecksetzung „Finanzierung der laufenden Verwaltungstätigkeit<br />

der Gemeinde“ erfolgen darf.<br />

Als Ausgangslage zum Gebrauch des Begriffes bietet sich eine örtliche Betrachtung und Bewertung an, ob ein<br />

für die Veräußerung vorgesehener gemeindlicher Vermögensgegenstand noch zum notwendigen Vermögen der<br />

Gemeinde im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung zu zählen ist, d.h. „betriebsnotwendig“ im haushaltswirtschaftlichen<br />

Sinne ist. Es bedarf dazu einer Beurteilung, ob der betreffende Vermögensgegenstand objektiv<br />

noch aus örtlichen Gründen im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung genutzt werden muss bzw. noch in<br />

diesem Sinne nutzbar ist, oder andere Umstände vorliegen, die der Fortsetzung der Nutzung für die Aufgabenerfüllung<br />

entgegenstehen.<br />

In eine örtliche Beurteilung muss auch einbezogen werden, ob ein Dritter den von der Gemeinde nicht mehr<br />

benötigten Vermögensgegenstand braucht, weil dieser anstelle der Gemeinde künftig die Aufgabe erfüllt. Ein<br />

gemeindlicher Vermögensgegenstand kann daher nicht nur wegen der Einstellung einer gemeindlichen Aufgabe,<br />

sondern auch aufgrund einer Änderung in der Form ihrer Erledigung für die Gemeinde entbehrlich werden.<br />

Die Gemeinde hat in diesem Zusammenhang den Begriff sachgerecht auszulegen und anzuwenden sowie in<br />

der Sache eigenverantwortlich zu entscheiden.<br />

3.1.2.2 Der Begriff „Veräußerung“<br />

Der haushaltsrechtliche Begriff „Veräußerung“ in der Vorschrift umfasst bei der Abgabe von gemeindlichen Vermögensgegenständen<br />

durch die Gemeinde die rechtsgeschäftliche Verfügung der Gemeinde über ihren Vermögensgegenstand<br />

mit dem Ziele der Rechtsübertragung auf einen Dritten. Die Befugnis zur Veräußerung liegt<br />

dabei regelmäßig bei der Gemeinde, z. B. als rechtlicher Eigentümer des betreffenden gemeindlichen Vermögensgegenstandes.<br />

Eine Veräußerung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes ist daher auch bei einer<br />

Abgabe des Vermögensgegenstandes an einen Dritten, der anstelle der Gemeinde eine Aufgabe erfüllt, gegeben.<br />

Für die gemeindliche Veräußerung im Sinne der Vorschrift ist grundsätzlich der Charakter des der Veräußerung<br />

zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes (Kaufvertrag, Tausch, Schenkung) unerheblich, soweit der Verzicht auf<br />

den Vermögensgegenstand durch die Gemeinde nicht nur rechtlich, sondern auch haushaltswirtschaftlich nicht zu<br />

beanstanden ist. Die Veräußerung erfordert jedoch regelmäßig eine entgeltliche Gegenleistung des Erwerbers,<br />

denn die Gemeinde soll ihre Vermögensgegenstände i.d.R. nur zu ihrem vollen Wert abgeben. In diesem Zusammenhang<br />

muss beachtet werden, dass bei der Feststellung des Vorliegens eines Veräußerungsgeschäftes<br />

die daraus möglichen Erträge oder Aufwendungen der Gemeinde von ihr unmittelbar mit der allgemeinen Rücklage<br />

zu verrechnen sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 699


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

3.1.3 Die Verrechnung von Erträgen und Aufwendungen<br />

3.1.3.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die Gemeinde besitzt vielfach noch Vermögensgegenstände zu dauernden Aufgabenerfüllung und als Anlagevermögen<br />

bilanziert, die sie aber zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr braucht. Sie strebt bei solchen Vermögensgegenständen<br />

zwar eine adäquate Veräußerung an, muss aber oftmals erleben, dass ein Veräußerungserlös<br />

nur unter dem in der Bilanz ausgewiesenen Buchwert erzielbar ist. Unter einer Betrachtung und Bewertung<br />

der Kosten, die ein nicht genutzter oder ein nicht mehr nutzbarer Vermögengegenstand für die Gemeinde weiterhin<br />

verursacht, ist es vielfach auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten angezeigt, derartige gemeindliche<br />

Vermögensgegenstände zu veräußern.<br />

In solchen Fällen kann die Gemeinde z. B. erleben, dass sie bei der Veräußerung eines von ihr nicht mehr genutzten<br />

bebauten Grundstückes dafür eine Vielzahl von Angeboten erhält. Die Angebote weisen dabei im Grundsatz<br />

ein Erwerbsinteresse für das bebaute Grundstück aus, gleichwohl werden durch die Bieter aber nur Preisangebote<br />

gemacht, die ggf. dem Wert des Grund und Bodens entsprechen. Derartige Veräußerungsgeschäfte haben<br />

dann auch Aufwendungen für die Gemeinde zur Folge, weil der Veräußerungserlös für ein bebautes Grundstück<br />

nicht die Summe der Buchwerte für den Grund und Boden und das Gebäude erreicht. In besonderen Situationen<br />

kann sich ggf. auch ein Ertrag ergeben, wenn z. B. das Gebäude fast vollständig abgeschrieben ist und der<br />

Buchwert des Grund und Bodens niedriger als der Verkehrswert ist.<br />

Die Erträge und Aufwendungen aus solchen Veräußerungsgeschäften darf die Gemeinde unmittelbar mit der<br />

allgemeinen Rücklage verrechnen. Dazu benennt die haushaltsrechtliche Vorschrift ausdrücklich den Abgang und<br />

die Veräußerung von Vermögensgegenständen, die für die gemeindliche Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt<br />

werden (vgl. § 43 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Aus anderen gemeindlichen Geschäftsvorfällen erzielbare Erträge<br />

und entstehende Aufwendungen, können wegen des ausdrücklich abgegrenzten gemeindlichen Vermögens nicht<br />

in gleicher haushaltswirtschaftlicher Verfahrensweise behandelt werden.<br />

3.1.3.2 Die bilanzielle Betroffenheit<br />

3.1.3.2.1 Die Zuordnung zum Anlagevermögen<br />

Die gemeindlichen Vermögensgegenstände, die der Gemeinde zur dauernden Aufgabenerfüllung zur Verfügung<br />

stehen und deren wirtschaftlicher Eigentümer sie mindestens ist, hat die Gemeinde als Sachanlagen im Anlagevermögen<br />

in ihrer Bilanz zu aktivieren (vgl. § 33 und § 41 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Vom Abgang und der Veräußerung<br />

von Vermögensgegenständen, die von der Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit<br />

nicht mehr benötigt werden, ist daher i.d. R. das bilanzierte Anlagevermögen der Gemeinde und nicht das gemeindliche<br />

Umlaufvermögen betroffen. Diese Abgrenzung wird einerseits durch die Bilanzierungsvorgaben bestimmt.<br />

Sie ist andererseits auch dadurch geboten, dass Aufwendungen aus dem Abgang und der Veräußerung<br />

von Vermögensgegenständen regelmäßig nicht zulasten der laufenden Verwaltungstätigkeit der Gemeinde in der<br />

gemeindlichen Ergebnisrechnung erfasst werden sollen.<br />

Beim gemeindlichen Umlaufvermögen besteht dagegen bereits aus seiner bilanziellen Zwecksetzung eine enge<br />

Verbindung zur laufenden Verwaltungstätigkeit der Gemeinde (vgl. § 41 Absatz 3 Nummer 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Dem Umlaufvermögen in der gemeindlichen Bilanz sind daher die gemeindlichen Vermögensgegenstände zuzuordnen,<br />

die zum Verbrauch im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Gemeinde bestimmt sind. Aufgrund dessen<br />

kann es bei der Gemeinde auch bilanzielle Umschichtung zwischen dem gemeindlichen Anlagevermögen und<br />

dem Umlaufvermögen geben, wenn z. B. ein gemeindlicher Vermögensgegenstand nicht mehr für die Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde genutzt wird, aber kurzfristig nicht veräußerbar ist, jedoch veräußert werden soll.<br />

GEMEINDEORDNUNG 700


3.1.3.2.2 Die Umschichtung ins Umlaufvermögen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Eine Umschichtung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes ins Umlaufvermögen aus dem Anlass, aus<br />

seiner Veräußerung erzielbare Erträge der laufenden Verwaltungstätigkeit der Gemeinde zuzurechnen, kann i.d.<br />

R. nicht als sachgerecht angesehen werden (vgl. § 43 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der bilanzielle Vorgang dürfte<br />

ggf. auch nicht zum erwünschten Erfolg im Sinne einer Ertragserzielung führen, denn der Umschichtung muss<br />

regelmäßig eine neue zeitbezogene Bewertung des betreffenden gemeindlichen Vermögensgegenstandes vorausgehen.<br />

Für Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens hat die Gemeinde immer den Wert zu ermitteln,<br />

der sich aus einem beizulegenden Wert zum Abschlussstichtag ergibt (vgl. § 35 Absatz 7 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie<br />

muss dabei das strenge Niederstwertprinzip beachten. Der bilanzielle Vorgang einer Umschichtung kann dabei zu<br />

gemeindlichen Aufwendungen führen, die von der Gemeinde in ihre Ergebnisrechnung einzubeziehen sind. Sie<br />

stehen daher immer den ggf. aus einer Veräußerung erzielbaren Erträgen gegenüber.<br />

Der Vorgang einer bilanziellen Umschichtung stellt für die Gemeinde einen eigenständigen und eigenverantwortlichen<br />

Geschäftsvorfall dar. Die bilanzielle Umschichtung eines Vermögensgegenstandes aus Anlass seiner Veräußerung<br />

ist haushaltsrechtlich keine zu erfüllende Voraussetzung für die Abgabe eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes.<br />

Der Vorgang ist auch aus haushaltswirtschaftlichen und aus bilanziellen Gründen nicht für<br />

den gemeindlichen Geschäftsvorfall erforderlich. Die Gemeinde hat daher im Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden,<br />

ob unter Beachtung der einschlägigen Bilanzierungs- und Bewertungsvorgaben die Umschichtung<br />

eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes ins Umlaufvermögen vor seiner Veräußerung geboten ist.<br />

3.1.3.3 Das Verrechnungsgebot<br />

Die Aufwendungen aus der örtlichen Veräußerung eines Vermögensgegenstandes können ohne Verschuldungen<br />

der Gemeinde entstehen. Solche Aufwendungen müssen daher nicht automatisch immer zulasten der laufenden<br />

Verwaltungstätigkeit der Gemeinde gehen bzw. ihr immer zuzurechnen sein. Es ist deshalb haushaltsrechtlich<br />

sachgerecht, die entstehenden Aufwendungen aus gemeindlichen Vermögensveräußerungen, die entstehen<br />

können, wenn die Gemeinde einen Vermögensgegenstand zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht<br />

mehr braucht, unmittelbar mit der allgemeinen Rücklage zu verrechnen (vgl. § 43 Absatz 3 Satz 1 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Solche Aufwendungen für die Gemeinde sollen sich dann auch nicht auf das Jahresergebnis in der gemeindlichen<br />

Ergebnisrechnung auswirken.<br />

Unter Berücksichtigung aller öffentlich-rechtlichen Einheiten des kommunalen Bereichs in <strong>NRW</strong>, die eine selbstständige<br />

und eigenverantwortliche Haushaltswirtschaft führen und bei denen zum Teil wirtschaftliche Beziehungen<br />

untereinander bestehen, z. B. bei Umlageverbänden, hat es der Gesetzgeber als geboten angesehen, die<br />

möglicherweise aus den dargestellten Veräußerungsgeschäften erzielbaren Erträge haushaltswirtschaftlich in der<br />

gleichen Art und Weise zu behandeln. Die Gemeinde hat daher auch die aus den dargestellten Veräußerungsgeschäften<br />

erzielten Erträge unmittelbar der allgemeinen Rücklage zuzuführen. Sie muss dazu sowie zur Verrechnung<br />

der Aufwendungen eigenverantwortlich entscheiden, ob ggf. Unterkonten zum Bestandskonto „Allgemeine<br />

Rücklage“ eingerichtet werden sollen.<br />

Ein Anlass zur Einrichtung solcher Konten ist, dass die Gemeinde auch bei solchen gemeindlichen Geschäftsvorfällen<br />

nicht auf die gebotene Transparenz über alle ihre Erträge und Aufwendungen im Haushaltsjahr verzichten<br />

darf. Sie ist deswegen einerseits verpflichtet, die Verrechnungen von Erträgen und Aufwendungen aus dem Abgang<br />

und der Veräußerung von Vermögensgegenständen im Anhang zu erläutern (vgl. § 43 Absatz 3 Satz 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Andererseits muss die Gemeinde die erzielten Erträge und entstandenen Aufwendungen in<br />

ihrer Ergebnisrechnung nachrichtlich nach dem Jahresergebnis ausweisen (vgl. § 38 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 701


3.1.3.4 Das Transparenzgebot<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat die Verpflichtung, erzielbare Erträge und entstehende Aufwendungen aus dem Abgang und<br />

der Veräußerung von Vermögensgegenständen in ihrer Ergebnisrechnung nachrichtlich nach dem Jahresergebnis<br />

ausweisen (vgl. § 38 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese Vorgabe hat eine besondere haushaltswirtschaftliche<br />

Bedeutung, denn das Erreichen des jährlichen Haushaltsausgleichs „in der Rechnung nach § 75 Absatz 2 Satz 1<br />

GO <strong>NRW</strong>“ wird an dem in der Ergebnisrechnung ausgewiesenen Jahresergebnis gemessen. Diese haushaltsrechtliche<br />

Vorgabe sowie die Festlegung, Aufwendungen aus den benannten Veräußerungsgeschäften und aus<br />

Abgängen sowie aus Wertveränderungen von Finanzanlagen nicht der laufenden Verwaltungstätigkeit der Gemeinde<br />

zuzuordnen, erfordert das Aufzeigen der Erträge und Aufwendungen in der Ergebnisrechnung, aber wegen<br />

der Bedingungen für den Haushaltsausgleich, erst nach dem Ausweis des Jahresergebnisses.<br />

Dem Transparenzgebot und dem Gebot der wirtschaftlichen Zurechnung zum Haushaltsjahr nach § 11 Absatz 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> muss die Gemeinde auch bei Geschäftsvorfällen nachkommen, die voraussichtlich im neuen<br />

Haushaltsjahr entstehen werden. Die Vorgabe für den Ausweis von Erträgen und Aufwendungen u.a. aus dem<br />

Abgang und der Veräußerung von Vermögensgegenständen ist zwar nur in die haushaltsrechtlichen Regelungen<br />

für die gemeindliche Ergebnisrechnung eingebaut worden, sie wirkt sich gleichwohl auch unmittelbar auf die Ergebnisplanung<br />

der Gemeinde aus.<br />

Die Gemeinde hat daher auch ohne eine ergänzende ausdrückliche Regelung für die Ergebnisplanung in § 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> bereits aufgrund der allgemeinen Haushaltsgrundsätze die benannten Erträge und Aufwendungen<br />

auch in ihrem Ergebnisplan zu veranschlagen. Das Gebot der Veranschlagung im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

besteht jedoch mit der Einschränkung, die entsprechenden gemeindlichen Geschäftsvorfälle müssen soweit<br />

gediehen sein, dass im neuen Haushaltsjahr voraussichtlich derartige Aufwendungen entstehen und Erträge<br />

erzielbar sind.<br />

3.1.4 Vermögensveräußerungen und Vergabe<br />

Bei einer Veräußerung eines gemeindlichen Grundstückes ist von der Gemeinde zu prüfen, ob der Veräußerung<br />

eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen muss, ggf. europaweit. Aus dem reinen Veräußerungsvorgang entsteht<br />

regelmäßig keine Pflicht der Gemeinde zur öffentlichen Ausschreibung, auch dann nicht, wenn baurechtliche<br />

Vorgaben aus der örtlichen Bauleitplanung heraus bestehen. Gemeindliche Bauaufträge sind aber dann als<br />

ausschreibungspflichtige Verträge anzusehen, wenn die Gemeinde sich dadurch eine ihr unmittelbar wirtschaftlich<br />

zugutekommende Bauleistung durch Dritte gemäß der von ihr als Auftraggeber genannten Erfordernissen<br />

beschafft (vgl. § 99 Absatz 3 GWB).<br />

Eine ausschreibungspflichtige Veräußerung kann aber dann vorliegen, wenn aus der Bauplanung der Gemeinde<br />

heraus eine Grundstücksveräußerung mit einem Bauauftrag für den Erwerber unmittelbar verbunden wird, dafür<br />

Terminvorgaben für die Fertigstellung des Objektes gemacht werden, das Projekt eine bestimmte Wertgrenze<br />

überschreitet und in das Eigentum der Gemeinde übergeht. Unter Beachtung der einschlägigen Schwellenwerte<br />

der EU kann dafür dann ggf. auch eine europaweite Ausschreibung von der Gemeinde durchzuführen sein.<br />

3.1.5 Das Gemeindevermögen mit besonderem Wert<br />

Bei einer Veräußerung von Gemeindevermögen mit besonderem Wert für die Allgemeinheit, z. B. geschichtliche<br />

bzw. historische Dokumente oder Kunstgegenstände, muss die Gemeinde nicht nur die Sicherung ihrer stetigen<br />

Aufgabenerfüllung berücksichtigen. Sie hat in ihre Entscheidung über eine Veräußerung derartiger gemeindlicher<br />

GEMEINDEORDNUNG 702


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Vermögensgegenstände auch weitergehende Belange der örtlichen Gemeinschaft, z. B. die Kulturinteressen der<br />

Bürger und Einwohner einzubeziehen, bevor sie sich ggf. von solchen Vermögensgegenständen trennt.<br />

3.1.6 Die örtlichen Verfahrensvorschriften<br />

Für die Veräußerung bzw. die Abgabe gemeindlicher Vermögensgegenstände bietet sich eine örtliche Dienstanweisung<br />

im Rahmen eines Vermögensmanagements an. In einem solchen Regelungswerk können unter örtlichen<br />

Gesichtspunkten besondere Vorgaben für die entgeltliche Veräußerung als auch für die unentgeltliche Abgabe<br />

bzw. die Entsorgung nicht mehr benötigter gemeindlicher Vermögensgegenstände einschließlich der Verantwortlichkeiten<br />

festgelegt werden. Die Dienstanweisung sollte zudem allgemeine Verfahrens- und Dokumentationsregelungen<br />

und für wichtige Einzelfälle entsprechend angepasste weitere Vorgaben enthalten. Für eine Abgabe von<br />

gemeindlichen EDV-Geräten kann z. B. durch örtliche Bestimmungen festgelegt werden, dass gemeindeintern<br />

besondere Maßnahmen zu erfolgen haben, damit ein Zugriff auf die zuvor darauf gespeicherten gemeindlichen<br />

Daten durch einen Dritten nicht mehr möglich ist.<br />

3.2 Zu Satz 2 (Veräußerung werthaltiger Vermögensgegenstände):<br />

3.2.1 Die Veräußerung zum vollen Wert<br />

Die Gemeinde darf ihre Vermögensgegenstände in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußern. Unter diesem<br />

Begriff ist der Wert zu verstehen, der sich bei der Veräußerung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes<br />

unter Berücksichtigung seiner Beschaffenheit und unter voller Ausnutzung aller Möglichkeiten am Markt erzielen<br />

lässt (Verkehrswert). Die Gemeinde hat daher vor Abschluss des Vertrages über die Veräußerung eines gemeindlichen<br />

Vermögensgegenstandes den Wert des betreffenden Vermögensgegenstandes und den dafür am<br />

Markt erzielbaren Preis zu ermitteln und im Rahmen ihres Veräußerungsangebotes zu berücksichtigen.<br />

Im örtlichen Einzelfall sind dazu ggf. auch mehrere Angebote einzuholen oder die Veräußerung des gemeindlichen<br />

Vermögensgegenstandes ist in allgemeiner Form bekannt zu geben. Lässt sich am Markt ein vertretbarer<br />

Preis für einen abzugebenden Vermögensgegenstand erzielen, ist eine unentgeltliche Veräußerung eines gemeindlichen<br />

Vermögensgegenstandes nicht zulässig. Außerdem darf auch eine Subventionierung (Preisnachlass)<br />

nicht dazu führen, dass unter Umständen dadurch eine unentgeltliche Veräußerung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes<br />

entsteht.<br />

3.2.2 Die Veräußerung unter vollem Wert<br />

Im Rahmen und zu Zwecken der gemeindlichen Aufgabenerfüllung kann in Ausnahmefällen durchaus eine Subventionierung<br />

in Form eines niedrigeren Preises bei der Veräußerung von gemeindlichen Vermögensgegenständen<br />

zulässig sein, soweit dieses gesetzlich zugelassen, z. B. durch § 11 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 BauGB oder<br />

aus Sicht der örtlichen Erfordernisse geboten ist. Eine Veräußerung unter dem vollen Wert eines Vermögensgegenstandes<br />

stellt dabei auch eine unentgeltliche Veräußerung dar, die grundsätzlich als nicht zulässig anzusehen.<br />

Als unentgeltliche Veräußerung gilt dabei auch die Abgabe eine gemeindlichen Vermögensgegenstandes<br />

zum symbolischen Kaufpreis, z. B. von einem Euro.<br />

Bei der Abgabe gemeindlicher Vermögensgegenstände muss an die Notwendigkeit einer Subventionierung allerdings<br />

ein strenger Maßstab angelegt werden und zwar unabhängig davon, aus welchen Gesichtspunkten heraus,<br />

eine Subventionierung durch die Gemeinde im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erfolgen soll. Die Unterschreitung<br />

des vollen Wertes eines Vermögensgegenstandes im Rahmen einer Veräußerung ist jedoch denkbar mit dem<br />

Ziel der Förderung des Wohnungsbaues, z. B. zur Deckung des Wohnbedarfs besonderer Bevölkerungsgruppen<br />

GEMEINDEORDNUNG 703


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

oder der ortsansässigen Bevölkerung, aber auch mit dem Ziel der Wirtschaftsförderung, der Förderung privater<br />

Träger im Sozialbereich u.a. In diesen Fällen entsteht durch die Subventionierung die Pflicht der Gemeinde, die<br />

bestimmungsgemäße Verwendung des unter seinem vollen Wert abgegebenen gemeindlichen Vermögensgegenstandes<br />

durch entsprechende vertragliche Regelungen sicherzustellen.<br />

Bei einer Veräußerung von Grundstücken in Baugebieten oder Gewerbegebieten der Gemeinde kann es deshalb<br />

z. B. im Rahmen des abzuschließenden Vertrages zu einer konkreten Baupflicht und Selbstnutzung durch den<br />

Käufer mit einer zeitlichen Selbstbindung kommen. Es ist grundsätzlich eine Beschränkung der Weiterveräußerung<br />

o.a. möglich, die bei einer Nichteinhaltung zur Abschöpfung eines durch den Ersterwerber erzielten Vorteils<br />

führen kann. Die Gemeinde kann in solchen Fällen den Erwerber oftmals Nachzahlungen verpflichten und muss<br />

dabei ihren Anspruch i.V.m. dem entstandenen Vorteil bestimmen.<br />

Für die Abgabe gemeindlicher Vermögensgegenstände bietet sich eine örtliche Dienstanweisung an, in der Vorgaben<br />

für die entgeltliche Veräußerung als auch für die unentgeltliche Abgabe bzw. die Entsorgung nicht mehr<br />

benötigter gemeindlicher Vermögensgegenstände einschließlich der Verantwortlichkeiten festgelegt werden. Die<br />

Dienstanweisung sollte daher z. B. Verfahrens- und Dokumentationsregelungen enthalten und kann besondere<br />

Regelungen nach Arten der gemeindlichen Vermögensgegenstände über deren entgeltliche und unentgeltliche<br />

Veräußerung treffen, z.B. über die Abgabe von EDV-Geräten, damit gesichert wird, dass ein Zugriff auf die zuvor<br />

darauf gespeicherten gemeindlichen Daten nicht mehr möglich ist.<br />

Im Rahmen der Abgabe gemeindlicher Vermögensgegenstände unter ihrem vollen Wert sollte aus Gründen der<br />

Klarheit spätestens im Jahresabschluss der Gemeinde nicht nur der erzielte Veräußerungserlös ausgewiesen,<br />

sondern ergänzend dazu auch die gewährte Subventionierung offengelegt werden. Dieses Gebot gilt vor allem<br />

dann, wenn die Subventionierung dazu führt, dass der erzielte Veräußerungserlös unterhalb des bilanzierten<br />

Ansatzes (Buchwert) liegt und deshalb für die Gemeinde aus dem Veräußerungsgeschäft ein Verlust entsteht, der<br />

zu Aufwendungen führt, die bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens unmittelbar mit der allgemeinen<br />

Rücklage zu verrechnen sind (vgl. § 43 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

3.2.3 Die Veräußerung als „Sale and lease back“-Geschäft<br />

Eine besondere Form der Veräußerung stellen „Sale and lease back“-Geschäfte dar. Durch solche Geschäfte der<br />

Gemeinde soll ein in ihrem Eigentum befindliches Objekt an eine Leasinggesellschaft mit dem Zweck veräußert<br />

werden, dieses im Rahmen eines Leasingvertrages wieder zurück zu mieten. Derartige Verträge sind unter haushaltsrechtlichen<br />

und haushaltswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Sie können zulässig sein, wenn im<br />

Rahmen dieser Vorschrift die Nutzung des Vermögensgegenstandes zur Aufgabenerledigung der Gemeinde<br />

langfristig gesichert ist und die Aufgabenerledigung dadurch wirtschaftlicher wird.<br />

Die stetige Aufgabenerledigung der Gemeinde ist i.d.R. dann als gesichert anzusehen, wenn das „Sale and lease<br />

back“-Geschäft zur Werterhaltung bzw. Wertsteigerung des Objekts bestimmt ist und der Gemeinde daran zur<br />

Aufgabenerfüllung ein langfristiges Nutzungsrecht sowie eine Rückkaufoption eingeräumt wird. Es liegt in der<br />

Hand der Gemeinde, im Rahmen einer geordneten Haushalts- und Wirtschaftsführung über solche Geschäfte zu<br />

entscheiden. Derartige Geschäfte sind jedoch unzulässig, wenn sie der Beschaffung von Finanzmittel dienen.<br />

3.2.4 Die bilanziellen Wirkungen der Veräußerung<br />

3.2.4.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Von der Gemeinde werden wegen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung nicht nur Vermögensgegenstände angeschafft<br />

oder hergestellt, sondern auch nicht mehr benötigte Vermögensgegenstände veräußert. Zu solchen ge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 704


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

meindlichen Geschäftsvorfällen gehört nicht nur, den erzielten Veräußerungserlös für den Vermögensgegenstand<br />

kassenmäßig zu erfassen, sondern auch die daraus vornehmenden bilanziellen Buchungen durchzuführen, denn<br />

der gemeindliche Geschäftsvorfall führt z. B. zur Erhöhung der liquiden Mittel der Gemeinde, ggf. zur Auflösung<br />

eines (für den Vermögensgegenstand) gebildeten Sonderpostens sowie zum Abgang des gemeindlichen Vermögensgegenstandes.<br />

Ein von der Gemeinde zur Veräußerung gehaltener Vermögensgegenstand dient nicht mehr der dauerhaften<br />

Nutzung im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung. Diese Sachlage kann zu einer Umgliederung ins gemeindliche<br />

Umlaufvermögen, aber auch ggf. zu einer Anpassung des Buchwertes des Vermögensgegenstandes<br />

durch außerplanmäßige Abschreibungen führen. Es ist zu beachten, dass vermögenswirksame Tauschgeschäfte<br />

der Gemeinde wie die Veräußerung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes zu behandeln sind. Die Gemeinde<br />

muss sich deshalb ein Gesamtbild über die tatsächlichen Verhältnisse einschließlich des Zeitpunktes des<br />

Abgangs des betreffenden Vermögensgegenstandes verschaffen, bevor sie den betreffenden Vermögensgegenstand<br />

nicht mehr bilanziert. Sie hat die notwendigen Buchungen in ihrer Finanzbuchhaltung vorzunehmen, damit<br />

ihr Jahresabschluss mit der Bilanz und dem Anlagenspiegel ein zutreffendes Bild der Vermögenslage der Gemeinde<br />

vermittelt.<br />

3.2.4.2 Die Verrechnungen mit der allgemeinen Rücklage<br />

Für die Gemeinde ist es zulässig, entstehende Aufwendungen aus dem Abgang und der Veräußerung von Vermögensgegenständen<br />

unmittelbar mit der allgemeinen Rücklage zu verrechnen. Derartige Aufwendungen sind in<br />

der Weise in die gemeindliche Ergebnisrechnung einzubeziehen, dass diese Aufwendungen nachrichtlich nach<br />

dem Jahresergebnis anzugeben sind. Die Aufwendungen berühren dadurch nicht die Haushaltsplanung und den<br />

Jahresabschluss der Gemeinde. Ihr nachrichtlicher Ausweis nach dem Jahresergebnis im Ergebnisplan und in<br />

der gemeindlichen Finanzrechnung steht dem nicht entgegen.<br />

Die Einbeziehung bewirkt deshalb auch nicht, dass solche Aufwendungen der Ausführung des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans zugerechnet werden müssen. Die Aufwendungen entstehen zwar aus der aufgegebenen Nutzung<br />

von gemeindlichen Vermögensgegenständen, sie sind jedoch nicht der laufenden Verwaltungstätigkeit der Gemeinde<br />

ergebniswirksam zuzurechnen. Die Gemeinde soll deshalb die Aufwendungen, die mit der allgemeinen<br />

Rücklage zu verrechnen sind, haushaltsmäßig auch nicht als überplanmäßige oder außerplanmäßige Aufwendungen<br />

behandeln, auch wenn diese Aufwendungen im Einzelfall die Voraussetzungen dafür erfüllen könnten<br />

(vgl. § 35 Absatz 5 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

4. Zu Absatz 4 (Überlassung von Vermögensgegenständen zur Nutzung):<br />

4.1 Der Verweis auf Absatz 3<br />

Nach der Vorschrift gelten für die Überlassung der Nutzung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes durch<br />

die Gemeinde an einen Dritten die Bestimmungen des § 90 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> sinngemäß. Es werden dabei alle<br />

Arten der Nutzungsüberlassung durch die Gemeinde erfasst, sodass auch zivilrechtliche Bestimmungen zur Anwendung<br />

kommen können, z. B. §§ 589 ff. BGB. Aus den abzuschließenden Vereinbarungen zwischen der Gemeinde<br />

als wirtschaftlichen Eigentümer und dem Dritten als Nutzenden ergeben sich dabei die Rechte und Verpflichten<br />

der beiden Vertragspartner für die festgelegte Zeit der Nutzungsüberlassung.<br />

In diesem Zusammenhang bedeutet die sinngemäße Anwendung der Bestimmungen des Absatzes 3 z. B. insbesondere,<br />

dass die Nutzungsüberlassung an einen Dritten regelmäßig entgeltlich erfolgen muss. Als voller Wert gilt<br />

dabei i.d.R., das dabei erzielbare marktübliche Entgelt. In Ausnahmefällen bei Vorliegen besonderer Gründe kann<br />

ggf. auch eine unentgeltliche Überlassung zulässig sein. Bei der Nutzungsüberlassung von Vermögensgegen-<br />

GEMEINDEORDNUNG 705


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

ständen an Dritte sind gleichzeitig auch die bilanziellen Wirkungen zu prüfen, z. B. ob der betreffende Vermögensgegenstand<br />

weiterhin in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen ist oder ob in Ausnahmefällen ggf. auch eine<br />

Verpflichtung der Gemeinde zu passivieren ist.<br />

4.2 Besondere Formen der Nutzungsüberlassung<br />

4.2.1 Der Nießbrauch<br />

Die Gemeinde kann einem Dritten einen gemeindlichen Vermögensgegenstand in der Weise überlassen, dass<br />

dadurch der Dritte berechtigt ist, die Nutzungen aus der Sache zu ziehen (vgl. § 1030 ff. BGB). Sie kann dabei<br />

den Nießbrauch auf einzelne Arten von Nutzungen beschränken. Vor der Überlassung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes<br />

an einen Dritten zur Nutzung muss deshalb die Gemeinde prüfen, ob sie diesen Vermögensgegenstand<br />

in absehbarer Zeit noch zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt und der Eigentümer bleiben muss.<br />

Sie darf zudem einen Vermögensgegenstand einem Dritten auch nicht unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Die<br />

Gemeinde bleibt in Fällen der Gewährung des Nießbrauchs an einem gemeindlichen Vermögensgegenstand<br />

i.d.R. der wirtschaftliche Eigentümer, sodass dieser Vermögensgegenstand weiterhin in der gemeindlichen Bilanz<br />

anzusetzen ist.<br />

In Ausnahmefällen kann ein Dritter als Nießbraucher gleichwohl der wirtschaftliche Eigentümer des betreffenden<br />

Vermögensgegenstandes sein, wenn er z. B. über die ihm eingeräumte Nutzungsbefugnis hinaus die tatsächliche<br />

Herrschaft über den gemeindlichen Vermögensgegenstand ausübt, z.B. weil ihm auch die Verwertungsbefugnis<br />

eingeräumt wurde. Soweit der Nießbraucher aber nicht das Recht hat, nach Belieben mit dem Vermögensgegenstand<br />

zu verfahren, trägt er auch nicht das wirtschaftliche Risiko einer Wertminderung oder kann aus möglichen<br />

Wertsteigerungen einen Nutzen ziehen. Die Gemeinde hat daher im Falle eines Nießbrauchs auch zu prüfen, ob<br />

sie nach der vertraglich vereinbarten Nutzungsüberlassung bei dem einem Dritten zur Nutzung zu überlassenen<br />

gemeindlichen Vermögensgegenstand weiterhin der wirtschaftliche Eigentümer ist.<br />

4.2.2 Die Vergabe von Erbbaurechten<br />

Die Überlassung der Nutzung eines Vermögensgegenstandes an einen Dritten stellt auch die Vergabe von Erbbaurechten<br />

durch die Gemeinde an Dritte dar. Durch das Erbbaurecht wird ein gemeindliches Grundstück in der<br />

Weise belastet, dass dem Erbbauberechtigten, zu dessen Gunsten die Belastung des Grundstücks erfolgt, das<br />

veräußerliche und vererbliche Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu<br />

haben (vgl. § 1 Absatz 1 ErbbauRG). Das Erbbaurecht kann sich dabei auch auf einen für das Bauwerk nicht<br />

erforderlichen Teil des Grundstücks erstrecken, sofern das Bauwerk wirtschaftlich die Hauptsache bleibt (vgl. § 1<br />

Absatz 2 ErbbauRG).<br />

Bei der Vergabe des Erbbaurechts durch die Gemeinde handelt es sich vielfach um ein unbebautes Grundstück,<br />

jedoch ist auch die Vergabe eines Erbbaurechtes bei bebauten Grundstücken möglich, wenn der Erbbauberechtigte<br />

das bestehende Gebäude mit übernimmt. Bei Erbbaurechtsgrundstücken besteht aber i.d.R. nur noch beim<br />

Grund und Boden ein wirtschaftliches Eigentum der Gemeinde. Die Überlassung eines Grundstückes an einen<br />

Dritten darf zudem nicht kostenlos erfolgen. Die Gemeinde erhält dafür, dass sie ihr Grundstück einem Dritten als<br />

Erbbauberechtigten zur Verfügung stellt, regelmäßig einen Erbbauzins über die Laufzeit des Vertrages (vgl. § 9<br />

Absatz 1 ErbbauRG). Zusätzlich entsteht durch die Eintragung als Erbbauzinslast ins Erbbaugrundbuch eine<br />

dingliche Wirkung. Auch kann mit einer Wertsicherungsklausel die Anpassung des Erbbauzinses auf Dauer bzw.<br />

für die Restlaufzeit des abgeschlossenen Vertrages durch die Gemeinde gesichert werden.<br />

Bei einer solchen Forderung ist zu beachten, dass in den Fällen, in denen das aufgrund eines Erbbaurechts errichtete<br />

Bauwerk Wohnzwecken dient, nur dann eine Änderung des Erbbauzinses verlangt werden kann bzw. ein<br />

GEMEINDEORDNUNG 706


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Anspruch auf Erhöhung des Erbbauzinses besteht, soweit dieses unter Berücksichtigung aller Umstände des<br />

Einzelfalles nicht unbillig ist. Ein Erhöhungsanspruch ist dabei regelmäßig als unbillig anzusehen, wenn und soweit<br />

die nach der vereinbarten Bemessungsgrundlage zu errechnende Erhöhung über die seit Vertragsabschluss<br />

eingetretene Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse hinausgeht. In solchen Fällen bleiben Änderungen<br />

der Grundstückswertverhältnisse i.d.R. außer Betracht.<br />

4.3 Die Übernahme fremder Vermögensgegenstände<br />

Die Gemeinde hat vielfach fremde Vermögensgegenstände in ihrem Besitz, die ihr wegen ihrer Ansprüche gegen<br />

den Eigentümer als Sicherung übereignet worden sind, denn nach den einschlägigen Vorschriften können aufgrund<br />

der Bestellung eines Pfandrechts oder auf andere Art und Weise fremde Vermögensgegenstände belastet<br />

oder von der Gemeinde in Sicherungsverwahrung genommen werden, um eine gemeindliche Forderung zu sichern.<br />

Bei dem bei der Gemeinde vorhandenen Pfandgut bleibt der Pfandgeber bis zur Verwertung der Eigentümer<br />

der Vermögensgegenstände.<br />

Der Pfandgeber kann in solchen Fällen i.d.R. davon ausgehen, dass er bei Erfüllung der gemeindlichen Ansprüche<br />

sein Pfandgut wieder zurück erhält. In diesen Fällen besteht daher kein Auseinanderfallen von rechtlichem<br />

und wirtschaftlichem Eigentum, sodass das Pfandgut dem Pfandgeber zuzurechnen und nicht in der gemeindlichen<br />

Bilanz anzusetzen ist. Die Gemeinde hat vielmehr ihre gesicherte Forderung in ihrer Bilanz anzusetzen.<br />

5. Zu Absatz 5 (Verwaltung von Gemeindewald):<br />

5.1 Die Verweise auf besondere rechtliche Regelungen<br />

5.1.1 Der Verweis auf die Gemeindeordnung<br />

Mit dieser Vorschrift ist für die Verwaltung des Gemeindewaldes ausdrücklich geregelt worden, dass für die Verwaltung<br />

und Bewirtschaftung von Gemeindewaldungen die Vorschriften der Gemeindeordnung gelten. Damit wird<br />

ausdrücklich verdeutlich, dass für die Gemeinde als Waldeigentümer oder Nutzungsberechtigter (Waldbesitzer)<br />

insbesondere die Vorschriften über das gemeindliche Vermögen zur Anwendung kommen sollen, denn der Gemeindewald<br />

stellt für die Gemeinde einen Vermögensgegenstand dar, der auch in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen<br />

ist. Daher gilt auch für den Erwerb von Waldflächen, dass diese von der Gemeinde nur erworben werden<br />

sollen, soweit diese zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben erforderlich sind oder werden.<br />

Der Gemeindewald ist als gemeindlicher Vermögensgegenstand von der Gemeinde pfleglich und wirtschaftlich zu<br />

verwalten. Für die Veräußerung von Gemeindewald gilt daher auch, dass die Gemeinde diesen nur veräußern<br />

darf, wenn der Wald zur Erfüllung von gemeindlichen Aufgaben in absehbarer Zeit nicht mehr benötigt wird. In<br />

den Fällen, in denen Gemeindewald veräußert werden soll, soll dieser i.d.R. nur zu seinem vollen Wert zu veräußern.<br />

Diese Vorgaben zur Abgabe von Gemeindewald gelten für die Überlassung der Nutzung eines Gemeindewaldes<br />

durch Dritte sinngemäß (vgl. Absatz 4 der Vorschrift).<br />

5.1.2 Der Verweis auf das Landesforstgesetz<br />

Mit der Vorschrift ist für den Gemeindewald ausdrücklich geregelt worden, dass für dessen Verwaltung und Bewirtschaftung<br />

die Vorschriften des Landesforstgesetzes gelten. Damit wird in den gemeinderechtlichen Vorschriften<br />

ausdrücklich verdeutlich, dass auch für die Gemeinde als Waldeigentümer oder Nutzungsberechtigter (Waldbesitzer)<br />

diese fachlichen Bestimmungen gelten und anzuwenden sind. Der Gemeindewald wird in diesem Zusammenhang<br />

hinsichtlich seiner Eigentumsart als Körperschaftswald bezeichnet (vgl. § 3 Absatz 2 BWaldG).<br />

GEMEINDEORDNUNG 707


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat dazu zu beachten, dass Wald jede mit Forstpflanzen bestellte Grundfläche ist und als Wald<br />

auch kahlgeschlagene oder verlichtete Grundflächen, Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen,<br />

Waldblößen und Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze, Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene<br />

und ihm dienende Flächen gelten (vgl. § 2 Absatz 1 BWaldG). Dagegen sind in der Flur oder im bebauten<br />

Gebiet gelegene kleinere Flächen, die mit einzelnen Baumgruppen, Baumreihen oder mit Hecken bestockt<br />

sind oder als Baumschulen verwendet werden, nicht als Wald anzusehen (vgl. § 2 Absatz 2 BWaldG).<br />

5.2 Die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes<br />

Im Sinne der besonderen Zwecksetzungen sind im Landesforstgesetz z.B. mehrere Bewirtschaftungsgrundsätze<br />

verankert, die von der Gemeinde bei dem in ihrem Eigentum stehenden Wald zu beachten hat (vgl. § 32 i.V.m. §<br />

31 LFoG <strong>NRW</strong>). Außerdem ist der Gemeindewaldbesitz nach einem Betriebsplan auf der Grundlage eines Betriebsgutachtens<br />

zu bewirtschaften (vgl. § 33 LFoG <strong>NRW</strong>), dessen Erfüllung durch einen jährlich aufzustellenden<br />

Wirtschaftsplan sichergestellt werden soll (vgl. § 34 LFoG <strong>NRW</strong>).<br />

Die Mindestinhalte von Betriebsplänen, Betriebsgutachten und Wirtschaftsplänen werden durch die „Erste Verordnung<br />

zur Durchführung des Landesforstgesetzes“ näher bestimmt. In diesem Zusammenhang gelten für die<br />

Bewirtschaftung des Gemeindewaldes als Teil des gemeindlichen Vermögens auch die allgemeinen Vorgaben<br />

über die Verwaltung des Gemeindevermögens. Außerdem ist von der Gemeinde eigenverantwortlich zu entscheiden,<br />

in welcher Verwaltungseinheit oder anderen Organisationsform die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes<br />

verantwortlich erfolgen soll.<br />

Für die Verwaltung von Gemeindewald findet aber auch das Gesetz über den Gemeinschaftswald im Land Nordrhein-Westfalen<br />

- Gemeinschaftswaldgesetz - Anwendung, durch das u.a. auch die Haushaltswirtschaft von<br />

Waldgenossenschaft, angelehnt an die gemeindliche Haushaltswirtschaft, im Einzelnen bestimmt wird. So hat z.<br />

B. der Wirtschaftsplan neben der Planung der forstlichen Maßnahme auch die voraussichtlich anfallenden Kosten<br />

sowie die voraussichtlichen Einnahmen aus der Nutzung der forstlichen Grundstücke aufzuweisen und ist der<br />

Aufsichtsbehörde zuzuleiten. Außerdem ist der Wirtschaftsplan nach Ablauf des Wirtschaftsjahres durch einen<br />

Wirtschaftsnachweis abzuschließen.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 708


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 91<br />

Inventur, Inventar und Vermögensbewertung<br />

(1) Die Gemeinde hat zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden<br />

und Rechnungsabgrenzungsposten in einer Inventur unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur<br />

vollständig aufzunehmen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten anzugeben<br />

(Inventar).<br />

(2) 1 Für die im Jahresabschluss auszuweisenden Wertansätze gilt:<br />

1. Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um die<br />

planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen anzusetzen,<br />

2. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Rückzahlungsbetrag, Rentenverpflichtungen, für die eine Gegenleistung<br />

nicht mehr zu erwarten ist, zu ihrem Barwert und Rückstellungen nur in Höhe des Betrages anzusetzen, der<br />

voraussichtlich notwendig ist.<br />

2<br />

Die Bewertung ist unter Anwendung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, soweit dieses Gesetz<br />

nichts anderes vorsieht, vorzunehmen.<br />

Erläuterungen zu § 91:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Inhalte der Inventur<br />

In der gemeindlichen Haushaltswirtschaft kommt der jährlich durchzuführenden Inventur eine große Bedeutung<br />

zu, denn das gemeindliche Inventar, das auf der örtlichen Inventur aufbaut, stellt eine Grundlage für die Jahresabschluss<br />

aufzustellende Bilanz dar. Es handelt sich bei der Inventur um ein unabhängig von der Buchführung zu<br />

erstellendes vollständiges, detailliertes Erfassen aller Vermögensgegenstände und Schulden zu einem Stichtag.<br />

Die Inventur hat den Zweck der Sicherung und Überwachung des gemeindlichen Vermögens und führt zum gemeindlichen<br />

Inventar.<br />

Von der Gemeinde sollen dabei die Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur (GoI) beachtet werden. Die Inhalte zur<br />

Inventur und zum Inventar sind in § 28 GemHVO <strong>NRW</strong> näher bestimmt worden. Für die Durchführung der Inventur<br />

werden zudem Inventurvereinfachungsverfahren zugelassen (vgl. § 29 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dabei ist zu berücksichtigen,<br />

dass die Bilanz im gemeindlichen Jahresabschluss auf dem festgestellten Inventar aufbaut und umfassend<br />

Auskunft über das Vermögen und die Schulden der Gemeinde geben soll. Die in der Gemeindeordnung und<br />

der Gemeindehaushaltsverordnung enthaltenen Vermögensvorschriften für die Gemeinden ergänzen sich in<br />

diesem Sinne gegenseitig.<br />

2. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur<br />

Bei der Durchführung der Inventur sind von der Gemeinde die Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur (GoI) zu<br />

beachten. Sie sollen u.a. gewährleisten, dass als Ergebnis der Inventur ein Verzeichnis (Inventar) aufgestellt wird.<br />

Dieses Verzeichnis muss sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden der Gemeinde mit ihren Werten aufweisen<br />

enthält. Im Rahmen der Inventur ist daher nicht nur auf das "Vorhandensein" der gemeindlichen Vermögensgegenstände<br />

und Schulden abzustellen. Es müssen auch die für die Bewertung der gemeindlichen Vermögensgegenstände<br />

und Schulden relevanten Informationen erfasst und dokumentiert werden. Diese Festlegungen<br />

erfordern, die Vermögensgegenstände und die Schulden der Gemeinde einzeln nach ihrer Art, nach ihrer Menge<br />

und mit ihrem Wert zu erfassen, wobei eine Stichprobeninventur, die Festbewertung und die Gruppenbewertung<br />

als Vereinfachungen zulässig sind.<br />

709


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Durchführung der gemeindlichen Inventur ist dabei in einem Inventurrahmenplan zu dokumentieren. Die Ergebnisse<br />

der Inventur aus der örtlichen Erfassung müssen daher in Zähllisten nachgewiesen werden. Die örtlichen<br />

Unterlagen sollen deshalb so ausgestaltet sein, dass diese Nachweise für einen sachverständigen Dritten<br />

innerhalb einer angemessenen Zeit nachprüfbar sind. Folgende Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur sollen<br />

auch für die Gemeinde gelten und bei der Durchführung der Inventur beachtet werden (vgl. Abbildung).<br />

GRUNDSATZ<br />

Grundsatz der<br />

Vollständigkeit der<br />

Bestandsaufnahme<br />

Grundsatz der<br />

Richtigkeit der<br />

Bestandaufnahme<br />

Grundsatz der<br />

Einzelerfassung<br />

der Bestände<br />

Grundsatz der<br />

Dokumentation und<br />

Nachprüfbarkeit<br />

Grundsatz der<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur (GoI)<br />

710<br />

INHALTE<br />

Nach diesem Grundsatz muss als Ergebnis der Inventur ein<br />

Verzeichnis (Inventar) vorliegen, das sämtliche Vermögensgegenstände<br />

und Schulden enthält. Bei der Erfassung sind daher<br />

die für die Bewertung relevanten Informationen mit zu erfassen.<br />

Nach diesem Grundsatz sind bei allen zulässigen Inventurverfahren<br />

die Art und die Menge sowie der Wert der Vermögensgegenstände<br />

und der Schulden zweifelsfrei festzustellen.<br />

Nach diesem Grundsatz sind die Vermögensgegenstände und<br />

die Schulden einzeln nach ihrer Art, nach ihrer Menge und<br />

ihrem Wert zu erfassen. Dabei sind eine Stichprobeninventur,<br />

die Festbewertung und die Gruppenbewertung zulässig.<br />

Nach diesem Grundsatz ist die Durchführung der Inventur in<br />

einem Inventurrahmenplan zu dokumentieren. Die Ergebnisse<br />

der Inventur sind in Zähllisten nachzuweisen. Diese Unterlagen<br />

müssen für einen sachverständigen Dritten in einer angemessenen<br />

Zeit nachprüfbar sein.<br />

Nach diesem Grundsatz muss der Aufwand, der im Rahmen der<br />

Durchführung der Inventur zu erwarten ist, in einem angemessenen<br />

Verhältnis zu den erwartenden Ergebnissen stehen.<br />

Zulässige Vereinfachungen bei der Inventur sind in die Beurteilung<br />

einzubeziehen.<br />

Abbildung 119 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur“<br />

Im Rahmen ihrer Inventur kann die Gemeinde abwägen, ob der örtliche Aufwand, der wegen der Durchführung<br />

der Inventur zu erwarten ist, in einem angemessenen Verhältnis zu den erwartenden Ergebnissen der Inventur<br />

steht. Sie soll in die Beurteilung auch die haushaltsrechtlich zulässigen Inventurvereinfachungen einbeziehen, z.<br />

B. die Nutzung von bei der Gemeinde vorhandener Verzeichnisse (vgl. § 29 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

3. Inventurformen<br />

3.1 Zeitliche Inventurformen<br />

Die Vorschrift sieht eine jährliche vollständige Erfassung der im wirtschaftlichen Eigentum der Gemeinde stehenden<br />

Vermögensgegenstände, der Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten, aber auch der Forderungen und<br />

Verbindlichkeiten vor. Dazu ist z. B. zu beachten, dass die gemeindlichen Vermögensgegenstände mindestens<br />

alle drei Jahre durch eine körperliche Inventur aufzunehmen sind. Vor diesem Hintergrund bestehen für die Gemeinde<br />

verschiedene Formen für die zeitliche Durchführung ihrer Inventur (vgl. Abbildung).


GEMEINDEORDNUNG<br />

INVENTURFORM<br />

Stichtagsinventur<br />

Vor- und nachverlegte<br />

Stichtagsinventur<br />

Permanente Inventur<br />

3.2. Die sachlichen Inventurformen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Zeitliche Inventurformen<br />

711<br />

DURCHFÜHRUNG<br />

Die Inventur wird in der Regel in Form der körperlichen<br />

Bestandsaufnahme und höchsten zehn<br />

Tage vor oder nach dem Abschlussstichtag durchgeführt.<br />

Die Inventur wird in der Regel in Form der körperlichen<br />

Bestandsaufnahme innerhalb der letzten<br />

drei Monate vor oder innerhalb der ersten beiden<br />

Monate nach dem Abschlussstichtag durchgeführt.<br />

Sie erfordert je nach tatsächlicher Durchführung<br />

eine Wertfortschreibung oder Wertrückrechnung.<br />

Die Inventur wird in Form der regelmäßigen Überprüfung<br />

der Buchbestände durch eine körperliche<br />

Bestandsaufnahme während des gesamten Jahres<br />

überprüft und der Bestand zum Abschlussstichtag<br />

in den Jahresabschluss übernommen. Sie<br />

erfordert eine ordnungsgemäße und zeitgerechte<br />

Buchführung.<br />

Abbildung 120 „Zeitliche Inventurformen“<br />

Die Vorschrift sieht eine jährliche vollständige Erfassung der im wirtschaftlichen Eigentum der Gemeinde stehenden<br />

Vermögensgegenstände vor. In dieser Inventur sind auch die gemeindlichen Forderungen und Verbindlichkeiten<br />

nach den örtlichen Inventurvorgaben zu erfassen. Der Gemeinde stehen für die sachliche Durchführung<br />

ihrer Inventur verschiedene Formen zur Verfügung. Diese Formen können gleichzeitig auch Inventurvereinfachungen<br />

nach § 29 GemHVO <strong>NRW</strong> darstellen (vgl. Abbildung).<br />

INVENTURFORM<br />

Körperliche Bestandsaufnahme<br />

Buch- und Beleginventur<br />

Sachliche Inventurformen<br />

DURCHFÜHRUNG<br />

Die mengenmäßige Erfassung der einzelnen<br />

körperlichen Vermögensgegenstände der Gemeinde<br />

erfolgt durch Zählen, Messen und Wiegen.<br />

Die gemeindliche Inventur kann anhand vorhandener<br />

Verzeichnisse über Bestand, Art, Menge<br />

und Wert an Vermögensgegenständen und Schulden<br />

der Gemeinde durchgeführt werden, wenn<br />

gesichert ist, dass dadurch die tatsächlichen Verhältnisse<br />

zutreffend erfasst werden (vgl. § 29<br />

Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese Form findet<br />

regelmäßig bei nichtkörperlichen Gegenständen<br />

statt.<br />

Abbildung 121 „Sachliche Inventurformen“


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Von der Gemeinde ist in den Fällen, in denen bei der gemeindlichen Inventur von einer Vereinfachungsmöglichkeit<br />

Gebrauch gemacht werden soll, zu prüfen, ob die örtlich jeweils vorgesehene Maßnahme zu mehr Wirtschaftlichkeit<br />

beiträgt als die Inventur nach den allgemein geltenden Bedingungen und der Grundsatz der Vollständig-<br />

keit sowie der Grundsatz der Richtigkeit nicht unvertretbar beeinträchtigt werden.<br />

4. Gemeindliche Vermögensgegenstände<br />

4.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Das gemeindliche Vermögen dient der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und muss dazu ein Potenzial zur Nutzenstiftung<br />

im Sinne des Gemeinwohls haben. Die Gemeinde hat deshalb ihre Vermögensgegenstände so zu verwalten,<br />

dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben (vgl. § 10 GO <strong>NRW</strong>). Zum Vermögen der Gemeinde im haushaltsrechtlichen<br />

Sinn ist die Gesamtheit aller Sachen und Rechte zu zählen, die der Gemeinde gehören oder<br />

zustehen oder bei denen sie wirtschaftlicher Eigentümer ist, soweit die Gegenstände nicht aufgrund ausdrücklicher<br />

Vorschriften von der Gemeinde gesondert zu behandeln sind. Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert<br />

sich bei der Auslegung des Begriffs „Vermögensgegenstand“, für den es keine gesetzliche Definition und keine<br />

einheitliche Begriffsbestimmung gibt, an der kaufmännischen Auslegung.<br />

In diesem Zusammenhang muss zudem beachtet werden, dass für das gemeindliche Vermögen der Nachweis<br />

einer ordnungsgemäßen Verwaltung, über den Werterhaltung und den Substanzverzehr zu erbringen ist, um die<br />

gemeindliche Aufgabenerfüllung dauerhaft zu gewährleisten (vgl. § 90 GO <strong>NRW</strong>). Diese haushaltsrechtlichen<br />

Vorgaben wirken sich auf die jährliche Haushaltswirtschaft der Gemeinde mit der Folge aus, dass eine Bilanz als<br />

gemeindliche Vermögensrechnung ein wichtiger Bestandteil des gemeindlichen Jahresabschlusses ist und zur<br />

Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde in erheblichem Umfang beiträgt (vgl. § 41 und 43 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Die in der Gemeindeordnung und der Gemeindehaushaltsverordnung enthaltenen Vermögensvorschriften<br />

über den Erwerb, die Veräußerung, den Nachweis und die bilanzielle Behandlung des Vermögens der Gemeinde<br />

ergänzen sich dabei gegenseitig.<br />

4.2 Die Bilanzierung<br />

Die Eignung eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes, in der gemeindlichen Bilanz dem Grunde nach angesetzt<br />

werden zu können, wird mit dem Begriff „Bilanzierungsfähigkeit“ umschrieben. Es wird aber auch der<br />

Begriff „Aktivierungsfähigkeit“ dafür verwendet, weil da das gemeindliche Vermögen auf der Aktivseite der Bilanz<br />

anzusetzen ist. Die Bilanzierung von gemeindlichen Vermögensgegenständen erfordert zudem das Vorliegen<br />

bestimmter Voraussetzungen bis es zu einem Wertansatz für einen Vermögensgegenstand in der Bilanz der<br />

Gemeinde kommen kann. Die Voraussetzungen werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Die Bilanzierung von gemeindlichem Vermögen<br />

Geschäftsvorfall<br />

▼<br />

Abstrakte<br />

Aktivierungsfähigkeit<br />

▼<br />

Konkrete<br />

Aktivierungsfähigkeit<br />

▼<br />

z.B. Erwerb eines Vermögensgegenstandes<br />

- Vermögensgegenstand gehört der Gemeinde<br />

- vor dem Abschlussstichtag erworben<br />

- Nutzenerwartung durch die Gemeinde<br />

- Nutzen wird der Gemeinde zufließen<br />

- Wert ist konkret ermittelbar<br />

712


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Bilanzierung von gemeindlichem Vermögen<br />

Allgemeine<br />

Ansatzvorgaben<br />

▼<br />

Spezielle<br />

Ansatzvorgaben<br />

▼<br />

- Bruttoansatz<br />

- keine Verrechnung mit Passivposten<br />

- Zuordnung zum bestimmten Bilanzposten<br />

- ggf. weitere Vorgaben<br />

Aktivierung<br />

Abbildung 122 „Die Bilanzierung von gemeindlichem Vermögen“<br />

Die Bilanzierung von Vermögensgegenständen der Gemeinde hat grundsätzlich nach der zivilrechtlichen Rechtslage<br />

zu erfolgen, weil im Regelfall der zivilrechtliche Eigentümer nach der Eigentumsübertragung auch die Sachherrschaft<br />

über einen Vermögensgegenstand innehat (vgl. § 903 BGB) und ihm dadurch eine uneingeschränkte<br />

Verfügungs- und Nutzungsberechtigung zusteht. Für die gemeindliche Bilanzierung muss diese Sachlage nicht<br />

zwingend gegeben sein. Für die gemeindliche Bilanzierung eines Vermögensgegenstandes ist es ausreichend,<br />

dass der Vermögensgegenstand der Gemeinde wirtschaftlich zugerechnet werden kann bzw. die Gemeinde der<br />

wirtschaftliche Eigentümer ist (vgl. § 33 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde hat daher insbesondere im<br />

Rahmen der Bilanzierung zu prüfen, on und in welchem Umfang sie bei Vermögensgegenständen die dabei bestehenden<br />

Chancen und Risiken trägt.<br />

4.3 Anschaffungskosten und Herstellungskosten<br />

Von der Gemeinde werden durch Anschaffung oder Herstellung vielfach neue Vermögenswerte erworben oder<br />

vorhandene Vermögenswerte vermehrt. Aus diesen gemeindlichen Geschäften entstehen Anschaffungskosten<br />

und Herstellungskosten für die Gemeinde, die bilanziell „Zugangswerte" darstellen, weil im Umfang der Anschaffungskosten<br />

oder Herstellungskosten die von der Gemeinde neu angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände<br />

erstmals wertmäßig bilanziert werden. Es bedarf daher einer zutreffenden Ermittlung bzw. Berechnung<br />

der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten der zu bilanzierenden Vermögensgegenstände unter<br />

Beachtung der haushaltsrechtlichen Kostenzuordnungen (vgl. § 33 Absatz 2 und 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Für die gemeindliche Bilanzierung müssen daher die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten konkret für<br />

den einzelnen Vermögensgegenstand ermittelt werden. Es ist dabei lediglich zur Kostenzuordnung die Festlegung<br />

erforderlich, ob eine Anschaffung oder Herstellung eines neuen Vermögensgegenstandes vorliegt. Bei Erweiterungen<br />

vorhandener Vermögensgegenstände ist von der Gemeinde eine Prüfung dahingehend vorzunehmen,<br />

ob durch die durchgeführten Maßnahmen für die Gemeinde Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand<br />

entstanden sind. Außerdem muss von der Gemeinde der Zeitpunkt des Übergangs bzw. der Übernahme des<br />

wirtschaftlichen Risikos bestimmt werden, um auch in zeitlicher Hinsicht eine zutreffende Bilanzierung eines Vermögensgegenstandes<br />

vornehmen zu können.<br />

Bei den gemeindlichen Herstellungskosten muss zudem geprüft werden, wer bei der Herstellung eines gemeindlichen<br />

Vermögensgegenstandes das wirtschaftliche Risiko trägt. Sofern die Gemeinde keine Eigenherstellung<br />

vornimmt, sondern eine Fremdherstellung erfolgt, stellt dieser Vorgang für die Gemeinde die Beschaffung von<br />

Leistungen Dritter dar. Außerdem können durch vorbereitende Maßnahmen bereits gemeindliche Anschaffungskosten<br />

vor dem eigentlichen Erwerb eines Vermögensgegenstandes durch die Gemeinde bzw. vor dem Übergang<br />

des Eigentums auf die Gemeinde entstehen. In besonderen Fällen können aber auch ebenso nach dem<br />

Anschaffungszeitpunkt noch nachträgliche Anschaffungskosten für die Gemeinde entstehen.<br />

713


4.4 Geringwertige Vermögensgegenstände<br />

GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Die geringwertigen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens der Gemeinde haben i.d.R. eine voraussichtliche<br />

Nutzungsdauer von mehr als einem Jahr. Ihr Wert ist jedoch so gering, dass eine Verteilung der Anschaffungs-<br />

oder Herstellungskosten auf die Nutzungsdauer zu hohem Aufwand führen würde. Unter Berücksichtigung<br />

des Grundsatzes der Wesentlichkeit ist für die Rechnungslegung über solche Vermögensgegenstände eine Vereinfachung<br />

zugelassen worden.<br />

Die geringwertigen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten,<br />

die 410 Euro nicht übersteigen, müssen selbstständig genutzt werden können und einer Abnutzung unterliegen,<br />

wenn von der Vereinfachung im Rechnungswesen Gebrauch gemacht werden soll. Bei der Bestimmung der<br />

Wertgrenze dieser Vermögensgegenstände sind nicht nur die Umsatzsteuer, sondern auch Rabatte und Skonti<br />

kostenmindernd zu berücksichtigen. Für die Beurteilung der selbstständigen Nutzungsfähigkeit kommt es darauf<br />

an, dass das betreffende Wirtschaftsgut nicht Teil einer Gesamtheit ist, z. B. einer Maschine.<br />

Es wird den Gemeinden ermöglicht, geringwertige Vermögensgegenstände im Jahr der Anschaffung oder Herstellung<br />

vollständig abzuschreiben (Sofortabschreibung). Sie können auch in Inventarlisten oder auf einem Sammelposten<br />

erfasst werden. Den geringwertigen Vermögensgegenständen kann ihr Abgang im Jahr des Zugangs<br />

unterstellt werden, auch wenn solche Wirtschaftsgüter im Einzelfall oder regelmäßig tatsächlich noch mehrere<br />

Jahre von der Gemeinde genutzt werden.<br />

4.5 Der „Erinnerungswert“ als Merkposten<br />

Der Grundsatz der Vollständigkeit, der bei der Bilanzierung von der Gemeinde zu beachten ist, verlangt, dass alle<br />

gemeindlichen Vermögensgegenstände, die zur Aufgabenerfüllung der Gemeinde genutzt werden, in der gemeindlichen<br />

Bilanz anzusetzen sind. Diese Vorgabe bedeutet, dass auch bereits voll abgeschriebene gemeindliche<br />

Vermögensgegenstände des Anlage- und des Umlaufvermögens, die gleichwohl noch von der Gemeinde im<br />

Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung genutzt werden, und daher für den Geschäftsbetrieb der Gemeinde fortbestehen<br />

bzw. diesem dienen, in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen sind.<br />

Nach diesem Grundsatz darf dabei für solche Vermögensgegenstände kein Null-Ansatz bei dem betreffenden<br />

Bilanzposten in der gemeindlichen Bilanz ausgewiesen werden, denn in der gemeindlichen Bilanz dürfen nur<br />

werthaltige Vermögensgegenstände angesetzt werden. Unter Beachtung dieser Vorgaben sind abgeschriebene,<br />

aber noch von der Gemeinde genutzte Vermögensgegenstände mit der kleinsten bilanziellen Werteinheit, also<br />

i.d.R. mit einem Betrag von einem Euro anzusetzen. Ein solcher Mindestwert für einen Ansatz in der gemeindlichen<br />

Bilanz wird in der Praxis als „Erinnerungswert“ und als "Merkposten" bezeichnet. Er ist entsprechend in der<br />

Buchführung der Gemeinde sowie in ihrem Inventar jeweils in der gleichen Höhe auszuweisen.<br />

Ein Erinnerungswert ist daher grundsätzlich bei allen Vermögensgegenständen der Gemeinde anzusetzen, die<br />

voll abgeschrieben sind, aber durch die Gemeinde wegen ihrer noch bestehenden Nutzungsfähigkeit in Gebrauch<br />

sind. Derartige Vermögensgegenstände sind durch die Gemeinde weiterhin zu aktivieren und müssen in der gemeindlichen<br />

Bilanz enthalten sein. Die Gemeinde kann anhand der örtlichen Verhältnisse eigenverantwortlich<br />

entscheiden, ob in ihrer Bilanz ein Merkposten von einem Euro für jeden einzelnen abgeschriebenen Vermögensgegenstand<br />

oder für die Vermögensgegenstände, die unter dem gleichen Bilanzposten anzusetzen sind,<br />

ausgewiesen wird. Es genügt z. B., wenn die Gemeinde für alle ihre abgeschriebenen PKW einen Euro in ihrer<br />

Bilanz ansetzt, statt für jeden PKW den Erinnerungswert von einem Euro anzusetzen.<br />

Solche bilanzielle Ansätze verstoßen nicht gegen den Grundsatz der Bilanzwahrheit. Sie sind auch nach den GoB<br />

erforderlich, weil ein Verzicht auf einen bilanziellen Ansatz von noch vorhandenen und von der Gemeinde genutzten<br />

Vermögensgegenständen nicht mit diesen Grundsätzen in Einklang steht. Bei einem Sammelansatz in der<br />

714


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

gemeindlichen Bilanz müssen aber die einzelnen abgeschriebenen, aber noch genutzten gemeindlichen Vermögensgegenstände<br />

im Inventar der Gemeinde mit dem Erinnerungswert erfasst und ausgewiesen sein.<br />

5. Gemeindliche Schulden<br />

5.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Der Begriff "Schulden" wird in vielfältiger Weise in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft verwendet. Grundsätzlich<br />

werden unter dem Begriff die bestehenden und die hinreichend sicher zu erwartenden wirtschaftlichen Belastungen<br />

der Gemeinde verstanden, die auf einer rechtlichen oder wirtschaftlichen Leistungsverpflichtung der Gemeinde<br />

beruhen und selbstständig bewertbar sowie abgrenzbar sind, d.h. nicht nur ein allgemeines Risiko für die<br />

künftige Haushaltswirtschaft der Gemeinde darstellen. Ausgehend von der Passivseite der Bilanz wird der Begriff<br />

„Schulden“ u.a. auch dadurch abgegrenzt, dass nicht das Eigenkapital und die Sonderposten sowie die passive<br />

Rechnungsabgrenzung dazu zu zählen sind.<br />

Die bei dieser Abgrenzung dann noch auf der Passivseite der gemeindlichen Bilanz verbleibenden Rückstellungen<br />

und Verbindlichkeiten der Gemeinde sollen dazu dienen, dass die Bilanz ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Schuldenlage der Gemeinde vermitteln kann, weil die gemeindlichen Verpflichtungen<br />

aufgezeigt werden. In diesem Zusammenhang ergänzen sich die in der Gemeindeordnung und der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

enthaltenen Vorschriften über die Aufnahme von Schulden bzw. Krediten, deren Nachweis<br />

und bilanzielle Behandlung gegenseitig. Diese Vorgaben wirken sich auf die jährliche Haushaltswirtschaft der<br />

Gemeinde mit der Folge aus, dass die Bilanz als Bestandteil des gemeindlichen Jahresabschlusses ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Schuldenlage zu vermitteln hat.<br />

5.2 Die Bilanzierung<br />

Die Eignung einer gemeindlichen Verpflichtung für einen Ansatz in der gemeindlichen Bilanz wird mit dem Begriff<br />

„Bilanzierung dem Grunde nach“ umschrieben oder auch als „Bilanzierungsfähigkeit“ bezeichnet. Es wird aber<br />

auch der Begriff „Passivierungsfähigkeit“ dafür verwendet, weil die gemeindlichen Schulden auf der Passivseite<br />

der gemeindlichen Bilanz anzusetzen sind. Die Gemeinde hat ihre Schulden grundsätzlich nach der zivilen<br />

Rechtslage zu bilanzieren, sodass die Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern bei ihr als Schuldner zu passivieren<br />

sind. Die Bilanzierung von gemeindlichen Schulden erfordert dabei das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen,<br />

die nachfolgend aufgezeigt werden (vgl. Abbildung).<br />

Die Bilanzierung von gemeindlichen Schulden<br />

Geschäftsvorfall<br />

▼<br />

Abstrakte<br />

Passivierungsfähigkeit<br />

▼<br />

Konkrete<br />

Passivierungsfähigkeit<br />

▼<br />

Allgemeine<br />

Ansatzvorgaben<br />

▼<br />

Spezielle<br />

- z. B. Eingehen von Verpflichtungen<br />

- bestehende Verpflichtung der Gemeinde<br />

- vor dem Abschlussstichtag entstanden<br />

- Erwartung eines Nutzenabflusses<br />

- Ressourcenabfluss bei der Gemeinde<br />

- Erfüllungsbetrag ist konkret ermittelbar<br />

- Bruttoansatz<br />

- keine Verrechnung mit Aktivposten<br />

- Zuordnung zum bestimmten Bilanzposten<br />

715


GEMEINDEORDNUNG<br />

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§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Bilanzierung von gemeindlichen Schulden<br />

Ansatzvorgaben<br />

▼<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Inventur und Inventar)<br />

1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

1.1.1 Die Verpflichtung zur jährlichen Inventur<br />

- ggf. weitere Vorgaben<br />

Passivierung<br />

Abbildung 123 „Die Bilanzierung von gemeindlichen Schulden“<br />

Die Vorschrift regelt die generelle Verpflichtung der Gemeinde, zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres unter<br />

Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur (GoI) eine Inventur durchzuführen und ein Inventar anzulegen.<br />

Diese Grundsätze sollen dazu beitragen, die gemeindliche Inventur so durchzuführen, dass ein Inventar<br />

erstellt und der Bilanz als Vermögensverzeichnis zugrunde gelegt werden kann. Gleichzeitig dienen diese<br />

Grundsätze dazu, dass in der Inventur eine vollständige, mengen- und wertmäßige Erfassung des Vermögens<br />

und der Schulden der Gemeinde erfolgt. Es ist daher ausdrücklich bestimmt worden, dass die Gemeinde den<br />

Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben haben (Inventar).<br />

Diese Vorgabe erfordert grundsätzlich eine körperliche Aufnahme (Inventur), bei der die Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Inventur, also Vollständigkeit, Richtigkeit, Dokumentation und Nachprüfbarkeit der Bestandsaufnahme,<br />

Einzelerfassung der Bestände, die gesonderte Erfassung der Forderungen und Verbindlichkeiten sowie der<br />

Grundsatz der Wirtschaftlichkeit Anwendung finden. Die Vorschrift ist dabei darauf ausgerichtet, dass die Gemeinde<br />

durch die Inventur einen Überblick über ihr gesamtes Vermögen erhält (vgl. § 28 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Gleichzeitig wird durch die gemeindliche Inventur eine Kontrolle und ein Vergleich mit den vorhandenen Buchungsunterlagen<br />

ermöglicht, sodass frühzeitig mögliche Differenzen entdeckt und die Ursachen dafür untersucht<br />

werden können. Der Inventur dient daher auch der Sicherung und Überwachung des gemeindlichen Vermögens.<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Inventur können die geringwertigen Vermögensgegenstände mit einem Wert unter<br />

410 Euro ohne Umsatzsteuer auch dahingehend erfasst werden, dass diese im Jahr ihrer Anschaffung oder Herstellung<br />

in gesonderte Inventarlisten aufgenommen oder auf einem Sammelposten (gesondertes Konto) gebucht<br />

werden können. Auf eine Erfassung solcher Vermögensgegenstände zu verzichten, weil ggf. kein Ansatz in der<br />

Bilanz erfolgen wird, ist für sich allein kein Grund, bestimmte Vermögensgegenstände aus der Inventur auszuschließen.<br />

Es sollen aber wirtschaftliche Gesichtspunkte bzw. der Aufwand der Erfassung aller Vermögensgegenstände<br />

bei der Bestimmung des örtlichen Inventurumfanges eine ausreichende Berücksichtigung finden.<br />

1.1.2 Die Zwecke des gemeindlichen Inventars<br />

Das gemeindliche Inventar ist eine wichtige Grundlage für die Aufstellung der gemeindlichen Bilanz im Rahmen<br />

des jährlichen Jahresabschlusses der Gemeinde. Es ist deshalb bestimmt worden, dass für den Schluss eines<br />

jeden Haushaltsjahres nicht nur die Vermögensgegenstände und Schulden vollständig aufzunehmen sind, sondern<br />

dabei auch der Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten anzugeben ist (Inventar).<br />

Dem gemeindlichen Inventar kommt damit sowohl eine besondere Ordnungsfunktion als auch eine Wertermittlungsfunktion<br />

zu. Diese Funktionen können jedoch nur gewährleistet werden, wenn die gemeindliche Inventur<br />

716


GEMEINDEORDNUNG<br />

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§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

ordnungsgemäß und vollständig durchgeführt wird. Ein Inventar der Gemeinde stellt dabei das Bindeglied zwischen<br />

den in der Inventur erfassten gemeindlichen Vermögensgegenständen und den gemeindlichen Schulden<br />

und deren Ansatz in der gemeindlichen Bilanz dar (vgl. Abbildung).<br />

Der Zusammenhang von Inventar und Bilanz<br />

INVENTAR<br />

Mengen- und Wertangaben zum<br />

gemeindliches Vermögen und Schulden<br />

Vermögensgegenstände werden<br />

nach ihren Arten erfasst<br />

Schulden werden<br />

nach ihren Arten erfasst<br />

Darstellung i.d.R. in Staffelform<br />

Interne Verwaltungsunterlage<br />

Nicht für Analysen vorgesehen<br />

717<br />

BILANZ<br />

Wertangaben über<br />

gemeindliches Vermögen und Schulden<br />

Vermögensgegenstände werden bei<br />

Bedeutung nach Arten angesetzt<br />

Schulden werden bei<br />

Bedeutung nach Arten angesetzt<br />

Darstellung in Kontoform<br />

Information für die Öffentlichkeit<br />

Geeignet für Bilanzanalysen<br />

Abbildung 124 „Der Zusammenhang von Inventar und Bilanz“<br />

Die haushaltsrechtliche Vorschrift enthält für die Gemeinde zudem auch wichtige Grundsätze, damit bei der Inventur<br />

als Bestandsaufnahme eine lückenlose, mengen- und wertmäßige Erfassung des Vermögens und der<br />

Schulden einer Gemeinde zum Schluss des Haushaltsjahres möglich wird. dar. Der Zusammenhang zwischen<br />

der Inventur, dem Inventar und der Bilanz der Gemeinde wird nachfolgend anhand der von der Gemeinde zu<br />

beachtenden Grundsätze schematisch aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Die Grundsätze für Inventur, Inventar und Bilanz der Gemeinde<br />

INVENTUR<br />

INVENTAR<br />

BILANZ<br />

Bestandsaufnahme Bestandsverzeichnis Vermögensstatus<br />

1. Lückenlose<br />

2. mengen- und wertmäßige<br />

3. Erfassung der<br />

Vermögensgegen-<br />

stände und Schulden<br />

4. zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt<br />

5. durch Inaugenschein-<br />

nahme (messen,<br />

zählen usw.<br />

Ergebnis<br />

der<br />

Inventur<br />

geht ein<br />

ins<br />

Inventar<br />

1. Mengen- und wertmäßige<br />

2. Einzeldarstellung der<br />

Vermögensgegenstände<br />

und Schulden<br />

3. in einer geordneten<br />

Zusammenstellung<br />

4. zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt<br />

Überleitung<br />

aus dem<br />

Inventar<br />

in die<br />

Bilanz<br />

1. Wertmäßige Darstellung<br />

2. mit betragsmäßiger Zusammen- <br />

Fassung gleichartiger Posten<br />

3. als Gegenüberstellung von<br />

Vermögen und Schulden<br />

sowie Eigenkapital<br />

4. zu einem Stichtag<br />

5. unter Fortschreibung<br />

der Werte aus laufenden<br />

Aufzeichnungen<br />

Abbildung 125 „Die Grundsätze für Inventur, Inventar und Bilanz der Gemeinde“


1.2 Die Anwendung bestimmter Begriffe<br />

1.2.1 Der Begriff „Vermögensgegenstand“<br />

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§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Vermögensgegenstand“, für<br />

den es keine gesetzliche Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, an der kaufmännischen Auslegung<br />

(vgl. § 33 GemHVO <strong>NRW</strong>). Im allgemeinen Wirtschaftsleben wird ein Wirtschaftsgut dadurch als Vermögensgegenstand<br />

charakterisiert, das mit ihm ein wirtschaftlicher Wert vorliegt, das Wirtschaftsgut selbstständig<br />

nutzungsfähig und bewertbar ist. Diese Kriterien ermöglichen grundsätzlich, Wirtschaftsgüter sowohl als Sachgesamtheit<br />

wie auch in ihren technischen Einzelteilen zu bewerten und zu bilanzieren. Diese Sachlage gilt auch für<br />

gemeindliche Vermögensgegenstände. Es kommt noch hinzu, dass ein gemeindlicher Vermögensgegenstand<br />

auch der Aufgabenerfüllung der Gemeinde dienen muss, sofern er nicht zum Verbrauch bestimmt ist.<br />

1.2.2 Der Begriff „Schulden“<br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Schulden“, für den es auch<br />

keine gesetzliche Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, ebenfalls an der kaufmännischen<br />

Auslegung. Im allgemeinen Wirtschaftsleben wird, ausgehend von der Passivseite der Bilanz, der Begriff dadurch<br />

abgegrenzt, dass nicht das Eigenkapital und die Sonderposten sowie die passive Rechnungsabgrenzung dazu zu<br />

zählen sind (vgl. § 41 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der Begriff "Schulden" wird dabei umfassend im Sinne von<br />

gemeindlichen Verpflichtungen verstanden und verwendet. Er wird vielfach nur als Obergriff verwendet, weil aus<br />

der Betrachtung der "gemeindlichen Schulden" auch eine andere inhaltliche Abgrenzung haushaltswirtschaftlich<br />

sachgerecht sein kann.<br />

1.2.3 Der Begriff „Rechnungsabgrenzungsposten“<br />

In der gemeindlichen Bilanz sind immer dann von der Gemeinde auch Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen,<br />

wenn nach dem Grundsatz der periodengerechten Abgrenzung nach Sache und Zeit die Ausgaben oder<br />

Einnahmen im abgelaufenen Haushaltsjahr erfolgt sind, die Aufwendungen oder Erträge jedoch erst den folgenden<br />

(späteren) Haushaltsjahren zuzurechnen sind. Die Beträge sollen dabei nicht geringfügig sein. Den Rechnungsabgrenzungsposten<br />

liegen dabei gemeindliche Geschäftsvorfälle oder Verträge zugrunde, bei denen die<br />

Leistung und die Gegenleistung von zeitbezogener Natur sind, jedoch in zeitlicher Hinsicht auseinanderfallen.<br />

Für den Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten in der gemeindlichen Bilanz muss daher der betreffende<br />

Zeitraum kalendermäßig bestimmbar sein. Er muss berechenbar sein und sich aus dem jeweils vorliegenden<br />

Sachverhalt oder dem gemeindlichen Geschäftsvorfall ergeben. Nur für derartige transitorische Vorgänge der<br />

Gemeinde dürfen die notwendigen Rechnungsabgrenzungsposten in der Bilanz der Gemeinde angesetzt werden,<br />

wenn die Voraussetzungen dafür bei der Gemeinde vorliegen.<br />

1.3 Die Nachvollziehbarkeit des Inventurverfahrens<br />

1.3.1 Allgemeine Voraussetzungen<br />

Bei der Planung, Vorbereitung, Durchführung, Überwachung und Auswertung der gemeindlichen Inventur sowie<br />

bei der Aufstellung des Inventars der Gemeinde sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu beachten.<br />

Daraus abgeleitet haben sich auf die Inventur bezogene Grundsätze entwickelt, die als Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Inventur (GoI) bei der Inventur zu beachten sind. Als zur Inventur gehörende Grundsätze gelten<br />

718


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die Grundsätze "Vollständigkeit", "Richtigkeit", "Klarheit" und "Dokumentation", die Nachprüfbarkeit der Bestandsaufnahme,<br />

die Einzelerfassung der Bestände und die Einzelbewertung sowie der Grundsatz "Wirtschaftlichkeit".<br />

Für die Durchführung der Inventur muss noch beachtet werden, dass die gemeindlichen Forderungen und Ver-<br />

bindlichkeiten getrennt von den Vermögensgegenständen der Gemeinde zu erfassen sind.<br />

1.3.2 Die Vollständigkeit der Bestandsaufnahme<br />

Als Ergebnis der Inventur muss ein Verzeichnis (Inventar) vorliegen, das sämtliche Vermögensgegenstände und<br />

Schulden enthält. Bei der Erfassung der Vermögensgegenstände sind alle für die Bewertung relevanten Informationen<br />

(qualitativer Zustand, Beschädigungen und Mängel, verminderte oder fehlende Verwertbarkeit) festzuhalten.<br />

Doppelerfassungen und Erfassungslücken müssen bereits bei der Inventurplanung ausgeschlossen werden.<br />

Für den Bereich der Schulden sind insbesondere die Vollständigkeit der Rückstellungen sowie ein Überblick über<br />

die wesentlichen Risiken sicherzustellen. Diese Sachlage führt dazu, dass neben den Vermögensgegenständen<br />

und Schulden auch alle sonstigen wichtigen Verträge bekannt und erfasst sein müssen, sofern daraus haushaltswirtschaftliche<br />

Auswirkungen entstanden sind oder entstehen. Die vollständig abgeschriebenen, aber noch<br />

von der Gemeinde genutzten Vermögensgegenstände sind mit einem Erinnerungswert nachzuweisen.<br />

1.3.3 Die Richtigkeit der Bestandsaufnahme<br />

Bei allen gemeindlichen Inventurverfahren sind die Art, die Menge und der Wert der einzelnen Vermögensgegenstände<br />

und Schulden der Gemeinde zweifelsfrei festzustellen. Welches Inventurverfahren vor Ort von der Gemeinde<br />

angewendet wird, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es sich um physisch erfassbare Vermögensgegenstände<br />

(körperliche Inventur) oder um nicht physisch erfassbare Vermögensgegenstände (Buch- oder Beleginventur)<br />

handelt. Zulässige Inventurvereinfachungsverfahren können dabei genutzt werden. Bei der Inventur ist<br />

auch das Vier-Augen-Prinzip umzusetzen, um die Richtigkeit der Bestandsaufnahme zu gewährleisten. Der<br />

Grundsatz der Richtigkeit erfordert auch, dass die Aufnehmenden über eine ausreichende Sachkunde verfügen<br />

müssen und dieses von der Gemeinde sichergestellt wird.<br />

1.3.4 Die Einzelerfassung der Bestände<br />

Die Pflicht zur Einzelerfassung der Bestände beinhaltet für die Gemeinde das Gebot, alle gemeindlichen Vermögensgegenstände<br />

und die Schulden der Gemeinde einzeln nach ihrer Art, der Menge und dem Wert durch eine<br />

Inaugenscheinnahme zu erfassen. Diese allgemeine Vorgabe bedeutet i.d.R. die Durchführung einer körperlichen<br />

Inventur, sofern nicht andere Inventurformen zulässig sind. Die Stichprobeninventur ist nur bei Vorliegen der<br />

damit verbundenen Voraussetzungen möglich (vgl. § 29 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Andererseits sind bei der Erfassung der gemeindlichen Vermögensgegenstände und Schulden die dafür zulässigen<br />

Bewertungsvereinfachungsverfahren zu berücksichtigen, z.B. die Festbewertung oder die Gruppenbewertung<br />

(vgl. § 34 Absatz 1 und 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Bei den geringwertigen Vermögensgegenständen kann die Gemeinde<br />

eigenverantwortlich entscheiden, in ob und in welcher Form ggf. eine Inventarisierung erfolgen soll. Die Gemeinde<br />

kann derartige Vermögensgegenstände z. B. in Inventarlisten oder auf einem Sammelposten erfassen.<br />

1.3.5 Die Dokumentation und Nachprüfbarkeit der Bestandsaufnahme<br />

Der Grundsatz der Nachprüfbarkeit der Bestandsaufnahme erfordert von der Gemeinde, dass die örtliche Vorgehensweise<br />

bei der Durchführung der Inventur im Inventurrahmenplan und die Ergebnisse der Inventur in Zähllis-<br />

719


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§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

ten und Inventarlisten zu dokumentieren sind. Ein sachverständiger Dritter muss sich innerhalb einer angemessenen<br />

Zeit einen Überblick über die Vorgehensweise und die Ergebnisse der Inventur verschaffen können. Es ist<br />

dazu nicht festgelegt worden, welches Maß an Sachverstand erforderlich sein muss, um die gemeindliche Tätigkeit<br />

im jeweils betroffenen Produkt- bzw. Aufgabenbereich beurteilen und nachvollziehen zu können.<br />

Allgemein wird aber davon auszugehen sein, dass ein sachverständiger Dritter ausreichende Kenntnisse über die<br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft bzw. das Rechnungswesen der Gemeinde besitzen muss, damit er die Ausführung<br />

der gemeindlichen Inventur und deren Ergebnis verstehen und beurteilen kann. Bei der Beurteilung, ob ein<br />

sachverständiger Dritter sich innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick über die Vorgehensweise und<br />

die Ergebnisse der gemeindlichen Inventur verschaffen kann, ist ebenfalls von den vorhandenen örtlichen Gegebenheiten<br />

auszugehen. In diesen Fällen wird auch die Größe der Gemeinde sowie die Größe und Komplexität der<br />

gemeindlichen Buchführung zu berücksichtigen sein.<br />

Hieraus ergibt sich u.a. auch, dass die gemeindlichen Unterlagen über die Inventur und die hierzu ergangenen<br />

Anweisungen und Organisationsregelungen sicher und geordnet aufzubewahren sind. Bei einer Buchinventur<br />

muss die Fortschreibung der Bestände ordnungsgemäß erfolgen, um dem genannten Grundsatz zu genügen. Die<br />

Aufbewahrungsfrist für Belege zur Inventur ist auf mindestens 6 Jahre festgesetzt. Die Frist für das Inventar beträgt<br />

10 Jahre (vgl. § 58 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.3.6 Der Grundsatz der Klarheit<br />

Bei der Inventur muss die Gemeinde auch den Grundsatz der Klarheit beachten. Sie muss bei der Gestaltung der<br />

Inventurunterlagen durch klare Bezeichnungen und Abgrenzungen gewährleisten, dass die einzelnen zu erfassenden<br />

gemeindlichen Vermögensgegenstände und Schulden durch Positionen und Posten eindeutig voneinander<br />

getrennt und aufgezeichnet werden können. Die erfassten Sachverhalte müssen in den Inventurunterlagen<br />

der Gemeinde so dargestellt werden können, dass sachverständige Dritte die vorgenommene Erfassung der<br />

gemeindlichen Vermögensgegenstände und Schulden in angemessener Zeit nachvollziehen können.<br />

1.3.7 Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit<br />

Der Aufwand der Gemeinde, der im Rahmen der Durchführung der Inventur entstehen kann, muss in angemessener<br />

Relation zu den zu erwartenden Ergebnissen stehen. Zulässige Vereinfachungen sind von der Gemeinde<br />

bereits bei der Inventurplanung zu prüfen und ggf. zu berücksichtigen, z. B. die vorverlegte oder eine laufende<br />

Inventur unter Berücksichtigung des Abschlussstichtages sowie Abweichungen vom vorrangigen Grundsatz der<br />

Einzelbewertung, z. B. durch die Festbewertung. Es sind auch zulässige Einschränkungen bei der geforderten<br />

Genauigkeit der Inventur zu prüfen, z. B. wegen des Grundsatzes der Vollständigkeit der Erfassung.<br />

Von der Gemeinde muss dazu eigenverantwortlich beurteilt werden, ob das im Vergleich zu einer genaueren<br />

Erfassung entstehende Abweichungsrisiko im Sinne des voraussichtlichen Ergebnisses tragfähig ist. Bei dieser<br />

Beurteilung ist auch der Grundsatz "Wesentlichkeit" zu berücksichtigen, denn es ist örtlich abzuwägen, ob durch<br />

den aus Wirtschaftlichkeitsgründen geringeren Aufwand möglicherweise wichtige Informationen weggelassen<br />

werden.<br />

Es kann aber auch eine fehlerhafte Darstellung entstehen, wegen der die Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

in ihren wirtschaftlichen Entscheidungen beeinflusst werden können. Im Zweifelsfall ist für die Gemeinde<br />

erforderlich, zutreffende Informationen über in der Inventur entstandene Abweichungen zu geben, z. B. im<br />

Anhang im gemeindlichen Jahresabschluss (vgl. § 44 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dabei sollte von der Gemeinde ggf. geprüft<br />

werden, ob wegen notwendig gewordener Entscheidungen ggf. eine überschlägige sachgerechte Ermittlung<br />

vorgenommen werden soll.<br />

720


1.4 Die Aufstellung des Inventars<br />

1.4.1 Die Verpflichtung zur Aufstellung<br />

GEMEINDEORDNUNG<br />

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§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Vorgabe in der Vorschrift, den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben, die in<br />

der Inventur zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres erfasst wurden (Inventar), verpflichtet die Gemeinde, aus<br />

ihrer Inventur heraus das gemeindliche Inventar aufzustellen. Das Inventar dient der Abstimmung der Ergebnisse<br />

der gemeindlichen Inventur mit der Buchführung der Gemeinde und einer zutreffenden Darstellung der Vermögens-<br />

und Schuldenlage der Gemeinde im gemeindlichen Jahresabschluss.<br />

Die Gemeinde hat daher das Inventar zeitnah zum Abschlussstichtag 31. Dezember aufzustellen, denn es bildet<br />

die Ausgangsgrundlage für die von der Gemeinde aufzustellende Bilanz und den Anhang. Die Ordnungsmäßigkeit<br />

der Buchführung erfordert, dass die örtlich bestimmten Verantwortlichen das in den Inventarlisten dargestellte<br />

Ergebnis oder entsprechend ihrer ausgeübten Verantwortlichkeiten einzelne Teile des gemeindlichen Inventars<br />

zu unterzeichnen haben.<br />

1.4.2 Die Inhalte des Inventars<br />

Nach der Prüfung und Kontrolle der Zähllisten und der Übertragung oder Zusammenfassung in einer "Inventarliste"<br />

sind durch die Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden die vorläufigen Bilanzwerte<br />

unter Beachtung der gemeindlichen Bilanzierungsgrundsätze zu ermitteln. Dabei müssen bis zur endgültigen<br />

Erstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses alle bewertungsrelevanten Informationen von der Gemeinde<br />

berücksichtigt werden. Nach der jeweiligen Entscheidung, ob ein gemeindlicher Vermögensgegenstand und eine<br />

Verbindlichkeit zu bilanzieren ist, muss die Frage geklärt werden, mit welchen Werten diese Gegenstände in der<br />

gemeindlichen Bilanz anzusetzen sind.<br />

Nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften können unterschiedliche Wertbegriffe zur Anwendung kommen, sodass<br />

von der Gemeinde zu prüfen ist, welche Wertgrößen für einen Ansatz in der gemeindlichen Bilanz heranzuziehen<br />

sind. Die besonderen Wertgrößen, nach denen die Vermögensgegenstände und Schulden der Gemeinde<br />

erstmalig in der gemeindlichen Eröffnungsbilanz anzusetzen waren, z. B. nach dem vorsichtig geschätzten Zeitwert,<br />

sind dabei außer Betracht zu lassen. Folgende Wertgrößen können für die Aufstellung des Inventars durch<br />

die Gemeinde relevant sein (vgl. Abbildung).<br />

Die Wertbegriffe für die gemeindliche Bilanzierung<br />

BEZEICHNUNG<br />

Anschaffungskosten<br />

Barwert<br />

Beizulegender Wert<br />

Gewogener Durchschnittswert<br />

Herstellungskosten<br />

721<br />

VORSCHRIFT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong>, § 33 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong>, § 36 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 35 Absatz 5 und 7 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 34 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong>, § 33 GemHVO <strong>NRW</strong>


GEMEINDEORDNUNG<br />

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§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Wertbegriffe für die gemeindliche Bilanzierung<br />

BEZEICHNUNG<br />

Rückzahlungsbetrag<br />

722<br />

VORSCHRIFT<br />

§ 91 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 126 „Die Wertbegriffe für die gemeindliche Bilanzierung“<br />

Zur Gestaltung des Inventars enthält die haushaltsrechtliche Vorschrift keine Formvorschriften. Die Beachtung<br />

der GoB bei der Aufstellung des Inventars verlangt eine Klarheit, Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit in der<br />

Darstellung, sodass die inhaltliche und die formale Gliederung des Inventars der Gemeinde diesen Anforderungen<br />

entsprechen muss. Für das gemeindliche Inventar bietet sich das Führen getrennter Verzeichnisse für das<br />

Vermögen und die Schulden der Gemeinde an, um die vorzunehmende Überleitung in die gemeindliche Bilanz zu<br />

erleichtern. Für die Untergliederung der Verzeichnisse bietet sich deshalb eine Orientierung an der Mindestgliederung<br />

der gemeindlichen Bilanz bzw. an der örtlich vorgesehenen Bilanzgliederung an. Dadurch wird eine besondere<br />

Überleitung der Angaben aus dem Inventar in die gemeindliche Bilanz vermieden.<br />

2. Zu Absatz 2 (Grundsätze für die Bilanzierung):<br />

2.01 Bilanzierungsentscheidungen<br />

Die Bilanzierung des gemeindlichen Vermögens und der Schulden im gemeindlichen Jahresabschluss ist von der<br />

Gemeinde grundsätzlich nach der zivilrechtlichen Rechtslage vorzunehmen. Die Gemeinde hat einen Vermögensgegenstand<br />

aber auch dann in ihre Bilanz aufzunehmen, wenn sie das wirtschaftliche Eigentum daran innehat<br />

und dieser selbstständig verwertbar ist (vgl. § 33 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Aus dieser Festlegung werden<br />

das Entstehen, der Erwerb und die Übertragung an Dritte, aber auch das Erlöschen von Vermögen und Schulden<br />

in bilanzieller Hinsicht abgeleitet. Vor der eigentlichen Bewertung von gemeindlichem Vermögen oder Schulden<br />

sind aber bereits von der Gemeinde im Einzelfall notwendige Entscheidungen über die Aktivierung oder die Passivierung<br />

zu treffen (vgl. Abbildung).<br />

Der Struktur der gemeindlichen Bilanzierungsentscheidung<br />

FORMEN<br />

Aktivierungs- oder Passivierungsfähigkeit<br />

Aktivierungs- oder Passivierungsverbot<br />

Aktivierungs- oder Passivierungsgebot<br />

Aktivierungs- oder Passivierungswahlrecht<br />

PRÜFUNGSFRAGE<br />

Ist der gemeindliche Vermögensgegenstand überhaupt<br />

bilanzierungsfähig?<br />

Ist die Bilanzierung von gemeindlichen Vermögenswerten<br />

oder Schulden verboten?<br />

Sind das gemeindliche Vermögen oder die Schulden<br />

aufgrund der haushaltsrechtlichen Vorschriften<br />

oder der GoB bilanzierungspflichtig?<br />

Besteht ein Bilanzierungswahlrecht, durch das die<br />

Gemeinde die Entscheidung obliegt, ob gemeindliches<br />

Vermögen oder Schulden anzusetzen sind?<br />

Abbildung 127 „Die Struktur der gemeindlichen Bilanzentscheidung“


GEMEINDEORDNUNG<br />

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§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Im Zusammenhang mit der gemeindlichen Aktivierung oder Passivierung ist zu berücksichtigen, dass z. B. die<br />

Forderungen grundsätzlich beim Gläubiger als Anspruchsberechtigten zu aktivieren und die Verbindlichkeiten<br />

entsprechend beim Schuldner zu passivieren sind. Der jährliche Abschlussstichtag für den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

stellt dabei keinen willkürlichen Schnitt durch das gemeindliche Verwaltungshandeln bzw. die Geschäftstätigkeit<br />

der Gemeinde dar, auch wenn unmittelbar zuvor und danach von der Gemeinde haushaltwirtschaftliche<br />

Erträge erzielt werden, Aufwendungen entstehen sowie Zahlungen eingehen und geleistet werden.<br />

2.1 Zu Satz 1 (Grundsätze für Vermögen und Verbindlichkeiten):<br />

2.1.1 Zu Nummer 1 (Beachtung des Anschaffungswertprinzips):<br />

2.1.1.1 Die Begriffe „Anschaffungskosten“ und „Herstellungskosten“<br />

2.1.1.1.1 Allgemeine Sachlage<br />

Durch diese Vorschrift werden der Gemeinde wichtige Grundsätze für die Bewertung ihrer Vermögensgegenstände<br />

auferlegt, die sich auch auf die gemeindliche Bilanzierung auswirken. Der erste Grundsatz in dieser Vorschrift<br />

legt fest, dass gemeindliche Vermögensgegenstände höchstens mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten,<br />

vermindert um die planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen, in der Bilanz der Gemeinde zum<br />

Abschlussstichtag anzusetzen sind.<br />

Die Anschaffungs- und Herstellungskosten bilden deshalb die wertmäßige Obergrenze für die Bewertung des<br />

gemeindlichen Vermögens im Jahresabschluss der Gemeinde (Anschaffungskostenprinzip). Sie sind bis zur Veräußerung<br />

oder dem Abgang eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes als Ausprägung des Realisationsprinzips<br />

und unter der Berücksichtigung von planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen fortzuführen<br />

und zu jedem Abschlussstichtag als Buchwert in der gemeindlichen Bilanz auszuweisen. Im nachfolgenden<br />

Schema werden die Zusammenhänge zwischen den Anschaffungskosten und den Herstellungskosten für das<br />

gemeindliche Vermögen aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Herstellungs-<br />

aufwand<br />

Herstellungskosten<br />

Zu aktivierender<br />

Aufwand<br />

Bilanz<br />

betroffen<br />

Anschaffungskosten und Herstellungskosten<br />

Erweiterungs-<br />

aufwand<br />

oder<br />

wesentliche<br />

Verbesserung<br />

(anschaffungsnaher<br />

Herstellungsaufwand)<br />

Ab-<br />

schrei-<br />

bung<br />

nach<br />

Nutzung<br />

Erhaltungs-<br />

aufwand<br />

(Aufwendungen<br />

für Instandhaltung,<br />

die durch die<br />

gewöhnliche<br />

Nutzung<br />

veranlasst ist)<br />

723<br />

Anschaffungskosten<br />

Geringwertige<br />

Vermögens-<br />

gegenstände<br />

(GVG)<br />

unter 410 €<br />

Laufender Aufwand<br />

(Sofortabschreibung; keine Aktivierung)<br />

Ergebnisrechnung<br />

betroffen<br />

Abbildung 128 „Anschaffungskosten und Herstellungskosten“<br />

Kein GVG;<br />

Anlagevermögen<br />

Zu aktivie-<br />

render<br />

Aufwand<br />

Bilanz<br />

betroffen<br />

Ab-<br />

schrei-<br />

bung<br />

nach<br />

Nut-<br />

zung


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Der in der Vorschrift ausdrücklich enthaltene Begriff „höchstens“ begrenzt dabei die Anschaffungs- und Herstellungskosten<br />

eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes nicht nur nach oben (Wertobergrenze), sondern auch<br />

nach unten (Wertuntergrenze). Bei jedem Zugang von Vermögensgegenständen bei der Gemeinde sind diese zu<br />

ihren vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten zu bilanzieren. Eine Fortführung des bilanzierten Wertansatzes<br />

nach Wiederbeschaffungskosten zum Ausgleich von inflationären Effekten und technischem Fortschritt im<br />

Zeitablauf der Nutzung eines Vermögensgegenstandes ist aufgrund der haushaltsrechtlichen Vorschrift für die<br />

Gemeinde generell ausgeschlossen.<br />

2.1.1.1.2 Der Begriff „Anschaffungskosten“<br />

Unter den Anschaffungskosten werden alle geleisteten Aufwendungen der Gemeinde verstanden, die notwendig<br />

sind, um einen Vermögensgegenstand für die gemeindliche Aufgabenerfüllung zu erwerben und diesen in einen<br />

betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Die entstandenen Aufwendungen müssen dabei dem Vermögensgegenstand<br />

zugerechnet werden können (vgl. § 33 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die gemeindlichen Anschaffungskosten<br />

setzen sich daher aus verschiedenen Elementen bzw. Kosten zusammen (vgl. Abbildung).<br />

Die Zusammensetzung der gemeindlichen Anschaffungskosten<br />

Anschaffungspreis<br />

+ Anschaffungsnebenkosten<br />

+ Nachträgliche Anschaffungskosten<br />

- Anschaffungskostenminderungen<br />

Anschaffungskosten<br />

Kaufpreis<br />

z.B. Bezugskosten, Maklergebühren u.a.<br />

z.B. Umbau, Ausbau, wertverbessernde Maßnahmen<br />

z.B. Rabatte, Skonti u.a.<br />

Ermittelter Betrag<br />

Abbildung 129 „Die Zusammensetzung der gemeindlichen Anschaffungskosten“<br />

2.1.1.1.3 Der Begriff „Herstellungskosten“<br />

Die gemeindlichen Herstellungskosten beinhalten alle geleisteten Aufwendungen der Gemeinde, die notwendig<br />

einen Vermögensgegenstand herzustellen. Sie beinhalten alle Kosten, die durch den Verbrauch von Gütern oder<br />

Dienstleistungen für die Herstellung, Erweiterung oder Verbesserung des Vermögensgegenstandes verursacht<br />

werden und geben daher den Wert von selbst erstellten Vermögensgegenständen wieder (vgl. § 33 Absatz 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Das nachfolgende Schema zeigt die Zusammensetzung der zulässigen gemeindlichen Herstellungskosten<br />

auf (vgl. Abbildung).<br />

Die Zusammensetzung der gemeindlichen Herstellungskosten<br />

Materialeinzelkosten<br />

+ Materialgemeinkosten<br />

+ Fertigungseinzelkosten<br />

Materialkosten, die direkt zurechenbar sind<br />

z.B. Abschreibungen als Kosten im Materialbereich,<br />

die nicht direkt zurechenbar sind<br />

z.B. Fertigungslöhne, die direkt zurechenbar<br />

724


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Zusammensetzung der gemeindlichen Herstellungskosten<br />

+ Fertigungsgemeinkosten<br />

+ Sonderkosten der Fertigung<br />

Herstellungskosten<br />

sind<br />

z.B. Energiekosten als nicht zurechenbare<br />

Kosten im Fertigungsbereich<br />

z.B. auftragsbezogene Kosten wegen Sonderanfertigungen<br />

Ermittelter Betrag<br />

Abbildung 130 „Die Zusammensetzung der gemeindlichen Herstellungskosten“<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Herstellungskosten können nur aufwandsgleiche Kosten für die Herstellung der<br />

Betriebsbereitschaft eines gemeindlichen Vermögensgegenstandes berücksichtigt werden (vgl. § 33 Absatz 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Es besteht dabei einerseits ein Wahlrecht für die Gemeinde, denn sie über die Einbeziehung<br />

von Materialgemeinkosten und Fertigungsgemeinkosten in ihre Herstellungskosten eigenverantwortlich entscheiden.<br />

Andererseits ist es für die Gemeinde nicht zulässig, auch andere allgemeine Kosten zu berücksichtigen, z.<br />

B. allgemeine Verwaltungskosten, Aufwendungen für soziale Angelegenheiten. Es dürfen aber auch keine kalkulatorischen<br />

Kosten berücksichtigt werden.<br />

2.1.1.2 Die Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens<br />

Die Nutzung der Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens durch die Gemeinde im Rahmen ihrer<br />

Aufgabenerfüllung erfordert, die dadurch entstehenden Wertminderungen beim Ansatz der Vermögensgegenstände<br />

in der jährlichen Bilanz der Gemeinde zu berücksichtigen. Diese ressourcenbezogene Handhabung bei<br />

der bilanziellen Wertfortschreibung des Sachanlagevermögens erhält die Aussagekraft der gemeindlichen Bilanz<br />

und ihre Aktualität.<br />

Der durch die Abnutzung eines Vermögensgegenstandes entstehende tatsächliche Ressourcenverbrauch der<br />

Gemeinde im Haushaltsjahr wird dabei im Rahmen der Ergebnisrechnung bzw. der produktorientierten Teilrechnungen<br />

nachgewiesen. Die flächendeckende Ermittlung und die Buchung von Abschreibungen als Wertminderungen<br />

des Sachanlagevermögens sind somit notwendig und gerechtfertigt. Die Vornahme von Abschreibungen<br />

muss den GoB entsprechen.<br />

2.1.1.3 Die Aktivierung von erhaltenen Sachleistungen<br />

Die Gemeinde hat bei einer Schenkung in Form von Sachleistungen die für ihre Aufgabenerfüllung erhaltenen<br />

Vermögensgegenstände in ihrer Bilanz als Vermögenszugang zu aktivieren. Es ist in diesen Fällen nicht zulässig,<br />

einen erhaltenen Vermögensgegenstand nur mit dem Erinnerungswert zu bilanzieren, weil der Gemeinde aus<br />

dem Geschäftsvorfall keine tatsächlich zu zahlenden Anschaffungskosten entstanden sind. Die Gemeinde muss<br />

die erhaltenen Vermögenswerte vielmehr sowie in ihrem vollen wertmäßigen Umfang bilanzieren und ggf. auch<br />

die damit verbundenen Verpflichtungen. Sie muss daher für solche Vermögensgegenstände die Anschaffungskosten<br />

ermitteln, die von ihr im Zeitpunkt des Erwerbs hätten aufgewendet werden müssen, auch wenn ihr durch<br />

die Hingabe eines Dritten die eigene Finanzierung dieses Vermögens erspart blieb.<br />

Diese Sachlage zeigt sich auch dadurch, dass für solche Vermögensgegenstände als „zugewendete“ Sachen ein<br />

entsprechender Sonderposten zu passivieren ist. Der ermittelte aktuelle Zeitwert des erhaltenen Vermögensgegenstandes<br />

stellt dabei den aktivierungsfähigen Anschaffungswert dar und ist auch als Wertansatz für den Sonderposten<br />

zu übernehmen. Diese Sachlage gilt entsprechend auch bei Straßen, die im Rahmen einer Umwid-<br />

725


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

mung (Vermögensübertragung ohne Gegenleistungsverpflichtung) in das Eigentum einer Gemeinde übergehen,<br />

z. B. eine Kreisstraße wird Gemeindestraße. In diesen Fällen ist eine getrennte Bilanzierung von Straßengrundstück<br />

und Straßenkörper vorzunehmen und entsprechend sind die Sonderposten anzusetzen.<br />

2.1.2 Zu Nummer 2 (Ansatz gemeindlicher Verpflichtungen):<br />

2.1.2.1 Der Erfüllungsbetrag als Bilanzansatz<br />

Durch diese Vorschrift werden der Gemeinde wichtige Grundsätze für den Ansatz ihrer Verpflichtungen in ihrer<br />

Bilanz vorgegeben, die von ihr bei der Bilanzierung zu beachten sind. Es werden dabei in der Vorschrift unterschiedliche<br />

Begriffe benutzt. Die gemeindlichen Verbindlichkeiten sind z. B. in der Bilanz der der Gemeinde zu<br />

ihrem Rückzahlungsbetrag anzusetzen, die gemeindlichen Rentenverpflichtungen gegenüber Dritten, für die eine<br />

Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist, zu ihrem Barwert. Aus diesen Vorgaben ist jedoch insgesamt ableitbar,<br />

dass unter Einbeziehung des Vorsichtsprinzips grundsätzlich der künftige Erfüllungsbetrag den zutreffenden<br />

Wertansatz für die Gemeinde darstellen soll. Diese Einschätzung wird dadurch belegt, dass für die von der Gemeinde<br />

zu bildenden Rückstellungen die Vorschrift den Grundsatz enthält, dass diese in Höhe des Betrages<br />

anzusetzen sind, der voraussichtlich zukünftig notwendig ist, um die gemeindlichen Verpflichtungen zu erfüllen.<br />

Bei dieser Bilanzierung findet aufgrund des Vorsichtsprinzips findet zudem das Höchstwertprinzip Anwendung.<br />

Die Verwendung des Begriffs „Erfüllungsbetrag“ beinhaltet stärker als die Begriffe „Rückzahlungsbetrag“ oder<br />

„Betrag, der voraussichtlich notwendig ist“, dass die künftig von der Gemeinde zu erbringenden Leistungen die<br />

sachgerechte Grundlage des Passivansatzes für gemeindliche Rückstellungen sein soll. Dieser Bilanzansatz ist<br />

damit auch unabhängig davon, ob die Gemeinde künftig ihre Verpflichtung durch Geldleistungen oder durch<br />

Sachleistungen zu erfüllen hat. Der Umfang der zum Abschlussstichtag zu bilanzierenden gemeindlichen Rückstellungen<br />

ist daher i.d.R. nach dem voraussichtlich zukünftigen Erfüllungsbetrag zu bemessen, sofern nicht noch<br />

weitere Vorgaben bestehen, z.B. zur Bewertung von Pensionsrückstellungen. Die Bemessungsgröße wird bei<br />

gemeindlichen Verbindlichkeiten durch die ausdrückliche Festlegung auf den Rückzahlungsbetrag ausgedrückt.<br />

Bei der Bemessung von gemeindlichen Rückstellungen kommt aber nicht ausschließlich das Stichtagsprinzip zur<br />

Anwendung, d.h. der Ansatz in der gemeindlichen Bilanz ist nicht danach zu bestimmen, was die Gemeinde am<br />

jeweiligen Abschlussstichtag aufbringen müsste, um ihre Verpflichtung zu erfüllen, sondern was sie voraussichtlich<br />

zukünftig leisten muss. Von der Gemeinde muss daher unter Beachtung der GoB auch geprüft werden, ob im<br />

weiteren Rückstellungszeitraum möglicherweise z.B. Kostensteigerungen und andere Anlässe oder Ereignisse<br />

entstehen, die eine erhebliche Änderung der Bemessung der Rückstellung bewirken können. Soweit diese erkennbar<br />

sind und zur Veränderung des in der gemeindlichen Bilanz angesetzten Erfüllungsbetrages der gemeindlichen<br />

Rückstellung führen, müssen diese Gegebenheiten möglichst zutreffend im Rahmen des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses berücksichtigt und ggf. im Anhang gesondert erläutert werden.<br />

2.1.2.2 Der Ansatz von gemeindlichen Verbindlichkeiten<br />

2.1.2.2.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die gemeindlichen Verbindlichkeiten stellen eine Verpflichtung der Gemeinde gegenüber einem Dritten dar. Die<br />

Ansatzregelung geht davon aus, dass der Gemeinde i.d.R. ein Geldbetrag zugeflossen ist, sodass die gemeindlichen<br />

Verbindlichkeiten in der Bilanz der Gemeinde zu ihrem Rückzahlungsbetrag anzusetzen sind. Es sind die<br />

allgemeinen Bewertungsgrundsätze zu beachten, sodass für den Ansatz der gemeindlichen Verbindlichkeiten<br />

insbesondere das Höchstwertprinzip und das Vorsichtsprinzip anzuwenden sind. Auf dieser Grundlage ist auf der<br />

Passivseite der gemeindlichen Bilanz der Gemeinde der Betrag für die gemeindlichen Verbindlichkeiten anzuset-<br />

726


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

zen, der voraussichtlich zur Erfüllung der Verpflichtungen notwendig ist. Damit kommt auch das Höchstwertprinzip<br />

zur Anwendung, denn es ist geboten, alle Schulden der Gemeinde vollständig zu bilanzieren.<br />

Diese Vorgaben beinhalten auch die Beachtung des Stichtagsprinzips, sodass bezogen auf den jeweiligen Abschlussstichtag<br />

die Verbindlichkeiten der Gemeinde mit ihrem aktuellen Rückzahlungsbetrag zu bilanzieren sind.<br />

Der Bilanzierung von gemeindlichen Verpflichtungen muss zudem eine Abgrenzungsprüfung vorausgehen, ob<br />

diese Pflichten als Verbindlichkeiten oder stattdessen als Rückstellung anzusetzen sind oder ob ggf. nur ein anzugebendes<br />

Haftungsverhältnis für die Gemeinde besteht. Außerdem sind die gemeindlichen Verbindlichkeiten<br />

im Zeitpunkt ihres Erlöschens auszubuchen, z. B. bei deren Erfüllung, Aufrechnung oder Erlass.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass bei aufgenommenen Darlehen ggf. eine Differenz zwischen dem<br />

Auszahlungsbetrag und dem Rückzahlungsbetrag bestehen kann, z. B. durch ein Disagio. In solchen Fällen, in<br />

denen der Rückzahlungsbetrag einer gemeindlichen Verbindlichkeit höher ist als der erhaltene Auszahlungsbetrag,<br />

darf der Unterschiedsbetrag in den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten aufgenommen werden. Dieser<br />

bilanzierte Betrag ist dann planmäßig durch Abschreibungen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit<br />

verteilt werden können, aufzulösen (vgl. § 42 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.2.2.2 Die Arten der gemeindlichen Verbindlichkeiten<br />

Die Verbindlichkeiten der Gemeinde entstehen i.d.R. aus unterschiedlichen gemeindlichen Geschäftsbeziehungen,<br />

z. B. aus der Aufnahme von Fremdkapital oder aus rückzahlbaren Transferleistungen von Dritten. Es können<br />

aber ggf. auch Anleihen in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen sein. Die Verbindlichkeiten der Gemeinde bedürfen<br />

im Grundsatz einer haushaltswirtschaftlichen Begrenzung, damit sichergestellt ist, dass die Erfüllung der<br />

eingegangenen Verpflichtungen mit der Leistungsfähigkeit der Gemeinde in Einklang steht. Es muss gesichert<br />

sein, dass eine Erfüllung der Verpflichtungen in Form von Rückzahlungen noch möglich ist und eine Überschuldung<br />

vermieden wird. Die in der jährlichen Haushaltssatzung der Gemeinde festzusetzende Kreditermächtigung<br />

dient u.a. auch diesem Zweck (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 1c GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Ansatz der Verbindlichkeiten in der Bilanz der Gemeinde orientiert sich im Wesentlichen an den haushaltsrechtlich<br />

möglichen Arten der gemeindlichen Verbindlichkeiten. Bei der Gliederung dieses Bilanzbereichs ist vorrangig<br />

auf den Verwendungszweck oder auf die Herkunft des Fremdkapitals durch die Gemeinde abgestellt worden<br />

und nicht auf die bankrechtlichen Formen (vgl. Abbildung).<br />

Die Verbindlichkeiten in der gemeindlichen Bilanz<br />

GLIEDERUNG NACH ARTEN<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Anleihen<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Krediten für Investitionen<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Krediten zur Liquiditätssicherung<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Vorgängen, die Kreditaufnahmen<br />

727<br />

WEITERE UNTERGLIEDERUNG<br />

(Untergliederung nach örtlichem Bedarf)<br />

- von verbundenen Unternehmen<br />

- von Beteiligungen<br />

- von Sondervermögen<br />

- vom öffentlichen Bereich<br />

- vom privaten Kreditmarkt<br />

(Untergliederung nach örtlichem Bedarf)<br />

(Untergliederung nach örtlichem Bedarf)


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Verbindlichkeiten in der gemeindlichen Bilanz<br />

GLIEDERUNG NACH ARTEN<br />

wirtschaftlich gleichkommen<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Lieferungen und Leistungen<br />

Verbindlichkeiten<br />

aus Transferleistungen<br />

Sonstige<br />

Verbindlichkeiten<br />

2.1.2.2.3 Der Verbindlichkeitenspiegel<br />

728<br />

WEITERE UNTERGLIEDERUNG<br />

(Untergliederung nach örtlichem Bedarf)<br />

(Untergliederung nach örtlichem Bedarf)<br />

(Untergliederung nach örtlichem Bedarf)<br />

Abbildung 131 „Die Verbindlichkeiten in der gemeindlichen Bilanz“<br />

Die Gemeinde ist verpflichtet, dem Anhang im Jahresabschluss einen Verbindlichkeitenspiegel beizufügen (vgl. §<br />

44 Absatz 3 i.V.m. § 47 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dieser Spiegel weist den Stand und die Entwicklung der Verbindlichkeiten<br />

im Haushaltsjahr detailliert nach. Er ist nach zwei Systematisierungskriterien zu gliedern, um die Struktur der<br />

Verschuldung der Gemeinde transparent zu machen. Die Verbindlichkeiten sind daher im Wesentlichen nach den<br />

wichtigsten Arten, z. B. aus Krediten, aus Lieferungen und Leistungen, aus Transferleistungen, abzubilden. Sie<br />

sind aber gleichzeitig auch nach ihren Restlaufzeiten darzustellen. Die Gemeinde kann zu den Inhalten des Verbindlichkeitenspiegels<br />

noch weitere Zusatzinformationen geben. Diese Angaben sollen aber die Klarheit und<br />

Übersichtlichkeit der Darstellung der Verbindlichkeiten nicht beeinträchtigen.<br />

2.1.2.3 Der Ansatz von Rentenverpflichtungen<br />

Die Vorschrift bestimmt, dass Rentenverpflichtungen der Gemeinde, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu<br />

erwarten ist, in der gemeindlichen Bilanz zum Barwert anzusetzen sind. Derartige gemeindliche Verpflichtungen<br />

können. Derartige Verpflichtungen der Gemeinde werden i.d.R. durch einen Vertrag auf Lebenszeit (sog. Leibrenten<br />

aus dem Erwerb eines Grundstückes von einem Dritten (Rentengut) oder von einer festgelegten Langfristigkeit<br />

(sog. Zeitrenten) begründet.<br />

In beiden Fällen muss die Gemeinde dem Vertragspartner als Anspruchsberechtigten regelmäßig wiederkehrende<br />

Leistungen, meistens in Geld, gewähren. Für beide Fälle muss eine Verpflichtung in Höhe des Barwertes in<br />

der gemeindlichen Bilanz passiviert werden, der bei Leibrenten nach versicherungsmathematischen Grundsätzen<br />

und bei Zeitrenten finanzmathemathisch zu ermitteln ist. Der Barwert ist dabei für die gesamte Laufzeit des Vertrages<br />

berechnen. Beim Erwerb von Vermögensgegenständen durch die Gemeinde stellt der ermittelte Barwert<br />

auch deren Anschaffungskosten dar, die von der Gemeinde zu aktivieren sind.<br />

2.1.2.4 Der Ansatz von gemeindlichen Rückstellungen<br />

2.1.2.4.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die gemeindlichen Rückstellungen sind nur in Höhe des Betrages anzusetzen, der voraussichtlich notwendig ist,<br />

um die Verpflichtungen der Gemeinde zu erfüllen, sofern diese Verpflichtungen zum Abschlussstichtag der Fällig-


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

keit oder der Höhe nach ungewiss sind und der dazugehörige Aufwand dem Haushaltsjahr als Verursachungsperiode<br />

zugerechnet werden muss (vgl. § 36 GemHVO <strong>NRW</strong>). Von der Gemeinde dürfen daher Rückstellungen erst<br />

dann gebildet werden, wenn alle Kriterien dafür erfüllt sind. Die gemeindlichen Rückstellungen stellen für die<br />

Gemeinde kein Eigenkapital dar, sondern sind vielmehr in der gemeindlichen Bilanz dem abzubildenden Fremdkapital<br />

zuzuordnen. Sie stellen eine Ergänzung der Verbindlichkeiten der Gemeinde dar.<br />

Die Bewertung der gemeindlichen Rückstellungen ist von der Gemeinde unter Beachtung des Vorsichtsprinzips<br />

vorzunehmen. Dabei kommt grundsätzlich nicht das ausschließliche Stichtagsprinzip zur Anwendung, d.h. der<br />

Ansatz in der gemeindlichen Bilanz ist nicht danach zu bestimmen, was die Gemeinde am jeweiligen Abschlussstichtag<br />

aufbringen müsste, um ihre Verpflichtung zu erfüllen, sondern was sie zukünftig im Erfüllungszeitpunkt<br />

aufbringen müsste. Der notwendige Rückstellungsbetrag ist von der Gemeinde vorsichtig zu schätzen, wenn er<br />

nicht auf eine andere Art und Weise von ihr ermittelt werden kann.<br />

Die Ermittlung des Rückstellungsbetrages erfordert unter Einbeziehung der betrachteten wirtschaftlichen Verhältnisse<br />

und bedarf einer nachvollziehbaren Begründung. Der Passivierung von Rückstellungen darf zudem kein<br />

Ansatzverbot entgegenstehen. Ein Ansatz von Rückstellungen in der gemeindlichen Bilanz ist daher höchstens in<br />

dem Umfang zulässig, der den voraussichtlichen Erfüllungsverpflichtungen der Gemeinde entspricht. Er ist bezogen<br />

auf den jeweiligen Abschlussstichtag zutreffend zu ermittelt. Sofern eine Rückstellung zu bilden oder zu erhöhen<br />

ist, sind die dadurch entstehenden Aufwendungen in der gemeindlichen Ergebnisrechnung unter der zutreffenden<br />

Aufwandsart zu erfassen (vgl. § 2 i.V.m. § 38 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.2.4.2 Die Arten der gemeindlichen Rückstellungen<br />

Im Zusammenhang mit dieser Vorschrift wird durch die ausdrückliche abschließende Aufzählung der zulässigen<br />

Arten der Rückstellungen in der Vorschrift des § 36 GemHVO <strong>NRW</strong> klargestellt, dass die Gemeinde nur Rückstellungen<br />

für die dort benannten Zwecke bilden darf. Unter Beachtung der Vorschrift des § 88 GO <strong>NRW</strong> darf die<br />

Gemeinde nur für die Zwecke eine gemeindliche Rückstellung bilanzieren, die in § 36 GemHVO <strong>NRW</strong> abschließend<br />

bestimmt worden sind. Die Arten werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

BILANZIELLE BEHANDLUNG<br />

Passivierungspflicht<br />

Passivierungswahlrecht<br />

Passivierungsverbot<br />

Die Rückstellungen in der gemeindlichen Bilanz<br />

729<br />

RÜCKSTELLUNGSZWECKE<br />

- Pensionen nach den beamtenrechtlichen Vorschriften<br />

- Rekultivierung und Nachsorge von Deponien und für die<br />

Sanierung von Altlasten<br />

- Verpflichtungen, die dem Grunde oder der Höhe nach zum<br />

Abschlussstichtag noch nicht genau bekannt sind<br />

- drohende Verluste aus schwebenden Geschäften und aus<br />

laufenden Verfahren<br />

- Verpflichtungen für Zwecke, die durch andere Gesetze<br />

bestimmt wurden<br />

- unterlassene Instandhaltung von Sachanlagen<br />

Sonstige Rückstellungen, die nicht durch Gesetz oder Verordnung<br />

zugelassen sind, z.B.<br />

- künftige Umlagezahlungen der Gemeinde<br />

- Verpflichtungen im Rahmen des Gemeindefinanzausgleichs<br />

- Verpflichtungen aus der gemeindlichen Steuererhebung<br />

Abbildung 112 „Die Rückstellungen in der gemeindlichen Bilanz“


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die Bildung von Rückstellungen für künftige Umlagezahlungen<br />

der Gemeinde und von Rückstellungen im Rahmen des Gemeindefinanzausgleichs sowie von Rückstellungen<br />

aus der gemeindlichen Steuererhebung nicht zulässig ist (vgl. § 36 GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese haushalts-<br />

rechtlich nicht vorgesehene Rückstellungsbildung führt dazu, dass von der Gemeinde auch dann keine Rückstellungen<br />

für diese Zwecke gebildet werden dürfen, wenn sich örtliche Sachverhalte ggf. unter die Bestimmungen<br />

des § 36 Absatz 4 und 5 GemHVO <strong>NRW</strong> subsumieren lassen.<br />

2.1.2.4.3 Die Abzinsung von Rückstellungen<br />

Die einzelnen Rückstellungen der Gemeinde sind nach dem Nominalwertprinzip zu bemessen bzw. zu bewerten<br />

und dürfen i.d.R. nicht abgezinst werden. Es soll dadurch gesichert werden, dass von der Gemeinde unter Beachtung<br />

des Realisationsprinzips ein entnahmefähiger Betrag (Erfüllungsbetrag) zurückgestellt wird. Zudem kann<br />

davon ausgegangen werden, dass in der Mehrzahl der gemeindlichen Rückstellungen kein verdeckter Zins enthalten<br />

ist, z. B. bei Sachleistungsverpflichtungen, bei Verpflichtungen aus Bürgschaften oder Schadenersatzleistungen.<br />

Eine Abzinsung ist auch bei Rückstellungen für Altersteilzeit nicht zulässig. Die Ansprüche einer Beamtin<br />

oder eines Beamten nach dem Altersteilzeitmodell stellen keine von der Gemeinde zu erbringenden abzinsbaren<br />

Versorgungsleistungen dar. Diese Sachlage wird auch dadurch deutlich, dass die Rückstellungen für Altersteilzeit<br />

unter den „Sonstigen Rückstellungen“ und nicht unter den „Pensionsrückstellungen“ in der gemeindlichen Bilanz<br />

anzusetzen sind.<br />

Auch längerfristige Umweltschutzverpflichtungen, z. B. Rückstellungen für die Rekultivierung von Deponien, sind<br />

nicht abzuzinsen. Bei gemeindlichen Rückstellungen ist deshalb keine Trennung in Beträge für die Erfüllung der<br />

Leistungsverpflichtung und für die Kapitalnutzung vorzunehmen. Nur bei ihren Pensionsrückstellungen darf die<br />

Gemeinde nach Maßgabe des § 36 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> eine Abzinsung vornehmen, denn die gemeindlichen<br />

Versorgungsleistungen sind mit ihrem Barwert und nicht mit dem Nominalbetrag in der gemeindlichen Bilanz<br />

anzusetzen. Bei dessen Ermittlung ist der Berechnung ein Rechnungszins von fünf Prozent zugrunde zu legen.<br />

2.1.2.4.4 Der Rückstellungsspiegel<br />

Auf der Basis des NKF-Kontenrahmens und der verbindlichen Bilanzgliederung kann sich die Gemeinde durch<br />

einen Rückstellungsspiegel einen detaillierten Überblick über den Stand und die Veränderungen der Rückstellungen<br />

zum Abschlussstichtag verschaffen. Durch das Aufzeigen des Gesamtbetrags am Ende des Vorjahres, der<br />

Veränderungen aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr und des Gesamtbetrags am Ende des Haushaltsjahres in<br />

Bezug auf die einzelnen Arten von Rückstellungen wird die Entwicklung der Rückstellungen der Gemeinde verdeutlicht.<br />

Der Rückstellungsspiegel dient u.a. auch dazu, für jeden Verpflichtungsposten, unter dem Beträge zusammengefasst<br />

sind, die auf unterschiedliche Zeiträume aufzuteilen sind, den zutreffenden Betrag für jeden Zeitraum anzugeben.<br />

Ein solcher Rückstellungsspiegel trägt erheblich zur Übersichtlichkeit der in der gemeindlichen Bilanz<br />

angesetzten Rückstellungen bei. Er kann aus örtlichen Erwägungen heraus dem Anhang im Jahresabschluss<br />

beigefügt werden, denn er macht die Wertansätze der Rückstellungen transparent und nachvollziehbar. Die Gemeinde<br />

kann das Schema des Rückstellungsspiegels auf ihre Bedürfnisse übertragen und ausgestalten und dazu<br />

auch weitere Zusatzinformationen geben.<br />

730


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

2.2 Zu Satz 2 (Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung):<br />

2.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Durch diese Vorschrift werden für die Bewertung von Vermögen und Verbindlichkeiten allgemeine Grundsätze<br />

unter Einbeziehung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) aufgestellt, von denen nur abgewichen<br />

werden darf, soweit die Gemeindeordnung etwas anderes vorsieht. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

sind ein gesetzlich verankertes Regelungssystem, stehen jedoch nicht über dem Gesetz. Sie können sich<br />

als unbestimmter Rechtsbegriff nur im Rahmen der gesetzlichen Regelungen unter Beachtung von Sinn und<br />

Zweck des Gesetzes oder einzelner Vorschriften entwickeln. Als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind<br />

daher jedes Verfahren und jede Methode anzuerkennen, die dazu führen, dass gesetzliche Regelungen im Einzelfall<br />

ihrem Sinn und Zweck entsprechend angewandt werden.<br />

2.2.2 Die Inhalte der Buchführungsgrundsätze<br />

Im kaufmännischen System ist trotz der Vorschriften über die Buchführung und den Jahresabschluss ein Spielraum<br />

geblieben, aus dem durch Auslegungen und Interpretationen die gesetzesergänzenden „Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung (GoB)“ entwickelt worden sind. Sie sind Regeln, nach denen zu verfahren ist, damit<br />

eine dem Gesetzeszweck entsprechende Buchführung vorgenommen und ein Jahresabschluss sowie ein Gesamtabschluss<br />

aufgestellt werden. Außerdem sind sie Beurteilungsmaßstäbe für die Entscheidung, ob die Buchführung<br />

und der Jahresabschluss sowie der Gesamtabschluss ordnungsgemäß sind, d.h. ob sie formell und materiell<br />

den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht macht die GoB zur Grundlage der gemeindlichen Buchführung (vgl. § 27 Absatz<br />

1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Ein Anlass dafür ist, dass nicht für alle bilanzierungsfähigen und -pflichtigen Sachverhalte<br />

sowie die dazu erforderlichen Grundsätze detailliert geregelt werden können. Gleichwohl bedeuten die GoB keine<br />

Gesetzeslücke, sondern einen gewünschten und wichtigen Verweis auf nicht gesetzliche Normen und Erkenntnisse.<br />

Sofern haushaltsrechtliche Regelungen bestehen, deren Inhalte oftmals mit den GoB identisch sind, gehen<br />

diese Bestimmungen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung vor.<br />

2.2.3 Die einzelnen Grundsätze<br />

Mit der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der GoB wird gewährleistet, dass auf neue Sachverhalte in<br />

der gemeindlichen Praxis den haushaltsrechtlichen Anforderungen gemäß reagiert werden kann. Auf eine abschließende<br />

Regelung über die GoB hat der Gesetzgeber daher bewusst verzichtet, um die fortlaufende Entwicklung<br />

und Veränderung nicht zu beeinträchtigen. Folgende allgemeine Grundsätze gelten als Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung (vgl. Abbildung).<br />

GRUNDSATZ<br />

Grundsatz<br />

der<br />

Vollständigkeit<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

731<br />

INHALTE<br />

Nach diesem Grundsatz sind in der Buchführung alle Geschäftsvorfälle<br />

sowie die Vermögens- und Schuldenlage vollständig, richtig,<br />

zeitgerecht und geordnet zu erfassen und zu dokumentieren. Daraus<br />

folgt das Erfordernis des systematischen Aufbaus der Buchführung<br />

unter Aufstellung eines Kontenplans, das Prinzip der vollständigen<br />

und verständlichen Aufzeichnung sowie das Belegprinzip. Die<br />

Grundlage für die Richtigkeit der Buchung bildet der Buchungsbeleg<br />

mit der Festlegung „Keine Buchung ohne Beleg.“ Dazu gehört auch


GEMEINDEORDNUNG<br />

GRUNDSATZ<br />

Grundsatz<br />

der<br />

Richtigkeit und<br />

Willkürfreiheit<br />

Grundsatz<br />

der<br />

Verständlichkeit<br />

Grundsatz<br />

der<br />

Aktualität<br />

Grundsatz<br />

der<br />

Relevanz<br />

Grundsatz<br />

der<br />

Stetigkeit<br />

Grundsatz<br />

des Nachweises<br />

der Recht- und<br />

Ordnungsmäßigkeit<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

INHALTE<br />

die Einhaltung der vorgesehenen Aufbewahrungsfristen.<br />

Nach diesem Grundsatz müssen die Aufzeichnungen über die<br />

Geschäftsvorfälle die Realität möglichst genau abbilden, sodass die<br />

Informationen daraus begründbar und nachvollziehbar sowie objektiv<br />

richtig und willkürfrei sind. Sie müssen sich in ihren Aussagen<br />

mit den zugrunde liegenden Dokumenten decken und der Buchführungspflichtige<br />

bestätigen kann, dass die Buchführung eine getreue<br />

Dokumentation seiner Geschäftsvorfälle nach den rechtlichen<br />

Bestimmungen und den GoB erfolgt.<br />

Nach diesem Grundsatz sind die Informationen des Rechnungswesens<br />

für den Rat und die Bürger als Öffentlichkeit so aufzubereiten<br />

und verfügbar zu machen, dass die wesentlichen Informationen<br />

über die Vermögens- und Schuldenlage klar ersichtlich und verständlich<br />

sind.<br />

Nach diesem Grundsatz ist ein enger zeitlicher Bezug zwischen<br />

dem Zeitraum, über den Rechenschaft gegeben wird, und der<br />

Veröffentlichung der Rechenschaft herzustellen.<br />

Nach diesem Grundsatz muss das Rechnungswesen die Informationen<br />

bieten, die zur Rechenschaft notwendig sind, sich jedoch im<br />

Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit und Verständlichkeit auf die relevanten<br />

Daten beschränken. Dabei soll der Aufwand der Informationsbeschaffung<br />

in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen<br />

der Informationsbereitstellung stehen.<br />

Nach diesem Grundsatz sollen die Grundlagen des Rechnungswesens,<br />

insbesondere die Methoden für Ansatz und Bewertung des<br />

Vermögens, in der Regel unverändert bleiben, sodass eine Stetigkeit<br />

im Zeitablauf erreicht wird. Notwendige Anpassungen sind<br />

besonders kenntlich zu machen.<br />

Nach diesem Grundsatz ist im Jahresabschluss über die Recht- und<br />

Ordnungsmäßigkeit der Buchführung Rechenschaft abzulegen.<br />

Abbildung 133 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“<br />

Die GoB sind ein gesetzlich verankertes Regelungssystem. Sie können sich als unbestimmte Rechtsbegriffe nur<br />

im Rahmen der gesetzlichen Regelungen unter Beachtung von Sinn und Zweck des Gesetzes oder einzelner<br />

Vorschriften weiter entwickeln. Zur Auslegung sind i.d.R. die juristischen Auslegungskriterien heranzuziehen. Als<br />

GoB ist daher jedes Verfahren und jede Methode anzuerkennen, die dazu führen, dass gesetzliche Regelungen<br />

im Einzelfall ihrem Sinn und Zweck entsprechend angewandt werden.<br />

Durch die GoB wird jedoch kein bestimmtes Buchführungssystem vorgeschrieben. Vielmehr entspricht ein Buchführungssystem<br />

dann den GoB, wenn es so beschaffen ist, dass es einen Überblick über die Geschäftsvorfälle<br />

und die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermitteln kann und die Geschäftsvorfäl-<br />

732


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

le sich in ihrer Entstehung und sachlichen Zuordnung bzw. Abwicklung nachverfolgen lassen. Da sich aus diesen<br />

Rahmengrundsätzen ggf. Zielkonflikte ergeben können, ist es bei der örtlichen Ausgestaltung des Rechnungswesens<br />

notwendig, bei konkurrierenden Sachverhalten eine Abwägung vorzunehmen.<br />

2.2.4 Der Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit<br />

Im Zusammenhang mit den gesetzlich bestimmten Grundsätzen und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung<br />

ist der Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit gesondert gesetzlich bestimmt worden (vgl. § 1<br />

Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Dieser Grundsatz erfordert u.a. für den gemeindlichen Bereich die zeitliche Verteilung<br />

von Nutzen und Lasten zwischen den Generationen sowie die Tragfähigkeit der gemeindlichen Finanzen auch für<br />

die Zukunft bzw. die nachfolgenden Generationen. Die Gemeinde muss deshalb grundsätzlich bei ihrer Haushaltsplanung<br />

und Haushaltsausführung unter Beachtung der übrigen gemeindlichen Haushaltsgrundsätze immer<br />

im Blick haben, auch ausreichende Handlungsmöglichkeiten für die künftigen Generationen zu erhalten.<br />

Die Gemeinde kann dafür eigenverantwortlich besondere Anforderungen festlegen und diese auch in eine rechtliche<br />

Fassung bringen, die über die Jährlichkeit der gemeindlichen Haushaltswirtschaft hinaus von längerer Geltung<br />

ist. Inhaltlich können dabei vielfältige Festlegungen getroffen werden, z. B. über die Verschuldung, über den<br />

Umgang mit Mehrerträgen und Mehraufwendungen. Je nach rechtlicher Bindungswirkung müssen dabei ggf.<br />

auch Ausnahmeregelungen geschaffen werden. Der Grundsatz stellt sich wie folgt dar (vgl. Abbildung).<br />

Der Grundsatz „Intergenerative Gerechtigkeit“<br />

Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit<br />

733<br />

§ 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 134 „Der Grundsatz „Intergenerative Gerechtigkeit“<br />

Dieser Grundsatz wird dadurch ergänzt, dass ausdrücklich bestimmt worden ist, „Die Gemeinden haben ihr Vermögen<br />

und ihre Einkünfte so zu verwalten, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben“ (vgl. § 10 Satz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Er beinhaltet, dass die Gemeinden in Verantwortung für die künftigen Generationen handeln müssen,<br />

denn die Perspektive der ausreichenden Finanzierung künftiger Aufgaben wurde für die Gemeinde mit dem Konzept<br />

der Generationengerechtigkeit verknüpft.<br />

Der Grundsatz beinhaltet deshalb u.a. auch, dass die Gemeinde keine rücksichtslose Inanspruchnahme der Abgabepflichtigen<br />

vornehmen darf. Im Zusammenhang mit gemeindlichen Geschäftsvorfällen gilt es daher für die<br />

Gemeinde zu beurteilen, in welchem Umfang künftige Generationen von den Auswirkungen gegenwärtiger gemeindlicher<br />

Haushaltspolitik betroffen sind und welche Leistungskraft der Gemeinde künftig noch vorhanden sein<br />

wird, um die steige Aufgabenerfüllung zu gewährleisten.<br />

2.2.5 Wichtige gesetzlich bestimmte Grundsätze<br />

Die wichtigsten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind für die Umsetzung durch die Gemeinde in vielen<br />

Vorschriften der Gemeindeordnung und der Gemeindehaushaltsverordnung konkretisiert worden. In den gesetzlichen<br />

Vorschriften sind eine Vielzahl von Grundsätzen zur gemeindlichen Buchführung, zur gemeindlichen Bilanz<br />

und zum gemeindlichen Gesamtabschluss festgelegt worden. Nachfolgend soll dazu ein schematischer Überblick<br />

gegeben werden (vgl. Abbildung).


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Wichtige gesetzlich bestimmte Grundsätze<br />

Grundsätze zur gemeindlichen Buchführung<br />

Grundsatz der Klarheit<br />

Grundsatz der Richtigkeit<br />

Grundsatz der Buchführungswahrheit<br />

Grundsatz der Übersichtlichkeit<br />

Grundsatz der Aktualität<br />

Grundsatz der Verständlichkeit<br />

Grundsatz der Vollständigkeit<br />

Belegprinzip<br />

734<br />

§ 27 Absatz 1, § 41 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 27 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 27 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 27 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 96, § 116 GO <strong>NRW</strong>, § 27 Absatz 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 27 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 91 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>, § 27 Absatz 1<br />

und 2, § 41 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 27 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

Grundsätze zur gemeindlichen Bilanz (Jahresabschluss)<br />

Aktivierungsgrundsatz<br />

Passivierungsgrundsatz<br />

Grundsatz der Stetigkeit<br />

Grundsatz der Bilanzidentität<br />

(formelle Bilanzkontinuität)<br />

Grundsatz der Bilanzierungswahrheit<br />

Stichtagsprinzip<br />

Grundsatz der Bilanzidentität<br />

Grundsatz der Einzelbewertung<br />

Grundsatz der Vorsicht<br />

Grundsatz der Periodenabgrenzung<br />

Grundsatz der Bewertungsstetigkeit<br />

(materielle Bilanzkontinuität)<br />

Anschaffungswertprinzip<br />

§ 41 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 41 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 5, § 41 Absatz 5<br />

GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 1 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 95, § 116 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 95 Absatz 1, § 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 1 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 2 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 91 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>, § 32 Absatz 1<br />

Nr. 3, § 35 Absatz 7 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 4 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 5 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 91 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Wichtige gesetzlich bestimmte Grundsätze<br />

Grundsatz des Saldierungsverbots<br />

Grundsatz des Nachweises<br />

der Recht- und Ordnungsmäßigkeit<br />

735<br />

§ 41 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

Grundsätze zum gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

Grundsatz der Fiktion der rechtlichen Einheit<br />

Grundsatz der Einheitlichkeit des Ausweises<br />

Grundsatz der Vollständigkeit<br />

des Konsolidierungskreises<br />

Grundsatz der Eliminierung<br />

„konzerninterner“ Beziehungen<br />

Grundsatz der Wesentlichkeit<br />

§ 116 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 49 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 50 GemHVO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 303 HGB<br />

§ 116 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 135 „Wichtige gesetzlich bestimmte Grundsätze“<br />

Jeder dieser Grundsätze soll sicherstellen, dass ein sachverständiger Dritter sich in einer angemessenen Zeit<br />

einen Überblick über die Aufzeichnung von Buchungsvorfällen und die Aufzeichnung von Vermögens- und Schuldenpositionen<br />

verschaffen kann. Es soll diesem Dritten auch ein qualifizierter Einblick in die Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde möglich sein und Manipulationsmöglichkeiten verhindert werden.<br />

Zudem kann die Auslegung der GoB durch Rechtsprechung und Literatur mittelbar auch zu einer dynamischen<br />

Anpassung des gemeindlichen Haushaltsrechts beitragen, z. B. an nationale und internationale Entwicklungen.<br />

2.2.6 Die sachgerechte Anwendung der Grundsätze<br />

Die sachgerechte Anwendung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung unter Beachtung ihrer qualitativen<br />

Merkmale führt grundsätzlich zu einer wirklichkeitsgetreuen Darstellung der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und<br />

Finanzlage der Gemeinde. Soweit sich die örtlichen Entscheidungen an diesen Grundsätzen orientieren, entstehen<br />

relevante, verlässliche und verständliche Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde. Im gemeindlichen<br />

Jahresabschluss wird diese Aufgabe u.a. durch die Gliederungsvorschriften zur gemeindlichen Bilanz<br />

sichergestellt und weiter konkretisiert, z.B. durch die Grundsätze „Klarheit“ und „Übersichtlichkeit“ (vgl. in §<br />

41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Bewertungsvorschriften in den §§ 32 bis 36, 42 und 43 GemHVO <strong>NRW</strong> prägen dabei<br />

u.a. das Vorsichtsprinzip weiter aus.<br />

Zur Auslegung der GoB sind i.d.R. die juristischen Auslegungskriterien heranzuziehen. Als GoB ist daher jedes<br />

Verfahren und jede Methode anzuerkennen, die dazu führen, dass gesetzliche Regelungen im Einzelfall ihrem<br />

Sinn und Zweck entsprechend angewandt werden. Mit der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der<br />

GoB wird gewährleistet, dass auf neue Sachverhalte in der Praxis den gesetzlichen Anforderungen gemäß reagiert<br />

werden kann. Auf eine abschließende Regelung über die GoB hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet, um<br />

die fortlaufende Entwicklung und Veränderung nicht zu beeinträchtigen. Ausgehend vom allgemeinen Schutzzweck<br />

des Rechnungswesens können die für das kaufmännische Rechnungswesen anerkannten Ziele „Dokumentation“,<br />

„Rechenschaft“ und „Kapitalerhaltung“ auch im Rechnungswesen der Gemeinden eine entsprechende<br />

Anwendung finden.


GEMEINDEORDNUNG<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong><br />

Die grundsätzliche Übereinstimmung des Rechnungszwecks ist darauf zurückzuführen, dass das Verhältnis zwischen<br />

Rechnungslegendem und Rechnungsadressaten auch im gemeindlichen Bereich eine klassische Stellvertreterbeziehung<br />

aufweist, denn hier verwaltet die Gemeinde wie ein Beauftragter das Vermögen de ihrer Bürger<br />

treuhänderisch. Daraus lassen sich die Rahmengrundsätze ableiten, die für die Erfassung und Darstellung der<br />

Geschäftsvorfälle sowie deren Sicherung gegen Verlust und Verfälschung gelten und somit die materielle und<br />

formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sichern.<br />

Die haushaltsrechtlichen Vorschriften geben die Anwendung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zwar<br />

vor, sie bestimmen diese jedoch im Einzelnen nicht näher, sofern die Grundsätze nicht durch einzelne haushaltsrechtliche<br />

Vorschriften für die Gemeinde kodifiziert worden sind. Solche Regelungen stellen dann besondere<br />

rechtliche Vorgaben für die Gemeinde dar, die Vorrang vor den weiteren allgemeinen Grundsätzen haben. Eine<br />

Verweisung auf die GoB lässt dabei eine unmittelbare Wirkung der Veränderungen der GoB auf das gemeindliche<br />

Haushaltsrecht nicht zu. Auf eine bestimmte Fassung des Handelsgesetzbuches wurde nur im Rahmen des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses verwiesen, wie es dafür als erforderlich für die Gemeinde angesehen wurde, um<br />

eine unmittelbare Anwendung einzelner handelsrechtlicher Vorschriften sachgerecht durch die Gemeinde zu<br />

ermöglichen (vgl. § 49 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

736


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 92<br />

Eröffnungsbilanz<br />

(1) 1 Die Gemeinde hat zu Beginn des Haushaltsjahres, in dem sie erstmals ihre Geschäftsvorfälle nach dem<br />

System der doppelten Buchführung erfasst, eine Eröffnungsbilanz unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung aufzustellen, soweit in Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist. 2 Die Vorschriften<br />

der § 95 Abs. 3 und § 96 sind entsprechend anzuwenden.<br />

(2) Die Eröffnungsbilanz und der Anhang haben zum Bilanzstichtag unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und der Schuldenlage<br />

der Gemeinde zu vermitteln.<br />

(3) 1 Die Ermittlung der Wertansätze für die Eröffnungsbilanz ist auf der Grundlage von vorsichtig geschätzten<br />

Zeitwerten vorzunehmen. 2 Die in der Eröffnungsbilanz angesetzten Werte für die Vermögensgegenstände gelten<br />

für die künftigen Haushaltsjahre als Anschaffungs- oder Herstellungskosten, soweit nicht Wertberichtigungen<br />

nach Absatz 7 vorgenommen werden.<br />

(4) 1 Die Eröffnungsbilanz und der Anhang sind dahingehend zu prüfen, ob sie ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Lage der Gemeinde nach Absatz 2 vermitteln. 2 Die Prüfung erstreckt sich darauf, ob die<br />

gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Bestimmungen beachtet worden sind.<br />

(5) 1 Der Rechnungsprüfungsausschuss prüft die Eröffnungsbilanz. 2 Er hat die Inventur, das Inventar und die<br />

Übersicht über örtlich festgelegte Restnutzungsdauern der Vermögensgegenstände in seine Prüfung einzubeziehen.<br />

3 Über Art und Umfang der Prüfung sowie über das Ergebnis der Prüfung ist ein Prüfungsbericht zu erstellen.<br />

4 5<br />

Der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung ist in den Prüfungsbericht aufzunehmen. §<br />

101 Abs. 2 bis 8, § 103 Abs. 4, 5 und 7, § 104 Abs. 4 und § 105 Abs. 8 finden entsprechende Anwendung.<br />

(6) Die Eröffnungsbilanz unterliegt der überörtlichen Prüfung nach § 105.<br />

(7) 1 Ergibt sich bei der Aufstellung späterer Jahresabschlüsse, dass in der Eröffnungsbilanz Vermögensgegenstände<br />

oder Sonderposten oder Schulden fehlerhaft angesetzt worden sind, so ist der Wertansatz zu berichtigen<br />

oder nachzuholen. 2 Die Eröffnungsbilanz gilt dann als geändert. 3 Eine Berichtigung kann letztmals im vierten der<br />

Eröffnungsbilanz folgenden Jahresabschluss vorgenommen werden. 4 Vorherige Jahresabschlüsse sind nicht zu<br />

berichtigen.<br />

Erläuterungen zu § 92:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die besondere Stellung der Eröffnungsbilanz<br />

Die Eröffnungsbilanz bildet einen wesentlichen Bestandteil des NKF als neues Rechnungswesen der Gemeinden.<br />

Sie wird für die Gemeinde und ihre Bürgerinnen und Bürger eine erhebliche Bedeutung haben. Erstmalig wird im<br />

gemeindlichen Bereich eine systematische Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden vorgenommen, aus<br />

der die wirtschaftliche Lage der Gemeinde erkennbar ist. Hierbei werden die (kaufmännischen) Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung zu Grunde gelegt, soweit nicht die Besonderheiten des gemeindlichen Haushaltswesens<br />

davon Abweichungen erforderlich machen.<br />

Der Eröffnungsbilanz als erste Bilanz der Gemeinde kommt eine Sonderstellung zu, weil in kurzer Zeit sämtliche<br />

Vermögensgegenstände und Schulden bei laufender Geschäftstätigkeit zu erfassen und zu bewerten sind. Diese<br />

GEMEINDEORDNUNG 737


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

Wertermittlung für die Eröffnungsbilanz soll auf der Basis von vorsichtig geschätzten Zeitwerten erfolgen. Die<br />

Entscheidung basiert auf folgenden Überlegungen (vgl. Abbildung).<br />

Die Zeitwerte in der gemeindlichen Eröffnungsbilanz<br />

- Die Eröffnungsbilanz steht am Beginn der doppischen Rechnungslegung der Gemeinde, die<br />

deshalb – wie handelsrechtlich für jeden Kaufmann zu Beginn seiner Tätigkeit vorgeschrieben –<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen der Vermögens- und Schuldenlage entsprechendes Bild<br />

vermitteln muss.<br />

- Die Bewertung von sämtlichen Vermögensgegenständen und Schulden der Gemeinde wird<br />

nicht als Selbstzweck verstanden. Die Maßgabe für die Aufstellung der Eröffnungsbilanz soll<br />

deshalb eine zügige und in der Grundausrichtung konsistente Bewertung des gemeindlichen<br />

Vermögens unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsprinzips und des Grundsatzes der<br />

Wesentlichkeit sein.<br />

- Eine Bewertung der Vermögensgegenstände nur nach Anschaffungs- und Herstellungskosten<br />

steht nicht mit den Zielen der Aktualität und der Rechenschaft in Einklang.<br />

- Auch im Hinblick auf die praktische Umsetzung, z.B. Rückgriff auf die Wertermittlungsverordnung<br />

bei der Bewertung von Grundstücken, ist die Bewertung des gemeindlichen Vermögens<br />

nach vorsichtig geschätzten Zeitwerten (Verkehrswert) vorteilhaft.<br />

- Mit den Zielsetzungen des NKF, insbesondere mit den Zielen „Aktualität“ und „intergenerative<br />

Gerechtigkeit“, vertreten vergleichbare neuere wissenschaftliche Diskussionen zunehmend die<br />

Auffassung, dass für die Bestimmung der Anschaffungskosten auch in der handelsrechtlichen<br />

Eröffnungsbilanz stets von Zeitwerten auszugehen ist.<br />

- Die grundsätzliche Bedeutung der Bewertung von Vermögensgegenständen nach Anschaffungs-<br />

und Herstellungskosten aus dem kaufmännischen Rechnungswesen bleibt auch bei einer<br />

Bewertung auf der Grundlage von vorsichtig geschätzten Zeitwerten erhalten, denn die ermittelten<br />

Zeitwerte stellen am Stichtag der Eröffnungsbilanz „fiktive“ Anschaffungs- und Herstellungskosten<br />

dar und dienen als Basis für die zukünftigen Abschreibungen.<br />

- Für die Festlegung der Bewertung der Vermögensgegenstände nach vorsichtig geschätzten<br />

Zeitwerten hat sich auch das Institut der Deutschen Wirtschaftsprüfer ausgesprochen.<br />

Abbildung 136 „Die Zeitwerte in der gemeindlichen Eröffnungsbilanz“<br />

Die Erstellung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz ist zudem mit der Eröffnungsbilanz eines Unternehmens in<br />

den neuen Bundesländern nach der Vereinigung Deutschlands nach dem D-Markbilanzgesetz 1990 vergleichbar,<br />

denn dort waren bei laufender Geschäftstätigkeit in kurzer Zeit sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden<br />

zu erfassen und zu bewerten. Die für die Erstellung der Eröffnungsbilanz erforderliche Inventarisierung und Bewertung<br />

des gesamten Vermögens- und Schuldenbestandes bedeutet für die Gemeinden einen erheblichen Aufwand.<br />

Die Erstellung der Eröffnungsbilanz wird auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet. Deshalb<br />

sind bei dieser Ausgangslage Vereinfachungsregeln zugelassen worden.<br />

2. Die Erfassung des Vermögens und der Schulden<br />

2.1 Die Abbildung des Vermögens und der Schulden<br />

Für die Eröffnungsbilanz der Gemeinden gilt, dass diese einheitlich auf der Aktiv- sowie auf der Passivseite gegliedert<br />

sein müssen. Die Mindestgliederung für die gemeindliche Eröffnungsbilanz ergibt sich durch die aus-<br />

GEMEINDEORDNUNG 738


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

drückliche Regelung, das die Eröffnungsbilanz entsprechend § 41 Absatz 3 und 4 GemHVO <strong>NRW</strong> zu gliedern ist<br />

(vgl. § 53 Absatz 1 Satz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die gemeindliche Eröffnungsbilanz wird – wie die späteren Bilanzen<br />

im gemeindlichen Jahresabschluss – in Kontoform aufgestellt und muss die vorgeschriebenen Posten in der für<br />

die Gemeinden spezifischen Gliederung nach der aufgeführten Vorschrift enthalten. In dieser Bilanz werden auf<br />

der Aktivseite die Bilanzbereiche „Anlagevermögen“ und „Umlaufvermögen“ und auf der Passivseite die Bilanzbereiche<br />

„Eigenkapital“, „Sonderposten“, „Rückstellungen“ und „Verbindlichkeiten“ ausgewiesen und beide Bilanzseiten<br />

mit dem gesonderten Bereich „Rechnungsabgrenzung“ abgeschlossen. Das nachfolgende Gliederungsschema<br />

zeigt diese Gegebenheiten auf (vgl. Abbildung).<br />

Aktiva<br />

Das Gliederungsschema für die Eröffnungsbilanz<br />

1. Anlagevermögen<br />

1.1 Immaterielle Vermögensgegenstände<br />

1.2 Sachanlagen<br />

1.3 Finanzanlagen<br />

2. Umlaufvermögen<br />

2.1 Vorräte<br />

2.2 Forderungen und sonstige<br />

Vermögensgegenstände<br />

2.3 Wertpapiere des Umlaufvermögens<br />

2.4 Liquide Mittel<br />

3. Aktive Rechnungsabgrenzung<br />

GEMEINDEORDNUNG 739<br />

Passiva<br />

1. Eigenkapital<br />

1.1 Allgemeine Rücklage<br />

1.2 Sonderrücklagen<br />

1.3 Ausgleichsrücklage<br />

1.4 Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag<br />

1. Sonderposten<br />

2. Rückstellungen<br />

3. Verbindlichkeiten<br />

4. Passive Rechnungsabgrenzung<br />

Abbildung 137 „Das Gliederungsschema für die Eröffnungsbilanz“<br />

Der gemeindlichen Eröffnungsbilanz ist ein Anhang nach § 44 GemHVO <strong>NRW</strong> beizufügen, in dem die von der<br />

Gemeinde angewendeten Ansatz- und Bewertungsmethoden dargestellt und erläutert werden sollen. Es sind im<br />

gemeindlichen Anhang aber auch besondere Abweichungen anzugeben, z. B. von der Mindestgliederung der<br />

Eröffnungsbilanz (vgl. § 53 Absatz 1 Satz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dem Anhang sind als Anlagen ein Forderungsspiegel<br />

nach § 46 GemHVO <strong>NRW</strong> und ein Verbindlichkeitenspiegel nach § 47 GemHVO <strong>NRW</strong> beizufügen (vgl. § 53<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Der gemeindlichen Eröffnungsbilanz ist zudem noch ein Lagebericht beizufügen (vgl. § 48<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese haushaltsrechtlichen Vorgaben tragen dazu bei, dass die örtliche Eröffnungsbilanz zum<br />

Eröffnungsbilanzstichtag unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde vermitteln.<br />

2.2 Die Bewertung des Vermögens und der Schulden<br />

Zu Beginn des NKF als neuem Rechnungswesen ist von der Gemeinde ein realistisches und aktuelles Bild der<br />

Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde in Form einer Eröffnungsbilanz herzustellen. Aus dieser Anforderung<br />

ergibt sich für die Gemeinde, für die Vermögensgegenstände vorsichtig geschätzte Zeitwerte bezogen auf<br />

den Eröffnungsbilanzstichtag zu ermitteln (vgl. § 92 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Ermittlung der Wertansätze in der<br />

Eröffnungsbilanz muss durch geeignete Verfahren sowie unter Beachtung bestimmter Vorschriften der Gemeindehaushaltsverordnung,<br />

die auch für den Dauerbetrieb gelten, vorgenommen werden.<br />

Eine solche Vorgabe soll dabei die Stetigkeit in der Bewertung von gemeindlichem Vermögen gewährleisten. In<br />

dieser Bewertung ist daher die ermittelte Restnutzungsdauer der abnutzbaren Vermögensgegenstände des Anlagevermögens<br />

zu berücksichtigen, die anhand der Regelungen für den Dauerbetrieb festzulegen sind. Die Gemeinde<br />

muss zudem sicherstellen, dass bei der Bewertung der Vermögensgegenstände auch mögliche Mängel<br />

oder Schäden in ausreichendem Maße beachtet werden.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

Für die Ermittlung des vorsichtig geschätzten Zeitwertes ist außerdem zu beachten, dass vor dem Stichtag der<br />

Eröffnungsbilanz die Abnutzung von Vermögensgegenständen haushaltswirtschaftlich nicht in einer Vermögensrechnung<br />

erfasst wurde. Bei der Ermittlung der Werte der Vermögensgegenstände kann deren bisherige Nut-<br />

zungszeit nicht als Abschreibungen erfasst und von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem Neuwert<br />

des Vermögensgegenstandes in Abzug gebracht werden. Sofern ein gemeindlicher Vermögensgegenstand<br />

zum Eröffnungsbilanzstichtag nicht mehr neu ist, kann die Differenz zwischen dem vorsichtig geschätzten Zeitwert<br />

und dem Neuwert von der Gemeinde nur als Alterswertminderung oder in Form von Abschlägen für vorhandene<br />

Mängel oder Schäden in die Wertermittlung einbezogen werden.<br />

Zur Bestimmung des Umfanges solcher Wertminderungen können vielfach die gleichen Methoden zur Anwendung<br />

kommen wie zur Ermittlung des späteren Ressourcenverbrauchs in Form von Abschreibungen. Gleichwohl<br />

besteht keine Identität der Sachverhalte. Es ist daher sachlich nicht zutreffend, wenn im Rahmen der erstmaligen<br />

Ermittlung der Wertansätze der Vermögensgegenstände die Wertminderungen aus der bisherigen Nutzungszeit<br />

als "außergewöhnliche Abschreibungen“ in die Berechnung einbezogen werden. Zum Verständnis der Sachverhalte<br />

und zur Vermeidung von Unklarheiten und Unsicherheiten ist es notwendig, auch in den Begrifflichkeiten<br />

eine klare Trennung zwischen der Zeit vor der Eröffnungsbilanz und der Zeit nach der Eröffnungsbilanz bei der<br />

Nutzung von gemeindlichen Vermögensgegenständen zu ziehen.<br />

3. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

Im kaufmännischen Rechnungswesen haben sich im Laufe der Zeit bestimmte Regeln und Grundsätze entwickelt,<br />

die als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) von der Rechtsprechung, Verwaltung und Praxis<br />

geprägt wurden. Die GoB sind teilweise gesetzlich bestimmt, insbesondere durch das Handelsgesetzbuch (HGB)<br />

und die Abgabenordnung (AO). Wesentliche GoB finden sich in den §§ 238 ff. HGB, insbesondere in den §§ 246<br />

bis 251 HGB (Ansatzvorschriften) und in den §§ 252 - 256 HGB (Bewertungsvorschriften), sowie in den §§ 145<br />

und 146 AO. Es handelt sich dabei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der sich ständig fortentwickelt. Die<br />

GoB umfassen den gesamten Bereich der kaufmännischen Rechnungslegung. Dazu gehören nicht nur die Führung<br />

der Bücher, sondern auch der Jahresabschluss mit Bilanzierung und Bewertung und die Inventur.<br />

Die GoB gelten verbindlich und unabhängig von Rechtsformen für alle Kaufleute. Sie liegen auch dem kommunalen<br />

Finanzmanagement zugrunde, soweit in Gesetz oder Rechtsverordnung für die Gemeinden nichts anderes<br />

bestimmt ist. Sofern die GoB in den Vorschriften der Gemeindeordnung und der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

nicht konkretisiert worden sind, gelten sie sinngemäß wie im privatrechtlichen Bereich. Sie stehen aber nicht über<br />

dem Gesetz, sondern sind als ein gesetzlich verankertes Regelungssystem zu verstehen. Als Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung sind daher jedes Verfahren und jede Methode anzuerkennen, die dazu führen, dass<br />

gesetzliche Regelungen im Einzelfall ihrem Sinn und Zweck entsprechend angewandt werden. Die allgemein zu<br />

beachtenden Grundsätze lassen sich wie folgt untergliedern (vgl. Abbildung).<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Buchführung (GoB),<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

DV-gestützter<br />

Buchführungssysteme (GoBS)<br />

Wichtige Grundsätze<br />

GEMEINDEORDNUNG 740<br />

Die eigentlichen Grundsätze, die sich auf die laufende Buchführung<br />

beziehen und die Art der Erfassung und Darstellung der Geschäftsvorfälle<br />

sowie deren Schutz vor Verlust und Verfälschung regeln.<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sollen sicherzustellen,<br />

dass die Buchungen und sonstigen Aufzeichnungen vollständig, richtig,<br />

zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden, wenn die Buchführung<br />

mit Hilfe automatisierter Datenverarbeitung erfolgt (vgl. § 27<br />

Absatz 5 GemHVO <strong>NRW</strong>)


Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Datenverarbeitung (GoDV)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Inventur (GoI)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Bilanzierung (GoBi)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Lageberichterstattung (GoL)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Abschlussprüfungen (GoA)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Konzernrechnungslegung (GoK)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Kapitalflussrechnung (GoKfr)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Risikoüberwachung (GoR)<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

Wichtige Grundsätze<br />

GEMEINDEORDNUNG 741<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Datenverarbeitung wurden zur<br />

Erfüllung der ordnungsmäßigen Buchführung und Bilanzierung bei<br />

einer DV-Buchführung entwickelt und umfassen im Wesentlichen die<br />

Sicherheit, die Funktionserfüllung und die Dokumentation.<br />

Die Grundsätze beziehen sich auf die Erstellung des Inventars und<br />

sollen sicherstellen, dass in der Inventur eine vollständige Erfassung<br />

des Vermögens und der Schulden erfolgt (vgl. § 91 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. §<br />

28 und 29 GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

Die Grundsätze der Aktivierung, Passivierung und Bewertung werden<br />

weiter detailliert. Dazu gehören auch die Grundsätze für die Bilanzgliederung<br />

(vgl. z.B. § 41 bis 43 GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

Die Grundsätze spezifizieren die Anforderungen für die durch den<br />

Lagebericht vorzunehmende Informationsvermittlung (vgl. § 48<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

Die Grundsätze finden hinsichtlich der jährlichen Abschlussprüfung<br />

Anwendung. Diese beinhalten u.a. Festlegungen zu den Prüfungshandlungen.<br />

Außerdem bestehen noch weitere Ergänzungen dieser<br />

Grundsätze durch die „Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung<br />

bei Abschlussprüfungen“ sowie die „Grundsätze für die ordnungsmäßige<br />

Erteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen“.<br />

Die Grundsätze finden bei der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

Anwendung (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>)<br />

Die Grundsätze finden bei der Aufstellung der gemeindlichen Gesamtkapitalflussrechnung<br />

Anwendung und sollen zu einer sachgerechten<br />

Erstellung beitragen (vgl. § 51 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze sind für die pflichtgemäße Risikoüberwachung entwickelt<br />

worden. Sie beinhalten die allgemeinen Handlungsvorgaben<br />

bzw. Handlungsempfehlungen zur Ausgestaltung eines Risikoüberwachungssystems.<br />

Abbildung 138 „Wichtige Grundsätze“<br />

Diese Grundsätze sollen sicherstellen, dass ein sachverständiger Dritter sich in angemessener Zeit einen Überblick<br />

über die Aufzeichnung von Buchungsvorfällen und die Aufzeichnung von Vermögens- und Schuldenpositionen<br />

verschaffen kann. Es ist dazu nicht festgelegt worden, welches Maß an Sachverstand erforderlich sein muss,<br />

um die gemeindliche Tätigkeit im jeweils betroffenen Produkt- bzw. Aufgabenbereich beurteilen und nachvollziehen<br />

zu können. Allgemein wird davon auszugehen sein, dass ein sachverständiger Dritter ausreichende Kenntnisse<br />

über die gemeindliche Haushaltswirtschaft bzw. das Rechnungswesen der Gemeinde besitzen muss, damit<br />

er die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und deren Ergebnis im gemeindlichen Jahresabschluss<br />

sowie im Gesamtabschluss der Gemeinde verstehen und beurteilen kann. Dabei wird auch die Größe der Gemeinde<br />

sowie die Größe und Komplexität der gemeindlichen Buchführung einschließlich der Art der örtlichen DV-<br />

Buchführung zu berücksichtigen sein.<br />

Bei der Beurteilung, ob ein sachverständiger Dritter sich innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick über<br />

die Vorgehensweise und die Ergebnisse der gemeindlichen Inventur verschaffen kann, ist ebenfalls von den<br />

vorhandenen örtlichen Gegebenheiten auszugehen. Die Bestimmung der angemessenen Zeit ist somit auch von


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

der Größe der Gemeinde sowie der Größe und Komplexität der gemeindlichen Buchführung einschließlich der Art<br />

der örtlichen DV-Buchführung abhängig. Außerdem sollen Manipulationsmöglichkeiten verhindert werden, damit<br />

dem Dritten ein qualifizierter Einblick in die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanz(gesamt)lage der Ge-<br />

meinde möglich ist. Zudem sorgt die Auslegung der GoB durch Rechtsprechung und Literatur mittelbar für eine<br />

dynamische Anpassung des Rechts über das gemeindliche Rechnungswesen an die aktuellen nationalen und<br />

internationalen Entwicklungen. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung werden dann weiterentwickelt,<br />

wenn aus neuen Sachverhalten heraus dafür ein Erfordernis besteht.<br />

4. Die Pflicht zur Beseitigung der Überschuldung<br />

4.1 Der gemeindliche Sanierungsplan<br />

Bei eingetretener Überschuldung, die durch den Ansatz des Postens „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“<br />

auf der Aktivseite der gemeindlichen Bilanz ausgewiesen wird, muss der Blick zwingend auf den Aufbau von<br />

Eigenkapital gerichtet werden, der auch die notwendige Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs einschließt<br />

(vgl. § 43 Absatz 7 i.V.m. § 41 Absatz 3 Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der bestehende Verstoß gegen das Verbot<br />

der Überschuldung steht im Mittelpunkt der Betrachtung, so dass die notwendigen Gegenmaßnahmen der Gemeinde<br />

auf die Beendigung dieses Verstoßes zielen müssen (vgl. § 75 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>). Dadurch besteht eine<br />

nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften zu erfüllende Mindestanforderung, denn noch kann keine sinnvolle<br />

und sachgerechte Eigenkapitalgröße für die Gemeinde als Wertansatz der allgemeinen Rücklage bestimmt werden<br />

(vgl. § 41 Absatz 4 Nummer 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Von der Gemeinde müssen zielgerichtete haushaltswirtschaftliche Maßnahmen ergriffen werden, damit auf der<br />

Aktivseite der gemeindlichen Bilanz kein Posten „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ mehr auszuweisen<br />

ist. Daraus folgt auch, dass ggf. auf eine längere Zeit vielfältige Konsolidierungen als Gegenmaßnahmen von<br />

der Gemeinde umgesetzt werden müssen, um die Überschuldung zu beseitigen und eine künftige Überschuldung<br />

auf Dauer wirksam zu vermeiden. Diese Sachlage erfordert wegen der besonderen Ziel- und Zwecksetzungen<br />

einen geeigneten Sanierungsplan als Eigenkapitalaufbaukonzept (EAK), der auf den Gegebenheiten des Haushaltssicherungskonzeptes<br />

aufbauen sollte (vgl. § 76 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Sanierungsplan wird dabei als umfassendes Sanierungskonzept zum zukunftsorientierten Leitfaden (Gesamtkonzept<br />

der Gemeinde), in dem die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Sicherung der stetigen<br />

Aufgabenerfüllung der Gemeinde und die Steuerung des Haushalts sowie den Erhalt des Eigenkapitals festgelegt<br />

werden. Gleichzeitig muss der Sanierungsplan ein erweitertes Planungssystem als der gemeindliche Haushaltsplan<br />

enthalten. Er soll als Handlungsrichtschnur dienen und deshalb die konkreten und akuten Schritte aufzuzeigen,<br />

die sofort und in der weiteren Zukunft von der Gemeinde zu gehen sind. Besondere Eckpunkte sowie die<br />

Chancen und Risiken für die Gemeinde sind dabei besonders herauszustellen.<br />

4.2 Die Stufen eines gemeindlichen Sanierungsplans<br />

Für die Sanierung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft muss aufgrund der großen Bedeutung der Krisensituation<br />

für den Rat und die Verwaltung sowie die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde eine besondere Struktur<br />

erarbeitet werden, die den gesamten Ablauf der Bewältigung der wirtschaftlichen Krise der Gemeinde beinhaltet<br />

und die Grundlage für die notwendigen Handlungen bietet. Der Sanierungsplan verkörpert somit eine Leitlinie für<br />

das Handeln der Gemeinde und für die Verhandlungen mit Dritten.<br />

Die Frage, ob und ggf. welche Schlussfolgerungen bei Vorliegen der Überschuldung der Gemeinde zu ziehen<br />

sind und ob und welche Formen des aufsichtsrechtlichen Handelns angezeigt sind, bedarf dabei noch weiterer<br />

Erörterungen und Abstimmungen. Es sollen durch die Gemeinde und die anderen Beteiligten jedoch möglichst<br />

GEMEINDEORDNUNG 742


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

praktikable Antworten gefunden werden. Die möglichen in der nachfolgenden Abbildung aufgezeigten fünf Abschnitte<br />

eines Sanierungsplans der Gemeinde zur Krisenbewältigung und zur stetigen Entwicklung können bei<br />

Bedarf von der Gemeinde weiter differenziert werden (vgl. Abbildung).<br />

Stufe 1<br />

Stufe 2<br />

Stufe 3<br />

Stufe 4<br />

Stufe 5<br />

GEMEINDEORDNUNG 743<br />

Stufen eines gemeindlichen Sanierungsplans<br />

Gesamtkonzept der Gemeinde zur Krisenbewältigung (Sanierungsplan)<br />

Sensibilisierung/ Krisenerkenntnis<br />

(Befangenheit der Betroffenen)<br />

Krisenursachen identifizieren<br />

(Sanierungswürdigkeit und Sanierungsfähigkeit feststellen)<br />

Sanierungsplan - Leitlinie für eine Sanierung<br />

(Ursachen - Analyse - Lage - Ziele)<br />

Implementierung des Sanierungsplans<br />

(leistungs- und finanzwirtschaftliche, organisatorische<br />

Maßnahmen)<br />

Sanierungscontrolling<br />

(Identifizierung des Sanierungserfolges, Kennzahlen,<br />

Planungsrechnungen und Planbilanz)<br />

Abbildung 139 „Stufen eines Sanierungsplans“<br />

Bedrohung erkennen<br />

und ernst nehmen<br />

Sich schlüssig auf wesentliche<br />

Kernfragen<br />

konzentrieren<br />

Perspektive und Vision<br />

der Sanierung vermitteln<br />

Zustimmung und Motivation<br />

der Beteiligten<br />

auslösen<br />

Erfolgreiche Umsetzung<br />

messen, Chancen und<br />

Risiken neu einschätzen<br />

Ein erfolgreicher Sanierungsprozess bei der Gemeinde besteht u.a. darin, dass die defizitäre haushaltswirtschaftliche<br />

Lage beseitigt und die dauernde Leistungsfähigkeit wieder erreicht wird. Mit der Bewältigung der Krise soll<br />

auch erreicht werden, dass die künftigen Generationen nicht unnötig belastet und deren Zukunft gesichert wird.<br />

Der Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit wird dadurch ausreichend beachtet.<br />

5. Die Berichtigung der Eröffnungsbilanz<br />

Die besondere Vorschrift über die gemeindliche Eröffnungsbilanz sieht ausdrücklich die Möglichkeiten einer Berichtigung<br />

und Nachholung von Wertansätzen dieser Bilanz vor. Es wird daher ausdrücklich für die Gemeinde<br />

bestimmt, wenn sich bei der Aufstellung späterer Jahresabschlüsse ergibt, dass in der Eröffnungsbilanz Vermögensgegenstände<br />

oder Sonderposten oder Schulden fehlerhaft angesetzt worden sind, so ist der Wertansatz zu<br />

berichtigen oder nachzuholen. Die Berichtigung umfasst grundsätzlich alle Posten der gemeindlichen Eröffnungsbilanz,<br />

auch wenn in § 92 für die Fehlerhaftigkeit ausdrücklich die Wertansätze der gemeindlichen Vermögensgegenstände<br />

oder Sonderposten oder Schulden als Anlass einer Berichtigung der Eröffnungsbilanz benannt worden<br />

sind. Eine Berichtigung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz ist auch zwingend notwendig, wenn in dieser Bilanz<br />

die Bemessung der Ausgleichsrücklage als fehlerhaft anzusehen ist (vgl. § 75 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Eine Berichtigung<br />

im gemeindlichen Jahresabschluss führt dazu, dass die Eröffnungsbilanz der Gemeinde als geändert gilt.<br />

Für die Berichtigung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz bzw. für die Nachholung von bilanziellen Wertansätzen<br />

ist festgelegt worden, dass diese Handlungen von der Gemeinde letztmals im vierten der Eröffnungsbilanz folgenden<br />

Jahresabschluss vorgenommen werden dürfen. In diesem Zusammenhang ist zudem festgelegt worden,<br />

dass vorherige Jahresabschlüsse, also gemeindliche Jahresabschlüsse im Zeitraum zwischen der Eröffnungsbilanz<br />

der Gemeinde und dem Jahresabschluss, in dem Änderungen vorgenommen werden, von der Gemeinde


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

nicht zu berichtigen sind. Das Nähere für eine Berichtigung und Nachholung von Wertansätzen der gemeindlichen<br />

Eröffnungsbilanz ist in der Vorschrift des § 57 GemHVO <strong>NRW</strong> näher bestimmt worden. So ist z. B. ein<br />

Wertansatz nur zu berichtigen, wenn es sich bei dem fehlerhaften Ansatz um einen wesentlichen Wertbetrag<br />

handelt. Die Fälle, in denen eine Berichtigung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz notwendig wird, werden nachfolgend<br />

aufgeführt (vgl. Abbildung).<br />

Berichtigung der Werte der gemeindlichen Eröffnungsbilanz<br />

Vermögensgegenstände oder Sonderposten oder Schulden in der Eröffnungsbilanz<br />

können berichtigt werden,<br />

- bei einem zu niedrigen Wert,<br />

- bei einem zu hohen Wert,<br />

- sie zu Unrecht angesetzt oder<br />

- zu Unrecht nicht angesetzt worden sind.<br />

Abbildung 140 „Berichtigung der Werte der gemeindlichen Eröffnungsbilanz“<br />

Eine Berichtigung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz soll auch dann erfolgen, wenn sich die Fehlerhaftigkeit erst<br />

bei der Aufstellung späterer Jahresabschlüsse herausstellt. Eine Berichtigung soll auch dann vorgenommen werden,<br />

wenn am späteren Abschlussstichtag die fehlerhaft angesetzten Vermögensgegenstände nicht mehr vorhanden<br />

sind oder die Schulden nicht mehr bestehen. Ist von der Gemeinde eine Berichtigung der gemeindlichen<br />

Eröffnungsbilanz vorzunehmen, so ist eine sich daraus ergebende Wertänderung ergebnisneutral unmittelbar mit<br />

der allgemeinen Rücklage zu verrechnen. Die im Rahmen der Bilanzberichtigung vorgenommenen Wertberichtigungen<br />

oder Wertnachholungen sind von der Gemeinde im Anhang (vgl. § 44 GemHVO <strong>NRW</strong>) des aufzustellenden<br />

Jahresabschluss (vgl. § 95 GO <strong>NRW</strong>) gesondert anzugeben.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Aufstellung einer gemeindlichen Eröffnungsbilanz):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Pflicht zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz):<br />

Die Vorschrift begründet die Pflicht zur Aufstellung der Eröffnungsbilanz für die Gemeinde zu Beginn des Haushaltsjahres,<br />

in dem sie ihre Geschäftsvorfälle nach dem System der doppelten Buchführung erfasst, wie es handelsrechtlich<br />

für jeden Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes vorgeschrieben ist. Alle Gemeinden müssen<br />

ihr Vermögen und ihre Schulden während des laufenden Geschäftsbetriebes erfassen und bewerten. Dies<br />

kommt der Situation nahe, die zur Normierung des D-Markbilanzgesetzes im Jahre 1990 Anlass bot. Danach galt<br />

entsprechend, dass zum Zeitpunkt der vollständigen Umstellung eine Eröffnungsbilanz aufzustellen ist. Aus diesem<br />

Grund ist die Regelung für Gemeinden diesem Gesetz entlehnt. Dazu sind die Gliederungsvorschriften für<br />

den Bilanzaufbau nach § 41 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie weitere haushaltsrechtliche Vorschriften zu beachten, z.B.<br />

den Grundsatz der Stetigkeit.<br />

Für die Haushaltswirtschaft der Gemeinde gilt zudem das Jährlichkeitsprinzip und das Haushaltsjahr ist mit dem<br />

Kalenderjahr identisch. Deshalb ist es sachgerecht zu bestimmen, dass die Gemeinde zu Beginn des Haushalts-<br />

GEMEINDEORDNUNG 744


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

jahres, in dem sie ihre Geschäftsvorfälle nach dem System der doppelten Buchführung vollständig erfasst, eine<br />

Eröffnungsbilanz aufstellt. Weil das Handelsrecht für das neue Gemeindehaushaltsrecht das „Referenzmodell“<br />

darstellt, sind in diese Vorschrift auch dessen Grundsätze übernommen worden. Die Regelung sieht deshalb vor,<br />

dass die Eröffnungsbilanz unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen ist. Die<br />

weiteren Vorgaben zur Eröffnungsbilanz sowie zur Bilanzierung und Bewertung von Vermögen und Schulden der<br />

Gemeinde sind im Einzelnen, ggf. auch mit einer Festlegung auf einheitliche Verfahren, werden durch die Vorschriften<br />

des achten Abschnitts der Gemeindehaushaltsverordnung näher bestimmt und sind dort erläutert.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Verweis auf § 95 Absatz 3 und § 96 GO <strong>NRW</strong>):<br />

1.2.1 Der Verweis auf § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

Auf Grund des Verweises auf die Vorschrift des § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>, die entsprechend für die Aufstellung der<br />

Eröffnungsbilanz der Gemeinde anzuwenden ist, hat der Kämmerer den Entwurf der Eröffnungsbilanz aufzustellen,<br />

der Bürgermeister den Entwurf zu bestätigen und diesen dem Rat der Gemeinde zur Feststellung (Beschlussfassung)<br />

zuzuleiten. Diese Vorgabe beinhaltet auch, dass die gemeindliche Eröffnungsbilanz innerhalb<br />

der ersten drei Monate nach dem Eröffnungsbilanzstichtag aufzustellen ist. Die Festlegung eines solchen Zeitraumes<br />

ist auch geboten, weil die Haushaltsplanung und die Bewirtschaftung des ersten Haushaltsjahres der<br />

Gemeinde mit neuem Rechnungswesen bereits auf dieser Eröffnungsbilanz aufbauen.<br />

Mit der Zuleitung durch den Bürgermeister nimmt der Rat den Entwurf der Eröffnungsbilanz entgegen, um ihn an<br />

die zuständigen Ausschüsse weiterzuleiten, z. B. an den Rechnungsprüfungsausschuss zur Prüfung. Nach<br />

Durchführung der gesetzlich vorgesehenen Prüfung soll der Rat durch Beschluss die ihm vorgelegte Eröffnungsbilanz<br />

feststellen. Zeitlich gesehen besteht folgender möglicher Ablauf und dadurch auch ein Zeitraum für das<br />

gesetzlich vorgesehene Verfügbarhalten der gemeindlichen Eröffnungsbilanz (vgl. Abbildung).<br />

Der Zeitraum des Verfügbarhaltens der Eröffnungsbilanz 2009<br />

AUFGABE<br />

Aufstellung und Zuleitung<br />

des Entwurfs der Eröffnungsbilanz an den Rat<br />

Prüfung des Entwurfs der Eröffnungsbilanz<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

Feststellung der Eröffnungsbilanz<br />

durch den Rat<br />

Anzeige der Eröffnungsbilanz<br />

an die Aufsichtsbehörde<br />

Bekanntmachung<br />

der Eröffnungsbilanz<br />

Verfügbarhalten der Eröffnungsbilanz<br />

bis zur Feststellung des folgenden Jahresabschlusses<br />

GEMEINDEORDNUNG 745<br />

ZEITANGABE<br />

Bis zum 31. März 2009<br />

Örtliche Fristsetzung<br />

Bis zum 31. Dezember 2009<br />

Unverzüglich nach Feststellung<br />

Nach Feststellung<br />

Bis zum 31. Dezember 2010<br />

Abbildung 141 „Der Zeitraum des Verfügbarhaltens der Eröffnungsbilanz 2009“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde muss nach dem Eröffnungsbilanzstichtag ständig bemüht sein, die Aufstellung, Bestätigung und<br />

Zuleitung des Entwurfs der Eröffnungsbilanz an den Rat vorzunehmen. Die Planung der Gemeinde für die Haushaltsjahre<br />

mit neuem Rechnungswesen baut auf den Daten der Eröffnungsbilanz auf. Daher sollte die Gemeinde<br />

mit der Anzeige des neuen Haushaltsplans bei ihrer Aufsichtsbehörde auch den vom Bürgermeister bestätigten<br />

Entwurf der Eröffnungsbilanz mit vorlegen, denn erst dadurch wird seitens der Gemeinde dokumentiert, dass es<br />

sich um belastbare Daten handelt. Dabei ist es unerheblich, ob einzelne Wertansätze in der Bilanz noch keine<br />

endgültige Bestimmtheit erlangt haben.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Umstellung auf das NKF nach § 6 Absatz 3 NKFEG erst<br />

vollzogen ist, wenn sämtliche Aufgabenbereiche auf eine Rechnungsführung nach den Regeln der doppelten<br />

Buchführung umgestellt und eine Eröffnungsbilanz aufgestellt worden sind. Nur mit der aufgestellten und bestätigten<br />

Eröffnungsbilanz ist ausreichende Informationsbasis und Grundlage für die künftige gemeindliche Haushaltsplanung<br />

geschaffen worden und damit, auch für das erste Haushaltsjahr mit neuem Rechnungswesen gegeben.<br />

Auch die Beurteilung der Haushaltswirtschaft durch die Aufsichtsbehörde erfordert diesen Sachstand, insbesondere<br />

dann, wenn z. B. bereits im ersten Haushaltsjahr eine Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage oder eine<br />

Verringerung der allgemeinen Rücklage geplant wird.<br />

Für die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde im Rahmen der Anzeige des Haushaltsplans für das erste Haushaltsjahr<br />

mit der Eröffnungsbilanz sind die Kenntnisse über die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz in Form belastbarer<br />

Daten zwingend erforderlich. Die Aufsichtsbehörde kann ggf. die Fristen für die Anzeige des Haushalts der Gemeinde<br />

gem. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> bzw. der Genehmigung nach § 75 Absatz 4 oder § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

verlängern, wenn ihr die notwendigen Informationen zur Erteilung der Genehmigung noch nicht vorliegen. Die von<br />

der Gemeinde vor der Feststellung der Eröffnungsbilanz gegebenen Informationen berühren nicht die zu einem<br />

späteren Zeitpunkt vorzunehmende Anzeige der vom Rat festgestellten gemeindlichen Eröffnungsbilanz an die<br />

Aufsichtsbehörde nach § 92 Absatz 1 i.V.m. § 96 GO <strong>NRW</strong>.<br />

1.2.2 Der Verweis auf § 96 GO <strong>NRW</strong><br />

1.2.2.1 Die Feststellung der Eröffnungsbilanz<br />

Die zweite Verweisung in der Vorschrift auf die entsprechende Anwendung des § 96 GO <strong>NRW</strong> beinhaltet, dass<br />

die Feststellung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz durch den Rat innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten<br />

nach dem Eröffnungsbilanzstichtag erfolgen soll. Dem Rat muss daher ermöglicht werden, bis spätestens 31.<br />

Dezember des Jahres die vom Rechnungsprüfungsausschuss geprüfte Eröffnungsbilanz durch Beschluss feststellen,<br />

in dem der Eröffnungsbilanzstichtag liegt. Diese zeitliche Vorgabe soll die Gemeinde wegen der besonderen<br />

Bedeutung der Eröffnungsbilanz für die künftige gemeindliche Haushaltswirtschaft möglichst einhalten. Es soll<br />

vermieden werden, dass die Gemeinde im zweiten Haushaltsjahr mit neuem Rechnungswesen noch auf der<br />

Grundlage von „vorläufigen Eröffnungsbilanzdaten“ ihren Haushalt planen und bewirtschaften muss.<br />

Bei der Entscheidung über die Feststellung der Eröffnungsbilanz ist ggf. die Stellungnahme des Bürgermeisters<br />

und/oder des Kämmerers zum Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses zu berücksichtigen, insbesondere<br />

dann, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat,<br />

der Bestätigungsvermerk auf Grund von Beanstandungen versagt worden ist oder der Bestätigungsvermerk deshalb<br />

versagt wurde, weil der Prüfer nicht in der Lage war, eine Beurteilung vorzunehmen. Die Beteiligung des<br />

Bürgermeisters und/oder des Kämmerers hat auch dann zu erfolgen, wenn zuvor bereits durch eine Zusammenarbeit<br />

zwischen der Prüfungsinstanz und der gemeindlichen Verwaltung die bei der Eröffnungsbilanz aufgetretenen<br />

Fehler beseitigt worden sind, die der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bildes der Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde entgegenstehen,.<br />

GEMEINDEORDNUNG 746


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Rat der Gemeinde hat bis spätestens 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres den vom<br />

Rechnungsprüfungsausschuss geprüften Jahresabschluss durch Beschluss festzustellen. Die zeitliche Begrenzung<br />

in dieser Vorschrift soll gewährleisten, dass der zeitliche Unterschied zwischen dem Abschlussstichtag und<br />

der Feststellung des Jahresabschlusses noch vertretbar bleibt, um ggf. auch Auswirkungen auf die künftige<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde unverzüglich umsetzen zu können.<br />

Sofern eine zeitnahe Feststellung der Eröffnungsbilanz durch die Gemeinde nicht umsetzbar ist, z. B. bis zum 31.<br />

Dezember 2008, wenn als Stichtag der gemeindlichen Eröffnungsbilanz der 1. Januar 2008 bestimmt wurde,<br />

muss die Eröffnungsbilanz spätestens bis zum 31. Dezember des zweiten Haushaltsjahres mit neuem Rechnungswesen<br />

zusammen mit dem Jahresabschluss des ersten Haushaltsjahres durch den Rat der Gemeinde<br />

festgestellt werden (nach dem Beispiel: 31. Dezember 2009).<br />

Dieser spätere Termin kann vor dem Hintergrund der vollständigen Umstellung des kommunalen Haushaltsrechts<br />

aus mehreren Gründen als noch vertretbar angesehen werden, denn die Eröffnungsbilanz, die mit ihrem Stichtag<br />

am Beginn der Erfassung der Geschäftsvorfälle der Gemeinde nach dem System der doppelten Buchführung<br />

steht, stellt gleichzeitig auch die "Eröffnungsbilanz" für das erste Haushaltsjahr mit neuem Rechnungswesen dar.<br />

Sie wird daher in das erste Haushaltsjahr einbezogen und steht in einem sachlichen Zusammenhang mit dem<br />

Jahresabschluss dieses ersten Haushaltsjahres. Eine längere Feststellungszeit ist nur aus wichtigen Gründen<br />

vertretbar, z. B. weil noch erhebliche Erkenntnisse fehlen, die ggf. eine spätere Berichtigung der Eröffnungsbilanz<br />

entbehrlich machen.<br />

1.2.2.2 Die Entlastung des Bürgermeisters<br />

Die Ratsmitglieder haben ergänzend zum Feststellungsbeschluss über den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

durch den Rat der Gemeinde über die Entlastung des Bürgermeisters zu entscheiden (vgl. § 96 GO <strong>NRW</strong>). Die<br />

Feststellung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz ist als abschließende Entscheidung des Rates über die Art und<br />

Form der Vermögensermittlung, Bewertung und Ansatz in der Eröffnungsbilanz anzusehen. Die inhaltliche Bestimmtheit<br />

des Beschlusses muss daher deutlich erkennen werden lassen, was zum Gegenstand der Entscheidung<br />

des Rates gemacht worden ist.<br />

Über die Feststellung der Eröffnungsbilanz und die Entlastung des Bürgermeisters sollten zwei eigenständige<br />

Beschlüsse gefasst werden. Die beiden Beschlussgegenstände können nicht in einem Beschluss zusammen<br />

gefasst werden, weil über die Entlastung des Bürgermeisters die Ratsmitglieder und nicht der Rat entscheidet,<br />

auch wenn in beiden Fällen eine sachliche Verknüpfung aus der Verantwortung des Bürgermeisters nach § 62<br />

GO <strong>NRW</strong> heraus besteht.<br />

Eine vorbehaltlose Feststellung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz kann zwar gleichzeitig keine vorbehaltlose<br />

Entlastung des Bürgermeisters beinhalten. Sie bringt jedoch bereits zum Ausdruck, dass die Ratsmitglieder mit<br />

der geprüften Eröffnungsbilanz einverstanden sind und das darin dargestellte Vermögen und die Schulden grundsätzlich<br />

billigen. Mit der Entscheidung über die Entlastung des Bürgermeisters verzichten die Ratsmitglieder dann<br />

darauf, bei der Prüfung festgestellte Mängel, die nicht zur Einschränkung des Bestätigungsvermerks nach § 101<br />

GO <strong>NRW</strong> durch den Rechnungsprüfungsausschuss geführt haben, weiter zu verfolgen. Dieser Sachverhalt bedeutet<br />

aber nicht, dass damit derartige Mängel auch beseitigt sind. Für eine Behebung der Mängel muss durch<br />

den Bürgermeister Sorge getragen werden.<br />

1.2.2.2 Anzeige und Bekanntmachung<br />

Die Verweisung auf die entsprechende Anwendung des § 96 GO <strong>NRW</strong> bedingt, dass die vom Rat der Gemeinde<br />

festgestellte Eröffnungsbilanz der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen, öffentlich bekannt zu machen und<br />

GEMEINDEORDNUNG 747


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

danach bis zur Feststellung des folgenden Jahresabschlusses zur Einsichtnahme verfügbar zu halten ist. Wegen<br />

der Bedeutung der Eröffnungsbilanz für die Haushaltswirtschaft der Gemeinde sollte ihre öffentliche Bekanntmachung<br />

möglichst nicht vor der Mitteilung der Aufsichtsbehörde erfolgen, dass sie keine Bedenken gegen die fest-<br />

gestellte Eröffnungsbilanz hat.<br />

Ein Hindernis für die Bekanntmachung der Eröffnungsbilanz kann dadurch bestehen, dass der Rat nur einen<br />

Beschluss über die Feststellung der Eröffnungsbilanz gefasst hat und in diesem Zusammenhang die Ratsmitglieder<br />

nicht die gesetzlich vorgesehene Entlastung des Bürgermeisters ausgesprochen haben. Sie haben diese<br />

Entlastung auch nicht verweigert, denn dann bestände eine Begründungspflicht für die Ratsmitglieder. Liegt eine<br />

solche Situation vor, sind nicht die notwendigen Beschlüsse gefasst worden, die einer Bekanntmachung der Eröffnungsbilanz<br />

vorausgehen müssen. Erst durch die Nachholung eines fehlenden Beschlusses ist das bestehende<br />

Hindernis beseitigt und die Eröffnungsbilanz kann öffentlich bekannt gemacht werden.<br />

Es besteht auch dann ein Hindernis, wenn die Eröffnungsbilanz nicht alle gesetzlich vorgesehenen Bestandteile,<br />

Anlagen oder Unterlagen bei der Beschlussfassung umfasst hat, besteht ein Hindernis für die Bekanntmachung.<br />

Ist ggf. eine gesetzlich vorgesehene Anlage, z. B. der Verbindlichkeitenspiegel (vgl. § 47 GemHVO <strong>NRW</strong>), nicht<br />

Teil des Beschlusses des Rates über die Feststellung der Eröffnungsbilanz ist damit ein Ratsbeschluss zustande<br />

gekommen, der eine Bekanntmachung des Jahresabschlusses nicht zulässt. Erst nach Beseitigung dieses Hindernisses<br />

darf die Eröffnungsbilanz öffentlich bekannt gemacht werden.<br />

1.2.3 Das Verfahren bei der Eröffnungsbilanz<br />

Die Besonderheiten des gemeindlichen Haushaltswesens geben jedoch keinen Anlass, ein besonderes Aufstellungsverfahren<br />

für die Eröffnungsbilanz zu definieren und besondere Anforderungen an die Ratsentscheidung<br />

über die Eröffnungsbilanz zu stellen. Im Rahmen der individuellen Prüfung der Eröffnungsbilanz einer Gemeinde<br />

durch die Aufsichtsbehörde soll diese auch festhalten, ob das Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist bzw. ob<br />

und welche Verfahrensschritte ggf. von ihr gegenüber der Gemeinde zu beanstanden sind. Die Verfahrensschritte,<br />

die terminlich bestimmt sein müssen, werden durch die nachfolgende Übersicht verdeutlicht (vgl. Abbildung).<br />

VERFAHRENSSCHRITT<br />

Aufstellung des Entwurfes<br />

der Eröffnungsbilanz<br />

Zuleitung des Entwurfes<br />

der Eröffnungsbilanz<br />

Prüfung<br />

der Eröffnungsbilanz<br />

Beratung und Feststellung<br />

der Eröffnungsbilanz<br />

Anzeige<br />

der Eröffnungsbilanz<br />

Das Verfahren bei der Eröffnungsbilanz<br />

GEMEINDEORDNUNG 748<br />

ZUSTÄNDIGKEITEN<br />

durch den Kämmerer und Bestätigung durch den Bürgermeister<br />

(§ 92 Absatz 1 i.V.m. § 95 Absatz 3 GO<br />

<strong>NRW</strong>).<br />

an den Rat (§ 92 i.V.m. § 95 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>;<br />

soll innerhalb von drei Monaten nach dem Stichtag 1.<br />

Januar 20.. erfolgen).<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss (§ 92 Absatz<br />

5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

durch den Rat (§ 92 Absatz 1GO <strong>NRW</strong>; bis spätestens<br />

31. Dezember des ersten Haushaltsjahres nach dem<br />

Stichtag.<br />

bei der Aufsichtsbehörde (§ 92 Absatz 1 i.V.m. § 96<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).


Bekanntmachung<br />

der Eröffnungsbilanz<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Verfahren bei der Eröffnungsbilanz<br />

Abbildung 142 „Das Verfahren bei der Eröffnungsbilanz“<br />

2. Zu Absatz 2 (Inhalte der Eröffnungsbilanz):<br />

GEMEINDEORDNUNG 749<br />

(§ 92 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>; soll verfügbar<br />

gehalten werden).<br />

Die Eröffnungsbilanz und der Anhang haben zum Eröffnungsbilanzstichtag unter Beachtung der Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und der<br />

Schuldenlage der Gemeinde zu vermitteln. Dem Rat der Gemeinde und den zuständigen Ausschüssen müssen<br />

deshalb für seine Feststellung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz die notwendigen Unterlagen (Eröffnungsbilanz<br />

mit Anhang und Anlagen) zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden (vgl. Abbildung).<br />

Eröffnungsbilanz<br />

Anhang<br />

Forderungsspiegel<br />

Verbindlichkeitenspiegel<br />

Lagebericht<br />

Die Eröffnungsbilanzunterlagen<br />

BESTANDTEIL DER ERÖFFNUNGSBILANZ<br />

ANLAGEN ZUR ERÖFFNUNGSBILANZ<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 53 Absatz 1 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 92 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 53 Absatz 1 und<br />

§ 44 Absatz 1 und 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 53 Absatz 1 und § 46 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr.<br />

1.6.7 des RdErl. vom 24.02.2005<br />

§ 53 Absatz 1 und § 47 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr.<br />

1.6.8 des Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 53 Absatz 1 und § 48 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 143 „Die Eröffnungsbilanzunterlagen“<br />

Der Gemeinde ist es aber freigestellt, nach örtlichen Bedürfnissen der Eröffnungsbilanz auch noch weitere Unterlagen<br />

beizufügen oder weitere Angaben zu machen, um Interessenkonflikte, die im Zusammenhang mit der von<br />

dem in dieser Vorschrift benannten Personenkreis ausgeübten Tätigkeit stehen und von Bedeutung für die Adressaten<br />

der Eröffnungsbilanz sind, auszuräumen, z. B. über die Verantwortlichen in der Gemeinde (vgl. § 95<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) Es kann auch anhand einer Übersicht, wie sie dem Beteiligungsbericht beizufügen, das Bild<br />

über die in der Eröffnungsbilanz angesetzten gemeindlichen Betriebe aufgezeigt werden ist (vgl. § 52 Absatz 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die gemeindliche Eröffnungsbilanz muss zudem auch für eine Unterrichtung der Bürgerinnen und Bürger und für<br />

die Anzeige an die Aufsichtsbehörde geeignet sein. Die nachfolgend aufgezeigten Unterlagen sind für die Vermittlung<br />

eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde<br />

unverzichtbar und ermöglichen einen aktuellen Überblick über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde. Sie<br />

sind auch im Rahmen der Anzeige an die Aufsichtsbehörde beizufügen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

In den Fällen, in denen wegen besonderer örtlicher Umstände die Eröffnungsbilanz nicht ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde vermitteln kann, ist zu beachten,<br />

dass der Anhang dann zusätzliche Angaben zu enthalten hat. Im Anhang müssen die besonderen Umstände,<br />

die zu der Abweichung führen, erläutert werden. Bei der Abgrenzung, ob besondere Umstände für eine<br />

solche Sachlage vor Ort vorliegen, ist insbesondere auf die Aufgabe und die Funktion der Eröffnungsbilanz abzustellen,<br />

damit ggf. durch den Abhang die erforderliche Korrekturfunktion erfolgen kann.<br />

In der Gemeinde muss vor Ort geklärt werden, welche Sachverhalte und Tatbestände als „besondere Umstände“<br />

einzuordnen sind, die dann zu den gesonderten Angaben und Erläuterungspflichten im Anhang zur gemeindlichen<br />

Eröffnungsbilanz führen. Diese Sachlage ermöglicht den Gemeinden aber nicht, abweichend von den gesetzlichen<br />

Vorschriften selbst den Inhalt und Umfang der Eröffnungsbilanz oder allgemeine zusätzliche Anforderungen<br />

zu bestimmen.<br />

3. Zu Absatz 3 (Ermittlung der Wertansätze der Eröffnungsbilanz):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Wertansätze als vorsichtig geschätzter Zeitwert):<br />

Der Ansatz und die Bewertung von Vermögensgegenständen orientieren sich im „Dauerbetrieb“ des doppischen<br />

Rechnungswesens der Gemeinde an den handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften. Davon ausgehend<br />

sind von der Gemeinde dafür die Anschaffungs- und Herstellungskosten zugrunde zu legen. Um aber zu<br />

Beginn des neuen Rechnungswesens ein realistisches und aktuelles Bild der Vermögens- und Schuldenlage der<br />

Gemeinde zu schaffen, ergibt sich für den Ansatz der Vermögensgegenstände in der Eröffnungsbilanz die Anforderung,<br />

stichtagsbezogen einen aktuellen Wert zu ermitteln, der sich an Zeitwerten orientiert und vorsichtig zu<br />

schätzen ist (vorsichtig geschätzte Zeitwerte).<br />

Der Begriff „vorsichtig geschätzter Zeitwert“ stellt einen Oberbegriff und eine Zielbestimmung unter Beachtung<br />

des Vorsichtsprinzips dar. Es handelt sich hierbei um keinen fest definierten bestimmten Wert. Vielmehr soll unter<br />

Beachtung der Zielbestimmung (Verhütung eines zu hohen Bilanzansatzes und unter Berücksichtigung der Verhältnisse<br />

des Einzelfalls ein sachgerechter Wert bestimmt werden. Er kann auf verschiedene Weise, d.h. anhand<br />

unterschiedlicher Bewertungsverfahren, ermittelt werden. Die Ermittlung des Wertes kann auf der Basis des Verkehrswertes,<br />

des Wiederbeschaffungswertes, des Wiederbeschaffungszeitwertes wie auch der Anschaffungsoder<br />

Herstellungskosten erfolgen.<br />

Die Bewertung des Vermögens zu vorsichtig geschätzten Zeitwerten für den Ansatz in der Eröffnungsbilanz steht<br />

mit den von den Ländern getroffenen Entscheidungen für das kommunale Haushaltsrecht in Einklang. So hat die<br />

Innenministerkonferenz zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts am 21.11.2003 u.a. beschlossen: „Bei der<br />

Eröffnungsbilanz ist neben der Bewertung nach Anschaffungs- und Herstellungsaufwand auch eine Bewertung<br />

nach vorsichtig geschätzten Zeitwerten möglich, wobei bei beiden Modellen Sonderregelungen für Bewertungserleichterungen<br />

vorgesehen werden.<br />

Die Eröffnungsbilanz stellt für alle Gemeinden die neue Ausgangslage für ihre Haushaltswirtschaft dar. Die Festlegung<br />

des maßgebenden Bewertungsverfahrens für die Eröffnungsbilanz erfolgt durch die Länder, wobei diese<br />

die zu erwartende Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, das sich ebenfalls für Zeitwerte<br />

in der Eröffnungsbilanz ausspricht, in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen.“ Auch wenn keine einheitliche<br />

Ausgangslage zwischen den Länder besteht, werden sich jedoch die anfangs vorhandenen Unterschiede im<br />

Laufe der Jahre "auswachsen". Die Entscheidung basiert auf folgenden Überlegungen (vgl. Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 750


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Zeitwerte in der gemeindlichen Eröffnungsbilanz<br />

- Die Eröffnungsbilanz steht am Beginn der doppischen Rechnungslegung der Gemeinde, die<br />

deshalb – wie handelsrechtlich für jeden Kaufmann zu Beginn seiner Tätigkeit vorgeschrieben –<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen der Vermögens- und Schuldenlage entsprechendes Bild<br />

vermitteln muss.<br />

- Die Bewertung von sämtlichen Vermögensgegenständen und Schulden der Gemeinde wird<br />

nicht als Selbstzweck verstanden. Die Maßgabe für die Aufstellung der Eröffnungsbilanz soll<br />

deshalb eine zügige und in der Grundausrichtung konsistente Bewertung des gemeindlichen<br />

Vermögens unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsprinzips und des Grundsatzes der<br />

Wesentlichkeit sein.<br />

- Eine Bewertung der Vermögensgegenstände nur nach Anschaffungs- und Herstellungskosten<br />

steht nicht mit den Zielen der Aktualität und der Rechenschaft in Einklang.<br />

- Auch im Hinblick auf die praktische Umsetzung, z.B. Rückgriff auf die Wertermittlungsverordnung<br />

bei der Bewertung von Grundstücken, ist die Bewertung des gemeindlichen Vermögens<br />

nach vorsichtig geschätzten Zeitwerten (Verkehrswert) vorteilhaft.<br />

- Mit den Zielsetzungen des NKF, insbesondere mit den Zielen „Aktualität“ und „intergenerative<br />

Gerechtigkeit“, vertreten vergleichbare neuere wissenschaftliche Diskussionen zunehmend die<br />

Auffassung, dass für die Bestimmung der Anschaffungskosten auch in der handelsrechtlichen<br />

Eröffnungsbilanz stets von Zeitwerten auszugehen ist.<br />

- Die grundsätzliche Bedeutung der Bewertung von Vermögensgegenständen nach Anschaffungs-<br />

und Herstellungskosten aus dem kaufmännischen Rechnungswesen bleibt auch bei einer<br />

Bewertung auf der Grundlage von vorsichtig geschätzten Zeitwerten erhalten, denn die ermittelten<br />

Zeitwerte stellen am Stichtag der Eröffnungsbilanz „fiktive“ Anschaffungs- und Herstellungskosten<br />

dar und dienen als Basis für die zukünftigen Abschreibungen.<br />

- Für die Festlegung der Bewertung der Vermögensgegenstände nach vorsichtig geschätzten<br />

Zeitwerten hat sich auch das Institut der Deutschen Wirtschaftsprüfer ausgesprochen.<br />

Abbildung 144 „Die Zeitwerte in der gemeindlichen Eröffnungsbilanz“<br />

Durch die getroffene Regelung wird sichergestellt, dass die Gemeinden innerhalb des Landes die Vermögensbewertung<br />

einheitlich vornehmen. Die Vorschrift sieht daher vor, die Wertermittlung für die Eröffnungsbilanz auf der<br />

Grundlage von vorsichtig geschätzten Zeitwerten vorzunehmen. Das D-Markbilanzgesetz hat dieser Regelung als<br />

Vorbild gedient. Die Regelung wird von den Modellkommunen mitgetragen, die die Erfassung und Bewertung von<br />

Vermögen der Gemeinde nach dem vorsichtig geschätzten Zeitwert erprobt haben. Mit dieser Entscheidung wird<br />

in besonderem Maße dem Anliegen Rechnung getragen, die Gemeinden bei der Erstellung einer Eröffnungsbilanz<br />

mit dem geringst möglichen Aufwand zu belasten, ohne dabei auf allgemein anerkannte kaufmännische<br />

Bilanzierungsregeln verzichten zu müssen.<br />

3.2 Zu Satz 2 (Wertansätze als Anschaffungs- oder Herstellungskosten):<br />

3.2.1 Die Zeitwerte als Anschaffungs- oder Herstellungskosten<br />

Die Eröffnungsbilanz bildet ab dem Bilanzstichtag die Ausgangslage für die künftige Haushaltswirtschaft der Gemeinde.<br />

Deshalb muss bereits bei ihrer Aufstellung berücksichtigt werden, dass bei laufendem Geschäftsbetrieb<br />

der Gemeinde das Anschaffungskostenprinzip für die spätere Bilanzierung eine entsprechende Anwendung fin-<br />

GEMEINDEORDNUNG 751


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

det, denn die Anschaffungs- und Herstellungskosten sollen in den späteren Jahresabschlüssen die wertmäßige<br />

Obergrenze für die Bewertung darstellen.<br />

Die Vorschrift folgt diesem Ansatz, denn es wird bestimmt, dass die in der Eröffnungsbilanz für die Vermögensgegenstände<br />

angesetzten Werte künftig als Anschaffungs- oder Herstellungskosten und damit als Wertobergrenze<br />

gelten. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten stellen eine feste Wertgröße in Bezug auf den betreffenden<br />

Vermögensgegenstand dar. Sie unterliegen keiner künftigen Bewertung und damit i.d.R. auch keinen Wertschwankungen<br />

unterliegt. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten stellen daher, anders als ein Zeitwert, eine<br />

feste Bezugsgröße zur Feststellung von Wertminderungen in Form von planmäßigen und außerplanmäßigen<br />

Abschreibungen dar.<br />

Der Gestaltung dieser Bestimmung liegt außerdem die Fiktion zu Grunde, die Gemeinde hätte zum Stichtag der<br />

Eröffnungsbilanz erstmals den Geschäftsbetrieb aufgenommen und für ihre örtliche Aufgabenerfüllung die notwendigen<br />

Vermögensgegenstände erworben bzw. in den Geschäftsbetrieb eingebracht (Erwerbsfiktion). Diesen<br />

Wertansätzen kann deshalb die Aufgabe zu geschrieben werden, als historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten<br />

für den Geschäftsbetrieb der Gemeinde zu dienen. Für diese Festlegung und Funktion hat das D-<br />

Markbilanzgesetz als Vorbild gedient.<br />

Der fiktive Anschaffungsvorgang wird aber auch auf der Grundlage der vorsichtig geschätzten Zeitwerte im Inventar<br />

der Gemeinde sowie durch die Wertansätze in der gemeindlichen Eröffnungsbilanz abgebildet. Sie werden in<br />

dieser Funktion auch im Anlagenspiegel der Gemeinde nach § 45 GemHVO <strong>NRW</strong> entsprechend ausgewiesen.<br />

Durch einen Verweis auf die zulässigen Wertberichtigungen nach Absatz 7 wird die Regelung noch ergänzt, um<br />

bei Vorliegen späterer Erkenntnisse das objektivierte Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde zum Stichtag<br />

der gemeindlichen Eröffnungsbilanz durch ggf. notwendige Korrekturen zu erhalten.<br />

3.2.2 Abschreibungen nicht vor Eröffnungsbilanzstichtag<br />

In diesem Zusammenhang ist für die Ermittlung des vorsichtig geschätzten Zeitwertes zu beachten, dass vor dem<br />

Stichtag der Eröffnungsbilanz die Abnutzung von Vermögensgegenständen haushaltswirtschaftlich nicht in einer<br />

Vermögensrechnung erfasst wurde. Daher kann bei der Ermittlung der Werte der Vermögensgegenstände die<br />

bisherige Nutzung nicht als Abschreibungen erfasst und von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder<br />

dem Neuwert in Abzug gebracht werden. In den Fällen, in denen der in der Eröffnungsbilanz anzusetzende Vermögensgegenstand<br />

nicht mehr dem Neuwert entspricht, kann diese Abweichung nur als Alterswertminderung<br />

oder in Form von Abschlägen für Mängel oder Schäden in die Wertermittlung einbezogen werden.<br />

Es besteht gleichwohl keine Identität der Sachverhalte, auch wenn ggf. zur Bestimmung des Umfanges solcher<br />

Wertminderungen vielfach die gleichen Methoden zur Anwendung kommen wie nach dem Stichtag der Eröffnungsbilanz<br />

zur Ermittlung des Ressourcenverbrauchs im NKF durch Abschreibungen. Außerdem ist es sachlich<br />

nicht zutreffend, wenn im Rahmen der Ermittlung der Wertansätze der Vermögensgegenstände für die bisherige<br />

Nutzungszeit auch Abschreibungen oder für Wertminderungen dann „außergewöhnliche Abschreibungen“ in die<br />

Berechnung einbezogen werden. Es ist zum Verständnis der Sachverhalte, aber zur Vermeidung von Unklarheiten<br />

und Unsicherheiten notwendig, auch durch Begrifflichkeiten eine klare Trennung zwischen der Zeit vor der<br />

Eröffnungsbilanz und der Zeit nach der Eröffnungsbilanz zu ziehen.<br />

3.2.3 Wertberichtigungen in der Eröffnungsbilanz<br />

In den Fällen, in denen sich bei der Aufstellung späterer Jahresabschlüsse ergibt, dass in der Eröffnungsbilanz<br />

Vermögensgegenstände oder Sonderposten oder Schulden fehlerhaft angesetzt worden sind, so ist der Wertansatz<br />

zu berichtigen oder nachzuholen. Die Eröffnungsbilanz gilt dann als geändert. Eine Berichtigung kann letzt-<br />

GEMEINDEORDNUNG 752


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

mals im vierten der Eröffnungsbilanz folgenden Jahresabschluss vorgenommen werden. Diese Vorgabe hat den<br />

Zweck, nachteilige Auswirkungen unrichtiger Bilanz- und Wertansätze in der Eröffnungsbilanz auf künftige Jahresabschlüsse<br />

dadurch zu vermeiden, dass eine Berichtigung oder Nachholung von Wertansätzen in vereinfach-<br />

ter Form zugelassen wird. Maßgeblich für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit sind die zum Bilanzstichtag vorliegenden<br />

objektiven Verhältnisse. Derartige Wertberichtigungen der Eröffnungsbilanz nach ihrer Aufstellung wirken<br />

sich auch auf die Geltung der Wertansätze als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aus.<br />

4. Zu Absatz 4 (Prüfung der Eröffnungsbilanz):<br />

4.1 Allgemeine Sachlage<br />

Der Umfang und der Inhalt der Prüfung der Eröffnungsbilanz erstrecken sich grundsätzlich auf die Einhaltung der<br />

gesetzlichen Vorschriften. Daher sind die Eröffnungsbilanz und der Anhang dahingehend zu prüfen, ob sie unter<br />

Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens- und der Schuldenlage der Gemeinde zu vermitteln. Die Prüfung der Eröffnungsbilanz hat<br />

aber auch eine Kontroll-, Informations- und Beglaubigungsfunktion und findet ihre spätere Fortsetzung in der<br />

Prüfung der jährlichen Bilanz, die ein Bestandteil des Jahresabschlusses der Gemeinde ist. Außerdem hat der<br />

Rechnungsprüfungsausschuss des Rates die Eröffnungsbilanz zu prüfen.<br />

4.2 Prüfungsumfang und Prüfungsgegenstände<br />

Nach der Vorschrift stehen die Eröffnungsbilanz und der Anhang im Mittelpunkt der Prüfung. Sie sind dahingehend<br />

zu prüfen, ob sie ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der wirtschaftlichen Lage der<br />

Gemeinde vermitteln, denn nach Absatz 2 der Vorschrift haben die Eröffnungsbilanz und der Anhang unter Beachtung<br />

der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild<br />

der Vermögens- und der Schuldenlage der Gemeinde zum Bilanzstichtag zu vermitteln. Die Prüfung hat sich aber<br />

auch darauf zu erstrecken, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Bestimmungen beachtet<br />

worden sind.<br />

In der Vorschrift wird zudem bestimmt, dass auch die Inventur, das Inventar und die Übersicht über örtlich festgelegte<br />

Restnutzungsdauern der Vermögensgegenstände in die Prüfung einzubeziehen sind, gehören auch diese<br />

Teile zur Prüfung der Eröffnungsbilanz der Gemeinde. Zur Prüfung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz gehört<br />

auch der Lagebericht, der der Eröffnungsbilanz beizufügen ist, auch wenn dies nicht in dieser Vorschrift ausdrücklich<br />

formuliert wurde oder durch einen Verweis auf § 101 Absatz 1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong> ersichtlich wird (vgl. §<br />

53 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Gleichwohl ist bei der Prüfung der Eröffnungsbilanz der Lagebericht daraufhin zu<br />

prüfen, ob er den Vorgaben genügt, mit der gemeindlichen Eröffnungsbilanz in Einklang steht und ob seine sonstigen<br />

Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde erwecken<br />

(vgl. § 48 GemHVO <strong>NRW</strong>.<br />

4.3 Prüfung und zeitnahe Feststellung der Eröffnungsbilanz<br />

Bei der Prüfung der Eröffnungsbilanz ist zu berücksichtigen, dass die Feststellung der Eröffnungsbilanz durch<br />

Beschluss des Rates innerhalb von zwölf Monaten nach dem Eröffnungsbilanzstichtag erfolgen soll (vgl. § 96 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Dadurch wird vermieden, dass die Haushaltsplanung und die Bewirtschaftung im zweiten Haushaltsjahr<br />

der Gemeinde mit neuem Rechnungswesen nicht mehr auf der Grundlage von „vorläufigen Eröffnungsbilanzdaten“<br />

erfolgen sollen Ist eine zeitnahe Feststellung der Eröffnungsbilanz durch den Rat nicht umsetzbar, muss die<br />

Eröffnungsbilanz zusammen mit dem Jahresabschluss des ersten Haushaltsjahres spätestens bis zum 31. Dezember<br />

des zweiten Haushaltsjahres, in dem das neue Rechnungswesen angewandt wird, festgestellt werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 753


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

Diese Verfahrensweise kann vor dem Hintergrund der vollständigen Umstellung des kommunalen Haushaltsrechts<br />

aus mehreren Gründen als noch vertretbar angesehen werden. Der Beschluss über die Feststellung der<br />

Eröffnungsbilanz darf nur dann erfolgen, wenn eine vorherige Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

stattgefunden hat. Wird die Feststellung der Eröffnungsbilanz vom Rat verweigert, so sind die Gründe dafür gegenüber<br />

dem Bürgermeister anzugeben. Nach dem Beschluss des Rates über die Feststellung ist die Eröffnungsbilanz<br />

der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen sowie öffentlich bekannt zu machen und zur Einsichtnahme<br />

verfügbar zu halten.<br />

5. Zu Absatz 5 (Zuständigkeit für die Prüfung der Eröffnungsbilanz):<br />

5.1 Zu Satz 1 (Aufgaben des Rechnungsprüfungsausschusses):<br />

In dieser Vorschrift wird ausdrücklich die Zuständigkeit des Rechnungsprüfungsausschusses für die Prüfung der<br />

Eröffnungsbilanz bestimmt. Nach § 57 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> muss der Rat in jeder Gemeinde einen Rechnungsprüfungsausschuss<br />

bilden. Dieser Ausschuss hat die Aufgabe der Prüfung der Eröffnungsbilanz der Gemeinde und<br />

in den künftigen Jahren die Prüfung des Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses der Gemeinde (vgl. §<br />

59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Mit diesen Vorschriften, ergänzt um die Vorschrift des § 59 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>, wird der<br />

Rahmen für die Tätigkeit des Rechnungsprüfungsausschusses in der Gemeinde gesetzt.<br />

Die dem Finanzausschuss auf Grund des haushaltswirtschaftlichen Stellenwerts im NKF obliegenden Vorbereitung<br />

des Jahresabschlusses, des Gesamtabschlusses und der Eröffnungsbilanz (folgt seiner Aufgabe „Vorbereitung<br />

der Haushaltssatzung“) steht der gesetzlich dem Rechnungsprüfungssausschuss zugeordneten Prüfungspflicht<br />

der Abschlüsse der Gemeinde nicht entgegen. Damit kommt dem Rechnungsprüfungsausschuss unmittelbar<br />

eine Prüfungstätigkeit zu, die zur Erhöhung der Effektivität und Effizienz der Arbeit des Rates beitragen soll.<br />

5.2 Zu Satz 2 (Sicherung der Ordnungsmäßigkeit der Prüfung der Eröffnungsbilanz):<br />

In der Vorschrift wird zur Sicherung der Ordnungsmäßigkeit der Prüfung klargestellt, welche zusätzlichen Gegebenheiten<br />

in die Prüfung der Eröffnungsbilanz mindestens einzubeziehen sind. Dazu zählen z.B. die Inventur, das<br />

Inventar und die Übersicht über örtlich festgelegte Restnutzungsdauern der Vermögensgegenstände. Außerdem<br />

gehört auch der Lagebericht dazu, der der Eröffnungsbilanz beizufügen ist, auch wenn dieses weder in dieser<br />

Vorschrift noch durch einen Verweis auf § 101 Absatz 1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong> ausdrücklich bestimmt wurde. Der Lagebericht<br />

ist daraufhin zu prüfen, ob er mit der Eröffnungsbilanz in Einklang steht und ob seine sonstigen Angaben<br />

nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde erwecken.<br />

5.3 Zu den Sätzen 3 bis 5 (Ergebnisse der Prüfung der Eröffnungsbilanz):<br />

Die Festlegung, dass ein Prüfungsbericht über das Ergebnis sowie die Prüfung zu erstellen ist, dient der Ordnungsmäßigkeit.<br />

So wird durch die in dieser Vorschrift enthaltenen Verweisungen klargestellt, dass die Regeln für<br />

die Prüfung von Jahresabschlüssen auch für die Prüfung der Eröffnungsbilanz Anwendung finden. Dies stellt<br />

auch den Gesamtzusammenhang zur Haushaltswirtschaft der Gemeinde her. Auch der vom Rechnungsprüfungsausschuss<br />

zu erteilende Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung, der in den Prüfungsbericht<br />

aufzunehmen ist, verdeutlichen das Prüfungsgeschehen.<br />

Durch die Verweisungen auf die weiteren Vorschriften der Gemeindeordnung, z. B. den Inhalt des Bestätigungsvermerks,<br />

die Verfahrensbeteiligung des Bürgermeisters, die Rechte der Prüfer der Eröffnungsbilanz und eine<br />

Beteiligungsregelung für die Gemeindeprüfungsanstalt, wird ein Gesamtzusammenhang zum Verwaltungshan-<br />

GEMEINDEORDNUNG 754


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

deln hergestellt. So ist z. B. vor der Feststellung der Eröffnungsbilanz durch den Rat dem Bürgermeister Gelegenheit<br />

zur Stellungnahme zu geben.<br />

Über Art und Umfang der Prüfung sowie über das Ergebnis der Prüfung ist ein Prüfungsbericht zu erstellen. Der<br />

Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung ist in den Prüfungsbericht aufzunehmen. Die Formulierung<br />

und Ausgestaltung des Bestätigungsvermerks ist eigenverantwortlich vom Prüfer im Rahmen seines<br />

Prüfungsauftrages und der Durchführung der Prüfung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz unter Berücksichtigung<br />

der örtlichen Verhältnisse und der Ergebnisse seiner Prüfung vorzunehmen. Er ist dementsprechend vom Abschlussprüfer<br />

zu formulieren.<br />

Der Abschlussprüfer kann auch zu einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk sachgerechte Hinweise auf<br />

Umstände aufnehmen, auf die er in besonderer Weise aufmerksam machen will, die aber sein positives Prüfungsurteil<br />

über den Gesamtabschluss nicht einschränken. Er ist durch den Prüfer, die örtliche Rechnungsprüfung<br />

sowie durch den Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses mit Angabe des Ortes und des Datums zu<br />

unterzeichnen, jedoch abhängig davon, in welchem Umfang von ihnen Prüfungsaufgaben erledigt wurden. Werden<br />

dagegen Beanstandungen ausgesprochen, ist der Bestätigungsvermerk einzuschränken oder zu versagen.<br />

Ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk darf nur erteilt werden, wenn die geprüfte Eröffnungsbilanz unter Beachtung<br />

der vom Prüfer vorgenommenen, in ihrer Tragweite erkennbaren Einschränkung ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen im Wesentlichen entsprechendes Bild der Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde vermittelt.<br />

Sind die Beanstandungen so erheblich, dass kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-<br />

und Schuldenlage der Gemeinde mehr vermittelt wird, ist der Bestätigungsvermerk zu versagen.<br />

Der Bestätigungsvermerk ist auch dann zu versagen, wenn der Prüfer nach Ausschöpfung aller angemessenen<br />

Möglichkeiten zur Klärung des Sachverhaltes nicht in der Lage ist, eine Beurteilung abzugeben. Die Versagung<br />

ist dann in einem Vermerk, der nicht als Bestätigungsvermerk zu bezeichnen ist, aufzunehmen. Die Einschränkung<br />

oder Versagung ist zu begründen.<br />

5.4 Ein Beispiel für den Bestätigungsvermerk für die Eröffnungsbilanz<br />

Ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk für die Gemeinde kann z. B. folgende Fassung haben (vgl. Abbildung).<br />

Ein Beispiel für den Bestätigungsvermerk für die Eröffnungsbilanz<br />

Bestätigungsvermerk des Prüfers<br />

Die Eröffnungsbilanz und der Anhang der Gemeinde ... wurde unter Beachtung des § 92 Absatz 2<br />

GO <strong>NRW</strong> und unter Einbeziehung der Inventur, des Inventars und der Übersicht über örtlich festgelegte<br />

Restnutzungsdauern der Vermögensgegenstände sowie des Lageberichtes geprüft. In die Prüfung<br />

sind die sie ergänzenden Bestimmungen der Satzungen der Gemeinde und die sonstigen ortsrechtlichen<br />

Bestimmungen einbezogen worden. Sie wurde so geplant und durchgeführt, dass Unrichtigkeiten<br />

und Verstöße, die sich auf die Darstellung des durch die Eröffnungsbilanz nebst Anhang<br />

unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und durch den Lagebericht vermittelten<br />

Bildes der Vermögens- und Schuldenlage wesentlich auswirken, mit hinreichender Sicherheit<br />

erkannt werden konnten. Bei der Festlegung der Prüfungshandlungen sind die Kenntnisse über die<br />

Tätigkeit und über das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld der Gemeinde sowie die Erwartungen<br />

über mögliche Fehler berücksichtigt worden. Im Rahmen der Prüfung wurden die Nachweise und<br />

Unterlagen für die Eröffnungsbilanz nebst Anhang und Lagebericht überwiegend auf der Basis von<br />

Stichproben beurteilt. Die Prüfung hat die Beurteilung der angewandten Bilanzierungsgrundsätze und<br />

der wesentlichen Einschätzungen des Bürgermeisters der Gemeinde sowie die Würdigung der Gesamtdarstellung<br />

der Eröffnungsbilanz nebst Anhang und des Lageberichts umfasst.<br />

Die Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 755


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

Ein Beispiel für den Bestätigungsvermerk für die Eröffnungsbilanz<br />

Nach den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen entspricht die Eröffnungsbilanz nebst Anhang<br />

den gesetzlichen Vorschriften, den ergänzenden Bestimmungen der gemeindlichen Satzungen und<br />

sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen und vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und<br />

Schuldenlage der Gemeinde. Der Lagebericht steht in Einklang mit der Eröffnungsbilanz nebst Anhang,<br />

vermittelt insgesamt ein zutreffendes Bild von der Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde<br />

und stellt die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend dar.<br />

Abbildung 145 „Ein Beispiel für den Bestätigungsvermerk für die Eröffnungsbilanz“<br />

Ein solcher Bestätigungsvermerk ist in Abhängigkeit vom erteilten Prüfungsauftrag bzw. den erledigten Prüfungsaufgaben<br />

durch den Prüfer, die örtliche Rechnungsprüfung sowie durch den Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

mit Angabe des Ortes und des Datums zu unterzeichnen (vgl. § 101 Absatz 7 i.V.m. § 103<br />

Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

5.5 Die Beteiligung Dritter als Prüfer<br />

Aus örtlichen Gesichtspunkten heraus kann es wegen der erheblichen Bedeutung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz<br />

erforderlich sein, dass sich die örtliche Rechnungsprüfung der Gemeinde - dessen sich der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

zur Durchführung der Prüfung bedienen muss (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>) - für die Prüfung<br />

der Eröffnungsbilanz eines Dritten bedient, z. B. Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (vgl. §<br />

103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

6. Zu Absatz 6 (Überörtliche Prüfung der Eröffnungsbilanz):<br />

Die gesamte Haushaltswirtschaft der Gemeinde unterliegt der überörtlichen Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt.<br />

Die gemeindliche Eröffnungsbilanz muss daher ebenfalls der überörtlichen Prüfung unterliegen.<br />

Diese Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt (vgl. § 105 GO <strong>NRW</strong>) stellt eine Aufsichtsprüfung dar. Sie<br />

unterscheidet sich zudem von der örtlichen Rechnungsprüfung dadurch, dass sie von einer außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

stehenden Stelle durchgeführt wird, während die örtliche Rechnungsprüfung i.d.R. durch eine<br />

gemeindeeigene Stelle vorzunehmen ist. An die überörtliche Prüfung der Eröffnungsbilanz schließt sich das gleiche<br />

Verfahren an, wie es für die Prüfung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft nach § 105 GO <strong>NRW</strong> vorgesehen<br />

ist. Gleichwohl stellt die Prüfung der Eröffnungsbilanz der Gemeinde eine eigenständige Prüfung dar, deren<br />

Berechtigung und Zuständigkeit auf dieser Vorschrift und nicht auf der Vorschrift des § 105 GO <strong>NRW</strong> beruht.<br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt hat das Prüfungsergebnis zur Eröffnungsbilanz in Form eines Prüfberichts der<br />

geprüften Gemeinde und ihrer Aufsichtsbehörde mitzuteilen. Der Bürgermeister hat den Prüfungsbericht dem<br />

Rechnungsprüfungsausschuss zur Beratung vorzulegen. Anschließend muss der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

den Rat über den wesentlichen Inhalt des Prüfungsberichts sowie über das Ergebnis seiner Beratungen unterrichten.<br />

Wenn Beanstandungen ausgesprochen wurden, entsteht für die Gemeinde die Pflicht, gegenüber der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

und der Aufsichtsbehörde innerhalb einer dafür bestimmten Frist eine Stellungnahme zum<br />

Prüfungsbericht abzugeben. Oftmals enthält der Prüfungsbericht aber keine Beanstandungen mehr, weil diese<br />

bereits zuvor ausgeräumt werden konnten. In diesem Zusammenhang kann sich aus den Beanstandungen der<br />

Gemeindeprüfungsanstalt ein Berichtigungsbedarf ergeben, der entsprechend der haushaltsrechtlichen Regelungen<br />

im Absatz 7 dieser Vorschrift sowie in § 57 GemHVO <strong>NRW</strong> zu behandeln ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 756


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

7. Zu Absatz 7 (Durchführung von Wertberichtigungen):<br />

7.1 Zu Satz 1 (Berichtigung und Nachholung von Wertansätzen):<br />

Die Vorschrift hat den Zweck, nachteilige Auswirkungen unrichtiger Bilanz- und Wertansätze in der Eröffnungsbilanz<br />

auf künftige Jahresabschlüsse dadurch zu vermeiden, dass eine Berichtigung oder Nachholung von Wertansätzen<br />

in vereinfachter Form zugelassen wird. Die Berichtigung umfasst grundsätzlich alle Posten der gemeindlichen<br />

Eröffnungsbilanz, auch wenn für die Fehlerhaftigkeit ausdrücklich die Wertansätze der gemeindlichen Vermögensgegenstände<br />

oder Sonderposten oder Schulden als Anlass einer Berichtigung der Eröffnungsbilanz benannt<br />

worden sind.<br />

Eine Berichtigung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz ist auch zwingend notwendig, wenn in dieser Bilanz z. B.<br />

die in § 75 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> bestimmte Bemessung der Ausgleichsrücklage als fehlerhaft anzusehen ist. Maßgeblich<br />

für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit sind die zum Bilanzstichtag vorliegenden objektiven Verhältnisse.<br />

Das Nähere für eine Berichtigung und Nachholung von Wertansätzen der gemeindlichen Eröffnungsbilanz ist in<br />

der Vorschrift des § 57 GemHVO <strong>NRW</strong> bestimmt worden. So ist z. B. ein Wertansatz zu berichtigen, wenn es sich<br />

bei dem fehlerhaften Ansatz um einen wesentlichen Wertbetrag handelt (vgl. Abbildung).<br />

Die Berichtigung der Werte der gemeindlichen Eröffnungsbilanz<br />

Vermögensgegenstände oder Sonderposten oder Schulden in der Eröffnungsbilanz<br />

können berichtigt werden,<br />

- bei einem zu niedrigen Wert,<br />

- bei einem zu hohen Wert,<br />

- sie zu Unrecht angesetzt oder<br />

- zu Unrecht nicht angesetzt worden sind.<br />

Abbildung 146 „Die Berichtigung der Werte der gemeindlichen Eröffnungsbilanz“<br />

Die Notwendigkeit der Berichtigung fehlerhafter Ansätze oder ihrer Nachholung ergibt sich aus der Aufgabe der<br />

Eröffnungsbilanz, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und Schuldenlage<br />

der Gemeinde zu vermitteln. Daher sind alle wesentlichen Fehler in der Eröffnungsbilanz zu korrigieren. Die unwesentlichen<br />

Fehler können dabei unberücksichtigt bleiben. Aufgrund der Tatsache, dass fehlerhafte Ansätze zu<br />

korrigieren sind, ist eine nachträgliche Ausübung von Wahlrechten bzw. Ermessensspielräumen nicht zulässig.<br />

In den Fällen der Nachholung eines Wertansatzes besteht wie bei der Erstbilanzierung die Möglichkeit zur Ausübung<br />

von Wahlrechten. Da die Aufstellung der Eröffnungsbilanz nicht mit der Ermittlung eines Gewinns oder<br />

Verlustes verbunden ist, ist es konsequent, dass die Berichtigung der Eröffnungsbilanzwerte ebenfalls nicht ergebniswirksam<br />

vorzunehmen bzw. zu buchen ist. Daher soll die Ergebnisrechnung durch eine Berichtigung der<br />

Eröffnungsbilanz nicht berührt werden. Durch diese Vorgabe wird die Durchführung oder Unterlassung einer<br />

Bilanzberichtigung auf Grund von ergebnispolitischen Motiven der Gemeinde verhindert.<br />

Die Notwendigkeit einer Berichtigung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz kann sich auch erst bei der Aufstellung<br />

späterer Jahresabschlüsse herausstellen. Wenn am späteren Abschlussstichtag die fehlerhaft angesetzten Vermögensgegenstände<br />

nicht mehr vorhanden sind oder die Schulden nicht mehr bestehen, soll gleichwohl eine<br />

Berichtigung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz erfolgen. Ist eine Berichtigung vorzunehmen, so ist eine sich<br />

GEMEINDEORDNUNG 757


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

daraus ergebende Wertänderung ergebnisneutral und unmittelbar mit der allgemeinen Rücklage zu verrechnen.<br />

Die vorgenommenen Wertberichtigungen oder Wertnachholungen sind im Anhang im des aufzustellenden Jahresabschluss<br />

von der Gemeinde gesondert anzugeben (vgl. § 44 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

7.2 Zu Satz 2 (Geltung der Berichtigung und Nachholung von Wertansätzen):<br />

Nach der Vorschrift gilt die gemeindliche Eröffnungsbilanz als geändert, wenn bei der Aufstellung späterer Jahresabschlüsse<br />

der Gemeinde, die in der gemeindlichen Eröffnungsbilanz enthaltenen Wertansätze für gemeindliche<br />

Vermögensgegenstände oder Sonderposten oder Schulden der Gemeinde in zulässiger Weise berichtigt<br />

oder nachgeholt werden. Auch diese ausdrückliche Festlegung der Wirkung einer Berichtigung und Nachholung<br />

von Wertansätzen bedeutet nicht, dass alle nach der Eröffnungsbilanz der Gemeinde aufgestellten gemeindlichen<br />

Jahresabschlüsse zu ändern sind.<br />

Im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses, in dem die Berichtigung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz<br />

vorgenommen wird, sind im Anhang nicht nur Erläuterungen über die Durchführung der Berichtigung und Nachholung<br />

von Wertansätzen der gemeindlichen Eröffnungsbilanz zu geben, sondern es sind auch deren Wirkungen<br />

für den Zeitraum zwischen der Eröffnungsbilanz der Gemeinde und dem Abschlussstichtag dieses Jahresabschlusses<br />

anzugeben (vgl. § 44 i.V.m. § 57 Absatz 2 Satz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

7.3 Zu Satz 3 (Frist der Berichtigung und Nachholung von Wertansätzen):<br />

Die Vorschrift sieht eine zeitliche Befristung der Berichtigung und Nachholung von Wertansätzen der gemeindlichen<br />

Eröffnungsbilanz vor, denn es wird ausdrücklich bestimmt, dass eine Berichtigung letztmals im vierten der<br />

Eröffnungsbilanz folgenden Jahresabschluss vorgenommen werden kann. Sie ist aus dem D-Markbilanzgesetz<br />

übernommen worden. Diese gesetzliche Festlegung ist als sachgerecht anzusehen, denn der vom Gesetzgeber<br />

eingeräumte Zeitraum gewährt die erforderliche Sicherheit für die weitere Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft,<br />

die auf der Eröffnungsbilanz der Gemeinde als Ausgangsgrundlage aufbaut. Die Gemeinde müsste<br />

in der Zeit mehrerer gemeindlicher Haushaltsjahre über ausreichende Erfahrungen und ggf. Erkenntnisse verfügen,<br />

um die Notwendigkeit einer Änderung ihrer Eröffnungsbilanz beurteilen zu können.<br />

Nach Ablauf eines Zeitraumes von vier Jahren nach dem Bilanzstichtag der gemeindlichen Eröffnungsbilanz ist<br />

nicht zu erwarten, dass noch Korrekturen erforderlich werden, die zwingend auf Fehler in der Eröffnungsbilanz als<br />

Ausgangsgrundlage zurückzuführen sind. Daher ist die Möglichkeit der Bilanzberichtigung auf den genannten<br />

Zeitraum beschränkt worden. Eine Berichtigung oder Nachholung von Wertansätzen der Eröffnungsbilanz in den<br />

späteren Jahresabschlüssen wirkt auf die Eröffnungsbilanz zurück, erfordert aber nicht, die bestandskräftigen<br />

Jahresabschlüsse im Zeitraum zwischen der gemeindlichen Eröffnungsbilanz und der Berichtigung oder Nachholung<br />

von Wertansätzen zu ändern. Maßgeblich für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit sind jedoch immer die zum<br />

Eröffnungsbilanzstichtag bei der Gemeinde bestehenden objektiven Verhältnisse.<br />

7.4 Zu Satz 4 (Erleichterung bei der Berichtigung und Nachholung von Wertansätzen):<br />

Die Vorschrift sieht ausdrücklich vor, dass vorherige Jahresabschlüsse der Gemeinde, also gemeindliche Jahresabschlüsse<br />

in dem Zeitraum zwischen der gemeindlichen Eröffnungsbilanz und dem Jahresabschluss der Gemeinde,<br />

in dem von der Gemeinde eine Berichtigung ihrer Eröffnungsbilanz vorgenommen wird oder eine Nachholung<br />

von Wertansätzen in der Eröffnungsbilanz erfolgt, nicht berichtigt werden müssen. Gleichwohl ist diese<br />

Zeit bei der Festlegung der Wertgrößen, die dann als Wertansätze in der gemeindlichen Bilanz ausgewiesen<br />

werden, zu berücksichtigen. Mit der Vorschrift soll den Gemeinden eine Erleichterung an die Hand gegeben werden,<br />

um den zusätzlichen Aufwand zu vermeiden. Dadurch wird vermieden, die bereits bekannt gemachten ge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 758


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 92 GO <strong>NRW</strong><br />

meindlichen Jahresabschlüsse nochmals durch den Kämmerer neu aufzustellen und vom Bürgermeister zu bestätigen<br />

sowie vom Rechnungsprüfungsausschuss zu prüfen und vom Rat festzustellen.<br />

In besonderen örtlichen Einzelfällen kann sich aber durchaus ein Bedürfnis für eine solche umfangreiche Berichtigungsreihe<br />

ergeben. Die Fehlerhaftigkeit der gemeindlichen Eröffnungsbilanz muss so groß und gravierend<br />

sein, dass unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit und der Aufgabe der gemeindlichen Jahresabschlüsse,<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde zu vermitteln,<br />

sowie des Informationsinteresses der Adressaten der gemeindlichen Eröffnungsbilanz und der Jahresabschlüsse<br />

der Gemeinde, die Vornahme einer Berichtigung aller Abschlüsse als zwingend anzusehen ist. Ein Ansatz dafür<br />

oder dagegen bieten jeweils der Tenor, der im Rahmen der Prüfung der gemeindlichen Abschlüsse nach § 92<br />

Absatz 5 und § 101 GO <strong>NRW</strong> zu erteilenden Bestätigungsvermerke, die Gegenstand der Feststellung durch den<br />

Rat, aber auch Grundlage für die Entlastung des Bürgermeisters sind (vgl. § 96 GO <strong>NRW</strong>).<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 759


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 93<br />

Finanzbuchhaltung<br />

(1) 1 Die Finanzbuchhaltung hat die Buchführung und die Zahlungsabwicklung der Gemeinde zu erledigen. 2 Die<br />

Buchführung muss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung so beschaffen sein, dass<br />

innerhalb einer angemessenen Zeit ein Überblick über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde gegeben werden<br />

kann. 3 Die Zahlungsabwicklung ist ordnungsgemäß und sicher zu erledigen.<br />

(2) Die Gemeinde hat, wenn sie ihre Finanzbuchhaltung nicht nach § 94 durch eine Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

besorgen lässt, dafür einen Verantwortlichen und einen Stellvertreter zu bestellen.<br />

(3) 1 Soweit die ordnungsgemäße Erledigung und die Prüfung gewährleistet sind, kann die Finanzbuchhaltung für<br />

funktional begrenzte Aufgabenbereiche auch durch mehrere Stellen der Verwaltung erfolgen. 2 Absatz 2 bleibt<br />

unberührt.<br />

(4) 1 Die mit der Prüfung und Feststellung des Zahlungsanspruches und der Zahlungsverpflichtung beauftragten<br />

Bediensteten dürfen nicht Zahlungen der Gemeinde abwickeln. 2 Das Gleiche gilt für die mit der Rechnungsprüfung<br />

beauftragten Bediensteten.<br />

(5) Der Verantwortliche für die Zahlungsabwicklung und sein Stellvertreter dürfen nicht Angehörige des Bürgermeisters,<br />

des Kämmerers, der Leitung und der Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung sowie mit der Prüfung<br />

beauftragter Dritter sein.<br />

(6) Die Geschäftsvorfälle der Sondervermögen und der Treuhandvermögen sind gesondert abzuwickeln, wenn für<br />

diese gesonderte Jahresabschlüsse aufgestellt werden.<br />

Erläuterungen zu § 93:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die örtliche Finanzbuchhaltung<br />

1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Einführung der Ressourcenorientierung in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und die Erfassung der gemeindlichen<br />

Geschäftsvorfälle sowie der Vermögens- und Schuldenlage nach dem System der doppelten Buchführung<br />

in Anlehnung an das kaufmännische Rechnungswesen hat dazu geführt, eine gesonderte Vorschrift zur<br />

gemeindlichen Aufgabe "Finanzbuchhaltung" zu erlassen. Diese Aufgabe soll alle Tätigkeiten der Gemeinde<br />

umfassen, die erforderlich sind, um die Geschäftsvorfälle der Gemeinde zu erfassen und zu buchen sowie die<br />

daraus entstehende Zahlungsabwicklung durchzuführen. Diese haushaltsrechtliche Vorgabe soll dazu beitragen,<br />

dass die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde zutreffend dargestellt wird und die Fortschreibung<br />

aufgrund und entsprechend der Geschäftsvorfälle im Haushaltsjahr gewährleistet wird.<br />

Zur gemeindlichen Finanzbuchhaltung sind der grundsätzliche Umfang und die aufgabenbezogenen Inhalte näher<br />

bestimmt worden (vgl. § 27 ff. GemHVO <strong>NRW</strong>). Alle gemeindlichen Vorgänge, die sich wertmäßig erfassen lassen,<br />

werden hier mit den Methoden der doppelten Buchführung sachlich und zeitlich geordnet erfasst, gebucht<br />

und dokumentiert. Für die gemeindliche Zahlungsabwicklung bedurfte es dabei unter Sicherheitsaspekten besonderer<br />

Vorgaben (vgl. §§ 30 und 31 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Vorschriften über die Bewirtschaftung und Überwachung<br />

der im Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen sowie über den Umgang mit gemeindlichen Ansprüchen und<br />

Verpflichtungen sind dabei nicht unbeachtlich (vgl. §§ 23 und 26 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 760


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Die gemeindliche Finanzbuchhaltung hat daher aus ihrem (externen) Rechnungskreis heraus die Angaben zu<br />

machen und die Daten zu liefern, die eine Grundlage für die gemeindliche Haushaltsplanung sowie für den Jahresabschluss<br />

der Gemeinde bilden sollen. Neben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung stellt die Kosten- und<br />

Leistungsrechnung der Gemeinde den zweiten Hauptbereich des gemeindlichen Rechnungswesens dar. Sie wird<br />

über einen eigenen (internen) Rechnungskreis der Gemeinde abgewickelt (vgl. § 18 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2 Die Aufgaben<br />

Nach der haushaltsrechtlichen Vorschrift hat die gemeindliche Finanzbuchhaltung die Buchführung und die Zahlungsabwicklung<br />

der Gemeinde zu erledigen. In der Finanzbuchhaltung sind daher alle Geschäftsvorfälle der<br />

Gemeinde systematisch und lückenlos nach bestimmten Regeln und Ordnungskriterien wertmäßig zu erfassen.<br />

Die dadurch bedingten Veränderungen der gemeindlichen Vermögens- und Schuldenlage sind ebenfalls zu erfassen<br />

und zu buchen. Durch die Aufgaben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung wird die Aufstellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses ermöglicht, denn sie liefert die zutreffenden Daten für die Ergebnisrechnung, die<br />

Finanzrechnung und die Bilanz.<br />

Für das Buchungsgeschäft bedient sich die Finanzbuchhaltung des Systems der doppelten Buchführung. Sie<br />

muss unter Beachtung der GoB die gemeindlichen Geschäftsvorfälle in den Büchern sachlich und zeitlich geordnet<br />

sowie klar ersichtlich und nachprüfbar aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungspflicht führt zu einer laufenden, systematisch<br />

geordneten Dokumentation der gemeindlichen Geschäftsvorfälle. Als gemeindlicher Geschäftsvorfall<br />

wird dabei ein Ereignis betrachtet, das von der Gemeinde buchhalterisch zu erfassen ist, weil es zu finanziellen<br />

Auswirkungen für die Gemeinde führt. Es kann dabei zwischen bestandswirksamen und ergebniswirksamen Geschäftsvorfällen<br />

unterschieden werden.<br />

Die Aufgaben der gemeindlichen Zahlungsabwicklung sind vom Bürgermeister in einer örtlichen Dienstanweisung<br />

auf der Grundlage zu regeln (vgl. § 31 Absatz 2 Nummer 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Es sollen u.a. örtliche Regelungen<br />

über die Annahme von Einzahlungen und die Leistung von Auszahlungen, die buchhalterische Erfassung der<br />

Zahlungsströme, getrennt nach eigenem und fremdem Zahlungsverkehr, die Verwaltung der Finanzmittel, die<br />

Aufbewahrung, Beförderung und Entgegennahme von Zahlungsmitteln und die Anlage nicht benötigter Zahlungsmittel<br />

getroffen werden. Es sind auch Regelungen über die sichere Verwahrung und Verwaltung von Wertgegenständen<br />

zu treffen (vgl. § 31 Absatz 2 Nummer 5 GemHVO <strong>NRW</strong>). Außerdem sind örtliche Regelungen<br />

über die Behandlung der fremden Finanzmittel zu treffen.<br />

Der gemeindliche Geschäftsablauf in Form der Aufbau- und Ablauforganisation der Finanzbuchhaltung soll örtlich<br />

durch den Bürgermeister geregelt werden. Er kann dazu festlegen, dass die Aufgaben der Zahlungsabwicklung<br />

zentral oder dezentral erledigt werden. Die Geschäftsvorfälle der Sondervermögen und der Treuhandvermögen<br />

sind gesondert abzuwickeln, wenn für diese gesonderte Jahresabschlüsse aufgestellt werden. Entsprechend sind<br />

jeweils Verantwortlichkeiten zu bestimmen, mindestens ist jedoch ein Verantwortlicher und ein Stellvertreter für<br />

die gesamte Finanzbuchhaltung der Gemeinde zu bestellen (vgl. § 93 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Bei der Bestellung<br />

dieser Personen ist das gesetzlich bestimmte Verwandtschaftsverbot zu beachten (vgl. § 93 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>)<br />

1.3 Die organisatorische Ausgestaltung<br />

Die haushaltsrechtlichen Regelungen zur gemeindlichen Finanzbuchhaltung sind unter Einbeziehung der örtlichen<br />

Gegebenheiten von der Gemeinde eigenverantwortlich weiter auszugestalten. Sie enthalten deshalb keine<br />

Festlegungen über die organisatorische Ausgestaltung der Finanzbuchhaltung vor Ort, sondern eröffnen Gestaltungsspielräume<br />

für die Gemeinde. Die örtliche Entscheidung für eine bestimmte Organisationsform der Finanzbuchhaltung<br />

wird dabei maßgeblich durch die von der Gemeinde insgesamt zu erfüllenden fachlichen Aufgaben<br />

GEMEINDEORDNUNG 761


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

und dem daraus entstehenden örtlichen Buchungs- und Zahlungsgeschäft bestimmt. Die von der Gemeinde gewählte<br />

Organisationsform soll dabei funktionsgerecht und in die gemeindliche Verwaltung integrierbar sein.<br />

Die aus den Aufgaben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung bestehende funktionale Aufgabenteilung zwischen<br />

dem originären Buchungsgeschäft der Gemeinde und dem gemeindlichen Zahlungsverkehr macht regelmäßig<br />

eine sachbezogene Gliederung der Finanzbuchhaltung in die Aufgabenbereiche "Buchführung" und „Zahlungsabwicklung"<br />

notwendig. Für die Gemeinde bietet es sich deshalb an, ihre örtliche Organisationsform für die Finanzbuchhaltung<br />

an diesen Funktionen zu orientieren. Die sachgerechte Trennung zwischen der Buchführung<br />

und der Zahlungsabwicklung der Gemeinde sollte jedoch nicht dazu führen, die beiden Aufgabenbereiche als<br />

organisatorisch eigenständige Einheiten in der gemeindlichen Verwaltung einzurichten.<br />

Es ist eine Pflicht der Gemeinde, ihre örtliche Finanzbuchhaltung so auszugestalten, dass die ordnungsgemäße<br />

Erledigung der Aufgaben gesichert ist und die Verantwortlichkeiten dafür klar abgegrenzt sowie die Verantwortlichen<br />

bestimmt werden können. Sie hat bei einer dezentralen Finanzbuchhaltung die Ordnungsmäßigkeit insgesamt<br />

zu sichern und zu gewährleisten. Bei einer solchen Organisationsform bleiben gleichwohl zentral zu erledigende<br />

Aufgaben bestehen. Die Gemeinde muss dazu z. B. entscheiden, ob die dafür Verantwortlichen auch die<br />

zentral zu handhabende Gesamtverantwortung der Gemeinde für ihre Finanzbuchhaltung tragen sollen. Die Gemeinde<br />

sollte dafür Sorge tragen, dass in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung das notwendige technische und<br />

kaufmännische Fachwissen verfügbar ist, um die Qualität der Buchführung zu gewährleisten. Die Kosten der<br />

gemeindlichen Finanzbuchhaltung sollen sich möglichst in einem verträglichen Rahmen bewegen.<br />

1.4 Die Unabhängigkeit bei der Zahlungsabwicklung<br />

Die gemeindliche Zahlungsabwicklung ist ein besonderer Aufgabenbereich innerhalb der Finanzbuchhaltung der<br />

Gemeinde (vgl. § 30 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Tätigkeit des Verantwortlichen für die gemeindliche Zahlungsabwicklung<br />

und seines Stellvertreters ist deshalb aus Sicherheitsgründen mit einem Verwandtschaftsverbot verknüpft<br />

worden. Diese Beschäftigten der Gemeinde dürfen daher nicht Angehörige des Bürgermeisters, des Kämmerers,<br />

der Leitung und der Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung sowie von Dritten sein, die mit der örtlichen Prüfung<br />

beauftragt worden sind (vgl. § 93 Absatz 5 i.V.m. § 104 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese besondere haushaltsrechtliche Regelung ist im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft von grundlegender<br />

Bedeutung. Sie erhöht für die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft den Wert der durch<br />

den gemeindlichen Jahresabschluss zu gebenden Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde. Die<br />

genannten Verantwortlichen müssen daher aus ihrer Tätigkeit heraus grundsätzlich mögliche Interessenkonflikte<br />

vermeiden, um ihre Aufgabe ordnungsgemäß erfüllen zu können. Sofern bei ihnen ggf. entsprechende Konflikte<br />

entstehen, müssen sie die Verantwortlichen in der Gemeinde informieren und ggf. ihre Tätigkeit ruhen lassen.<br />

Die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung der gemeindlichen Zahlungsabwicklung im Sinne einer Unabhängigkeit<br />

soll auch durch die besondere Regelung, dass die mit der Prüfung und Feststellung des Zahlungsanspruches<br />

und der Zahlungsverpflichtung beauftragten Beschäftigten nicht Zahlungen der Gemeinde abwickeln dürfen,<br />

gesichert werden. Der Status der örtlichen Finanzbuchhaltung erfordert besondere Anforderungen, sodass das<br />

Gebot der Sicherung der Unabhängigkeit bei der Zahlungsabwicklung auch den privaten Bereich der dazugehörigen<br />

Beschäftigten umfasst. Diese Personen dürfen z. B. nicht nebenberuflich tätig werden, wenn sie Aufträge<br />

annehmen, die ihre hauptberufliche Tätigkeit fachlich beeinträchtigen könnte.<br />

1.5 Die elektronische Rechnung<br />

Im Rahmen der fachlichen Aufgabenerfüllung und der haushaltswirtschaftlichen Tätigkeiten wird von der Gemeinde<br />

gegenüber einem Dritten, der eine Leistung der Gemeinde in Anspruch nimmt, vielfach eine Rechnung ausge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 762


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

stellt und ggf. auch eine Zahlungsfrist eingeräumt. Die Rechnungen werden dabei in Papierform oder in elektronischer<br />

Form erstellt. Sofern die Gemeinde elektronische Rechnungen erstellt oder entgegen nimmt, sollte sie<br />

zuvor mit ihrem Geschäftspartner geklärt haben, welche Anforderungen dabei an die Echtheit an den Inhalt ein-<br />

zuhalten sind, z. B. eine qualifizierte elektronische Signatur.<br />

Es ist aber auch notwendig, dass Klarheit über das Format einer elektronischen Rechnung und den Übermittlungsweg<br />

besteht, sodass eine mehrfache Ausstellung einer Rechnung vermieden wird, z. B. bei einer Korrektur<br />

einer Rechnung. Derartige Absprachen über Formen und Verfahren ermöglichen eine automatisierte Weiterbearbeitung<br />

auch bei der Gemeinde. Sie hat dabei zu überprüfen, ob die elektronische Rechnung inhaltlich richtig ist,<br />

der Rechnungsaussteller einen Anspruch gegenüber der Gemeinde hat und die Zahlungsweise genau bestimmt<br />

ist. Es gilt dabei außerdem, einen Zusammenhang zwischen der eingereichten Rechnung und der für die Gemeinde<br />

erbrachten Leistung herzustellen. Bei der Aufbewahrung der elektronischen Rechnung hat die Gemeinde<br />

innerhalb der Aufbewahrungsfristen sicherzustellen, dass keine Änderungen an der Rechnung vorgenommen<br />

werden können und diese jederzeit lesbar ist (vgl. § 58 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

2. Die Rechengrößen im NKF<br />

2.1 Ertrag und Aufwand als Rechengrößen<br />

2.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Im NKF werden über die Rechengrößen „Ertrag“ und „Aufwand“ das Ressourcenaufkommen und der Ressourcenverbrauch<br />

der Gemeinde erfasst. Unter Einbeziehung der örtlichen Produktorientierung wird der Gemeinde<br />

damit die haushaltsmäßige Erfassung und Darstellung der Ressourcen bezogen auf ihre Aufgabenerfüllung möglich.<br />

Im Zusammenspiel mit der Ausrichtung der gemeindlichen Finanzpolitik auf das Prinzip der intergenerativen<br />

Gerechtigkeit soll dadurch grundsätzlich erreicht werden, dass der gesamte Ressourcenverbrauch der Gemeinde<br />

in einem Haushaltsjahr (Aufwendungen) regelmäßig durch Erträge dieser Periode gedeckt wird, um nachfolgende<br />

Generationen nicht zu überlasten.<br />

Die zur Erfassung und Messung der gemeindlichen Ressourcen festgelegten Rechengrößen „Ertrag“ und „Aufwand“<br />

stellen dabei den zutreffenden Buchungsstoff dar. Sie haben ihre Ursache in den wirtschaftlichen Aktivitäten<br />

der Gemeinde, z. B. im Rahmen eines Leistungsaustausches mit einem Dritten oder durch die Erfüllung öffentlich-rechtlicher<br />

Verpflichtungen gegenüber einem Dritten. In der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ermöglichen<br />

die Rechengrößen „Ertrag“ und „Aufwand“ durch die Konkretisierung nach Arten, das Ressourcenaufkommen<br />

und den Ressourcenverbrauch der Gemeinde genau zu messen. Die gemeindlichen Ressourcen für das<br />

Haushaltsjahr sind im Ergebnisplan zu veranschlagen und in der Ergebnisrechnung nachzuweisen.<br />

Die Rechengrößen stellen zudem die zutreffenden Größen für eine gemeindliche „Reinvermögensrechnung“ dar,<br />

die das Geldvermögen und das Sachvermögen der Gemeinde betrifft. Durch Erträge aus gemeindlichen Geschäftsvorfällen<br />

kommt es zu einer Vermögensmehrung und durch die gemeindlichen Aufwendungen zu Vermögensminderungen.<br />

Dadurch wird das gemeindliche Eigenkapital entsprechend verändert. Die Erträge und die<br />

Aufwendungen im Haushaltsjahr sind daher von zentraler Bedeutung für die gemeindliche Ergebnisermittlung.<br />

In diesem Zusammenhang sind auch die internen Leistungsbeziehungen der Gemeinde zu beachten, die ebenfalls<br />

über die Rechengrößen „Ertrag“ und „Aufwand“ erfasst werden. Die Gemeinde hat dabei eigenverantwortlich<br />

zu entscheiden, ob sie zum Nachweis des vollständigen Ressourcenverbrauchs auch die internen Leistungsbeziehungen<br />

in ihrem Haushalt veranschlagt und im Jahresabschluss nachweist (vgl. § 17 GemHVO <strong>NRW</strong>). Einer<br />

haushaltswirtschaftlichen Messung der örtlichen internen Leistungsbeziehungen durch die Rechengrößen „Ertrag“<br />

und „Aufwand“ steht dabei der Charakter dieser Leistungsbeziehungen nicht entgegen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 763


2.1.2 Die Rechengröße „Ertrag“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Unter der Rechengröße „Ertrag“ wird betriebswirtschaftlich die bewertete Leistungserstellung der Gemeinde in<br />

einem Haushaltsjahr (Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr) verstanden. Einen Ertrag stellt dabei jeder gemeindliche<br />

Geschäftsvorfall dar, der das Nettovermögen bzw. das Eigenkapital der Gemeinde erhöht. Die Begriffspaare<br />

„Ertrag“ und „Einnahmen“ können im gemeindlichen Bereich wie folgt unterschieden werden (vgl. Abbildung).<br />

Ertrag, der nicht gleichzeitig<br />

eine Einnahme ist.<br />

Ertrag<br />

Die Rechengröße „Ertrag“<br />

Ertrag, der gleichzeitig<br />

eine Einnahme ist<br />

Einnahme, die gleichzeitig<br />

ein Ertrag ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 764<br />

Einnahme<br />

Abbildung 147 „Die Rechengröße Ertrag“<br />

Einnahme, die nicht gleichzeitig<br />

ein Ertrag ist.<br />

Mit dieser Rechengröße werden z. B. die der Gemeinde zustehenden Steuereinnahmen und die ihr gewährten<br />

Zuwendungen erfasst, denn diese stellen einen erheblichen Anteil an den gemeindlichen Einnahmen dar. Die<br />

Gemeinde erzielt dann in einem Haushaltsjahr eine Einnahme, die keinen Ertrag darstellt, wenn entweder keine<br />

Leistungserstellung durch die Gemeinde vorliegt oder wenn die Leistungserstellung und die dazugehörige Einnahme<br />

in unterschiedliche Haushaltsjahre (Perioden) fallen, z. B. bei Mietvorauszahlungen, sodass dann eine<br />

passive Rechnungsabgrenzung erforderlich wird (vgl. § 42 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.3 Die Rechengröße „Aufwand“<br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Aufwand“ wird betriebswirtschaftlich der bewertete Güterverzehr der<br />

Gemeinde in einem Haushaltsjahr verstanden. Zu Aufwendungen führt daher jeder gemeindliche Vorgang, der<br />

das Nettovermögen bzw. das Eigenkapital der Gemeinde vermindert. Die gemeindlichen Aufwendungen sind<br />

aber auch an Zahlungsvorgänge gebunden, sodass bei der Gemeinde vielfach auszahlungsgleiche Aufwendungen<br />

entstehen. Die Zahlungsvorgänge können aber auch in einem anderen Haushaltsjahr (Periode) liegen.<br />

Die Rechengrößen „Aufwand“ und „Ausgabe“ sind dann deckungsgleich, wenn das gleiche Haushaltsjahr der<br />

Gemeinde betroffen ist, z. B. Gehälter für Beschäftigte der Gemeinde, Energiekosten. Die Gemeinde leistet dann<br />

in einem Haushaltsjahr eine Ausgabe, die keinen Aufwand darstellt, wenn z. B. im Dezember des Haushaltsjahres<br />

die für den Januar des Folgejahres zustehende Beamtenbesoldung gezahlt wird. Die Aufwendungen der<br />

Gemeinde und die dazugehörige Ausgabe fallen dabei in unterschiedliche Haushaltsjahre, sodass dann eine<br />

aktive Rechnungsabgrenzung erforderlich wird (vgl. § 42 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Begriffspaare „Aufwand“<br />

und „Ausgaben“ können im gemeindlichen Bereich wie folgt unterschieden werden (vgl. Abbildung).


Aufwand, der nicht gleichzeitig<br />

eine Ausgabe ist.<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Aufwand<br />

Die Rechengröße „Aufwand“<br />

Aufwand, der gleichzeitig<br />

eine Ausgabe ist.<br />

Ausgabe, die gleichzeitig<br />

ein Aufwand ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 765<br />

Ausgabe<br />

Abbildung 148 „Die Rechengröße Aufwand“<br />

2.2 Einzahlungen und Auszahlungen als Rechengrößen<br />

2.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Ausgabe, die nicht gleichzeitig<br />

ein Aufwand ist.<br />

Die Finanzrechnung der Gemeinde soll Auskunft über die tatsächliche finanzielle Lage der Gemeinde geben und<br />

auch die Finanzierungsquellen sowie die Veränderung des Zahlungsmittelbestandes der Gemeinde (Liquide<br />

Mittel) aufzeigen. Sie stellt dadurch eine Mittelherkunftsrechnung und eine Mittelverwendungsrechnung der Gemeinde<br />

dar, bei der die Zahlungsströme ausschlaggebend sind. Aufgrund dessen kommen bei der gemeindlichen<br />

Finanzrechnung die Rechengrößen „Einzahlungen“ und „Auszahlungen“ als zutreffender Buchungsstoff zur Anwendung.<br />

Die Einzahlungen und Auszahlungen sind dabei in der gemeindlichen Finanzrechnung unter Beachtung des Kassenwirksamkeitsprinzips<br />

zu erfassen. Dieses Prinzip wird auch als Liquiditätsänderungsprinzip bezeichnet. Im<br />

NKF sind in der gemeindlichen Bilanz die Kassenkredite der Gemeinde unter dem Bilanzposten „Verbindlichkeiten<br />

aus Krediten zur Liquiditätssicherung“ anzusetzen. In der gemeindlichen Finanzrechnung dürfen daher nur<br />

Beträge in Höhe der im Haushaltsjahr kassenmäßig eingegangenen oder geleisteten Zahlungen erfasst werden.<br />

Diese Zahlungsströme haben eine Änderung der Liquidität der Gemeinde bewirkt.<br />

2.2.2 Die Rechengröße „Einzahlungen“<br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Einzahlungen“ wird der tatsächliche Zahlungsmittelzufluss bei der Gemeinde<br />

im Haushaltsjahr erfasst, der zu einer Erhöhung des gemeindlichen Zahlungsmittelbestandes durch den<br />

Zugang liquider Mittel in Form von Bargeld oder Buchgeld führt.<br />

Beim Einsatz der Rechengrößen „Einzahlungen“ und „Einnahme“ im gemeindlichen Rechnungswesen liegen<br />

daher dann nicht einnahmewirksame Einzahlungen vor, wenn es in gleicher Höhe zu einer Abnahme der gemeindlichen<br />

Forderungen oder zu einer Erhöhung der gemeindlichen Verbindlichkeiten kommt. Nicht als Einzahlung<br />

gilt die Erhöhung des Kassenbestandes der Gemeinde durch eine Barabhebung von einem Bankkonto der<br />

Gemeinde, weil dadurch der Zahlungsmittelbestand der Gemeinde insgesamt nicht verändert wird. Die Begriffspaare<br />

„Einzahlungen“ und „Einnahmen“ können im gemeindlichen Bereich wie folgt unterschieden werden (vgl.<br />

Abbildung).


Einzahlung, die nicht gleichzeitig<br />

eine Einnahme ist.<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Einzahlung<br />

2.2.3 Die Rechengröße „Auszahlungen“<br />

Rechengröße „Einzahlungen“<br />

Einzahlung, die gleichzeitig<br />

eine Einnahme ist.<br />

Einnahme, die gleichzeitig<br />

eine Einzahlung ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 766<br />

Einnahme<br />

Abbildung 149 „Rechengröße Einzahlungen“<br />

Einnahme, die nicht gleichzeitig<br />

eine Einzahlung ist.<br />

Unter der gemeindlichen Rechengröße „Auszahlungen“ wird der tatsächliche Zahlungsmittelabfluss bei der Gemeinde<br />

im Haushaltsjahr erfasst, der zu einer Verminderung des gemeindlichen Zahlungsmittelbestandes durch<br />

den Abgang liquider Mittel führt. Die Abgabe von Finanzmitteln durch die Gemeinde kann in Form von Bargeld<br />

oder Buchgeld dabei erfolgen. Die Begriffspaare „Aufwendungen“ und „Ausgaben“ können im gemeindlichen<br />

Bereich wie folgt unterschieden werden (vgl. Abbildung).<br />

Aufzahlung, die nicht gleichzeitig<br />

ausgabewirksam ist.<br />

Rechengröße „Auszahlungen“<br />

Auszahlung<br />

Auszahlung, die gleichzeitig<br />

ausgabewirksam ist.<br />

Ausgabe, die gleichzeitig<br />

auszahlungswirksam ist.<br />

Ausgabe<br />

Abbildung 150 „Rechengröße Auszahlungen“<br />

Ausgabe, die nicht gleichzeitig<br />

auszahlungswirksam ist.<br />

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass beim Einsatz der Rechengrößen „Auszahlungen“ und „Ausgabe“<br />

auch dann keine ausgabewirksamen Auszahlungen vorliegen, wenn es in gleicher Höhe zu einer zu einer Minderung<br />

der gemeindlichen Verbindlichkeiten oder zu einer Zunahme der gemeindlichen Forderungen kommt. Auch<br />

eine Verminderung des Kassenbestandes der Gemeinde durch eine Bareinzahlung auf ein Bankkonto der Gemeinde<br />

gilt nicht als gemeindliche Auszahlung, weil durch diesen Vorgang der Zahlungsmittelbestand der Gemeinde<br />

insgesamt nicht verändert wird.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

3. Der Kontenrahmen für die gemeindliche Buchführung<br />

3.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die Beachtung der GoB bei der Buchführung der Gemeinde erfordert, die gemeindliche Buchführung nach einheitlichen<br />

Maßstäben zu gewährleisten. Es bedarf deshalb eines systematischen Aufbaus der gemeindlichen<br />

Buchführung nach einem Kontenplan, der aus dem NKF-Kontenrahmen abzuleiten ist (vgl. § 27 Absatz 7 GemH-<br />

VO <strong>NRW</strong>). Die von der Gemeinde gebildeten Konten sind dabei in Abhängigkeit von der eingesetzten elektronischen<br />

Datenverarbeitung gegen Manipulationen zu schützen. Das Gebot der vollständigen und verständlichen<br />

Aufzeichnung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle in den Büchern der Gemeinde ist ebenfalls zu beachten.<br />

3.2 Die Kontenklassen im NKF-Kontenrahmen<br />

3.2.1 Allgemeine Inhalte<br />

Der NKF-Kontenrahmen für die Gemeinde bildet das Drei-Komponentensystem des NKF ab. Unter Berücksichtigung<br />

der haushaltswirtschaftlichen Ziele und Zwecke werden der Gemeinde dabei bestimmte Wahlrechte für die<br />

Gestaltung ihrer Buchungskonten als Sachkonten eingeräumt. Er ist nach dem Zehnersystem in zehn verschiedene<br />

Kontenklassen gegliedert worden. Die Kontenklassen 0 bis 8 sind dabei für die Durchführung der „Geschäftsbuchführung“<br />

der Gemeinde belegt. Sie sind nach dem Abschlussgliederungsprinzip aufgebaut und bilden<br />

einen in sich geschlossenen Rechnungskreis, der selbstständig abgeschlossen wird.<br />

Die aufeinanderfolgende Nummerierung im NKF-Kontenrahmen soll diese Sachlage verdeutlichen. Durch die<br />

erste Stelle der Nummerierung wird die Kontenklasse und durch die zweite Stelle wird die Kontengruppe angegeben.<br />

Die Kontenklassen für die gemeindliche Bilanz werden dann entsprechend der Gliederung der Bilanz in<br />

Bilanzposten in Kontengruppen unterteilt, die wiederum weiter in Kontenarten und Konten zweckbezogen differenziert<br />

werden können (vgl. § 41 Absatz 3 und 4 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine vergleichbare Vorgabe besteht für die Kontenklassen der gemeindlichen Ergebnisrechnung und der Finanzrechnung<br />

der Gemeinde, die nach den Haushaltspositionen weiter untergliedert werden (vgl. § 38 i.V.m. § 2 und §<br />

39 i.V.m. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde hat dadurch vielfältige Möglichkeiten, ähnliche gemeindliche Sachverhalte<br />

bzw. Geschäftsvorfälle in gleicher Art und Weise geordnet zu erfassen. Sie kann dazu die Kontenklassen<br />

entsprechend ihrem örtlichen Bedarf weiter in Kontengruppen und Konten untergliedern.<br />

3.2.2 Die Kontenklassen für die Bilanz<br />

Die gemeindliche Bilanz ist ein wichtiger Teil des Jahresabschlusses der Gemeinde. Die jährliche Erfassung und<br />

Bewertung des Vermögens und der Schulden der Gemeinde bildet dafür die Grundlage. Die gemeindliche Bilanz<br />

weist auf der Aktivseite das gemeindliche Vermögen und auf der Passivseite dessen Finanzierung durch Eigenoder<br />

Fremdkapital nach. Entsprechend der Bedeutung der Aktivseite und der Passivseite in der gemeindlichen<br />

Bilanz sind dafür im NKF-Kontenrahmen jeweils zwei eigenständige Kontenklassen gebildet worden.<br />

Die Aktivseite der gemeindlichen Bilanz wird durch die beiden Kontenklassen 0 und 1 erfasst und die Passivseite<br />

der Bilanz durch die Kontenklassen 2 und 3. Die Gliederung innerhalb dieser vier Kontenklassen in Kontengruppen<br />

entspricht der Gliederung der Bilanzposten für die gemeindliche Bilanz nach § 41 Absatz 3 und 4 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> (vgl. Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 767


Bereich<br />

Aktiva<br />

Passiva<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Die NKF-Kontenklassen für die gemeindliche Bilanz<br />

Kontenklasse<br />

GEMEINDEORDNUNG 768<br />

0<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Immaterielle<br />

Vermögensgegenstände<br />

und Sachanlagen<br />

Finanzanlagen,<br />

Umlaufvermögen<br />

und aktive<br />

Rechnungsabgrenzung<br />

Eigenkapital,<br />

Sonderposten und<br />

Rückstellungen<br />

Verbindlichkeiten<br />

und passive<br />

Rechnungsabgrenzung<br />

Kontengruppen<br />

00 ...<br />

01 Immaterielle Vermögensgegenstände<br />

02 Unbebaute Grundstücke und grundstücksgleiche<br />

Rechte<br />

03 Bebaute Grundstücke und grundstücksgleiche<br />

Rechte<br />

04 Infrastrukturvermögen<br />

05 Bauten auf fremdem Grund und Boden<br />

06 Kunstgegenstände, Kulturdenkmäler<br />

07 Maschinen und technische Anlagen,<br />

Fahrzeuge<br />

08 Betriebs- und Geschäftsausstattung<br />

09 Geleistete Anzahlungen, Anlagen im Bau<br />

10 Anteile an verbundenen Unternehmen<br />

11 Beteiligungen<br />

12 Sondervermögen<br />

13 Ausleihungen<br />

14 Wertpapiere<br />

15 Vorräte<br />

16 Öffentlich-rechtliche Forderungen und Forderungen<br />

aus Transferleistungen<br />

17 Privatrechtliche Forderungen, sonstige Vermögens-<br />

gegenstände<br />

18 Liquide Mittel<br />

19 Aktive Rechnungsabgrenzung<br />

20 Eigenkapital<br />

21 Wertberichtigungen (kein Bilanzausweis)<br />

22 ...<br />

23 Sonderposten<br />

24 …<br />

25 Pensionsrückstellungen<br />

26 Rückstellungen für Deponien und Altlasten<br />

27 Instandhaltungsrückstellungen<br />

28 Sonstige Rückstellungen<br />

29 ...<br />

30 Anleihen<br />

31 ...<br />

32 Verbindlichkeiten aus Krediten für Investitionen<br />

33 Verbindlichkeiten aus Krediten zur Liquiditäts-<br />

sicherung<br />

34 Verbindlichkeiten aus Vorgängen, die Kredit-<br />

Aufnahmen wirtschaftlich gleichkommen<br />

35 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen<br />

36 Verbindlichkeiten aus Transferleistungen<br />

37 Sonstige Verbindlichkeiten<br />

38 ...<br />

39 Passive Rechnungsabgrenzung<br />

Abbildung 151 „Die NKF-Kontenklassen für die gemeindliche Bilanz“<br />

Der Gemeinde wird es durch die vier Kontenklassen ermöglicht, mit Hilfe der weiteren Untergliederungsmöglichkeiten<br />

in Kontengruppen und Kontenarten vor Ort eine ausreichende Zahl von Bestandskonten für ihre Bilanz<br />

unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten einzurichten.<br />

3.2.3 Die Kontenklassen für die Ergebnisrechnung<br />

Die gemeindliche Ergebnisrechnung hat die Aufwendungen und Erträge des Haushaltsjahres nachzuweisen. Das<br />

Jahresergebnis stellt dabei den Saldo aus den ordentlichen Erträgen und Aufwendungen, den Finanzerträgen<br />

und Finanzaufwendungen sowie außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen dar. Durch die Erträge und<br />

Aufwendungen wird das Ressourcenaufkommen und der Ressourcenverbrauch der Gemeinde im Haushaltsjahr


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

umfassend abgebildet. Im NKF-Kontenrahmen sind entsprechend der Bedeutung der Arten der gemeindlichen<br />

Erträge und Aufwendungen jeweils eigenständige Kontenklassen gebildet worden. Die Erträge werden innerhalb<br />

der Kontenklasse 4 erfasst und die Aufwendungen innerhalb der Kontenklasse 5. Diese beiden Kontenklassen<br />

werden entsprechend der Gliederung der gemeindlichen Ergebnisrechnung nach § 38 i.V.m. § 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

in eine Vielzahl von Kontengruppen untergliedert (vgl. Abbildung).<br />

Die NKF-Kontenklassen für die gemeindliche Ergebnisrechnung<br />

Bereich<br />

Ergebnis-<br />

rechnung<br />

4 Erträge<br />

Kontenklasse<br />

5 Aufwendungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 769<br />

Kontengruppen<br />

40 Steuern und ähnliche Abgaben<br />

41 Zuwendungen und allgemeine Umlagen<br />

42 Sonstige Transfererträge<br />

43 Öffentlich-rechtliche Leistungsentgelte<br />

44 Privatrechtliche Leistungsentgelte,<br />

Kostenerstattungen und Kostenumlagen<br />

45 Sonstige ordentliche Erträge<br />

46 Finanzerträge<br />

47 Aktivierte Eigenleistungen, Bestandsveränderungen<br />

48 Erträge aus internen Leistungsbeziehungen<br />

49 Außerordentliche Erträge<br />

50 Personalaufwendungen<br />

51 Versorgungsaufwendungen<br />

52 Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen<br />

53 Transferaufwendungen<br />

54 Sonstige ordentliche Aufwendungen<br />

55 Zinsen und sonstige Finanzaufwendungen<br />

56 ...<br />

57 Bilanzielle Abschreibungen<br />

58 Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen<br />

59 Außerordentliche Aufwendungen<br />

Abbildung 152 „Die NKF-Kontenklassen für die gemeindliche Ergebnisrechnung“<br />

Der Gemeinde wird es durch die zwei Kontenklassen ermöglicht, mit Hilfe der weiteren Untergliederungsmöglichkeiten<br />

in Kontengruppen und Kontenarten vor Ort eine ausreichende Zahl von Ergebniskonten für ihre Ergebnisrechnung<br />

unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten einzurichten.<br />

3.2.4 Die Kontenklassen für die Finanzrechnung<br />

Die gemeindliche Finanzrechnung weist alle Einzahlungen und Auszahlungen der Gemeinde im Haushaltsjahr<br />

nach. Der Liquiditätssaldo aus der Finanzrechnung bildet dabei die Veränderung des Bestands an liquiden Mitteln<br />

der Gemeinde ab und wird in die gemeindliche Bilanz übernommen. Im NKF-Kontenrahmen sind entsprechend<br />

der Bedeutung der Arten der gemeindlichen Einzahlungen und Auszahlungen dafür jeweils eigenständige Kontengruppen<br />

gebildet worden. Die Einzahlungen werden innerhalb der Kontenklasse 6 erfasst und die Auszahlungen<br />

innerhalb der Kontenklasse 7. Diese beiden Kontenklassen werden entsprechend der Gliederung der gemeindlichen<br />

Finanzrechnung nach § 39 i.V.m. § 3 GemHVO <strong>NRW</strong> in eine Vielzahl von Kontengruppen untergliedert<br />

(vgl. Abbildung).


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Die NKF-Kontenklassen für die gemeindliche Finanzrechnung<br />

Bereich<br />

Finanz-<br />

rechnung<br />

6 Einzahlungen<br />

Kontenklasse<br />

7 Auszahlungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 770<br />

Kontengruppen<br />

60 Steuern und ähnliche Abgaben<br />

61 Zuwendungen und allgemeine Umlagen<br />

62 Sonstige Transfereinzahlungen<br />

63 Öffentlich-rechtliche Leistungsentgelte<br />

64 Privatrechtliche Leistungsentgelte,<br />

Kostenerstattungen und Kostenumlagen<br />

65 Sonstige Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit<br />

66 Zinsen und sonstige Finanzeinzahlungen<br />

67 ...<br />

68 Einzahlungen aus Investitionstätigkeit<br />

69 Einzahlungen aus Finanzierungstätigkeit<br />

70 Personalauszahlungen<br />

71 Versorgungsauszahlungen<br />

72 Auszahlungen für Sach- und Dienstleistungen<br />

73 Transferauszahlungen<br />

74 Sonstige Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit<br />

75 Zinsen und sonstige Finanzauszahlungen<br />

76 ...<br />

77 ...<br />

78 Auszahlungen aus Investitionstätigkeit<br />

79 Auszahlungen aus Finanzierungstätigkeit<br />

Abbildung 153 „Die NKF-Kontenklassen für die gemeindliche Finanzrechnung“<br />

Der Gemeinde wird es durch die zwei Kontenklassen ermöglicht, mit Hilfe der weiteren Untergliederungsmöglichkeiten<br />

in Kontengruppen und Kontenarten vor Ort eine ausreichende Zahl von Zahlungskonten für ihre Finanzrechnung<br />

unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten einzurichten.<br />

3.2.5 Weitere Kontenklassen<br />

Die Kontenklasse „Abschlusskonten“ und die Kontenklasse „Kosten- und Leistungsrechnung“ (KLR) stellen die<br />

beiden letzten Kontenklassen des NKF-Kontenrahmens dar. Sie sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung<br />

unter Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse weiter auszugestalten. Dabei soll die grundsätzliche Systematik<br />

des NKF-Kontenrahmens beachtet werden (vgl. Abbildung).<br />

Bereich<br />

Die sonstigen NKF-Kontenklassen<br />

Kontenklasse<br />

Abschluss 8 Abschlusskonten<br />

KLR 9<br />

Kosten- und Leistungsrechnung<br />

(KLR)<br />

Kontengruppen<br />

80 Eröffnungs-/Abschlusskonten<br />

81 Korrekturkonten<br />

82 Kurzfristige Erfolgsrechnung<br />

Abbildung 154 „Die weiteren NKF-Kontenklassen“<br />

90 Kosten- und Leistungsrechnung (KLR)<br />

(Die Ausgestaltung der KLR<br />

ist von jeder Kommune selbst festzulegen.)


3.2.6 Die Verbindlichkeit des NKF-Kontenrahmens<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Der NKF-Kontenrahmen stellt ein den allgemeinen buchungstechnischen Prinzipien folgendes Ordnungsgerüst<br />

für die Bildung von gemeindlichen Konten für die Haushaltswirtschaft der Gemeinde dar. Er bietet daher sowohl<br />

den inhaltlichen Rahmen als auch methodische Vorgaben für die gemeindliche Kontenbildung. Der NKF-<br />

Kontenrahmen ist in der Reihenfolge seiner Kontenklassen einschließlich ihrer Bezeichnungen für die Gemeinde<br />

verbindlich. Er ermöglicht der Gemeinde die Bildung von örtlichen Sachkonten in eigenverantwortlicher Ausgestaltung<br />

und Konkretisierung.<br />

Die Gemeinde muss hinsichtlich der haushaltsrechtlichen Verbindlichkeit auch den Zusammenhang des NKF-<br />

Kontenrahmens mit den Vorschriften über die Posten der Bilanz sowie die Haushaltspositionen der Ergebnisrechnung<br />

und der Finanzrechnung beachten (vgl. §§ 37, 38 und 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Gliederung der betreffenden<br />

Kontenklassen in Kontengruppen entspricht dabei den mindestens zu bildenden den Bilanzposten und<br />

Haushaltspositionen. Die Verbindlichkeit der Kontenklassen 6 und 7 für die Finanzrechnung besteht daher auch<br />

dann, wenn die gemeindlichen Zahlungskonten im Rahmen der doppelten Buchführung statistisch mitgeführt und<br />

nicht bebucht werden.<br />

Die im NKF-Kontenrahmen ausgewiesenen Gliederungsziffern kann die Gemeinde vor Ort nutzen. Der Gebrauch<br />

der zweistelligen Ziffern erleichtert dabei auch die Erfüllung der finanzstatistischen Anforderungen, denn bei deren<br />

Erhebungsmerkmalen baut die Nummerierung auf der Bezifferung des NKF-Kontenrahmens auf. Die Grundlage<br />

für die Festlegung der vierstelligen finanzstatistischen Erhebungsmerkmale ist identisch mit dem NKF-<br />

Kontenrahmen. Im Rahmen der Finanzstatistik werden deshalb die Erhebungsmerkmale oftmals als „Konten“<br />

bezeichnet, denn auf dieser Ebene wird vor Ort gebucht. Der betragsmäßige Kontenstand wird dann von der<br />

Finanzstatistik für bestimmte Zeiträume abgefragt (vierteljährlich und jährlich).<br />

3.2.7 Der Kontierungsplan zum NKF-Kontenrahmen<br />

Das eigenverantwortliche haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde einschließlich der sachgerechten Erfassung<br />

und Buchung der gemeindlichen Erträge und Aufwendungen sowie der Einzahlungen und Auszahlungen<br />

in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung erfordern einen Kontierungsplan zum NKF-Kontenrahmen. Der Kontierungsplan<br />

soll dabei die richtige Zuordnung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle zu den Haushaltspositionen in<br />

der Ergebnisrechnung und der Finanzrechnung sowie eine zutreffende Zuordnung zu den Bestandskonten für die<br />

gemeindliche Bilanz gewährleisten. Er soll aber auch der Gemeinde eine Hilfe bei der Einrichtung ihrer Ergebniskonten<br />

und der Bestandskonten auf der Grundlage des NKF-Kontenrahmens bieten.<br />

Der Kontierungsplan ist daher von der Gemeinde bei der Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans und des Jahresabschlusses<br />

der Gemeinde zu beachten sowie für die Erfassung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle in Ausführung<br />

der §§ 2, 3 und 41 GemHVO <strong>NRW</strong> verbindlich (vgl. Nummer 1.5.3 des Runderlasses des Innenministeriums<br />

vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300). Auf der Grundlage des auf Kontengruppen bezogenen Kontierungsplans<br />

sollen das gemeindliche Buchungsgeschehen und die Ergebnisse der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

im Haushaltsjahr nachvollziehbar sein.<br />

4. Die Berücksichtigung des Datenschutzes<br />

Die Gemeinde trägt bei der Durchführung und ordnungsgemäßen Erledigung der in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung<br />

anfallenden Aufgaben auch die Verantwortung für die Einhaltung des Datenschutzes. Sie erledigt<br />

diese Arbeiten im Rahmen einer öffentlichen Verwaltungsaufgabe und hat dabei die Anforderungen an eine ordnungsgemäße<br />

Datenverarbeitung zu beachten (vgl. § 2 und 11 DSG <strong>NRW</strong>). Diese gemeindliche Verantwortung<br />

beinhaltet, dass die Gemeinde externe Personen und Stellen, die von ihr mit der Wartung und Systembetreuung<br />

GEMEINDEORDNUNG 771


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

von Einrichtungen zur automatisierten Datenverarbeitung beauftragt sind, sorgfältig auszuwählen sind. Diese<br />

Personen und Stellen unterliegen den Regelungen der Datenverarbeitung im Auftrag (vgl. § 11 Absatz 4 DSG<br />

<strong>NRW</strong>). Die Verantwortlichen müssen die notwendige fachliche Qualifikation und Zuverlässigkeit aufweisen.<br />

Die Gemeinde als Auftraggeber hat daher vor Beginn der Arbeiten sicherzustellen, dass der Auftragnehmer möglichst<br />

keine personenbezogenen Daten erhält. Er kann solche Daten ggf. zur Kenntnis nehmen, sofern dies unvermeidlich<br />

ist. Diese Vorgabe gilt auch für die Kenntnisnahme von Daten, die Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen<br />

unterliegen. Der Auftragnehmer hat der Gemeinde als Auftraggeber zuzuordnende personenbezogene<br />

Daten unverzüglich nach Erledigung seines Auftrages sicher zu löschen. Die Dokumentation der durchgeführten<br />

Maßnahmen ist zum Zwecke der Datenschutzkontrolle drei Jahre aufzubewahren.<br />

5. Der Liquiditätsverbund bzw. Cashpooling<br />

Für die Gemeinde besteht grundsätzlich die Möglichkeit, einen Liquiditätsverbund bzw. ein Cashpooling mit einem<br />

Masteraccountkonto zwischen der gemeindlichen Verwaltung und den Betrieben einzurichten. Nach Auskunft<br />

der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist die Ausnahmeregelung, dass Unternehmen,<br />

die Bankgeschäfte ausschließlich mit ihrem Mutterunternehmen oder ihren Tochter- oder Schwesterunternehmen<br />

betreiben, nicht als Kreditinstitut gelten, auch auf die Gemeinde anwendbar (vgl. § 2 Absatz 1 Nummer 7 KWG).<br />

Der Einrichtung eines Liquiditätsverbundes steht dabei nicht die Vorgabe entgegen, dass die Gemeinden kein<br />

Bankunternehmen errichten, übernehmen oder betreiben darf (vgl. § 107 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Tätigkeit der Gemeinde im Rahmen eines Liquiditätsverbundes zwischen den o.a. gemeindlichen Beteiligten<br />

wird daher bankrechtlich nicht als Tätigkeit eines Kreditinstituts bewertet. Die Einrichtung eines Liquiditätsverbundes<br />

durch die Gemeinde setzt dabei voraus, dass die Gemeinde die damit verbundenen Geschäfte ausschließlich<br />

mit ihren Tochtereinheiten betreibt. Die Nutzung des Konzernprivilegs kann daher nur dann erfolgen, wenn die<br />

Gemeinde über eine Allein- oder Mehrheitsgesellschafterstellung bei den betreffenden Betrieben verfügt und die<br />

Betriebe in die Vollkonsolidierung für den gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogen werden. Ein Liquiditätsverbund<br />

der Gemeinde ist daher auch aus bankrechtlicher Sicht zulässig.<br />

Die Einrichtung eines Liquiditätsverbundes bzw. eines Cashpoolings durch die Gemeinde bedarf zudem einer<br />

Abstimmung über die Abwicklung der Geldgeschäfte und der Festlegung von Verantwortlichkeiten zwischen den<br />

Beteiligten, einschließlich der ggf. beauftragten Bank. Dieses Gebot gilt insbesondere dann, wenn auch rechtlich<br />

selbstständige Betriebe der Gemeinde in einen solchen Liquiditätsverbund einbezogen werden. In diesen Fällen<br />

kann die finanzwirtschaftliche Verantwortung nicht alleine von der gemeindlichen Verwaltung getragen werden.<br />

Sofern in einem solchen Liquiditätsverbund die Abwicklung der Geldgeschäfte über die Verwaltung der Gemeinde<br />

erfolgen soll, tritt die Gemeinde für die rechtlich selbstständigen Betriebe als „innere“ Bank auf. In diesen Fällen<br />

muss die Gemeinde dafür Sorge tragen, dass in ihrer Finanzbuchhaltung die Finanzgeschäfte aufgrund der<br />

„Cashpool-Führung“ von den eigenen haushaltsbezogenen Finanzgeschäften ausreichend abgegrenzt und buchungsmäßig<br />

getrennt verarbeitet werden. Ein solcher Liquiditätsverbund darf zudem nicht dazu führen, dass die<br />

Gemeinde ggf. Kredite zur Liquiditätssicherung oberhalb ihres eigenen haushaltsmäßigen Bedarfs aufnimmt.<br />

6. Das Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung, insbesondere bei der Erledigung ihrer Zahlungsabwicklung,<br />

hat die Gemeinde auch das Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz zu beachten. Mit diesem Gesetz ist die Richtlinie<br />

2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im<br />

Binnenmarkt umgesetzt worden. Die Zahlungsdiensterichtlinie unterscheidet dabei sechs Kategorien von Zahlungsdienstleistern.<br />

GEMEINDEORDNUNG 772


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Unter einen Erlaubnisvorbehalt stellt die Richtlinie jedoch nur die Zahlungsinstitute als sonstige Zahlungsdienstleister.<br />

Soweit jedoch die Gemeinde (auch Bund und Länder) nicht hoheitlich handelt, werden auch sie als Zahlungsdienstleister<br />

angesehen (vgl. § 1 Absatz 1 Nummer 3 ZAG). Diese Vorschrift enthält zudem einen Katalog<br />

von Zahlungsdiensten, die privatrechtlich begründete Dienstleistungen eines an einem gegebenen Grundgeschäft<br />

nicht beteiligten Dritten erfassen und die dem Zahlungspflichtigen helfen oder ihn erst in den Stand versetzen<br />

sollen, Bar- oder Buchgeld oder elektronisches Geld von ihm auf den Zahlungsempfänger zu übertragen. Nach<br />

dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz werden folgende Zahlungsdienste abgegrenzt (vgl. Abbildung).<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

6.<br />

Die Arten der Zahlungsdienste<br />

Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto (vgl. § 1 Absatz 3<br />

ZAG) oder Barauszahlungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie<br />

alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Ein- oder<br />

Auszahlungsgeschäft).<br />

Die Ausführung von Zahlungsvorgängen einschließlich der Übermittlung von Geldbeträgen<br />

auf ein Zahlungskonto beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsdienstnutzers<br />

oder bei einem anderen Zahlungsdienstleister durch<br />

a) die Ausführung von Lastschriften (vgl. § 1 Absatz 4 ZAG) einschließlich einmaliger<br />

Lastschriften (Lastschriftgeschäft),<br />

b) die Ausführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen (Überweisungsgeschäft),<br />

c) die Ausführung von Zahlungsvorgängen mittels einer Zahlungskarte oder eines<br />

ähnlichen Zahlungsinstruments (Zahlungskartengeschäft),<br />

ohne Kreditgewährung (Zahlungsgeschäft)<br />

Die Ausführung der in Nummer 2 genannten Zahlungsvorgänge mit Kreditgewährung<br />

im Sinne des § 2 Absatz 3 (Zahlungsgeschäft mit Kreditgewährung).<br />

Die Ausgabe von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten (vgl. § 1 Absatz 5 ZAG)<br />

oder die Annahme und Abrechnung von mit Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten<br />

ausgelösten Zahlungsvorgängen (Zahlungsauthentifizierungsgeschäft),<br />

Die Ausführung von Zahlungsvorgängen, bei denen die Zustimmung des Zahlers<br />

zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs über ein Telekommunikations-, Digital-,<br />

oder IT-Gerät übermittelt wird und die Zahlung an den Betreiber des Telekommunikations-<br />

oder IT-Systems oder IT-Netzes erfolgt, sofern der Betreiber ausschließlich<br />

als zwischengeschaltete Stelle zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem<br />

Lieferanten der Waren oder Dienstleistungen tätig ist (digitalisiertes Zahlungsgeschäft).<br />

Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen eines<br />

Zahlers oder eines Zahlungsempfängers ein Geldbetrag des Zahlers ausschließlich<br />

zur Übermittlung eines entsprechenden Betrags an den Zahlungsempfänger oder<br />

an einen anderen, im Namen des Zahlungsempfängers handelnden Zahlungsdienstleister<br />

entgegengenommen wird oder bei dem der Geldbetrag im Namen des<br />

Zahlungsempfängers entgegengenommen und diesem verfügbar gemacht wird<br />

(Finanztransfergeschäft).<br />

Abbildung 155 „Die Arten der Zahlungsdienste“<br />

Jeder der einzelnen Tatbestände des Zahlungsdienstekatalogs knüpft dabei an die (beabsichtigte) Übermittlung<br />

von gesetzlichen Zahlungsmitteln (Bargeld), (gesetzliche Zahlungsmittel vertretendes) Buchgeld oder elektronischem<br />

Geld, das im Austausch für Bargeld, Buchgeld oder anderen, sich letztlich aber auch von Bargeld oder<br />

Buchgeld ableitenden elektronischen Geld geschaffen worden ist (siehe auch die Definition von „Geldbetrag“ in<br />

Artikel 4 Absatz 15 der Zahlungsdiensterichtlinie).<br />

GEMEINDEORDNUNG 773


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Mit der Vorschrift werden Dienstleistungen eines Dritten erfasst, die die Ausführung einer Zahlung zwischen zwei<br />

Parteien, dem Zahler und dem Zahlungsempfänger, unterstützen. Auf die rechtliche Ausgestaltung des Verhältnisses<br />

zwischen dem Zahlungspflichtigen und dem Zahlungsempfänger kommt es dabei nicht an (sog. Valutaverhältnis).<br />

Dem Zahlungsvorgang kann daher eine familiäre „Verbindlichkeit“, eine Naturalobligation, ein bloßes<br />

Gefälligkeitsverhältnis, eine Spende oder etwas anderes zugrunde liegen. Entscheidend ist nur, dass ein Geldbetrag<br />

seinen Besitzer mithilfe eines Dritten wechseln soll.<br />

Einen Zahlungsdienst im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes stellen nicht die „privaten Währungen“ dar,<br />

mit denen ein auf regionale Märkte ausgerichtetes Tauschmittel realisiert werden soll. Diese Bewertung gilt nur<br />

solange die Rechnungseinheiten nicht zu irgendeinem Zeitpunkt, und sei es nur bei Eintritt in oder Austritt aus<br />

diesem Markt in Euro, die Währung eines Mitgliedstaats oder Vertragsstaats außerhalb der Euro-Zone oder eines<br />

Drittstaats umgerechnet und eingezahlt oder ausgezahlt werden. In den Fällen, in denen am Ende eine Abrechnung<br />

in einem gesetzlichen Zahlungsmittel steht, und sei es auch nur bei einem Austritt aus dem Verbund, so<br />

erbringt der Betreiber bei diesen wie bei jedem anderen Drei-Parteien- oder komplexeren Zahlungssystem einen<br />

Zahlungsdienst im Sinne dieses Gesetzes. Eine Ausnahme davon ist nur möglich, wenn das Geschäftsmodell<br />

nicht bereits so ausgerichtet ist oder noch ausgerichtet wird, dass es unter eine Bereichsausnahme des § 1 Absatz<br />

10 ZAG passt.<br />

Die gesetzlichen Vorgaben haben für die Gemeinde zur Folge, dass sie nicht unter den gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt<br />

und die anderen besonderen Bestimmungen für Zahlungsinstitute fällt. Sie hat aber gleichwohl bei der<br />

Qualifizierung ihres Handelns die allgemeinen Bestimmungen für Zahlungsdienstleister zu beachten. Diese Sachlage<br />

gilt auch dann, wenn die Gemeinde eigene Zahlungsdienste durch einen Regie- oder Eigenbetrieb erbringt<br />

oder erbringen will. Unter die Kategorie des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 ZAG fallen dabei nicht die rechtlich<br />

selbständigen Betriebe der Gemeinde, die keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen, auch wenn sie sich zu 100<br />

Prozent im Besitz der Gemeinde befinden.<br />

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass ein Zahlungssystem im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes<br />

ein System zum Zwecke von Verarbeitung, Clearing, Verrechnung und Abwicklung von Zahlungsvorgängen<br />

auf Basis einer förmlichen Vereinbarung mit gemeinsamen Regeln, die zwischen einer Partei, die das<br />

System betreibt (Betreiber) und mindestens drei Teilnehmern zur Übermittlung von Geldbeträgen getroffen wurden,<br />

ist. Dabei wird eine etwaige von dem Betreiber verselbstständigte Ver- und Abrechnungsstelle, zentrale<br />

Vertragspartei oder Clearingstelle nicht mitgerechnet. Zudem können die Teilnehmer nur Zahlungsdienstleister<br />

sein (vgl. § 1 Absatz 6 ZAG).<br />

7. Das De-Mail-Gesetz<br />

Der Rechts- und Geschäftsverkehr soll künftig nicht nur in Papierform, sondern auch in elektronischer Form abgewickelt<br />

werden. Die gebotene Rechtssicherheit soll dadurch nicht beeinträchtigt werden. Mit dem De-Mail-<br />

Gesetz vom 28.04.2011 wurde deshalb ein Rechtsrahmen zur Stärkung der Rechtssicherheit im elektronischen<br />

Rechts- und Geschäftsverkehr geschaffen, der auch die Gemeinde betrifft. Die möglichen De-Mail-Dienste sollen<br />

einen sicheren, vertraulichen und nachweisbaren Geschäftsverkehr für jedermann im Internet sicherstellen.<br />

Der De-Mail-Dienst beruht auf einer elektronischen Kommunikationsplattform. Den Nutzern des Dienstes muss<br />

deshalb eine sichere Anmeldung, die Nutzung eines Postfach- und Versanddienstes für sichere elektronische<br />

Post (De-Mail-Konto) sowie die Nutzung eines Verzeichnisdienstes ermöglicht werden. Zusätzlich können für die<br />

Nutzer auch Identitätsbestätigungs- und Dokumentenablagedienste durchgeführt werden (vgl. § 1 Absatz 2 Satz<br />

1 De-Mail-Gesetz). Die Durchführung des elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehrs obliegt dabei privaten<br />

Diensteanbietern (vgl. § 1 Absatz 2 Satz 2 De-Mail-Gesetz).<br />

GEMEINDEORDNUNG 774


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Als De-Mail-Konto eines Nutzers wird dabei ein Bereich in einem De-Mail-Dienst verstanden, der einem Nutzer so<br />

zugeordnet ist, dass er nur von ihm genutzt werden kann. Dafür darf der Diensteanbieter gesetzlich bestimmte<br />

personenbezogene Daten erheben und speichern (vgl. § 3 Absatz 2 Satz 2 De-Mail-Gesetz). Er muss dem Nutzer<br />

den Zugang zum De-Mail-Konto und den einzelnen Diensten mit einer sicheren Anmeldung oder auf Verlangen<br />

des Nutzers auch ohne eine solche sichere Anmeldung ermöglichen (vgl. § 4 Absatz 1 Satz 1 De-Mail-Gesetz).<br />

Der Diensteanbieter hat zudem die Kommunikation zu anderen Diensteanbietern über einen verschlüsselten und<br />

gegenseitig authentisierten Kanal vorzunehmen (Transportverschlüsselung) und den Inhalt einer De-Mail-<br />

Nachricht verschlüsselt zu übertragen (vgl. § 5 Absatz 3 De-Mail-Gesetz). Dadurch sollen die Vertraulichkeit, die<br />

Integrität und die Authentizität der Nachrichten gewährleistet werden. Jedoch muss dafür keine durchgängige<br />

Verschlüsselung zwischen Sender und Empfänger (Ende-zu-Ende-Verschlüsselung) erfolgen. In diesem Zusammenhang<br />

bestehen daher besondere Aufklärungs- und Informationspflichten, um einen unbefugten Zugang zu<br />

einem De-Mail-Konto zu verhindern (vgl. § 9 De-Mail-Gesetz). Dazu gehören auch Informationen über eine Sperrung<br />

und die Auflösung des De-Mail-Kontos.<br />

8. Die Zuordnung von Mahnwesen und Zwangsvollstreckung<br />

8.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Buchführung und die Zahlungsabwicklung der gemeindlichen Finanzbuchhaltung stehen in einem sachlichen<br />

Zusammenhang mit dem gemeindlichen Mahnwesen und der Zwangsvollstreckung, weil grundsätzlich beide<br />

Aufgabenbereiche für die gemeindlichen Finanzmittel verantwortlich sind. Der Aufgabenbereich „Zahlungsabwicklung“<br />

verfügt i.d.R. aufgrund des Zahlungsgeschäfts über Kenntnisse zur Bonität von Geschäftspartnern und<br />

Kunden der Gemeinde. Es bietet sich daher örtlich eine entsprechende Zuordnung des Mahnwesens und der<br />

Zwangsvollstreckung zur gemeindlichen Finanzbuchhaltung an.<br />

Dieser Aufgabenbereich kann die nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz vorgesehene zentrale Stelle sein,<br />

in deren Aufbau- und Ablauforganisation die Gemeinde eigenverantwortlich das Mahn- und Vollstreckungsverfahren<br />

einbinden und ausgestalten soll (vgl. § 2 Absatz 1 Nummer 2 VwVG <strong>NRW</strong>). Es bietet sich dabei an, eine<br />

Verbindung zwischen dem Mahnwesen und dem Buchungsgeschäft der Gemeinde herzustellen. Das Mahnwesen<br />

nimmt hat vielfach seinen Ausgang im Buchungsgeschäft, weil dort die Debitoren- und Kreditorenbuchungen<br />

vorgenommen werden und eine entsprechend Individualisierung der Ansprüche der Gemeinde gegenüber den<br />

Dritten als gemeindliche Schuldner auf einfache Art und Weise feststellbar ist. Notwendig gewordene Mahnungen<br />

gegenüber Dritten können unmittelbar auf der Grundlage von festgelegten Erfüllungs- oder Fälligkeitsterminen<br />

und im Zusammenwirken innerhalb der gemeindlichen Finanzbuchhaltung erfolgen.<br />

8.2 Der Forderungseinzug<br />

8.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Für die Gemeinde besteht die grundsätzliche Verpflichtung, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass<br />

die gemeindlichen Ansprüche der Gemeinde nach ihrer Erfassung und Geltendmachung auch eingezogen werden.<br />

Die fachlichen Vorschriften über den Forderungseinzug (Vollstreckung) stehen dabei einen rechtlichen<br />

Rahmen dar, der eine gute rechtliche Grundlage und ein Instrumentarium für die Einziehung von gemeindlichen<br />

Ansprüchen sowie für ein gemeindliches Forderungsmanagement bietet. Die Art und Weise des gemeindlichen<br />

Forderungseinzugs, einschließlich einer hilfsweisen Einschaltung Dritter, ist dabei von der Gemeinde näher und<br />

eigenverantwortlich auszugestalten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 775


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde kann dabei grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass eine Beteiligung privater Dritter am gemeindlichen<br />

Forderungseinzug zwingend erforderlich oder sachlich geboten ist. Vor allem die datenschutzrechtlichen<br />

Bestimmungen stellen erhebliche Schranken für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen<br />

eines "privaten" Forderungseinzugs dar. Es muss z. B. immer eine Zweckbezogenheit für die Datenverwendung<br />

gegeben sein. Es bedarf deshalb bei einer Auftragsdatenverarbeitung immer der Klärung, ob nur eine technische<br />

Hilfeleistung für die Gemeinde oder ggf. sogar materiell inhaltliche Leistungen erbracht werden.<br />

8.2.2 Die Beteiligung Dritter<br />

Die tatsächliche Übernahme des gemeindlichen Forderungsmanagements durch Dritte kann z. B. nicht mehr als<br />

Verwaltungshilfe angesehen werden, denn es wird regelmäßig eine selbstständige Arbeit von dem beauftragten<br />

Dritten erwartet. Für die Einschaltung Dritter durch die Gemeinde kann außerdem ein wirtschaftliches Hindernis<br />

dadurch entstehen, dass die Kosten eines externen Forderungsmanagements nicht auf die Schuldner der Gemeinde<br />

abgewälzt werden dürfen. Die Gemeinde müsste in Einzelfällen ggf. auf einen Teil ihrer Ansprüche verzichten,<br />

um die entstandenen Kosten zu tragen.<br />

Insgesamt betrachtet bleibt für die Gemeinde zweifelhaft, ob durch die notwendige Koordination mit einem externen<br />

Forderungsmanagement sich bei einer Beteiligung Dritter überhaupt Kostenreduzierungen verwirklichen<br />

lassen. Der Gemeinde bleiben mindestens die Überwachung des Dritten und eine ggf. erforderliche Aufarbeitung<br />

der Ergebnisse aus der Abwicklung. Bei der Gemeinde bleibt aber auch die Gesamtverantwortung in der Sache<br />

bestehen. Sie muss daher unter Einbeziehung der rechtlichen Rahmenbedingungen die Auswirkungen auf den<br />

Ablauf des gemeindlichen Forderungseinzugs näher betrachten und bewerten.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Zweck und Inhalte der Finanzbuchhaltung):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Aufgaben der Finanzbuchhaltung):<br />

1.1.1 Die Buchführung<br />

Durch die Vorschrift wird ausdrücklich bestimmt, dass die Finanzbuchhaltung die Buchführung der Gemeinde zu<br />

erledigen hat. Die gemeindliche Finanzbuchhaltung hat daher die Geschäftsvorfälle der Gemeinde systematisch<br />

und lückenlos nach bestimmten Regeln und Ordnungskriterien wertmäßig zu erfassen. Die Geschäftsvorfälle<br />

sowie die Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde sind dabei nach dem System der doppelten Buchführung<br />

und unter Beachtung der GoB in den Büchern klar ersichtlich und nachprüfbar aufzuzeichnen (vgl. § 27 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). Die Aufzeichnungspflicht soll zu einer laufenden, systematisch geordneten Dokumentation der gemeindlichen<br />

Geschäftsvorfälle führen und die Nachvollvollziehbarkeit des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde<br />

sicherstellen.<br />

Als gemeindlicher Geschäftsvorfall wird dabei ein Ereignis angesehen, das von der Gemeinde buchhalterisch zu<br />

erfassen ist, weil es zu haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen bei der Gemeinde führt. Es kann dabei zwischen<br />

bestandswirksamen und ergebniswirksamen Geschäftsvorfällen unterschieden werden, die zum Teil mit Zahlungsvorgängen<br />

verknüpft sind. Die Chancen und Risiken der Gemeinde sowie andere Sachverhalte oder Umstände,<br />

durch die gemeindliche Werte oder die wirtschaftliche Lage der Gemeinde beeinflusst werden können,<br />

stellen dagegen keinen Geschäftsvorfall dar, der in der gemeindlichen Buchführung zu erfassen ist.<br />

Die Pflicht der Gemeinde, in ihrer Finanzbuchhaltung alle gemeindlichen Geschäftsvorfälle nach dem System der<br />

doppelten Buchführung und unter Beachtung der GoB in den Büchern klar ersichtlich und nachprüfbar aufzu-<br />

GEMEINDEORDNUNG 776


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

zeichnen, erfordert eine laufende, systematisch geordnete Erfassung und Buchung sowie die Dokumentation der<br />

Geschäftsvorfälle. Die gemeindliche Buchführung muss daher grundsätzlich die Erfassung und Kontierung bzw.<br />

das Verarbeiten sowie das Ordnen und Sammeln der Belege umfassen. Die Gemeinde kann dabei elektronische<br />

Hilfsmittel einsetzen, z. B. eine DV-Buchführung vorhalten.<br />

Es ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass ein sachverständiger Dritter sich innerhalb einer angemessenen<br />

Zeit einen Überblick über die gemeindliche Buchführung verschaffen können muss. Es ist dazu jedoch nicht<br />

festgelegt worden, welches Maß an Sachverstand erforderlich sein muss, um die gemeindliche Buchhaltungstätigkeit<br />

beurteilen und nachvollziehen zu können. Allgemein wird aber davon auszugehen sein, dass ein sachverständiger<br />

Dritter ausreichende Kenntnisse über die gemeindliche Haushaltswirtschaft bzw. das Rechnungswesen<br />

der Gemeinde besitzen muss, damit er das gemeindliche Buchungsgeschehen verstehen und beurteilen kann.<br />

Diese Sachlage ist in die Beurteilung der Angemessenheit einzubeziehen.<br />

Die gemeindliche Buchhaltung muss bei der Erfassung der Erträge und Aufwendungen auch die Vorgaben für die<br />

gemeindliche Ergebnisrechnung beachten. Die Ergebnisrechnung hat das Ressourcenaufkommen und den Ressourcenverbrauch<br />

der Gemeinde periodenbezogen abzubilden, aufgeteilt auf ordentliche und außerordentliche<br />

Erträge und Aufwendungen. Dadurch wird ein Jahresergebnis ausgewiesen, das zu einer Veränderung des Eigenkapitals<br />

der Gemeinde führt. Die Zuordnung auf die Teilrechnungen richtet sich dabei im Einzelfall auch nach<br />

der produktorientierten haushaltswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinde.<br />

Unter Beachtung des gemeindlichen Bruttoprinzips sind in der Ergebnisrechnung die Ressourcen als Jahressummen<br />

für sämtliche Ertrags- und Aufwandsarten nach Arten auszuweisen (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der<br />

Ergebnisrechnung kommt damit im Rahmen der gemeindlichen Buchhaltung die Aufgabe zu, ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Ertragslage der Gemeinde zu vermitteln. Sie soll auch dazu beitragen,<br />

aussagekräftige Informationen über die tatsächliche wirtschaftliche Lage der Gemeinde zu erhalten.<br />

1.1.2 Die Zahlungsabwicklung<br />

Durch die Vorschrift wird ausdrücklich bestimmt, dass die Finanzbuchhaltung die Zahlungsabwicklung der Gemeinde<br />

zu erledigen hat. Die gemeindliche Zahlungsabwicklung hat i.d.R. die Aufgaben zu erfüllen, die vom Bürgermeister<br />

in einer örtlichen Dienstanweisung bestimmt worden sind (vgl. § 31 Absatz 2 Nummer 3 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>). In dieser Dienstanweisung sollen auch die Aufgaben benannt werden, die der gemeindlichen Zahlungsabwicklung<br />

zugeordnet wurden (vgl. § 30 GemHVO <strong>NRW</strong>). Zu solchen Aufgaben gehören u.a. die Annahme von<br />

Einzahlungen und die Leistung von Auszahlungen, die Erfassung der Zahlungs- (Geld-) ströme, getrennt nach<br />

eigenem und fremdem Zahlungsverkehr, die Verwaltung der Finanzmittel, die Aufbewahrung, Beförderung und<br />

Entgegennahme von Zahlungsmitteln und die Anlage nicht benötigter Zahlungsmittel.<br />

Die Aufgaben der Zahlungsabwicklung können in der Dienstanweisung örtlich näher bestimmt werden. Es ist<br />

dabei festzulegen, in welchem Umfang ggf. ein dezentraler Zahlungsverkehr stattfinden soll, z. B. die Annahme<br />

von Einzahlungen, die Auszahlungen aus Handvorschüssen. Es sind dabei auch jeweils die Verantwortlichkeiten<br />

festzulegen. Die örtlichen Regelungen müssen aber auch die Behandlung fremder Finanzmittel festlegen. Es<br />

bietet sich in diesem Zusammenhang an, dem Bereich „Zahlungsabwicklung“ auch die sichere Verwahrung und<br />

Verwaltung von Wertgegenständen zu übertragen (vgl. § 31 Absatz 2 Nummer 5 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die gemeindliche Zahlungsabwicklung muss bei der Erfassung der Zahlungsströme auch die Vorgaben für die<br />

gemeindliche Finanzrechnung beachten. Die Finanzrechnung hat sämtliche Zahlungsströme der Gemeinde zeitraumbezogen<br />

abzubilden, aufgeteilt auf die Bereiche der laufenden Verwaltungstätigkeit, der Investitionstätigkeit<br />

und der Finanzierungstätigkeit der Gemeinde. Dabei wird auch die Veränderung des Zahlungsmittelbestandes<br />

der Gemeinde aufgezeigt. Die Zuordnung auf die Teilrechnungen richtet sich dabei im Einzelfall auch nach der<br />

produktorientierten haushaltswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinde.<br />

GEMEINDEORDNUNG 777


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Unter Beachtung des gemeindlichen Bruttoprinzips sind in der Finanzrechnung die Zahlungsströme für sämtliche<br />

Einzahlungs- und Auszahlungsarten als Jahressummen auszuweisen, um die tatsächlichen haushaltsmäßigen<br />

Einzahlungen und Auszahlungen im Haushaltsjahr nach Arten aufzuzeigen (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der Finanzrechnung<br />

kommt damit im Rahmen der gemeindlichen Zahlungsabwicklung die Aufgabe zu, ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Finanzlage der Gemeinde zu vermitteln.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Beschaffenheit der Buchführung):<br />

1.2.1 Die Erfassung der Geschäftsvorfälle der Gemeinde<br />

Die Finanzbuchhaltung der Gemeinde muss die Entwicklung und den Stand des gemeindlichen Vermögens und<br />

der Schulden (Bilanz) und der Ertragslage (Ergebnisrechnung) sowie der Finanzlage (Finanzrechnung) über ein<br />

„geschlossenes“ Kontensystem unter Einbeziehung des Systems der doppelten Buchführung ermöglichen. Aufgrund<br />

einer vollständigen Erfassung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle kann die Gemeinde ihren Jahresabschluss<br />

erstellen und ein Bild ihrer wirtschaftlichen Lage vermitteln.<br />

Es ist dabei sachgerecht und angemessen, dass die Geschäftsvorfälle der Gemeinde ausdrücklich unter Anwendung<br />

der GoB zu buchen und der Jahresabschluss unter Beachtung dieser Vorgabe aufzustellen ist (vgl. § 95<br />

Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> und § 27 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Es soll damit gewährleistet werden, dass innerhalb einer<br />

angemessenen Zeit nach Ablauf des Haushaltsjahres ein Überblick über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde,<br />

bezogen auf den jährlichen Abschlussstichtag, gegeben werden kann.<br />

1.2.2 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

1.2.2.1 Das Regelsystem der Grundsätze<br />

Im kaufmännischen Rechnungswesen und den handelsrechtlichen Vorschriften über die Buchführung und den<br />

Jahresabschluss ist ein Entscheidungsspielraum für die Bilanzierenden geblieben, aus dem heraus durch Auslegungen<br />

und Interpretationen die gesetzesergänzenden „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)“ entwickelt<br />

worden sind. Diese Grundsätze sind als zu beachtende Regeln anerkannt. Dadurch soll eine den gesetzlichen<br />

Zwecken entsprechende Buchführung vorgenommen und ein Jahresabschluss aufgestellt werden. Außerdem<br />

stellen die Grundsätze auch Beurteilungsmaßstäbe für die Entscheidung dar, ob die Buchführung und der<br />

Jahresabschluss sowie der Gesamtabschluss ordnungsgemäß sind bzw. ob diese formell und materiell den gesetzlichen<br />

Anforderungen entsprechen.<br />

Allgemein lässt sich feststellen, dass als GoB jedes Verfahren und jede Methode anzuerkennen ist, die dazu<br />

führen, dass gesetzliche Regelungen ihrem Sinn und Zweck entsprechend im Einzelfall angewandt werden. Mit<br />

der Einordnung der GoB als unbestimmter Rechtsbegriff wird gewährleistet, dass auf neue Sachverhalte in der<br />

Praxis den gesetzlichen Anforderungen gemäß reagiert werden kann. Auf eine abschließende Regelung über die<br />

GoB hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet, um die fortlaufende Entwicklung und Veränderung nicht zu beeinträchtigen.<br />

Vielfach sind jedoch einzelne Grundsätze in die Rechtsvorschriften übernommen worden. Zudem<br />

sorgt die Auslegung der GoB durch Rechtsprechung und Literatur mittelbar für eine dynamische Anpassung des<br />

Rechts über das gemeindliche Rechnungswesen an die aktuellen nationalen und internationalen Entwicklungen.<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung werden dann weiterentwickelt, wenn aus neuen Sachverhalten<br />

heraus dafür ein Erfordernis besteht.<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht macht die GoB ebenfalls zur Grundlage der gemeindlichen Buchführung, weil<br />

die Rechtsvorschriften nicht alle bilanzierungsfähigen und bilanzierungspflichtigen Sachverhalte sowie die dazu<br />

GEMEINDEORDNUNG 778


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

erforderlichen Abgrenzungen detailliert regeln können. Sofern haushaltsrechtliche Regelungen bestehen, gehen<br />

diese den GoB jedoch vor. Die GoB sind dabei ein gesetzlich verankertes Regelungssystem, das daher nicht<br />

über dem gemeindlichen Haushaltsrecht steht. Die Grundsätze als unbestimmte Rechtsbegriffe werden dabei im<br />

Rahmen der gesetzlichen Regelungen und unter Beachtung von Sinn und Zweck des Gesetzes oder einzelner<br />

Vorschriften weiter entwickelt. Zur Auslegung sind i.d.R. die juristischen Auslegungskriterien heranzuziehen.<br />

Die GoB sollen sicherstellen, dass ein sachverständiger Dritter sich in einer angemessenen Zeit einen Überblick<br />

über die Aufzeichnung von gemeindlichen Geschäftsvorfällen und die Aufzeichnung von Vermögens- und Schuldenpositionen<br />

verschaffen kann und Manipulationsmöglichkeiten verhindert werden. Dem Dritten muss dabei ein<br />

qualifizierter Einblick in die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde möglich sein. Es ist<br />

dazu jedoch nicht festgelegt worden, welches Maß an Sachverstand erforderlich sein muss, um die gemeindliche<br />

Tätigkeit im jeweils betroffenen Produkt- bzw. Aufgabenbereich beurteilen und nachvollziehen zu können.<br />

Allgemein wird davon auszugehen sein, dass ein sachverständiger Dritter ausreichende Kenntnisse über die<br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft bzw. das Rechnungswesen der Gemeinde besitzen muss, damit er die Ausführung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und deren Ergebnis im gemeindlichen Jahresabschluss sowie im<br />

Gesamtabschluss der Gemeinde verstehen und beurteilen kann. Dabei ist von den vorhandenen örtlichen Gegebenheiten<br />

auszugehen, z. B. von der Größe der Gemeinde, der Größe und Komplexität der gemeindlichen Buchführung<br />

einschließlich der Art der örtlichen DV-Buchführung.<br />

1.2.2.2 Die Inhalte der Grundsätze<br />

Die GoB sind Regeln, nach denen im NKF zu verfahren ist, damit eine dem Zweck des gemeindlichen Haushaltsrechts<br />

entsprechende Buchführung durch die Gemeinden vorgenommen und ein gemeindlicher Jahresabschluss<br />

sowie ein gemeindlicher Gesamtabschluss aufgestellt werden können (vgl. § 27 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong> und §<br />

95 Absatz 1 sowie § 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die GoB sind daher ein haushaltsrechtlich verankertes Regelsystem.<br />

Sie können sich als unbestimmte Rechtsbegriffe nur im Rahmen der gesetzlichen Regelungen und unter<br />

Beachtung von Sinn und Zweck des Gesetzes oder einzelner Vorschriften weiter entwickeln.<br />

Die GoB bedeuten jedoch keine Gesetzeslücke, sondern einen gewünschten und wichtigen Verweis auf nicht<br />

gesetzliche Normen und Erkenntnisse. Vielfach sind deshalb gewichtige Inhalte der GoB als gesetzliche Regelungen<br />

erlassen worden (gesetzlich bestimmte Grundsätze). Außerdem werden die GoB als Beurteilungsmaßstäbe<br />

für die Entscheidung benötigt, ob die Buchführung und der Jahresabschluss sowie der Gesamtabschluss der<br />

Gemeinde ordnungsgemäß sind, denn diese müssen sowohl formell als auch materiell den haushaltsrechtlichen<br />

Anforderungen entsprechen. Die GoB im engeren Sinne stehen daher unmittelbar im Zusammenhang mit der<br />

Erfassung der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft in der Finanzbuchhaltung der Gemeinde. Folgende<br />

Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung gelten für die Gemeinden (vgl. Abbildung).<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)<br />

GRUNDSÄTZE<br />

Grundsatz<br />

der Vollständigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 779<br />

INHALTE<br />

In der Buchführung sind alle Geschäftsvorfälle sowie die Vermögens-<br />

und Schuldenlage vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet<br />

zu erfassen und zu dokumentieren. Daraus folgt das Erfordernis<br />

des systematischen Aufbaus der Buchführung unter Aufstellung<br />

eines Kontenplans, das Prinzip der vollständigen und verständlichen<br />

Aufzeichnung sowie das Belegprinzip, d.h. die Grundlage für<br />

die Richtigkeit der Buchung bildet den Buchungsbeleg mit der<br />

Festlegung „Keine Buchung ohne Beleg.“ Dazu zählt auch die<br />

Einhaltung der vorgesehenen Aufbewahrungsfristen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)<br />

GRUNDSÄTZE<br />

Grundsatz<br />

der Richtigkeit<br />

und Willkürfreiheit<br />

Grundsatz<br />

der Verständlichkeit<br />

Grundsatz<br />

der Aktualität<br />

Grundsatz<br />

der Relevanz<br />

Grundsatz<br />

der Stetigkeit<br />

Grundsatz<br />

des Nachweises<br />

der Recht- und<br />

Ordnungsmäßigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 780<br />

INHALTE<br />

Die Aufzeichnungen über die Geschäftsvorfälle durch die Gemeinde<br />

müssen die Realität möglichst genau abbilden, sodass die Informationen<br />

daraus begründbar und nachvollziehbar sowie objektiv richtig<br />

und willkürfrei sind. Sie müssen sich in ihren Aussagen mit den<br />

zugrunde liegenden Dokumenten decken und der Buchführungspflichtige<br />

bestätigen kann, dass die Buchführung eine getreue<br />

Dokumentation seiner Geschäftsvorfälle nach den rechtlichen<br />

Bestimmungen und den GoB erfolgt.<br />

Die Informationen des Rechnungswesens sind für den Rat und die<br />

Bürger als Öffentlichkeit so aufzubereiten und verfügbar zu machen,<br />

dass die wesentlichen Informationen über die Vermögens-<br />

und Schuldenlage klar ersichtlich und verständlich sind.<br />

Es ist ein enger zeitlicher Bezug zwischen dem Zeitraum, über den<br />

Rechenschaft gegeben wird, und der Veröffentlichung der Rechenschaft<br />

herzustellen.<br />

Das Rechnungswesen muss die Informationen bieten, die zur<br />

Rechenschaft notwendig sind, sich jedoch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit<br />

und Verständlichkeit auf die relevanten Daten beschränken.<br />

Dabei soll der Aufwand der Informationsbeschaffung in<br />

einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen der Informationsbereitstellung<br />

stehen.<br />

Die Grundlagen des Rechnungswesens, insbesondere die Methoden<br />

für Ansatz und Bewertung des Vermögens, sollen in der Regel<br />

unverändert bleiben, sodass eine Stetigkeit im Zeitablauf erreicht<br />

wird. Notwendige Anpassungen sind besonders kenntlich zu machen.<br />

Im Jahresabschluss ist über die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der<br />

Haushaltswirtschaft Rechenschaft abzulegen.<br />

Abbildung 156 „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)“<br />

Durch die GoB wird der Gemeinde jedoch kein bestimmtes Buchführungssystem vorgeschrieben. Vielmehr entspricht<br />

ein gemeindliches Buchführungssystem dann den GoB, wenn es so beschaffen ist, dass es einen Überblick<br />

über die Geschäftsvorfälle und die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermitteln<br />

kann. Die gemeindlichen Geschäftsvorfälle müssen sich dabei in ihrer Entstehung und sachlichen Zuordnung<br />

bzw. Abwicklung nachverfolgen lassen. Sofern sich aus den Rahmengrundsätzen ggf. Zielkonflikte für ergeben<br />

können, ist es bei der örtlichen Ausgestaltung des Rechnungswesens notwendig, bei konkurrierenden Sachverhalten<br />

eine Abwägung vorzunehmen.<br />

1.2.3 Der Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit<br />

Im Zusammenhang mit den gesetzlich bestimmten Grundsätzen und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung<br />

ist der Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit als allgemeiner Grundsatz für das Handeln der Ge-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

meinde gesetzlich bestimmt worden (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Dieser Grundsatz wird zudem noch<br />

durch die weitere allgemeine Vorgabe ergänzt "Die Gemeinde hat ihr Vermögen und ihre Einkünfte so zu verwalten<br />

hat, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben“ (vgl. § 10 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Diese Bestimmungen beinhal-<br />

ten das Konzept der Generationengerechtigkeit. Die Gemeinde muss hinsichtlich ihrer Aufgabenerfüllung und<br />

besonders haushaltswirtschaftlich in Verantwortung für die künftigen Generationen handeln (vgl. Abbildung).<br />

Intergenerative Gerechtigkeit<br />

Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 781<br />

§ 1 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 157 „Intergenerative Gerechtigkeit“<br />

Es gilt dabei für die Gemeinde zu beurteilen, in welchem Umfang künftige Generationen von den Auswirkungen<br />

gegenwärtiger gemeindlicher Haushaltspolitik betroffen sind und welche Leistungskraft der Gemeinde künftig<br />

noch vorhanden sein wird. Der Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit erfordert daher u.a. die zeitliche<br />

Verteilung von Nutzen und Lasten im gemeindlichen Bereich sowie die Tragfähigkeit der gemeindlichen Finanzen<br />

auch für die Zukunft. Die Gemeinde muss deshalb bei ihrer Haushaltsplanung und Haushaltsausführung unter<br />

Beachtung der übrigen gemeindlichen Haushaltsgrundsätze immer im Blick haben, auch ausreichende Handlungsmöglichkeiten<br />

für die künftigen Generationen zu erhalten. Der Grundsatz beinhaltet aber auch, dass die<br />

Gemeinde keine rücksichtslose Inanspruchnahme der Abgabepflichtigen vornehmen darf.<br />

1.2.4 Wichtige gesetzlich bestimmte Grundsätze<br />

Die wichtigsten haushaltswirtschaftlichen Grundsätze für die Gemeinde sind in vielen Vorschriften der Gemeindeordnung<br />

und der Gemeindehaushaltsverordnung konkretisiert worden. Die in diesen Vorschriften enthaltenen<br />

Grundsätze zur gemeindlichen Buchführung, zur gemeindlichen Bilanz (Jahresabschluss) und dem gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Wichtige gesetzlich bestimmte Grundsätze<br />

BEZEICHNUNG<br />

VORSCHRIFTEN<br />

GRUNDSÄTZE ZUR GEMEINDLICHEN BUCHFÜHRUNG<br />

Grundsatz der Klarheit<br />

Grundsatz der Richtigkeit<br />

Grundsatz der Buchführungswahrheit<br />

Grundsatz der Übersichtlichkeit<br />

Grundsatz der Aktualität<br />

Grundsatz der Verständlichkeit<br />

Grundsatz der Vollständigkeit<br />

§ 27 Absatz 1, § 41 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 27 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 27 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 27 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 96, § 116 GO <strong>NRW</strong>, § 27 Absatz 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 27 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 91 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>, § 27 Absatz 1<br />

und 2, § 41 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Wichtige gesetzlich bestimmte Grundsätze<br />

BEZEICHNUNG<br />

Belegprinzip<br />

GEMEINDEORDNUNG 782<br />

VORSCHRIFTEN<br />

§ 27 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

GRUNDSÄTZE ZUR GEMEINDLICHEN BILANZ (Jahresabschluss)<br />

Aktivierungsgrundsatz<br />

Passivierungsgrundsatz<br />

Grundsatz der Stetigkeit<br />

Grundsatz der Bilanzidentität<br />

(formelle Bilanzkontinuität)<br />

Grundsatz der Bilanzierungswahrheit<br />

Stichtagsprinzip<br />

Grundsatz der Bilanzidentität<br />

Grundsatz der Einzelbewertung<br />

Grundsatz der Vorsicht<br />

Grundsatz der Periodenabgrenzung<br />

Grundsatz der Bewertungsstetigkeit<br />

(materielle Bilanzkontinuität)<br />

Anschaffungswertprinzip<br />

Grundsatz des Saldierungsverbots<br />

Grundsatz des Nachweises<br />

der Recht- und Ordnungsmäßigkeit<br />

§ 41 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 41 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 5, § 41 Absatz 5<br />

GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 1 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 95, § 116 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 95 Absatz 1, § 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 1 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 2 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 91 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>, § 32 Absatz 1<br />

Nummer 3, § 35 Absatz 7 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 4 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 32 Absatz 1 Nummer 5 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 91 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 41 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

GRUNDSÄTZE ZUM GEMEINDLICHEN GESAMTABSCHLUSS<br />

Grundsatz der Fiktion der rechtlichen Einheit<br />

Grundsatz der Einheitlichkeit des Ausweises<br />

Grundsatz der Vollständigkeit<br />

des Konsolidierungskreises<br />

Grundsatz der Eliminierung<br />

„konzerninterner“ Beziehungen<br />

§ 116 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 49 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 50 GemHVO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 303 HGB


1.2.5 Weitere wichtige Grundsätze<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Wichtige gesetzlich bestimmte Grundsätze<br />

BEZEICHNUNG<br />

Grundsatz der Wesentlichkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 783<br />

VORSCHRIFTEN<br />

§ 116 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 158 „Wichtige gesetzlich bestimmte Grundsätze“<br />

Neben den GoB, die sich auf die laufende Buchführung beziehen und die Art der Erfassung und Darstellung der<br />

Geschäftsvorfälle sowie deren Schutz vor Verlust und Verfälschung regeln, sind weitere wichtige Grundsätze<br />

entwickelt worden. Jeder dieser Grundsätze soll sicherstellen, dass ein sachverständiger Dritter sich in einer<br />

angemessenen Zeit einen Überblick über die Aufzeichnung von Buchungsvorfällen und die Aufzeichnung von<br />

Vermögens- und Schuldenpositionen der Gemeinde verschaffen kann. Es soll dem Dritten aber auch ein qualifizierter<br />

Einblick in die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanz- (gesamt) lage der Gemeinde möglich sein<br />

(vgl. Abbildung).<br />

GRUNDSÄTZE<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

DV-gestützter<br />

Buchführungssysteme (GoBS)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Inventur (GoI)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Bilanzierung (GoBi)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Lageberichterstattung (GoL)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Abschlussprüfungen (GoA)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Konzernrechnungslegung (GoK)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Weitere wichtige Grundsätze<br />

INHALTE<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sollen sicherzustellen,<br />

dass die Buchungen und sonstigen Aufzeichnungen vollständig, richtig,<br />

zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden, wenn die Buchführung<br />

mithilfe automatisierter Datenverarbeitung erfolgt (vgl. § 27 Absatz 5<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze beziehen sich auf die Erstellung des Inventars und<br />

sollen sicherstellen, dass in der Inventur eine vollständige Erfassung des<br />

Vermögens und der Schulden erfolgt (vgl. § 91 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. §§ 28<br />

und 29 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze der Aktivierung, Passivierung und Bewertung werden<br />

weiter detailliert. Dazu gehören auch die Grundsätze für die Bilanzgliederung<br />

(vgl. z.B. §§ 41 bis 43 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze spezifizieren die Anforderungen für die durch den Lagebericht<br />

vorzunehmende Informationsvermittlung (vgl. § 48 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze finden hinsichtlich der jährlichen Abschlussprüfung<br />

Anwendung. Diese beinhalten u.a. Festlegungen zu den Prüfungshandlungen.<br />

Außerdem bestehen noch weitere Ergänzungen dieser Grundsätze<br />

durch die „Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei<br />

Abschlussprüfungen“ sowie die „Grundsätze für die ordnungsmäßige<br />

Erteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen“.<br />

Die Grundsätze finden bei der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

Anwendung (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze sind für die pflichtgemäße Risikoüberwachung entwi-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Weitere wichtige Grundsätze<br />

GRUNDSÄTZE<br />

INHALTE<br />

Risikoüberwachung (GoR) ckelt worden. Sie beinhalten die allgemeinen Handlungsvorgaben bzw.<br />

Handlungsempfehlungen zur Ausgestaltung eines Risikoüberwachungssystems.<br />

Abbildung 159 „Weitere wichtige Grundsätze“<br />

Die Rechtsprechung und Literatur sowie der Austausch unter den Ländern und mit den Kommunen sorgen mittelbar<br />

für eine dynamische Anpassung des gemeindlichen Haushaltsrechts an die aktuellen Entwicklungen auf<br />

staatlicher und internationaler Ebene.<br />

1.2.6 Die sachgerechte Anwendung der Grundsätze<br />

Die sachgerechte Anwendung der GoB unter Beachtung ihrer qualitativen Merkmale führt grundsätzlich zu einer<br />

wirklichkeitsgetreuen Darstellung der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde. Sofern<br />

sich die örtlichen Entscheidungen der Gemeinde an diesen Grundsätzen orientieren, entstehen relevante, verlässliche<br />

und verständliche Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde. Um diese Ziele zu erreichen,<br />

ist u.a. die Gliederung der gemeindlichen Bilanz, der Ergebnisrechnung und der Finanzrechnung näher<br />

bestimmt worden (vgl. §§ 38, 39 und 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Bewertungsvorschriften in den §§ 32 bis 36, 42 und<br />

43 GemHVO <strong>NRW</strong> prägen dabei das Vorsichtsprinzip weiter aus.<br />

Auf eine abschließende Regelung über die GoB hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet, um die fortlaufende<br />

Entwicklung und Veränderung dieser Grundsätze nicht zu beeinträchtigen. Ausgehend vom allgemeinen Schutzzweck<br />

des gemeindlichen Haushaltsrechts finden die für das kaufmännische Rechnungswesen anerkannten Ziele<br />

„Dokumentation“, „Rechenschaft“ und „Kapitalerhaltung“ auch durch die Gemeinde eine entsprechende Anwendung.<br />

Zur Auslegung der GOB sind dabei i.d.R. die juristischen Auslegungskriterien heranzuziehen. Mit der Verwendung<br />

des unbestimmten Rechtsbegriffs der GoB wird dabei gewährleistet, dass auf neue Sachverhalte in der<br />

Praxis den gesetzlichen Anforderungen gemäß reagiert werden kann.<br />

Im gemeindlichen Bereich besteht eine klassische Stellvertreterbeziehung, die sich auf das gemeindliche Haushaltsrecht<br />

auswirkt. Die Gemeinde verwaltet wie ein Beauftragter das Vermögen ihrer Bürger treuhänderisch.<br />

Daraus lassen sich die Rahmengrundsätze ableiten, die für die Erfassung und Darstellung der gemeindlichen<br />

Geschäftsvorfälle sowie deren Sicherung gegen Verlust und Verfälschung gelten und somit die materielle und<br />

formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sichern. Außerdem sind die wichtigen GoB durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz<br />

nicht grundsätzlich verändert worden, z. B. das Realisationsprinzip, sodass die<br />

GoB von der Gemeinde weiterhin unverändert anzuwenden sind.<br />

1.3 Zu Satz 3 (Ordnungsmäßigkeit der Zahlungsabwicklung):<br />

Die gesetzliche Vorgabe einer Trennung zwischen den Aufgaben „Buchen der gemeindlichen Geschäftsvorfälle“<br />

und „Abwicklung des gemeindlichen Zahlungsverkehrs“ in der Finanzbuchhaltung der Gemeinde entspricht den<br />

Grundsätzen des öffentlichen Haushaltsrechts und muss sich daher auch im gemeindlichen Haushaltsrecht wiederfinden.<br />

Die Trennung stellt eine Mindestbeachtung der Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips bei der Abwicklung<br />

von gemeindlichen Geschäftsvorfällen dar.<br />

Die Einhaltung dieser Vorgabe muss von der Gemeinde durch eine aufgabenbezogene Teilung ihrer Finanzbuchhaltung<br />

in die beiden Verantwortungsbereiche "Buchhaltung" und "Zahlungsabwicklung" gewährleistet werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 784


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Wegen der besonderen Bedeutung des Zahlungsverkehrs für die Gemeinde und unter Berücksichtigung von<br />

Sicherheitsaspekten ist es dabei geboten, in der Vorschrift ausdrücklich zu bestimmen, dass die Zahlungsabwicklung<br />

der Gemeinde ordnungsgemäß und sicher zu erledigen ist. Die nähere Ausgestaltung dieser allgemeinen<br />

Vorgabe obliegt der Gemeinde im Rahmen ihrer Selbstverwaltung.<br />

2. Zu Absatz 2 (Verantwortlichkeiten für die Finanzbuchhaltung):<br />

2.1 Die Bestellung eines Verantwortlichen und eines Stellvertreters<br />

2.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Gemeinde hat, wenn sie ihre Finanzbuchhaltung nicht nach § 94 GO <strong>NRW</strong> durch eine Stelle außerhalb der<br />

Gemeindeverwaltung besorgen lässt, dafür einen Verantwortlichen und einen Stellvertreter zu bestellen. Es sind<br />

durch das gemeindliche Haushaltsrecht jedoch keine fachlichen Anforderungen für den Verantwortlichen der<br />

gemeindlichen Finanzbuchhaltung und seinen Stellvertreter bestimmt worden. Die Bestellung wird i.d.R. vom<br />

Bürgermeister als Verantwortlichen für die gemeindliche Verwaltung vorgenommen, denn gehört zur Sicherstellung<br />

einer ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung der Gemeinde. Sie ist nicht, wie bei der Leitung und den Prüfern<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung, dem Rat der Gemeinde vorbehalten.<br />

2.1.2 Kein Verzicht auf die Gesamtverantwortung<br />

Der Verantwortliche der gemeindlichen Finanzbuchhaltung hat dabei, unabhängig vom organisatorischen Aufbau<br />

der gemeindlichen Finanzbuchhaltung, eine fachliche Gesamtverantwortung aus der Erledigung der gesetzlich<br />

bestimmten Aufgaben sowie aus Fach- und Sicherheitsgesichtspunkten heraus. Auch bei einer dezentralen Erledigung<br />

der Aufgaben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung muss es eine fachliche Gesamtverantwortung in<br />

einer Hand geben. Die Einführung einer Dezentralisierung stellt keinen Anlass da, von einer Gesamtverantwortung<br />

abzusehen oder diese aufzugeben. Die fachliche Gesamtverantwortung in einer Hand muss auch dann<br />

bestehen bleiben, wenn die Gemeinde ihre Finanzbuchhaltung ganz oder zum Teil von einer Stelle außerhalb der<br />

Gemeindeverwaltung besorgen lässt. Nicht wegen dieser Gegebenheiten ist die gesetzliche Vorgabe der Bestellung<br />

eines Verantwortlichen durch die Gemeinde notwendig und sachgerecht.<br />

2.1.3 Verantwortlichkeiten und Verwandtschaftsverbot<br />

Der bestellte Verantwortliche und sein Stellvertreter tragen die Verantwortung für die beiden Aufgabenbereiche<br />

„Buchführung“ und „Zahlungsabwicklung“ der gemeindlichen Finanzbuchhaltung, sofern in der gemeindlichen<br />

Verwaltung diese beiden Aufgabenbereiche nicht organisatorisch eigenständig geführt werden. Durch ihre Verantwortlichkeiten<br />

für die gemeindliche Zahlungsabwicklung unterliegen sie dabei dem Verwandtschaftsverbot<br />

zwischen bestimmten Beschäftigten in der gemeindlichen Verwaltung.<br />

Dieses Verwandtschaftsverbot ist unter Sicherheitsgesichtspunkten erlassen worden. Bei diesem Verbot ist zu<br />

beachten, dass es nicht nur bei einer Verbindung durch eine Ehe gilt, sondern auch bei denjenigen Personen<br />

Anwendung findet, die durch eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbunden sind.<br />

Durch diese Erweiterung wird den Regelungen des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

- LPartG) Rechnung getragen. Das Verbot in der Vorschrift soll insgesamt gesehen<br />

mögliche Interessenkonflikte durch persönliche Bindungen zwischen den gemeindlichen Beschäftigten von vornherein<br />

ausschließen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 785


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

2.2 Die Bestellung eines Verantwortlicher für die Zahlungsabwicklung<br />

In der Gemeinde ist es von der organisatorischen und aufgabenbezogenen Gestaltung der Finanzbuchhaltung<br />

abhängig, ob neben dem Verantwortlichen für die Finanzbuchhaltung und seinem Stellvertreter zu bestellen ist.<br />

Die zusätzliche Bestellung eines Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung ist nicht erforderlich, wenn nicht<br />

bereits der Stellvertreter für die gemeindliche Zahlungsabwicklung zuständig ist. Die besondere Bestellung eines<br />

Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung beruht darauf, dass unter Sicherheitsgesichtspunkten ein Verwandtschaftsverbot<br />

zwischen bestimmten Beschäftigten in der gemeindlichen Verwaltung zu beachten ist.<br />

Bei einer organisatorischen Trennung von Buchführung und Zahlungsabwicklung und einer Eigenständigkeit der<br />

gemeindlichen Zahlungsabwicklung innerhalb der gemeindlichen Verwaltung unterliegen nur der Verantwortliche<br />

für den gesonderten Aufgabenbereich „Zahlungsabwicklung“ und sein Stellvertreter dem gesetzlichen Verwandtschaftsverbot<br />

nach dieser Vorschrift. Gleichwohl muss auch bei einer solchen Gestaltung der Finanzbuchhaltung<br />

eine Gesamtverantwortung in der Gemeinde bestehen, um wegen der selbst geschaffenen Aufgabentrennung ein<br />

Ineinandergreifen der Abwicklung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle und die daraus entstehenden Abschlüsse<br />

der Gemeinde zu sichern.<br />

2.3 Verantwortung bei einer Aufgabenerledigung durch Dritte<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht ermöglicht es, dass die Gemeinde ihre Finanzbuchhaltung durch Stellen außerhalb<br />

der gemeindlichen Verwaltung erledigen lassen kann (vgl. § 94 GO <strong>NRW</strong>). Dabei kommt es nicht auf die<br />

Rechtsform der beauftragten Stelle, sondern nur auf die Rechtsform der Übertragung an. Es ist deshalb zu unterscheiden,<br />

ob die Übertragung der Besorgung der Finanzbuchhaltung nach öffentlichem Recht oder nach den<br />

Gestaltungsmöglichkeiten des Privatrechts von der Gemeinde vorgenommen wird.<br />

Mit der Erledigung der gemeindlichen Finanzbuchhaltung oder Teilen davon sollen zudem nur Stellen beauftragt<br />

werden, die eine Gewähr für deren ordnungsgemäße Abwicklung bieten und diese Aufgabe wirtschaftlicher und<br />

zweckmäßiger erledigt werden kann. Die gemeindliche Aufgabenerfüllung darf dadurch aber nicht beeinträchtigt<br />

werden. Die Rechte und Pflichten der Gemeinde als Aufgabenträgerin für die Durchführung ihrer Finanzbuchhaltung<br />

bleiben dabei aber unberührt. Sie ist auch bei einer Aufgabenübertragung an Dritte weiterhin für die ordnungsgemäße<br />

Erledigung dieser Aufgabe verantwortlich und muss sich in ihrem Verhältnis zu den Bürgerinnen<br />

und Bürgern das Handeln der beauftragten Stelle als ihr eigenes Handeln anrechnen lassen.<br />

Aus der Funktion der Finanzbuchhaltung ergibt sich, dass die ordnungsgemäße Erledigung nur angenommen<br />

werden kann, wenn die Funktion der Finanzbuchhaltung im doppischen Rechnungswesen der Gemeinde auch<br />

bei der Übertragung auf Dritte in vollem Umfang erhalten bleibt. Beim Vorliegen dieser Tatbestände kann die<br />

Gemeinde auf die förmliche Bestellung eines Verantwortlichen und eines Stellvertreters für ihre Finanzbuchhaltung<br />

verzichten. Gleichwohl bedarf es einer zuständigen Organisationseinheit in der gemeindlichen Verwaltung,<br />

von der aus die Ergebnisse aus der Geschäftstätigkeit des Dritten in die Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

und ggf. des Gesamtabschlusses der Gemeinde eingebracht werden.<br />

3. Zu Absatz 3 (Dezentrale Aufgabenerledigung):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Dezentrale Finanzbuchhaltung):<br />

3.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Im Rahmen der Bestimmungen zur örtlichen Finanzbuchhaltung ist ausgehend davon, dass für die Gemeinde<br />

eine dezentrale Buchführung und Zahlungsabwicklung zweckmäßig sein kann, auch die dezentrale Erledigung<br />

GEMEINDEORDNUNG 786


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

der Aufgaben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung zugelassen worden. Es wurde deshalb auf die gesetzliche<br />

Vorgabe einer zentralen Finanzbuchhaltung verzichtet und ihre aufgabenbezogene Gestaltung der gemeindlichen<br />

Finanzbuchhaltung in die Verantwortung der Gemeinde gelegt.<br />

Die dazu getroffene Regelung stellt ausdrücklich klar, dass die gemeindliche Finanzbuchhaltung nicht immer<br />

zentral, sondern durch eine eigenverantwortlich getroffene Entscheidung der Gemeinde für funktional begrenzte<br />

Aufgabenbereiche auch durch mehrere Stellen der Verwaltung erfolgen kann, wenn die ordnungsgemäße Erledigung<br />

gesichert ist. Eine funktionale Abgrenzung wird in der Praxis vielfach für bestimmte Fachbereiche vorgenommen,<br />

bei denen es zweckmäßig ist, neben der Haushaltsbewirtschaftung auch die Zahlungsabwicklung zu<br />

erledigen, z. B. über gemeindeeigene Bankkonten.<br />

Bei einer Dezentralisierung der Finanzbuchhaltung muss zudem eine zentrale Stelle in der gemeindlichen Verwaltung<br />

bestehen, bei der die Gesamtverantwortung für die Aufgabenerledigung der gemeindlichen Finanzbuchhaltung<br />

weiterhin liegt. Von dieser Stelle sollten auch die Ergebnisse aus den dezentralen Stellen zu einem Gesamtergebnis<br />

zusammengeführt werden. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der dezentralen Ressourcenverantwortung<br />

in der gemeindlichen Verwaltung muss dabei vor Ort geklärt werden, ob die dezentralen Stellen neben<br />

der haushaltsmäßigen Bewirtschaftung auch das Buchungsgeschäft (vollständig oder teilweise) und ggf. auch die<br />

Zahlungsabwicklung mit übernehmen sollen. Die Vorschrift sieht daher bei der Gewährleistung der Prüfung bei<br />

einer Dezentralisierung der gemeindlichen Finanzbuchhaltung vor, dass dann auch eine Überwachung und Kontrolle<br />

unerlässlich ist.<br />

3.1.2 Örtliche Entscheidungen<br />

Die dezentrale Aufgabenerledigung der gemeindlichen Finanzbuchhaltung kann sich auch auf die Abwicklung des<br />

Buchungsgeschäftes beschränken. Die betreffenden dezentralen Stellen der gemeindlichen Verwaltung haben<br />

dann zusätzlich zu ihrer haushaltsmäßigen Bewirtschaftungsbefugnis z. B. eine „Vorbuchung“ vornehmen, sodass<br />

jeder Geschäftsvorfall noch originär in der Finanzbuchhaltung der Gemeinde zu erfassen ist. Es kann aber<br />

auch von der Gemeinde festgelegt werden, dass jeder gemeindliche Geschäftsvorfall in der dezentralen Einheit<br />

zu buchen und nach einem vorher bestimmten Zeitraum das jeweilige Ergebnis in die „originäre“ Finanzbuchhaltung<br />

der Gemeinde übernommen werden soll, z. B. zum Ende eines Quartals. Diese Gestaltung der gemeindlichen<br />

Buchführung ist dabei nicht von der Umsetzung der dezentralen Ressourcenverantwortung abhängig. Sie ist<br />

möglich, ohne dass die dezentrale Stelle ggf. auch noch die Zahlungsabwicklung übernimmt.<br />

Durch die Vorschrift wird es aber auch ermöglicht, die Zahlungsabwicklung der Finanzbuchhaltung dezentral<br />

abzuwickeln, z. B. über gesonderte Girokonten der Gemeinde. In der Praxis hat es sich dabei bewährt, die Abwicklung,<br />

insbesondere aber die Geldversorgung, nach dem Prinzip der „Abwicklung von Vorschüssen“ auszugestalten.<br />

So kann regelmäßig von der Leitung der Finanzbuchhaltung überwacht werden, ob auch sämtliche haushaltsrechtlichen<br />

Anforderungen einschließlich der Verantwortlichkeiten eingehalten werden, z. B. Unterschriftsbefugnisse.<br />

Die einzurichtenden Girokonten sind dabei als Konten der Gemeinde mit den entsprechenden Zugriffsrechten<br />

und sollten regelmäßig unterjährig abgerechnet werden.<br />

Die Geldversorgung dieser "dezentralen" Konten soll dabei entsprechend dem tatsächlichen Zahlungsbedarf in<br />

einer bestimmten Zeit und nicht nach den für das Haushaltsjahr geplanten Aufwendungen des betreffenden<br />

Fachbereichs erfolgen. Die Bereitstellung der Finanzmittel stellt dabei einen internen Vorgang der Gemeinde dar,<br />

der als Zahlungsvorgang erst dann die gemeindliche Finanzrechnung berührt, wenn Zahlungen an Dritte zu leisten<br />

sind. Die Dezentralisierung der Zahlungsabwicklung fordert außerdem von der Gemeinde, die Geldversorgung<br />

in die örtliche Liquiditätsplanung einzubeziehen. Bei der Beurteilung einer Verstärkung der gemeindlichen<br />

Zahlungsmittel durch die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung soll die Gemeinde die Kontenguthaben<br />

mit in ihre Wirtschaftlichkeitsüberlegungen einbeziehen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 787


3.2 Zu Satz 2 (Verweis auf Absatz 2):<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch den Verweis auf Absatz 2 der Vorschrift soll sichergestellt werden, dass auch in den Fällen, in denen die<br />

Aufgaben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung durch mehrere Stellen der Verwaltung für funktional begrenzte<br />

Aufgabenbereiche erledigt werden, durch den Bürgermeister auch entsprechend Verantwortliche bestellt werden.<br />

Die Gemeinde hat deshalb auch in den Fällen einer dezentral geführten Finanzbuchhaltung neben den jeweils<br />

dafür Verantwortlichen auch einen Verantwortlichen und einen Stellvertreter für ihre gesamte gemeindliche Finanzbuchhaltung<br />

zu bestellen.<br />

Die Gemeinde kann sich wie in den Fällen, in denen sie ihre Finanzbuchhaltung durch eine Stelle außerhalb der<br />

Gemeindeverwaltung besorgen lässt, und auch bei einer Dezentralisierung ihrer Finanzbuchhaltung innerhalb<br />

ihrer Verwaltung, nicht auf ihre Gesamtverantwortung für das gemeindliche Buchungsgeschäft und die gemeindliche<br />

Zahlungsabwicklung verzichten bzw. sich daraus entlassen. Diese Vorgabe besteht nicht allein deshalb, um<br />

für diese Bereiche die ordnungsgemäße Erledigung und die Prüfung zu gewährleisten. Es gebietet vielmehr die<br />

Pflicht zur Sicherstellung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung, dass z. B. eine aufgabenbezogene Gesamtverantwortung<br />

innerhalb der gemeindlichen Verwaltung bestehen bleibt, auch wenn der Bürgermeister die Gesamtverantwortung<br />

für das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde im Haushaltsjahr nicht aus der Hand geben<br />

kann (vgl. § 62 GO <strong>NRW</strong>).<br />

4. Zu Absatz 4 (Trennung von Entscheidung und Zahlungsabwicklung):<br />

4.1 Zu Satz 1 (Geltung des Grundsatzes bei der Zahlungsabwicklung):<br />

Nach der Vorschrift dürfen die Bediensteten der Gemeinde, die mit der Prüfung und Feststellung des Zahlungsanspruches<br />

und der Zahlungsverpflichtung beauftragt sind, keine gemeindliche Zahlungen abwickeln. Dieser<br />

gesetzliche Grundsatz stellt nicht nur eine Vorgabe für eine sachdienliche Gestaltung des gemeindlichen Verwaltungsablaufs<br />

bei der Abwicklung der Geschäftsvorfälle der Gemeinde dar. Er ist auch ein Ausdruck dafür, dass<br />

verpflichtende Erklärungen bzw. Zahlungen zulasten der Gemeinde im Alleingang eines gemeindlichen Beschäftigten<br />

zu vermeiden sind.<br />

Die getroffene gesetzliche Regelung ist daher eine Ausprägung des Grundsatzes der Trennung von fachlicher<br />

Entscheidung und Durchführung der gemeindlichen Zahlungsabwicklung. Sie ist nicht erst mit dem NKF eingeführt<br />

worden, sondern wegen ihrer Bedeutung nunmehr gesetzlich verankert worden. Es war auch aus Sicherheitsgesichtspunkten<br />

heraus erforderlich, ein solches Verbot in der Gemeindeordnung zu verankern. Das Gebot,<br />

das in der Praxis auch als „Vier-Augen-Prinzip“ bezeichnet wird, soll die Einhaltung der Trennung zwischen Bewirtschaftung<br />

der gemeindlichen Haushaltsmittel und der Zahlungsabwicklung der Gemeinde gewährleisten.<br />

Außerdem wird durch diese Regelung auch erfasst, dass bestimmte Bedienstete nicht gleichzeitig die Stellung<br />

des Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung oder seines Stellvertreters innehaben können.<br />

4.2 Zu Satz 2 (Geltung des Grundsatzes bei der Rechnungsprüfung):<br />

Nach der Vorschrift dürfen die Bediensteten der Gemeinde, die mit Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

beauftragt sind, keine gemeindliche Zahlungen abwickeln. Dieser gesetzliche Grundsatz stellt nicht nur eine Vorgabe<br />

für eine sachdienliche Gestaltung des gemeindlichen Verwaltungsablaufs bei der Abwicklung der Geschäftsvorfälle<br />

der Gemeinde dar, sondern ist auch Ausdruck dafür, dass auch die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

nicht über verpflichtende Erklärungen bzw. über Zahlungen zulasten der Gemeinde entscheiden<br />

sollen, wenn ihnen gleichzeitig die Prüfung des gemeindlichen Geschäftsvorfalls obliegt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 788


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Grundsatz der Trennung von fachlicher Entscheidung bei der gemeindlichen Zahlungsabwicklung und der<br />

Durchführung der Rechnungsprüfung gilt wegen der Sonderstellung der örtlichen Rechnungsprüfung auch für die<br />

damit beauftragten Bediensteten (vgl. § 104 GO <strong>NRW</strong>). Durch diese Vorgabe soll die Einhaltung der Trennung<br />

zwischen Bewirtschaftung der Haushaltsmittel und örtlicher Rechnungsprüfung gewährleistet werden. Durch<br />

diese Regelung wird zudem erfasst, dass ein Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung nicht gleichzeitig die Stellung<br />

des Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung oder seines Stellvertreters innehaben kann.<br />

5. Zu Absatz 5 (Verwandtschaftsverbot zur Vermeidung von Interessenkonflikten):<br />

Das Verwandtschaftsverbot zwischen bestimmten Beschäftigten in der gemeindlichen Verwaltung besteht auch<br />

aus Sicherheitsgesichtspunkten. Das Verbot gilt für den Verantwortlichen der Finanzbuchhaltung und seinen<br />

Stellvertreter, weil diese Personen i.d.R. nicht nur Verantwortliche für die gemeindliche Buchführung, sondern<br />

gleichzeitig auch Verantwortliche für die Zahlungsabwicklung der Gemeinde sind. Es ist beim Verwandtschaftsverbot<br />

zu beachten, dass dieses nicht nur bei einer Verbindung durch eine Ehe gilt, sondern auch auf diejenigen<br />

Personen Anwendung findet, die durch eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbunden<br />

sind.<br />

Durch diese Erweiterung wird den Regelungen des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

- LPartG) vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) Rechnung getragen. Das Verbot in<br />

dieser Vorschrift soll insgesamt gesehen mögliche Interessenkonflikte durch persönliche Bindungen der gemeindlichen<br />

Beschäftigten von vornherein ausschließen. Es steht zudem mit der Vorschrift des § 31 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong><br />

in Verbindung, denn durch diese Vorschrift wird bestimmt, welche verwandtschaftlichen Verhältnisse unter dem<br />

Begriff „Angehöriger“ im Sinne der Gemeindeordnung zu subsumieren sind.<br />

Im Rahmen der erweiterten gesetzlichen Delegationsmöglichkeiten sowie der Beauftragung Dritter wird das Verwandtschaftsverbot<br />

in dieser haushaltsrechtlichen Vorschrift ausgedehnt, weil es für die Gemeinde zulässig ist,<br />

die Teile der Finanzbuchhaltung „Buchführung“ und „Zahlungsabwicklung“ organisatorisch eigenständig zu führen.<br />

In diesen Fällen wird vielfach, auch wegen der Einhaltung der Trennung zwischen der Buchung der Geschäftsvorfälle<br />

und dem Zahlungsverkehr, die Gesamtverantwortung für die Finanzbuchhaltung in eine Verantwortung<br />

für die „Buchführung“ und eine Verantwortung für die „Zahlungsabwicklung“ aufgeteilt. Dies geschieht<br />

oftmals dadurch, dass nur die Buchführung dem Kämmerer bzw. dem Aufgabenbereich „Kämmerei“ zugeordnet<br />

wird.<br />

Diese Sachlage erfordert dann unter Sicherheitsgesichtspunkten die zusätzliche Bestellung eines Verantwortlichen<br />

und eines Stellvertreters für den Bereich der Zahlungsabwicklung. Sofern die gemeindliche Finanzbuchhaltung<br />

ganz oder teilweise dem Aufgabenbereich des Kämmerers zugeordnet wird, darf dieser nicht mehr die ihm<br />

zugeordnete Aufsichtsfunktion über die Finanzbuchhaltung wahrnehmen (vgl. § 31 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die<br />

Aufsicht über die Finanzbuchhaltung obliegt dann dem Bürgermeister, wenn dieser sie nicht einem anderen Beschäftigten<br />

übertragen hat (vgl. § 31 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

6. Zu Absatz 6 (Rechnungskreise bei Sondervermögen und Treuhandvermögen):<br />

6.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die gemeindliche Verwaltung betreut vielfach Sondervermögen und Treuhandvermögen, die nicht mit dem gemeindlichen<br />

Haushalt vermischt werden dürfen. Die Gemeinde soll in solchen Fällen grundsätzlich getrennte<br />

Rechnungskreise führen, denn eine eigene (organisatorisch getrennte) Buchhaltung für jedes Sondervermögen<br />

oder Treuhandvermögen der Gemeinde ist nicht mehr zwingend vorgesehen. Es ist vielmehr ausreichend, wenn<br />

die Gemeinde die Geschäftsvorfälle dieser besonderen Vermögensbereiche so abwickelt, dass für diese Bereiche<br />

GEMEINDEORDNUNG 789


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

gesonderte Jahresabschlüsse aufgestellt werden können, sofern solche Abschlüsse vorgeschrieben sind, z. B. für<br />

die Eigenbetriebe als Sondervermögen nach § 97 Absatz 1 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>.<br />

Mit einer haushaltswirtschaftlichen Separierung dieser besonderen Vermögen durch die Gemeinde wird der gesetzlich<br />

vorgesehenen vermögensmäßigen Trennung in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Für die anderen<br />

Sondervermögen, die Teile des gemeindlichen Haushalts sind, z. B. die Gemeindegliedervermögen oder die<br />

rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen, muss von der Gemeinde zusätzliche zur haushaltswirtschaftlichen<br />

Abwicklung ein Nachweis über die Einhaltung des verbindlich vorgegebenen Zwecks erbracht werden. Dieser<br />

Nachweis erfordert nicht gesonderte Buchungsunterlagen, wenn aus den haushaltswirtschaftlichen Daten der<br />

Gemeinde ein prüffähiger (Verwendungs-) Nachweis von der Gemeinde erbracht werden kann.<br />

6.2 Die Rechnungskreise bei Sondervermögen<br />

In der gemeindlichen Bilanz werden im Bilanzbereich „Finanzanlagen“ grundsätzlich nur die gemeindlichen Betriebe<br />

angesetzt, die über einen eigenen Rechnungskreis verfügen und mindestens organisatorisch selbstständig<br />

sind. Diese Erfordernisse werden nicht bei allen Arten von gemeindlichem Sondervermögen erfüllt. Die Anwendung<br />

des NKF bringt es mit sich, dass sich die Errichtung eines gemeindlichen Sondervermögens oder seine<br />

Veränderung sich künftig auch in der gemeindlichen Bilanz für die gemeindliche Verwaltung niederschlagen wird.<br />

Es ist daher bei jedem einzelnen Sondervermögen der Gemeinde zu prüfen, ob ein eigener Rechnungskreis<br />

gesetzlich gefordert oder ggf. geboten ist.<br />

Die Abbildung des Ressourcenverbrauchs bei den Sondervermögen der Gemeinde erfordert auch bei den gemeindlichen<br />

Sondervermögen die Anwendung der Vorschriften über die Haushaltswirtschaft der Gemeinde. Diesen<br />

Vorschriften unterliegen grundsätzlich das Gemeindegliedervermögen und die rechtlich unselbstständigen<br />

Stiftungen (vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 1 und 2 GO <strong>NRW</strong>). Die wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinde (vgl.<br />

§ 114 GO <strong>NRW</strong>) und die organisatorisch verselbstständigten gemeindlichen Einrichtungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit<br />

(vgl. § 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) unterliegen dagegen nicht nur den gesetzlichen Vorgaben des § 97<br />

Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>, sondern auch den Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung.<br />

Die rechtlich unselbstständigen Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen (vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 4 GO<br />

<strong>NRW</strong>) unterliegen als Sondervermögen der Gemeinde grundsätzlich den Vorschriften über die Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde. Es ist jedoch möglich, dass bei derartigen Sondervermögen auch die Wirtschaftsführung<br />

und das Rechnungswesen nach dem für die Eigenbetriebe geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden (vgl.<br />

§ 97 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

6.3 Die Rechnungskreise bei Treuhandvermögen<br />

Bei Treuhandvermögen werden von der Gemeinde fremde Vermögensgegenstände treuhänderisch gehalten,<br />

denn sie ist von Dritten beauftragt worden oder gesetzlich verpflichtet, das ihr übergebene Vermögen zu verwalten<br />

und nicht für eigene Zwecke zu verwenden (Ermächtigungstreuhand). Einem solchen Treuhandverhältnis liegt<br />

die der Gemeinde (Treuhänder) anvertraute Verfügung über Sachen und Rechte zugrunde, diese im Interesse<br />

des betreffenden Dritten (Treugeber) auszuüben. Nach den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen ist das Treuhandvermögen<br />

in der Bilanz des Treugebers anzusetzen, weil dieser weiterhin als rechtlicher und wirtschaftlicher<br />

Eigentümer zu betrachten ist.<br />

Diese Sachlage gilt entsprechend, wenn die Gemeinde eine Verwaltungstreuhand als Vollrechtstreuhand innehat.<br />

In solchen Fällen erwirbt die Gemeinde das rechtliche Eigentum an dem Treugut, obwohl die vertraglichen Beziehungen<br />

regelmäßig vorsehen, dass die Risiken des Untergangs sowie die Nutzungen und Lasten beim Treugeber<br />

verbleiben. In diesen Fällen bleibt der Treugeber wirtschaftlicher Eigentümer, sodass das Treugut nicht bei der<br />

GEMEINDEORDNUNG 790


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

Gemeinde zu bilanzieren ist. Für die Gemeinde folgt aus ihrer Tätigkeit als Treuhänder, dass sie gegenüber dem<br />

Dritten als Treugeber für eine ordnungsgemäße Verwaltung des Treuhandvermögens haftet und eine Herausgabeverpflichtung<br />

besteht.<br />

Eine zweifache Bilanzierung des Treuhandvermögens, also zusätzlich zum Treugeber auch bei der Gemeinde als<br />

Treuhänder, ist wegen der gesonderten Verwaltung des Treuhandvermögens außerhalb des gemeindlichen<br />

Haushalts nicht erforderlich. Die gesonderte Behandlung von bei der Gemeinde vorhandenem Treuhandvermögen<br />

und Mündelvermögen ist daher haushaltsrechtlich und haushaltswirtschaftlich geboten. Diese Gegebenheiten<br />

führen dazu, dass eigene Rechnungskreise für das zu verwaltende Treuhandvermögen in der gemeindlichen<br />

Finanzbuchhaltung einzurichten sind, um die notwendigen Abgrenzungen zum gemeindeeigenen sowie zu sonstigen<br />

Rechnungskreisen herstellen zu können.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 791


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 94 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 94<br />

Übertragung der Finanzbuchhaltung<br />

1 Die Gemeinde kann ihre Finanzbuchhaltung ganz oder zum Teil von einer Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

besorgen lassen, wenn die ordnungsgemäße Erledigung und die Prüfung nach den für die Gemeinde<br />

geltenden Vorschriften gewährleistet sind. 2 Satz 1 gilt nicht für die Zwangsvollstreckung. 3 Die Vorschriften des<br />

Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit bleiben unberührt.<br />

Erläuterungen zu § 94:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Übertragung von Aufgaben der Finanzbuchhaltung an Dritte<br />

Im Rahmen der gesetzlichen Aufgabe der gemeindlichen Finanzbuchhaltung, die Buchführung und die Zahlungsabwicklung<br />

der Gemeinde zu erledigen, muss die Gemeinde als Aufgabenträger grundsätzlich selbst handeln,<br />

denn der Gesetzgeber hat ihr dafür ausdrücklich die erforderlichen Kompetenzen eingeräumt. Er hat die Gemeinde<br />

als geeignet angesehen, die Verwaltungsaufgaben mit der notwendigen personellen und sächlichen Ausstattung<br />

erfüllen und den ordnungsgemäßen Gang der Geschäftsvorfälle sicherstellen zu können. Die Vorschrift<br />

ermöglicht es aber der Gemeinde, ihre Finanzbuchhaltung durch Stellen außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

erledigen zu lassen. Sie umfasst dabei nicht die Übertragung der Befugnis zur Bewirtschaftung von gemeindlichen<br />

Haushaltsmitteln, denn die beauftragte Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung soll lediglich die Aufgaben<br />

einer gemeindlichen Finanzbuchhaltung erfüllen.<br />

Der Dritte, der diese Aufgabe übernimmt, trägt die Verantwortung für die Durchführung bzw. die ordnungsgemäße<br />

Erledigung der übernommenen Aufgabe regelmäßig im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages. Er wird in<br />

diesem Zusammenhang, abhängig von der örtlichen Gestaltung der vertraglichen Übertragung, mit der Wahrnehmung<br />

einer öffentlichen Aufgabe betraut und oftmals nicht als Erfüllungsgehilfe der Gemeinde tätig. In diesen<br />

Fällen ist entscheidend, dass die Gemeinde nicht durch eigenes Personal tätig wird. Die Abgrenzung dafür ist im<br />

örtlichen Einzelfall unter Beachtung der verwaltungsrechtlichen Gegebenheiten vorzunehmen. Die Gemeinde<br />

kann sich gleichwohl durch die Übertragung der Finanzbuchhaltung auf einen Dritten nicht aus ihrer Verantwortung<br />

für die Aufgabenerledigung der Finanzbuchhaltung selbst entlassen. Sie trägt weiterhin die Gesamtverantwortung<br />

für ihre Finanzbuchhaltung und muss sicherstellen, dass ihr alle notwendigen Daten rechtzeitig zur Verfügung<br />

stehen, um ihre Pflicht zur Aufstellung eines gemeindlichen Jahresabschlusses nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

rechtzeitig nachkommen zu können.<br />

Von der gesetzlichen Möglichkeit der Übertragung von Aufgaben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung an einen<br />

Dritten sollte die Gemeinde nur Gebrauch machen, wenn es wirtschaftlicher und zweckmäßiger als die eigene<br />

Erledigung ist. Die gemeindliche Aufgabenerfüllung darf dadurch jedoch nicht beeinträchtigt werden. Der beauftragte<br />

Dritte muss zudem die für die Gemeinde geltenden Vorschriften einhalten können. Bei einer Übertragung<br />

der gemeindlichen Finanzbuchhaltung auf Dritte kommt es zudem nicht auf die Rechtsform der beauftragten<br />

Stelle, sondern nur auf die Form der Übertragung an.<br />

Von der Gemeinde ist bei der Übertragung von Aufgaben der Finanzbuchhaltung an Dritte zudem zu unterscheiden,<br />

ob die Übertragung der Besorgung der Finanzbuchhaltung nach öffentlichem Recht oder nach den Gestaltungsmöglichkeiten<br />

des Privatrechts vorgenommen wird. Die privatrechtlichen Möglichen nach dieser Vorschrift<br />

schließen nicht die Möglichkeiten der Übertragung der Aufgaben in öffentlich-rechtlicher Form nach den Vorschriften<br />

des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit aus. Außerdem ist in diesem Zusammenhang die<br />

Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung vom 12.03.2010 von Bedeutung (vgl. BGBl. I S. 267).<br />

GEMEINDEORDNUNG 792


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 94 GO <strong>NRW</strong><br />

2. Die dezentrale Erledigung von Aufgaben der Finanzbuchhaltung<br />

Unter diese Vorschrift fällt nicht die dezentrale Erledigung der Aufgaben der Finanzbuchhaltung innerhalb der<br />

gemeindlichen Verwaltung, auch wenn mit einer solchen Dezentralisierung innerhalb der gemeindlichen Verwaltung<br />

die Einrichtung von Zahlstellen, Handvorschüssen oder Sonderkonten verbunden ist. Die Leitung der Finanzbuchhaltung<br />

hat in solchen Fällen dafür Sorge zu tragen, dass auch diese Stellen nach den für die Finanzbuchhaltung<br />

geltenden Vorgaben ihre Aufgabe erledigen und die Gesamtverantwortung bei der gemeindlichen<br />

Finanzbuchhaltung erhalten bleibt. Eine solche örtliche Gestaltung der Finanzbuchhaltung in eigener Verantwortung<br />

der Gemeinde soll auch in entsprechender Weise in den zu erlassenden örtlichen Vorschriften verankert<br />

werden (vgl. § 31 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

3. Die Übernahme von Aufgaben der Finanzbuchhaltung von Dritten<br />

Die Gemeinde kann ihre Finanzbuchhaltung nicht nur von einer Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung besorgen<br />

lassen, sie kann auch die Finanzbuchhaltung für Dritte übernehmen. Diese Möglichkeit besteht nicht nur für<br />

ihre organisatorisch selbstständigen Sondervermögen oder den in ihrer Verwaltung stehenden Treuhandvermögen<br />

(vgl. §§ 97 und 98 GO <strong>NRW</strong>). Oftmals wird es durch Fachgesetze bestimmten Dritten ermöglicht, die Gemeinde<br />

mit der Abwicklung ihrer Haushaltswirtschaft oder der Zahlungsgeschäfte zu beauftragen. Die Tätigkeit<br />

der Gemeinde für Dritte ist dann i.d.R. entgeltpflichtig. Sie hat dann aber vielfach in der Sache eine Entscheidungsfreiheit.<br />

Eine Übernahme solcher Aufgaben kann die Gemeinde i.d.R. dann nicht ablehnen, wenn sie z. B.<br />

selbst einem Zusammenschluss angehört, für den es wichtig ist, dass die ordnungsgemäße Erledigung seiner<br />

Haushaltswirtschaft dauerhaft gesichert ist.<br />

Bei der Übernahme der Durchführung haushaltswirtschaftlicher Aufgaben von Dritten kann die Gemeinde auch<br />

die dazu erforderlichen Vollstreckungsaufgaben wahrnehmen, denn die Gemeinde ist eine nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz<br />

mögliche Vollstreckungsbehörde. So sieht z. B. das Gemeinschaftswaldgesetz vor,<br />

dass die Gemeinde für die Waldgenossenschaft die zuständige Vollstreckungsbehörde im Sinne des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes<br />

für das Land Nordrhein-Westfalen ist (vgl. § 20 Absatz 3 Gemeinschaftswaldgesetz).<br />

Die Gemeinde kann aber auch für andere öffentlich-rechtliche Körperschaften die dort anfallenden Vollstreckungsaufgaben<br />

erledigen.<br />

4. Die Beachtung des Verwandtschaftsverbotes<br />

Die Erledigung der Finanzbuchhaltung durch Stellen außerhalb der Gemeindeverwaltung schließt für die Gemeinde<br />

auch das unter Sicherheitsgesichtspunkten erforderliche Verwandtschaftsverbot ein (vgl. § 93 Absatz 5<br />

GO <strong>NRW</strong>). Ein Dritter als Verantwortliche für die Zahlungsabwicklung im Auftrag der Gemeinde und sein Stellvertreter<br />

dürfen daher nicht Angehörige des Bürgermeisters, des Kämmerers, der Leitung und der Prüfer der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung sowie mit der Prüfung beauftragter Dritter sein.<br />

Das Gebot gilt dabei besonders für den Verantwortlichen der Finanzbuchhaltung und seinen Stellvertreter, die<br />

i.d.R. nicht nur Verantwortliche für die Buchführung, sondern gleichzeitig auch Verantwortliche für die Zahlungsabwicklung<br />

sind, und wirkt sich auch auf die Aufgabenerledigung durch einen Dritten aus. In den Fällen, in denen<br />

wegen der Einhaltung der Trennung zwischen der Buchung der Geschäftsvorfälle und dem Zahlungsverkehr, die<br />

Gesamtverantwortung für die Finanzbuchhaltung in eine Verantwortung für die „Buchführung“ und eine Verantwortung<br />

für die „Zahlungsabwicklung“ aufgeteilt wird, unterliegen aus Sicherheitsgesichtspunkten der Verantwortliche<br />

für den Bereich der Zahlungsabwicklung und sein Stellvertreter ebenfalls dem Verwandtschaftsverbot.<br />

GEMEINDEORDNUNG 793


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 94 GO <strong>NRW</strong><br />

In den Fällen der Übertragung der Finanzbuchhaltung auf Dritte sind im Sinne des Verwandtschaftsverbotes auch<br />

die Aufsichtsfunktionen über die Finanzbuchhaltung wahrzunehmen. Es ist auch zu beachten, dass das Verwandtschaftsverbot<br />

nicht nur bei einer Verbindung durch eine Ehe gilt, sondern auch auf diejenigen Personen<br />

Anwendung findet, die durch eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbunden sind.<br />

Das Verbot soll auch bei der Beauftragung Dritter mögliche Interessenkonflikte durch persönliche Bindungen von<br />

vornherein ausschließen.<br />

5. Die Berücksichtigung des Datenschutzes<br />

Die Vorschrift ermöglicht es der Gemeinde ihre Finanzbuchhaltung durch Stellen außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

erledigen zu lassen. Der Dritte, der diese Aufgabe regelmäßig im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages<br />

übernimmt, muss im Rahmen seiner Verantwortung für die Durchführung bzw. die ordnungsgemäße Erledigung<br />

der übernommenen Aufgabe auch den Erfordernissen des Datenschutzes gerecht werden. Er wird in<br />

diesem Zusammenhang, abhängig von der örtlichen Gestaltung der vertraglichen Übertragung, mit der Wahrnehmung<br />

einer öffentlichen Aufgabe betraut. Er hat dabei insbesondere die Anforderungen an eine ordnungsgemäße<br />

Datenverarbeitung zu beachten, denn er erledigt gemeindliche Verwaltungsaufgaben, die regelmäßig auch<br />

eine datenschutzrechtliche Relevanz haben (vgl. § 2 und 11 DSG <strong>NRW</strong>). Durch die Gemeinde muss daher eine<br />

datenschutzkonforme Aufgabenerledigung durch den Dritten gewährleistet werden.<br />

Die Gemeinde bleibt deshalb als Auftraggeber auch für die ordnungsgemäße Verarbeitung gemeindlicher Daten<br />

und die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz verantwortlich (vgl. § 11 Absatz 1 DSG <strong>NRW</strong>). Diese<br />

Verantwortung beinhaltet, dass die Gemeinde den Dritten unter besonderer Berücksichtigung seiner Eignung für<br />

die Gewährleistung der notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen (vgl. § 10 DSG <strong>NRW</strong>) sorgfältig<br />

auszuwählen hat. Der Auftrag ist schriftlich zu erteilen, wobei erforderlichenfalls ergänzende Weisungen zu<br />

technischen und organisatorischen Maßnahmen und etwaige Unterauftragsverhältnisse festzulegen sind. Dabei<br />

ist im Einzelnen zu klären, welche Sicherheitsvorkehrungen im Sinne der übertragenen Aufgabe zu treffen sind.<br />

Die Datenverarbeitung durch Dritte erfordert aber auch eine sachgerechte Kontrolle des Dritten, z. B. das Vorhandensein<br />

und Einhalten eines ausreichenden Sicherheitskonzepts (vgl. § 10 DSG <strong>NRW</strong>).<br />

6. Keine Übertragung der Zwangsvollstreckung<br />

6.1 Keine Übertragung von Vollstreckungsmaßnahmen<br />

Durch die Vorschrift wird die Vorgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes, dass die Zwangsvollstreckung als<br />

hoheitliche Maßnahme von der Übertragung auf (private) Dritte ausgeschlossen ist, ausdrücklich auch gemeinderechtlich<br />

verankert. Es wird dadurch aber auch verdeutlicht, dass die örtliche Zwangsvollstreckung kein Bestandteil<br />

der gemeindlichen Finanzbuchhaltung ist. Sie steht haushaltsrechtlich in einem engen Zusammenhang mit<br />

dem Aufgabenbereich "Zahlungsabwicklung" der Finanzbuchhaltung (vgl. § 30 Absatz 1 Satz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Im Rahmen ihrer Übertragung von Aufgaben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung an private Dritte darf die<br />

Gemeinde gleichwohl den Dritten unselbstständige Dienste erledigen lassen. Solchen Tätigkeiten dürfen jedoch<br />

nicht Vorschriften zur gemeindlichen Zwangsvollstreckung oder unmittelbare Zusammenhänge mit der tatsächlichen<br />

Zwangsvollstreckung oder datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegenstehen. Es darf daher nicht dazu<br />

kommen, dass eine Organisationseinheit oder Personen außerhalb der öffentlichen Verwaltung von der Gemeinde<br />

mit Vollstreckungsaufgaben beauftragt wird.<br />

Die Gemeinde muss daher bei einer Übertragung von Aufgaben der Finanzbuchhaltung auf Dritte prüfen, ob sie<br />

die gemeindlichen Vollstreckungsmaßnahmen entweder weiterhin selbst vornimmt. Sie kann ggf. auch eine andere<br />

Gemeinde oder den Kreis als eine nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz zulässige Stelle mit der Durch-<br />

GEMEINDEORDNUNG 794


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 94 GO <strong>NRW</strong><br />

führung dieser Aufgabe beauftragen, z. B. im Rahmen der Vorschriften des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit<br />

(GkG).<br />

6.2 Keine Übertragung des Mahnwesens<br />

Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der gemeindlichen Zwangsvollstreckung besteht z.B. beim Mahnwesen der<br />

Gemeinde. Das gemeindliche Mahnwesen beinhaltet Maßnahmen der Gemeinde, die eine Voraussetzung für die<br />

gemeindliche Vollstreckung darstellen. Im Rahmen der von der Gemeinde vorgesehenen Vollstreckung soll z.B.<br />

der Schuldner vor Beginn der Vollstreckung gemahnt und ihm eine Zahlungsfrist von einer Woche eingeräumt<br />

werden (vgl. § 6 Absatz 3 i.V.m § 19 VwVG <strong>NRW</strong>).<br />

Für die Übertragung des Mahnwesens auf Dritte besteht somit keine rechtliche Grundlage. Eine grundsätzliche<br />

Privatisierung des gemeindlichen Forderungsmanagements ist daher als nicht zulässig anzusehen. Ebenso sprechen<br />

datenschutzrechtliche Gründe gegen eine Übertragung des Mahnwesens auf einen Dritten, auch wegen des<br />

Risikos einer unzulässigen Verarbeitung und Nutzung der Daten durch den Dritten (vgl. 20. Datenschutz- und<br />

Informationsfreiheitsbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-<br />

Westfalen aus dem Jahre 2011).<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Satz 1 (Übertragung von Aufgaben der Finanzbuchhaltung auf Dritte):<br />

1.1 Die Geschäftsbesorgung in privatrechtlicher Form<br />

Der Gemeinde stehen daher mehrere Möglichkeiten offen, ihre Aufgabe „Finanzbuchhaltung zu erledigen. Die<br />

Vorschrift ermöglicht es daher, die gemeindliche Finanzbuchhaltung durch eine Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages (Geschäftsbesorgungsvertrages) erledigen zu<br />

lassen. Der Begriff „besorgen lassen“ in dieser Vorschrift soll dabei einerseits zum Ausdruck bringen, dass die<br />

Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung die Geschäfte selbstständig und eigenverantwortlich erledigt, die Verantwortung<br />

der Gemeinde zur Wahrnehmung dieser Aufgaben gleichwohl unberührt bleibt. Andererseits aber<br />

auch zum Ausdruck gebracht werden soll, dass die Gemeinde nach dieser Vorschrift keine Befugnisse der Gemeinde<br />

an Dritte übertragen werden kann, die Eingriffe in Rechte Dritter ermöglichen.<br />

Mit der Erledigung der gemeindlichen Finanzbuchhaltung oder Teilen davon sollen auch nur Stellen beauftragt<br />

werden, die eine Gewähr für deren ordnungsgemäße Abwicklung bieten und dies wirtschaftlicher und zweckmäßiger<br />

erledigt werden kann. Die gemeindliche Aufgabenerfüllung darf dadurch nicht beeinträchtigt werden. Entscheidet<br />

sich die Gemeinde für die privatrechtliche Form nach dieser Vorschrift, kommt in der Regel der Abschluss<br />

eines Geschäftsbesorgungsvertrages in Betracht, der eine sorgfältige Auswahl des Geschäftspartners<br />

vorausgehen sollte. In den Fällen, in denen sich die Gemeinde aber nur der technischen Einrichtungen einer<br />

anderen Stelle bedient, stellt diese keine Besorgung der gemeindlichen Finanzbuchhaltung im Sinne dieser Vorschrift<br />

dar. Die Besorgung der Finanzbuchhaltung nach dieser Vorschrift ist aber auch dann nicht mehr gegeben,<br />

wenn wegen der Weisungsvorbehalte der Gemeinde der anderen Stelle kein eigener Gestaltungsraum mehr bei<br />

der Erledigung ihrer Aufgaben verbleibt.<br />

1.2 Die Sicherung der ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung<br />

Die Rechte und Pflichten der Gemeinde als Aufgabenträgerin für die Durchführung der Finanzbuchhaltung bleiben<br />

bei einer Übertragung der gemeindlichen Finanzbuchhaltung an Dritte grundsätzlich unberührt. Die Gemein-<br />

GEMEINDEORDNUNG 795


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 94 GO <strong>NRW</strong><br />

de ist daher auch bei einer solchen Aufgabenerledigung weiterhin für die ordnungsgemäße Durchführung dieser<br />

Aufgabe verantwortlich. Sie muss sich in ihrem Verhältnis zu den Bürgerinnen und Bürgern das Handeln der<br />

beauftragten Stelle als ihr eigenes Handeln anrechnen lassen. Aus der Funktion der Finanzbuchhaltung ergibt<br />

sich, dass die ordnungsgemäße Erledigung nur angenommen werden kann, wenn die Funktion der Finanzbuchhaltung<br />

auch bei der Übertragung auf Dritte in vollem Umfang erhalten bleibt. Der Dritte als beauftragte Stelle<br />

muss die Geschäftsabwicklung für die Gemeinde so vornehmen, dass weiterhin die Haushaltsplanung und Haushaltsausführung<br />

durch die Gemeinde möglich ist und der vorgeschriebene Jahresabschluss und der Gesamtabschluss<br />

nicht beeinträchtigt werden. Außerdem muss auch die beauftragte Stelle die Einhaltung der haushaltsrechtlichen<br />

Sicherheitsstandards gewährleisten (vgl. § 31 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Für eine von der Gemeinde beauftragte Stelle besteht nur dann eine rechtliche Verpflichtung zur Beachtung und<br />

Einhaltung der haushaltsrechtlichen Vorschriften, wenn die Gemeinde dieses im Rahmen der Übertragung ausdrücklich<br />

vereinbart. Die Gemeinde muss daher im abzuschließenden Geschäftsbesorgungsvertrag nicht nur<br />

sicherstellen, dass die beauftragte Stelle die einschlägigen für die Gemeinde geltenden haushaltsrechtlichen<br />

Bestimmungen einhält. Die Gemeinde muss auch gewährleisten, dass die übernehmende Stelle die Aufgaben,<br />

die von der gemeindlichen Finanzbuchhaltung im Rahmen der Haushaltswirtschaft der Gemeinde zu erledigen<br />

sind, sachgerecht erfüllt. Diese Erfordernisse bedingen, dass sich die Gemeinde umfassende Weisungs- und<br />

Kontrollrechte vorbehalten und auch eine ausreichende laufende Überwachung der dem Dritten übertragenen<br />

Aufgabenerledigung sicherstellen muss.<br />

Die Gemeinde sollte deshalb sollte einerseits einen Aufgabenkatalog zum Gegenstand der abzuschließenden<br />

Vereinbarung machen und andererseits die Melde- und Nachweispflichten der beauftragten Stelle konkret bestimmen.<br />

Zu einem solchen konkreten Aufgabenkatalog gehören u. a. Abstimmungs- und Abrechnungstermine,<br />

insbesondere wegen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses, die Nachweisführung des Dritten,<br />

Datenschutz- und Haftungsregelungen sowie sonstige Befugnisse des Dritten, die zur Aufgabenerledigung notwendig<br />

sind. Dazu gehören auch Vorgaben für die Übergabe gemeindlicher Geschäftsunterlagen an den beauftragten<br />

Dritten. z. B. dass gemeindliche Geschäftsunterlagen vor der Angabe zu registrieren sind.<br />

1.3 Die Durchführung von Prüfungen<br />

Ein Dritter, der Aufgaben der Finanzbuchhaltung für die Gemeinde erledigt, muss im Rahmen der übertragenen<br />

Aufgaben hinnehmen, dass bei ihm auch Prüfungen nach den für die Gemeinde geltenden haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften durchgeführt werden, z. B. durch die örtliche Rechnungsprüfung der Gemeinde und durch die Gemeindeprüfungsanstalt<br />

als überörtliche Prüfung. Er muss daher die übertragenen Geschäfte so führen, dass bei<br />

ihm eine Prüfung nach den für die Gemeinde geltenden haushaltsrechtlichen Vorschriften möglich ist. Dafür hat<br />

er die aus seiner Aufgabenerledigung für die Gemeinde vorhandenen Unterlagen vorzulegen und den Prüfern ein<br />

Betreten der Räume im notwendigen Umfang zu gestatten. Zu solchen Prüfungen kann auch eine Anwenderprüfung<br />

der beim Dritten verwendeten Programme gehören, damit das von der Gemeinde zu erzielende Ergebnis bei<br />

der Abwicklung von Geschäftsvorfällen auch durch den Dritten erreicht wird.<br />

1.4 Die Aufbewahrungspflichten<br />

Die Gemeinde hat im Rahmen der vertraglichen Übertragung von Aufgaben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung<br />

an einen Dritten auch sicherzustellen, dass die Bestimmungen über die Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen<br />

eingehalten werden (vgl. § 58 GemHVO <strong>NRW</strong>). Insbesondere bei einer DV-Buchführung ist der Dokumentationsumfang<br />

bereits vor der Übertragung der Geschäftsbesorgung durch den Dritten festzulegen. In den Bestimmungen<br />

sollten sowohl der Ort und die Zeitdauer der Aufbewahrung der örtlichen Geschäftsunterlagen als<br />

auch die Zugangsberechtigungen und Einsichtsrechte geregelt sein. Zu den notwendigen Regelungstatbeständen<br />

gehören auch Zutrittsrechte Dritter, z. B. im Rahmen der überörtlichen Prüfung der Gemeinde.<br />

GEMEINDEORDNUNG 796


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 94 GO <strong>NRW</strong><br />

2. Zu Satz 2 (Keine Übertragung von Aufgaben der Zwangsvollstreckung):<br />

2.1 Die Pflicht zur örtlichen Erledigung<br />

Die Übertragung der Finanzbuchhaltung durch die Gemeinde auf private Dritte darf nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz<br />

nicht gleichzeitig die Befugnis zum Eingriff in Rechte Dritter enthalten. Die Beitreibung von<br />

Geldforderungen der Gemeinde ist eine Aufgabe der gesetzlich bestimmten Vollstreckungsbehörden (vgl. (vgl. §<br />

1 und 2 VwVG <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde soll dazu in ihrer Verwaltung eine zentrale Stelle als Vollstreckungsbehörde<br />

bestimmen, die für das Mahn- und Vollstreckungsverfahren zuständig ist (vgl. § 2 Absatz 1 Nummer 2 VwVG<br />

<strong>NRW</strong>). Sie muss das gemeindliche Mahnwesen selbst erledigen, denn eine grundsätzliche Privatisierung des<br />

gemeindlichen Forderungsmanagements ist als nicht zulässig anzusehen.<br />

Die gemeindliche Finanzbuchhaltung ist insgesamt als die für das Mahn- und Vollstreckungsverfahren zentrale<br />

Stelle innerhalb der gemeindlichen Verwaltung anzusehen und kann die Aufgaben einer Vollstreckungsbehörde<br />

erfüllen. Es muss dabei durch eine örtliche Bestimmung gewährleistet werden, dass die aufgabenbezogene<br />

Trennung von Geschäftsbuchführung und Zahlungsabwicklung nicht zu „zwei Vollstreckungsbehörden“ führt. Eine<br />

ggf. „getrennte“ Erledigung von Mahnverfahren und Vollstreckungsaufgaben innerhalb der gemeindlichen Finanzbuchhaltung<br />

steht dieser Zuordnung nicht entgegen (vgl. § 31 Absatz 2 Nummer 1.9 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die örtlich<br />

festgelegten Zuständigkeiten müssen vielmehr sicherstellen, dass die Umsetzung der Vorgaben des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes<br />

gewährleistet werden kann.<br />

2.2 Der Ausschluss der Übertragung<br />

Durch die Vorschrift wird die Vorgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes, dass die Zwangsvollstreckung als<br />

hoheitliche Maßnahme von der Übertragung auf (private) Dritte ausgeschlossen ist, ausdrücklich auch gemeinderechtlich<br />

verankert. Dadurch wird besonders hervorgehoben, dass gemeinderechtlich die Zwangsvollstreckung<br />

durch die Gemeinde kein Bestandteil der gemeindlichen Finanzbuchhaltung ist. Die Gemeinde darf gleichwohl im<br />

Rahmen ihrer Übertragung von Aufgaben der gemeindlichen Finanzbuchhaltung an private Dritte unselbstständige<br />

Dienste erledigen lassen. Den übertragenen Tätigkeiten dürfen jedoch nicht die Vorschriften zur gemeindlichen<br />

Zwangsvollstreckung oder andere unmittelbare Zusammenhänge mit der Zwangsvollstreckung oder die<br />

datenschutzrechtlichen Bestimmungen entgegenstehen.<br />

Das gemeindliche Mahnwesen beinhaltet Maßnahmen der Gemeinde, die eine Voraussetzung für die gemeindliche<br />

Vollstreckung darstellen. Im Rahmen der von der Gemeinde vorgesehenen Vollstreckung soll z.B. der<br />

Schuldner vor Beginn der Vollstreckung gemahnt und ihm eine Zahlungsfrist von einer Woche eingeräumt werden<br />

(vgl. § 6 Absatz 3 i.V.m § 19 VwVG <strong>NRW</strong>). Für die Übertragung des Mahnwesens auf Dritte besteht somit keine<br />

rechtliche Grundlage. Eine grundsätzliche Privatisierung des gemeindlichen Forderungsmanagements ist daher<br />

als nicht zulässig anzusehen. Ebenso sprechen datenschutzrechtliche Gründe gegen eine Übertragung des<br />

Mahnwesens auf einen Dritten, auch wegen des Risikos einer unzulässigen Verarbeitung und Nutzung der Daten<br />

durch den Dritten (vgl. 20. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz<br />

und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 2011).<br />

Die Übertragung des Mahnwesens auf einen Dritten ist ebenfalls ausgeschlossen, denn das gemeindliche Mahnwesen<br />

beinhaltet Maßnahmen der Gemeinde, die eine Voraussetzung für die gemeindliche Vollstreckung darstellen.<br />

Im Rahmen der von der Gemeinde vorgesehenen Vollstreckung soll z. B. der Schuldner vor Beginn der Vollstreckung<br />

gemahnt und ihm eine Zahlungsfrist von einer Woche eingeräumt werden (vgl. § 6 Absatz 3 i.V.m § 19<br />

VwVG <strong>NRW</strong>). Ebenso sprechen datenschutzrechtliche Gründe gegen eine Übertragung des Mahnwesens auf<br />

einen Dritten, auch wegen des Risikos einer unzulässigen Verarbeitung und Nutzung der Daten durch den Dritten<br />

GEMEINDEORDNUNG 797


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 94 GO <strong>NRW</strong><br />

(vgl. 20. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit<br />

Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 2011).<br />

Die Gemeinde muss daher bei einer Übertragung von Aufgaben der Finanzbuchhaltung auf Dritte prüfen, ob sie<br />

die Vollstreckungsmaßnahmen entweder weiterhin selbst vornimmt oder durch eine andere Gemeinde oder den<br />

Kreis, als nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz zulässige Stellen, erledigen lässt, z.B. im Rahmen der<br />

Vorschriften des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG). Im Einzelfall kann von der Gemeinde<br />

ggf. aber das Instrument des Verwaltungsgehilfen genutzt werden, wenn es aus Sicht der Gemeinde sinnvoll und<br />

sachgerecht ist, z. B. im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung sich die Aufgabe auf die Durchführung der<br />

Datenverarbeitung erstreckt.<br />

Dem Dritten darf in solchen Fällen nicht die Entscheidungsbefugnis über die Daten übertragen werden, vielmehr<br />

muss er bei der Verarbeitung der Daten unselbstständig tätig und den Weisungen der Gemeinde unterworfen<br />

sein. Der Dritte muss dahingehend gebunden sein, dass er nach den Vorgaben der Gemeinde die Daten erhebt<br />

und verarbeitet und daher nur Hilfs- oder Unterstützungsfunktionen für die Gemeinde ausübt. Der Dritte darf daher<br />

keine eigenständigen Entscheidungen mit den Schuldnern der Gemeinde treffen, denn dann würde die Grenze<br />

einer zulässigen Aufgabenübertragung durch die Gemeinde überschritten. Die örtliche Entscheidung ist daher<br />

immer auf der Grundlage des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes und nicht auf der Grundlage des gemeindlichen<br />

Haushaltsrechts zu beurteilen. Außerdem darf die Gemeinde sich durch ihre örtlichen Entscheidungen nicht<br />

aus ihrer Gesamtverantwortung für diese Aufgaben selbst entlassen.<br />

3. Zu Satz 3 (Geschäftsbesorgung in öffentlich-rechtlicher Form):<br />

In den Fällen, in denen die Gemeinde ihre Finanzbuchhaltung ganz oder zum Teil von einer Stelle außerhalb der<br />

Gemeindeverwaltung besorgen lässt, bleiben die Vorschriften des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit<br />

(GkG) unberührt. Mit diesem Gesetz soll die Erledigung gemeindlicher Aufgaben gesichert werden, wenn<br />

eine Gemeinde nicht oder nicht erfolgreich wahrgenommen werden kann. Ein Anlass dafür kann sein, dass eine<br />

Aufgabe die Leistungskraft einer Gemeinde übersteigt oder dass Sachzwänge bestehen, die zu Interesse an<br />

einer gemeinsamen Erledigung der Aufgabe zusammen mit einer anderen Gemeinde führen. Dazu hält das Gesetz<br />

unterschiedliche Formen für die gemeindliche Zusammenarbeit bereit. Es können z. B. die Gemeinden die<br />

Aufgaben, zu deren Erfüllung sie berechtigt oder verpflichtet sind, nach den Vorschriften des Gesetzes über<br />

kommunale Gemeinschaftsarbeit auch gemeinsam wahrnehmen.<br />

Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht, wenn durch ein Gesetz eine besondere Rechtsform für die Zusammenarbeit<br />

vorgeschrieben oder die gemeinsame Wahrnehmung einer Aufgabe ausgeschlossen ist. In solchen Fällen<br />

können zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben ggf. auch Arbeitsgemeinschaften begründet, Zweckverbände<br />

und gemeinsame Kommunalunternehmen gebildet sowie öffentlich-rechtliche Vereinbarungen für besondere<br />

Fälle geschlossen werden. Dabei bleibt die Befugnis, zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben die<br />

Gestaltungsmöglichkeiten des Privatrechts zu benutzen, unberührt.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 798


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 95<br />

Jahresabschluss<br />

(1) 1 Die Gemeinde hat zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres einen Jahresabschluss aufzustellen, in dem das<br />

Ergebnis der Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres nachzuweisen ist. 2 Er muss unter Beachtung der Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermitteln und ist zu erläutern. 3 Der Jahresabschluss besteht<br />

aus der Ergebnisrechnung, der Finanzrechnung, den Teilrechnungen, der Bilanz und dem Anhang. 4 Ihm ist ein<br />

Lagebericht beizufügen.<br />

(2) 1 Am Schluss des Lageberichtes sind für die Mitglieder des Verwaltungsvorstands nach § 70, soweit dieser<br />

nicht zu bilden ist für den Bürgermeister und den Kämmerer, sowie für die Ratsmitglieder, auch wenn die Personen<br />

im Haushaltsjahr ausgeschieden sind, anzugeben,<br />

1. der Familienname mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen,<br />

2. der ausgeübte Beruf,<br />

3. die Mitgliedschaften in Aufsichtsräten und anderen Kontrollgremien i.S.d. § 125 Abs. 1 Satz 3 des Aktiengesetzes,<br />

4. die Mitgliedschaft in Organen von verselbstständigten Aufgabenbereichen der Gemeinde in öffentlichrechtlicher<br />

oder privatrechtlicher Form,<br />

5. die Mitgliedschaft in Organen sonstiger privatrechtlicher Unternehmen.<br />

2<br />

§ 43 Abs. 2 Nrn. 5 und 6 gelten entsprechend.<br />

(3) 1 Der Entwurf des Jahresabschlusses wird vom Kämmerer aufgestellt und dem Bürgermeister zur Bestätigung<br />

vorgelegt. 2 Der Bürgermeister leitet den von ihm bestätigten Entwurf innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des<br />

Haushaltsjahres dem Rat zur Feststellung zu. 3 Soweit er von dem ihm vorgelegten Entwurf abweicht, kann der<br />

Kämmerer dazu eine Stellungnahme abgeben. 4 Wird von diesem Recht Gebrauch gemacht, hat der Bürgermeister<br />

die Stellungnahme mit dem Entwurf dem Rat vorzulegen.<br />

Erläuterungen zu § 95:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Jahresabschlussvorschriften<br />

1.1 Die Zwecke des Jahresabschlusses<br />

Aus dem Recht des Rates der Gemeinde, die Rahmenbedingungen für die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

durch eine jährliche Haushaltssatzung festzulegen (vgl. § 41 GO <strong>NRW</strong>), ergibt sich nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

die Notwendigkeit einer Haushaltsrechnung und eine entsprechende Unterrichtungspflicht gegenüber dem<br />

Rat. Dem Bürgermeister als Verantwortlichen für die gemeindliche Verwaltung obliegt daher die Pflicht, nach dem<br />

Ende seines auf das Haushaltsjahr begrenzten Auftrages, die Haushaltswirtschaft der Gemeinde nach der geltenden<br />

Haushaltssatzung zu führen und darüber Rechenschaft gegenüber dem Rat in Form des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses abzulegen.<br />

Der Bürgermeister soll mit dem Jahresabschluss aufzeigen, wie er seinen Auftrag im Haushaltsjahr ausgeführt<br />

hat, welches Jahresergebnis aus der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft für das Haushaltsjahr<br />

erzielt worden ist, ob die gesetzten Ziele erreicht worden sind, welche Auswirkungen sich auf das Vermögen und<br />

die Schulden der Gemeinde ergeben haben, aber auch, welche Chancen und Risiken für die künftige Entwicklung<br />

der Gemeinde sich aufgrund der entstandenen wirtschaftlichen Lage und unter Berücksichtigung der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung ergeben. Diese Kriterien bestimmen die Zwecke und den Inhalt des gemeindlichen Jah-<br />

GEMEINDEORDNUNG 799


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

resabschlusses als Berichterstattung an den Rat der Gemeinde. Der Abschluss ist deshalb, bezogen auf den<br />

Stand zum letzten Tag des Haushaltsjahres (Abschlussstichtag), aufzustellen.<br />

Der Jahresabschluss ist dabei ein wichtiger Teil der gemeindlichen Haushaltswirtschaft mit der besonderen Aufgabe<br />

einer zutreffenden Ergebnisdarstellung für das abgelaufene Haushaltsjahr, die zudem möglichst objektiv<br />

und willkürfrei sein soll. Er baut grundsätzlich auf der Ergebnisrechung und der Finanzrechnung und der Bilanz<br />

als Erfassung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr bezogen auf den Abschlussstichtag<br />

auf (vgl. §§ 38, 39 und 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Im gemeindlichen Jahresanschluss wird diesen drei<br />

Bestandteilen als Darstellung des Standes des Vermögens und der Schulden der Gemeinde sowie des Ergebnisses<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr eine große Bedeutung zugemessen.<br />

Sie bilden deshalb auch das Drei-Komponenten-System des NKF. Durch besondere Vorschriften in der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

werden die Inhalte und Zwecke dieser Komponenten näher bestimmt.<br />

Im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses sind zudem auch die Haushaltsgrundsätze zu beachten, z. B.<br />

das Vollständigkeitsgebot. Dieses Gebot bedingt für die gemeindliche Bilanz, dass diese sämtliche Vermögensgegenstände<br />

und Schulden der Gemeinde sowie die Rechnungsabgrenzungsposten zu enthalten hat. Für die<br />

gemeindliche Ergebnisrechnung folgt daraus, dass diese die Aufwendungen und Erträge der Gemeinde zu enthalten<br />

hat, die dem abgelaufenen Haushaltsjahr wirtschaftlich zuzurechnen sind. Die gemeindliche Finanzrechnung<br />

muss daher alle Zahlungsströme der Gemeinde aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr nachweisen, die<br />

kassenmäßig als Einzahlungen eingegangen oder als Auszahlungen geleistet worden sind.<br />

Durch den Jahresabschluss der Gemeinde soll dadurch eine zutreffende Rechenschaft über das abgelaufene<br />

Haushaltsjahr und die Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans erreicht werden. Mit seinen Informationen<br />

soll der gemeindliche Jahresabschluss aber auch gleichzeitig zur Steuerung der Gemeinde durch die Verantwortlichen<br />

in der Gemeinde beitragen. Die näheren Vorschriften über den gemeindlichen Jahresabschluss ergeben<br />

sich daher zwingend aus dem System der gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Sie bilden auch die Grundlage für<br />

die Berichterstattung im gemeindlichen Jahresabschluss. Der jährliche Abschlussstichtag für den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss stellt dabei keinen willkürlichen Schnitt durch das Verwaltungshandeln bzw. die Geschäftstätigkeit<br />

der Gemeinde im zeitlichen Ablauf dar, auch wenn unmittelbar vor und nach dem Abschlussstichtag von der<br />

Gemeinde Erträge erzielt werden und Aufwendungen entstehen sowie Zahlungen eingehen und geleistet werden.<br />

1.2 Die Aufgaben des Jahresabschlusses<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss lehnt sich hinsichtlich seiner Funktion an den handelsrechtlichen Jahresabschluss<br />

für große Kapitalgesellschaften an. Er geht aber in seiner Aufgabe noch weiter, denn er hat nicht nur eine<br />

Rechnungslegungsfunktion, sondern auch eine Belegfunktion dafür, dass im Haushaltsjahr die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft nach den Vorgaben des Rates der Gemeinde in der Haushaltssatzung sowie auf der Grundlage<br />

der im gemeindlichen Haushaltsplan enthaltenen Ermächtigungen ausgeführt worden ist. Mit seinen Bestandteilen<br />

und Anlagen hat der gemeindliche Jahresabschluss daher ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde zu vermitteln.<br />

Den Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft wird mit dem gemeindlichen Jahresabschluss ermöglicht,<br />

sich ein Bild über die Ergebnisse der gemeindlichen Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres sowie<br />

über den Stand der wirtschaftlichen Lage und die weitere Entwicklung der Gemeinde zu machen. Dieses Bild<br />

ist von einer Vielzahl von haushaltsrechtlichen Vorschriften und deren Ausrichtung und Ausgestaltung in Bezug<br />

auf die jährliche Haushaltswirtschaft der Gemeinde abhängig, z. B. durch die Festlegung von Nutzungsdauern,<br />

von Abschreibungen, der Vorgaben für Rückstellungen usw. Bei der Beurteilung und Bewertung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses müssen diese Bedingungen berücksichtigt werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 800


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorschriften und des Maßgeblichkeitsprinzips sowie<br />

des Vollständigkeitsgebots ihren Jahresabschluss so aufzubauen und auszugestalten, dass er die Beurteilung der<br />

Ergebnisse der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde ermöglicht. Da-<br />

her stehen beim gemeindlichen Jahresabschluss die Aufgaben der jahresbezogenen Ergebnisermittlung und die<br />

Darstellung der wirtschaftlichen Lage einschließlich der Nachweis- und Informationsfunktionen gleichrangig nebeneinander.<br />

Die Aufgaben und haushaltsrechtlichen Vorgaben für den gemeindlichen Jahresabschluss erfordern, dass zwei<br />

Organe der Gemeinde an den Entscheidungen über die Inhalte und Ausgestaltung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

beteiligt sind. Einerseits hat der Bürgermeister den durch den Kämmerer verwaltungsmäßig aufgestellten<br />

Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses zu bestätigen und damit zu verantworten, dass das ermittelte<br />

Jahresergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft zutreffend ist und der Jahresabschluss insgesamt ein<br />

zutreffendes Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde, bezogen auf den Abschlussstichtag des Haushaltsjahres,<br />

vermittelt. Andererseits hat der Rat den gemeindlichen Jahresabschluss durch Beschluss festzustellen. Er<br />

erkennt dadurch an, dass der gemeindliche Jahresabschluss richtig ist und seiner Aufgabe gerecht wird.<br />

1.3 Der Jahresabschluss der gemeindlichen Verwaltung<br />

1.3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Nach der Vorschrift hat die Gemeinde zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres einen Jahresabschluss aufzustellen,<br />

in dem das Ergebnis der Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres nachzuweisen ist. Die Vorschrift verpflichtet<br />

damit die Gemeinde als Rechtsperson zur Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses. Die Aufstellung<br />

bedeutet, dass der Kämmerer und der Bürgermeister ihr haushaltswirtschaftliches Jahresergebnis ermitteln<br />

und dem Rat der Gemeinde einen Entwurf zuleiten, der geprüft und festgestellt werden kann. Die fristgerechte<br />

Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses erstreckt sich auch auf den Lagebericht.<br />

Die Pflicht zur Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses umfasst nicht alle vorhandenen organisatorisch<br />

ausgeprägten Geschäftszweige der Gemeinde, sondern bezieht sich wegen der Einordnung der Vorschrift in den<br />

8. Teil der Gemeindeordnung nur auf den organisatorischen Hauptgeschäftszweig „Gemeindliche Verwaltung“. In<br />

dem Jahresabschluss nach diesen Vorschriften ist daher nur das Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

nachzuweisen, wie es im Rahmen der aufgabenbezogenen Tätigkeiten der gemeindlichen Verwaltung als die<br />

dafür örtlich verantwortliche Organisationseinheit der Gemeinde entsteht.<br />

Die weiteren Organisationseinheiten der Gemeinde ohne eigene Rechtspersönlichkeit, z. B. die wirtschaftlichen<br />

Unternehmen nach § 114 GO <strong>NRW</strong> oder die organisatorisch verselbstständigten Einrichtungen nach § 107 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong>, sind zwar Betriebe der Rechtsperson „Gemeinde“, gleichwohl aber nicht in den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss nach dieser Vorschrift nicht einzubeziehen. Für diese gemeindlichen Einheiten sind als verantwortlichen<br />

Organisationseinheiten eigenständige Jahresabschlüsse aufzustellen. Es bietet sich deshalb im Anhang<br />

im gemeindlichen Jahresabschluss eine gesonderte Angabe darüber an, von welchen Geschäftszweigen<br />

der Gemeinde in Form von organisatorisch selbstständigen gemeindlichen Einheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit<br />

eigenständige Jahresabschlüsse aufgestellt werden. In diesem Zusammenhang sollten möglichst auch die<br />

rechtlich selbstständigen gemeindlichen Betriebe benannt werden, mit denen im abgelaufenen Haushaltsjahr eine<br />

Leistungsbeziehung bestand, die sich auf den Jahresabschluss bzw. die Ergebnisrechnung auswirkt.<br />

1.3.2 Die zeitgerechte Aufstellung<br />

Die Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses nach Ablauf des Haushaltsjahres darf von den Verantwortlichen<br />

in der Gemeinde nicht unangemessen verzögert werden. Es besteht die Gefahr, dass die durch den Jah-<br />

GEMEINDEORDNUNG 801


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

resabschluss zu gebenden Informationen über die gemeindliche Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

sowie die Vermittlung eines Bildes über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde sonst ihre Bedeutung<br />

für die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft verliert. Zur Klärung der örtlichen Sachlage sollte daher<br />

frühzeitig sachverständig abgewogen und beurteilt werden, welche Daten der Gemeinde zeitnah vorliegen oder<br />

erhoben werden können und welche Aspekte bekannt sein müssen, damit ein gemeindlicher Jahresabschluss<br />

zeitgerecht aufgestellt werden kann.<br />

Grundsätzlich gilt dabei, dass bei der Gemeinde nicht alle Daten in den möglichen Detaillierungen vorliegen oder<br />

alle Aspekte vollständig bekannt sein müssen, damit mit der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

begonnen werden kann. Es kommt bei der Entscheidung über die örtlichen Aufstellungsarbeiten auch auf die<br />

sachlich notwendigen Entscheidungsgrundlagen, den Nutzen für die Adressaten und die Verlässlichkeit der vorliegenden<br />

Informationen an. Diese Gegebenheiten müssen den möglichen Entscheidungsprozessen der Verantwortlichen<br />

in der Gemeinde und der Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gerecht werden können.<br />

Die Erweiterung und Vervollständigung sowie die Verbesserung der notwendigen Geschäftsunterlagen der Gemeinde<br />

bleibt dabei ein wichtiges Ziel im Zeitablauf der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses. Die<br />

Gemeinde darf daher nicht in ein allgemeines Abwarten auf das Bekanntwerden noch möglicher Informationen<br />

eintreten. Eine solche Vorgehensweise ist auch in vorübergehender Form nicht im Sinne der Ziele und Zwecke<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses vertretbar.<br />

2. Die Schritte zum Jahresabschluss<br />

Die Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses erfordert eine Vielzahl von technischen Schritten und<br />

inhaltlichen Abgrenzungen sowie örtlichen Entscheidungen, damit der gemeindliche Jahresabschluss in einer<br />

geeigneten Form aufgestellt werden kann. Das Ziel muss dabei sein, dass der Jahresabschluss seiner Aufgabe<br />

gerecht werden kann und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde sowie ein<br />

Bild über das Ergebnis der Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres vermitteln kann.<br />

Wichtige Schritte zur Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses sind daher die Durchführung der Inventur<br />

und die Erstellung eines Inventars, die Feststellung der Ergebnisse sowie der Zielerreichung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft (vgl. §§ 28, 38 und 39 GemHVO <strong>NRW</strong>). Ein Plan-/Ist-Vergleich in der Ergebnisrechnung und<br />

der Finanzrechnung, die Ermittlung zutreffender Wertansätze für die gemeindliche Bilanz sowie eine aktuelle,<br />

verständliche und nachvollziehbare Berichterstattung im Anhang und im Lagebericht der Gemeinde gehören<br />

ebenfalls dazu (vgl. §§ 38, 39, 41, 44 und 48 GemHVO <strong>NRW</strong>). Mit dem nachfolgenden Schema sollen die wichtigsten<br />

Schritte für die Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses aufgezeigt werden (vgl. Abbildung).<br />

ARBEITSSCHRITTE<br />

Durchführung<br />

der Inventur<br />

Erstellen<br />

eines Inventars<br />

Aufstellung<br />

der Ergebnisrechnung<br />

Die Schritte zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

GEMEINDEORDNUNG 802<br />

INHALTE DER SCHRITTE<br />

- Mengen- und wertmäßige Erfassung des Vermögens<br />

- Mengen- und wertmäßige Erfassung der Schulden<br />

- Mengen- und wertmäßige Einzeldarstellung der Vermögensposten<br />

- Mengen- und wertmäßige Einzeldarstellung der Schuldenposten<br />

- Abstimmung der Kontenbewegungen und Kontensalden<br />

- Vollständigkeitsprüfung<br />

- Periodenabgrenzung<br />

- Ansatz/Ist-Vergleich<br />

- Ausweisprüfung (richtig erfasst und zugeordnet)


ARBEITSSCHRITTE<br />

Aufstellung<br />

der Finanzrechnung<br />

Aufstellung<br />

der Bilanz<br />

Erstellung<br />

des Anhangs<br />

und des Lageberichtes<br />

Jahresabschluss<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Schritte zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

GEMEINDEORDNUNG 803<br />

INHALTE DER SCHRITTE<br />

- Abstimmung der Kontenbewegungen und Kontensalden<br />

- Vollständigkeitsprüfung<br />

- Kassenwirksamkeit<br />

- Ansatz/Ist-Vergleich<br />

- Ausweisprüfung (richtig erfasst und zugeordnet)<br />

- Abstimmung der Kontenbewegungen und Kontensalden<br />

- Vollständigkeitsprüfung<br />

- Bewertung und Ansatz von Vermögen und Schulden<br />

- Beachtung von Bilanzierungsgeboten und Bilanzierungsverboten<br />

- Aktive und passive Rechnungsabgrenzung<br />

- Ausweisprüfung (richtig erfasst und zugeordnet)<br />

- Zusammenstellung von Daten und Unterlagen<br />

- Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben<br />

- Zutreffende Berichterstattung - Erstellung des Forderungsspiegels<br />

- Erstellung des Anlagenspiegels<br />

- Erstellung des Verbindlichkeitsspiegels<br />

- Ergebnisrechnung<br />

- Finanzrechnung<br />

- Teilrechnungen<br />

- Bilanz Anhang<br />

mit Forderungsspiegel, Anlagenspiegel und Verbindlichkeitsspiegel<br />

als Anlagen<br />

- Lagebericht<br />

- Beteiligungsbericht (beizufügen, wenn kein Gesamtanschluss)<br />

Abbildung 160 „Die Schritte zum gemeindlichen Jahresabschluss“<br />

Bei der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses sind aber auch die örtlichen Besonderheiten der Gemeinde<br />

zu berücksichtigen. Ggf. bedarf es daher zusätzlicher Erläuterungen zur Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr, insbesondere dann, wenn auf der Grundlage eines Haushaltssicherungskonzeptes<br />

unterschiedliche Konsolidierungsmaßnahmen umgesetzt und die Art und Umfang der Zielerreichung<br />

ermittelt werden muss. Diese Erfordernisse beeinflussen die Aufstellung des Jahresabschlusses in fachlicher und<br />

zeitlicher Hinsicht. Sie wirken sich auch auf die Aufstellungsarbeiten für den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

aus, der bezogen auf den gleichen Abschlussstichtag aufzustellen und ebenfalls bis zum 31. Dezember des dem<br />

Haushaltsjahr folgenden Jahres vom Rat der Gemeinde zu bestätigen ist.<br />

3. Die Unterrichtung des Rates<br />

Die Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses und seine Feststellung durch den Rat der Gemeinde sind<br />

gesetzlich bestimmten Fristen unterworfen worden (vgl. §§ 95 und 96 GO <strong>NRW</strong>). Die in diesem gesetzlichen<br />

Rahmen festgelegten Aufstellungsfristen stellen dabei nicht nur eine Grenze für den Abschluss der örtlichen Aufstellungsarbeiten<br />

für den gemeindlichen Jahresabschluss dar. Mit diesen Fristen wird auch bezweckt, dass im<br />

Rahmen des jährlich wiederkehrenden Haushaltskreislaufs der Rat der Gemeinde frühzeitig über die Ergebnisse<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr und über die wirtschaftliche Lage sowie


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

über die weitere Entwicklung der Gemeinde informiert wird. Diese Pflicht soll möglichst durch einen aktuellen<br />

Jahresabschluss, bezogen auf den Abschlussstichtag des betreffenden Haushaltsjahres erfüllt werden.<br />

Diese Sachlage hat die Gemeinde zu beachten, wenn aus zwingenden örtlichen und sachlogischen Gründen die<br />

gesetzlichen Fristen überschritten werden müssen. In diesen Fällen obliegt dem Bürgermeister eine Unterrichtungspflicht<br />

gegenüber dem Rat der Gemeinde über den aktuellen Sachstand und die Gründe für eine verzögerte<br />

Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses. Diese Pflicht entsteht aus der allgemeinen gesetzlichen Vorgabe,<br />

dass der Bürgermeister den Rat der Gemeinde über alle wichtigen Gemeindeangelegenheiten (zeitnah) zu<br />

unterrichten hat (vgl. § 62 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

4. Die Übersicht über das Aufstellungsverfahren<br />

Die haushaltsrechtlichen Vorschriften regeln die Aufstellung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

durch den Kämmerer und die Bestätigung des Entwurfs durch den Bürgermeister. Sie umfassen auch die sich<br />

daran anschließende Zuleitung an den Rat der Gemeinde und die Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

sowie die Beschlussfassung bzw. Feststellung durch den Rat bis hin zur öffentlichen Bekanntmachung<br />

und dem Verfügbarhalten des gemeindlichen Jahresabschlusses. Die Erfüllung dieser gesetzlichen Vorgaben<br />

bedarf neben der notwendigen Aufgabenverteilung innerhalb der gemeindlichen Verwaltung auch einer konkreten<br />

Zeitplanung. Bei der Festlegung des zeitlichen Ablaufes des Aufstellungsverfahrens ist insbesondere zu beachten,<br />

dass die spätestens bis zum 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres vom Rat ein geprüfter<br />

Jahresabschluss festzustellen ist (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die dafür notwendigen Verfahrensschritte, die<br />

terminlich bestimmt sein müssen, sollen durch die nachfolgende Übersicht aufgezeigt werden (vgl. Abbildung).<br />

Das Aufstellungsverfahren zur Feststellung des Jahresabschlusses<br />

WICHTIGE SCHRITTE<br />

Aufstellung des Entwurfs<br />

des Jahresabschlusses<br />

Anzeige eines Fehlbetrages<br />

der Ergebnisrechnung<br />

Zuleitung des Entwurfs<br />

des Jahresabschlusses<br />

Prüfung<br />

des Jahresabschlusses<br />

Beratung und Feststellung<br />

des Jahresabschlusses<br />

Anzeige des Jahresabschlusses<br />

mit seinen Anlagen<br />

GEMEINDEORDNUNG 804<br />

INHALTLICHE PFLICHTEN<br />

Aufstellung durch den Kämmerer und Bestätigung durch den<br />

Bürgermeister (§ 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>) unter Mitwirkung des<br />

Verwaltungsvorstands (vgl. § 70 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) – vergleichbar<br />

der Haushaltsplanaufstellung nach § 80 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Anzeige bei der Aufsichtsbehörde, wenn kein Fehlbetrag im<br />

Ergebnisplan oder der Fehlbetrag höher als geplant ist (§ 75<br />

Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>), zu beachten: Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes<br />

(§ 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Zuleitung an den Rat (§ 95 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>; sie soll<br />

innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

erfolgen).<br />

Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss (§ 101<br />

Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Welcher Bestätigungsvermerk liegt vor (§<br />

101 Absatz 4 und 5 GO <strong>NRW</strong>)?<br />

Beratung und Feststellung durch den Rat (§ 96 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>; bis spätestens 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr<br />

folgenden Jahres), Entlastung des Bürgermeisters (§ 96 Absatz<br />

1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Anzeige bei der Aufsichtsbehörde der Gemeinde (§ 96 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong>).


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Aufstellungsverfahren zur Feststellung des Jahresabschlusses<br />

WICHTIGE SCHRITTE<br />

Bekanntmachung<br />

und Verfügbarhalten<br />

des Jahresabschlusses<br />

GEMEINDEORDNUNG 805<br />

INHALTLICHE PFLICHTEN<br />

Bekanntmachung und Verfügbarhalten bis zur Feststellung<br />

des folgenden Jahresabschlusses (§ 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Abbildung 161 „Das Aufstellungsverfahren zur Feststellung des Jahresabschlusses“<br />

Über diese Verfahrensschritte soll sich die Aufsichtsbehörde im Rahmen der Anzeige des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

informieren, denn die dargestellte wirtschaftliche Lage und weitere Entwicklung der Gemeinde ist<br />

von ihr als Rechtsaufsichtsbehörde über die Gemeinde zu beurteilen. Die Aufsichtsbehörde soll daher feststellen,<br />

ob das für den gemeindlichen Jahresabschluss gesetzlich bestimmte Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist.<br />

Sie soll ggf. aufgetretene Rechtsverstöße gegenüber der Gemeinde beanstanden.<br />

5. Die Anzeigepflicht bei einem Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung<br />

5.1 Die Anzeige gegenüber der Aufsichtsbehörde<br />

Die Verpflichtung zum Haushaltsausgleich erstreckt sich nicht nur auf die Haushaltsplanung der Gemeinde, sondern<br />

auch auf den gemeindlichen Jahresabschluss (vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Der Bürgermeister hat daher<br />

bei seiner Bestätigung des Entwurfs des Jahresabschlusses zu berücksichtigen, ob in der Ergebnisrechnung<br />

nach § 38 GemHVO <strong>NRW</strong> das Erreichen des Haushaltsausgleichs nachgewiesen wird. In einem Vergleich mit<br />

dem in der gemeindlichen Haushaltssatzung festgesetzten voraussichtlichen Ergebnis ist zu ermitteln, ob trotz<br />

eines ursprünglich ausgeglichenen Ergebnisplans in der Ergebnisrechnung nunmehr ein Fehlbetrag oder ein<br />

höherer Fehlbetrag als im Ergebnisplan ausgewiesen, auszuweisen ist.<br />

Ein negativer Differenzbetrag beim gemeindlichen Jahresergebnis für das abgelaufene Haushaltsjahr als nicht<br />

geplanter Fehlbetrag oder als höherer Fehlbetrag führt zu der Verpflichtung der Gemeinde, diese entstandene<br />

haushaltswirtschaftliche Lage ihrer Aufsichtsbehörde gegenüber unverzüglich anzuzeigen. Die Gemeinde muss<br />

dieser Anzeigepflicht daher noch vor der Prüfung und Feststellung ihres Jahresabschlusses nachkommen. In<br />

solchen Fällen obliegt dem Bürgermeister gleichzeitig eine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Rat der Gemeinde<br />

über die entstandene haushaltswirtschaftliche Lage. Diese Pflicht entsteht aus der allgemeinen gesetzlichen<br />

Vorgabe, dass der Bürgermeister den Rat der Gemeinde über alle wichtigen Gemeindeangelegenheiten<br />

(zeitnah) zu unterrichten hat (vgl. § 62 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Aufsichtsbehörde der Gemeinde kann wegen des entstandenen schlechteren Jahresergebnisses bzw. des<br />

Fehlbetrages oder eines höheren Fehlbetrages die aufgrund dieser defizitären Haushaltslage der Gemeinde<br />

notwendigen Maßnahmen ergreifen, um eine geordnete Haushaltswirtschaft durch die Gemeinde wieder zu erreichen<br />

bzw. herzustellen. Die Gemeinde muss unmittelbar eigene Maßnahmen aufgrund ihrer Kenntnis über die<br />

Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Jahres und das daraus entstandenen Ergebnisses ergreifen. Sie kann z.<br />

B. eine Haushaltssperre im laufenden Haushaltsjahr erlassen, um einer weiteren Entwicklung einer defizitären<br />

Haushaltswirtschaft entgegen zu wirken und schnellstmöglich den jährlichen Haushaltsausgleich nach § 75 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong> wieder zu erreichen. Die Gemeinde muss dabei auch prüfen, wie die dauerhafte Leistungsfähigkeit<br />

wieder gesichert werden kann (vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).


5.2 Fehlbetrag und Haushaltssicherungskonzept<br />

5.2.1 Allgemeine Sachlage<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei der Bestätigung des Entwurfs des Jahresabschlusses für das abgelaufene Haushaltsjahr durch den Bürgermeister<br />

kann der in der Ergebnisrechnung der Gemeinde ausgewiesene Fehlbetrag oder höhere Fehlbetrag als<br />

geplant so erheblich sein, dass deswegen der in der Schlussbilanz des Vorjahres enthaltene Ansatz der allgemeinen<br />

Rücklage um mehr als ein Viertel zu verringert ist. In diesem Fall wird der durch § 76 Absatz 1 Nummer 1<br />

GO <strong>NRW</strong> festgelegte Schwellenwert überschritten und für die Gemeinde eine Verpflichtung zur Aufstellung eines<br />

Haushaltssicherungskonzeptes unmittelbar ausgelöst. Aus dem Fehlbetrag in der gemeindlichen Ergebnisrechnung<br />

ergibt sich zudem eine Verringerung der allgemeinen Rücklage, die sich auf die Haushaltswirtschaft in den<br />

Folgejahren des Haushaltsjahres auswirkt.<br />

Ein Fehlbetrag in der gemeindlichen Ergebnisrechnung unterhalb des in § 76 Absatz 1 Nummer 1 GO <strong>NRW</strong> festgelegten<br />

Schwellenwertes kann zu Folge haben, dass innerhalb der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes entsteht. Durch die Vorschrift wird es daher der<br />

Aufsichtsbehörde der Gemeinde ermöglicht, die notwendigen Anordnungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen<br />

haushaltswirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde zu treffen, um einer weiteren defizitären gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft entgegen zu wirken. Im besonderen Ausnahmefall könnte es ggf. erforderlich werden,<br />

dass die Aufsichtsbehörde ihre Anordnungen selbst durchführen muss oder – wenn und solange diese Befugnisse<br />

nicht ausreichen – sogar einen Beauftragten bestellen muss (vgl. auch §§ 119 ff. GO <strong>NRW</strong>). Die haushaltsrechtlichen<br />

Bestimmungen bieten dafür die notwendigen Ermächtigungen. Die Aufsichtsbehörde muss das im<br />

Einzelfall erforderliche Handeln in diesem Rahmen und unter Einbeziehung ihres zulässigen Ermessens eigenverantwortlich<br />

festlegen.<br />

5.2.2 Das Haushaltssicherungskonzept als Sanierungskonzept<br />

Für eine Gemeinde besteht auch bei defizitärer haushaltswirtschaftlicher Lage grundsätzlich eine positive Fortführungsprognose.<br />

Trotz einer akuten und aktuellen Krisensituation, auch wenn diese ggf. mehrjährig ist, hat die<br />

Gemeinde auch bei zusätzlich stark angespannter Liquidität bzw. Liquiditätsdefiziten grundsätzlich die Substanz<br />

und die Potenziale, um wieder den jährlichen Haushaltsausgleich zu erreichen und die stetige Aufgabenerfüllung<br />

auf Dauer zu sichern. Die Voraussetzungen dafür sind generell anzunehmen, denn das Sanieren bzw. das Konsolidieren<br />

bedeutet, die Krisenzeichen wahrzunehmen, die Ursachen zu erkennen, entsprechende Gegenmaßnahmen<br />

zu ergreifen und möglichen Wiederholungen vorzubeugen. Dabei gilt es für die Gemeinde, die Sanierungswürdigkeit<br />

und die Sanierungsfähigkeit aller Elemente der gemeindlichen Aufgabenerfüllung sowie die daraus<br />

entstehenden haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen zu prüfen und zu bewerten, sodass ein umfassendes<br />

Sanierungskonzept zur wirtschaftlichen Gesundung und zur Zukunftssicherung der Gemeinde auf den Weg gebracht<br />

werden kann.<br />

Die Gemeinde muss dafür die notwendigen und vielfachen Veränderungen vor Ort angehen und diese möglichst<br />

schnell, gezielt und konsequent in der erforderlichen Reihenfolge festlegen und umzusetzen. Ein Haushaltssicherungskonzept<br />

als umfassendes Sanierungskonzept dient dabei als zukunftsorientierter Leitfaden (Gesamtkonzept),<br />

in dem die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung der<br />

Gemeinde und die Steuerung des Haushalts, dass er in Zukunft dauerhaft ausgeglichen sein wird, festgelegt und<br />

bemessen werden. Das Sanierungskonzept muss gleichzeitig ein erweitertes Planungssystem mit Zielen und<br />

Zwischenzielen als der Haushaltsplan enthalten, damit dieses örtliche Konzept als Handlungsrichtschnur dienen<br />

kann. In einem solchen Sanierungskonzept sind deshalb die konkreten und umsetzbaren Schritte aufzuzeigen,<br />

die sofort und in den weiteren Haushaltsjahren zu erfolgen haben. Besondere Eckpunkte sowie die zukünftigen<br />

Chancen und Risiken für die Gemeinde sind dabei besonders herauszustellen. Das gemeindliche Sanierungskonzept<br />

stellt dadurch eine Leitlinie für das Handeln der Gemeinde in den künftigen Haushaltsjahren dar.<br />

GEMEINDEORDNUNG 806


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

5.2.3 Die Stufen eines gemeindlichen Sanierungsplans<br />

Eine gemeindliche Krisensituation hat eine große Bedeutung für den Rat der Gemeinde und die Verwaltung sowie<br />

für die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde. Deshalb muss für das örtliche Haushaltssicherungskonzept als<br />

Sanierungsplan eine Struktur erarbeitet werden, die den gesamten Ablauf der Bewältigung der wirtschaftlichen<br />

Krise der Gemeinde beinhaltet. Sie bietet eine Grundlage für die notwendigen Handlungen und soll dazu beitragen,<br />

das zu erreichende Ziel dauerhaft zu sichern. Die Umsetzung erfolgt dazu i.d.R. in Teilschritten, deren Erfolg<br />

mit Hilfe von Zwischenzielen gemessen werden soll. Die möglichen fünf Abschnitte eines Sanierungsplans der<br />

Gemeinde zur Krisenbewältigung und zur weiteren stetigen wirtschaftlichen Entwicklung können, wenn nicht im<br />

Einzelfall weiter zu differenzieren ist, z. B. Folgende sein (vgl. Abbildung).<br />

Stufe 1<br />

Stufe 2<br />

Stufe 3<br />

Stufe 4<br />

Stufe 5<br />

GEMEINDEORDNUNG 807<br />

Die Stufen eines gemeindlichen Sanierungsplans<br />

Gesamtkonzept der Gemeinde<br />

zur Krisenbewältigung (Sanierungsplan)<br />

Sensibilisierung/ Krisenerkenntnis<br />

(Befangenheit der Betroffenen)<br />

Krisenursachen identifizieren<br />

(Sanierungswürdigkeit und Sanierungsfähigkeit<br />

feststellen)<br />

Sanierungsplan - Leitlinie für eine Sanierung<br />

(Ursachen - Analyse - Lage - Ziele)<br />

Implementierung des Sanierungsplans<br />

(leistungs- und finanzwirtschaftliche, organisatorische<br />

Maßnahmen)<br />

Sanierungscontrolling<br />

(Identifizierung des Sanierungserfolges, Kennzahlen,<br />

Planungsrechnungen und Planbilanz)<br />

Abbildung 162 „Die Stufen eines Sanierungsplans“<br />

Bedrohung erkennen<br />

und ernst nehmen<br />

Sich schlüssig auf wesentliche<br />

Kernfragen<br />

konzentrieren<br />

Perspektive und Vision<br />

der Sanierung vermitteln<br />

Zustimmung und Motivation<br />

der Beteiligten<br />

auslösen<br />

Erfolgreiche Umsetzung<br />

messen, Chancen und<br />

Risiken neu einschätzen<br />

Ein erfolgreicher Sanierungsprozess bei der Gemeinde besteht u.a. auch darin, dass die Gemeinde die Bewältigung<br />

der Krise ihrer haushaltswirtschaftlichen Lage selbst so durchführt, dass der Haushaltsausgleich wieder<br />

erreicht und die dauernde Leistungsfähigkeit gesichert wird. Von der Gemeinde ist dabei zu berücksichtigen, dass<br />

künftige Generationen nicht unnötig belastet werden sowie deren Zukunft gesichert wird. Sie muss in diesem<br />

Zusammenhang auch die Einhaltung des Grundsatzes der intergenerativen Gerechtigkeit gewährleisten.<br />

5.3 Der Fristbeginn zur Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs<br />

Für die Gemeinde kann aus der Bestätigung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den<br />

Bürgermeister wegen eines Fehlbetrages in der gemeindlichen Ergebnisrechnung die Pflicht zur Aufstellung eines<br />

Haushaltssicherungskonzeptes entstehen (vgl. § 75 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

heraus wird diese Pflicht ausgelöst, sie kann tatsächlich jedoch erst dann entstehen, wenn darüber die notwendige<br />

Kenntnis bei der Gemeinde vorliegt. Diese Sachlage beeinflusst den Zeitpunkt, zu dem der Haushaltsausgleich<br />

von der Gemeinde wieder hergestellt sein muss.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Ergebnis der Haushaltsbewirtschaftung des abgelaufenen Haushaltsjahres löst zwar die Pflicht zur Aufstellung<br />

eines Haushaltssicherungskonzeptes aus, der Fristbeginn zur Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs<br />

mithilfe eines zu erstellenden Haushaltssicherungskonzeptes kann aber wegen des Zeitablaufs nicht mehr im<br />

abgelaufenen Haushaltsjahr liegen. Die Kenntnis über diese Pflicht erlangt die Gemeinde erst im Folgejahr im<br />

Rahmen der Aufstellung und Bestätigung des gemeindlichen Jahresabschlusses für das abgelaufene Haushaltsjahr.<br />

Erst zu diesem Zeitpunkt im Folgejahr ist ihr eine Beurteilung dahin gehend möglich, welchen Eigenkapitalverzehr<br />

der nicht geplante Fehlbetrag oder der höhere Fehlbetrag bewirkt.<br />

Vom Gesetzgeber ist mit der Vorschrift nicht beabsichtigt worden, ein bereits durch den bestätigten Jahresabschluss<br />

abgeschlossenes Haushaltsjahr wieder „zu öffnen“, um dieses Jahr dann rückwirkend als Ursachenjahr<br />

für den Beginn der Frist zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs heranziehen zu können. Der Beginn der<br />

gesetzlichen Frist von zehn Jahren, die zur Erreichung des Haushaltsausgleichs einzuhalten ist, damit das Haushaltssicherungskonzept<br />

genehmigungsfähig ist, kann daher frühestens in dem Haushaltsjahr liegen, in dem das<br />

Jahresergebnis des vorherigen Haushaltsjahres feststeht. Es ist daher sachgerecht, den Beginn der Frist für die<br />

Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs bzw. das Haushaltsjahr, in dem der Haushaltsausgleich wieder erreicht<br />

werden muss, vom Zeitpunkt der Bestätigung des gemeindlichen Jahresergebnisses durch den Bürgermeister<br />

abhängig zu machen.<br />

5.4 Die Zuordnung des Haushaltssicherungskonzeptes zum Haushaltsjahr<br />

Ein Haushaltssicherungskonzept, für das die Pflicht zur Aufstellung im Rahmen der Bestätigung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses durch den Bürgermeister entsteht, muss von der Gemeinde wegen der gesetzlichen<br />

Bindung an den Haushaltsplan der Gemeinde einem bestimmten Haushaltsjahr zugeordnet werden (vgl. § 79<br />

Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Das Haushaltsjahr, für das der Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses durch<br />

den Bürgermeister bestätigt wird, ist zum Zeitpunkt der Bestätigung bereits abgelaufen, sodass das Haushaltssicherungskonzept<br />

nicht mehr zum Bestandteil des Haushaltsplans dieses Haushaltsjahres gemacht werden kann.<br />

Für das Haushaltsjahr, in dem der Jahresabschluss für das vorherige, abgelaufene Haushaltsjahr bestätigt wird,<br />

gilt i.d.R. bereits eine Haushaltssatzung und damit auch ein bestandskräftiger Haushaltsplan. Ein Haushaltssicherungskonzept<br />

könnte daher nur dadurch zum weiteren Bestandteil des Haushaltsplans dieses Haushaltsjahres<br />

gemacht werden, wenn dafür eine Nachtragssatzung nach § 81 GO <strong>NRW</strong> erlassen wird. Die Änderung der bestehenden<br />

gemeindlichen Haushaltssatzung ist erforderlich, weil es einer satzungsrechtlichen Festlegung über<br />

das Jahr bedarf, in dem der Haushaltsausgleich wieder erreicht wird (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine Nachtragssatzung würde dabei den Effekt haben, dass für die Aufstellung und den Beschluss über die<br />

Nachtragssatzung eine längere Zeitdauer benötigt wird, denn für die Nachtragssatzung gelten die Vorschriften<br />

über die Haushaltssatzung entsprechend (vgl. § 81 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Gemeinde wird dadurch aber die Aufstellung einer Nachtragssatzung im laufenden Haushaltsjahr, um mögliche<br />

Konsolidierungsmaßnahmen auf der Grundlage eines genehmigten Haushaltssicherungskonzeptes umzusetzen,<br />

nicht verwehrt. Es ist sachgerecht und haushaltsrechtlich vertretbar, zeitnah die notwendigen Gegenmaßnahmen<br />

zu ergreifen und dabei auch das Haushaltssicherungskonzept zum Bestandteil des gemeindlichen<br />

Haushaltsplans zu machen. Bei einer solchen Zuordnung liegt der Fristbeginn für die Wiederherstellung des<br />

Haushaltsausgleichs in dem Folgejahr des Haushaltsjahres, das die Ursache dafür darstellt.<br />

Für die Gemeinde besteht aber auch die Möglichkeit, ihr Haushaltssicherungskonzept in förmlicher Hinsicht erst<br />

zum Bestandteil des Haushaltsplans des zweiten Folgejahres des Haushaltsjahres zu machen, das die Ursache<br />

dafür darstellt. In diesen Fällen muss die Gemeinde aufgrund ihrer Kenntnisse über das negative Jahresergebnis<br />

des abgelaufenen Haushaltsjahres und ihrer Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes gleich-<br />

GEMEINDEORDNUNG 808


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

wohl unmittelbar die notwendigen Gegenmaßnahmen einleiten, um den jährlichen Haushaltsausgleich zukünftig<br />

wieder zu erreichen und ihre dauernde Leistungsfähigkeit wieder zu sichern (vgl. § 75 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine solche jahresbezogene Zuordnung des gemeindlichen Haushaltssicherungskonzeptes gibt der Gemeinde<br />

keine Berechtigung, den Fristbeginn für die Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs, der im Jahr der Bestätigung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses liegen soll (fiktives Ursachenjahr), auf das Jahr der Zuordnung des<br />

Haushaltssicherungskonzeptes zum Haushaltsplan zu verschieben. Diese Einschränkung kann als sinnvoll und<br />

sachgerecht angesehen werden, um die Sofortmaßnahmen der Gemeinde von Anfang an in die Gesamtstrategie<br />

der gemeindlichen Konsolidierungsbemühungen einzubinden. Dadurch kann das Hinauszögern von Gegenmaßnahmen<br />

als nicht zulässig bewertet werden.<br />

6. Der Mehrbedarf nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

6.1 Der Mehrbedarf bei Aufwandsermächtigungen<br />

6.1.1 Die Erfassung der zusätzlichen Aufwendungen<br />

Im Jahresabschluss sind von der Gemeinde auch die Ereignisse aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr zu berücksichtigen,<br />

die diesem Jahr wirtschaftlich zuzurechnen sind. Derartige Ereignisse können noch zu Veränderungen<br />

der in der Ergebnisrechnung des abgelaufenen Haushaltsjahres erfassten Aufwendungen führen, z. B. in<br />

Form von überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen (vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong>). Im Rahmen der<br />

Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses muss daher ein auf das abgelaufene Haushaltsjahr bezogener<br />

Bedarf für überplanmäßige und/oder außerplanmäßige Aufwendungen diesem Jahr wirtschaftlich zugerechnet<br />

werden. Ein solcher Fall entsteht regelmäßig bei bilanziellen Abschreibungen der Gemeinde, die erst tatsächlich<br />

nach Ablauf des Haushaltsjahres ermittelbar und in der gemeindlichen Ergebnisrechnung zu berücksichtigen sind<br />

(vgl. § 38 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses ist daher von der Gemeinde zu prüfen, ob die in diesem<br />

Zeitpunkt feststellbaren überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen unabweisbar sind<br />

und ob ihre Deckung bezogen auf das abgelaufene Haushaltsjahr gewährleistet ist (vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong>). In die<br />

Prüfung der Unabweisbarkeit ist dabei auch einziehen, ob ggf. rechtliche Verpflichtungen für diese überplanmäßigen<br />

und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen bestehen. Für die Prüfung, ob die Deckung gewährleistet ist, soll<br />

das in der gemeindlichen Ergebnisrechnung ausgewiesene Jahresergebnis herangezogen werden. Die Erfassung<br />

und Buchung der festgestellten überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen kann dabei nicht<br />

wegen eines Fehlbetrages in der Ergebnisrechnung abgelehnt werden. Sofern die Unabweisbarkeit für die Aufwendungen<br />

gegeben ist, aber ein Jahresfehlbetrag bereits besteht, müssen die zusätzlichen Aufwendungen<br />

hingenommen werden, auch diese als „negative Veränderungen“ der gemeindlichen Haushaltswirtschaft des<br />

abgelaufenen Haushaltsjahres zu einer Erhöhung des Jahresfehlbetrages führen.<br />

6.1.2 Die Zusammenführung der Verfahren bei zusätzlichen Aufwendungen<br />

Bei überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen ist die Zustimmung des Kämmerers, des Bürgermeisters<br />

oder des Rates der Gemeinde erforderlich (vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong>). Diese Vorgabe gilt auch bei überplanmäßigen<br />

und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses.<br />

Es ist jedoch sachlich und haushaltswirtschaftlich sowie wegen des Entscheidungszeitpunktes<br />

nicht geboten, ein gesondertes Zustimmungsverfahren zusätzlich zum Aufstellungsverfahren des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses durchzuführen. In beiden Verfahren sind der Kämmerer und/oder der Bürgermeister sowie der<br />

Rat der Gemeinde in gleicher Weise und Funktion tätig. Es bietet sich deshalb an, das Zustimmungsverfahren für<br />

GEMEINDEORDNUNG 809


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

die überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen mit dem Aufstellungsverfahren des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses zu verknüpfen und als ein gemeinsames Verfahren zu betrachten und zu führen.<br />

Die Zusammenführung von zwei haushaltsrechtlich eigenständigen Verfahren zu einem Verfahren ist wegen der<br />

Pflicht des Kämmerers zur Aufstellung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses, der Pflicht des Bürgermeisters<br />

zur Bestätigung dieses Entwurfs und der Pflicht des Rates zur Feststellung des Jahresabschlusses<br />

sachgerecht und geboten (vgl. § 95 Abs. 3 Satz 1 und 2 und § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Sie beschneidet jedenfalls<br />

nicht die Entscheidungskompetenzen der benannten Verantwortlichen für die gemeindliche Haushaltswirtschaft in<br />

unvertretbarer Weise. Im Rahmen ihrer Beteiligung und ihrer Zuständigkeiten können diese Verantwortlichen in<br />

der Gemeinde den haushaltsmäßig erforderlich gewordenen überplanmäßigen und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen<br />

zustimmen.<br />

Die in der Gemeinde Verantwortlichen können die Übernahme im Grundsatz nicht ablehnen, denn das Jahresergebnis<br />

der Gemeinde im gemeindlichen Jahresabschluss wird durch den Grundsatz der wirtschaftlichen Zurechnung<br />

maßgeblich bestimmt (vgl. § 11 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Verantwortlichkeiten müssen bereits durch<br />

geeignete Maßnahmen im Rahmen der Haushaltsplanung dafür Sorge tragen, dass möglichst im Aufstellungsverfahren<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses nur noch unwesentliche überplanmäßige und/oder außerplanmäßige<br />

Aufwendungen dem abgelaufenen Haushaltsjahr zuzurechnen sind.<br />

6.2 Kein Mehrbedarf bei Auszahlungsermächtigungen<br />

Nach Ablauf des Haushaltsjahres dürfen von der Gemeinde wegen der Geltung des Kassenwirksamkeitsprinzips<br />

und des Jährlichkeitsprinzips keine Auszahlungen mehr diesem Haushaltsjahr zugeordnet werden. Die strenge<br />

zeitliche Beschränkung in der gemeindlichen Zahlungsabwicklung bedeutet, dass Auszahlungen aufgrund von<br />

gemeindlichen Geschäftsvorfällen im abgelaufenen Haushaltsjahr, die zu Zahlungsströmen im folgenden Haushaltsjahr<br />

führen, in der für dieses Jahr aufzustellenden Finanzrechnung zu erfassen sind. Die gemeindlichen<br />

Zahlungen und damit auch die über- und außerplanmäßigen Auszahlungen sind nach dem zu beachtenden Kassenwirksamkeitsprinzip<br />

immer dem Haushaltsjahr zuzuordnen, in dem von der Gemeinde die Einzahlungen erzielt<br />

und die Auszahlungen geleistet werden und diese zu einer Veränderung der gemeindlichen Liquidität führen<br />

(vgl. § 11 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Der benannte Grundsatz verbietet dabei, dass gemeindliche Zahlungen innerhalb eines Haushaltsjahres weder<br />

dem vorherigen bereits abgelaufenen Haushaltsjahr noch dem künftigen Haushaltsjahr zugeordnet werden dürfen.<br />

Die Gemeinde darf deshalb Auszahlungen, die sich aus zusätzlichen Zahlungsverpflichtungen nach Ablauf<br />

des Haushaltsjahres ergeben, nicht mehr dem abgelaufenen Haushaltsjahr zuordnen. Die strenge Jährlichkeit gilt<br />

entsprechend für die erzielten Einzahlungen, wenn diese Zahlungen aufgrund von Geschäftsvorfällen aus dem<br />

abgelaufenen Haushaltsjahr bei der Gemeinde eingehen.<br />

7. Die Wertaufhellung im Jahresabschluss<br />

7.1 Das Willkürverbot<br />

Für die gemeindliche Haushaltswirtschaft sind nicht alle bestehenden allgemeinen Grundsätze haushaltsrechtlich<br />

bestimmt worden. Dazu gehört z. B. der Grundsatz des Willkürverbots. Nach diesem Grundsatz hat die Gemeinde<br />

in ihrem Jahresabschluss eine willkürfreie Bewertung der gemeindlichen Vermögensgegenstände vorzunehmen<br />

und auf sachfremde Erwägungen zu verzichten. Die haushaltsrechtlich zulässigen Wahlrechte der Gemeinde<br />

sind davon nicht betroffen. Deren Anwendung muss aber im Einzelfall durch die Gemeinde so gestaltet werden,<br />

dass die gemeindliche Entscheidung mit dem Grundsatz des Willkürverbots in Einklang steht.<br />

GEMEINDEORDNUNG 810


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Im Sinne dieses Grundsatzes wird das Wertaufhellungsprinzip in einen Zusammenhang mit der dreimonatigen<br />

Aufstellungsfrist für den gemeindlichen Jahresabschluss gestellt (vgl. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> und § 32 Absatz 1<br />

Nummer 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Durch die haushaltsrechtliche Vorschrift in der Gemeindeordnung steht die Aufstel-<br />

lung des gemeindlichen Jahresabschlusses nicht im Belieben der Gemeinde und kann daher nicht unbestimmt in<br />

die Zukunft verschoben werden. Es ist dabei zu beachten, dass durch die ausdrückliche Verwendung des Begriffs<br />

„Aufstellung“ im Rahmen der Regelung zur Wertaufhellung die Anwendung des Wertaufhellungsprinzips auch<br />

nicht bis zum Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde ausgedehnt werden<br />

kann (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 32 Absatz 1 Nummer 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine Änderung des aufgestellten und dem Rat der Gemeinde zugeleiteten Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

ist grundsätzlich nur noch aufgrund der Durchführung der Abschlussprüfung oder aus Anlass der<br />

Beratungen des Rates vor seiner Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses möglich. In dieser Zeit der<br />

Gemeinde bekannt gewordene neue Informationen dürfen dann nicht mehr unter Berufung auf das Wertaufhellungsprinzip<br />

in den gemeindlichen Jahresabschluss einbezogen werden. Solche Informationen sind dann wie<br />

gemeindliche Vorgänge zu behandeln, die nach Schluss des Haushaltsjahres eingetreten sind, sodass bei Vorliegen<br />

einer Wesentlichkeit darüber Ausführungen im Lagebericht zu machen sind (vgl. § 48 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

7.2 Das Prinzip der Wertaufhellung<br />

Das Prinzip der Wertaufhellung lässt grundsätzlich zu, dass die Gemeinde neue Informationen zu ihrer Haushaltswirtschaft,<br />

die im Zeitraum zwischen dem Abschlussstichtag des abgelaufenen Haushaltsjahres und dem<br />

gesetzlich bestimmten letzten Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses für dieses Haushaltsjahr (31. März des<br />

Folgejahres) der Gemeinde bekannt werden, dann von den Verantwortlichen in der Gemeinde (Rat und Verwaltungsvorstand)<br />

berücksichtigt werden dürfen, wenn sie sich auf Gegebenheiten oder Ereignisse im abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr (vor dem Abschlussstichtag) beziehen (wertaufhellende Informationen). Derartige Tatsachen beeinflussen<br />

nicht den Wert, sondern zeigen die gemeindlichen Verhältnisse zum Abschlussstichtag so, wie sie zu<br />

diesem Zeitpunkt waren.<br />

Das Wertaufhellungsprinzip soll in Bezug auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

sicherstellen, dass sämtliche am Abschlussstichtag objektiv bestehende Tatsachen bei der späteren Aufstellung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses berücksichtigt werden, auch wenn die Informationen der Gemeinde<br />

erst nach dem Abschlussstichtag bekannt werden. Bei der Informationsgewinnung im Zeitraum zwischen dem<br />

Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses für das abgelaufene Haushaltsjahr haben<br />

der Kämmerer (Aufstellung) und der Bürgermeister (Bestätigung) die notwendige Sorgfalt für die im gemeindlichen<br />

Jahresabschluss enthaltenen Angaben aufzubringen.<br />

Die Anwendung des Wertaufhellungsprinzips muss zudem von der Gemeinde für jeden davon betroffenen Sachverhalt<br />

geprüft und dokumentiert werden. Den möglicherweise gewonnenen Erkenntnissen müssen daher ordnungsgemäße<br />

Geschäftsvorgänge bei der Gemeinde zugrunde liegen und es muss eine Ausrichtung auf den<br />

betreffenden Abschlussstichtag des abgelaufenen Haushaltsjahres bestehen. Diese Sachlage ist zudem in die<br />

Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses einzubeziehen. Die Beachtung des Wertaufhellungsprinzips führt<br />

dabei nicht zu einer Änderung oder Berichtigung des gemeindlichen Jahresabschlusses, denn das Prinzip ist nur<br />

in dem Zeitraum anwendbar, in dem der Entwurf des Jahresabschlusses durch den Kämmerer aufzustellen und<br />

durch den Bürgermeister zu bestätigen ist.<br />

Gleichwohl kann die Wertaufhellung auch zu Sachverhalten oder Anlässen führen, die einer Berichtigung des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses zugrunde liegen, insbesondere wenn es sich um einen wesentlichen Betrag<br />

handelt. Aus der Wertaufhellung heraus kann sich als Anlass für eine Berichtigung ergeben, dass Wertansätze in<br />

der Bilanz und/oder zu niedrig, zu hoch, zu Unrecht oder zu Unrecht nicht angesetzt worden sind. Diese Gegebenheiten<br />

gelten entsprechend für die Haushaltspositionen in der Ergebnisrechnung und Finanzrechnung.<br />

GEMEINDEORDNUNG 811


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Nach der haushaltsrechtlichen Bestimmung soll die Zuleitung des gemeindlichen Jahresabschlusses an den Rat<br />

innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres erfolgen. Grundsätzlich ist deshalb der 31. März<br />

des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres als letzter Tag der Zuleitung anzusehen. Dieser Tag stellt gleichzeitig<br />

auch den letzten Tag für die Anwendung des Wertaufhellungsprinzips durch die Gemeinde dar. Die Zusammenhänge<br />

werden nachfolgend dargestellt (vgl. Abbildung).<br />

Haushaltsjahr<br />

Januar - Dezember<br />

Nachweispflicht<br />

Die Wertaufhellung im gemeindlichen Jahresabschluss<br />

Abschluss-<br />

stichtag<br />

(31.12.)<br />

Gemeindliche Geschäftsvorfälle, die<br />

ergebniswirksam sind sowie Zahlungsgeschäfte<br />

der Gemeinde, die zur Änderung<br />

der Liquidität geführt haben.<br />

(Angaben in der Ergebnisrechnung<br />

und der Finanzrechnung<br />

sowie der Bilanz)<br />

GEMEINDEORDNUNG 812<br />

Ereignisse<br />

nach dem Abschlussstichtag<br />

Januar - März<br />

Wertaufhellend<br />

Bestätigung<br />

durch BM<br />

(bis 31.03.)<br />

Ereignisse, die grundlegende Hinweise<br />

zu Gegebenheiten der Gemeinde<br />

geben, die zum Abschlussstichtag<br />

vorliegen.<br />

(Angaben im Anhang)<br />

Ereignisse<br />

nach dem Abschlussstichtag<br />

Januar - Dezember<br />

Abbildung 163 „Die Wertaufhellung im gemeindlichen Jahresabschluss“<br />

Wertbegründend<br />

Feststellung<br />

durch Rat<br />

(bis 31.12)<br />

Ereignisse, die Gegebenheiten der<br />

Gemeinde anzeigen, die nach dem<br />

Abschlussstichtag eingetreten sind.<br />

(Angaben im Lagebericht)<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass von der Gemeinde die Informationen, die ihr im Zeitraum zwischen<br />

dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses für das abgelaufene Haushaltsjahr<br />

bekannt werden und sich auf Gegebenheiten nach dem Abschlussstichtag beziehen, also auf das neue<br />

Haushaltsjahr, im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses nicht berücksichtigt werden<br />

(wertbegründende Informationen). Derartige Tatsachen beeinflussen den von der Gemeinde zu bilanzierenden<br />

Wert. Sie zeigen die Verhältnisse zum Abschlussstichtag nicht mehr so, wie diese zu diesem Zeitpunkt waren.<br />

8. Die Haushaltssicherung im Jahresabschluss<br />

8.1 Die Aufstellungspflicht<br />

Für die Gemeinde kann die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes auch im Zeitpunkt der<br />

Bestätigung über den gemeindlichen Jahresabschluss durch den Bürgermeister entstehen (vgl. § 76 Absatz 1<br />

Satz 2 i.V.m. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Pflicht besteht dann ab dem Zeitpunkt, ab dem ein durch den Bürgermeister<br />

bestätigter Jahresabschluss für das abgelaufene Haushaltsjahr besteht, der ein Jahresergebnis aufweist,<br />

aufgrund dessen ein Schwellenwert überschritten wird. Ein aus diesem Anlass aufzustellendes Haushaltssicherungskonzept<br />

wird dadurch jedoch nicht zum Bestandteil des gemeindlichen Jahresabschlusses.<br />

Die gesetzliche Bindung des Haushaltssicherungskonzeptes an den gemeindlichen Haushaltsplan bewirkt, dass<br />

ein solches Haushaltssicherungskonzept zum Bestandteil des nächsten der Bestätigung des Jahresabschlusses<br />

folgenden Haushaltsplans zu machen und dem entsprechenden Haushaltsjahr zuzuordnen ist (vgl. § 79 Absatz 2<br />

Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Ursache für die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes sowie dessen<br />

Bindung an den gemeindlichen Haushaltsplan bewirken dabei nicht, dass das bereits abgeschlossene Haushalts-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

jahr als Ursachenjahr für den Beginn der Frist zur Wiedererreichung des gemeindlichen Haushaltsausgleichs<br />

heranzuziehen ist. Dafür spricht auch, das die Gemeinde erst im Folgejahr des abgelaufenen Haushaltsjahres die<br />

Kenntnis darüber erlangt, dass sie zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes verpflichtet ist.<br />

8.2 Der Nachweis der Konsolidierung<br />

Die notwendige Konsolidierung zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs hat durch das Haushaltssicherungskonzept<br />

eine konzeptionelle Grundlage sowie einen Rahmen für die örtliche Umsetzung erhalten. Mit Blick<br />

auf den Konsolidierungszeitraum sollen dabei im Rahmen des jährlichen Jahresabschlusses die im Sinne der<br />

Zielsetzung eingetretenen Ergebnisse aufgezeigt werden, damit ggf. der Korridor für Anpassungen konkreter<br />

eingeplant und/oder Alternativen im Rahmen der Umsetzung geschaffen werden können.<br />

Die Gemeinde zeigt durch das jahresbezogene Ergebnis in der gemeindlichen Ergebnisrechnung, ob sie ihre<br />

Verpflichtung zum Haushaltsausgleich erfüllt hat (vgl. § 75 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Es bietet sich daher für die<br />

Gemeinde an, in diesem Rahmen auch die Ergebnisse der Maßnahmen der gemeindlichen Haushaltskonsolidierung<br />

aufzuzeigen. Der gemeindlichen Ergebnisrechnung sollte dafür eine gesonderte Übersicht beigefügt werden,<br />

in der die Konsolidierungsergebnisse über den gesamten Konsolidierungszeitraum im Vergleich mit den geplanten<br />

Ergebnissen aufgezeigt werden können. Das nachfolgende Schema soll dieses beispielhaft aufzeigen (vgl.<br />

Abbildung).<br />

Ist-Ergebnisse<br />

Ordentliches Ergebnis<br />

Finanzergebnis<br />

Ergebnis aus<br />

lfd. Verwaltungstätigkeit<br />

Außerordentliches Ergebnis<br />

Jahresergebnis<br />

Die Ergebnisse der Haushaltskonsolidierung<br />

Haus-<br />

halts-<br />

jahr<br />

TEUR<br />

ANGABEN ZUM KONSOLIDIERUNGSERFOLG:<br />

Gesamtbetrag der Erträge<br />

Gesamtbetrag der Aufwendungen<br />

Jahresüberschuss<br />

Geplanter Jahresüberschuss<br />

Differenz in Betrag und %<br />

Jahresfehlbetrag<br />

Hj + 1<br />

TEUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 813<br />

Hj + 2<br />

TEUR<br />

Hj + 3<br />

TEUR<br />

Hj + …<br />

TEUR<br />

Hj + …<br />

TEUR


Ist-Ergebnisse<br />

Geplanter Jahresfehlbetrag<br />

Differenz in Betrag und %<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Ergebnisse der Haushaltskonsolidierung<br />

Haus-<br />

halts-<br />

jahr<br />

TEUR<br />

Hj + 1<br />

TEUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 814<br />

Hj + 2<br />

TEUR<br />

Hj + 3<br />

TEUR<br />

Abbildung 164 „Die Ergebnisse der Haushaltskonsolidierung“<br />

Hj + …<br />

TEUR<br />

Hj + …<br />

Die Übersicht kann dabei auch in der Haushaltsplanung Verwendung finden und dem gemeindlichen Ergebnisplan<br />

beigefügt werden. Sie ist dabei als auch als Unterlage zur gemeindlichen Ergebnisrechnung im notwendigen<br />

Umfang zu erläutern. Es sollten dazu Betragsangaben und erläuternde weitere Informationen zu Anpassungen,<br />

aber auch zur Aufrechterhaltung der Konsolidierungsplanung, gegeben werden. Die Gemeinde sollte, abhängig<br />

von der örtlichen Konsolidierung, ggf. auch Vorjahre des Haushaltsjahres in diese Übersicht einbeziehen.<br />

9. Änderungen oder Berichtigungen des Jahresabschlusses<br />

9.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Bei der Gemeinde können fehlerhafte oder unrichtige Jahresabschlüsse entstehen, weil die am Abschlussstichtag<br />

gegebenen objektiven Verhältnisse erst nach der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den<br />

Rat der Gemeinde erkannt wurden. Ein solcher Jahresabschluss kann z. B. in der Bilanz unrichtige Wertansätze<br />

oder fehlerhafte Bilanzposten enthalten und nicht zutreffende Haushaltspositionen in der Ergebnisrechnung und<br />

Finanzrechnung ausweisen. Derartige Fehler stellen i.d.R. Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorschriften dar<br />

und können zu einer Änderung oder Berichtigung des gemeindlichen Jahresabschlusses führen. Die Ursache<br />

kann dabei nicht mehr der Zeitpunkt der Eröffnungsbilanz sein, ab dem eine Berichtigung für vier Jahre möglich<br />

war. Der Berichtigungsbedarf bei der Gemeinde muss objektiv zum Abschlussstichtag bestehen und von wesentlicher<br />

wirtschaftlicher oder rechtlicher Bedeutung für die gemeindliche Haushaltswirtschaft sein.<br />

Für die Beurteilung einer Fehlerhaftigkeit oder Unrichtigkeit eines gemeindlichen Jahresabschlusses ist dabei<br />

objektiv auf den Abschlussstichtag des Haushaltsjahres abzustellen, denn bezogen auf diesen Zeitpunkt muss<br />

der gemeindliche Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermitteln. Eine Fehlerbeseitigung des Jahresabschlusses der<br />

Gemeinde muss zudem unter Berücksichtigung des Verfahrensstandes zur Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

erfolgen. Im Zeitraum von der Aufstellung des Jahresabschlusses durch den Kämmerer bis zu<br />

seiner Feststellung durch den Rat kann der gemeindliche Jahresabschluss jederzeit im Sinne einer Richtigstellung<br />

verändert werden, denn der gemeindliche Abschluss liegt in dieser Zeit nur als Entwurf vor.<br />

Eine Änderung oder Berichtigung des gemeindlichen Jahresabschlusses wird daher erst dann ausgelöst, wenn<br />

die Erkenntnisse der Gemeinde über die Fehlerhaftigkeit ihres Jahresabschlusses nach dessen Feststellung<br />

durch den Rat der Gemeinde gewonnen werden und in rechtlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht so wesentlich<br />

sind, dass dadurch bei der Gemeinde ein gewichtiger Änderungs- oder Berichtigungsbedarf für den Jahresabschluss<br />

entsteht. Gleichwohl wird ein festgestellter Jahresabschluss i.d.R. nicht berichtigt. Vielmehr soll eine<br />

notwendig gewordene Berichtigung eines Jahresabschlusses im nächsten noch nicht bestandskräftig gewordenen<br />

Jahresabschluss der Gemeinde vorgenommen werden. Es kann bei Unwesentlichkeit des aufgetretenen<br />

TEUR


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Fehlers auch ausreichend sein, wenn von der Gemeinde eine Berichtigung erst im nächsten aufzustellenden<br />

Jahresabschluss vorgenommen wird.<br />

Die Fehlerbeseitigung im Jahresabschluss eröffnet für die Gemeinde jedoch nicht die Möglichkeit zu einer nachträglichen<br />

neuen Sachverhaltsgestaltung und einer darauf aufbauenden Berichtigung. Die Gemeinde darf auch<br />

die notwendig gewordene Bilanzänderung nicht dazu nutzen, gemeindliche Geschäftsvorfälle aus dem abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr wieder rückgängig zu machen oder weitere Geschäftsvorfälle über die Berichtigung dem<br />

abgelaufenen Haushaltsjahr zuordnen. Bei ihrer Prüfung der Notwendigkeit und der Form einer Fehlerbeseitigung<br />

hat die Gemeinde auch das Informationsbedürfnis der Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses ausreichend<br />

zu berücksichtigen. Sie hat zudem zu beachten, dass die Änderung eines fehlerfreien Jahresabschlusses,<br />

der den gesetzlichen Anforderungen und den GoB entspricht und vom Rat der Gemeinde festgestellt wurde,<br />

grundsätzlich unzulässig ist.<br />

9.2 Die erneute Feststellung des Jahresabschlusses<br />

Die Änderung eines festgestellten Jahresabschlusses kann z. B. wegen materieller Folgewirkungen oder wegen<br />

wesentlicher Rechtsverstöße erforderlich werden. In solchen Fällen bedarf es einer erneuten Feststellung des<br />

(berichtigten) gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde. Dieser Feststellung muss eine<br />

Prüfung der im Jahresabschluss vorgenommenen Änderungen durch den Rechnungsprüfungsausschuss vorausgehen<br />

(vgl. § 101 GO <strong>NRW</strong>). Über eine solche zusätzliche Prüfung (Änderungsprüfung) ist ein eigenständiger<br />

Prüfungsbericht in Bezug auf den besonderen Prüfungsauftrag und dessen Umfang zu erstellen. Das Ergebnis<br />

dieser Prüfung kann ggf. auch zu einer Änderung des bereits erteilten Bestätigungsvermerks führen.<br />

Der geänderte Jahresabschluss der Gemeinde muss als solcher gekennzeichnet werden, um diese besondere<br />

Gegebenheiten für Dritte als Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses deutlich zu machen. Die vorgenommenen<br />

Änderungen sind im Anhang dieses neuen Jahresabschlusses anzugeben. Dabei sind deren Umfang<br />

und die Notwendigkeit im Einzelnen zu erläutern. In den Fällen jedoch, in denen die vorgenommenen Änderungen<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses keine Auswirkungen auf den Beschluss über die Ergebnisverwendung<br />

und auf die Entlastung des Bürgermeisters haben, ist darüber eine erneute Beschlussfassung als Feststellung<br />

durch den Rat der Gemeinde entbehrlich. Ein geänderter Jahresabschluss der Gemeinde unterliegt aber erneut<br />

der Anzeige an die Aufsichtsbehörde sowie der öffentlichen Bekanntmachung und ist zur Einsichtnahme im vorgesehenen<br />

Zeitrahmen verfügbar zu halten (vgl. § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

10. Die Adressaten des Jahresabschlusses<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft und die Aufgabenerfüllung der Gemeinde lassen sich nach den gemeindlichen<br />

Zielen und nach der Transparenz über die örtliche Umsetzung sowie nach den Adressaten beurteilen. Als<br />

Adressaten sind dabei Gruppen und/oder Personen anzusehen, die durch das haushaltswirtschaftliche Handeln<br />

der Gemeinde beeinflusst werden oder die ein besonderes Interesse an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

haben.<br />

Die Interessen der Adressaten sind aber für die Gemeinde so gewichtig, dass diese in die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

einbezogen werden müssen. Deren Bedeutung für die Gemeinde zeigt sich z.B. daran, dass die<br />

Adressaten an der Aufstellung der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen mitwirken können und die<br />

haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinde ständig zur Einsichtnahme verfügbar sein müssen. Die Gemeinde<br />

hat dabei zu beachten, dass dafür besondere gesetzliche Vorgaben bestehen (vgl. §§ 80, 95 und 116 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Wichtige Adressatengruppen werden nachfolgend näher vorgestellt (vgl. Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 815


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

ADRESSATENKREIS<br />

Der Rat<br />

der Gemeinde<br />

Der Bürgermeister<br />

der Gemeinde<br />

Die Beschäftigten<br />

der Gemeinde<br />

Die Betriebe<br />

der Gemeinde<br />

GEMEINDEORDNUNG 816<br />

INFORMATIONSINTERESSEN<br />

Die Informationen über die gemeindliche Haushaltswirtschaft sind<br />

von der Haushaltsplanung bis zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

und dem Gesamtabschluss eine Grundlage für die Steuerung<br />

der Gemeinde durch den Rat als Träger der Gemeindeverwaltung<br />

(vgl. § 40 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Er ist als gemeindliches<br />

Vertretungsorgan für alle Angelegenheiten der Gemeinde<br />

grundsätzlich zuständig (vgl. § 41 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Dieses gemeindliche Organ nutzt dabei als Gremium auch die<br />

haushaltswirtschaftlichen Informationen gegenüber anderen Adressatengruppen,<br />

z. B. die Daten des gemeindlichen Jahresabschlusses,<br />

um bei Nachfragen der Bürgerinnen und Bürger sowie<br />

gegenüber anderen Dritten, ggf. im Sinne einer Rechenschaft,<br />

sachgerechte Angaben machen zu können. Das Informationsinteresse<br />

des Rates wird aber auch durch die Kontrollaufgabe über die<br />

gemeindliche Verwaltung begründet (vgl. § 55 GO <strong>NRW</strong>). Es<br />

richtet sich auch auf das erzielbare Jahresergebnis aus und dient<br />

aber auch dazu, eine Bilanzpolitik unter Berücksichtigung der<br />

wirtschaftlichen Lage umsetzen zu können.<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ist der Bürgermeister<br />

ein gewichtiger Adressat, denn einerseits ist er verantwortlich<br />

für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs<br />

der gesamten Verwaltung der Gemeinde und hat die Geschäfte zu<br />

leiten und zu verteilen (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits<br />

bedarf es im Rahmen des jährlichen Jahresabschlusses der Entscheidung<br />

der Ratsmitglieder über seine Entlastung wegen der<br />

Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft (vgl. § 96<br />

Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Dadurch besteht beim Bürgermeister ein<br />

erhebliches Informationsbedürfnis, das sich zudem unmittelbar<br />

und mittelbar auf seine Managemententscheidungen auswirken<br />

dürfte. Sein Informationsinteresse richtet sich daher auch auf das<br />

erzielbare Jahresergebnis aus und dient aber auch dazu, eine<br />

eigenständige Bilanzpolitik unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen<br />

Lage umsetzen zu können.<br />

Die Beschäftigten der Gemeinde verfolgen ihre Interessen insbesondere<br />

über ihre gewählten Vertreter und sind gleichzeitig an die<br />

Vorgaben der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gebunden.<br />

Daher besteht i.d.R. ein vielfacher Bedarf der Beschäftigten an<br />

Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde sowie<br />

deren Risiken und Chancen, um persönliche Entscheidungen im<br />

Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis treffen zu können.<br />

Insbesondere in den Fällen der defizitären Haushaltslage einer<br />

Gemeinde dürfte sich das Informationsinteresse der Beschäftigten<br />

ändern, da diese einerseits durch gesetzliche Vorgaben und örtliche<br />

Regelungen in der Ausführung der eigenverantwortlichen<br />

Bewirtschaftung des Haushalts beschränkt werden. Andererseits<br />

sehen sich die Beschäftigten oftmals in ihrer persönlichen Entwicklung<br />

betroffen.<br />

Die gemeindlichen Betriebe stellen ebenfalls Adressaten für die<br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft dar, denn vielfach bestehen<br />

umfangreiche Finanzbeziehungen zwischen der gemeindlichen<br />

Verwaltung und den Betrieben der Gemeinde. Ihre Tätigkeit im<br />

Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung führt zudem dazu,<br />

die Betriebe als ein eigenständiger Adressatenkreis anzusehen<br />

und zu behandeln. Außerdem bilden die Betriebe bei besonderen<br />

haushaltswirtschaftlichen Gegebenheiten, z. B. im Rahmen der


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

ADRESSATENKREIS<br />

Die Bürgerinnen und Bürger<br />

der Gemeinde<br />

Die Aufsichtsbehörde<br />

der Gemeinde<br />

Die Kreditgeber<br />

der Gemeinde<br />

Die Geschäftspartner<br />

der Gemeinde<br />

GEMEINDEORDNUNG 817<br />

INFORMATIONSINTERESSEN<br />

Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses nach § 116<br />

GO <strong>NRW</strong>, noch gesonderte Interessengruppen gegenüber der<br />

gemeindlichen Verwaltung.<br />

Für die gemeindliche Haushaltswirtschaft sind die Bürgerinnen und<br />

Bürger als ein Teil der Bevölkerung in der Gemeinde eine wichtige<br />

Adressatengruppe, denn diese sind zu den Gemeindewahlen<br />

wahlberechtigt (vgl. § 21 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Gegenüber den<br />

Einwohnern und Abgabepflichtigen, die z.B. nach § 80 Absatz 3<br />

GO <strong>NRW</strong> Einwendungen gegen die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

erheben können, ist der Unterschied von nicht erheblicher<br />

Bedeutung. Ein Einwohner ist die Person, die in der Gemeinde<br />

wohnt (vgl. § 21 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Abgabepflichtigen können<br />

dabei Grundbesitzer und Gewerbetreibende sein, die ihren<br />

Wohnsitz aber nicht in der Gemeinde haben müssen. Die Bürgerinnen<br />

und Bürger bestimmen dagegen über ihre Wahlberechtigung<br />

nach den §§ 7 und 8 KWahlG die Zusammensetzung des<br />

Rates der Gemeinde, der für alle Angelegenheiten der Gemeinde<br />

und damit auch für die gemeindliche Haushaltswirtschaft grundsätzlich<br />

zuständig ist (vgl. § 41 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Nach der Gemeindeordnung soll die Aufsicht des Landes die<br />

Gemeinde in ihren Rechten schützen und die Erfüllung der Pflichten<br />

sichern (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde hat daher<br />

die Aufgabe die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung der Gemeinde<br />

zu überwachen. Die Einbeziehung der Aufsichtsbehörde in die<br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft wird durch eine Vielzahl von<br />

Bestimmungen festgelegt, z.B. durch die Anzeige des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses nach § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>. Besonders<br />

aber in den Fällen einer defizitären Haushaltslage der Gemeinde,<br />

die ggf. zur Verringerung der allgemeinen Rücklage und damit ggf.<br />

zu einem Haushaltssicherungskonzept führt, ist die Tätigkeit der<br />

Aufsichtsbehörde gefordert (vgl. § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die<br />

Aufsichtsbehörde der Gemeinde gehört daher zu den wichtigsten<br />

Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses als Teil der<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde. Sie hat zudem zu berücksichtigen,<br />

dass der gemeindliche Jahresabschluss nicht Gegenstand<br />

der überörtlichen Prüfung nach § 105 GO <strong>NRW</strong> ist.<br />

Die Gemeinde darf im Rahmen ihrer Investitionstätigkeit Kredite<br />

aufnehmen, wenn die daraus übernommenen Verpflichtungen mit<br />

der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde in Einklang stehen<br />

(vgl. § 86 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Sie kann auch zur Sicherung<br />

der rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten<br />

Höchstbetrag aufnehmen, soweit dafür keine anderen Mittel zur<br />

Verfügung stehen (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Banken und<br />

Sparkassen sowie die Kreditinstitute sind daher ein potentielles<br />

Interessente an Informationen über die wirtschaftliche Lage der<br />

Gemeinde, über ihre Haushaltsplanung sowie über den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss und die künftigen Risiken und Chancen.<br />

Dieses Interesse ist noch dadurch verstärkt worden, dass die<br />

Banken als Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet<br />

sind, ihre Kunden, also auch die Gemeinde, anhand der gesetzlich<br />

vorgegebenen Kriterien zu klassifizieren. Diese Einstufung hat<br />

Auswirkungen auf die Bankleistungen gegenüber der Gemeinde.<br />

Die Geschäftspartner der Gemeinde, zu denen nicht nur die Lieferanten,<br />

sondern auch die Bürgerinnen und Bürger als Kunden zu<br />

zählen sind, erbringen Leistungen für die Gemeinde oder nehmen<br />

gemeindliche Leistungen in Anspruch. Bereits der gemeindliche<br />

Haushaltsplan kann dabei unter Berücksichtigung seiner Produkto-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

ADRESSATENKREIS<br />

Die sonstige<br />

Öffentlichkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 818<br />

INFORMATIONSINTERESSEN<br />

rientierung einen Einblick in das Leistungsspektrum der Gemeinde<br />

bieten. Die Lieferanten als Geschäftspartner der Gemeinde haben<br />

daher regelmäßiges Interesse an Informationen über die wirtschaftlichen<br />

Lage der Gemeinde und den künftigen Risiken und<br />

Chancen. Sie richten dabei ihren Blick vielfach auch auf den Zahlungsverkehr<br />

der Gemeinde, um feststellen zu können, ob und in<br />

welchen Umfang sie ggf. statusmäßig wie kurzfristige Kapitalgeber<br />

fungieren müssen.<br />

Die Öffentlichkeit als Adressat der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

beinhaltet in dieser Form auch einige der bereits zuvor<br />

benannten Interessengruppen, z. B. die Bürgerinnen und Bürger.<br />

Sie umfasst insgesamt jedoch eine unbestimmbare Zahl von<br />

Interessengruppen und Personen, die sich jeweils auch aus spezifischen<br />

Interessen heraus sich über das haushaltswirtschaftliche<br />

Handeln der Gemeinde und die sich daraus ergebenden finanziellen<br />

Wirkungen informieren wollen.<br />

Abbildung 165 „Die Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses“<br />

Bei den Adressaten können insbesondere auch finanziell geprägte Beziehungen zur Gemeinde bestehen, weil sie<br />

Ansprüche auf gemeindliche Leistungen haben, z. B. im Rahmen der sozialen Sicherung. Die ortsbezogenen<br />

Lebensverhältnisse der Adressaten können ebenfalls ein Anlass sein, den Finanzbedarf für die gemeindliche<br />

Aufgabenerfüllung unmittelbar erfahren, z. B. als Grundsteuerpflichtige. Die Adressaten können auch in anderen<br />

Geschäftsbeziehungen mit der Gemeinde stehen, z. B. als Kreditgeber. Der Adressatenkreis besteht daher aus<br />

einer unbestimmten Zahl von Interessengruppen und Personen mit unterschiedlichen Informationsbedürfnissen<br />

und Transparenzansprüchen.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Inhalte des Jahresabschlusses):<br />

1.1.1 Allgemeine Sachlage<br />

In der Haushaltswirtschaft der Gemeinde kommt dem gemeindlichen Jahresabschluss eine große Bedeutung zu,<br />

denn damit ist das Ergebnis der Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres nachzuweisen und die<br />

wirtschaftliche Lage der Gemeinde aufzuzeigen. Nach der haushaltsrechtlichen Vorschrift besteht der gemeindliche<br />

Jahresabschluss aus der Ergebnisrechnung, der Finanzrechnung, den Teilrechnungen, der Bilanz und dem<br />

Anhang. Ihm ist zudem ein Lagebericht beizufügen. Die im gemeindlichen Jahresabschluss anzugebenden Beträge<br />

müssen als Geldeinheiten dargestellt und in Euro als gesetzliche Währung angeben werden, auch wenn<br />

darüber keine ausdrückliche haushaltsrechtliche Regelung besteht.<br />

Bei der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses sind von der Gemeinde aber auch alle Tatbestände<br />

und Geschäftsvorfälle, bis zum Abschlussstichtag (31. Dezember) des abgelaufenen Haushaltsjahres zu berücksichtigen.<br />

Es ist offen zu legen, welcher Einfluss daraus auf das gemeindliche Jahresergebnis und die Bestandteile<br />

des Jahresabschlusses besteht. Die Bestandteile des gemeindlichen Jahresabschlusses werden nachfolgend<br />

aufgezeigt (vgl. Abbildung).


ERGEBNIS-<br />

RECHNUNG<br />

In der Ergebnisrechnung<br />

werden die im<br />

Haushaltsjahr erzielten<br />

Erträge und<br />

entstandenen Aufwendungennachgewiesen.<br />

Sie informiert<br />

dadurch über das<br />

gemeindliche Ressourcenaufkommen<br />

und den Ressourcenverbrauch<br />

sowie<br />

über das daraus<br />

entstandene Jahresergebnis.<br />

Wegen der<br />

in der Ergebnisrechnung<br />

enthaltenen<br />

Ergebnisspaltung ist<br />

zudem zwischen<br />

ordentlichen und<br />

außerordentlichen<br />

Erträgen und Aufwendungen<br />

zu trennen<br />

sowie das Ergebnis<br />

entsprechend<br />

aufzuspalten.<br />

LAGEBERICHT<br />

Weitere örtliche Anlagen:<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Bestandteile des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

FINANZ-<br />

RECHNUNG<br />

In der Finanzrechnung<br />

werden die im<br />

Haushaltsjahr eingegangenenEinzahlungen<br />

und geleisteten<br />

Auszahlungen<br />

erfasst. Sie informiert<br />

über die Finanzmittelherkunft<br />

und Finanzmittelverwendung<br />

getrennt nach<br />

den Bereichen „LaufendeVerwaltungstätigkeit“,„Investitionstätigkeit“<br />

und „Finanzierungstätigkeit“.<br />

TEIL-<br />

RECHNUNGEN<br />

Mit den produktorientiertenTeilrechnungen<br />

werden Nachweise<br />

über die Ausführung<br />

der gemeindlichenHaushaltswirtschaft<br />

nach den in<br />

den Teilplänen im<br />

Haushaltsplan enthaltenenErmächtigungen<br />

und sonstigenLeistungsangaben<br />

erbracht. Sie<br />

sind nicht getrennt<br />

nach Ergebnisrechnung<br />

und Finanzrechnungaufzustellen,<br />

sondern stellen<br />

ein aufgabenbezogenes<br />

Gesamtbild dar.<br />

GEMEINDEORDNUNG 819<br />

BILANZ<br />

Die Bilanz ist eine<br />

Gegenüberstellung<br />

von Vermögen (Aktivseite)<br />

und den<br />

Finanzierungsmitteln<br />

(Passivseite) und<br />

eine auf den jährlichenAbschlussstichtag<br />

bezogene Zeitpunktrechnung.<br />

Mit<br />

der Bilanz soll stichtagsbezogen<br />

ein Bild<br />

über die Vermögens-<br />

und Schuldenlage<br />

der Gemeinde vermittelt<br />

werden. Die<br />

Gliederung der Bilanz<br />

erfolgt sowohl auf der<br />

Aktivseite als auch<br />

auf der Passivseite<br />

nach Fristigkeiten.<br />

Abbildung 166 „Die Bestandteile des gemeindlichen Jahresabschlusses“<br />

ANHANG<br />

Der Anhang als<br />

fünftes Element des<br />

Jahresabschlusses<br />

enthält insbesondere<br />

Erläuterungen zu<br />

einzelnen Bilanzposten<br />

und den Positionen<br />

der Ergebnisrechnung.<br />

Ihm sind<br />

ein Anlagenspiegel<br />

nach § 45 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong>, ein Forderungsspiegel<br />

nach §<br />

46 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

und ein Verbindlichkeitenspiegel<br />

§ 47<br />

GemHVO <strong>NRW</strong><br />

beizufügen.<br />

Die Bestandteile des gemeindlichen Jahresabschlusses und deren Inhalte sowie die Anlagen sind im siebten<br />

Abschnitt der Gemeindehaushaltsverordnung näher bestimmt worden (vgl. §§ 37 ff. GemHVO <strong>NRW</strong>). Vielfach<br />

bestehen dabei unmittelbare Beziehungen zur gemeindlichen Haushaltsplanung, denn für die Ergebnisrechnung<br />

besteht der jahresbezogene Ausgangspunkt im Ergebnisplan und für die Finanzrechnung im Finanzplan sowie für<br />

die produktorientierten Teilrechnungen in den entsprechenden Teilplänen.<br />

1.1.2 Der Begriff „Schluss des Haushaltsjahres“<br />

Nach der Vorschrift hat die Gemeinde zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres einen haushaltsrechtlich bestimmten<br />

Jahresabschluss aufzustellen, in dem das Ergebnis der Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

und die aktuelle wirtschaftliche Lage der Gemeinde nachzuweisen sind. Als Schluss des Haushaltsjahres<br />

gilt dabei der letzte Tag des abgelaufenen Haushaltsjahres. Durch die haushaltsrechtlichen Vorschriften<br />

wird dazu bestimmt, dass das gemeindliche Haushaltsjahr dem Kalenderjahr entspricht (vgl. § 78 Absatz 4 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Mit dem letzten Tag des Kalenderjahres endet dadurch auch das gemeindliche Haushaltsjahr. Der 31.<br />

Dezember als letzter Tag eines Kalenderjahres stellt damit den gemeindlichen Abschlussstichtag des Haushaltsjahres<br />

dar, für das anschließend von der Gemeinde ein Jahresabschluss aufzustellen ist.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Schluss des Haushaltsjahres bzw. der gemeindliche Abschlussstichtag ist dabei aber auch entscheidend für<br />

die ggf. vorzunehmende aktive und passive Rechnungsabgrenzung. Die Gemeinde soll ihre Erträge und Aufwendungen<br />

periodengerecht dem Haushaltsjahr zuordnen, dem die gemeindlichen Erträge und Aufwendungen wirtschaftlich<br />

zuzurechnen sind (vgl. § 11 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie hat die eingehenden oder zu leistenden Zahlungen<br />

aber nur unter Beachtung des Liquiditätsänderungsprinzips zu erfassen. Die für andere Haushaltsjahre erfolgten<br />

Zahlungen müssen daher im Rahmen der Rechnungsabgrenzung entsprechend verteilt werden. Der Schluss des<br />

gemeindlichen Haushaltsjahres ist außerdem mit dem Schluss des Wirtschaftsjahres vieler gemeindlicher Betriebe<br />

identisch, weil bei diesen Betrieben das eigene Wirtschaftsjahr gleich dem Kalenderjahr ist.<br />

1.1.3 Das Stichtagsprinzip<br />

Im Rahmen der gesetzlich bestimmten Aufstellung des Jahresabschlusses ist durch die Gemeinde auch das<br />

Stichtagsprinzip zu beachten. Es besagt, dass im gemeindlichen Jahresabschluss die Geschäftsvorfälle der Gemeinde<br />

und örtlichen Sachverhalte zu berücksichtigen sind, die bezogen auf den Abschlussstichtag (31. Dezember)<br />

aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr vorliegen. Durch das Stichtagsprinzip sind daher dem gemeindlichen<br />

Jahresabschluss die wirtschaftlichen Verhältnisse zugrunde zu legen, die bei der Gemeinde zum letzten Tag des<br />

Haushaltsjahres (31. Dezember) bestehen. Im gemeindlichen Jahresabschluss sind ggf. aber auch noch Erkenntnisse<br />

über wirtschaftliche Verhältnisse zu berücksichtigen, die erst nach dem Abschlussstichtag bekannt<br />

werden.<br />

Bei der Klärung der Frage, welche Informationen im gemeindlichen Jahresabschluss berücksichtigt werden können,<br />

ist das Wertaufhellungsprinzip zu beachten. Die Anwendung dieses Prinzips soll sicherstellen, dass sämtliche<br />

am Abschlussstichtag objektiv bestehenden Tatsachen von der Gemeinde bei der Aufstellung ihres Jahresabschlusses<br />

berücksichtigt werden. Dagegen sind nachträgliche örtliche Entwicklungen, welche den wirtschaftlichen<br />

Stand der Gemeinde zum Abschlussstichtag verändern, als wertbegründende oder wertbeeinflussende<br />

Tatbestände anzusehen. Sie sind nicht in den gemeindlichen Jahresabschluss einzubeziehen, denn diese würden<br />

das objektiv abzugebende Bild verfälschen, weil sich die gemeindlichen Verhältnisse zum Abschlussstichtag<br />

dann nicht mehr so zeigen, wie diese objektiv waren.<br />

1.1.4 Das Jahresergebnis der Haushaltswirtschaft<br />

Im gemeindlichen Jahresabschluss hat die Gemeinde auch das erzielte Jahresergebnis ihres wirtschaftlichen<br />

Handelns im abgelaufenen Haushaltsjahr durch ihre Ergebnisrechnung aufzuzeigen. Das gemeindliche Jahresergebnis<br />

wird dabei nach festgelegten haushaltsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Regeln und Grundsätzen<br />

ermittelt. Es umfasst die ordentlichen Erträge und Aufwendungen und die Finanzerträge und Finanzaufwendungen<br />

sowie die außerordentlichen Erträge und Aufwendungen. Der Ausweis erfolgt als Saldogröße in der gemeindlichen<br />

Ergebnisrechnung und wird in die gemeindliche Bilanz übernommen (vgl. §§ 38 und 41 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

In der gemeindlichen Ergebnisrechnung wird das Jahresergebnis entweder als Jahresüberschuss (Die Erträge<br />

sind höher als die Aufwendungen) oder als Jahresfehlbetrag (Die Aufwendungen sind höher als die Erträge)<br />

ausgewiesen. Sie bildet dabei das durch die Haushaltswirtschaft der Gemeinde erzielte Ressourcenaufkommen<br />

sowie den Ressourcenverbrauch unter Beachtung des Grundsatzes der Gesamtdeckung nach § 20 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> ab. Das in der Ergebnisrechnung enthaltene Jahresergebnis zeigt gleichzeitig auf, ob die Gemeinde ihre<br />

Verpflichtung zum Haushaltausgleich erfüllt hat.<br />

GEMEINDEORDNUNG 820


1.1.5 Der Begriff „Haushaltsjahr“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

In der haushaltsrechtlichen Vorschrift wird unter Berücksichtigung des Jährlichkeitsprinzips ausdrücklich be-<br />

stimmt, dass das Haushaltsjahr das Kalenderjahr ist (vgl. § 78 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). Das gemeindliche Haushaltsjahr<br />

umfasst deshalb den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember eines Jahres. Dieser Zeitraum ist von der<br />

Gemeinde ihrer gemeindlichen Haushaltswirtschaft als Geschäftsjahr zugrunde zu legen. Dadurch ist auch die<br />

Ausführung des gemeindlichen Haushalts auf einen Zeitraum von zwölf Monaten ausgerichtet.<br />

Die gemeindliche Haushaltssatzung enthält in ihrer vom Rat der Gemeinde beschlossenen Fassung entsprechende<br />

zeitliche Festlegungen. Die vorgegebene zeitliche Deckung des Haushaltsjahres mit dem Kalenderjahr<br />

bestimmt die periodengerechte Zuordnung von Erträgen und Abwendungen der Gemeinde und die zeitbezogene<br />

Erfassung der gemeindlichen Einzahlungen und Auszahlungen. Nach Ablauf des gemeindlichen Haushaltsjahres<br />

muss eine inhaltliche und zeitliche haushaltsbezogene Abrechnung durch die Gemeinde durch einen Jahresabschluss<br />

erfolgen (vgl. § 95 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine Übereinstimmung der haushaltswirtschaftlichen Periode des gemeindlichen Haushalts besteht mit den sonstigen<br />

öffentlichen Haushalten sowie mit dem Steuerjahr und dem in der Privatwirtschaft üblichen Wirtschaftsjahr,<br />

das auch dort regelmäßig dem Kalenderjahr entspricht. Auch in der Forstwirtschaft besteht gegenüber dem gemeindlichen<br />

Haushaltsjahr derzeit kein abweichendes Wirtschaftsjahr (vgl. § 34 LFoG <strong>NRW</strong>). Die Übereinstimmung<br />

des Haushaltsjahres mit dem Kalenderjahr besteht daher auch bei den meisten gemeindlichen Betrieben,<br />

die im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses zu konsolidieren sind.<br />

Die Betriebe der Gemeinde, die nach dem Handelsrecht Rechnung legen, können zwar eigenverantwortlich ihr<br />

Geschäftsjahr in zeitlicher Hinsicht festlegen. Es wird jedoch als Wirtschaftsjahr regelmäßig das Kalenderjahr<br />

bestimmt, sodass bei den Betrieben das Geschäftsjahr die gleiche Periode umfasst, wie sie für die gemeindliche<br />

Verwaltung festgelegt worden ist. Ein gleiches Geschäftsjahr von gemeindlicher Verwaltung und gemeindlichen<br />

Betrieben erleichtert die Aufstellung des Gesamtabschlusses durch die Gemeinde, zumal dafür der Abschlussstichtag<br />

der gemeindlichen Verwaltung ausschlaggebend ist.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Aufgabe des Jahresabschlusses):<br />

1.2.1 Allgemeine Vorgaben<br />

Die Vorschrift verpflichtet die Gemeinde als Rechtsperson zur Aufstellung eines Jahresabschlusses. Diese Pflicht<br />

kann dabei nicht alle vorhandenen Geschäftszweige der Gemeinde umfassen. Sie kann sich wegen der Einordnung<br />

der Vorschrift in den 8. Teil der Gemeindeordnung nur auf den organisatorischen Hauptgeschäftszweig<br />

„Gemeindliche Verwaltung“ beziehen, der örtlich verantwortlichen Organisationseinheit für die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft. Die weiteren ohne eigene Rechtspersönlichkeit, aber organisatorisch selbstständigen Einheiten<br />

der Gemeinde, z. B. die wirtschaftlichen Unternehmen nach § 114 GO <strong>NRW</strong> oder die organisatorisch verselbstständigten<br />

Einrichtungen nach § 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>, sind daher in den Jahresabschluss nach dieser<br />

Vorschrift nicht einzubeziehen. Vielmehr sind für diese gemeindlichen Einheiten eigenständige Jahresabschlüsse<br />

von der Gemeinde als Rechtspersönlichkeit bzw. der dafür verantwortlichen Organisationseinheit aufzustellen.<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss hat in diesem Zusammenhang die besondere Aufgabe, das Ergebnis des<br />

wirtschaftlichen Handelns der Gemeinde im abgelaufenen Haushaltsjahr nach festgelegten haushaltsrechtlichen<br />

und betriebswirtschaftlichen Regeln und unter Beachtung der haushaltsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen<br />

Grundsätze aufzuzeigen. Er baut außerdem auf der jährlichen Haushaltssatzung und dem Haushaltsplan der<br />

Gemeinde auf (vgl. § 78 GO <strong>NRW</strong>). Der gemeindliche Jahresabschluss hat deshalb nach der Vorschrift unter<br />

Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde zu vermitteln. Er soll dadurch Rechen-<br />

GEMEINDEORDNUNG 821


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

schaft über die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufgabenerledigung<br />

und der Einhaltung des Haushaltsplans geben sowie ein zutreffendes Bild über die wirtschaftliche<br />

Lage und eine Einschätzung über die künftig mögliche Entwicklung der Gemeinde enthalten. Dabei ist auch<br />

der Grundsatz der Wesentlichkeit immer dann anzuwenden, wenn dadurch der Einblick in die Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde verbessert wird. Der notwendige Abwägungsprozess ist von<br />

der Gemeinde unter Berücksichtigung der vorliegenden örtlichen Gegebenheiten vorzunehmen.<br />

In diesem Zusammenhang ist für die Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses zu beachten, dass durch<br />

die gemeindliche Haushaltssatzung bei einem besonderen örtlichen Bedarf ggf. auch Festsetzungen für zwei<br />

Haushaltsjahre getroffen werden können (vgl. § 78 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). In einem solchen Fall müssen gleichwohl<br />

jahresbezogene Festsetzungen getroffen werden, sodass dann auch der gemeindliche Jahresabschluss entsprechend<br />

für jedes Haushaltsjahr jahresbezogen aufzustellen ist und ein zutreffendes Bild über die wirtschaftliche<br />

Lage der Gemeinde in diesem Zeitraum abzugeben hat. Für die Gemeinde ist es bei einer zweijährigen Haushaltssatzung<br />

nicht zulässig, für beide Haushaltsjahre eine einzige Rechnungsperiode zu bilden und entsprechend<br />

nur einen gemeindlichen Jahresabschluss aufzustellen.<br />

Die Vorschrift kann daher insgesamt als ein allgemein geltender Rechnungslegungsgrundsatz für die Gemeinde<br />

betrachtet werden, die als Generalnorm die Vorlage eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes<br />

der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde durch den gemeindlichen Jahresabschluss gewährleisten soll.<br />

1.2.2 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)<br />

1.2.2.1 Das Regelsystem der GoB<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht stellt die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung in einen Zusammenhang<br />

mit den gesetzlichen Vorschriften über den Jahresabschluss der Gemeinde. Die GoB sind ein gesetzlich verankertes<br />

Regelungssystem, stehen auch für die Gemeinde nicht über dem Gesetz. Sie können sich als unbestimmter<br />

Rechtsbegriff nur im Rahmen der gesetzlichen Regelungen und unter Beachtung von Sinn und Zweck des<br />

Gesetzes oder einzelner Vorschriften weiter entwickeln. Folgende allgemeine Grundsätze gelten als Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger Buchführung (vgl. Abbildung).<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)<br />

GRUNDSATZ<br />

Grundsatz<br />

der Vollständigkeit<br />

Grundsatz<br />

der Richtigkeit<br />

und Willkürfreiheit<br />

GEMEINDEORDNUNG 822<br />

INHALTE DES GRUNDSATZES<br />

In der Buchführung sind alle Geschäftsvorfälle sowie die Vermögens-<br />

und Schuldenlage vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet<br />

zu erfassen und zu dokumentieren. Daraus folgt das Erfordernis<br />

des systematischen Aufbaus der Buchführung unter Aufstellung<br />

eines Kontenplans, das Prinzip der vollständigen und verständlichen<br />

Aufzeichnung sowie das Belegprinzip, d. h. die Grundlage für<br />

die Richtigkeit der Buchung bildet den Buchungsbeleg mit der<br />

Festlegung „Keine Buchung ohne Beleg.“ Dazu zählt auch die<br />

Einhaltung der vorgesehenen Aufbewahrungsfristen.<br />

Die Aufzeichnungen über die Geschäftsvorfälle durch die Gemeinde<br />

müssen die Realität möglichst genau abbilden, sodass die Informationen<br />

daraus begründbar und nachvollziehbar sowie objektiv richtig<br />

und willkürfrei sind. Sie müssen sich in ihren Aussagen mit den<br />

zugrunde liegenden Dokumenten decken und der Buchführungspflichtige<br />

bestätigen kann, dass die Buchführung eine getreue<br />

Dokumentation seiner Geschäftsvorfälle nach den rechtlichen<br />

Bestimmungen und den GoB erfolgt.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)<br />

GRUNDSATZ<br />

Grundsatz<br />

der Verständlichkeit<br />

Grundsatz<br />

der Aktualität<br />

Grundsatz<br />

der Relevanz<br />

Grundsatz<br />

der Stetigkeit<br />

Grundsatz<br />

des Nachweises der<br />

Recht- und Ordnungsmäßigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 823<br />

INHALTE DES GRUNDSATZES<br />

Die Informationen des Rechnungswesens sind für den Rat und die<br />

Bürger als Öffentlichkeit so aufzubereiten und verfügbar zu machen,<br />

dass die wesentlichen Informationen über die Vermögens-<br />

und Schuldenlage klar ersichtlich und verständlich sind.<br />

Es ist ein enger zeitlicher Bezug zwischen dem Zeitraum, über den<br />

Rechenschaft gegeben wird, und der Veröffentlichung der Rechenschaft<br />

herzustellen.<br />

Das Rechnungswesen muss die Informationen bieten, die zur<br />

Rechenschaft notwendig sind, sich jedoch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit<br />

und Verständlichkeit auf die relevanten Daten beschränken.<br />

Dabei soll der Aufwand der Informationsbeschaffung in<br />

einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen der Informationsbereitstellung<br />

stehen.<br />

Die Grundlagen des Rechnungswesens, insbesondere die Methoden<br />

für Ansatz und Bewertung des Vermögens, sollen in der Regel<br />

unverändert bleiben, sodass eine Stetigkeit im Zeitablauf erreicht<br />

wird. Notwendige Anpassungen sind besonders kenntlich zu machen.<br />

Im Jahresabschluss ist über die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der<br />

Haushaltswirtschaft Rechenschaft abzulegen.<br />

Abbildung 167 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“<br />

Als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ist daher jedes Verfahren und jede Methode anzuerkennen, die<br />

dazu führen, dass gesetzliche Regelungen im Einzelfall ihrem Sinn und Zweck entsprechend angewandt werden.<br />

Die GoB sollen sicherstellen, dass ein sachverständiger Dritter sich in einer angemessenen Zeit einen Überblick<br />

über die Aufzeichnung von Buchungsvorfällen und von Vermögens- und Schuldenposten verschaffen kann und<br />

diesem Dritten ein qualifizierter Einblick in die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />

möglich ist. Es sollen aber durch die GoB auch Manipulationsmöglichkeiten verhindert werden.<br />

Die Auslegung der GoB durch Rechtsprechung und Literatur sorgt mittelbar für eine dynamische Anpassung des<br />

Rechts über die gemeindliche Rechnungslegung an die aktuellen nationalen und internationalen Entwicklungen,<br />

soweit nicht die Grundsätze durch das gemeindliche Haushaltsrecht kodifiziert wurden. Bei einer rechtlichen Ausgestaltung<br />

bedarf es dann wegen der eingetretenen Weiterentwicklungen ggf. einer Überprüfung, ob die Weiterentwicklungen<br />

für eine Übernahme ins gemeindliche Haushaltsrecht in Betracht gezogen werden können und ggf.<br />

dann ein landesrechtlich dafür vorgesehenes Anpassungs- bzw. Änderungsverfahren erfolgen soll.<br />

1.2.2.2 Die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze<br />

Für den gemeindlichen Jahresabschluss haben auch die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze eine wichtige<br />

Rolle. Sie bilden dabei einen Teil der GoB und durch die Grundsätze sollen zudem Manipulationsmöglichkeiten<br />

verhindert werden. Die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze und lassen sich in folgende Grundsätze untergliedern<br />

(vgl. Abbildung).


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze<br />

GRUNDSATZBEREICHE<br />

Allgemein<br />

geltende Grundsätze<br />

Bilanzierungs-<br />

grundsätze<br />

Bewertungs-<br />

grundsätze<br />

GEMEINDEORDNUNG 824<br />

GRUNDSÄTZE<br />

- Grundsatz der Bilanzidentität;<br />

- Grundsatz der Bilanzkontinuität,<br />

- Grundsatz der Wesentlichkeit,<br />

- Grundsatz der Wirtschaftlichkeit,<br />

- Aktivierungsgrundsatz,<br />

- Passivierungsgrundsatz,<br />

- Grundsatz der Vollständigkeit,<br />

- Grundsatz des Saldierungsverbots,<br />

- Grundsatz der Pagatorik,<br />

- Grundsatz der stichtagsbezogenen Bewertung,<br />

- Grundsatz der Einzelbewertung<br />

- Grundsatz der Vorsicht, auch als<br />

- Realisationsprinzip,<br />

- Imparitätsprinzip,<br />

- Niederstwertprinzip,<br />

- Höchstwertprinzip,<br />

- Grundsatz der Bewertungsstetigkeit.<br />

Abbildung 168 „Die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze“<br />

Jeder dieser Grundsätze soll sicherstellen, dass ein sachverständiger Dritter sich in einer angemessenen Zeit<br />

einen Überblick über die Aufzeichnung von gemeindlichen Geschäftsvorfällen und von Vermögens- und Schuldenposten<br />

verschaffen kann. Es muss ihm ein qualifizierter Einblick in die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und<br />

Finanzlage der Gemeinde möglich sein.<br />

1.2.2.3 Die sachgerechte Anwendung der Grundsätze<br />

Die sachgerechte Anwendung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung unter Beachtung ihrer qualitativen<br />

Merkmale durch die Gemeinde führt grundsätzlich zu einer wirklichkeitsgetreuen Darstellung ihrer Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage. Soweit sich die örtlichen Entscheidungen an diesen Grundsätzen orientieren,<br />

entstehen relevante, verlässliche und verständliche Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde.<br />

Die Gliederungsvorschriften zur gemeindlichen Bilanz sind unter Beachtung der Grundsätze „Klarheit“ und „Übersichtlichkeit“<br />

konkretisiert worden, um diese Erfordernisse sicherzustellen (vgl. § 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Bewertungsvorschriften<br />

in den §§ 32 bis 36, 42 und 43 GemHVO <strong>NRW</strong> prägen dabei z. B. das Vorsichtsprinzip für die<br />

Gemeinde weiter aus.<br />

Die für die Gemeinde wichtigen GoB sind durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz nicht grundsätzlich verändert<br />

worden, z. B. das Realisationsprinzip. Die GoB können daher von der Gemeinde weiterhin unverändert<br />

angewendet werden. Im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft können sich gleichwohl aber auch Zielkonflikte<br />

ergeben. Es ist dann bei der örtlichen Anwendung notwendig, eine Abwägung zwischen den konkurrierenden<br />

Sachverhalten unter Beachtung der o.a. Grundsätze vorzunehmen. In den Fällen, in denen es dabei auch<br />

einer Auslegung der GoB bedarf, sind i.d.R. die juristischen Auslegungskriterien heranzuziehen.<br />

Es ist dazu aber nicht im Einzelnen festgelegt worden, was sachangemessen erforderlich sein muss, um die<br />

gemeindliche Tätigkeit im jeweils betroffenen Produktbereich oder nach ihrer Aufgabe beurteilen zu können.<br />

Allgemein wird davon auszugehen sein, dass ein sachverständiger Dritter ausreichende Kenntnisse über die


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft der Gemeinde besitzen muss, damit er die Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft und deren Ergebnis im gemeindlichen Jahresabschluss verstehen und beurteilen sowie eine<br />

Entscheidung treffen kann. Die Beurteilung kann wird dabei u.a. auch von der Größe und Komplexität der gemeindlichen<br />

Buchführung einschließlich der Art der örtlichen DV-Buchführung abhängig sein.<br />

1.2.3 Die „Generalnorm“<br />

1.2.3.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die Regelung in der Vorschrift, dass der gemeindliche Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermitteln muss, stellt die<br />

gemeindliche „Generalnorm“ für die Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses der Gemeinde im Zusammenhang<br />

mit der gemeindlichen Aufgabenerfüllung dar. Unter Berücksichtigung dieser Norm sind Zweifelsfragen<br />

bei der Auslegung und Anwendung von haushaltsrechtlichen Einzelvorschriften zu klären. Sie ersetzt<br />

dadurch aber nicht die einzelnen haushaltsrechtlichen Bestimmungen. Gleichwohl kann sie im Einzelfall bewirken,<br />

dass die Gemeinde z. B. im Anhang nach § 44 GemHVO <strong>NRW</strong> weitere Informationen über wichtige örtliche<br />

Sachverhalte geben muss oder einzelne Informationen als unwesentlich angesehen werden können.<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss soll zudem die von ihm gesetzlich geforderte Aussagekraft hinsichtlich der<br />

Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde als ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde möglichst zutreffend erreichen. Die tatsächlichen wirtschaftlichen<br />

Verhältnisse sind daher von der Gemeinde, bezogen auf den Abschlussstichtag des Haushaltsjahres,<br />

objektiv festzustellen und aufzuzeigen. Es besteht zudem bei der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage<br />

als den vier einzelnen besonderen Bereichen für die Darstellung der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde<br />

keine Rangfolge. Der gemeindliche Jahresabschluss muss insgesamt ein entsprechendes Bild der wirtschaftlichen<br />

Lage der Gemeinde vermitteln können und nicht nur einzelner „Teillagen“ bzw. Bereiche.<br />

Die Gemeinde hat deshalb dafür Sorge zu tragen, dass im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses keiner<br />

dieser Bereiche zugunsten anderer Bereiche vernachlässigt wird. Die im gemeindlichen Jahresabschluss geforderte<br />

Betrachtung und Bewertung der Vermögenslage, der Schuldenlage, der Ertragslage und der Finanzlage<br />

darf nicht nur jeweils für sich im Einzelnen erfolgen. Die gemeindlichen "Teillagen" müssen von der Gemeinde<br />

auch zu einem Gesamtbild zusammengeführt werden, denn sie sind als gleichwertig zu betrachten und unmittelbar<br />

eng miteinander verknüpft. Keine dieser gemeindlichen „Teillagen“ hat daher eine höhere Wertigkeit als die<br />

anderen „Teillagen“.<br />

Es bietet sich für die Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses an, diese Teillagen wegen ihrer gleichen<br />

Bedeutung und ihrer unmittelbaren Verknüpfung miteinander entsprechend ihrer Aufzählung in der Vorschrift zu<br />

beurteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich erst aus der Gesamtbetrachtung das Bild der wirtschaftlichen<br />

Lage der Gemeinde bezogen auf den Abschlussstichtag ergibt. Das Zusammenwirken und die Bindungen der<br />

„Teillagen“ werden im Drei-Komponentensystem des NKF durch die Bilanz, die Ergebnisrechnung und die Finanzrechnung<br />

wiedergegeben.<br />

1.2.3.2 Der Begriff „tatsächliche Verhältnisse“<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss muss unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorschriften und der GoB ein<br />

den tatsächlichen Verhältnissen der Gemeinde entsprechendes Bild vermitteln. Erst dadurch entsteht die notwendige<br />

Aussagekraft des Jahresabschlusses der Gemeinde. Dafür ist es erforderlich, die bei der Gemeinde<br />

maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse im Haushaltsjahr sorgfältig im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses zu ermitteln und zu beurteilen. Unter den „tatsächlichen Verhältnissen“ im Sinne der<br />

GEMEINDEORDNUNG 825


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Vorschrift sind i.d.R. die ökonomischen Gegebenheiten der Gemeinde zu erfassen, einschließlich aller örtlichen<br />

Belange und Umstände, die sich darauf auswirken.<br />

Bei der Auslegung des Begriffes kann zudem nicht allein auf das Rechnungswesen der Gemeinde abgestellt<br />

werden. Es sind vielmehr eine Vielzahl von örtlichen und überörtlichen Faktoren zu berücksichtigen, die auf das<br />

wirtschaftliche Handeln und das wirtschaftliche Umfeld der Gemeinde einen Einfluss haben. Von der Gemeinde<br />

ist deshalb u.a. abzuwägen, welche Relevanz den einzelnen Gegebenheiten in Bezug auf ihre Haushaltswirtschaft<br />

zu kommt. Sie hat deshalb zu versuchen, insgesamt ein möglichst objektives Ergebnis in Bezug auf ihre<br />

Haushaltswirtschaft zu ermitteln. In diesem Zusammenhang ist es sachlich geboten, dass die Gemeinde bedarfsgerecht<br />

erläutert, von welchem Standpunkt aus die Betrachtung erfolgt ist und in welcher Art und Weise die adressatenbezogenen<br />

Informationen zusammengestellt worden sind.<br />

1.2.3.3 Der Begriff „Vermögenslage“<br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Vermögenslage“, für den es<br />

keine gesetzliche Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, an der kaufmännischen Auslegung.<br />

Diese Art bestimmt damit auch die Regelungen für die gemeindlichen Vermögensgegenstände, die auf der Aktivseite<br />

der Bilanz der Gemeinde anzusetzen sind (vgl. z.B. §§ 33 und 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Zudem ist bei der Auslegung<br />

zu berücksichtigen, dass im allgemeinen Wirtschaftsleben ein Wirtschaftsgut dadurch als Vermögensgegenstand<br />

charakterisiert wird, das mit ihm ein wirtschaftlicher Wert vorliegt, das Wirtschaftsgut selbstständig nutzungsfähig<br />

und bewertbar ist.<br />

Die auf der Aktivseite der gemeindlichen Bilanz angesetzten Vermögensgegenstände dienen daher dazu, dass<br />

durch die Bilanz ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögenslage der Gemeinde<br />

vermitteln werden kann. Dieser Aufgabe dient auch die Gliederung der Aktivseite der Bilanz in Anlagevermögen<br />

(Sachanlagen und Finanzanlagen sowie immaterielle Vermögensgegenstände) und in Umlaufvermögen. Das Bild<br />

der gemeindlichen Vermögenslage ist von der Gemeinde im Anhang im Jahresabschluss durch ergänzende Angaben<br />

zu den einzelnen Bilanzposten zu vervollständigen (vgl. § 44 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2.3.4 Der Begriff „Schuldenlage“<br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Schuldenlage“ ebenso wie<br />

beim Begriff „Vermögenslage““ an der kaufmännischen Auslegung. Auch für diesen Begriff gibt es keine gesetzliche<br />

Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung. Die gemeindlichen Schulden sind auf der Passivseite<br />

der gemeindlichen Bilanz anzusetzen (vgl. § 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der Begriff "Schulden" wird jedoch in vielfältiger<br />

Weise in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft verwendet. Grundsätzlich werden unter dem Begriff die bestehenden<br />

und die hinreichend sicher zu erwartenden wirtschaftlichen Belastungen der Gemeinde verstanden, die<br />

auf einer rechtlichen oder wirtschaftlichen Leistungsverpflichtung der Gemeinde beruhen und selbstständig bewertbar<br />

sowie abgrenzbar sind, d.h. nicht nur ein allgemeines Risiko für die künftige Haushaltswirtschaft der Gemeinde<br />

darstellen.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass im allgemeinen Wirtschaftsleben, ausgehend von der<br />

Passivseite der Bilanz der Begriff „Schulden“ u.a. auch dadurch abgegrenzt wird, dass nicht das Eigenkapital und<br />

die Sonderposten sowie die passive Rechnungsabgrenzung dazu zu zählen sind. Die dann noch auf der Passivseite<br />

der gemeindlichen Bilanz verbleibenden Rückstellungen und Verbindlichkeiten sollen als Verpflichtungen<br />

der Gemeinde gegenüber Dritten dazu dienen, dass durch die gemeindliche Bilanz ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Schuldenlage der Gemeinde vermitteln werden kann.<br />

GEMEINDEORDNUNG 826


1.2.3.5 Der Begriff „Ertragslage“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Ertragslage“, für den es keine<br />

gesetzliche Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, einerseits an der kaufmännischen Auslegung<br />

der Gewinn- und Verlustrechnung. Andererseits aber insbesondere auch an den Regelungen über die Planung<br />

und Rechnung des gemeindlichen Ressourcenaufkommens und des Ressourcenverbrauchs. Der gemeindliche<br />

Ergebnisplan und die Ergebnisrechnung, als die dafür vorgesehenen Abbildungen, sind unter Beachtung<br />

des Grundsatzes der Ergebnisspaltung aufgebaut, sodass darin die ordentlichen und die außerordentlichen Ergebniskomponenten<br />

getrennt voneinander sowie in Form von Erträgen und Aufwendungen nach Arten aufzuzeigen<br />

sind.<br />

In der gemeindlichen Ergebnisrechnung als zeitraumbezogene Rechnung für das abgelaufene gemeindliche<br />

Haushaltsjahr wird die aus der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr die tatsächlich<br />

entstandene Ertragslage der Gemeinde aufgezeigt. Ausgehend von den gemeindlichen Erträge und Aufwendungen<br />

nach Arten, Höhe und Quellen im Haushaltsjahr wird das Zustandekommen des Jahresergebnisses der<br />

Gemeinde als Überschuss (Erfolg) oder Fehlbetrag (Verlust) abgebildet (vgl. § 38 GemHVO <strong>NRW</strong>). Mit der gemeindlichen<br />

Ergebnisrechnung werden daher Informationen darüber geliefert, in welchem Umfang und aus welchem<br />

Anlass sich das Eigenkapital der Gemeinde durch die Haushaltswirtschaft eines Haushaltsjahres verändert<br />

hat. Die Beurteilung der Ertragslage baut daher auf den Arten, Höhe und Quellen der Erträge und der Aufwendungen<br />

der Gemeinde auf.<br />

1.2.3.6 Der Begriff „Finanzlage“<br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Finanzlage“, für den es keine<br />

gesetzliche Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, einerseits an der kaufmännischen Auslegung.<br />

Andererseits aber insbesondere an den Regelungen über die Planung und Rechnung der gemeindlichen<br />

Liquidität bzw. den von der Gemeinde zu erzielenden Einzahlungen und zu leistenden Auszahlungen im Haushaltsjahr.<br />

Die gemeindliche Finanzlage kann dabei mithilfe der Finanzrechnung beurteilt werden, denn diese ist<br />

als jahresbezogene Herkunftsrechnung und Verwendungsrechnung für die Finanzmittel der Gemeinde aufgebaut,<br />

die in der Finanzbuchhaltung der Gemeinde kassenmäßig erfasst werden.<br />

Die gemeindliche Finanzrechnung stellt daher eine zeitraumbezogene Rechnung dar, in der das Zustandekommen<br />

der gemeindlichen Liquidität und ihre Veränderung durch die Darstellung der Finanzmittel nach Arten, Höhe<br />

und Quellen abgebildet werden (vgl. § 39 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Einzahlungs- und Auszahlungsströme sind dabei<br />

nach Zahlungen aus der laufenden Verwaltungstätigkeit, aus der Investitionstätigkeit und aus der Finanzierungstätigkeit<br />

der Gemeinde zu trennen. Mit der Finanzrechnung werden deshalb aussagekräftige Informationen<br />

darüber geliefert, in welchem Umfang und aus welchem Anlass sich die Liquidität, die Eigenmittel und das<br />

Fremdkapital der Gemeinde und dadurch die Finanzlage der Gemeinde tatsächlich verändert haben.<br />

1.2.4 Die Erläuterungspflichten<br />

Für die Nachvollziehbarkeit und die Beurteilung des gemeindlichen Jahresabschlusses ist es erforderlich, dass<br />

die Gemeinde neben den betragsmäßigen Angaben in der Ergebnisrechnung, der Finanzrechnung und der Bilanz<br />

sowie den Angaben im Anhang und im gemeindlichen Lagebericht wesentliche Ergebnisse und sonstige Sachverhalte<br />

besonders erläutert. Derartige Darlegungen dienen u.a. dazu, relevante Details unter Berücksichtigung<br />

der haushaltswirtschaftlichen Produktorientierung sowie der Zielsetzungen und Erreichung der wirtschaftlichen<br />

Ziele der Gemeinde gegenüber den Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft aufzuzeigen und zu verdeutlichen.<br />

Solche Informationen ergänzen das zu vermittelnde Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde.<br />

GEMEINDEORDNUNG 827


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Informationen müssen sich jedoch nicht unbedingt und unmittelbar aus dem Zahlenwerk des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses ergeben. Sie sind gleichwohl für die Beurteilung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft des<br />

abgelaufenen Haushaltsjahres bzw. der daraus entstandenen wirtschaftlichen Lage der Gemeinde von Bedeutung.<br />

Über den Bedarf und den Umfang sowie die Inhalte der Erläuterungen über örtliche Sachverhalte hat die<br />

Gemeinde in eigener Verantwortung sachgerecht und bedarfsgerecht zu entscheiden. Sie muss bei ihren Abwägungen<br />

und sachlichen Entscheidungen insbesondere das Informationsinteresse aller Adressaten des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses berücksichtigen.<br />

1.3 Zu Satz 3 (Bestandteile des Jahresabschlusses):<br />

1.3.1 Allgemeine Voraussetzungen<br />

Der Jahresabschluss der Gemeinde kann seine Aufgabe, das Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

des Haushaltsjahres nachzuweisen und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den<br />

tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />

zu vermitteln, nur erfüllen, wenn die materiellen und formalen Vorgaben sachgerecht und bedarfsgerecht<br />

erfüllt werden. In der Vorschrift werden deshalb ausdrücklich die Bestandteile des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

bestimmt. Der gemeindliche Jahresabschluss muss daher mindestens aus der Ergebnisrechnung, der<br />

Finanzrechnung, den Teilrechnungen, der Bilanz und dem Anhang bestehen. Ihm ist ein Lagebericht beizufügen.<br />

Der Jahresabschluss soll es ermöglichen, verbesserte Erkenntnisse über die haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen<br />

des vergangenen Haushaltsjahres für die Gemeinde zu erlangen, die auch für die Zukunft von Bedeutung<br />

sein können. Die erreichte wirtschaftliche Lage der Gemeinde sowie ihre Chancen und Risiken für die weitere<br />

wirtschaftliche Entwicklung sind daher ein besonderer Berichtsgegenstand im gemeindlichen Lagebericht. Eine<br />

Einschätzung bzw. Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde durch die Verantwortlichen im<br />

Lagebericht ist daher von besonderer Bedeutung. Als Lagebericht muss der Bericht aber auch eine vergangenheitsbezogene<br />

Bewertung enthalten, denn darauf baut i.d.R. auch die Prognose auf.<br />

1.3.2 Die Ergebnisrechnung<br />

In der gemeindlichen Ergebnisrechnung sind die im Haushaltsjahr erzielten Erträge und entstandenen Aufwendungen<br />

nach ihren Arten und jeweils in Jahressummen - entsprechend dem Ergebnisplan - auszuweisen (vgl. §<br />

38 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dadurch werden das tatsächliche Ressourcenaufkommen und der tatsächliche Ressourcenverbrauch<br />

der Gemeinde im Haushaltsjahr erfasst und nachgewiesen. In der gemeindlichen Ergebnisrechnung ist<br />

durch die Bildung von Salden das ordentliche Ergebnis und das Finanzergebnis sowie aus beiden Ergebnissen<br />

das Ergebnis der laufenden Verwaltungstätigkeit festzustellen. Zusätzlich und gesondert vom ordentlichen Ergebnis<br />

ist das außerordentliche Ergebnis als Saldo aus außerordentlichen Erträgen und außerordentlichen Aufwendungen<br />

zu ermitteln.<br />

Das Gesamtergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres wird dann durch die Zusammenführung<br />

von ordentlichem Ergebnis und außerordentlichem Ergebnis zu einem Jahresergebnis ermittelt, das<br />

entweder einen Jahresüberschuss oder einen Jahresfehlbetrag der Gemeinde darstellt und in die gemeindliche<br />

Bilanz in dieser Form übernommen wird. Die Gemeinde hat dabei die Verpflichtung zum jährlichen Haushaltsausgleich<br />

zu beachten, denn diese Verpflichtung besteht auch in der „Rechnung“, also im gemeindlichen Jahresabschluss<br />

(vgl. § 75 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). In diesem Zusammenhang entscheidet der Rat der Gemeinde über<br />

die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Behandlung des Jahresfehlbetrages und die Ratsmitglieder<br />

über die Entlastung des Bürgermeisters (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 828


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Eine haushaltswirtschaftliche „Abrechnung“ für das abgelaufene Haushaltsjahr ist jedoch nur vollständig, wenn in<br />

der Ergebnisrechnung auch ein Plan-/Ist-Vergleich vorgenommen wird. Durch die Gegenüberstellung von den im<br />

Haushaltsplan ausgewiesenen Positionen, ggf. in fortgeschriebener Form, mit den Ist-Werten des Haushaltsjah-<br />

res werden Abweichungen aufgezeigt und offen gelegt. Die Planfortschreibungen stellen dabei Veränderungen<br />

der ursprünglich vom Rat der Gemeinde beschlossenen Haushaltspositionen aufgrund von zulässigen haushaltswirtschaftlichen<br />

Maßnahmen und Entscheidungen dar (vgl. § 38 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Zur gemeindlichen Ergebnisrechnung gehört auch, die Ergebnisse der Erträge und Aufwendungen in einen Zusammenhang<br />

mit den Ergebnissen des Vorjahres zu stellen, um die Ergebnisse des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

im Zeitvergleich besser bewerten zu können. Es ist deshalb erforderlich, zu den Ist-Ergebnissen des Haushaltsjahres<br />

auch die Ergebnisse der Rechnung des Vorjahres gesondert anzugeben. Auch andere Veränderungen<br />

seit Beginn der Ausführung des beschlossenen Haushaltsplans sind ggf. gesondert aufzuzeigen, z. B. Erhöhungen<br />

oder Minderungen der Haushaltspositionen, deren Ursachen in einer Nachtragssatzung liegen. Die Komponenten<br />

der gemeindlichen Ergebnisrechnung werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Die Gestaltung der gemeindlichen Ergebnisrechnung<br />

Ergebnisrechnung<br />

Ordentliche Erträge<br />

Ordentliche Aufwendungen<br />

mit Ergebnis der<br />

lfd.<br />

Verwaltungstätigkeit<br />

Finanzergebnis<br />

Ordentliches<br />

Ergebnis<br />

Außerordentliches<br />

Ergebnis<br />

Jahresergebnis<br />

Ergebnis<br />

des Vorjahres<br />

EUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 829<br />

Fortge-<br />

schriebener<br />

Ansatz<br />

des Haushaltsjahres<br />

EUR<br />

Ist-<br />

Ergebnis<br />

des<br />

Haushalts-<br />

jahres<br />

EUR<br />

Vergleich<br />

Ansatz/Ist<br />

EUR<br />

Abbildung 169 „Die Gestaltung der gemeindlichen Ergebnisrechnung“<br />

Diese haushaltsrechtlichen Vorgaben sind von der Gemeinde bei der Aufstellung ihrer Ergebnisrechnung zu<br />

beachten. Das Muster zur gemeindlichen Ergebnisrechnung ist dabei zur Anwendung empfohlen worden (vgl.<br />

Nummern 1.6.1 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

1.3.3 Die Finanzrechnung<br />

In der gemeindlichen Finanzrechnung sind die im Haushaltsjahr kassenwirksam erzielten Einzahlungen und geleisteten<br />

Auszahlungen nach ihren Arten und jeweils in Jahressummen - entsprechend dem Finanzplan - auszuweisen<br />

(vgl. § 39 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dadurch werden anhand der Zahlungsströme die Mittelherkunft und die Mittelverwendung<br />

sowie die Änderung des Bestandes an gemeindlichen Finanzmitteln bzw. die Liquidität der Ge-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

meinde aufgezeigt und nachgewiesen. In der gemeindlichen Finanzrechnung ist durch die Bildung von Salden<br />

das Ergebnis der Zahlungen aus der laufenden Verwaltungstätigkeit, aus der Investitionstätigkeit und aus der<br />

Finanzierungstätigkeit sowie der Finanzmittelüberschuss oder Finanzmittelfehlbetrag zu ermitteln.<br />

Zur Vervollständigung des Gesamtbildes ist es außerdem erforderlich, auch den Bestand am Anfang des Haushaltsjahres<br />

mit der Änderung des Bestandes im abgelaufenen Haushaltsjahr und dem Bestand an fremden Finanzmitteln<br />

zusammenzuführen, um damit den Endbestand der Finanzmittel sowie den Finanzmittelzufluss und<br />

Finanzmittelabfluss insgesamt zu ermitteln und abzubilden. Der Endbestand an Finanzmitteln der Gemeinde fließt<br />

dann in den Posten „Liquide Mittel“ in die Bilanz des Jahresabschlusses für das Haushaltsjahr ein.<br />

Die Gemeinde hat außerdem in der gemeindlichen Finanzrechnung einen Plan-/Ist-Vergleich vorzunehmen, der<br />

entsprechend wie bei der Ergebnisrechnung auszugestalten ist. Die jahresbezogenen Ergebnisse der Einzahlungen<br />

und Auszahlungen sind ebenfalls in einen Zusammenhang mit dem Vorjahr zu stellen, um die Ergebnisse<br />

des abgelaufenen Haushaltsjahres besser im Zeitvergleich bewerten zu können. Es ist deshalb erforderlich, zu<br />

den Ist-Ergebnissen des Haushaltsjahres auch die Ergebnisse der Rechnung des Vorjahres gesondert anzugeben.<br />

Die Komponenten der gemeindlichen Finanzrechnung werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Die Gestaltung der gemeindlichen Finanzrechnung<br />

Finanzrechnung<br />

Einzahlungen<br />

Auszahlungen<br />

mit Saldo aus lfd.<br />

Verwaltungstätigkeit<br />

Einzahlungen<br />

Auszahlungen<br />

mit Saldo aus<br />

Investitionstätigkeit<br />

Darlehensaufnahme<br />

Tilgungen<br />

mit Saldo aus<br />

Finanzierungstätigkeit<br />

Liquide Mittel<br />

Ergebnis<br />

des Vorjahres<br />

EUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 830<br />

Fortge-<br />

schriebener<br />

Ansatz<br />

des Haushaltsjahres<br />

EUR<br />

Ist-<br />

Ergebnis<br />

des<br />

Haushalts-<br />

jahres<br />

EUR<br />

Vergleich<br />

Ansatz/Ist<br />

EUR<br />

Abbildung 170 „Die Gestaltung der gemeindlichen Finanzrechnung“<br />

Diese haushaltsrechtlichen Vorgaben sind von der Gemeinde bei der Aufstellung ihrer Finanzrechnung zu beachten.<br />

Das Muster zur gemeindlichen Finanzrechnung ist dabei zur Anwendung empfohlen worden (vgl. Nummern<br />

1.6.3 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).


1.3.4 Die Teilrechnungen<br />

1.3.4.1 Die Gestaltung der Teilrechnungen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Für die Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses werden Teilrechnungen benötigt. Das nachfolgende<br />

Muster zeigt die Grundzüge einer gemeindlichen Teilrechnung schematisch auf (vgl. Abbildung).<br />

Jahresabschluss ... Fachliche Zuständigkeit:<br />

Frau/Herr<br />

Produktbereich …<br />

Inhalte des Produktbereiches:<br />

Beschreibung und Zielsetzung:<br />

Zielgruppe(n):<br />

Besonderheiten im Haushaltsjahr:<br />

Produktbereichsübersicht<br />

Produktgruppen mit<br />

- den wesentlichen beschriebenen Produkten:<br />

- den einzelnen Zielen:<br />

Kennzahlen zur Messung der Zielerreichung<br />

Ziele Kennzahl Soll-Kennzahl Ist-Kennzahl Abweichungs-<br />

Vorjahr Haushaltsjahr Haushaltsjahr analyse<br />

(Die Kennzahlen und ggf. die Leistungsmengen sollen nach Arten und möglichst entsprechend der Zeitreihe nach §<br />

38 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong> gegliedert werden.)<br />

Personaleinsatz<br />

(Angaben zum eingesetzten Personal - Auszug aus der Stellenübersicht nach § 8 GemHVO <strong>NRW</strong> - mit Angaben<br />

nach Beschäftigungsverhältnissen in einer Zeitreihe nach § 8 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

Haushalts-<br />

positionen<br />

Teilergebnisrechnung<br />

Vor-<br />

jahr<br />

GEMEINDEORDNUNG 831<br />

Fortgeschriebener<br />

Ansatz des<br />

Haushaltsjahres<br />

Ist-Ergebnis<br />

des<br />

Haushaltsjahres<br />

Vergleich<br />

Ansatz /Ist<br />

(Die Teilergebnisrechnung muss die vorgegebene Mindestgliederung enthalten (vgl. Nr. 1.6.2 des Runderlasses<br />

vom 24.02.2005, SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

Haushalts-<br />

positionen<br />

Teilfinanzrechnung<br />

Vor-<br />

jahr<br />

Fortgeschriebener<br />

Ansatz des<br />

Haushaltsjahres<br />

Ist-Ergebnis<br />

des<br />

Haushaltsjahres<br />

Vergleich<br />

Ansatz /Ist<br />

(Die Teilfinanzrechnung muss die vorgegebene Mindestgliederung enthalten (vgl. Nr. 1.6.4 des Runderlasses vom<br />

24.02.2005, SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

Allgemeine Erläuterungen<br />

zur Teilrechnung<br />

Erläuterungen<br />

zu einzelnen wesentlichen Haushaltspositionen<br />

Sonstige Daten über örtliche Verhältnisse<br />

Sonstiges:<br />

Sonstiges:<br />

Für die Teilergebnisrechnung:<br />

Für die Teilfinanzrechnung:<br />

Für die Teilergebnisrechnung:<br />

Für die Teilfinanzrechnung:<br />

Abbildung 171 „Ein Beispiel zur Gestaltung der gemeindlichen Teilrechnungen“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die gemeindlichen Teilrechnungen sind entsprechend den im Haushaltsplan enthaltenen produktorientierten<br />

Teilplänen aufzustellen. Sie sind wichtige Bestandteile des Jahresabschlusses der Gemeinde und müssen entsprechend<br />

ihrer Anzahl im Haushaltsplan im gemeindlichen Jahresabschluss enthalten sein. Die Aufstellung der<br />

Teilrechnungen ist von der Gemeinde daher auch nach den Maßgaben vorzunehmen, die für die Aufstellung der<br />

gemeindlichen Teilpläne gelten (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Innerhalb dieser Teilrechnungen haben die Teilergebnisrechnungen<br />

und die Teilfinanzrechnungen eine besondere Bedeutung, denn deren Daten müssen zusammengefasst<br />

das Gesamtbild der Ergebnisrechnung bzw. der Finanzrechnung ergeben.<br />

1.3.4.2 Die Teilergebnisrechnung<br />

Die Teilergebnisrechnungen in den Teilrechnungen sind entsprechend der gemeindlichen Ergebnisrechnung zu<br />

gliedern (vgl. § 40 GemHVO <strong>NRW</strong>). In diesen Rechnungen sind ggf. auch die Erträge und Aufwendungen aus<br />

internen Leistungsbeziehungen auszuweisen, sofern die Gemeinde diese für ihre Haushaltsbewirtschaftung tatsächlich<br />

erfasst. Eine Verpflichtung dazu besteht allerdings nicht (vgl. § 17 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

In den Fällen, in denen zum Nachweis des vollständigen Ressourcenverbrauchs die internen Leistungsbeziehungen<br />

aus der gemeindlichen Haushaltswirtschaft tatsächlich erfasst werden, sind diese dem Jahresergebnis der<br />

Teilergebnisrechnung hinzuzufügen und müssen sich in der Ergebnisrechnung insgesamt ausgleichen. Aus dem<br />

Jahresergebnis und dem Ergebnis aus den internen Leistungsbeziehungen wird dann in der jeweiligen Teilrechnung<br />

das Ergebnis der Teilrechnung gebildet.<br />

Diese Vorgaben sind bei der Aufstellung der Teilergebnisrechnungen zu beachten. Das Muster zur Teilergebnisrechnung<br />

ist zur Anwendung empfohlen worden (vgl. Nummer 1.6.2 des Runderlasses des Innenministeriums<br />

vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

1.3.4.3 Die Teilfinanzrechnung<br />

Die Teilfinanzrechnungen in den Teilrechnungen sind entsprechend der gemeindlichen Finanzrechnung zu gliedern<br />

(vgl. § 40 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie bestehen wie die Teilfinanzpläne aus zwei Teilen. Der Teil A (Zahlungsnachweis)<br />

enthält die Einzahlungen und Auszahlungen nach Arten aus der Investitionstätigkeit einschließlich der<br />

damit verbundenen Verpflichtungsermächtigungen. Der Gemeinde bleibt es dabei freigestellt, darin auch alle oder<br />

nur einzelne Einzahlungen und Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit abzubilden.<br />

Der Teil B (Nachweis einzelner Investitionsmaßnahmen) enthält die konkrete Abrechnung der einzelnen Investitionsmaßnahmen<br />

der Gemeinde mit den zugeordneten Ein- und Auszahlungen, Verpflichtungsermächtigungen<br />

und den bereitgestellten Mitteln sowie den gesamten getätigten Zahlungen, entsprechend dem Stand am Ende<br />

des Haushaltsjahres. Diese haushaltsrechtlichen Vorgaben sind bei der Aufstellung der Teilfinanzrechnungen zu<br />

beachten. Das Muster zur Teilfinanzrechnung ist zur Anwendung empfohlen worden (vgl. Nummer 1.6.4 des<br />

Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

1.3.5 Die Bilanz<br />

Die Bilanz ist als Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden der Gemeinde zum Abschlussstichtag ein<br />

wesentlicher Bestandteil des gemeindlichen Jahresabschlusses (vgl. § 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie enthält Informationen<br />

über das gemeindliche Vermögen und über sämtliche Schulden der Gemeinde. Die Gliederung der gemeindlichen<br />

Bilanz erfolgt dabei auf beiden Seiten nach Fristigkeiten. Das gemeindliche Vermögen wird auf der<br />

GEMEINDEORDNUNG 832


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Aktivseite der Bilanz gezeigt. Es wird dabei wird zwischen dem Anlagevermögen (langfristig) und dem Umlaufvermögen<br />

(kurzfristig) unterschieden. Dadurch wird die Mittelverwendung der Gemeinde dokumentiert.<br />

Auf der Passivseite werden zuerst das Eigenkapital und dann das Fremdkapital gezeigt, wodurch die Mittelherkunft<br />

bzw. die Finanzierung des gemeindlichen Vermögens offengelegt und dokumentiert wird. Auch auf dieser<br />

Bilanzseite gilt das Prinzip der Fristigkeit. Diese Gegebenheit zeigt sich auch im Eigenkapital, in dem die allgemeine<br />

Rücklage vor der Ausgleichsrücklage steht. Ebenso stehen auf der Passivseite die Kredite für Investitionen<br />

der Gemeinde vor den Krediten zur Liquiditätssicherung. Zur periodengerechten Abgrenzung und als Korrekturposten<br />

werden auf beiden Seiten der gemeindlichen Bilanz noch „Rechnungsabgrenzungsposten“ angesetzt.<br />

Diese Aufgliederung der gemeindlichen Bilanz ist in Bezug auf die gemeindliche Aufgabenerfüllung sachgerecht<br />

durch Bilanzposten zu erweitern. Je nach Bedeutung der gemeindlichen Sachverhalte können dabei einzelne<br />

Posten noch durch „davon-Vermerke“ weiter untergliedert werden, wenn dieses in Bezug auf das Gesamtbild der<br />

gemeindlichen Bilanz vertretbar ist. Dabei ist zu beachten, dass nach dem Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit<br />

die Bezeichnungen der einzelnen Bilanzposten klar und verständlich sein müssen. Aus den gewählten<br />

Bezeichnungen sollen deshalb die Inhalte transparent und nachvollziehbar sein. Die Bilanzgliederung baut auf<br />

dem nachfolgenden Schema auf (vgl. Abbildung).<br />

Bilanzposten<br />

AKTIVA<br />

1. Anlagevermögen<br />

1.1 Immaterielle Vermögens-<br />

gegenstände<br />

1.2 Sachanlagen<br />

1.3 Finanzanlagen<br />

2. Umlaufvermögen<br />

2.1 Vorräte<br />

2.2 Forderungen<br />

2.3 Sonstige Vermögensgegen-<br />

stände<br />

2.4 Wertpapiere des Umlauf-<br />

vermögens<br />

2.5 Liquide Mittel<br />

3. Aktive Rechnungsabgrenzung<br />

4. Nicht durch Eigenkapital gedeckter<br />

Fehlbetrag<br />

Die Gestaltung der gemeindlichen Bilanz<br />

Haus-<br />

halts-<br />

jahr<br />

EUR<br />

Vor-<br />

jahr<br />

EUR<br />

GEMEINDEORDNUNG 833<br />

Bilanzposten<br />

PASSIVA<br />

1. Eigenkapital<br />

1.1 Allgemeine Rücklage<br />

1.2 Sonderrücklagen<br />

1.3 Ausgleichsrücklage<br />

1.4 Jahresüberschuss/Jahres-<br />

fehlbetrag<br />

2. Sonderposten<br />

3. Rückstellungen<br />

4. Verbindlichkeiten<br />

5. Passive Rechnungsabgrenzung<br />

Abbildung 172 „Die Gestaltung der gemeindlichen Bilanz“<br />

Haus-<br />

halts-<br />

jahr<br />

In der gemeindlichen Bilanz muss zudem jeder Posten mit einer eigenen Ziffer gekennzeichnet und mit dem dazugehörigen<br />

Wertansatz (in Ziffern ausgedrückter Betrag) in einer eigenen Zeile stehen. Bei der Festlegung der<br />

einzelnen Bilanzposten sind aber auch die verbindlichen Zuordnungsvorschriften, die durch den kommunalen<br />

Kontierungsplan näher bestimmt werden, von der Gemeinde zu beachten. Das Muster zur gemeindlichen Bilanz<br />

ist zur Anwendung empfohlen worden (vgl. Nummer 1.6.5 des Runderlasses des Innenministeriums vom<br />

24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

EUR<br />

Vor-<br />

jahr<br />

EUR


1.3.6 Der Anhang<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Anhang als Bestandteil des gemeindlichen Jahresabschlusses enthält die besonderen Angaben und Erläuterungen<br />

zu einzelnen Bilanzposten (vgl. § 44 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dadurch soll neben der Beschreibung eine Ergänzung,<br />

Korrektur und Entlastung der Bilanz der Gemeinde bezweckt und deren Interpretation durch die Adressaten<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft erleichtert und unterstützt werden. In den Anhang gehören deshalb insbesondere<br />

auch Erläuterungen zu den verwendeten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden.<br />

Die erforderlichen Informationen sollen dabei in einen sachlichen Zusammenhang mit der Ergebnisrechnung und<br />

der Bilanz sowie ihren Untergliederungen, aber auch mit der Finanzrechnung stehen. Im gemeindlichen Anhang<br />

sind gleichzeitig aber auch Zusatzinformationen von der Gemeinde zu geben, die für die Beurteilung der Ergebnisrechnung<br />

und der Bilanz sowie der Finanzrechnung eine besondere Bedeutung haben. Diese Angaben können<br />

zu einem besseren Verständnis einzelner gemeindlicher Sachverhalte durch die Jahresabschlussadressaten<br />

führen und deren Interpretation erleichtern.<br />

Mit dem Anhang kann das durch den Jahresabschluss zu vermittelnde Bild der Vermögens- und Schuldenlage<br />

der Gemeinde klar und verständlich ergänzt werden. Die nachfolgende Übersicht zeigt eine Möglichkeit der Gliederung<br />

des Anhangs im gemeindlichen Jahresabschluss beispielhaft auf (vgl. Abbildung).<br />

Die Gestaltung des gemeindlichen Anhangs<br />

1 Allgemeine Angaben<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Bilanzierungs- und<br />

Bewertungsmethoden<br />

Erläuterungen<br />

zur Bilanz<br />

Erläuterungen<br />

zur Ergebnisrechnung<br />

Erläuterungen<br />

zur Finanzrechnung<br />

6 Sonstige Angaben<br />

7<br />

Hinweise<br />

auf sonstige Unterlagen<br />

8 Hinweis auf Verantwortliche<br />

9 Weitere Besonderheiten<br />

GEMEINDEORDNUNG 834<br />

Einführung, Erläuterungspflichten, gesetzliche<br />

und örtliche Vorschriften u.a.<br />

Angaben zu genutzten Ansatzwahlrechten<br />

und Bewertungswahlrechten u.a.<br />

gegliedert nach Anlage- und Umlaufvermögen,<br />

Eigenkapital und Fremdkapital u.a.<br />

gegliedert nach Arten der Erträge und der<br />

Aufwendungen.<br />

gegliedert nach Arten der Einzahlungen und<br />

der Auszahlungen.<br />

z. B. nicht bilanzierungsfähige Sachverhalte,<br />

die aber wirtschaftliche Bedeutung haben.<br />

z. B. Anlagenspiegel u.a., wenn nicht bereits<br />

unter den vorherigen Abschnitten.<br />

z. B. auf Nennung der Verantwortlichen am<br />

Schluss des Lageberichts nach § 95 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong>.<br />

Wichtige örtliche Sachverhalte, die nicht<br />

bereits anzugeben waren.<br />

Abbildung 173 „Die Gestaltung des gemeindlichen Anhangs“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Dem Anhang sind aber auch besondere Anlagen beizufügen, durch die der gemeindliche Jahresabschluss noch<br />

verständlicher und nachvollziehbarer werden soll. Dazu gehören insbesondere ein Anlagenspiegel, in dem das<br />

gemeindliche Vermögen mit seinen wertmäßigen Veränderungen aufgezeigt wird (vgl. § 45 GemHVO <strong>NRW</strong>). Ein<br />

Forderungsspiegel, der die noch offenen Ansprüche der Gemeinde aufzeigt (vgl. § 46 GemHVO <strong>NRW</strong>) und ein<br />

Verbindlichkeitenspiegel, durch den die noch bestehenden Verpflichtungen der Gemeinde offen gelegt werden,<br />

gehört ebenfalls dazu. Der Verbindlichkeitenspiegel hat auch die nicht in der Bilanz erscheinenden Haftungsverhältnisse<br />

zu enthalten, z. B. die Bürgschaftsverpflichtungen der Gemeinde (vgl. § 47 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dem Anhang<br />

können von der Gemeinde noch spezielle Informationen durch weitere Spiegel beigefügt werden, z. B. zu<br />

den bilanziellen Sonderposten und Rückstellungen.<br />

Für die äußere Gestaltung des gemeindlichen Anhangs, seinen Aufbau und Umfang sind keine besonderen<br />

Formvorgaben vorgesehen. Die Gemeinde soll jedoch bei ihrer Entscheidung über die Darstellung der jahresabschlussbezogenen<br />

Angaben im Anhang und dessen Aufbau den Adressatenkreis des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

(Rat der Gemeinde, Bürgerinnen und Bürger und Aufsichtsbehörde) ausreichend berücksichtigen. Sie<br />

soll die Angaben im Anhang übersichtlich und nachvollziehbar sowie leserfreundlich gestalten, damit auf einfache<br />

Art und Weise ein Bezug zu den jeweils betroffenen Bestandteilen des gemeindlichen Jahresabschlusses hergestellt<br />

werden kann.<br />

1.3.7 Die Jahresabschlussunterlagen<br />

Dem Rat der Gemeinde muss von der gemeindlichen Verwaltung ein vollständiger Jahresabschluss zugeleitet<br />

werden, damit das Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres und die<br />

wirtschaftliche Lage der Gemeinde sachgerecht beraten und der Jahresabschluss festgestellt werden können.<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss muss dafür aus den gesetzlich bestimmten Bestandteilen bestehen und ihm<br />

müssen die vorgesehenen Anlagen beigefügt sein. Diese Pflicht gilt entsprechend für die unmittelbare Zuleitung<br />

des Entwurfs des Jahresabschlusses an den Rechnungsprüfungsausschuss zur Durchführung der gesetzlich<br />

vorgesehenen Prüfung, soweit nicht zwischen der gemeindlichen Verwaltung und dem Ausschuss einschließlich<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung eine andere Verfahrensweise vereinbart wurde, die im Sinne einer „begleitenden<br />

Prüfung“ zur Verbesserung der örtlichen Verfahrensabläufe beiträgt (vgl. § 101 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die nachfolgend aufgezeigten Unterlagen sind haushaltsrechtlich bestimmt worden und werden für die Vermittlung<br />

eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und<br />

Finanzlage der Gemeinde durch den Jahresabschluss als unverzichtbar angesehen. Diese Unterlagen ermöglichen<br />

einen aktuellen, stichtagsbezogenen Überblick über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde (vgl. Abbildung).<br />

Die Übersicht über die gemeindlichen Jahresabschlussunterlagen<br />

Ergebnisrechnung<br />

Finanzrechnung<br />

Teilrechnungen<br />

BESTANDTEILE DES JAHRESABSCHLUSSES<br />

GEMEINDEORDNUNG 835<br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 37 Absatz 1 Nummer 1<br />

und § 38 sowie § 22 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong> und Nr.<br />

1.6.1 des Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 37 Absatz 1 Nummer 2<br />

und § 39 sowie § 22 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong> und Nr.<br />

1.6.3 des Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 37 Absatz 1 Nummer 3<br />

und § 40 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie den Nrn. 1.6.2 und Nr.<br />

1.6.4 des Runderlasses vom 24.02.2005


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Übersicht über die gemeindlichen Jahresabschlussunterlagen<br />

Bilanz<br />

Anhang<br />

Anlagenspiegel<br />

Forderungsspiegel<br />

Verbindlichkeitenspiegel<br />

Lagebericht<br />

GEMEINDEORDNUNG 836<br />

§<br />

95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 37 Absatz 1 Nummer 4<br />

und §§ 41 bis 43 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie den Nr. 1.6.5<br />

des Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 37 Absatz 1 Nummer 5<br />

und § 44 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

ANLAGEN IM JAHRESABSCHLUSS<br />

§ 44 Absatz 3 und § 45 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.6.6<br />

des Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 44 Absatz 3 und § 46 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.6.7<br />

des Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 44 Absatz 3 und § 47 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nr. 1.6.8<br />

des Runderlasses vom 24.02.2005<br />

§ 95 Absatz 1 und 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 48 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

Abbildung 174 „Die Jahresabschlussunterlagen der Gemeinde“<br />

Der Jahresabschluss der Gemeinde muss neben dem Rat der Gemeinde eine unbegrenzte Zahl von Adressaten<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft erreichen und muss daher insbesondere für eine Unterrichtung der Bürgerinnen<br />

und Bürger sowie zur Anzeige bei der Aufsichtsbehörde der Gemeinde geeignet sein. Der Gemeinde ist es<br />

dabei freigestellt, entsprechend ihrer örtlichen Bedürfnisse ihrem Jahresabschluss noch weitere Unterlagen über<br />

ihre wirtschaftliche Lage beizufügen, z. B. einen eigenen Geschäftsbericht. Derartige Unterlagen sollten im Zusammenhang<br />

mit den haushaltsrechtlich vorgesehenen Unterlagen stehen und dürfen für die Adressaten des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses nicht die Informationsqualität beeinträchtigen.<br />

1.4 Zu Satz 4 (Beifügung des Lageberichtes zum Jahresabschluss):<br />

1.4.1 Allgemeine Zwecke<br />

Dem gemeindlichen Jahresabschluss ist nach der haushaltsrechtlichen Vorschrift insbesondere ein Lagebericht<br />

beizufügen. Diese ausdrückliche Vorgabe bedeutet, dass der Lagebericht eine Anlage zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

darstellt. Er zählt damit zu den gemeindlichen Jahresabschlussunterlagen, die dem Rat der Gemeinde<br />

zusammen mit dem Jahresabschluss zuzuleiten sind. Der gemeindliche Lagebericht stellt zudem einen<br />

Prüfungsgegenstand im Rahmen der Jahresabschlussprüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss dar (vgl.<br />

§ 101 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Er ist dabei insbesondere daraufhin zu prüfen, ob durch ihn in Übereinstimmung mit<br />

dem Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt wird (vgl. § 48 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesem Zusammenhang hat der jährliche Lagebericht eine umfassende und vielfältige Informationsfunktion. Er<br />

kann auch als ein strategisches Instrument der Steuerung der Gemeinde angesehen werden. Er ist im Zusammenhang<br />

mit der Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses in entsprechender Weise zur Einsichtnahme<br />

verfügbar zu halten. Den Informationsbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger und des Rates sowie der<br />

Aufsichtsbehörde ist dabei in ausreichendem Maße Rechnung zu tragen. Außerdem bedarf der gemeindliche


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Lagebericht einer Unterzeichnung durch den Bürgermeister, soweit die Bestätigung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

nicht ausdrücklich auch den Lagebericht einschließt.<br />

1.4.2 Die Gestaltung des Lageberichts<br />

Der gemeindliche Lagebericht ist von der Gemeinde so zu fassen, dass er ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt muss (vgl. §<br />

48 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Fülle der Informationen verlangt dabei eine grundlegende Strukturierung des gemeindlichen<br />

Lageberichtes. Die nachfolgende Übersicht zeigt eine Möglichkeit dazu schematisch auf (vgl. Abbildung).<br />

ABSCHNITT<br />

Rahmenbedingungen<br />

der gemeindlichen<br />

Verwaltungstätigkeit<br />

Ergebnisüberblick<br />

und Rechenschaft<br />

Steuerung und<br />

Produktorientierung<br />

Überblick über die<br />

wirtschaftliche Lage<br />

Wichtige Vorgänge<br />

und Nachträge<br />

Chancen<br />

Risiken<br />

Örtliche<br />

Besonderheiten<br />

Verantwortlichkeiten<br />

Anlagen<br />

Die Gestaltung des gemeindlichen Lageberichts<br />

GEMEINDEORDNUNG 837<br />

INHALTLICHE DARLEGUNGEN<br />

Allgemeine örtliche Verhältnisse und Besonderheiten.<br />

Überblick über die wichtigen Ergebnisse des Jahresabschlusses und Rechenschaft<br />

über die Haushaltswirtschaft.<br />

Ausgewogene und umfassende, dem Umfang der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

entsprechende Analyse der produktorientierten Haushaltswirtschaft unter Einbeziehung<br />

der Ziele und Leistungskennzahlen.<br />

Ausgewogene und umfassende, dem Umfang der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

entsprechende Analyse der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde unter Einbeziehung der produktorientierten Ziele und Leistungskennzahlen,<br />

ggf. auch Angaben über eine Krise.<br />

Bericht über Vorgänge von besonderer Bedeutung, auch solcher, die nach Schluss<br />

des Haushaltsjahres eingetreten sind, und deren Wirkungen auf die Haushaltswirtschaft.<br />

Chancen für die künftige Entwicklung der Gemeinde mit Angabe der zugrunde<br />

liegenden Annahmen.<br />

Risiken für die künftige Entwicklung der Gemeinde mit Angabe der zugrunde liegende<br />

Annahmen, ggf. auch der Gegenmaßnahmen und der Risikoüberwachung.<br />

Umsetzung eines Sanierungskonzeptes zur Wiedererreichung und dauerhaften<br />

Sicherung des Haushaltsausgleichs und/oder zum Aufbau von Eigenkapital (Beseitigung<br />

der Überschuldung).<br />

Angaben zu den Mitgliedern des Verwaltungsvorstands bzw. zum Bürgermeister<br />

und Kämmerer sowie zu den Ratsmitgliedern nach § 95 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>.<br />

z. B. Jahresergebnisse im Zeitvergleich,<br />

Kennzahlen im Zeitvergleich,<br />

Prognosen im Zeitvergleich.<br />

Abbildung 169 „Die Gestaltung des gemeindlichen Lageberichts“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Für die äußere Gestaltung des Lageberichts, seinen Aufbau und Umfang sind keine besonderen Formvorgaben<br />

vorgegeben worden. Die Gliederung des Lageberichts in einzelne Elemente kann dazu beitragen, dass das im<br />

Jahresabschluss zu vermittelnde Bild über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde gut nachvollziehbar wird.<br />

2. Zu Absatz 2 (Angabe der Verantwortlichen im Lagebericht):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Allgemeine Angabepflichten):<br />

2.1.1 Die Inhalte der Angabepflichten<br />

Nach der Vorschrift haben die Mitglieder des Verwaltungsvorstands der Gemeinde, soweit dieser nicht zu bilden<br />

ist, der Bürgermeister und der Kämmerer sowie die Ratsmitglieder am Schluss des Lageberichtes ausgewählte<br />

Angaben über ihre persönlichen Verhältnisse zu machen (vgl. § 70 GO <strong>NRW</strong>). Die Angabepflichten bestehen<br />

auch für die Personen, die im Haushaltsjahr ausgeschieden sind bzw. ihre Tätigkeit aufgegeben haben. Für die<br />

Auswahl des Personenkreises ist dabei entscheidend, dass diese Personen über ihre ausgeübten Funktionen<br />

besondere Schlüsselpositionen und Verantwortlichkeiten in der Gemeinde innehaben bzw. innegehabt haben. Sie<br />

haben oder hatten durch ihre Stellung einen maßgeblichen Einfluss auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft und<br />

damit auf die Vermögens- und Schuldenlage sowie die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde.<br />

Die gesetzlich bestimmten Angaben sind von dem festgelegten Personenkreis jeweils bezogen auf den jährlichen<br />

Stichtag des gemeindlichen Jahresabschlusses und nicht bezogen auf den Zeitpunkt der Bestätigung des Entwurfs<br />

des Jahresabschlusses durch den Bürgermeister oder den Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses<br />

durch den Rat zu machen. Unter die Angabepflichten fallen insbesondere personenbezogene Mandate, die<br />

von dem benannten Personenkreis in vielfältiger Form ausgeübt werden, z. B. Aufsichtsratsmandate, Beiratsmandate,<br />

Geschäftsführer- oder Vorstandstätigkeiten, Mitgliedschaften in einer Gesellschafterversammlung oder<br />

einer Verbandsversammlung, Mitgliedschaften in Verwaltungsräten, Mitgliedschaften im Kreditausschuss von<br />

Sparkassen, Mitgliedschaften im Kuratorium von Stiftungen.<br />

Aus Transparenzgründen sollten dabei auch Mandate benannt werden, die aus der beruflichen Funktion heraus<br />

entstanden sind, die bei der Gemeinde ausgeübt wird. Das Innehaben eines solchen Mandates muss dabei nicht<br />

unmittelbar als Vertreter der Gemeinde bestehen. Es sollten auch Mandate aufgrund berufsfachlicher Zusammenschlüsse<br />

angegeben werden, die neben dem Hauptberuf bestehen. In diesem Zusammenhang sollten auch<br />

Funktionen in Institutionen angegeben werden, wenn deren finanzielle Existenz aufgrund rechtlicher Verpflichtungen<br />

wesentlich durch die Gemeinde gesichert wird (institutionelle Finanzunterstützung), z. B. die Mitgliedschaft<br />

oder der Vorsitz im Aufsichtsrat oder auch die Vorstandstätigkeit in einem Verein.<br />

Die persönlichen Angaben dienen dazu, den Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gegenüber,<br />

insbesondere gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde, die Verantwortlichkeiten für den Jahresabschluss<br />

der Gemeinde hervorzuheben und dabei eine ausreichende Auskunft über die persönlichen Verhältnisse<br />

in Bezug auf mögliche Interessenkonflikte wegen der Haushaltswirtschaft der Gemeinde zu geben. Am<br />

Schluss des gemeindlichen Lageberichtes finden sich daher die individualisierten Angaben von jedem Einzelnen<br />

aus dem in der Vorschrift benannten Personenkreis unter Nennung seines Namens (vgl. Abbildung).<br />

Die Angabepflichten der Verantwortlichen in der Gemeinde<br />

ANGABEPFLICHTEN<br />

- Familienname mit mindestens einem ausgeschriebenen<br />

Vornamen<br />

GEMEINDEORDNUNG 838<br />

BEISPIELE FÜR MANDATE<br />

………..


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Angabepflichten der Verantwortlichen in der Gemeinde<br />

ANGABEPFLICHTEN<br />

- der ausgeübte Beruf<br />

- die Mitgliedschaften in Aufsichtsräten und<br />

anderen Kontrollgremien i.S.d. § 125 Abs. 1<br />

Satz 3 des Aktiengesetzes<br />

- die Mitgliedschaft in Organen von verselbstständigten<br />

Aufgabenbereichen der Gemeinde<br />

in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher<br />

Form<br />

- die Mitgliedschaft in Organen sonstiger privatrechtlicher<br />

Unternehmen<br />

GEMEINDEORDNUNG 839<br />

BEISPIELE FÜR MANDATE<br />

………..<br />

- die Mitgliedschaften in Aufsichtsräten und<br />

anderen Kontrollgremien von Aktiengesellschaften<br />

und anderen Gesellschaften,<br />

- Beirat bei Aktiengesellschaften<br />

- Mitglied der Gesellschafterversammlung<br />

(Gesellschafterausschuss), z. B. bei gemeindlichen<br />

Betrieben der Abfallbeseitigung,<br />

Abwasserbeseitigung, Energieversorgung,<br />

Stadtentwicklung, Stadtmarketing,<br />

Verkehrsinfrastruktur, Verkehrsbetrieb,<br />

Wasserversorgung, Wirtschaftsförderung,<br />

- Mitglied der Verbandsversammlung,<br />

- Mitglied des Verwaltungsrats,<br />

- Mitglied in besonderen Ausschüssen,<br />

- Mitglied einer Kommission,<br />

- Mitglied eines Fachbeirates,<br />

- Mitglied der Geschäftsführung<br />

- Mitglied im Beirat von Versicherungsgesellschaften,<br />

- Mitglied im Stiftungsrat, Beirat oder Kuratorium<br />

von Stiftungen<br />

Abbildung 176 „Die Angabepflichten der Verantwortlichen in der Gemeinde“<br />

Durch die in der Vorschrift bestimmten Pflichtangaben wird auf mögliche typische Interessenkonflikte der Verantwortlichen<br />

hingewiesen, die im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit stehen und dafür von Bedeutung<br />

sind. Mit den Angaben soll die berufliche Belastung der verantwortlichen Personen aufgezeigt und deren Kompetenz<br />

erkennbar gemacht werden. Ein Verzicht auf diese Angaben ist nicht zulässig. Auch besteht keine Schutzklausel,<br />

nach der in besonderen Fällen lediglich nur eingeschränkte Angaben gemacht werden dürfen, außer das<br />

Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder würde gefährdet.<br />

Angabepflichtig im gemeindlichen Lagebericht sind dagegen nicht das Innehaben von Aktien und damit die<br />

grundsätzliche Zugehörigkeit zur Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, denn dieses Gremium ist nicht<br />

personenbezogen wie die anderen Organe der Aktiengesellschaft, die allesamt nach Namen gebildet werden. Die<br />

Verbindung der einzelnen Personen (Aktionäre) zur Hauptversammlung wird nur durch das Innehaben von Aktien<br />

und nicht durch Namen, Ämter oder Funktionen bestimmt.<br />

Weitere über die Pflichtangaben hinausgehende Angaben, z. B. Angaben über die Höhe der Entgelte für die<br />

Tätigkeit in Organen, werden im Zusammenhang mit dem im Lagebericht zu machenden Angaben nicht gefordert.<br />

Die Angaben hängen nicht vom pflichtgemäßen Ermessen der betreffenden Personen ab, denn es kommt<br />

nicht darauf an, ob dieser Teil der gemeindlichen Berichterstattung zum Verständnis des Jahresabschlusses<br />

notwendig ist. Die zu machenden Angaben sind daher aus dem Blickwinkel der Adressaten des Jahresabschlusses<br />

und nicht aus dem Blickwinkel der Organmitglieder zu betrachten und zu prüfen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

2.1.2 Auskünfte über die Geschäftsführung der Gemeinde<br />

Für die Gemeinde besteht die gesetzliche Verpflichtung, am Schluss des Lageberichtes ausgewählte Angaben<br />

über die Verantwortlichen in der Gemeinde zu machen, um auf mögliche typische Interessenkonflikte hinzuweisen,<br />

die im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit stehen und dafür von Bedeutung sind. Diese Angabepflichten<br />

bieten sich als geeigneter Anlass an, im Lagebericht der Gemeinde auch Aussagen über die ordnungsgemäße<br />

Geschäftsführung dieser Verantwortlichen zu machen. Dazu gehören u.a. Angaben über eine ausreichende<br />

Informationsversorgung und die Erfüllung der Berichtspflichten sowie Kontrollen im Sinne eines wirtschaftlichen<br />

Verwaltungshandelns zum Wohle der Gemeinde. Es können daher Angaben über die Arbeitsweise<br />

der Organe und über Führungspraktiken, ggf. unter Benennung gesetzlicher Standards, dazu gemacht werden.<br />

Der gemeindliche Lagebericht stellt dabei aber kein Marketinginstrument dar.<br />

Unter Berücksichtigung der Verantwortung der gesetzlich vorgesehenen Gremien der Gemeinde bedarf es entsprechender<br />

Angaben über die Arbeit des gesamten Gremiums und nicht einer personenbezogenen Zuordnung<br />

auf seine Mitglieder. Zudem müssen nicht die sachlichen Beratungsinhalte von Sitzungen und Beratungen zum<br />

Gegenstand der Berichterstattung gemacht werden. Den Angaben über das tatsächliche Zusammenwirken nicht<br />

nur zwischen dem Rat der Gemeinde und der gemeindlichen Verwaltung, sondern auch zwischen dem Rat und<br />

seinen Ausschüssen sowie dem Bürgermeister und dem Verwaltungsvorstand kommt eine besondere Bedeutung<br />

zu. Unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten bedarf es dazu ggf. auch verbindlicher Regelungen, um<br />

Informationen sicherzustellen.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Verweis auf die Vorschrift des § 43 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>):<br />

2.2.1 Der Verweis auf die Nummer 5 der Vorschrift<br />

Nach der Vorschrift gilt im Zusammenhang mit den Angabepflichten über die persönlichen Verhältnisse der<br />

Ratsmitglieder ergänzend die Regelung des § 43 Absatz 2 Nummer 5 GO <strong>NRW</strong> für die Mitglieder des Rates der<br />

Gemeinde entsprechend, sofern für diese Personen im Lagebericht besondere Angaben im Zusammenhang mit<br />

dem gemeindlichen Jahresabschluss gemacht werden müssen. Der Verweis auf diese Regelung bewirkt, dass<br />

das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Vorschrift über die Angabepflichten durch ein Ratsmitglied je nach<br />

seiner Tätigkeit durch den Rat, die Bezirksvertretung oder einen Ausschuss zu prüfen und festzustellen ist.<br />

2.2.2 Der Verweis auf die Nummer 6 der Vorschrift<br />

Nach der Vorschrift gilt im Zusammenhang mit den Angabepflichten über die persönlichen Verhältnisse der<br />

Ratsmitglieder ergänzend die Regelung des § 43 Absatz 2 Nummer 6 GO <strong>NRW</strong> für die Mitglieder des Rates der<br />

Gemeinde entsprechend, sofern zu diesen Personen im Lagebericht besondere Angaben im Zusammenhang mit<br />

dem gemeindlichen Jahresabschluss gemacht werden müssen. Der Verweis auf diese Regelung bewirkt, dass<br />

die Mitglieder der Bezirksvertretungen sowie sachkundige Bürger und sachkundige Einwohner als Mitglieder von<br />

Ausschüssen mögliche Ansprüche anderer gegen die Gemeinde nur dann nicht geltend machen können, wenn<br />

diese im Zusammenhang mit ihren Aufgaben stehen. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist jeweils von der<br />

Bezirksvertretung bzw. vom Ausschuss zu prüfen und zu entscheiden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 840


3. Zu Absatz 3 (Aufstellung des Jahresabschlusses):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Aufstellungsverfahren)<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

3.1.1 Die Aufstellung des Entwurfs durch den Kämmerer<br />

3.1.1.1 Die Zuständigkeiten<br />

Nach der Vorschrift ist der Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses mit seinen Anlagen vom Kämmerer der<br />

Gemeinde aufzustellen, der die Finanzverantwortung in der Gemeinde innehat. Er hat dabei die Generalnorm zu<br />

beachten, nach der der Jahresabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein<br />

den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde vermitteln muss. Dieses Gebot kann unter Beachtung des Vollständigkeitsgebots nur dann erfüllt werden,<br />

wenn der Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses alle gesetzlich vorgesehenen Bestandteile und<br />

Anlagen umfasst. Nach der Fertigstellung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses hat der Kämmerer<br />

den Entwurf zu unterzeichnen und dem Bürgermeister zur Bestätigung vorzulegen.<br />

Der Kämmerer hat bei der Aufstellung des Entwurfs des Jahresabschlusses der Gemeinde die Zeitvorgabe zu<br />

beachten, dass der Bürgermeister den von ihm bestätigten Entwurf innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des<br />

Haushaltsjahres dem Rat zur Feststellung zuzuleiten hat. Das gesamte Aufstellungsverfahren des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses erfordert daher eine klare Aufgabenverteilung und Terminplanung. Es ist deshalb von der<br />

Gemeinde örtlich festzulegen, wer welche Abschlussarbeiten bis zu welchem Termin zu erbringen hat. Dabei ist<br />

ein Zusammenhang mit den für den Jahresabschluss notwendigen Abstimmungsarbeiten und den zu klärenden<br />

Sachverhalten herzustellen. Auch sind die Erfordernisse zur Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

bei der Aufgaben- und Zeitplanung der Gemeinde bereits auch beim Jahresabschluss zu berücksichtigen.<br />

Zur Durchführung der örtlichen Prüfung bedarf es dabei grundsätzlich eines vollständigen vom Bürgermeister<br />

bestätigten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses. Dieses Erfordernis muss jedoch auch unter dem<br />

Gesichtspunkt einer sich an die Aufstellung anschließenden „begleitenden Prüfung“ bewertet und umgesetzt<br />

werden, denn das Ziel und der Zweck der örtlichen Prüfung des Jahresabschlusses ist nicht mehr eine formal<br />

strenge „nachträgliche“ Prüfung. Der Kämmerer hat dieses Erfordernis bereits bei der Aufstellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses zu beachten. Es bedarf daher einer eigenverantwortlichen Abstimmung innerhalb der<br />

gemeindlichen Verwaltung über eine den örtlichen Verhältnissen angepasste Aufstellung der Jahresabschlussunterlagen.<br />

Dazu gehört ein Zusammenwirken bei der Prüfung mit zeitlich angepassten prüffähigen Vorlagen.<br />

Unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorgabe, dass der Rat der Gemeinde einen geprüften Jahresabschluss<br />

bis zum 31. Dezember des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres festzustellen hat, sollte daher ein jährlicher<br />

Zeitplan nicht nur die Aufstellung- und Beteiligungserfordernisse festlegen, sondern auch ausweisen, wer,<br />

wem welche gemeindlichen Jahresabschlussunterlagen zu übergeben und zu übernehmen hat. Für die begleitende<br />

Prüfung kann dabei festgelegt werden, wann welche Teile des Entwurfs des Jahresabschlusses zur Prüfung<br />

zur Verfügung stehen und bis wann das gesamte Prüfungsverfahren durch einen Bestätigungsvermerk abgeschlossen<br />

sein muss. Dabei muss auch geklärt werden, wie mit Berichtigungsvorschlägen zum Entwurf des<br />

Jahresabschlusses aus der örtlichen Prüfung umgegangen werden soll. Dem Rechnungsausschuss sollte nach<br />

der Beteiligung der örtlichen Rechnungsprüfung ein vollständiger und geprüfter Entwurf des Jahresabschlusses<br />

zur weiteren Beratung zur Verfügung stehen, der auch vom Bürgermeister bestätigt worden ist.<br />

3.1.1.2 Die inhaltlichen Anforderungen<br />

Der Kämmerer der Gemeinde hat bei der Aufstellung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses die<br />

Generalnorm in Absatz 1 Satz 2 der Vorschrift zu beachten, nach der der Jahresabschluss der Gemeinde unter<br />

GEMEINDEORDNUNG 841


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde zu vermitteln muss. Er muss zudem<br />

auch den Lagebericht erstellen, der dem gemeindlichen Jahresabschluss beizufügen und so zu fassen ist, dass<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage<br />

der Gemeinde vermittelt wird (vgl. § 48 Satz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses sind jedoch nicht nur die Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung, sondern auch das Anschaffungskostenprinzip und der Grundsatz der Wesentlichkeit sowie<br />

weitere Schutzklauseln bzw. Prinzipien und haushaltswirtschaftliche Regelungen zu beachten. Dazu gehört z. B.<br />

insbesondere das Vollständigkeitsgebot, nachdem der Entwurf des Jahresabschlusses alle vorgesehenen Bestandteile<br />

und Anlagen umfassen muss. Der Entwurf und der Lagebericht bilden dann die dem Rat der Gemeinde<br />

zuzuleitenden Jahresabschlussunterlagen.<br />

3.1.1.3 Die Entscheidungen zu über- und außerplanmäßigen Aufwendungen<br />

Im Zusammenhang mit der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses bedarf es vielfach noch der Entscheidung<br />

über notwendige über- und außerplanmäßige Aufwendungen - auch erhebliche – die aber erst im<br />

Rahmen des Jahresabschlusses hinsichtlich ihres Umfanges konkret erkennbar werden und dem abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr noch wirtschaftlich zugeordnet werden müssen. Die Entscheidung darüber findet üblicherweise in<br />

einem gesonderten Verfahren statt (vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong>). Die in dieser Vorschrift enthaltenen Bestimmungen sind<br />

aber auf zusätzliche Aufwendungen ausgerichtet, für die ein Bedarf innerhalb des Haushaltsjahres entsteht.<br />

Es ist daher sachgerecht, über den Bedarf an über- und außerplanmäßigen Aufwendungen, der erst im Rahmen<br />

der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses entsteht, auch in diesem Rahmen zu entscheiden. Diese<br />

Entscheidung kann der Kämmerer im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

treffen. Zu beachten ist, dass bei über- und außerplanmäßigen Auszahlungen diese Möglichkeit<br />

nicht besteht, denn nach dem beim gemeindlichen Zahlungsverkehr zu beachtenden Kassenwirksamkeitsprinzip<br />

sind zu leistende Auszahlungen immer in dem Haushaltsjahr zu erfassen, in dem die Zahlung erfolgt.<br />

3.1.2 Die Bestätigung des Entwurfs durch den Bürgermeister<br />

3.1.2.1 Die Inhalte der Bestätigung<br />

Nach der Vorschrift hat der Bürgermeister den ihm vom Kämmerer vorgelegten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

zu bestätigen. Für diese Bestätigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie stellt eine<br />

funktionale und keine persönliche Rechtshandlung des Bürgermeisters der Gemeinde dar und kommt durch die<br />

Unterzeichnung des dem Bürgermeister den ihm vorgelegten Entwurfs zum Ausdruck. Der Bürgermeister erfüllt<br />

mit seiner Bestätigung eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Er bestätigt, dass der Entwurf aus seiner Verantwortung<br />

heraus richtig und vollständig ist, sofern er dazu keine besonderen Einschränkungen macht oder Hinweise<br />

gibt. Dabei ist klarzustellen, ob die Bestätigung auch den Lagebericht umfasst, der dem gemeindlichen Jahresabschluss<br />

beizufügen ist.<br />

Der Bürgermeister ist jedoch nicht verpflichtet, den vom Kämmerer aufgestellten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

unverändert dem Rat der Gemeinde zuzuleiten. Wenn aus seiner Sicht ein Bedarf für Änderungen<br />

besteht, kann er eigenverantwortlich diese Änderungen vornehmen. Er kann zum Entwurf auch Einschränkungen<br />

machen oder weitere Hinweise geben. Eine Abstimmung des Bürgermeisters mit dem Kämmerer ist in<br />

diesen Fällen sinnvoll und sachgerecht, aber nicht verpflichtend. Der Bürgermeister hat bei der Erteilung seiner<br />

Bestätigung darauf zu achten, dass er den von ihm bestätigten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

innerhalb von drei Monaten nach dem Abschlussstichtag dem Rat zur Prüfung und Feststellung zuzuleiten hat.<br />

GEMEINDEORDNUNG 842


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Unterzeichnung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Bürgermeister stellt zudem<br />

eine Vollständigkeitserklärung dahingehend dar, dass der Entwurf alle Bestandteile und Anlagen enthält, die dafür<br />

haushaltsrechtlich vorgeschrieben bzw. notwendig sind. Es bedarf daher keiner gesonderten Erklärung zur Vollständigkeit<br />

dieser Unterlagen, z. B. gegenüber dem Rechnungsprüfungsausschuss oder anderen Prüfern, die den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss zu prüfen haben (vgl. § 101 GO <strong>NRW</strong>). Mit der Unterschrift des Bürgermeisters<br />

und dem Datum wird zudem nachgewiesen, inwieweit der Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses so<br />

fristgerecht aufgestellt und dem Rat zugeleitet worden ist, dass dieser spätestens bis zum Ende des dem Haushaltsjahr<br />

folgenden Jahres den Jahresabschluss feststellen kann.<br />

Im Rahmen der Bestätigung des gemeindlichen Jahresabschlusses kann der Bürgermeister auch noch den erforderlich<br />

gewordenen über- und außerplanmäßigen Aufwendungen zustimmen, soweit dazu seine Zustimmung<br />

erforderlich ist (vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong>). Die Zustimmung in diesem Verfahren ist als vertretbar anzusehen, denn die<br />

in der genannten Vorschrift enthaltenen Verfahrensregelungen und Zuständigkeiten sind auf die Erfordernisse<br />

und die Ausführung des Haushaltsplans innerhalb des Haushaltsjahres ausgelegt. Soweit Aufwendungen - auch<br />

erhebliche - aber erst im Rahmen des Jahresabschlusses dem abgelaufenen Haushaltsjahr wirtschaftlich zugeordnet<br />

werden können, bedarf es dann nicht zusätzlich des in § 83 GO <strong>NRW</strong> bestimmten Verfahrens. Diese<br />

Sachlage betrifft jedoch nicht über- und außerplanmäßige Auszahlungen, denn diese sind nach dem Kassenwirksamkeitsprinzip<br />

immer dem jeweils aktuellen Haushaltsjahr zuzuordnen, in dem die Zahlung erfolgt.<br />

3.1.2.2 Die Informationspflichten des Bürgermeisters<br />

Der Bürgermeister hat nach der Vorschrift das Recht, von dem ihm vorgelegten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

abzuweichen, bevor er diesen dem Rat der Gemeinde zuleitet. Der Bürgermeister hat er vor der<br />

Zuleitung des Entwurfs an den Rat der Gemeinde den Kämmerer über seine abweichende Auffassung zu informieren<br />

und ihm die sich daraus ergebenden oder bereits von ihm vorgenommenen Änderungen des Entwurfs<br />

offen zu legen. Dem Kämmerer steht in diesem Falle das Recht zu, eine Stellungnahme zu dem durch den Bürgermeister<br />

geänderten Entwurf des Jahresabschlusses abzugeben, soweit er die vorgenommenen Änderungen<br />

an seinem Entwurf nicht mittragen kann.<br />

Die Befugnis des Bürgermeisters, Änderungen an dem ihm vom Kämmerer vorgelegten Entwurf des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses vornehmen zu dürfen, geht jedoch nicht so weit, dass er wegen des möglicherweise<br />

weitreichenden Umfangs seiner von ihm für notwendig angesehenen Änderungen eigenständig einen neuen<br />

Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses aufstellen darf. Das Recht zur Aufstellung des Entwurfs des Jahresabschlusses<br />

der Gemeinde steht gesetzlich nur dem Kämmerer und nicht dem Bürgermeister zu. Bei offenen<br />

Differenzen zwischen dem Kämmerer und dem Bürgermeister über die Entwurfsfassung sind diese ggf. im Rahmen<br />

der Beratungen des Rates über den gemeindlichen Jahresabschluss unter Einbeziehung der vom Kämmerer<br />

abgegebenen Stellungnahme auszuräumen bzw. ist darüber zu entscheiden.<br />

3.1.3 Die Wirkungen der Unterzeichnungen<br />

Mit ihren Unterschriften auf dem aufgestellten und bestätigten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

erfüllen der Kämmerer und der Bürgermeister eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Sie dokumentieren dadurch<br />

auch ihre Verantwortung für die gemeindliche Haushaltswirtschaft als Nachweis im Sinne der Vorschrift. Beide<br />

Verantwortlichen bringen damit zudem zum Ausdruck, dass der von ihnen aufgestellte Entwurf des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses aus ihrer Verantwortung heraus richtig und vollständig ist. Sie erklären damit auch, dass das<br />

Ergebnis des wirtschaftlichen Handelns der Gemeinde im abgelaufenen Haushaltsjahr nach festgelegten haushaltsrechtlichen<br />

und betriebswirtschaftlichen Regeln aufgezeigt wird und unter Beachtung der Grundsätze ord-<br />

GEMEINDEORDNUNG 843


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

nungsmäßiger Buchführung der Jahresabschluss sowie der Lagebericht ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermitteln.<br />

Das Gebot der Vollständigkeit bedingt im Rahmen der Unterzeichnung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

nicht, dass die Bestandteile und Anlagen des gemeindlichen Jahresabschlusses einzeln durch den Kämmerer<br />

und den Bürgermeister zu unterzeichnen sind. Es bietet sich deshalb an, den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

buchtechnisch zusammenzufassen. Dadurch wird es für Dritte erkennbar und nachvollziehbar, dass sich die Unterzeichnung<br />

des Kämmerers und des Bürgermeisters auf die Gesamtheit des Jahresabschlusses und nicht auf<br />

bestimmte Teile davon bezieht, z. B. Ratsmitglieder und Abschlussprüfer.<br />

3.1.4 Die Stellungnahme des Kämmerers<br />

Der Kämmerer kann ggf. eine Stellungnahme abgeben, soweit der Bürgermeister von dem ihm vorgelegten Entwurf<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses abweicht und der Kämmerer die vorgenommenen Änderungen nicht<br />

mittragen kann. Sofern der Kämmerer eine Stellungnahme zu den Änderungen des Bürgermeisters abgegeben<br />

hat, muss der Bürgermeister diese Stellungnahme mit dem von ihm bestätigten Entwurf des Jahresabschlusses<br />

dem Rat zuleiten. Der Kämmerer hat dann das Recht, seine Auffassung zum gemeindlichen Jahresabschluss in<br />

den Beratungen des Rates persönlich zu vertreten (vgl. § 96 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Dieses „Rederecht“<br />

kann nicht vom Bürgermeister übernommen oder von ihm in Vertretung des Kämmerers wahrgenommen werden.<br />

3.2 Zu Satz 2 (Zuleitung des Entwurfs des Jahresabschlusses an den Rat):<br />

3.2.1 Die Zwecke und Inhalte der Zuleitung<br />

Die in der Vorschrift geregelte Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses an den Rat der<br />

Gemeinde dient einerseits der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses, denn der Rat hat die Pflicht,<br />

nach Abschluss des Haushaltsjahres, die Ausführung des Haushaltsplans, soweit sie sich im Jahresabschluss<br />

niederschlägt, zu überprüfen und über das Ergebnis sowie über die Verwendung des Jahresüberschusses bzw.<br />

die Behandlung des Jahresfehlbetrages einen Beschluss zu fassen (vgl. § 96 Absatz 1 Satz 1 und 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Andererseits kommt der Bürgermeister durch die Zuleitung des Jahresabschlusses auch seiner Pflicht nach, den<br />

Rat über alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zu unterrichten, sodass der Rat auch seiner<br />

Kontrollaufgabe nachkommen kann (vgl. § 55 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Durch den gemeindlichen Jahresabschluss legt der Bürgermeister deshalb Rechenschaft über die Ausführung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr gegenüber dem Rat der Gemeinde ab und legt durch<br />

den Jahresabschluss dar, wie er seinen Auftrag ausgeführt hat, zu welchem Ergebnis die Haushaltswirtschaft im<br />

Verlaufe des Haushaltsjahres geführt hat, welche Auswirkungen sich daraus auf das Vermögen und die Schulden<br />

der Gemeinde ergeben, wie sich die wirtschaftliche Lage der Gemeinde darstellt und welche Chancen und Risiken<br />

sich insgesamt für die künftige Entwicklung der Gemeinde ergeben.<br />

Mit der Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses an den Rat der Gemeinde werden dieser<br />

Vertretungskörperschaft erste Informationen für seine gesetzlich vorgesehene Beschlussfassung über den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss gegeben. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Rat unmittelbar nach der Zuleitung<br />

bzw. aufgrund der Vorlage den Entwurf des Jahresabschlusses unmittelbar festzustellen hat. Vielmehr dient die<br />

Zuleitung des Jahresabschlusses an den Rat dem Zweck die gesetzlich vorgesehene Prüfung des Jahresabschlusses<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss des Rates durchführen zu lassen, denn der Rat darf nur über<br />

eine geprüfte Fassung einen Beschluss fassen (vgl. § 96 i.V.m. § 101 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 844


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch die Zuleitung verlässt der Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses den Machtbereich der gemeindlichen<br />

Verwaltung, weil die Aufstellungsarbeiten abgeschlossen sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Bürgermeister<br />

einerseits als Verantwortlicher für die gemeindliche Verwaltung (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>) und andererseits<br />

als Ratsmitglied kraft Gesetzes handelt (vgl. § 40 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Zuleitung der gemeindlichen<br />

Jahresabschlussunterlagen an den Rat dient auch dazu, den Ratsmitgliedern nicht nur die nötigen Informationen<br />

über die gemeindliche Haushaltswirtschaft zu geben, um die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

beschließen zu können.<br />

Die Ratsmitglieder haben aufgrund des durch den Bürgermeister bestätigten Jahresabschlusses auch über die<br />

gesetzlich vorgesehene Entlastung des Bürgermeisters für das Haushaltsjahr zu entscheiden (vgl. § 96 Absatz 1<br />

Satz 4 GO <strong>NRW</strong>). Der Bürgermeister, der die Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses an<br />

den Rat der Gemeinde durchführt, kann daher im Rahmen seiner Vorlage an den Rat bereits darlegen, dass und<br />

wie von ihm die gemeindliche Haushaltswirtschaft entsprechend dem Auftrag des Rates ordnungsgemäß ausgeführt<br />

wurde und dass aus seiner Sicht keine Erkenntnisse vorliegen, die gegen seine Entlastung sprechen.<br />

Im Rahmen der örtlichen Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses können sich ggf. noch wichtige oder<br />

erhebliche Änderungen ergeben, die der Rat dann grundsätzlich in seine Feststellungen einzubeziehen, zu bewerten<br />

und zu entscheiden hat. Dabei ist es vertretbar, begleitend zur Prüfung und in Absprache mit den Unterzeichnern<br />

des Entwurfs diesen soweit zu ändern, dass aufgetretene Fehler beseitigt werden. Soweit bereits im<br />

Rahmen der Prüfung sachgerechte Änderungen des Entwurfs im Zusammenwirken der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

und der gemeindlichen Verwaltung erfolgt sind, ist der Rat darüber zu informieren, in welchem Umfang der<br />

Entwurf aktualisiert bzw. welche Teile neu gefasst wurden.<br />

In solchen Fällen ist der Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses nicht insgesamt neu aufzustellen (kein<br />

neuer zweiter Entwurf). Der Bürgermeister muss vielmehr in solchen Fällen nur gesondert bestätigen, dass die<br />

dem Rat nunmehr vorliegende Fassung zur Feststellung des Jahresabschlusses aktualisiert wurde und nunmehr<br />

zutreffend das Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr abbildet.<br />

3.2.2 Der Vollzug der Zuleitung<br />

3.2.2.1 Die Übergabe an den Rat<br />

Nach der Vorschrift hat der Bürgermeister den von ihm bestätigten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

mit seinen Anlagen dem Rat der Gemeinde zur Feststellung zuzuleiten. Der Adressat der Vorlage ist damit<br />

der Rat als Kollegialorgan, das seine Beschlüsse in Sitzungen fasst (Sitzungsprinzip) und nicht das einzelne<br />

Ratsmitglied. Die Zuleitung des bestätigten Entwurfs des Jahresabschlusses mit seinen Anlagen an den Rat der<br />

Gemeinde wird in der gemeindlichen Praxis i.d.R. dadurch vollzogen, dass ein entsprechender Tagesordnungspunkt<br />

auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Rates gesetzt wird.<br />

Diese Tätigkeit erfolgt durch den Bürgermeister, denn er hat die Ratssitzungen einzuberufen (vgl. § 47 Absatz 1<br />

Satz 1 GO <strong>NRW</strong>) und die Tagesordnung in eigener Verantwortung festzulegen (vgl. § 48 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Im<br />

Rahmen der beschlussfähigen Zusammenkunft des Rates (Sitzung), bei der ein entsprechender Tagesordnungspunkt<br />

zur Beratung ansteht, kann die Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses an den Rat<br />

der Gemeinde als erledigt betrachtet werden.<br />

Für die weiteren Beratungen des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses im Rat der Gemeinde sowie für<br />

die Verweisung des Entwurfs zur Prüfung an den Rechnungsprüfungsausschuss ist es wichtig, dass jedes Ratsmitglied<br />

über ausreichende Beratungsunterlagen verfügen kann. Ihm stehen hinsichtlich der Beschlussfassung<br />

des Rates eigene Mitwirkungsrechte zu, die erfordern, sachgerechte Unterlagen über die abgeschlossene gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres verfügbar sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 845


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

Es muss daher gewährleistet werden, dass der Rat der Gemeinde nach der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss sachgerecht die Feststellung darüber treffen kann. Dazu<br />

gehört, dass der Bürgermeister auch die Stellungnahme des Kämmerers mit vorzulegen hat, wenn der Kämmerer<br />

von dem ihm gesetzlich eingeräumten Recht Gebrauch gemacht hat, eine Stellungnahme zu dem vom Bürgermeister<br />

geänderten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses abzugeben.<br />

3.2.2.2 Die Übergabe an den Ausschuss und Information an den Rat<br />

Der vom Bürgermeister bestätigte Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses mit seinen Anlagen ist dem Rat<br />

der Gemeinde zur Feststellung zuzuleiten. Der Adressat der Vorlage ist damit grundsätzlich der Rat als Kollegialorgan.<br />

Aus dem Zusammenspiel dieser Regelung mit der haushaltsrechtlichen Regelung, das der Rat den vom<br />

Rechnungsprüfungsausschuss geprüften Jahresabschluss festzustellen hat (vgl. § 96 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>),<br />

kann abgeleitet werden, dass die Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses an den Rat auch<br />

dann als vollzogen anzusehen ist, wenn der Entwurf unmittelbar dem Rechnungsprüfungsausschuss übergeben<br />

und gleichzeitig der Rat in einer Vorlage darüber unterrichtet wird. Eine solche Vorgehensweise ist als sachgerecht<br />

im Sinne der Feststellung des Jahresabschlusses durch den Rat anzusehen, denn dem Rat werden keine<br />

Rechte vorenthalten, noch wird er bei einem solchen Verfahren ausgeschlossen.<br />

Der Rat kann im Wege der Unterrichtung das Jahresergebnis sowie Eckwerte der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde<br />

zur Kenntnis nehmen, wie es auch bei einer Zuleitung an den Rat bzw. über den Rat an den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

möglich ist. Solche Eckwerte können z. B. Daten aus der Ergebnisrechnung, der Finanzrechnung<br />

und der Bilanz sein, wobei die Ratsvorlage auch wichtige mit den Bestandteilen des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

in Verbindung stehende wesentliche Feststellungen enthalten sollte, z. B. Informationen aus dem<br />

Anhang sowie Einschätzungen aus dem Lagebericht (vgl. §§ 37 ff. GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die unmittelbare Übergabe des zu prüfenden Jahresabschlusses an den Rechnungsprüfungsausschuss ist auch<br />

deshalb vertretbar, weil die Beteiligung anderer Ausschüsse des Rates, z.B. des Finanzausschusses, nicht die<br />

vorherige Beteiligung des Rates erfordert. Die Verkürzung des Verfahrensweges führt daher materiell zu keinen<br />

Einschnitten der Rechte noch der Zwecke, auf die die haushaltsrechtlichen Vorschriften ausgerichtet sind. In der<br />

örtlichen Abwägung, ob eine direkte Übergabe des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses an den<br />

Rechnungsprüfungsausschuss erfolgen soll, müssen die genannten Gegebenheiten, aber auch die Einhaltung<br />

der gesetzlich bestimmten Frist für die Feststellung des Jahresabschlusses (spätestens 31. Dezember des dem<br />

Haushaltsjahr folgenden Jahres) einbezogen werden.<br />

Eine unmittelbare Übergabe des Entwurfs an die örtliche Rechnungsprüfung ist jedoch nicht zulässig. Diese<br />

Sachlage gilt auch dann, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss gleichzeitig unterrichtet wird. Es bedarf immer<br />

eines Prüfungsauftrages, die sich jedoch die gemeindliche Verwaltung nicht selbst erteilt kann, weil auch das<br />

haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde ein Gegenstand der Abschlussprüfung ist. Die Zuleitung des<br />

Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses an den Rat ist als vollzogen anzusehen, wenn der Entwurf unmittelbar<br />

dem Rechnungsprüfungsausschuss übergeben und gleichzeitig der Rat unterrichtet wird.<br />

3.2.3 Der Zeitraum der Aufstellung und die Bestätigung des Jahresabschlusses<br />

Nach der Vorschrift hat der Bürgermeister den von ihm bestätigten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres dem Rat der Gemeinde zur Feststellung<br />

zuzuleiten. Grundsätzlich gilt daher der 31. März des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres als letzter Tag für<br />

die Aufstellung dieses Jahresabschlusses. Die gesetzliche Frist erfordert daher, dass der Kämmerer als der gesetzlich<br />

dafür Verantwortliche den Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses rechtzeitig aufstellt. Das ge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 846


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

samte Aufstellungsverfahren des Jahresabschlusses erfordert deshalb einer klaren Aufgabenverteilung und Terminplanung.<br />

Es ist daher von der Gemeinde örtlich festzulegen ist, wer welche Abschlussarbeiten bis zu welchem<br />

Termin zu erbringen hat, um die für den Jahresabschluss notwendigen Abstimmungsarbeiten und zu klärenden<br />

Sachverhalte fristgerecht erledigt zu können.<br />

Die dreimonatige Frist für die Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses an den Rat der Gemeinde<br />

dient u.a. dazu, den Jahresabschluss technisch vorzubereiten und im Rahmen der Aufstellung die erforderlichen<br />

Entscheidungen aus Sicht und in Verantwortung der gemeindlichen Verwaltung zu treffen. Außerdem<br />

hat der Rat einen Anspruch darauf, möglichst zeitnah an das Ende des Haushaltsjahres über das Ergebnis und<br />

den Vollzug der Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr informiert zu werden. Durch eine fristgerechte<br />

Zuleitung kommt der Bürgermeister seiner Pflicht nach, den Rat über alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung<br />

zu unterrichten (vgl. § 55 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die gesetzliche Fristvorgabe soll daher den Bedürfnissen des Rates Rechnung tragen, damit der Rat seiner Kontrollfunktion<br />

nachkommen kann. Sie soll aber ebenfalls der Verwaltung der Gemeinde Rechnung tragen, die wirtschaftlichen<br />

Entscheidungen zeitnah zu treffen. Dafür müssen die Ist-Ergebnisse aus dem haushaltswirtschaftlichen<br />

Handeln des vergangenen Haushaltsjahres sowie die daraus resultierenden Wertansätze der gemeindlichen<br />

Bilanz schnellstmöglich ermittelt werden. Die Fristvorgabe trägt damit zur Bedeutung und dem Wert des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses sowie zur Tragfähigkeit der Entscheidung über die Entlastung des Bürgermeisters bei.<br />

Die Einhaltung der Aufstellungsfrist für den gemeindlichen Jahresabschluss gehört dabei zur ordnungsmäßigen<br />

Buchführung der Gemeinde. Bei einer erheblichen Überschreitung der Frist kann daher die gemeindliche Buchführung<br />

als nicht mehr als ordnungsmäßig im Sinne der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung angesehen<br />

werden. Diese Beurteilung beruht auch darauf, dass der gemeindliche Jahresabschluss ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde unter<br />

Beachtung der GoB zu vermitteln hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob bei einer tatsächlich eingetretenen<br />

erheblichen Fristüberschreitung durch die Gemeinde von der Aufsichtsbehörde darauf gerichtete Maßnahmen<br />

auch ergriffen werden.<br />

3.2.4 Der Zeitraum der Aufstellung und das Wertaufhellungsprinzip<br />

3.2.4.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Das Wertaufhellungsprinzip kann durch die Gemeinde nur im Zeitraum zwischen dem Abschlussstichtag und dem<br />

letzten Tag der fristgerechten Aufstellung des Jahresabschlusses für das abgelaufene Haushaltsjahr angewendet<br />

werden. Das Ende dieses Zeitraumes wird dabei durch die gesetzliche Regelung bestimmt, dass der Bürgermeister<br />

innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres dem Rat der Gemeinde den von ihm bestätigten<br />

(aufgestellten) Jahresabschluss zur Feststellung zuzuleiten hat (vgl. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesem Zeitraum ist es möglich, dass noch nach dem Abschlussstichtag gewonnene Kenntnisse über haushaltswirtschaftliche<br />

Gegebenheiten der Gemeinde in den Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses einfließen<br />

zu lassen. Ohne eine Verknüpfung des Wertaufhellungsprinzips mit der haushaltsrechtlich bestimmten Aufstellungsfrist<br />

für den gemeindlichen Jahresabschluss läge es in zeitlicher Hinsicht im Belieben der Gemeinde, die<br />

Sachverhalte als wertaufhellende Informationen im gemeindlichen Jahresabschluss zu berücksichtigen.<br />

Die Anwendung des Wertaufhellungsprinzips nach dem Abschlussstichtag kommt in diesen Zusammenhang ein<br />

Ausnahmecharakter zu, auch wenn die Pflicht für die Gemeinde besteht, vorhersehbare Risiken und Verluste, die<br />

bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, auch dann zu berücksichtigen sind, wenn diese erst zwischen dem<br />

Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses der Gemeinde bekannt geworden sind.<br />

Als letzter Tag der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses im Sinne der Vorschrift ist daher der Tag<br />

GEMEINDEORDNUNG 847


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

anzusehen, an dem die Buchführung für das abgelaufene Haushaltsjahr abgeschlossen und die Entscheidungen<br />

über die Inhalte und die Gestaltung des gemeindlichen Jahresabschlusses getroffen worden sind.<br />

Unter Einbeziehung der gesetzlichen Verpflichtungen des Kämmerers und des Bürgermeisters zur Aufstellung<br />

bzw. Bestätigung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses ist dieses regelmäßig der Tag, an dem der<br />

Bürgermeister durch seine Unterschrift den vom Kämmerer bestätigten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

dem Rat der Gemeinde zuleitet ggf. dem Rechnungsprüfungsausschuss übergibt. Nach der gesetzlichen<br />

Regelung soll die Zuleitung des gemeindlichen Jahresabschlusses an den Rat innerhalb von drei Monaten<br />

nach Ablauf des Haushaltsjahres erfolgen (vgl. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Dadurch ist grundsätzlich der 31. März<br />

des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres als letzter Tag der Zuleitung anzusehen.<br />

Dieser Tag stellt gleichzeitig den letzten Tag für die Anwendung des Wertaufhellungsprinzips durch die Gemeinde<br />

dar. In diesem Fall stehen sich zudem nicht die zeitliche Frist und das Wertaufhellungsprinzip als zwei gleichrangige<br />

haushaltsrechtliche Vorschriften gegenüber, die deshalb hinsichtlich ihrer Bedeutung und Wesentlichkeit<br />

gegeneinander abzuwägen wären. Für die gesetzliche Vorschrift über die Aufstellungsfrist besteht von Anfang an<br />

ein Vorrang gegenüber einem haushaltswirtschaftlichen Prinzip, dass verordnungsrechtlich bestimmt und in einen<br />

Zusammenhang mit der gesetzlichen Regelung gestellt wurde.<br />

Ein solcher Vorrang kann dabei auch nicht im Wege der Auslegung auf das haushaltswirtschaftliche Prinzip übertragen<br />

werden. Es würde ggf. lediglich ein Korrekturbedürfnis, aber keine bilanzielle Rechtswidrigkeit des Jahresabschlusses<br />

entstehen, das keinen Anlass für eine Änderung des Bestätigungsvermerks begründen kann. Die<br />

Vorgabe einer zeitlichen Begrenzung für die Wertaufhellung ist daher als sachgerecht anzusehen, denn die im<br />

gemeindlichen Jahresabschluss enthaltenen Informationen verlieren mit zunehmenden Zeitablauf ihre Bedeutung<br />

für die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft sowie für die Steuerung der Gemeinde.<br />

3.2.4.2 Keine eigenständige Ausgestaltung<br />

Die Anwendung des haushaltswirtschaftlich bestimmten Wertaufhellungsprinzips kann die Gemeinde grundsätzlich<br />

nicht vom zeitlichen und organisatorischen Ablauf der eigenen Aufstellungsarbeiten des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

bzw. von seiner Fertigstellung abhängig machen. Es ist daher von der Gemeinde nicht zu entscheiden,<br />

in welchem Zeitraum nach dem Abschlussstichtag ertrags-, aufwands- oder vermögenswirksame<br />

Sachverhalte in die vorzunehmende Periodenabgrenzung noch einbezogen werden dürfen.<br />

Der Grundsatz der Haushaltswahrheit verlangt, dass die Anwendung des Prinzips der Wertaufhellung durch die<br />

Gemeinden willkürfrei erfolgen muss. Er unterliegt daher nicht der eigenständigen Ausgestaltung durch die Gemeinde,<br />

z.B. in dem die Zeitdauer der Abschlussprüfung hinzugerechnet wird. Durch die ausdrückliche Verwendung<br />

des Begriffs „Aufstellung“ in der Vorschrift über den gemeindlichen Jahresabschluss (vgl. § 95 Absatz 3 GO<br />

<strong>NRW</strong>) und in der Vorschrift über die allgemeinen Bewertungsanforderungen wird ausdrücklich eine unmittelbare<br />

Verbindung zwischen diesen haushaltsrechtlichen Tatbeständen geschaffen.<br />

Für die Gemeinde wird dadurch z. B. klargestellt, dass der Zeitraum für die Anwendung des Wertaufhellungsprinzips<br />

nicht eigenständig ausgestaltet und erweitert werden kann, z. B. bis zur tatsächlichen Prüffähigkeit der gemeindlichen<br />

Jahresabschlussunterlagen oder bis zum Abschluss der Prüfung oder bis zum Zeitpunkt der Feststellung<br />

des Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die oftmals aus örtlichen<br />

Gründen gewünschte Ausdehnung des Zeitraumes der Wertaufhellung findet in den haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften jedoch keine Grundlage (vgl. §§ 96 und 101 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Ein möglicher Änderungsbedarf des gemeindlichen Jahresabschlusses nach dem gesetzlich bestimmten Aufstellungszeitraum<br />

kann daher nicht unter dem Begriff der Wertaufhellung subsumiert werden. Er kann ggf. noch zu<br />

einer Berichtigung des gemeindlichen Jahresabschlusses führen, sofern im Rahmen der Prüfung oder der Bera-<br />

GEMEINDEORDNUNG 848


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

tungen des Rates ein Bedarf dafür anerkannt wird. Vor der Feststellung des Jahresabschlusses durch den Rat<br />

kann es daher noch zu Fehlerberichtigungen kommen, über von der Gemeinde zu entscheiden ist. Eine Fehlerberichtigung<br />

nach der Feststellung des Jahresabschlusses ist nur dann möglich, wenn eine Änderung zum Gegenstand<br />

des Feststellungsbeschlusses des Rates gemacht wurde, z. B. durch eine Änderungsliste.<br />

Eine eigenständige Verkürzung des Wertaufhellungszeitraums durch die Gemeinde, z. B. auf den ersten oder die<br />

ersten beiden Monate nach dem abgelaufenen Haushaltsjahr, steht grundsätzlich nicht im Einklang mit der haushaltsrechtlichen<br />

Vorschrift. Sie kann aber dadurch entstehen, dass dem Rat bereits in diesem Zeitraum der Entwurf<br />

des Jahresabschlusses zugeleitet wird. Das gemeindliche Haushaltsrecht lässt nur die Zeit zwischen dem<br />

Abschlussstichtag des Haushaltsjahres und dem Tag der Bestätigung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

als Zeitraum zu, in dem das Wertaufhellungsprinzip zur Anwendung kommen darf.<br />

Der in der Vorschrift des § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> festgelegte Drei-Monats-Zeitraum wird daher nur dann verkürzt,<br />

wenn der gemeindliche Jahresabschluss vor dem Ende dieses Zeitraumes aufgestellt und dem Rat tatsächlich<br />

zur Feststellung zugeleitet worden ist. Die Beachtung einer haushaltsrechtlichen Frist dient u.a. dazu, die Gemeinde<br />

davon abzuhalten, auf mögliche Erkenntnisse in einer unbestimmten weiteren Zeit zu hoffen, um das<br />

Ergebnis des abgelaufenen Haushaltsjahres ggf. noch nach eigenen Wünschen und Bedürfnissen mit Wirkungen<br />

auf andere Haushaltsjahre gestalten zu können.<br />

Alle haushaltsrechtlichen Vorschriften stehen in einem Gesamtzusammenhang, sodass die Möglichkeiten der<br />

einen Vorschrift zum Teil durch Beschränkungen aus einer anderen Vorschrift begrenzt werden können. Aus<br />

diesem Grunde finden Ansichten, dass der Wertaufhellungszeitraum über die Drei-Monats-Frist hinausgeht, in<br />

den gesetzlichen Vorschriften keine Grundlage. Die Gemeinde sollte in diesem Zusammenhang grundsätzlich<br />

dafür Sorge tragen, dass so frühzeitig wie möglich der gemeindliche Jahresabschluss mit den darin enthaltenen<br />

Informationen verfügbar ist, denn die Informationen verlieren mit zunehmenden Zeitablauf ihre Bedeutung für die<br />

Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft sowie für die Steuerung der Gemeinde.<br />

3.2.5 Der Zeitraum der Aufstellung und die Haushaltssicherung<br />

Eine erhebliche Bedeutung erhält die Fristvorgabe in dieser Vorschrift insbesondere bei Gemeinden, die ein<br />

Haushaltssicherungskonzept umzusetzen haben. Bei diesen Gemeinden darf die Anwendung des Wertaufhellungsprinzips<br />

nicht dazu genutzt werden, die Feststellung von Erfolg oder der Misserfolg der Sanierungsmaßnahmen<br />

oder Konsolidierungsmaßnahmen im abgelaufenen Haushaltsjahr und damit die Aufstellung und Bestätigung<br />

des Jahresabschlusses sowie die Zuleitung an den Rat der Gemeinde bewusst zu verspäten oder auf unbestimmte<br />

Zeit zu verschieben.<br />

Der aktuelle Stand der Haushaltswirtschaft der Gemeinde bzw. die Ergebnisse der Haushaltswirtschaft des abgelaufenen<br />

Haushaltsjahres sowie die entstandene wirtschaftliche Lage der Gemeinde müssen vielmehr besonders<br />

zeitnah und unverzüglich nach Ablauf des Haushaltsjahres erkennbar und transparent gemacht werden. Nur dann<br />

können schnellstmöglich notwendig gewordene Konsequenzen für die Zukunft gezogen und weitere Anpassungsmaßnahmen<br />

oder Erleichterungen bereits im gerade laufenden Haushaltsjahr eingeleitet und umgesetzt<br />

werden. Ggf. kann es deshalb auch örtlich notwendig werden, den gemeindlichen Jahresabschluss auch in einer<br />

kürzeren Frist als gesetzlich vorgegeben (31. März des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres) aufzustellen und<br />

auf eine i.d.R. mögliche Anwendung des Wertaufhellungsprinzips unter solchen Gesichtspunkten zu verzichten.<br />

3.3. Zu Satz 3 (Recht des Kämmerers zur Stellungnahme):<br />

Nach der Vorschrift hat der Kämmerer das Recht zur Abgabe einer Stellungnahme, soweit der Bürgermeister von<br />

dem ihm vom Kämmerer vorgelegten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses abweicht. Für den Kämme-<br />

GEMEINDEORDNUNG 849


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong><br />

rer besteht damit die Möglichkeit, die Ergebnisse der gemeindlichen Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

und die damit verbundene Zielerreichung sowie die Chancen und Risiken für die Gemeinde aus seiner<br />

Sicht gegenüber dem Rat der Gemeinde darzustellen und zu beurteilen.<br />

3.4 Zu Satz 4 (Vorlage der Stellungnahme an den Rat):<br />

Nach der Vorschrift hat der Bürgermeister die Stellungnahme des Kämmerers zu dem von ihm abgeänderten<br />

Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses dem Rat vorzulegen, wenn der Kämmerer von seinem Recht<br />

Gebrauch gemacht hat, dazu eine Stellungnahme abzugeben. In der betreffenden Ratssitzung besteht dann für<br />

Bürgermeister und für den Kämmerer ein Rederecht, sodass die Ergebnisse aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

und die damit verbundene Zielerreichung sowie die Chancen und Risiken für die Gemeinde, ggf. aus unterschiedlichen<br />

Sichten, gegenüber dem Rat der Gemeinde dargestellt werden können. Der Rat der Gemeinde soll<br />

diese Darstellungen zur Kenntnis nehmen und in seine Entscheidung bzw. Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

einfließen lassen.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 850


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 96<br />

Feststellung des Jahresabschlusses und Entlastung<br />

(1) 1 Der Rat stellt bis spätestens 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres den vom Rechnungsprüfungsausschuss<br />

geprüften Jahresabschluss durch Beschluss fest. 2 Zugleich beschließt er über die Verwendung<br />

des Jahresüberschusses oder die Behandlung des Jahresfehlbetrages. 3 In der Beratung des Rates<br />

über den Jahresabschluss kann der Kämmerer seine abweichende Auffassung vertreten. 4 Die Ratsmitglieder<br />

entscheiden über die Entlastung des Bürgermeisters. 5 Verweigern sie die Entlastung oder sprechen sie diese mit<br />

Einschränkungen aus, so haben sie dafür die Gründe anzugeben. 6 Wird die Feststellung des Jahresabschlusses<br />

vom Rat verweigert, so sind die Gründe dafür gegenüber dem Bürgermeister anzugeben.<br />

(2) 1 Der vom Rat festgestellte Jahresabschluss ist der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen. 2 Der Jahresabschluss<br />

ist öffentlich bekannt zu machen und danach bis zur Feststellung des folgenden Jahresabschlusses zur<br />

Einsichtnahme verfügbar zu halten.<br />

Erläuterungen zu § 96:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Zwecke der Feststellung des Jahresabschlusses<br />

1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Der Rat der Gemeinde hat nach Abschluss des Haushaltsjahres die Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans,<br />

soweit sie sich im Jahresabschluss der Gemeinde niederschlägt, zu überprüfen und über das Ergebnis<br />

einen Beschluss zu fassen bzw. den gemeindlichen Jahresabschluss festzustellen sowie den Bürgermeister zu<br />

entlasten. Der jährliche Abschlussstichtag für den gemeindlichen Jahresabschluss stellt dabei keinen willkürlichen<br />

Schnitt durch das Verwaltungshandeln bzw. die Geschäftstätigkeit der Gemeinde dar, auch wenn unmittelbar<br />

zuvor und danach Erträge erzielt und Aufwendungen entstehen sowie Zahlungen erhalten und geleistet werden.<br />

Die für den Rat der Gemeinde vorzunehmende Prüfung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

obliegt dabei dem Rechnungsprüfungsausschuss als Pflichtausschuss des Rates (vgl. § 57 Absatz 2 i.V.m. § 59<br />

Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Der Rat hat nach seiner Beratung den gemeindlichen Jahresabschluss festzustellen und<br />

über die Verwendung des Jahresüberschusses bzw. die Behandlung des Jahresfehlbetrages zu entscheiden.<br />

Dafür ist der Rat der Gemeinde originär zuständig. Er kann diese Aufgaben nicht auf Dritte übertragen (vgl. § 41<br />

Absatz 1 Satz 2 Buchstabe j GO <strong>NRW</strong>). Im Rahmen der Feststellung gemeindlichen Jahresabschlusses ist ggf.<br />

zu klären, ob gleichzeitig eine erforderliche Zustimmung des Rates zu erheblichen über- und außerplanmäßigen<br />

Aufwendungen erteilt wird, die im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses der Gemeinde bekannt geworden<br />

sind (vgl. § 83 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Im Zusammenhang mit dem gemeindlichen Jahresabschluss haben die Ratsmitglieder der Gemeinde über die<br />

Entlastung des Bürgermeisters zu entscheiden. Der Bürgermeister der Gemeinde ist einerseits verantwortlich für<br />

die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung und dadurch auch für die Ausführung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits hat der Bürgermeister<br />

die Beschlüsse des Rates vorzubereiten und diese unter Kontrolle des Rates und ihm gegenüber durchzuführen<br />

(vgl. § 62 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Zur Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr wird die<br />

gemeindliche Verwaltung durch den Beschluss des Rates über die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen ermächtigt<br />

(vgl. §§ 78 und 80 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 851


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Beauftragung des Bürgermeisters durch den Rat der Gemeinde, die gemeindliche Haushaltswirtschaft im<br />

Haushaltsjahr auszuführen, beinhaltet daher für den Rat auch eine entsprechende Prüfungspflicht nach Ablauf<br />

dieses Zeitraumes. Sie beinhaltet aber auch eine abschließende Beurteilung durch die Ratsmitglieder über die<br />

Tätigkeit des Bürgermeisters im Haushaltsjahr, den diese haben über die Entlastung des Bürgermeisters zu entscheiden.<br />

Die Entlastung des Bürgermeisters kann dabei mit Einschränkungen ausgesprochen oder sogar verweigert<br />

werden. Die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rat muss dabei nicht zwingend<br />

auch die Entlastung des Bürgermeisters zur Folge haben.<br />

Mit der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses und der Entlastung des Bürgermeisters kann die<br />

Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres noch nicht als intern abgeschlossen betrachten.<br />

Aus der anschließenden Anzeige des Jahresabschlusses an die Aufsichtsbehörde der Gemeinde sowie<br />

aus der überörtlichen Prüfung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft durch die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen<br />

(vgl. § 105 GO <strong>NRW</strong>) können sich noch zu einem späteren Zeitpunkt ggf. Maßnahmen für die<br />

Gemeinde ergeben, die haushaltswirtschaftliche Auswirkungen in Bezug auf das abgeschlossene Haushaltsjahr<br />

und den festgestellten Jahresabschluss entfalten können.<br />

Die Gemeinde hat außerdem ihren Jahresabschluss öffentlich bekannt zu machen und danach bis zur Feststellung<br />

des folgenden Jahresabschlusses zur Einsichtnahme verfügbar zu halten. Mit der Bekanntmachung des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses und dem Verfügbarhalten soll erreicht werden, dass die Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

bürgerfreundlich und bürgernah über das Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft des abgelaufenen<br />

Haushaltsjahres, über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde sowie über die voraussichtlichen Chancen<br />

und Risiken der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde informiert werden. Erst nach der Feststellung<br />

des Jahresabschlusses für das nächste Haushaltsjahr kann die gemeindliche Haushaltswirtschaft für das<br />

Haushaltsjahr als abschlossen betrachtet werden.<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss kann jedoch nicht zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens oder eines Bürgerentscheids<br />

gemacht werden (vgl. § 26 Absatz 5 Nummer 3 i.V.m. § 41 Absatz 1 Buchstabe j GO <strong>NRW</strong>). Eine<br />

Bürgerbeteiligung der Gemeinde am haushaltswirtschaftlichen Geschehen geht daher nicht soweit, dass die<br />

Bürger beantragen können, anstelle des Rates selbst zu entscheiden oder der Rat dieses beschließen könnte<br />

(vgl. § 26 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Für den gemeindlichen Jahresabschluss ist gesetzlich ein besonderes<br />

Aufstellungsverfahren gesetzlich bestimmt worden, das mit der Feststellung des Jahresabschlusses durch den<br />

Rat endet. Erst anschließend werden die Bürgerinnen und Bürger eingebunden und können entsprechend ihren<br />

Informationsinteressen die gewünschten Angaben erhalten oder die gemeindlichen Jahresabschlussunterlagen<br />

bei der Gemeinde, ggf. auch im Internet einsehen.<br />

1.2 Die örtliche Prüfung vor der Feststellung<br />

Zum Budgetrecht des Rates der Gemeinde, durch die gemeindliche Haushaltssatzung den Rahmen und die Bedingungen<br />

zur Ausführung der jährlichen Haushaltswirtschaft zu bestimmen, gehört es, nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

das Ergebnis der Haushaltswirtschaft in Form des gemeindlichen Jahresabschlusses festzustellen.<br />

Dieses Recht beinhaltet aber auch die Pflicht des Rates, vor der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

eine Prüfung in der Sache durchzuführen. Die Prüfung des Jahresabschlusses obliegt dabei dem Rechnungsprüfungsausschuss,<br />

einem Pflichtausschuss des Rates (vgl. § 57 i.V.m. den § 59 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Ausschuss ist gegenüber dem Rat berichtspflichtig und hat über die Art und den Umfang der Prüfung sowie<br />

über das Ergebnis der Prüfung einen Prüfungsbericht mit einem Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über<br />

seine Versagung zu erstellen (vgl. § 101 GO <strong>NRW</strong>). Die Jahresabschlussprüfung stellt dabei vorrangig eine gemeindeinterne<br />

und verwaltungstechnische Kontrolle im Auftrag des Rates dar, an der i.d.R. die örtliche Rechnungsprüfung<br />

beteiligt ist (vgl. § 103 GO <strong>NRW</strong>). Die Prüfung dient als vorbereitende Maßnahme für die Feststellung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rat. Das Ziel der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung<br />

GEMEINDEORDNUNG 852


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

ist ein Urteil des Rechnungsprüfungsausschusses darüber, ob und mit welchem Ergebnis der Auftrag des Rates<br />

die Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr entsprechend seinen Beschlüssen auszuführen, durch die<br />

gemeindliche Verwaltung ordnungsgemäß erledigt wurde.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat daher festzustellen, ob der gemeindliche Jahresabschluss ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />

unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung vermittelt. E muss auch ermitteln, ob die<br />

gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen, insbesondere die gemeindliche Haushaltssatzung,<br />

und die sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen, beachtet worden sind (vgl. § 101 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In die örtliche Prüfung werden daher die gemeindliche Haushaltswirtschaft, die Buchführung, die Inventur und das<br />

Inventar sowie die Übersicht über örtlich festgelegten Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände und der Lagebericht<br />

der Gemeinde einbezogen. Im Rahmen der gemeindlichen Abschlussprüfung gilt es für den Rechnungsprüfungsausschuss,<br />

relevante Prüfungsaussagen mit hinreichender Sicherheit unter Beachtung des Grundsatzes<br />

der Wesentlichkeit und des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit treffen zu können. Der Ausschuss soll im<br />

Rahmen seiner Jahresabschlussprüfung auch eine zukunftsorientierte Beurteilung der Chancen und Risiken aus<br />

der aktuellen Haushaltswirtschaft der Gemeinde vornehmen.<br />

In die gemeindliche Jahresabschlussprüfung sollen daher auch qualitative sowie zukunftsbezogene, aber auch<br />

prozessorientierte Faktoren und Kriterien, die sich auf die Gemeinde auswirken, einbeziehen und beurteilen. Eine<br />

lückenlose Prüfung sollte nur dann beabsichtigt werden, wenn das Ziel der Abschlussprüfung nicht anders erreicht<br />

werden kann. Die gemeindliche Abschlussprüfung soll nach ihrem Wesen nicht darauf ausgerichtet werden,<br />

einzelne Tatbestände und Verstöße gegen außerhalb der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und<br />

Buchführung liegende Vorgaben aufzudecken und festzustellen.<br />

1.3 Der Beschluss des Rates<br />

Die Pflicht des Rates der Gemeinde, nach dem Ende des Haushaltsjahres einen Jahresabschluss festzustellen,<br />

wird dadurch erfüllt, dass der Rat im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeit einen entsprechenden Beschluss<br />

fasst (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe j GO <strong>NRW</strong>). Der Bürgermeister hat dabei dafür Sorge zu tragen, dass vom<br />

Kämmerer fristgerecht ein Entwurf des Jahresabschlusses aufgestellt und dieser Entwurf vom Bürgermeister<br />

bestätigt wird (vgl. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Er hat als Vorsitzender des Rates auch dafür zu sorgen, dass innerhalb<br />

der gesetzlich vorgesehenen Frist vom Rat ein Beschluss zur Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

gefasst wird (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Rechte und Pflichten kann der Bürgermeister aufgrund seiner Stellung innerhalb der Gemeinde durchsetzen.<br />

Als Leiter der gemeindlichen Verwaltung trägt er die Verantwortung für die Aufstellung und die Bestätigung<br />

des Entwurfs der Haushaltssatzung (vgl. § 62 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Als Mitglied und Vorsitzender des Rates<br />

(Mitglied kraft Gesetzes) muss er dafür sorgen, dass ein Beschluss über den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gefasst wird (vgl. § 40 Absatz 2 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Dem Bürgermeister<br />

steht dabei nicht das Recht zu, die Tagesordnung und die Beratungen des Rates in der Form zu gestalten,<br />

dass ein Beschluss des Rates über den Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses auf unbestimmte Zeit<br />

verschoben werden kann.<br />

1.4 Keine gesonderte überörtliche Prüfung<br />

Die gesamte Haushaltswirtschaft der Gemeinde unterliegt der überörtlichen Prüfung. Diese Prüfung ist ein spezieller<br />

Teil der allgemeinen Aufsicht des Landes über die Gemeinden und wird durch die Gemeindeprüfungsanstalt<br />

<strong>NRW</strong> durchgeführt (vgl. § 105 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Sie unterscheidet sich von der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

GEMEINDEORDNUNG 853


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

dadurch, dass sie sich auf bestimmte örtliche Sachverhalte erstreckt und von einer außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

stehenden Stelle durchgeführt wird (vgl. § 105 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die örtliche Rechnungsprüfung ist<br />

dem Rat der Gemeinde unmittelbar unterstellt und wird durch eine unabhängige Stele in der gemeindlichen Ver-<br />

waltung vorgenommen ist (vgl. §§ 102 und 104 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In die überörtliche Prüfung der Gemeinde, ob die Gemeinde sachgerecht und wirtschaftlich verwaltet wird, kann<br />

der gemeindliche Jahresabschluss einbezogen werden, wenn dafür ein entsprechendes sachliches Erfordernis<br />

besteht. In der überörtlichen Prüfung dürften zur Beurteilung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft vielfach besondere<br />

ergebnisbezogene Informationen aus dem gemeindlichen Jahresabschluss benötigt werden. Der Jahresabschluss<br />

der Gemeinde wird dadurch jedoch nicht zu einem eigenständigen Prüfungsgegenstand der<br />

überörtlichen Prüfung. Eine Berechtigung und eine allgemeine Zuständigkeit der überörtlichen Prüfung für eine<br />

solche Prüfungstätigkeit kann jedenfalls nicht auf die Vorschrift des § 105 GO <strong>NRW</strong> gestützt werden.<br />

2. Änderungen oder Berichtigungen des Jahresabschlusses<br />

2.1 Bedarf und Zeitpunkte der Berichtigung<br />

2.1.1 Der Berichtigungsbedarf<br />

Bei der Gemeinde kann ein fehlerhafter oder unrichtiger Jahresabschluss bestehen, weil die zum Abschlussstichtag<br />

gegebenen Verhältnisse bei der Aufstellung und/oder Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

nicht erkannt wurden. Bei der Feststellung einer Fehlerhaftigkeit des gemeindlichen Jahresabschlusses ist objektiv<br />

auf den Abschlussstichtag als Beurteilungszeitpunkt abzustellen. Eine Berichtigungspflicht besteht i.d.R. dann,<br />

wenn der gemeindliche Jahresabschluss ohne Berichtigung eine von der tatsächlichen Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde wesentliche Abweichung beinhalten würde oder gegen haushaltsrechtliche<br />

Vorschriften verstoßen wurde.<br />

In die Betrachtung und Bewertung einer Fehlerhaftigkeit des gemeindlichen Jahresabschlusses sind von der<br />

Gemeinde immer das gesamte Umfeld des Jahresabschlusses sowie seine Adressaten einzubeziehen. Ein Korrekturbedarf<br />

ist dabei unter Einbeziehung des Grundsatzes der Wesentlichkeit und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit<br />

sowie nach dem Maß des Verstoßes gegen haushaltsrechtliche Vorschriften zu beurteilen. Je nach<br />

Verfahrensstand muss oder kann eine für notwendig erachtete Berichtigung ggf. auch umgehend vorgenommen<br />

werden. Ein Verzicht auf eine für notwendig erachtete Berichtigung durch Zeitablauf ist dabei nicht möglich. Eine<br />

Änderung eines fehlerfreien Jahresabschlusses ist nicht zulässig.<br />

Die Berichtigung kann im Rahmen des nächsten Jahresabschlusses vorgenommen werden, sofern der gemeindliche<br />

Jahresabschluss für das abgelaufene Haushaltsjahr bereits festgestellt worden ist. Der Anhang im folgenden<br />

Jahresabschluss muss dann entsprechende Angaben zum Umfang und Anlass der Berichtigung sowie zur Art der<br />

Fehlerbeseitigung enthalten. Ein Berichtigungsbedarf kann sich aus unterschiedlichen Gründen ergeben (vgl.<br />

Abbildung).<br />

Der Berichtigungsbedarf beim Jahresabschluss<br />

- Bei einem Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften.<br />

- Bei objektiven oder subjektiven Bilanzierungsfehlern von Bedeutung.<br />

- Bei wesentlichen Bewertungsfehlern.<br />

GEMEINDEORDNUNG 854


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Berichtigungsbedarf beim Jahresabschluss<br />

- Bei wesentlichen Buchführungsfehlern.<br />

- Bei nichtigen Jahresabschlüssen.<br />

Abbildung 177 „Der Berichtigungsbedarf beim Jahresabschluss“<br />

Ein zu berichtigender Fehler kann grundsätzlich materielle oder auch formelle Ursachen haben. Der Berichtigungsbedarf<br />

muss dabei objektiv zum Abschlussstichtag bestehen. Die Anwendung des Wesentlichkeitsgrundsatzes<br />

kann dabei von erheblicher Bedeutung sein. Sie sollte deshalb nicht allein an betragsmäßige Messgrößen<br />

gekoppelt sein. Es sollte daher bei der Beurteilung eines Bilanzierungsfehlers dieser nicht allein ins Verhältnis zur<br />

Bilanzsumme oder zum Wertansatz des betreffenden Bilanzpostens gesetzt werden. Es gilt vielmehr, möglichst<br />

alle Umstände in die Betrachtung und Bewertung des aufgetretenen Fehlers einzubeziehen. Dazu gehört auch<br />

festzustellen, ob und wie sich der Fehler auf die durch den Jahresabschluss zu vermittelnde Vermögen-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde im Einzelnen auswirkt. Durch den Vergleich mit den richtigen Bilanzwerten<br />

können dazu bereits sachgerechte Erkenntnisse gewonnen werden.<br />

Von der Gemeinde sind aufgetretene Fehler sind möglichst bezogen auf das Haushaltsjahr zu korrigieren, in dem<br />

die Gemeinde über die Fehlerhaftigkeit ihres Jahresabschlusses Kenntnis erlangt hat. Eine notwendige Fehlerberichtigung<br />

ist dabei von der Gemeinde grundsätzlich ergebniswirksam vorzunehmen. Die dadurch entstehenden<br />

Erträge oder Aufwendungen sind in die gemeindliche Ergebnisrechnung sachgerecht aufzunehmen. Es muss<br />

dafür innerhalb der Ergebnisrechnung jedoch keine gesonderte Haushaltspositionen eingerichtet werden. Eine<br />

unmittelbare Verrechnung von Erträgen und Aufwendungen aus der Berichtigung mit der allgemeinen Rücklage<br />

ist in diesem Zusammenhang nicht zulässig.<br />

Bei fehlerhaften Vorjahresangaben in der gemeindlichen Bilanz könnte die Dokumentationsfunktion des Jahresabschlusses<br />

der Gemeinde beeinträchtigt sein und die Gefahr falscher Entscheidungen aus der eingeschränkten<br />

Vergleichbarkeit des Jahresabschlusses des Haushaltsjahres mit dem Jahresabschluss des Vorjahres bestehen.<br />

In einem solchen Fall bedarf es jedoch keiner förmlichen Berichtigung im Rahmen des Jahresabschlusses, denn<br />

der Jahresabschluss des Vorjahres kann durch die Berichtigung nicht in seiner fehlerhaften Abbildung geändert<br />

werden. Die Informationsfunktion des Jahresabschlusses des Vorjahres dürfte aber eingeschränkt sein, sodass<br />

deswegen i.d.R. eine Informationspflicht der Gemeinde gegenüber den Adressaten entsteht. Die Gemeinde kann<br />

dazu ggf. die betreffenden Teile des gemeindlichen Jahresabschlusses des Vorjahres austauschen und die Adressaten<br />

darüber entsprechend informieren.<br />

2.1.2 Die Zeitpunkte der Berichtigung<br />

Für die Beurteilung der Durchführung einer Berichtigung eines gemeindlichen Jahresabschlusses ist grundsätzlich<br />

auf den betreffenden Abschlussstichtag als objektiver Entscheidungszeitpunkt abzustellen. Bei einem Entwurf<br />

des Jahresabschlusses kann die Berichtigung eines Fehlers grundsätzlich im Zeitraum seiner Aufstellung und<br />

Prüfung, unabhängig um Bearbeitungsstand, vorgenommen werden, denn ein Entwurf kann jederzeit verändert<br />

werden. Für die Beseitigung von Fehlern kommt es dabei nicht darauf an, wer den Fehler entdeckt hat oder dessen<br />

sofortige Beseitigung für erforderlich hält bzw. darüber entscheidet. Sofern aufgetretene Fehler als unwesentlich<br />

anzusehen sind, kann es im örtlichen Einzelfall auch ausreichend sein, den Fehler auch bei einem noch nicht<br />

festgestellten Jahresabschluss der Gemeinde, erst im nächsten von der Gemeinde aufzustellenden Jahresabschluss<br />

zu korrigieren.<br />

GEMEINDEORDNUNG 855


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde kann ggf. Erkenntnisse über einen Änderungs- oder Berichtigungsbedarf des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

auch erst nach seiner Feststellung gewinnen, z. B. im Rahmen des nächsten Jahresabschlusses<br />

oder ggf. auch erst mehrere Jahre später. In diesen Fällen soll eine Berichtigung des Jahresabschlusses grund-<br />

sätzlich in einem noch nicht festgestellten Jahresabschluss vorgenommen werden. Der betroffene Jahresabschluss<br />

sowie die sich ggf. anschließenden Jahresabschlüsse in dem Zeitraum bis Berichtigung müssen von der<br />

Gemeinde nicht verändert werden.<br />

Die Fehlerbeseitigung bezogen auf einen Jahresabschluss eines früheren Haushaltsjahres führt nicht zu grundlegenden<br />

Veränderungen in der Feststellung des betroffenen Jahresabschlusses sowie seiner anschließenden<br />

Bekanntmachung und die Anzeige an die Aufsichtsbehörde. Diese Sachverhalte können daher bei der Beurteilung<br />

der Durchführung des Zeitpunktes einer Berichtigung grundsätzlich außer Betracht bleiben. Die Gemeinde<br />

muss aber im Rahmen ihrer im Jahresabschluss zu gebenden Informationen gesonderte Angaben machen, dass<br />

ein Jahresabschluss aus einem früheren Haushaltsjahr berichtigt wurde und wie und in welchem Umfang sich<br />

dieser Vorgang auf die Haushaltswirtschaft der Gemeinde auswirkt. In diesem Zusammenhang ist zu beachten,<br />

dass die Änderung eines fehlerfreien Jahresabschlusses, der den gesetzlichen Anforderungen und den GoB<br />

entspricht und vom Rat der Gemeinde festgestellt wurde, grundsätzlich unzulässig ist.<br />

2.1.3 Keine neue Sachverhaltsgestaltung<br />

Im Einzelfall können ggf. wesentliche Bilanzierungsfehler auftreten, die sich auf die Aufgabe des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses auswirken, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde zu vermitteln. Daraus können sich zwingende Berichtigungspflichten<br />

von Wertansätzen in der gemeindlichen Bilanz ergeben, die zur Einhaltung der haushaltsrechtlichen Vorschriften<br />

durch die Gemeinde notwendig sind. Eine vorgesehene Fehlerbeseitigung im gemeindlichen Jahresabschluss<br />

eröffnet für die Gemeinde jedoch nicht die Möglichkeit zu einer nachträglichen neuen Sachverhaltsgestaltung.<br />

Die Bilanzierungsfehler sind immer nach den Regeln der Bilanzberichtigung und somit ergebniswirksam in dem<br />

Jahresabschluss für das Haushaltsjahr zu korrigieren, in dem sie bekannt werden. Eine Korrektur des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses darf daher z. B. nicht dadurch umgangen oder ersetzt werden, dass stattdessen bei<br />

einem gemeindlichen Vermögensgegenstand eine Zuschreibung vorgenommen wird (vgl. § 35 Absatz 8 GemH-<br />

VO <strong>NRW</strong>). Die ertragswirksamen oder aufwandswirksamen Berichtigungen des gemeindlichen Jahresabschlusses,<br />

auch wenn die Fehler in den Vorjahren entstanden oder von Bedeutung sind, stellen außerdem keine gemeindlichen<br />

Vorgänge dar, die als außerordentlich zu klassifizieren und entsprechend in der Ergebnisrechnung<br />

zu erfassen wären. Die Berichtigung eines Fehlers stellt auch keinen Sachverhalt dar, aufgrund dessen eine<br />

unmittelbare Verrechnung mit der allgemeinen Rücklage zulässig ist (vgl. § 43 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

2.2 Die erneute Feststellung des Jahresabschlusses<br />

In örtlichen Einzelfällen können gewichtige bzw. wesentliche Fehler in einem vom Rat der Gemeinde aktuell festgestellten<br />

Jahresabschluss bestehen, deren Korrektur aus sachlichen oder rechtlichen Gründen erforderlich ist,<br />

z.B. auch wegen materieller Folgewirkungen oder wegen wesentlicher Rechtsverstöße. Die Gemeinde hat dann<br />

diesen Jahresabschluss zu berichtigen, um einen rechtmäßigen Jahresabschluss für das abgelaufene Haushaltsjahr<br />

zu erreichen. Im Anhang des neuen (berichtigten) Jahresabschluss sind dann von der Gemeinde die im Jahresabschluss<br />

vorgenommenen Änderungen mit ihrem Umfang anzugeben. Deren Notwendigkeit ist ausreichend<br />

zu erläutern. Bei einem festgestellten Jahresabschluss bedarf es hinsichtlich der einzelnen Sachverhalte, die zur<br />

Änderung des gemeindlichen Jahresabschlusses geführt haben, zudem der örtlichen Prüfung durch den zuständigen<br />

Rechnungsprüfungsausschuss (vgl. § 101 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 856


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Der (berichtigte) gemeindliche Jahresabschluss ist nach der Prüfung durch den Rat der Gemeinde (erneut) festzustellen,<br />

denn der Rat darf nur einen (insgesamt) geprüften Jahresabschluss feststellen. Außerdem unterliegt<br />

ein solcher Jahresabschluss erneut der Anzeige an die Aufsichtsbehörde, der öffentlichen Bekanntmachung und<br />

ist zur Einsichtnahme verfügbar zu halten (vgl. § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Der Jahresabschluss der Gemeinde<br />

muss dabei als „geänderter Jahresabschluss“ gekennzeichnet werden, um diese „Erneuerung“ des Jahresabschlusses<br />

und seine eigenständige (neue) Feststellung durch den Rat der Gemeinde für die Adressaten des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses erkennbar und nachvollziehbar zu machen.<br />

In den Fällen, in denen die vorgenommenen Änderungen bzw. Berichtigungen des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

keine Auswirkungen auf den Beschluss des Rates der Gemeinde über die Ergebnisverwendung<br />

und/oder auf die Entlastung des Bürgermeisters haben, kann eine erneute Beschlussfassung über diese Sachverhalte<br />

durch den Rat als entbehrlich betrachtet werden, sofern es nicht aus anderen Gründen geboten oder aus<br />

rechtlichen Gründen zwingend vorzunehmen ist (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3. Die Anzeige und Veröffentlichung des Jahresabschlusses<br />

3.1 Die Anzeige des Jahresabschlusses<br />

Die Vorschrift sieht wegen der Bedeutung der Aufsicht des Landes über die Gemeinden vor, dass der gemeindliche<br />

Jahresabschluss unverzüglich nach seiner Feststellung durch den Rat der Gemeinde der Aufsichtsbehörde<br />

anzuzeigen ist (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>). Aus der ausschlaggebenden Bedeutung, die der Jahresabschluss für den<br />

Nachweis der Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben und über die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

im Haushaltsjahr hat, ergibt sich die Notwendigkeit für die Aufsichtsbehörde der Gemeinde, sich jeweils<br />

nach Ablauf des Haushaltsjahres einen Überblick über die wirtschaftliche Lage sowie über die Chancen und Risiken<br />

für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde zu verschaffen.<br />

Die mit der Anzeige des gemeindlichen Jahresabschlusses der Aufsichtsbehörde der Gemeinde vorzulegenden<br />

Unterlagen müssen eine Gesamtübersicht über die örtliche Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde geeignet sein, die auch die Aufsichtsbehörde haben sollte. Der Aufsichtsbehörde ist daher der vom<br />

Rat der Gemeinde festgestellte Jahresabschluss mit seinen Bestandteilen und Anlagen vorzulegen, die Gegenstand<br />

der vom Rat vorgenommenen Feststellung waren. Dazu gehört auch die Vorlage des gemeindlichen Lageberichtes.<br />

Die Vorgabe, dass dem Jahresabschluss ein Lagebericht beizufügen ist, bietet durch den benutzten<br />

Begriff „beizufügen“ keinen Anlass, auf eine Übersendung des Lageberichtes an die Aufsichtsbehörde zu verzichten.<br />

Ein Informationsbedürfnis auch für die Aufsichtsbehörde als Rechtsaufsicht über die Gemeinde lösen insbesondere<br />

die Pflichtangaben im Lagebericht aus (vgl. § 95 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Für die Anzeige des vom Rat der Gemeinde festgestellten Jahresabschlusses an die Aufsichtsbehörde ist nicht<br />

ausdrücklich geregelt, dass der Beschluss über die Entlastung des Bürgermeisters der Aufsichtsbehörde anzuzeigen<br />

ist. Die Entscheidung der Ratsmitglieder verfehlt aber ihren Zweck, wenn nicht auch die Aufsichtsbehörde<br />

der Gemeinde im Rahmen der Anzeige des gemeindlichen Jahresabschlusses über die Entlastung des Bürgermeisters<br />

informiert wird. Es besteht zwar keine ausdrückliche gesetzliche Informationspflicht darüber, gleichwohl<br />

bietet es sich für die Gemeinde an, die Information über die Entlastung des Bürgermeisters oder deren Verweigerung<br />

der Aufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Anzeige des Jahresabschlusses zukommen zu lassen.<br />

3.2 Die Veröffentlichung des Jahresabschlusses<br />

Die Vorschrift sieht vor, dass der vom Rat der Gemeinde festgestellte Jahresabschluss öffentlich bekannt zu<br />

machen und zur Einsichtnahme verfügbar zu halten ist. Mit der Bekanntmachung des festgestellten Jahresabschlusses<br />

durch die Gemeinde soll erreicht werden, dass die Einwohner und Abgabepflichtigen bürgerfreundlich<br />

GEMEINDEORDNUNG 857


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

und bürgernah über das Ergebnis der Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres, über die wirtschaftliche<br />

Lage der Gemeinde sowie über die Chancen und Risiken der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung der<br />

Gemeinde informiert werden. Die Bürgerinnen und Bürger sind Adressaten des gemeindlichen Handelns und<br />

sollen daher die Arbeit von Rat und Verwaltung der Gemeinde unterstützen. Es kann deshalb von einem berechtigten<br />

Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde als auch über die<br />

das Ergebnis der Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres ausgegangen werden. Ggf. sind auch<br />

weitere Informationen über die erfolgreiche Aufgabenerfüllung der Gemeinde zu geben, z. B. in Form eines<br />

Nachweises über die von der Öffentlichkeit für das Haushaltsjahr vorgeschlagene und umgesetzten Maßnahmen.<br />

Die Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses erfüllt als Information nur dann ihren Zweck, wenn<br />

damit auch die wichtigsten Ergebnisse aus der Ergebnisrechnung und aus der Finanzrechnung sowie das Bilanzvolumen<br />

und die wichtigsten Bilanzposten sowie ggf. besondere Inhalte des Lageberichts öffentlich gemacht<br />

werden. Es ist dazu aber nicht erforderlich, den gesamten gemeindlichen Jahresabschluss mit seinen Anlagen<br />

zum Inhalt und Abdruck der Bekanntmachung zu machen, z. B. im Amtsblatt der Gemeinde. Die Bekanntmachungsverordnung<br />

lässt es zu, dass bestimmte Materialien stattdessen zu jedermanns Einsicht an einer bestimmten<br />

Stelle der gemeindlichen Verwaltung ausgelegt werden (vgl. § 3 Absatz 2 BekanntmVO). Diese Regelung<br />

kann auch auf den gemeindlichen Jahresabschluss angewandt werden. Die Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

können sich dann nach Kenntnis der Bekanntmachung entsprechend ihrem Bedarf weitere Kenntnisse über den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss und damit über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde verschaffen.<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss ist außerdem im Anschluss an die öffentliche Bekanntmachung bis zur Feststellung<br />

des folgenden Jahresabschlusses zur Einsichtnahme verfügbar zu halten (vgl. § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Durch diese zeitlich weitgehenden Zugangs- bzw. Informationsmöglichkeiten zur gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

wird der jahresbezogene und jährlich wiederkehrende Ablauf der gemeindlichen Haushaltswirtschaft, von<br />

der Haushaltsplanung über den Beschluss der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen bis zur Feststellung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde für die Öffentlichkeit als Adressaten<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft nachvollziehbar gemacht.<br />

Mit der Einsichtnahme in den festgestellten gemeindlichen Jahresabschluss wird dem Informationsrecht und dem<br />

Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde als Adressaten des haushaltswirtschaftlichen<br />

Handelns der Gemeinde als bedeutend höherwertig angesehen als das Bedürfnis der Gemeinde, die Ergebnisse<br />

ihrer Geschäftsvorfälle und Geschäftsprozesse sowie des verwaltungsmäßigen Handelns möglichst nicht offenlegen<br />

zu müssen. Die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger beim Gestalten des örtlichen Gemeindelebens erfordert,<br />

dass der Umgang mit haushaltswirtschaftlichen Informationen nicht mehr maßgeblich und allein durch die<br />

gemeindliche Verwaltung bestimmt wird. Die Leistungsbezogenheit der gemeindlichen Verwaltung und die Produktorientierung<br />

in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft bringen es mit sich, dass die Bürgerinnen und Bürger<br />

darüber sowie über jahresbezogene Ergebnisse ausreichend informiert werden.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Feststellung des Jahresabschlusses und Entlastung):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses)<br />

1.1.1 Die Zwecke der Feststellung<br />

Der Bürgermeister hat zum Ende seines auf ein Jahr begrenzten Auftrages, die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

nach der vom Rat der Gemeinde beschlossenen Haushaltssatzung auszuführen, dem Rat dazu einen Jahresabschluss<br />

zum abgelaufenen Haushaltsjahr vorzulegen. Er muss gegenüber dem Rat darlegen, wie er den Auftrag<br />

des Rates ausgeführt hat, zu welchem Ergebnis die Haushaltswirtschaft im Ablauf des Haushaltsjahres geführt<br />

GEMEINDEORDNUNG 858


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

hat, ob die gesetzten Ziele erreicht worden sind, welche Auswirkungen sich daraus auf das Vermögen und die<br />

Schulden der Gemeinde ergeben und welche Chancen und Risiken für die künftige Entwicklung der Gemeinde<br />

aufgrund der entstandenen wirtschaftlichen Lage unter Berücksichtigung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

bestehen.<br />

Diese Kriterien bestimmen die Zwecke und den Inhalt des gemeindlichen Jahresabschlusses als Berichterstattung<br />

an den Rat der Gemeinde, denn der gemeindliche Jahresabschluss ist ein Teil der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

mit der besonderen Aufgabe der Ergebnisdarstellung für das abgelaufene Haushaltsjahr. Die Vorschrift<br />

bestimmt daher die Inhalte und die Zwecke des Jahresabschlusses der Gemeinde näher. Der gemeindliche<br />

Jahresanschluss hat deshalb z. B. sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden sowie Rechnungsabgrenzungsposten<br />

und die Aufwendungen und Erträge der Gemeinde, die dem Haushaltsjahr zuzurechnen sind,<br />

zu enthalten (Vollständigkeitsgebot). Außerdem soll durch den Jahresabschluss eine zutreffende Rechenschaft<br />

über das abgelaufene Haushaltsjahr bzw. die Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans gegeben werden.<br />

Mit solchen Informationen trägt der gemeindliche Jahresabschluss gleichzeitig zur Steuerung der Gemeinde<br />

durch die Verantwortlichen bei. Die näheren Vorschriften über den gemeindlichen Jahresabschluss ergeben sich<br />

daher zwingend aus dem System der gemeindlichen Haushaltswirtschaft.<br />

Die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses ersetzt gleichzeitig die fehlenden Zustimmungen des<br />

Rates für die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Der Rat muss sich daher im Rahmen seiner<br />

Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses entscheiden, ob er noch nicht erteilte Zustimmungen nachträglich<br />

erteilen will bzw. in seine Feststellung einschließt oder ob er ihr Fehlen in Einzelfällen als unwichtig und<br />

deshalb nicht entscheidend für die Feststellung ist. Mit der beschlossenen Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

verzichtet dann der Rat auf eine gesonderte Mitwirkung in Bezug auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

für das abgelaufene Haushaltsjahr. Seine erforderliche Zustimmung, z. B. zur Leistung von überoder<br />

außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen nach § 83 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>, wird dann durch den<br />

Feststellungsbeschluss ersetzt.<br />

1.1.2 Die Fristsetzung für die Feststellung<br />

Nach der Vorschrift hat der Rat der Gemeinde bis spätestens 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden<br />

Jahres den vom Rechnungsprüfungsausschuss geprüften Jahresabschluss durch Beschluss festzustellen. Dieser<br />

Zeitbezug begrenzt kalendermäßig den Feststellungszeitpunkt und soll zu einem möglichst zeitnahen Beschluss<br />

des Rates beitragen. Der gesetzlich bestimmte Termin ist daher ausdrücklich als Endtermin bestimmt worden.<br />

Die Gemeinde muss bei ihrer Zeitplanung darauf achten, dass die örtliche Prüfung und Feststellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses nicht allein an dieser gesetzlichen Terminierung ausgerichtet wird. Sie muss in ihrer<br />

örtlichen Zeitplanung einerseits ihre Haushaltsplanung für das neue Haushaltsjahr einbeziehen, denn die Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen für das neue Haushaltsjahr ist der Aufsichtsbehörde spätestens einen Monat vor<br />

Beginn des neuen Haushaltsjahres anzuzeigen.<br />

Ein Zusammenhang zwischen den gesetzlichen Fristen wird dadurch hergestellt, dass im gemeindlichen Haushaltsplan<br />

für das neue Haushaltsjahr z. B. den zu veranschlagenden Erträgen und Aufwendungen sowie Einzahlungen<br />

und Auszahlungen die Ergebnisse der Rechnung des Vorvorjahres voranzustellen sind (vgl. § 1 Absatz 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Das betreffende Vorvorjahr zum neuen Haushaltsjahr ist aber das Jahr, für das der gemeindliche<br />

Jahresabschluss festzustellen ist. Daraus ergibt sich z. B. bei einer Haushaltssatzung für das neue Haushaltsjahr<br />

2015, dass der gemeindliche Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2013 (Vorvorjahr von 2015) betroffen<br />

ist. Dieser Abschluss muss deshalb zeitgerecht vor Beginn der Anzeigefrist (1. Dezember vor dem neuen<br />

Haushaltsjahr, im Beispiel: 30. November 2014) festgestellt sein (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). In den Fällen, in<br />

denen es aber zu terminlichen Überschneidungen kommt, muss örtlich sichergestellt werden, dass die Angaben<br />

im neuen gemeindlichen Haushaltsplan auf belastbaren Daten aufbauen, soweit nicht der Feststellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses der Vorrang vor dem Beschluss über die Haushaltssatzung eingeräumt wird.<br />

GEMEINDEORDNUNG 859


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei der örtlichen Entscheidung der Gemeinde, zu welchem Zeitpunkt der Rat der Gemeinde den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss feststellen soll, ist zudem zu berücksichtigen, dass der Jahresabschluss eine wichtige Ausgangsgrundlage<br />

für den gemeindlichen Gesamtabschluss darstellt bzw. in den Gesamtabschluss einzubeziehen<br />

ist. In der gemeindlichen Zeitplanung muss daher auch berücksichtigt werden, dass der Rat der Gemeinde den<br />

gemeindlichen Gesamtabschluss bis spätestens 31. Dezember des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres zu bestätigen<br />

hat (vgl. § 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Sachlage erfordert ein zeitliches Zusammenspiel und ein aufeinander abstimmen, sowohl der Aufstellung<br />

und der Bestätigung als auch der Prüfung beider Abschlüsse. Es bietet sich daher sachgerecht an, den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss möglichst vor dem 30. September des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres durch den<br />

Rat der Gemeinde feststellen zu lassen, denn bis zu diesem Zeitpunkt muss der Entwurf des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

aufgestellt sein und dem Rat der Gemeinde zur Bestätigung zugeleitet werden (vgl. § 116 Absatz<br />

5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.3 Die Zuleitung an den Rat<br />

Die Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses an den Rat der Gemeinde dient dazu, dem Rat<br />

erste Informationen für seine gesetzlich vorgesehene Beschlussfassung über den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

zukommen zu lassen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Rat den Entwurf unmittelbar nach der Zuleitung<br />

bzw. der Vorlage diesen festzustellen hat. Vielmehr dient die Zuleitung des Jahresabschlusses an den Rat dem<br />

Zweck der Feststellung und soll zur gesetzlich vorgesehenen Prüfung des Jahresabschlusses durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

des Rates führen (vgl. § 96 i.V.m. § 101 GO <strong>NRW</strong>). Durch die Zuleitung verlässt der<br />

Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses den Machtbereich der gemeindlichen Verwaltung, weil die Aufstellungsarbeiten<br />

abgeschlossen sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Bürgermeister einerseits als Verantwortlicher<br />

für die gemeindliche Verwaltung (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>) und andererseits als Ratsmitglied kraft Gesetzes<br />

handelt (vgl. § 40 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In der gemeindlichen Praxis wird die Zuleitung des bestätigten Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

an den Rat der Gemeinde i.d.R. dadurch vollzogen, dass durch den Bürgermeister ein entsprechender Tagesordnungspunkt<br />

auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Rates gesetzt wird, denn er hat diese Tagesordnung<br />

in eigener Verantwortung festzulegen (vgl. § 48 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). In der betreffenden Ratssitzung besteht<br />

dann für den Bürgermeister, oftmals ergänzend auch für den Kämmerer, ein Rederecht, sodass das Ergebnis der<br />

Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres und die damit verbundene Zielerreichung sowie die bestehende<br />

wirtschaftliche Lage der Gemeinde, aber auch die Chancen und Risiken für die Zukunft der Gemeinde,<br />

vorgestellt werden können. Für die weiteren Beratungen muss jedes Ratsmitglied über ausreichende Beratungsunterlagen<br />

verfügen. Es muss gewährleistet sein, dass der Rat der Gemeinde sachgerecht den zuvor geprüften<br />

Jahresabschluss feststellen kann.<br />

1.1.4 Die Prüfung vor der Feststellung<br />

1.1.4.1 Die Aufgaben des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

Die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses ist Voraussetzung für die Feststellung des Jahresabschlusses<br />

durch den Rat der Gemeinde. Bevor der Rat den Jahresabschluss der Gemeinde durch Beschluss feststellen<br />

kann, ist dieser Jahresabschluss durch den Rechnungsprüfungsausschuss als pflichtige Aufgabe zu prüfen (vgl. §<br />

59 Absatz 3 und § 101 GO <strong>NRW</strong>). Die Abschlussprüfung beinhaltet neben den Bestandteilen und Anlagen des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses auch die zu diesem Grunde liegende Buchführung. Sie hat dazu beizutragen,<br />

GEMEINDEORDNUNG 860


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

dass der Jahresabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt.<br />

Die gemeindliche Buchführung muss daher an sie gestellten Anforderungen entsprechen, damit der Jahresabschluss<br />

der Gemeinde in der vorgeschriebenen Form aufgestellt werden kann, die vorgesehenen Angaben enthält,<br />

die Vermögensgegenstände und Schulden richtig bewertet worden sind und das Ergebnis der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr zutreffend ermittelt werden kann. In der Vorschrift wird deshalb<br />

ausdrücklich bestimmt, dass in die Prüfung neben der Buchführung auch die Inventur, das Inventar und die<br />

Übersicht über örtlich festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände einzubeziehen sind.<br />

Die Prüfung der Beachtung der gesetzlichen haushaltsrechtlichen Vorschriften, der Regelungen der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung sowie ergänzender Satzungen, aber auch weiterer ortsrechtlicher Bestimmungen ist<br />

ebenfalls ein wichtiger Gegenstand der Jahresabschlussprüfung. Zudem ist zu prüfen, ob muss der dem gemeindlichen<br />

Jahresabschluss beizufügende Lagebericht mit dem Jahresabschluss und den Erkenntnissen des<br />

Abschlussprüfers in Einklang steht.<br />

Die Angaben im Lagebericht dürfen dabei nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-, Ertragsund<br />

Finanzlage der Gemeinde erwecken. Außerdem muss im gemeindlichen Lagebericht nicht nur zur wirtschaftlichen<br />

Lage der Gemeinde, sondern auch zu deren künftigen Chancen und Risiken Auskunft gegeben werden.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat außerdem über Art und Umfang der Prüfung sowie über das Ergebnis<br />

seiner Prüfung einen Prüfungsbericht zu erstellen. Der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung<br />

ist in den Prüfungsbericht aufzunehmen. Diese Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss dient der<br />

Beratung des Rates und damit der Vorbereitung des Ratsbeschlusses über die Feststellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses.<br />

1.1.4.2 Die Übergabe des Prüfungsergebnisses<br />

Für die Feststellung des geprüften Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde bedarf es der Rückgabe der<br />

dem Rechnungsprüfungsausschuss zur Prüfung überlassenen Unterlagen sowie der Übergabe des von ihm erstellten<br />

Prüfungsberichtes einschließlich des Prüfungsergebnisses in Form des vom Ausschussvorsitzenden<br />

unterzeichneten Bestätigungsvermerks (vgl. § 101 Absatz 2 und 7 GO <strong>NRW</strong>). Die Übergabe dieser Unterlagen an<br />

den Rat der Gemeinde wird in der gemeindlichen Praxis i.d.R. dadurch vollzogen, dass durch den Bürgermeister<br />

ein entsprechender Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung der Sitzung des Rates gesetzt wird, denn er hat<br />

diese Tagesordnung in eigener Verantwortung festzulegen (vgl. § 48 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Im Rahmen der beschlussfähigen<br />

Zusammenkunft des Rates (Sitzung) kann dann die Übergabe als erledigt betrachtet werden. Sie<br />

ist nicht bereits dann vollzogen, wenn einzelnen Ratsmitgliedern das Prüfungsergebnis zugesandt wird, auch<br />

wenn es wichtig ist, dass die Ratsmitglieder über das Prüfungsergebnis informiert sind.<br />

1.1.4.3 Die Stellungnahmen des Bürgermeisters und des Kämmerers<br />

Eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungsprüfungsausschuss als Prüfungsinstanz des Rates und der<br />

gemeindlichen Verwaltung im Rahmen der örtlichen Rechnungsprüfung kann helfen, aufgetretene Fehler im gemeindlichen<br />

Jahresabschluss zu beseitigen. Insbesondere sollte eine begleitende Fehlerbeseitigung erfolgen,<br />

wenn die durch die Prüfer erkannten Fehler der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden<br />

Bildes der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde durch den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

entgegenstehen. Die Zusammenarbeit erfordert, dass der Bürgermeister und der Kämmerer den Entwurf<br />

des Prüfungsberichtes sowie des Prüfungsergebnisses vor der Abgabe an den Rat der Gemeinde zur<br />

Kenntnisnahme erhalten, um ggf. eine Stellungnahme abgeben zu können (vgl. § 101 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 861


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch eine solche Handhabung können Prüfungsbemerkungen auf die Fälle beschränkt werden, in denen die<br />

Bedenken des Rechnungsprüfungsausschusses durch Stellungnahmen der gemeindlichen Verwaltung nicht<br />

ausgeräumt werden konnten. Derartige Stellungnahmen sollte deshalb der Rechnungsprüfungsausschuss in<br />

seine Arbeit einbeziehen. Er hat eigenverantwortlich zu entscheiden, wie und in welchem Umfang diese Stellungnahmen<br />

in seine Prüfungstätigkeit einbezogen werden und hat ggf. das Ergebnis der Prüfung oder den Prüfungsbericht<br />

zu verändern. Der Ausschuss sollte erwägen, dass er durch die Abgabe einer Stellungnahme noch einmal<br />

eine Gelegenheit erhält, seine Arbeit und das Prüfungsergebnis zu überdenken. Er hat sich dabei eigenverantwortlich<br />

zu entscheiden, ob er bei dem Prüfungsergebnis bleibt und dieses dem Rat vorlegt.<br />

In den Fällen, in denen der Bürgermeister und/oder der Kämmerer eine Stellungnahme zur Abschlussprüfung<br />

abgeben, bietet es sich an, dass der Rechnungsprüfungsausschuss diese zusammen mit seinem Prüfungsbericht<br />

dem Rat vorlegt. Diese Vorlage ist selbst dann sinnvoll, wenn keine Bedenken bestehen oder der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

den Anregungen des Bürgermeisters und/oder des Kämmerers gefolgt ist. Diese Informationen<br />

können zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen dem Rat der Gemeinde und der gemeindlichen Verwaltung<br />

beitragen, denn der Bürgermeister stellt als gesetzliches Mitglied des Rates der Gemeinde und als Verantwortlicher<br />

für die gemeindliche Verwaltung dafür ein geeignetes Bindeglied dar (vgl. § 40 Absatz 2 Satz 2 und § 62<br />

Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.5 Die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

1.1.5.1 Die Beratungen über den geprüften Jahresabschluss<br />

Die Bedeutung des Jahresabschlusses der Gemeinde bringt es mit sich, dass der Rat der Gemeinde diesen nach<br />

der Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss festzustellen hat. Mit dem gemeindlichen Jahresabschluss<br />

wird der Rat in die Lage versetzt, die wirtschaftliche Lage der Gemeinde bezogen auf den Abschlussstichtag<br />

anhand von Ist-Werten und im Vergleich mit den Plan-Werten des Haushaltsplans beurteilen zu können. Aufgrund<br />

des ihm von der gemeindlichen Verwaltung vorgelegten und vom Rechnungsprüfungsausschuss geprüften<br />

Jahresabschlusses muss der Rat sich ein Bild darüber machen, ob der Jahresabschluss ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt.<br />

Den Ratsmitgliedern ist daher mit dem gemeindlichen Jahresabschluss und dem Lagebericht ein Überblick über<br />

die Ergebnisse der Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr sowie Rechenschaft darüber gegeben.<br />

Sie erhalten dadurch ein umfassendes und zutreffendes Bild über die gemeindliche Haushaltswirtschaft und können<br />

daraus Hinweise für Entscheidungen erhalten, die ggf. auch zu künftigen Belastungen der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft führen können. Diese Sachlage beinhaltet, dass der Rat über das Prüfungsergebnis des<br />

Rechnungsprüfungsausschusses eine eigene Meinungsbildung herbeizuführen hat.<br />

Die Vornahme der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses erfordert zuvor eine Beratung des Rates<br />

darüber. Die Beratung über die Inhalte und die Angemessenheit des Ergebnisses der Haushaltswirtschaft des<br />

abgelaufenen Haushaltsjahres soll auch die Entscheidungskompetenz aller Ratsmitglieder stärken, weil diese<br />

nach Absatz 1 Satz 4 der Vorschrift über die Entlastung des Bürgermeisters zu entscheiden und bei einer Verweigerung<br />

oder einer Einschränkung der Entlastung dafür die Gründe anzugeben haben.<br />

Den Ratsmitgliedern müssen deshalb die relevanten Unterlagen über den gemeindlichen Jahresabschluss vollständig<br />

verfügbar gemacht werden. Dabei sind sie im Rahmen der Beratungen des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

ggf. auf besondere Sachverhalte oder Umstände aus der gemeindlichen Haushaltswirtschaft aufmerksam<br />

zu machen, die für die von ihnen zu treffende Entscheidung von Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang<br />

ist auch die Kenntnis über die Beschlussvorschläge der gemeindlichen Verwaltung sinnvoll, die sich auf die Feststellung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses und auf die Entlastung des Bürgermeisters beziehen müssen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 862


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

In seine Beratungen über den gemeindlichen Jahresabschluss hat der Rat aber auch das Ergebnis der Prüfung<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss einzubeziehen (vgl. § 101 GO <strong>NRW</strong>). Dafür bedarf es der Übergabe<br />

des vom Ausschuss erstellten Prüfungsberichtes und des gesetzlich vorgesehenen, vom Ausschussvorsitzenden<br />

zu unterzeichnenden Bestätigungsvermerks an den Rat sowie der Rückgabe der dem Rechnungsprüfungsausschuss<br />

zur Prüfung überlassenen Unterlagen. In den Beratungen bzw. der Ratsentscheidung über die Feststellung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses sind ggf. auch die Stellungnahmen des Bürgermeisters und/oder des<br />

Kämmerers zum Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses zu berücksichtigen.<br />

Die Einbeziehung ist insbesondere dann als sachgerecht anzusehen, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat, der Bestätigungsvermerk aufgrund von Beanstandungen<br />

versagt worden ist oder der Bestätigungsvermerk deshalb versagt wurde, weil der Ausschuss als Prüfer nicht in<br />

der Lage war, eine Beurteilung vorzunehmen (vgl. § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die schriftlich geäußerte Auffassung<br />

des Bürgermeisters und/oder des Kämmerers zum Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

sollte auch dann nicht außer Betracht bleiben, wenn bereits zuvor durch eine Zusammenarbeit zwischen dem<br />

Rechnungsprüfungsausschuss als Prüfungsinstanz und der gemeindlichen Verwaltung aufgetretene Fehler im<br />

Jahresabschluss, die der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde entgegenstanden, beseitigt worden sind.<br />

1.1.5.2 Die Mitwirkung von Verfahrensbeteiligten<br />

1.1.5.2.1 Die Mitwirkung des Bürgermeisters<br />

Im Rahmen der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde ist zu beachten,<br />

dass der Bürgermeister dem Rat als Mitglied kraft Gesetzes angehört und ihm ein Stimmrecht zusteht (vgl. §<br />

40 Absatz 2 Satz 2 und 5 GO <strong>NRW</strong>). Diese Vorschrift schränkt die Rechte des Bürgermeisters als Ratsmitglied<br />

bei haushaltswirtschaftlichen Sachverhalten nur für den Fall ein, dass die Ratsmitglieder über seine Entlastung<br />

entscheiden, denn in dieser Sache gilt er als befangen (vgl. § 40 Absatz 2 Satz 6 i.V.m. § 96 Absatz 1 Satz 4 der<br />

GO <strong>NRW</strong> GO <strong>NRW</strong>). Der Bürgermeister wird daher nicht ausdrücklich von der Teilnahme an dem Beschluss des<br />

Rates über die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses ausgeschlossen. Die Mitwirkung des Bürgermeisters<br />

an der Feststellung ist daher örtlich zu beurteilen und zu entscheiden.<br />

In der Sache dürfte es jedoch aus Verantwortungs- und Verfahrensgründen heraus sachlich geboten sein, dass<br />

der Bürgermeister auf die Ausübung des ihm nach § 40 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> zustehenden Stimmrechtes bei der<br />

Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses verzichtet. Durch seine Bestätigung des ihm vom Kämmerer<br />

vorgelegten Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses trägt er dafür die Gesamtverantwortung (vgl. § 95<br />

Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Der Kämmerer kommt der Pflicht durch seine Unterzeichnung des Entwurfs nach und übernimmt<br />

damit die verwaltungsmäßige Verantwortung, denn er ist verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung<br />

des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Verantwortung des Bürgermeisters<br />

für den gemeindlichen Jahresabschluss wird dadurch noch besonders hervorgehoben, dass ihm<br />

auch ein Änderungsrecht bezogen auf den Entwurf des Kämmerers zusteht, bevor er den Entwurf dem Rat der<br />

Gemeinde zuleitet (vgl. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.5.2.2 Die Mitwirkung des Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

Beim Feststellungsbeschluss des Rates der Gemeinde über den gemeindlichen Jahresabschluss ist auch die<br />

Mitwirkung des Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses örtlich zu beurteilen. Einerseits ist der Vorsitzende<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses ein Mitglied im Rat der Gemeinde und ihm steht daher ein Stimmrecht<br />

zu. Andererseits schränkt die Vorschrift des § 31 GO <strong>NRW</strong> die Rechte von Ratsmitgliedern nur für den Fall<br />

ein, dass die in der Vorschrift genannten Ausschließungsgründe vorliegen, sodass die betreffenden Ratsmitglie-<br />

GEMEINDEORDNUNG 863


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

der dann in der Sache als befangen gelten. In keiner Vorschrift der Gemeindeordnung wird aber der Vorsitzende<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses ausdrücklich von der Teilnahme an der Abstimmung über die Feststellung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses ausgeschlossen.<br />

In der Sache dürfte es jedoch aus der Prüfungsverantwortung und aus Verfahrensgründen heraus sachlich geboten<br />

sein, dass der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses bei der Feststellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses auf die Ausübung seines ihm zustehenden Stimmrechtes verzichtet. Der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

ist für die ordnungsgemäße Durchführung der örtlichen Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

verantwortlich (vgl. § 101 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Verantwortung durch den Vorsitzenden des Ausschusses wird dadurch hervorgehoben, dass er nach Abschluss<br />

der Prüfung des ihm vom Rat übergebenen Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses den Bestätigungsvermerk<br />

dafür zu unterzeichnen hat, bevor er den geprüften Entwurf wieder dem Rat zurückgibt (vgl. § 101<br />

Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>). Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses übernimmt daher durch seine Unterzeichnung<br />

die Verantwortung für das Ergebnis der Abschlussprüfung, denn der Ausschuss ist gesetzlich für diese<br />

Prüfung zuständig (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.5.3 Der Feststellungsbeschluss<br />

1.1.5.3.1 Die Zwecke der Feststellung<br />

Der Rat der Gemeinde hat nach seinen Beratungen über den geprüften gemeindlichen Jahresabschluss, in denen<br />

bestehende Bedenken ausreichend erörtert und ggf. ausgeräumt worden sind, und eine Meinungsbildung<br />

stattgefunden hat, den gemeindlichen Jahresabschluss durch Beschluss festzustellen. Dieser Beschluss baut<br />

i.d.R. auf dem durch den Rechnungsprüfungsausschuss erarbeiteten Prüfungsergebnis und Bestätigungsvermerk<br />

auf. Er kann sich gleichzeitig auf die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses und auf die Entlastung<br />

des Bürgermeisters beziehen. Der Beschluss ist durch den Rat zu fassen, denn er kann diese Aufgabe nicht auf<br />

einen seiner Ausschüsse übertragen (vgl. § 41 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe J GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses stellt eine Erklärung des Rates der Gemeinde mit dem<br />

Inhalt dar, dass der gemeindliche Jahresabschluss den gesetzlichen Anforderungen entspricht, das erreichte<br />

Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr und die Auswirkungen daraus<br />

auf das Vermögen und die Schulden der Gemeinde sowie die Chancen und Risiken für die künftige Entwicklung<br />

der Gemeinde darin zutreffend dargestellt werden.<br />

1.1.5.3.2 Der Änderungsbedarf vor der Feststellung<br />

In Einzelfällen kann aus der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses oder aus den Beratungen des Rates<br />

über den gemeindlichen Jahresabschluss noch ein Änderungsbedarf bestehen, der vor der Beschlussfassung<br />

des Rates nicht mehr umgesetzt werden kann. Eine notwendig gewordene Berichtigung muss nicht zwingend vor<br />

der Beschlussfassung des Rates über die Feststellung der gemeindliche Jahresabschluss noch erledigt werden,<br />

sondern kann auch nach der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses erfolgen. In den Fällen, in denen<br />

sich der Änderungsbedarf klar und eindeutig bestimmen lässt sowie eine gewisse Bedeutung hat, kann dieser<br />

auch im Ratsbeschluss benannt werden.<br />

Der Ratsbeschluss über die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses kann daher ggf. eine oder mehrere<br />

Maßgaben für die Vornahme der Änderungen des Jahresabschlusses im Sinne des Rates enthalten. Es<br />

entsteht dadurch ein Auftrag an die gemeindliche Verwaltung und es obliegt dem Bürgermeister, für die Erledigung<br />

dieses Auftrages Sorge zu tragen und den gemeindlichen Jahresabschluss in die vom Rat beschlossene<br />

GEMEINDEORDNUNG 864


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Form zu bringen. Erst nach Erledigung dieses Auftrages liegt eine Fassung des Jahresabschlusses der Gemeinde<br />

vor, die zum Gegenstand der Anzeige an die Aufsichtsbehörde und zum Gegenstand der gesetzlich vorgesehenen<br />

Bekanntmachung gemacht werden kann.<br />

1.1.5.3.3 Die Zeitvorgaben für die Feststellung<br />

Der Bürgermeister und der Rat der Gemeinde haben für die Beratungen und Beschlussfassung über den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss sowie für die Erledigung der Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss die<br />

zeitliche Begrenzung in dieser Vorschrift zu beachten. Der Rat hat danach die Feststellung des Jahresabschlusses<br />

bis spätestens zum 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres vorzunehmen. Die zeitliche<br />

Begrenzung in der Vorschrift soll gewährleisten, dass ggf. noch Auswirkungen auf die künftige Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde unverzüglich umgesetzt werden können.<br />

Der Zeitraum zwischen dem Abschlussstichtag und der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses soll<br />

deshalb noch vertretbar bleiben und örtlich nicht unnötig ausgeweitet werden. Unter diesen Gesichtspunkten<br />

bietet es sich an, die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses so früh wie möglich vorzunehmen und<br />

nicht damit bis zum letzten gesetzlich zulässigen Zeitpunkt zu warten, zumal die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen der Aufsichtsbehörde der Gemeinde einen Monat vor dem Beginn des Haushaltsjahres anzuzeigen<br />

ist (vgl. § 80 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.5.3.4 Die Maßgaben bei der Feststellung<br />

Die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde kann auch noch ausstehende<br />

Zustimmungen des Rates zur Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft bezogen auf das abgelaufene<br />

Haushaltsjahr enthalten, z. B. zu über- und/oder außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen.<br />

Mit der Feststellung des Jahresabschlusses sind diese Zustimmungen als erteilt anzusehen. Der Rat muss daher<br />

im Rahmen der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses darüber Kenntnis haben und sich entscheiden,<br />

ob er diese Zustimmungen nachträglich erteilen will oder ob er ihr Fehlen in Einzelfällen als unwichtig und<br />

deshalb nicht entscheidend für die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses ansehen will oder ob er<br />

deshalb die Feststellung ggf. sogar einschränken will.<br />

Die festgestellten Ist-Beträge des abgelaufenen Haushaltsjahres aus der gemeindlichen Ergebnisrechnung, der<br />

Finanzrechnung und den Teilrechnungen sind in den Haushaltsplan des neuen Haushaltsjahres zu übernehmen,<br />

denn das abgelaufene Haushaltsjahr stellt als Vorvorjahr des neuen Haushaltsjahres mit seinen ermittelten Beträgen<br />

die Ausgangsbasis für die Haushaltsplanung für das neue Haushaltsjahr und die weiteren Planungsjahre<br />

der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinde dar.<br />

1.1.5.3.5 Die Unterzeichnung des festgestellten Jahresabschlusses<br />

In der Vorschrift über die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses in Form der Beschlussfassung<br />

durch den Rat der Gemeinde ist nicht ausdrücklich geregelt, dass der Jahresabschluss nach seiner Feststellung<br />

durch den Rat auch zu unterzeichnen ist. Ausgehend davon, dass über die vom Rat gefassten Beschlüsse, also<br />

auch über die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses, eine Niederschrift zu fertigen und diese u.a.<br />

vom Bürgermeister zu unterzeichnen ist, stellt sich die Frage nach einer eigenständigen Unterzeichnung des<br />

Jahresabschlusses durch den Bürgermeister.<br />

Eine solche Unterzeichnung muss als sachgerecht und erforderlich angesehen werden, weil bereits die Anzeige<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses an die Aufsichtsbehörde konkrete Informationen darüber erfordert, dass<br />

GEMEINDEORDNUNG 865


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

der Jahresabschluss in seiner vorgelegten Form auch vom Rat der Gemeinde gebilligt wurde. Die weitere Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

durch die öffentliche Bekanntmachung und die Einsichtnahme in den Jahresabschluss bis zur<br />

Feststellung des folgenden Jahresabschlusses sind weitere sachliche Gründe für die Vornahme einer eigenstän-<br />

digen Unterzeichnung des Werkes "Jahresabschluss" (vgl. § 96 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Vornahme der Unterzeichnung des gemeindlichen Jahresabschlusses stellt dabei eine funktionale und keine<br />

persönliche Rechtshandlung des Bürgermeisters der Gemeinde als Vorsitzender des Rates der Gemeinde dar<br />

(vgl. § 40 Absatz 2 Satz 4 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits hat der Bürgermeister auch die Pflicht, die Beschlüsse des<br />

Rates auszuführen (vgl. § 62 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Er erfüllt daher mit seiner Unterzeichnung des Jahresabschlusses<br />

eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung und bringt damit zum Ausdruck, dass dieser aus seiner Verantwortung<br />

als Vorsitzender des Rates der Gemeinde heraus richtig und vollständig ist. Seine Unterzeichnung<br />

beinhaltet aber auch eine Vollständigkeitserklärung dahingehend, dass der gemeindliche Jahresabschluss alle<br />

Bestandteile und Anlagen zur Erfüllung seiner Aufgabe enthält, die dafür vorgeschrieben bzw. notwendig sind.<br />

Der Bürgermeister hat bei seiner Unterzeichnung zudem darauf zu achten, dass er den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

anschließend unverzüglich der Aufsichtsbehörde anzeigt (vgl. § 96 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2 Zu Satz 2 (Beschluss über die Verwendung des Jahresergebnisses):<br />

1.2.1 Die Verpflichtung zur Beschlussfassung<br />

Die Vorschrift verpflichtet den Rat der Gemeinde, im Zusammenhang mit seiner Feststellung des Jahresabschlusses<br />

für das abgelaufene Haushaltsjahr auch über die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Behandlung<br />

des Jahresfehlbetrages dieses Haushaltsjahres zu beschließen. Das Jahresergebnis des wirtschaftlichen<br />

Handelns der Gemeinde ist als Saldo aus den im abgelaufenen Haushaltsjahr erzielten Erträgen und entstandenen<br />

Aufwendungen in der Ergebnisrechnung enthalten und ist im Eigenkapital in der gemeindlichen Bilanz<br />

unter dem besonderen Posten „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“ angesetzt.<br />

Mit der Ergebnisrechnung als Bestandteil des Jahresabschlusses werden der Ressourcenverbrauch und das<br />

Ressourcenaufkommen der Gemeinde im abgelaufenen Haushaltsjahr transparent und nachvollziehbar gemacht.<br />

Außerdem wird durch das Jahresergebnis nachgewiesen, ob und wie die Gemeinde ihre Verpflichtung zum<br />

Haushaltsausgleich erfüllt hat (vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Mit dem Ansatz in der gemeindlichen Bilanz als<br />

weiteren Bestandteil des Jahresabschlusses der Gemeinde werden dann die Auswirkungen dieses Ergebnis auf<br />

das gemeindliche Eigenkapital aufgezeigt. Der Rat der Gemeinde ist originär zuständig für die Feststellung des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses und kann daher auch nicht die Entscheidung über die Verwendung des Jahresüberschusses<br />

oder die Behandlung des Jahresfehlbetrages an Andere übertragen (vgl. § 41 Absatz 1 Satz 2<br />

Buchstabe j GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2.2 Der Vorschlag des Bürgermeisters für die Beschlussfassung<br />

Der Bürgermeister hat dem Rat der Gemeinde grundsätzlich den gemeindlichen Jahresabschluss mit einer Bilanz<br />

ohne vorweggenommene Verwendung des Jahresergebnisses vorzulegen. Die gemeindliche Bilanz sollte daher<br />

i.d.R. noch keinen weiteren Bilanzposten „Bilanzgewinn“ oder „Bilanzverlust“ aufweisen. Der Rat kann dann eigenverantwortlich<br />

über das erzielte haushaltswirtschaftliche Jahresergebnis der Gemeinde entscheiden. Der<br />

Rechnungsprüfungsausschuss sollte gegen eine solche Darstellung des Jahresabschlusses mit einer darin enthaltenen<br />

Empfehlung keine Bedenken haben.<br />

In den Fällen, in denen daher vor Ort ausreichend sicher ist, dass der Rat der Gemeinde eine solche Darstellung<br />

in der gemeindlichen Bilanz wünscht oder der Beschlussempfehlung des Bürgermeisters zur Ergebnisverwendung<br />

folgen will, ist es vertretbar, in der Bilanz im gemeindlichen Jahresabschluss bereits die Ergebnisverwen-<br />

GEMEINDEORDNUNG 866


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

dung vorzunehmen. Das daraus entstandene Ergebnis ist dann unter dem zusätzlichen Bilanzposten „Bilanzgewinn/Bilanzverlust“,<br />

der in der gemeindlichen Bilanz nach dem Bilanzposten „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“<br />

anzusetzen ist, anzusetzen.<br />

1.2.3 Die Inhalte des Verwendungsbeschlusses<br />

1.2.3.1 Die Verwendung des Jahresüberschusses<br />

1.2.3.1.1 Die Zuführung zur Ausgleichsrücklage<br />

Der Rat der Gemeinde soll im Rahmen seiner Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses auch über die<br />

Verwendung des erzielten Jahresergebnisses beschließen. Er kann dazu festlegen, dass der im abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr erzielte Jahresüberschuss der Ausgleichsrücklage zugeführt werden soll. Die Entscheidung wird<br />

jedoch durch das Haushaltsausgleichssystem nach § 75 GO <strong>NRW</strong> eingeschränkt, sodass ggf. keine Wahlmöglichkeit<br />

für den Rat besteht. Eine Zuführung des Jahresüberschusses zur Ausgleichsrücklage ist daher immer<br />

dann vorzunehmen, wenn die Ausgleichsrücklage nicht den in der Eröffnungsbilanz zulässigen Bestand mehr<br />

erreicht (vgl. § 75 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Diese Zuführung ist geboten, weil im Falle eines Fehlbetrages in der gemeindlichen<br />

Ergebnisrechnung mit der dann möglichen Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage der Haushaltsausgleich,<br />

wenn auch in fiktiver Form, erreicht werden kann (vgl. § 75 Absatz 2 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine Aufteilung der Zuführung des Jahresüberschusses auf die Ausgleichsrücklage und die allgemeine Rücklage<br />

ist daher nur dann möglich, wenn der erzielte Jahresüberschuss den möglichen Auffüllbetrag für die Ausgleichsrücklage<br />

übersteigt. Würde bei einer nur sehr geringen Ausgleichsrücklage ausschließlich eine Zuführung zur<br />

allgemeinen Rücklage vorgenommen, besteht das Risiko, dass die Gemeinde bei einem Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung<br />

nicht mehr ihrer Verpflichtung zum Haushaltsausgleich nachkommt, obwohl ihr das durch entsprechende<br />

Verwendungsbeschlüsse in den Vorjahren möglich gewesen wäre. Diese Betrachtung gilt nicht nur für<br />

den originären Haushaltsausgleich, sondern auch für den „fiktiven“ Ausgleich nach Absatz 3 der genannten Vorschrift<br />

(vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2.3.1.2 Die Zuführung zur allgemeinen Rücklage<br />

Der Rat der Gemeinde kann im Rahmen seiner Beschlussfassung über die Verwendung des erzielten Jahresüberschusses<br />

grundsätzlich festlegen, dass der im abgelaufenen Haushaltsjahr erzielte Jahresüberschuss der<br />

allgemeinen Rücklage zugeführt werden soll. Eine solche Zuführung ist immer dann verpflichtend vorzunehmen,<br />

wenn die Ausgleichsrücklage den in der Eröffnungsbilanz zulässigen Bestand erreicht hat (vgl. § 75 Absatz 3 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die Möglichkeiten der Entscheidung werden daher durch das Haushaltsausgleichssystem beeinflusst,<br />

sodass ggf. keine Wahlmöglichkeit für den Rat besteht (vgl. § 75 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine Zuführung zur allgemeinen Rücklage ist nicht zulässig, wenn die Ausgleichsrücklage aufgefüllt werden kann.<br />

Sie ist dann auch geboten, weil im Falle eines Fehlbetrages in der gemeindlichen Ergebnisrechnung mit der dann<br />

möglichen Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage der Haushaltsausgleich, wenn auch in fiktiver Form, erreicht<br />

werden kann (vgl. § 75 Absatz 2 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Eine Aufteilung der Zuführung des Jahresüberschusses auf<br />

die Ausgleichsrücklage und die allgemeine Rücklage ist dann möglich, wenn der erzielte Jahresüberschuss den<br />

möglichen Auffüllbetrag für die Ausgleichsrücklage übersteigt. Sofern vom Rat beschlossen werden soll, den<br />

erzielten Jahresüberschuss in voller Höhe der allgemeinen Rücklage zuzuführen, sollte zuvor geprüft worden<br />

sein, in welchem Umfang die Ausgleichsrücklage in der gemeindlichen Bilanz einen Bestand aufweist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 867


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

1.2.3.1.3 Die Zuführung zur Sonderrücklage (Reinvestitionsrücklage)<br />

Im Rahmen seiner Beschlussfassung über die Verwendung des erzielten haushaltswirtschaftlichen Jahresergebnisses<br />

der Gemeinde kann der Rat auch beschließen, den Jahresüberschuss (in voller Höhe oder anteilig) einer<br />

Sonderrücklage zuzuführen (vgl. § 43 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine solche Sonderrücklage darf von der Gemeinde<br />

gebildet werden, um die vom Rat beschlossene Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen<br />

zu sichern (Reinvestitionsrücklage). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass unter Berücksichtigung<br />

der Haushaltsausgleichsregelung in der gemeindlichen Bilanz keine weitere Rücklage für die Gestaltung<br />

des jährlichen Haushaltausgleichs angesetzt werden darf (vgl. in § 75 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Für die Gemeinde ist es daher nicht zulässig, im gemeindlichen Eigenkapital z. B. eine „Gewinnverwendungsrücklage“<br />

anzusetzen Dadurch würden die ausdrücklich gesetzlich bestimmten Funktionen der Ausgleichsrücklage<br />

und der allgemeinen Rücklage erheblich beeinträchtigt. Es ist aber möglich für die Zuführung zu der genannten<br />

Sonderrücklage z.B. im Haushaltsjahr erzielte Erträge zu nutzen, die dadurch entstehen können, dass für<br />

gemeindliche Grundstücke, die mit ihrem Anschaffungspreis in der gemeindlichen Bilanz angesetzt sind und<br />

keiner Abschreibung unterliegen, ein Veräußerungserlös erzielt wird, der über dem Buchwert liegt.<br />

1.2.3.2 Die Abdeckung eines Jahresfehlbetrages<br />

Im Rahmen der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses soll der Rat der Gemeinde auch über die<br />

Behandlung des entstandenen Jahresfehlbetrages beschließen. Hierbei eröffnen sich wegen der gesetzlichen<br />

Bindung an die einschlägigen haushaltsrechtlichen Vorschriften für den Rat der Gemeinde keine tatsächlichen<br />

Entscheidungsmöglichkeiten. Der Rat hat bei einem Jahresfehlbetrag zu beachten, dass aus der “Pufferfunktion“<br />

der Ausgleichsrücklage und ihrem Ansatz als gesonderter Posten innerhalb des Eigenkapitals auf der Passivseite<br />

der Bilanz sich die Verpflichtung zur vorrangigen Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage vor der allgemeinen<br />

Rücklage ergibt.<br />

Diese Zwecksetzung hat der Gesetzgeber mit der Ausgleichsrücklage deutlich zum Ausdruck gebracht, denn mit<br />

deren Hilfe kann der (fiktive) Haushaltsausgleich herbeigeführt werden (vgl. § 75 Absatz 2 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die<br />

Ausgleichsfiktion soll dabei auch für den Jahresabschluss gelten, denn der gemeindliche Haushalt muss in jedem<br />

Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein (vgl. § 75 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde ist daher<br />

nach der Systematik der gestuften Ausgleichsregelungen verpflichtet, für die Abdeckung ihres Jahresfehlbetrages<br />

die Ausgleichsrücklage vor der allgemeinen Rücklage in Anspruch zu nehmen. Eine Wahlmöglichkeit steht der<br />

Gemeinde dabei nicht zu und es bleibt auch kein Raum für die Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage.<br />

Die Verpflichtung zur vorrangigen Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage zur Abdeckung eines Jahresfehlbetrages<br />

besteht auch dann, wenn die Mittel der Ausgleichsrücklage nicht zur Deckung ausreichen und zusätzlich<br />

die allgemeine Rücklage in Anspruch genommen werden muss. Die Nebenbestimmungen zur dann erforderlichen<br />

Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage sind dann von der Aufsichtsbehörde so zu fassen,<br />

dass sie geeignet sind, das Ziel, den jährlichen Haushaltsausgleich mit Hilfe von Konsolidierungsmaßnahmen<br />

wiederherzustellen, schnellstmöglich wieder zu erreichen. Diese Sachlage ist auch bei der Beurteilung eines<br />

Haushaltssicherungskonzeptes zu beachten.<br />

1.3 Zu Satz 3 (Stellungnahme des Kämmerers zum Jahresabschluss):<br />

Dem Kämmerer ist - wie beim Erlass der Haushaltssatzung nach § 80 GO <strong>NRW</strong> - auch bei der Feststellung des<br />

Jahresabschlusses ein gesetzliches Anhörungsrecht im Rat der Gemeinde eingeräumt worden. Dieses Rederecht<br />

setzt voraus, dass zuvor der Bürgermeister seinen Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses geändert und<br />

GEMEINDEORDNUNG 868


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§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

der Kämmerer dazu eine Stellungnahme über seine Auffassung über den Jahresabschluss gegenüber dem Bürgermeister<br />

abgegeben hat (vgl. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Bürgermeister ist dann verpflichtet, die vom Kämmerer abgegebene schriftliche mit dem Entwurf des Jahresabschlusses<br />

dem Rat zuzuleiten. Die Stellungnahme des Kämmerers ist dabei nicht ein Teil des Entwurfs des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses. Sie stellt lediglich eine ergänzende Information für den Rat dazu dar, weil das<br />

Aufstellungsverfahren des Entwurfs des Jahresabschlusses mit seinen Anlagen, den der Rat festzustellen hat,<br />

betroffen ist. Es ist daher ausreichend, wenn der Rat vor der Feststellung des Jahresabschlusses der Gemeinde<br />

über die abweichende Auffassung des Kämmerers zum Entwurf informiert worden ist.<br />

Die schriftliche Stellungnahme des Kämmerers über seine abweichende Auffassung ist daher als ein Teil der vom<br />

Bürgermeister zu erstellenden Beschlussvorlage anzusehen, auch dann nicht, wenn z. B. im Ergebnis der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

der Auffassung des Kämmerers folgt. In den Fällen, in denen eine schriftliche Stellungnahme<br />

des Kämmerers vorliegt, kann die darin geäußerte abweichende Auffassung zum Entwurf des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses nicht persönlich vom Bürgermeister, auch nicht stellvertretend für den Kämmerer, im Rat<br />

der Gemeinde vorgetragen werden.<br />

Das Rederecht ist als persönliches Recht ausgestaltet worden und kann daher nur vom Kämmerer selbst, der<br />

dafür in der entsprechenden Sitzung des Rates anwesend sein muss, ausgeübt werden. Diese Handhabung soll<br />

auch in den Fällen eine entsprechende Anwendung finden, in denen der Kämmerer eine schriftliche Stellungnahme<br />

zum Prüfungsergebnis des Rechnungsprüfungsausschusses über den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

abgegeben hat (vgl. § 101 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.4 Zu Satz 4 (Entlastung des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder):<br />

1.4.1 Inhalte und Zwecke der Vorschrift<br />

Die Ratsmitglieder im Rat der Gemeinde entscheiden nach der Vorschrift persönlich über die Entlastung des<br />

Bürgermeisters hinsichtlich seiner Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr.<br />

Die Entlastung ist dabei eine Festlegung der Ratsmitglieder dahingehend, dass aufgrund des vorgelegten<br />

Jahresabschlusses und der vorgenommenen Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss keine Einwendungen<br />

gegen die Haushaltsführung des Bürgermeisters erhoben werden. Im Rahmen ihrer Beratungen über<br />

den gemeindlichen Jahresabschluss und der Entscheidung über die Entlastung des Bürgermeisters haben die<br />

Ratsmitglieder daher die Haushaltsführung des Bürgermeisters im abgelaufenen Haushaltsjahr zu würdigen.<br />

Die Bedeutung der Entlastung des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder bringt es mit sich, dass die Entscheidung<br />

über die Entlastung grundsätzlich erst nach Feststellung des Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde<br />

erfolgen kann. Die Entscheidung erfordert zudem einen gemeindlichen Jahresabschluss, der durch den<br />

Rechnungsprüfungsausschuss insgesamt, also auch hinsichtlich seiner haushaltsmäßigen Ordnungsmäßigkeit,<br />

geprüft wurde. Nur dann werden die Ratsmitglieder in die Lage versetzt, die Tätigkeit des Bürgermeisters in Bezug<br />

auf die ordnungsgemäße Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

beurteilen zu können.<br />

Die Ratsmitglieder benötigen daher neben den im Jahresabschluss dargestellten Ergebnissen auch umfassende<br />

Informationen über die tatsächliche Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr.<br />

Sie gewinnen durch diese Informationen die notwendigen Sachkenntnisse zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit<br />

der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr, bei der die Vorgaben<br />

des Rates von erheblicher Bedeutung sind. Mit diesen Kenntnissen kann jedes Ratsmitglied eine Entscheidung<br />

über die Entlastung des Bürgermeisters treffen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 869


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§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Eine sorgfältige Beurteilung der örtlichen Haushaltswirtschaft ist insbesondere dann notwendig, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

zum gemeindlichen Jahresabschluss einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk<br />

erteilt hat, oder der Bestätigungsvermerk aufgrund von Beanstandungen von ihm versagt worden ist oder der<br />

Bestätigungsvermerk deshalb von ihm versagt wurde, weil der Ausschuss nicht in der Lage war, eine Beurteilung<br />

über den gemeindlichen Jahresabschluss vorzunehmen. Auf diese Sorgfaltspflicht kann nicht verzichtet werden,<br />

auch wenn bereits zuvor durch eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungsprüfungsausschuss als<br />

zuständige Prüfungsinstanz und der gemeindlichen Verwaltung versucht wurde, die aufgrund der örtlichen Prüfung<br />

des Jahresabschlusses auszusprechenden Beanstandungen auszuräumen.<br />

1.4.2 Die sachbezogene Entlastung<br />

Die Entlastung des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder ist als eine funktionelle, und damit als eine amtsbezogene<br />

Entlastung anzusehen und stellt keine persönliche Entlastung dar. Dafür spricht auch, dass im Falle einer<br />

eingeschränkten Entlastung des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder zu prüfen und festzustellen ist, wer<br />

persönlich für die Mängel oder die haushaltsrechtlichen Verstöße verantwortlich ist und welche Maßnahmen deshalb<br />

zu ergreifen sind. In solchen Fällen können der Bürgermeister oder auch Beschäftigte der gemeindlichen<br />

Verwaltung persönlich betroffen und verantwortlich sein. Es können aber auch Ratsmitglieder betroffen sein,<br />

soweit dann die Voraussetzungen des § 43 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> vorliegen.<br />

Eine Entlastung des Bürgermeisters ersetzt aber nicht gleichzeitig die fehlenden Zustimmungen des Rates im<br />

Rahmen der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Der Rat muss sich vielmehr bereits im Rahmen<br />

der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses entscheiden, ob er noch nicht erteilte Zustimmungen<br />

nachträglich erteilen will bzw. in seine Feststellung einschließt oder ob er ihr Fehlen in Einzelfällen als unwichtig<br />

ansehen will. Die Ratsmitglieder können das Ergebnis aus dieser Abwägung in ihre Meinungsbildung über die<br />

Entlastung des Bürgermeisters einbeziehen, denn bei besonderen Vorkommnissen können sie ggf. die Entlastung<br />

des Bürgermeisters auch einschränken.<br />

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der Bürgermeister kraft Gesetzes ein Mitglied im Rat der<br />

Gemeinde ist und ihm ein Stimmrecht in diesem Gremium zusteht (vgl. § 40 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Vorschrift<br />

schränkt aber gleichzeitig die Stimmrechte des Bürgermeisters wieder ein, denn er gilt, wenn die Ratsmitglieder<br />

durch Beschluss über seine Entlastung entscheiden, in der Sache als befangen. Durch die Vorschrift wird daher<br />

der Bürgermeister ausdrücklich von der Teilnahme an der Abstimmung über seine Entlastung ausgeschlossen.<br />

Dem Bürgermeister wird grundsätzlich ein Anspruch auf seine Entlastung zugestanden, wenn von ihm die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr ordnungsgemäß geführt worden ist. Die Entlastung<br />

des Bürgermeisters kann dabei durch die Ratsmitglieder vorbehaltlos oder mit Vorbehalten ausgesprochen,<br />

aber auch verweigert werden.<br />

1.4.3 Der Entlastungsbeschluss ohne Vorbehalte<br />

Ein vorbehaltloser Entlastungsbeschluss der Ratsmitglieder bringt zum Ausdruck, dass beim Rat der Gemeinde<br />

keine Bedenken gegen die ausgeübte Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr, wie sie sich nach dem<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss geprüften Jahresabschluss darstellt, bestehen. Durch den Beschluss<br />

erklären sich die Ratsmitglieder mit der Haushaltsführung des Bürgermeisters einverstanden und billigen im gemeindlichen<br />

Jahresabschluss aufgezeigte Ergebnis der Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres.<br />

Mit der Erteilung der Entlastung verzichten die Ratsmitglieder gleichzeitig darauf, die bei der Prüfung möglicherweise<br />

festgestellten und nicht ausgeräumten Mängel nicht weiter zu beanstanden. Dieses Ergebnis bedeutet<br />

allerdings nicht, dass diese haushaltswirtschaftlichen Mängel, soweit sie im Prüfungsbericht des Rechnungsprü-<br />

GEMEINDEORDNUNG 870


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

fungsausschusses benannt werden, als beseitigt anzusehen sind. Soweit eine Behebung der Mängel möglich ist,<br />

muss vom Bürgermeister dafür Sorge getragen werden.<br />

1.4.4 Der Entlastungsbeschluss mit Vorbehalten<br />

Die Ratsmitglieder können die Entlastung des Bürgermeisters aber auch mit Vorbehalten oder mit Einschränkungen<br />

aussprechen. Eine Einschränkung wird i.d.R. dann notwendig sein, wenn festgestellte Mängel bei der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Entlastung des Bürgermeisters<br />

noch nicht ausgeräumt werden konnten und deren Gewicht bzw. Bedeutung aber so groß ist, dass eine uneingeschränkte<br />

Entlastung des Bürgermeisters nicht geboten ist. Eine Einschränkung der Entlastung des Bürgermeisters<br />

könnte ggf. dann vorzunehmen sein, wenn aus Sicht des Rates eine fehlerhafte Haushaltsführung im abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr entstanden ist, z. B. durch den Abschluss von Vereinbarungen ohne Zustimmung des<br />

Rates, die zu erheblichen gemeindlichen Belastungen in künftigen Haushaltsjahren führen werden.<br />

Bei einer Entlastung des Bürgermeisters, die durch die Ratsmitglieder mit Einschränkungen ausgesprochen werden<br />

soll, ist ggf. die Stellungnahme des Bürgermeisters und/oder des Kämmerers zum Prüfungsbericht des<br />

Rechnungsprüfungsausschusses zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk zum gemeindlichen Jahresabschluss erteilt hat. Diese Sachlage<br />

gilt auch dann, wenn zuvor bereits durch eine Zusammenarbeit zwischen der Prüfungsinstanz und der gemeindlichen<br />

Verwaltung die im Jahresabschluss aufgetretenen Fehler beseitigt worden sind. In den Fällen, in<br />

denen die Entlastung des Bürgermeisters mit Vorbehalten oder Einschränkungen ausgesprochen wird, sind die<br />

Gründe dafür gegenüber dem Bürgermeister anzugeben.<br />

In solchen Fällen sollten im Rahmen der Beratungen zur Entscheidung der Ratsmitglieder über die Entlastung<br />

des Bürgermeisters intensive Auseinandersetzungen über die örtlichen Gegebenheiten bezogen auf das abgelaufene<br />

Haushaltsjahr geführt werden und möglichst Sachverhalte korrekt benannt werden, die Anlass für die Festlegung<br />

von Vorbehalten sein können. Ebenso können Ereignisse aus der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

im abgelaufenen Haushaltsjahr dafür ausschlaggebend sein, durch die z.B. das Budgetrecht des<br />

Rates der Gemeinde wesentlich betroffen war.<br />

Der Rat der Gemeinde kann in den Fällen, in denen die Entlastung des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder<br />

mit Vorbehalten oder Einschränkungen ausgesprochen worden ist, die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen<br />

treffen, die der Beseitigung der festgestellten Mängel dienen müssen. Deren Umfang und Inhalte sind dabei<br />

i.d.R. daran zu orientieren, was zuvor in der Sache beanstandet worden ist. Dabei kommt es auch darauf an,<br />

welches Gewicht die Summe der Mängel im Rahmen der gesamten Haushaltswirtschaft hat und ob die Mängel so<br />

wesentlich sind, dass deren Beseitigung zwingend geboten ist. Dabei sind die zu treffenden Anordnungen und<br />

Maßnahmen auch nach deren Umsetzbarkeit sowie nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen.<br />

1.5 Zu Satz 5 (Verweigerung der Entlastung des Bürgermeisters):<br />

Nach der Vorschrift haben die Ratsmitglieder auch die Möglichkeit, die Entlastung des Bürgermeisters zu verweigern<br />

auszusprechen. Eine Verweigerung der Entlastung dürfte sich jedoch i.d.R. auf die Fälle beschränken, in<br />

denen schwerwiegende Verstöße vorliegen, die ggf. auch dienstrechtliche Maßnahmen und Schadensersatzansprüche<br />

notwendig machen. Dabei kommt es auch darauf an, welches Gewicht die Summe dieser Verstöße im<br />

Rahmen der gesamten Haushaltswirtschaft hat und ob die Verweigerung der Entlastung nach dem Grundsatz der<br />

Verhältnismäßigkeit der Mittel vertretbar und geboten ist.<br />

Bei der Entscheidung über die Verweigerung der Entlastung des Bürgermeisters ist die Stellungnahme des Bürgermeisters<br />

und/oder des Kämmerers zum Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses zu berücksich-<br />

GEMEINDEORDNUNG 871


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

tigen (vgl. § 101 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Einbeziehung der Stellungnahmen ist insbesondere dann geboten,<br />

wenn der Rechnungsprüfungsausschuss den Bestätigungsvermerk aufgrund von Beanstandungen versagt hat<br />

oder der Bestätigungsvermerk deshalb versagt wurde, weil der Ausschuss als Prüfer nicht in der Lage war, eine<br />

Beurteilung vorzunehmen.<br />

In diesen Fällen kommt es darauf an, ob bereits durch eine Zusammenarbeit zwischen der Prüfungsinstanz und<br />

der gemeindlichen Verwaltung die im gemeindlichen Jahresabschluss aufgetretenen Fehler beseitigt worden sind.<br />

In den Fällen der Verweigerung der Entlastung des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder muss konkret dargelegt<br />

werden, welche Verhaltensweisen des Bürgermeisters als Verantwortlichen in der Gemeinde oder welche<br />

Ergebnisse oder Maßnahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft als Verstoß gegen die beschlossene Haushaltssatzung<br />

mit ihren Anlagen bewertet werden und weshalb sie als so erheblich eingestuft werden, dass deshalb<br />

dem Bürgermeister die Entlastung verweigert wird. Die Ratsmitglieder haben deshalb bei einer Verweigerung<br />

der Entlastung des Bürgermeisters, ihm gegenüber konkrete Gründe dafür anzugeben.<br />

Der Rat der Gemeinde kann in den Fällen, in denen die Entlastung des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder<br />

verweigert worden ist, die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen treffen, die der Beseitigung der festgestellten<br />

Mängel dienen müssen. Deren Umfang und Inhalte sind dabei i.d.R. daran zu orientieren, was zuvor in<br />

der Sache beanstandet worden ist. Dabei kommt es auch darauf an, welches Gewicht die Summe der Mängel im<br />

Rahmen der gesamten Haushaltswirtschaft hat und ob die Mängel so wesentlich sind, dass deren Beseitigung<br />

zwingend geboten ist. Dabei sind die zu treffenden Anordnungen und Maßnahmen auch nach deren Umsetzbarkeit<br />

sowie nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen.<br />

1.6 Zu Satz 6 (Verweigerung der Feststellung des Jahresabschlusses):<br />

Dem Rat der Gemeinde steht nach der Vorschrift auch das Recht zu, die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

nicht nur vorbehaltlos oder mit Vorbehalten auszusprechen, sondern auch zu verweigern. Eine Verweigerung<br />

der Feststellung dürfte sich i.d.R. auf die wesentlichen Fälle beschränken, in denen schwerwiegende<br />

Verstöße bei der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft vorliegen, die ggf. auch Schadensersatzansprüche<br />

von Dritten auslösen können. Dabei kommt es auch darauf an, welches Gewicht die Summe dieser Verstöße<br />

im Rahmen der gesamten Haushaltswirtschaft der Gemeinde hat.<br />

In den Fällen, in denen für den Rat ein oder mehrere Anlässe bestehen, die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

zu verweigern, so hat er die Gründe dafür gegenüber dem Bürgermeister anzugeben. Es ist dabei<br />

zu berücksichtigen, dass dem Bürgermeister ein Anspruch gegenüber dem Rat der Gemeinde auf eine Begründung<br />

bei der Verweigerung der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses oder bei einer Feststellung<br />

mit Einschränkungen zugestanden wird. Vom Rat der Gemeinde muss in diesen Fällen konkret dargelegt<br />

werden, welche Verhaltensweisen oder Ergebnisse der gemeindlichen Haushaltswirtschaft als Verstoß gegen die<br />

beschlossene Haushaltssatzung mit ihren Anlagen oder gegen den Jahresabschluss gewertet wurden oder welche<br />

Mängel in der Haushaltsführung von so erheblichem Gewicht sind, dass die Feststellung des Jahresabschlusses<br />

zu verweigern oder einzuschränken ist.<br />

Der Rat der Gemeinde kann in den Fällen, in denen die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses von<br />

ihm verweigert worden ist, die notwendigen Anordnungen treffen, die der Beseitigung der festgestellten Verstöße<br />

dienen müssen. Deren Umfang und Inhalte sind dabei i.d.R. daran zu orientieren, was zuvor in der Sache beanstandet<br />

worden ist. Dabei kommt es auch darauf an, welches Gewicht die Summe der Mängel im Rahmen der<br />

gesamten Haushaltswirtschaft hat und ob die Mängel so wesentlich sind, dass deren Beseitigung zwingend geboten<br />

ist. Dabei sind die zu treffenden Anordnungen und Maßnahmen auch nach deren Umsetzbarkeit sowie nach<br />

dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 872


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

2. Zu Absatz 2 (Anzeige und Veröffentlichung des gemeindlichen Jahresabschlusses):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Pflicht zur Anzeige des Jahresabschlusses):<br />

2.1.1 Die Pflichten der Gemeinde<br />

2.1.1.1 Die Anzeige des Jahresabschlusses<br />

Die Vorschrift sieht wegen der Bedeutung der Aufsicht des Landes für die Gemeinden vor, dass der gemeindliche<br />

Jahresabschluss unverzüglich nach seiner Feststellung durch den Rat der Gemeinde der Aufsichtsbehörde anzuzeigen<br />

ist (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>). Aus der ausschlaggebenden Bedeutung, die der Jahresabschluss für den Nachweis<br />

der Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben und über die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

im Haushaltsjahr hat, ergibt sich die Notwendigkeit für die Aufsichtsbehörde der Gemeinde, sich jeweils nach<br />

Ablauf des Haushaltsjahres einen Überblick über die wirtschaftliche Lage sowie über die Chancen und Risiken für<br />

die weitere Entwicklung der Gemeinde zu verschaffen.<br />

Die mit der Anzeige des gemeindlichen Jahresabschlusses der Aufsichtsbehörde der Gemeinde vorzulegenden<br />

Unterlagen müssen eine Gesamtübersicht über die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde,<br />

die auch die Aufsichtsbehörde haben sollte, geeignet sein. Der Aufsichtsbehörde ist daher der vom Rat<br />

der Gemeinde festgestellte Jahresabschluss mit seinen Bestandteilen und Anlagen vorzulegen, die Gegenstand<br />

der vom Rat vorgenommenen Feststellung waren. Dazu gehört auch der gemeindliche Lagebericht, denn durch<br />

den Begriff „beizufügen“ besteht kein Anlass, auf eine Übersendung des Lageberichtes an die Aufsichtsbehörde<br />

zu verzichten (vgl. § 95 Absatz 1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong>). Die Pflichtangaben im Lagebericht lösen i.d.R. ein Informationsbedürfnis<br />

für die Aufsichtsbehörde als Rechtsaufsicht über die Gemeinde aus (vgl. § 95 Abs. 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In den Fällen, in denen der Rat der Gemeinde seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Feststellung des Jahresabschlusses<br />

bis zu dem gesetzlich bestimmten Termin „bis spätestens 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr<br />

folgenden Jahres“ nicht nach, hat die Gemeinde ihre Aufsichtsbehörde vorher darüber zu unterrichten. Sie hat in<br />

ihrem Bericht an die Aufsichtsbehörde die Gründe für das Versäumnis anzugeben sowie aufzuzeigen, welcher<br />

Verfahrensstand zur Feststellung des Jahresabschlusses besteht, wann die Feststellung durch den Rat vorgesehen<br />

ist und bis zu welchem schnellstmöglichen Zeitpunkt die Anzeige bei der Aufsichtsbehörde nachgeholt wird.<br />

Die Gemeinde hat diese Ankündigungen baldmöglichst umzusetzen.<br />

2.1.1.2 Die Anzeige der Entlastung des Bürgermeisters<br />

Für die Anzeige des vom Rat der Gemeinde festgestellten Jahresabschlusses an die Aufsichtsbehörde ist nicht<br />

ausdrücklich geregelt, dass der Beschluss über die Entlastung des Bürgermeisters der Aufsichtsbehörde anzuzeigen<br />

ist. Die Entscheidung der Ratsmitglieder verfehlt aber ihren Zweck, wenn nicht auch die Aufsichtsbehörde<br />

der Gemeinde im Rahmen der Anzeige des gemeindlichen Jahresabschlusses über die Entlastung des Bürgermeisters<br />

informiert wird. Auch wenn keine ausdrückliche gesetzliche Informationspflicht darüber besteht, bietet es<br />

sich für die Gemeinde an, die Information über die Entlastung des Bürgermeisters oder deren Verweigerung der<br />

Aufsichtsbehörde im Rahmen der Anzeige des gemeindlichen Jahresabschlusses zukommen zu lassen.<br />

Eine solche Verfahrensweise ist auch zweckmäßig, denn die Entlastungsentscheidung der Ratsmitglieder steht in<br />

einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Feststellung des Jahresabschlusses der Gemeinde durch den Rat<br />

und wird üblicherweise in Abhängigkeit davon getroffen. Im Rahmen der Anzeige des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

hat die Aufsichtsbehörde daher auch zu berücksichtigen, ob und wie die Ratsmitglieder über die Entlastung<br />

des Bürgermeisters entschieden haben und ob das Ergebnis der Prüfung des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

dabei berücksichtigt worden ist. Dieses gilt auch dann, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss einen<br />

GEMEINDEORDNUNG 873


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat, aber insbesondere auch dann, wenn der Ausschuss nur<br />

einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt oder den Bestätigungsvermerk versagt hat.<br />

2.1.1.3 Die Anzeige eines Jahresfehlbetrages<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss unterliegt keiner grundsätzlichen Genehmigungspflicht durch die Aufsichtsbehörde,<br />

denn er ist Ausdruck der gemeindlichen Finanzhoheit und der Selbstverwaltung der Gemeinde. Auch ein<br />

Erlaubnisvorbehalt durch die staatliche Aufsicht kommt daher für den Regelfall nicht in Betracht. Nur wenn im<br />

Einzelfall bei der Bestätigung des Jahresabschlusses die gemeindliche Ergebnisrechnung trotz eines ursprünglich<br />

ausgeglichenen Ergebnisplans einen Fehlbetrag oder einen höheren Fehlbetrag als im Ergebnisplan ausgewiesen<br />

ausweist, entsteht eine besondere Anzeigepflicht für die Gemeinde (vgl. § 75 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>.<br />

Ein solcher Jahresfehlbetrag in der gemeindlichen Ergebnisrechnung kann z. B. dazu führen, dass die allgemeine<br />

Rücklage in einem größeren Umfang verringert werden muss, als es im Rahmen der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

vorgesehen war. Es kann dadurch auch die Pflicht für die Gemeinde ausgelöst werden, ein Haushaltssicherungskonzept<br />

aufzustellen, das dann zum Bestandteil des nächsten gemeindlichen Haushaltsplans wird (vgl.<br />

§ 76 und § 79 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 1 Absatz 1 Nummer 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Aufstellung des<br />

Haushaltssicherungskonzeptes löst dabei eine eigenständige Genehmigungspflicht aus, die jedoch nicht den<br />

anzuzeigenden Jahresabschluss der Gemeinde berührt (vgl. § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In einem solchen Fall muss die Gemeinde diesen Sachverhalt der Aufsichtsbehörde unverzüglich nach ihrer<br />

Kenntnis anzeigen. Diese Anzeige liegt in zeitlicher Hinsicht immer vor der Anzeige des festgestellten Jahresabschlusses<br />

an die Aufsichtsbehörde, denn die Kenntnis über einen entstandenen höheren Fehlbetrag wird im<br />

Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Kämmerer erlangt. Die Aufsichtsbehörde<br />

kann dann Anordnungen treffen, erforderlichenfalls diese Anordnungen selbst durchführen oder – wenn<br />

und solange diese Befugnisse nicht ausreichen – einen Beauftragten bestellen, um eine geordnete Haushaltswirtschaft<br />

wieder herzustellen (vgl. § 75 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.2 Die Pflichten der Aufsichtsbehörde<br />

2.1.2.1 Die Stellung der Aufsichtsbehörde<br />

Die Gemeinde ist eine Gebietskörperschaft mit dem Recht der Selbstverwaltung durch ihre gewählten Organe<br />

und in ihrem Gebiet die alleinige Trägerin der öffentlichen Verwaltung, sowie die Gesetze nicht anderes vorschreiben<br />

(vgl. Art. 78 Absatz 1 und 2 LV <strong>NRW</strong>). In diesem Zusammenhang hat das Land die Gesetzmäßigkeit<br />

der Verwaltung der Gemeinde zu überwachen (vgl. Art. 78 Absatz 4 LV <strong>NRW</strong>). Die Gemeindeordnung in Nordrhein-Westfalen<br />

baut auf der Landesverfassung auf und enthält als Grundlage für die Gemeinde deshalb Rechte<br />

und Pflichten sowie auch Regelungen über die Gestaltung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft, aber auch<br />

Rechte der Aufsichtsbehörden der Gemeinde. Diese Rechte gegenüber den Gemeinden werden durch die §§ 119<br />

bis 128 im 13. Teil der Gemeindeordnung <strong>NRW</strong> näher ausgestaltet.<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft gehört in diesem rechtlichen Rahmen zu den Selbstverwaltungsaufgaben<br />

der Gemeinde, sodass die Aufsicht des Landes darüber ein Teil der allgemeinen Aufsicht des Landes nach § 119<br />

GO <strong>NRW</strong> ist. Die Rechtsaufsicht erstreckt sich dabei darauf, dass die Gemeinde im Einklang mit den Gesetzen<br />

verwaltet wird. In diesem Sinne enthält die Gemeindeordnung <strong>NRW</strong> zusätzlich an verschiedenen Stellen besondere<br />

Vorgaben für eine Beteiligung der gesetzlich zuständigen Aufsichtsbehörde der Gemeinde, z.B. bei der<br />

Planung, Ausführung und Abrechnung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft in Form von Anzeigen. Daneben<br />

besteht für die Aufsichtsbehörde ein umfassendes Informationsrecht gegenüber der Gemeinde. Sie kann sich<br />

jederzeit über die Angelegenheiten der Gemeinde unterrichten lassen (vgl. § 121 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 874


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

2.1.2.2 Die aufsichtsrechtliche Prüfung des Jahresabschlusses<br />

Die Gemeinde hat den vom Rat der Gemeinde festgestellten Jahresabschluss unverzüglich ihrer Aufsichtsbehörde<br />

anzuzeigen (vgl. § 96 Abs. 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde hat dann diesen Jahresabschluss mit seinen<br />

Anlagen grundsätzlich dahingehend zu prüfen, ob dieser formal richtig zustande gekommen ist und inhaltlich den<br />

einschlägigen Rechtsvorschriften entspricht. Der eigentlichen Abschlussanalyse soll daher eine formelle Prüfung<br />

vorausgehen, bei der auf die Ordnungsmäßigkeit des angezeigten Jahresabschlusses abzustellen ist.<br />

Die Aufsichtsbehörde hat jedoch nicht nur die Vollständigkeit der vorgelegten Abschlussunterlagen, sondern auch<br />

das Vorliegen einer ausreichenden inhaltlichen Bestimmtheit und Aussagekraft dieser Unterlagen zu prüfen, denn<br />

der gemeindliche Jahresabschluss muss auch aufzeigen, ob die Anforderungen der stetigen Aufgabenerfüllung<br />

und Leistungsfähigkeit der Gemeinde erfüllt worden sind (vgl. § 75 Abs. 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde<br />

erfordert daher, das örtliche Verfahren der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses zu kennen,<br />

um ggf. festgestellte Rechtsverstöße der Gemeinde mit den verfügbaren Mitteln beanstanden zu können.<br />

Sie hat auch die Einhaltung der übrigen rechtlichen Vorgaben zu überprüfen und dabei in der Sache das Ermessen<br />

der Gemeinde zu beachten.<br />

Diese Prüfungen müssen ergänzt werden, wenn im Rahmen der Haushaltsplanung der Gemeinde eine Genehmigung<br />

für die Verringerung der allgemeinen Rücklage oder für das Haushaltssicherungskonzept erforderlich ist<br />

(vgl. § 75 Absatz 4 und § 76 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Von der Aufsichtsbehörde ist auch zu prüfen, ob aus der Ausführung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft rechtlich erhebliche Fehler entstanden sind. Insgesamt muss<br />

auch die Aufsichtsbehörde feststellen, ob der Jahresabschluss der Gemeinde den rechtlichen Anforderungen<br />

entspricht und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt.<br />

2.1.2.3 Die aufsichtsrechtliche Prüfung und der Bestätigungsvermerk<br />

Im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Prüfung des von der Gemeinde angezeigten gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

hat die Aufsichtsbehörde auch das Ergebnis der Prüfung des Rechnungsprüfungsausschusses zu berücksichtigen.<br />

Dieses Erfordernis besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss einen<br />

uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat. Die Einbeziehung der Aussagen des Bestätigungsvermerks<br />

des Ausschusses in die aufsichtsrechtliche Prüfung ist aber insbesondere dann geboten, wenn der Ausschuss<br />

einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat, den Bestätigungsvermerk aufgrund von Beanstandungen<br />

versagt hat oder der Bestätigungsvermerk deshalb versagt wurde, weil der Ausschuss sich nicht in der Lage sah,<br />

als Abschlussprüfer eine Beurteilung des gemeindlichen Jahresabschlusses vorzunehmen.<br />

In sämtlichen Fällen muss von der Aufsichtsbehörde geprüft werden, ob und bei welchen haushaltswirtschaftlichen<br />

Sachverhalten die Gemeinde gegen haushaltsrechtliche Vorschriften verstoßen hat. Bei einem eingeschränkten<br />

Bestätigungsvermerk oder seiner Versagung sollte die Gemeinde im Rahmen ihrer Anzeige des Jahresabschlusses<br />

bereits die Ursachen dafür und die aufgrund dieser Lage entstandenen Auswirkungen auf die<br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft benennen bzw. transparent machen. In dieser aufsichtsrechtlichen Prüfung<br />

sind auch die ggf. abgegebenen Stellungnahmen des Bürgermeisters und/oder des Kämmerers zum Prüfungsbericht<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses zu berücksichtigen (vgl. § 101 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde<br />

sollte in einem solchen Anzeigeverfahren der Gemeinde mindestens ihre aufsichtsrechtliche Einschätzung<br />

aufzeigen, sofern nicht wenn aufgetretener Rechtsverstöße der Gemeinde andere aufsichtsrechtliche Maßnahmen<br />

geboten sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 875


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

2.2 Zu Satz 2 (Bekanntmachung des Jahresabschlusses und Verfügbarhalten):<br />

2.2.1 Die Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

2.2.1.1 Die Inhalte und Zwecke<br />

Die Vorschrift sieht vor, dass der vom Rat festgestellte Jahresabschluss der Gemeinde öffentlich bekannt zu<br />

machen ist. Dabei ist die Bekanntmachungsverordnung zu beachten, die inhaltliche Vorgaben und Verfahrensvorgaben<br />

zur Durchführung der Bekanntmachung von gemeindlichen Beschlüssen enthält (vgl. § 2 ff. Bekanntm-<br />

VO <strong>NRW</strong>). Mit der Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses soll erreicht werden, dass die Einwohner<br />

und Abgabepflichtigen bürgerfreundlich und bürgernah über das Ergebnis der Haushaltswirtschaft des<br />

abgelaufenen Haushaltsjahres, über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde sowie über die voraussichtlichen<br />

Chancen und Risiken der weiteren Entwicklung der Gemeinde informiert werden.<br />

Die Einwohner sind einerseits Adressaten des gemeindlichen Handelns und sollen daher andererseits die Arbeit<br />

von Rat und Verwaltung der Gemeinde unterstützen. Es besteht daher ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit<br />

an Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde als auch über die das Ergebnis der Haushaltswirtschaft<br />

des abgelaufenen Haushaltsjahres. Der Jahresabschluss der Gemeinde stellt daher eine Finanzberichterstattung<br />

der Gemeinde gegenüber den Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft dar, die darauf<br />

einen grundsätzlichen Anspruch haben. Ggf. sind von der Gemeinde noch weitere detailliertere Informationen<br />

über die Aufgabenerfüllung der Gemeinde zu geben, z. B. über die Durchführung der von der Öffentlichkeit für<br />

das Haushaltsjahr vorgeschlagenen Maßnahmen.<br />

Wegen der Bedeutung der Aufsicht des Landes für die Gemeinden (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>) sollte der gemeindliche<br />

Jahresabschluss jedoch nicht vor der Anzeige an die Aufsichtsbehörde öffentlich bekannt gemacht werden. Es<br />

bietet sich vielmehr an, eine Frist von einem Monat für die Bekanntmachung des Jahresabschlusses einzuhalten,<br />

wie es für die gemeindliche Haushaltssatzung vorgesehen ist (vgl. § 80 Absatz 5 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Es kann in<br />

dieser Zeit durch geeignete Informationen sichergestellt werden, dass die Aufsichtsbehörde keine rechtlichen<br />

Bedenken gegen den vom Rat der Gemeinde festgestellten Jahresabschluss erheben wird.<br />

Die Gemeinde sollte zudem in der Bekanntmachung neben dem Ort, an dem der Jahresabschluss zur Einsichtnahme<br />

zur Verfügung steht, gleichzeitig auch die Gesamtzeit dieser Bereitstellung angeben. Sie muss außerdem<br />

dafür Sorge tragen, dass die von ihr bereitgestellten haushaltswirtschaftlichen Informationen barrierefrei verfügbar<br />

sind und der Zugang dazu nicht eingeschränkt ist, sodass z. B. für Menschen mit Behinderungen ggf. Hindernisse<br />

für ihre Teilhabe am haushaltswirtschaftlichen Geschehen bzw. an den Entscheidungsprozessen bestehen (vgl.<br />

z. B.: Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung Nordrhein-Westfalen - BITV <strong>NRW</strong>).<br />

Die Inhalte und Zwecke einer gemeindlichen Bekanntmachung bedingen, dass die Bekanntmachung nicht auf ein<br />

unvertretbares Maß reduziert werden darf. Dem Zweck der Beteiligung der Öffentlichkeit an der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft darf nicht entgegen gewirkt werden. Die Gemeinde sollte bei einem Verfügbarhalten des<br />

Jahresabschlusses im Internet bereits in der Bekanntmachung darauf hinweisen und dazu die einschlägige Internetadresse<br />

angeben.<br />

2.2.1.2 Die Zwecke der Bekanntmachung<br />

Die Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses erfüllt als Information an die Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

nur dann ihren Zweck, wenn damit auch die wichtigsten Ergebnisse aus der Ergebnisrechnung und<br />

aus der Finanzrechnung sowie das Bilanzvolumen und die wichtigsten Bilanzposten öffentlich gemacht werden.<br />

Es ist dazu aber nicht erforderlich, den gesamten gemeindlichen Jahresabschluss mit seinen Anlagen zum Inhalt<br />

der Bekanntmachung, z. B. im Amtsblatt der Gemeinde, zu machen. Mit einer Einsichtnahme in den gemeindli-<br />

GEMEINDEORDNUNG 876


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

chen Jahresabschluss können die Einwohner und Abgabepflichtigen ein umfassendes Bild über die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft und über die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde erhalten.<br />

Als Folge der Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses müssen die Unterlagen über den Jahresabschluss<br />

der Gemeinde mit allen dazugehörigen Bestandteilen und Anlagen, die auch dem Rat bei seiner Feststellung<br />

vorlagen, öffentlich zugänglich sein. Diese Sachlage schließt auch den gemeindlichen Lagebericht ein,<br />

denn die Regelung bietet durch den darin enthaltenen Begriff „beizufügen“ keinen Anlass, den Lagebericht nicht<br />

den Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses verfügbar zu machen. Es dürfte vielmehr durch die<br />

Pflichtangaben im Lagebericht ein besonderes Bedürfnis der Öffentlichkeit bestehen, auch die darin enthaltenen<br />

Informationen zu kennen (vgl. § 95 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Aus diesen Gründen besteht kein Anlass mehr für eine befristete Auslegung des Jahresabschlusses der Gemeinde.<br />

Vielmehr soll der gemeindliche Jahresabschluss bis zur Feststellung des folgenden Jahresabschlusses von<br />

der Gemeinde zur Einsichtnahme verfügbar gehalten werden. Damit wird dem Grundsatz der Öffentlichkeit, der<br />

sich durch die gesamte Haushaltswirtschaft der Gemeinde zieht, ausreichend Rechnung getragen. Der Gemeinde<br />

bleibt dabei die Entscheidung überlassen, welche haushaltswirtschaftlichen Informationen bereits im Rahmen der<br />

Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses gegeben werden.<br />

Die Gemeinde muss außerdem unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten eigenverantwortlich festlegen,<br />

ob sie den Jahresabschluss barrierefrei in herkömmlicher Weise als Druckwerk oder im Internet verfügbar<br />

macht oder in sonstiger Weise über ihre wirtschaftliche Lage und das Ergebnis des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

informiert. Sie sollte in ihrer Bekanntmachung ggf. bereits die betreffende Internetseite angeben. Die Bekanntmachungsverordnung<br />

lässt es dabei zu, dass bestimmte Materialien, die zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

gehören, zu jedermanns Einsicht an einer bestimmten Stelle der gemeindlichen Verwaltung ausgelegt<br />

werden (vgl. § 3 Absatz 2 BekanntmVO).<br />

Die Bekanntmachung des Jahresabschlusses und sein Verfügbarhalten als gesetzlich vorgesehene Bürgerbeteiligung<br />

erfordert auch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde. Es gilt, das Interesse der Bürgerinnen<br />

und Bürger am gemeindlichen Jahresabschluss als Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde und damit<br />

insgesamt das Interesse am haushaltswirtschaftlichen Handeln der Gemeinde zu verstärken. Der gemeindliche<br />

Jahresabschluss soll daher verständliche und anschauliche Informationen über das Ergebnis und den erreichten<br />

Stand der Haushaltswirtschaft der Gemeinde enthalten, damit der Öffentlichkeit die Einsichtnahme in den festgestellten<br />

Jahresabschluss nahegelegt werden kann. Bei einem Verfügbarhalten des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

im Internet sollte in der örtlichen Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses darauf hingewiesen<br />

und die einschlägige Internetadresse angegeben werden.<br />

2.2.1.3 Die Erweiterung der Bekanntmachung<br />

Die Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses bedarf einer Erweiterung für den Fall, dass die Gemeinde<br />

auf die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses verzichten kann. Ein solcher Verzicht entsteht<br />

z.B. dadurch, dass die Gemeinde über keinen voll zu konsolidieren Betrieb verfügt. In diesen Fällen besteht kein<br />

Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen der Verwaltung der Gemeinde und mindestens einem gemeindlichen Betrieb,<br />

sodass die wichtigste Voraussetzung für einen gemeindlichen Gesamtabschluss nicht gegeben ist. Das Fehlen<br />

dieser Voraussetzung kann nicht dadurch geheilt werden, dass die Gemeinde über Betriebe verfügt, bei denen<br />

die Equity-Methode anzuwenden ist. Ein Verzicht auf die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses ist<br />

in jedem Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag 31. Dezember zu überprüfen.<br />

Bei solchen örtlichen Gegebenheiten entfällt die förmliche Bekanntmachung über einen gemeindlichen Gesamtabschluss.<br />

Gleichwohl muss die Gemeinde die Öffentlichkeit über diese örtliche Sachlage in Kenntnis setzen. In<br />

den Fällen eines zulässigen Verzichts auf die Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses ist es als<br />

GEMEINDEORDNUNG 877


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

vertretbar und sachgerecht anzusehen, wenn die Information über den Verzicht in die Bekanntmachung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses eingebunden wird, denn regelmäßig dürfte durch die beiden gemeindlichen Abschlüsse<br />

der gleiche Adressatenkreis angesprochen werden.<br />

2.2.1.4 Die Hindernisse für die Bekanntmachung<br />

Für die Bekanntmachung des Jahresabschlusses können vor Ort ggf. Hindernisse dadurch entstehen, dass zwar<br />

ein Beschluss des Rates der Gemeinde über die Feststellung des Jahresabschlusses vorliegt, jedoch die Ratsmitglieder<br />

nicht die gesetzlich vorgesehene Entlastung des Bürgermeisters ausgesprochen, diese aber auch nicht<br />

verweigert haben. In solchen Fällen sind nicht die gesetzlich bestimmten Entscheidungen vollständig getroffen<br />

worden bzw. liegen nicht die notwendigen Beschlüsse vor, damit die Gemeinde eine Bekanntmachung ihres<br />

Jahresabschlusses vornehmen kann. Erst wenn die Entscheidungen tatsächlich getroffen wurden, besteht kein<br />

Hindernis für die öffentliche Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses mehr.<br />

Ein Hindernis für die Bekanntmachung kann auch dadurch bestehen, dass der Jahresabschluss der Gemeinde<br />

bei seiner Feststellung durch den Rat der Gemeinde nicht alle gesetzlich vorgesehenen Bestandteile, Anlagen<br />

oder Unterlagen umfasst. Sofern eine gesetzlich vorgesehene Anlage nicht Teil des Beschlusses des Rates über<br />

die Feststellung des Jahresabschlusses gewesen ist, liegt ein Hindernis für eine Bekanntmachung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses vor, z. B. bei einem fehlenden Anlagenspiegel nach § 45 GemHVO. Erst nach Beseitigung<br />

eines solchen Hindernisses darf der Jahresabschluss öffentlich bekannt gemacht werden.<br />

2.2.1.5 Der Vollzug der Bekanntmachung<br />

Die öffentliche Bekanntmachung des Jahresabschlusses ist mit Ablauf des Erscheinungstages des Amtsblattes<br />

oder der Zeitung vollzogen, in der die Bekanntmachung erfolgt. Wird die Bekanntmachung in mehreren Zeitungen<br />

vorgenommen, ist die Bekanntmachung mit Ablauf des Tages der zuletzt erschienenen Zeitung vollzogen (vgl. §<br />

6 BekanntmVO). Die Öffentlichkeit ist danach nicht an eine bestimmte Auslegungsfrist des vom Rat festgestellten<br />

Jahresabschlusses gebunden, um sich darüber zu informieren, sondern kann im Rahmen eines langfristigen<br />

Verfügbarhaltens des Jahresabschlusses darin Einsicht nehmen. Deshalb soll in der Bekanntmachung auch die<br />

Stelle bezeichnet werden, an der der gemeindliche Jahresabschluss zur Einsichtnahme ausliegt. Das langfristige<br />

Verfügbarhalten des gemeindlichen Jahresabschlusses steht dem Vollzug der Bekanntmachung mit Ablauf des<br />

Erscheinungstages der Veröffentlichung nicht entgegen.<br />

2.2.1.6 Die Veröffentlichung von sonstigen Informationen<br />

2.2.1.6.1 Informationen zum Beteiligungsbericht<br />

Die Gemeinde muss bei einem Verzicht auf die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses dafür Sorge<br />

tragen und sicherstellen, dass der Beteiligungsbericht der Gemeinde, in dem ihre wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche<br />

Betätigung zu erläutern, dem Rat und den Einwohnern zur Kenntnis zu bringen ist. Diese Vorgabe ist<br />

unabhängig davon zu erfüllen, ob gemeindliche Betriebe dem Konsolidierungskreis des Gesamtabschlusses<br />

angehören. Der Bericht ist bei einem Verzicht auf die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses dem<br />

Jahresabschluss der Gemeinde beizufügen (vgl. § 117 Absatz 1 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde kann dadurch<br />

ihren Beteiligungsbericht öffentlich machen, den Bericht zur Einsichtnahme verfügbar halten und für die Einsichtnahme<br />

in geeigneter Weise verfügbar halten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 878


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

2.2.1.6.2 Die Informationen über das Prüfungsergebnis<br />

Im Rahmen der Beratungen des Rates über den gemeindlichen Jahresabschluss wird eine ausreichende Öffentlichkeit<br />

über die durchgeführte Prüfung des Jahresabschlusses hergestellt und gewährleistet, dass ausreichende<br />

Informationen über die durchgeführte Jahresabschlussprüfung gegeben werden. Einer gesonderten Bekanntmachung<br />

des Prüfungsberichtes des Rechnungsprüfungsausschusses bedarf es deshalb nicht. Es ist auch haushaltsrechtlich<br />

nicht vorgeben, den Prüfungsbericht im Rahmen der Bekanntmachung des Jahresabschlusses der<br />

Gemeinde auch der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Auch bei der Anzeige des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

an die Aufsichtsbehörde ist die Vorlage des Prüfungsberichtes nicht vorgesehen.<br />

Unter örtlichen Gesichtspunkten kann es aber im Einzelfall sinnvoll und sachgerecht sein, das Prüfungsergebnis<br />

oder ggf. auch den gesamten Prüfungsbericht allen Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses, z. B. der<br />

Öffentlichkeit und der Aufsichtsbehörde verfügbar zu machen. In solchen Fällen könnte der Prüfungsbericht des<br />

Rechnungsprüfungsausschusses nach der öffentlichen Bekanntmachung des Jahresabschlusses aber auch<br />

zusammen mit dem Jahresabschluss zur Einsichtnahme durch Interessierte verfügbar gehalten werden. Dazu<br />

muss nicht ausdrücklich erkennbar gemacht werden, ob und wie der Rat der Gemeinde in seiner Feststellung des<br />

Jahresabschlusses das Prüfungsergebnis berücksichtigt hat.<br />

Im Rahmen des Verfügbarhaltens des gemeindlichen Jahresabschlusses durch die Gemeinde bietet es sich auch<br />

an, den Bestätigungsvermerk aus der Jahresabschlussprüfung, in dem das Prüfungsergebnis zusammenzufassen<br />

ist, öffentlich zu machen (vgl. § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Mit diesem Bestätigungsvermerk, der dem gemeindlichen<br />

Jahresabschluss im Rahmen der Anzeige an die zuständige Aufsichtsbehörde sowie der Bekanntmachung<br />

des Jahresabschlusses beigefügt werden sollte, wird dem Informationsbedürfnis des Adressatenkreises des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses sachgerecht und in ausreichendem Maße und Umfang genüge getan (vgl. § 96<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Es wird dadurch ein gesonderter Nachweis aus der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

geführt, dass das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde ordnungsgemäß war.<br />

2.2.1.6.3 Die Informationen über die Entlastung des Bürgermeisters<br />

Die Entscheidung der Ratsmitglieder über die Entlastung des Bürgermeisters steht in einem unmittelbaren Zusammenhang<br />

mit der Feststellung des Jahresabschlusses der Gemeinde durch den Rat und wird üblicherweise in<br />

Abhängigkeit davon getroffen. Ob und wie die Öffentlichkeit über diese Entscheidung im Zusammenhang mit der<br />

Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses oder gesondert darüber informiert wird, hat die Gemeinde<br />

in eigener Verantwortung zu entscheiden. Die Entscheidung der Ratsmitglieder könnte aber ihren Zweck verfehlen,<br />

wenn nicht auch die Öffentlichkeit darüber informiert wird, auch wenn keine ausdrückliche gesetzliche<br />

Informationspflicht dazu besteht. In den Fällen, in denen die Ratsmitglieder die Entlastung des Bürgermeisters mit<br />

Vorbehalten oder Einschränkungen ausgesprochen oder ggf. verweigert haben, sollten in den Informationen<br />

darüber an die Öffentlichkeit auch die wichtigsten Gründe enthalten sein.<br />

2.2.1.6.4 Keine pflichtige Bekanntgabe des Prüfungsberichtes<br />

Aus dem gesetzlichen Prüfungsauftrag zwischen dem Rat und seinem Rechnungsprüfungsausschuss entstehen<br />

keine gesonderten Pflichten für die Gemeinde, den Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses über<br />

den gemeindlichen Jahresabschluss allgemein zu veröffentlichen und dadurch den Bürgerinnen und Bürgern in<br />

vollem Umfang bekannt zu machen bzw. zur Verfügung zu stellen. Eine gesonderte Bekanntgabe des Prüfungsberichtes<br />

ist haushaltsrechtlich nicht festgelegt worden. Aus der Jahresabschlussprüfung erwartet der Rat der<br />

Gemeinde als Auftraggeber und damit als Adressat des Prüfungsberichtes regelmäßig konkrete Empfehlungen<br />

zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, der Ordnungsmäßigkeit und der Funktionsfähigkeit des Verwaltungshan-<br />

GEMEINDEORDNUNG 879


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

delns der Gemeinde, damit für ihn entscheidungsrelevante Informationen zur Verfügung stehen. Dieser Anspruch<br />

wird vielfach aber auch von den Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde erhoben.<br />

Der Adressat des Prüfungsberichtes über den gemeindlichen Jahresabschluss ist jedoch der Rat als gemeindliches<br />

Organ, der den Rechnungsprüfungsausschuss mit dieser Prüfung beauftragt hat. Außerdem ist in diesem<br />

Zusammenhang eine Öffentlichkeit für den Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses gegeben. Der<br />

Rat der Gemeinde, dessen Sitzungen öffentlich sind, hat in öffentlicher Sitzung über das Ergebnis der Abschlussprüfung<br />

zu beraten und unter Einbeziehung des Prüfungsergebnisses den Jahresabschluss der Gemeinde festzustellen<br />

(vgl. (vgl. § 48 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Der Prüfungsbericht wird durch die Einbeziehung in die Beratungen<br />

des Rates über gemeindlichen Jahresabschluss öffentlich, aber nicht zu einem Bestandteil des festgestellten<br />

Jahresabschlusses. Durch die Beratungen des Rates über die Ergebnisse der durchgeführten Abschlussprüfung<br />

entstehen keine Bekanntmachungspflichten für die Gemeinde (vgl. § 48 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.2.2 Das Verfügbarhalten des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

2.2.2.1 Die Zwecke des Verfügbarhaltens<br />

Die haushaltsrechtliche Vorgabe des Verfügbarhaltens des gemeindlichen Jahresabschlusses setzt das bürgerfreundliche<br />

Verfahren aus der Aufstellungsphase des gemeindlichen Haushalts fort, denn es besteht ein berechtigtes<br />

Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über die aus der Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

entstandene aktuelle wirtschaftliche Lage der Gemeinde. Die Interessenbekundung im Rahmen des<br />

Verfügbarhaltens des gemeindlichen Jahresabschlusses ermöglicht der gemeindlichen Verwaltung, mithilfe dieser<br />

Bürgerbeteiligung die künftigen haushaltswirtschaftlichen Ziele und Leistungen besser zu bestimmen und zu<br />

messen sowie die Wirkungen des Handelns der Gemeinde zu beurteilen.<br />

Die Offenlegung von Haushaltsdaten und Daten des gemeindlichen Jahresabschlusses und ein längerfristiges<br />

Verfügbarhalten der haushaltswirtschaftlichen Unterlagen können daher zur Verbesserung der Qualität der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft beitragen. Die Bürgerinnen und Bürger verlangen regelmäßig mehr Transparenz<br />

über haushaltswirtschaftliche Daten und neue Zugänge zu den gemeindlichen Haushaltsinformationen, denn<br />

diese nehmen die Leistungen der Gemeinde in Anspruch und nutzen die gemeindlichen Einrichtungen. Aufseiten<br />

vieler Bürgerinnen und Bürger besteht daher ein großes und berechtigtes Informationsinteresse am gemeindlichen<br />

haushaltswirtschaftlichen Handeln. Diesen Gegebenheiten soll die Gemeinde durch ein umfassendes, verständliches<br />

und zugängliches örtliches Informationsangebot über ihre Haushaltswirtschaft und damit auch über<br />

den gemeindlichen Jahresabschluss in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden.<br />

Die Gemeinde hat einerseits gegenüber den Bürgerinnen und Bürger die allgemeine gesetzliche Verpflichtung, ihr<br />

Vermögen und ihre Einkünfte so zu verwalten, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben (vgl. § 10 Satz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>) und andererseits hat sie das Wohl ihrer Einwohner zu fördern (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Abhängig<br />

von den tatsächlichen örtlichen Informationsbedürfnissen wird durch die Einsichtnahme in die haushaltswirtschaftlichen<br />

Unterlagen der Gemeinde vielfach das Interesse der Einsichtnehmende jedoch nicht ausreichend<br />

befriedigt. Oftmals wird von diesen Personen aufgrund ihres rechtlichen Anspruchs eine Freigabe weiterer Informationen<br />

und Daten zur eigenen Verwendung gefordert, um eigene Interpretationen vornehmen zu können und<br />

durch die gemeindliche Verwaltung hergestellte Zusammenhänge zu hinterfragen.<br />

Unter Beachtung des Datenschutzes kann es grundsätzlich zu einem offenen Umgang mit geeigneten Verwaltungsdaten<br />

im Sinne der für die Bürgerinnen und Bürger zu erbringenden Dienstleistungen kommen. Vielfach gilt<br />

es dabei für die Interessierten, einen schnellen und einfachen Überblick über die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

und den daraus entstandenen Jahresabschluss zu bekommen. Für die Entwicklung einer Zusammenarbeit<br />

zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, dem Rat der Gemeinde und der gemeindlichen Verwaltung bedarf es<br />

aber einer klaren Willensbekundung aller Beteiligten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 880


2.2.2.2 Der Zeitraum des Verfügbarhaltens<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Mit der öffentlichen Bereitstellung und dem Einsichtsrecht in den gemeindlichen Jahresabschluss als „Basis“ für<br />

das künftige wirtschaftliche Handeln der Gemeinde wird dem Grundsatz der Öffentlichkeit ausreichend Rechnung<br />

getragen, der sich durch das gesamte gemeindliche Haushaltsverfahren zieht. Mit dem gemeindlichen Jahresabschluss<br />

muss daher auch der Haushaltsplan des gleichen Haushaltsjahres zur Einsichtnahme weiterhin verfügbar<br />

gehalten werden. Insgesamt gesehen steht den Bürgerinnen und Bürgern der festgestellte Jahresabschluss in<br />

einem Zeitraum zu Verfügung, in dem das weitere haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde i.d.R. auf dem<br />

erstellten Jahresabschluss aufbaut. Das Zusammenführen von Haushaltsplan und Jahresabschluss des gleichen<br />

Haushaltsjahres erleichtert dabei den vollständigen Überblick über die Haushaltswirtschaft der Gemeinde in dem<br />

abgelaufenen Haushaltsjahr.<br />

Nach der Vorschrift ist der Jahresabschluss nach seiner öffentlichen Bekanntmachung bis zur Feststellung des<br />

folgenden Jahresabschlusses zur Einsichtnahme verfügbar zu halten und nicht nur an wenigen Tagen auszulegen.<br />

Durch das nachfolgende Beispiel soll deutlich werden, dass der Jahresabschluss solange verfügbar zu halten<br />

ist, wie noch kein weiterer festgestellter Jahresabschluss besteht. Es ist dabei unerheblich, dass in der Zeit<br />

nach der Beschlussfassung des Rates kein unmittelbares Einwendungsrecht mehr für die Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

besteht.<br />

Der Zeitraum von insgesamt etwa drei Jahren, in dem anfangs nur der Haushaltsplan und später auch der Jahresabschluss<br />

für die Bürger zur Einsichtnahme verfügbar gehalten werden muss, eröffnet neue Möglichkeiten des<br />

politischen Miteinanders in den Gemeinden. Er verstärkt die mit der Darstellung des Ressourcenverbrauchs gewollte<br />

Transparenz des gemeindlichen Handelns und trägt zur Bürgerfreundlichkeit von Rat und Verwaltung bei.<br />

Der Zeitraum des Verfügbarhaltens des gemeindlichen Jahresabschlusses für das Haushaltsjahr 2013 wird nachfolgend<br />

aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Der Zeitraum des Verfügbarhaltens des Jahresabschlusses 2013<br />

AUFGABEN<br />

Aufstellung und Zuleitung<br />

des Entwurfs des Jahresabschlusses an den Rat<br />

Prüfung des Entwurfs des Jahresabschlusses<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

Feststellung des Jahresabschlusses<br />

durch den Rat<br />

Anzeige des Jahresabschlusses<br />

an die Aufsichtsbehörde<br />

Bekanntmachung<br />

des Jahresabschlusses<br />

Verfügbarhalten des Jahresabschlusses<br />

bis zur Feststellung des folgenden Jahresabschlusses<br />

GEMEINDEORDNUNG 881<br />

DATEN<br />

Bis zum 31. März 2014<br />

Örtliche Fristsetzung<br />

Bis zum 31. Dezember 2014<br />

Unverzüglich nach Feststellung<br />

Nach Feststellung<br />

Bis zum 31. Dezember 2015<br />

Abbildung 178 „Der Zeitraum des Verfügbarhaltens des Jahresabschlusses 2013“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Es bleibt der Gemeinde überlassen, ob sie den festgestellten Jahresabschluss in herkömmlicher Weise als<br />

Druckwerk bereithält oder im Internet oder auf andere Weise verfügbar macht. Die Gemeinde muss dabei dafür<br />

Sorge tragen, dass die bereitgestellten haushaltswirtschaftlichen Informationen barrierefrei verfügbar sind und der<br />

Zugang dazu nicht eingeschränkt ist, sodass z. B. für Menschen mit Behinderungen ggf. Hindernisse für ihre<br />

Teilhabe am haushaltswirtschaftlichen Geschehen bzw. an den Entscheidungsprozessen dazu bestehen (vgl. z.<br />

B.: Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung Nordrhein-Westfalen - BITV <strong>NRW</strong>).<br />

Die gesetzliche Frist darf zudem nicht so ausgestaltet werden, dass diese auf ein unvertretbares Maß reduziert ist<br />

und damit dem Zweck der Beteiligung der Öffentlichkeit an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft entgegen gewirkt<br />

wird. Die rechtlichen Festlegungen zur Einsichtnahme in die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinde<br />

bilden dabei den Rahmen für das Handeln der Gemeinde, den sie selbstständig und eigenverantwortlich<br />

auszufüllen hat. Sie hat das Recht bzw. ihr obliegt die Pflicht, unter Berücksichtigung der Interessen und Möglichkeiten<br />

der Adressaten ihrer Haushaltswirtschaft die Formen und Orte der Einsichtnahme in die haushaltswirtschaftlichen<br />

Unterlagen festzulegen. Dabei kann die Gemeinde selbstverständlich auch Prioritäten setzen.<br />

2.2.2.3 Das Verfügbarhalten im Internet<br />

Die Gemeinde soll nach dem Grundsatz der Öffentlichkeit ihren Jahresabschluss möglichst in verschiedenen<br />

Medienformen öffentlich zur Einsichtnahme bereitstellen. Mit der Veröffentlichung von Haushaltsunterlagen im<br />

Internet kann ein wichtiger Beitrag zur Transparenz über die gemeindliche Haushaltswirtschaft geleistet werden.<br />

Sie ist eine zeitgemäße Form, die auch dazu beitragen kann, dem Bürger den Zugang zu dem Haushalt der Gemeinde<br />

zu erleichtern. Der vom Rat der Gemeinde festgestellte und veröffentlichte Jahresabschluss unterliegt<br />

grundsätzlich nicht dem personenbezogenen Datenschutz, sondern sollen gerade dem Bürger gegenüber den<br />

Nachweis über das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

im Haushaltsjahr erbringen.<br />

Die Gemeinde sollte bei einem Verfügbarhalten des Jahresabschlusses im Internet bereits in der Bekanntmachung<br />

darauf hinweisen und dazu die einschlägige Internetadresse angeben. Sie muss beim ihrem Informationsangebot<br />

über den gemeindlichen Jahresabschluss im Internet (Verfügbarhalten im Internet), aber auch bei ihren<br />

sonstigen Online-Auftritten und -Angeboten sowie bei den von ihr zur Verfügung gestellten Programmoberflächen<br />

im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung berücksichtigen, dass deren technische Gestaltung auch die<br />

Nutzung durch Menschen mit Behinderung ermöglicht (vgl. § 1 i.V.m. § 10 BGG <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde muss<br />

daher nach bestem Bemühen die Erstellung eines barrierefreien Angebotes vornehmen und bestimmte Aspekte<br />

dabei berücksichtigen (vgl. Abbildung).<br />

ASPEKTE<br />

Verantwortung<br />

Auffindbarkeit<br />

Zugänglichkeit<br />

Nutzbarkeit<br />

Aspekte für das Verfügbarhalten im Internet<br />

GEMEINDEORDNUNG 882<br />

INHALTE<br />

Veröffentlichung nur auf Internetseiten, die in der Verantwortung<br />

der Gemeinde liegen;<br />

Gestaltung der Internetseiten zur Wahrnehmung der gezeigten<br />

Elemente;<br />

Zulassung eines uneingeschränkten Nutzerkreises;<br />

Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Nutzerinnen und Nutzer;


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Aspekte für das Verfügbarhalten im Internet<br />

ASPEKTE<br />

INHALTE<br />

Bedienbarkeit Sicherstellung der Bedienbarkeit und der einfachen Navigation;<br />

Verständlichkeit<br />

Lesbarkeit<br />

Kostenfreiheit<br />

Belegbarkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 883<br />

Sicherstellung der Verständlichkeit der Informationen und der<br />

Funktionalität der Bedienung;<br />

Einsatz der natürlichen Sprache, in Größe, Form und Zeichen,<br />

z.B. auch die Gebärdensprache;<br />

Zulassung des kostenfreien Lesens und Ausdruckens;<br />

Angaben zur Einsichtnahme des Jahresabschlusses in Papierform.<br />

Abbildung 179 „Aspekte für das Verfügbarhalten im Internet“<br />

Die Inhalte und das Erscheinungsbild des gemeindlichen Jahresabschlusses im Internet sind daher so zu gestalten,<br />

dass sie für alle Interessierten wahrnehmbar sind (vgl. § 2 BITV <strong>NRW</strong>). Als Barrierefreiheit wird dabei die<br />

Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der von der Gemeinde gestalteten Lebensbereiche für alle Menschen<br />

angesehen, sodass der Zugang und die Nutzung für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen<br />

Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe möglich sein müssen. Zu den zu gestalteten<br />

Lebensbereichen gehören nicht nur bauliche Anlagen und technische Gebrauchsgegenstände, sondern<br />

auch die Systeme der Informationsverarbeitung.<br />

Für Internetauftritte und Internetangebote sowie andere grafische Programmoberflächen der Informationstechnik<br />

von Behörden der Bundesverwaltung, die öffentlich zugänglich sind, sind durch eine Verordnung des Bundes<br />

besondere Anforderungen bestimmt worden. Die „Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik<br />

nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung - BITV 2.0) ist im<br />

Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (vgl. BGBl. I S. 1843). Die Gemeinde unterliegt nicht dieser Verordnung.<br />

Sie kann die Verordnung aber als Hilfestellung für die Gestaltung ihrer eigenen Angebote nutzen.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ


1. Allgemeines<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

9. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

9. Teil<br />

Sondervermögen, Treuhandvermögen<br />

Das gemeindliche Vermögen dient der stetigen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben der Gemeinde. Es hat den<br />

Zweck, Leistungen und Nutzen für den Bürger zu erbringen. Die Gemeinde hat deshalb ihre Vermögensgegenstände<br />

so zu verwalten, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben (vgl. § 10 GO <strong>NRW</strong>). Zum Vermögen der<br />

Gemeinde im haushaltsrechtlichen Sinn ist die Gesamtheit aller Sachen und Rechte zu zählen, die der Gemeinde<br />

gehören oder ihr zustehen oder bei denen die Gemeinde der wirtschaftliche Eigentümer ist. Die gemeindlichen<br />

Vermögensgegenstände können aber auch aufgrund ausdrücklicher Vorschriften gesondert zu behandeln sein.<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht orientiert sich bei der Vermögensdefinition am kaufmännischen Begriff des<br />

Vermögensgegenstandes, für den es bisher keine gesetzliche Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung<br />

gibt (vgl. § 33 GemHVO <strong>NRW</strong>). Das gemeindliche Vermögen dient dabei der Aufgabenerfüllung der Gemeinde,<br />

die grundsätzlich die Werterhaltung und den Substanzverzehr der Vermögensgegenstände dokumentieren<br />

und eine ordnungsgemäße Verwaltung nachweisen muss. Diese vermögensmäßigen Gegebenheiten wirken<br />

sich auch auf die Haushaltswirtschaft der Gemeinde aus.<br />

Von besonderer Bedeutung bei der Gemeinde ist deshalb, dass bestimmte Vermögensformen nicht für die allgemeinen<br />

Zwecke der gemeindlichen Aufgabenerfüllung zur Verfügung stehen und daher auch nicht dem allgemeinen<br />

Vermögen der Gemeinde zugeordnet werden dürfen. Sie dienen der Erfüllung bestimmter Zwecke und die<br />

Gemeinde muss deshalb dieses Vermögen vom übrigen Vermögen getrennt halten (absondern). Derartiges gemeindliches<br />

Vermögen ist oftmals der Gemeinde unter einer bestimmten Zwecksetzung oder Zweckbindung von<br />

Dritten übertragen worden worden. Dieses Vermögen muss dementsprechend von der Gemeinde ggf. auch<br />

haushaltswirtschaftlich gesondert behandelt werden.<br />

Im neunten Teil der Gemeindeordnung finden sich deshalb Sonderregelungen über das vom freien Gemeindevermögen<br />

zu separierende gemeindliche Vermögen, das als „Sondervermögen“ bezeichnet wird und bei der<br />

Gemeinde in vielfältigen Formen vorhanden sein kann. Der Charakter des gemeindlichen Sondervermögens wird<br />

dadurch bestimmt, dass es sich um Vermögen der Gemeinde handelt, das für die Erfüllung bestimmter Zwecke<br />

vom Haushalt der Gemeinde abgesondert worden ist. Es kann von einem Dritten der Gemeinde für einen bestimmten<br />

Zweck übereignet oder durch sonstige Rechtsakte unter einer Zweckbindung auf die Gemeinde übergegangen<br />

sein.<br />

In weiteren Vorschriften der Gemeindeordnung und der Gemeindehaushaltsverordnung wird dieser Tatsache in<br />

ausreichendem Maße Rechnung getragen. Die Abbildung des Ressourcenverbrauchs bei den Sondervermögen<br />

der Gemeinde erfordert zudem auch bei diesem gemeindlichen Vermögen die Anwendung der Vorschriften über<br />

die Haushaltswirtschaft der Gemeinde. Aufgrund ihrer Verschiedenheit und unterschiedlichen öffentlichen Zwecksetzungen<br />

sind die einzelnen in § 97 GO <strong>NRW</strong> benannten Gruppen von gemeindlichem Sondervermögen haushaltsmäßig<br />

unterschiedlich zu behandeln.<br />

In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass der Begriff „Sondervermögen“ auch in anderen Rechtsvorschriften<br />

gebräuchlich ist, z. B. im Investmentgesetz. Nach § 2 Absatz 2 InvG sind z. B. Sondervermögen die<br />

inländischen Investmentvermögen, die von einer Kapitalanlagegesellschaft für Rechnung der Anleger nach Maßgabe<br />

dieses Gesetzes und der Vertragsbedingungen verwaltet werden. Dabei sind die Rechtsverhältnisse der<br />

Kapitalanlagegesellschaft zu den Anlegern von besonderer Bedeutung, insbesondere dann, wenn die Anleger<br />

das Recht zur Rückgabe der Anteile haben.<br />

GEMEINDEORDNUNG 884


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

9. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Nach dem Investmentgesetz gelten als Sondervermögen auch die Spezial-Sondervermögen, deren Anteile aufgrund<br />

schriftlicher Vereinbarungen mit der Kapitalanlagegesellschaft ausschließlich von Anlegern, die nicht natürliche<br />

Personen sind, gehalten werden (vgl. § 2 Absatz 3 InvG). In solchen Sondervermögen ist z.B. eine Kapital-<br />

anlage durch die Gemeinde zulässig (vgl. Runderlass „Anlage von Geldmitteln durch Gemeinden und Gemeindeverbände“<br />

vom 25.01.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 641).<br />

2. Die Vorschriften über das gemeindliche Sondervermögen<br />

2.1 Die Gesamtübersicht über die Vorschriften<br />

Die einzelnen gemeindlichen Sondervermögen sind auf Grund ihrer unterschiedlichen Arten und Zwecke von der<br />

Gemeinde auch haushaltswirtschaftlich unterschiedlich zu behandelt. Sie werden entweder in den Haushalt der<br />

Gemeinde einbezogen und sind dann in die gemeindliche Haushaltsplanung sowie in den Jahresabschluss<br />

einzubeziehen oder sie verfügen über einen eigenen Rechnungskreis mit einem eigenen Wirtschaftsplan und<br />

Jahresabschluss. Zu den Sondervermögen und den Treuhandvermögen der Gemeinde enthält der neunte Teil<br />

der Gemeindeordnung folgende Vorschriften (vgl. Abbildung).<br />

Die Vorschriften im 9. Teil der Gemeindeordnung<br />

9. Teil<br />

Sondervermögen,<br />

Treuhandvermögen<br />

2.2 Die Vorschriften im Einzelnen<br />

GEMEINDEORDNUNG 885<br />

§ 97 Sondervermögen<br />

§ 98 Treuhandvermögen<br />

§ 99 Gemeindegliedervermögen<br />

§ 100 Örtliche Stiftungen<br />

Abbildung 174 „Die Vorschriften im 9. Teil der Gemeindeordnung“<br />

Der 9. Teil der Gemeindeordnung enthält im Einzelnen folgende Vorschriften:<br />

- § 97 Sondervermögen<br />

Aufgrund ihrer unterschiedlichen Zweckbestimmung werden die einzelnen Gruppen von Sondervermögen<br />

haushaltswirtschaftlich und damit auch hinsichtlich ihrer Bilanzierung unterschiedlich behandelt. Für das Gemeindegliedervermögen<br />

und die rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen, die Teil des gemeindlichen<br />

Haushalts sind, müssen die diesen Sondervermögen zuzurechnenden Vermögensgegenstände unter den im<br />

Einzelnen zutreffenden Bilanzposten angesetzt werden.<br />

Die Erhaltung des Zwecks bei diesen beiden Arten von Sondervermögen erfordert von der Gemeinde keinen<br />

gesonderten Nachweis durch einen zusammengefassten Ansatz in der gemeindlichen Bilanz, sondern ist von<br />

der Gemeinde intern zu belegen. Im Jahresabschluss bedarf es aber zu diesen beiden Arten von Sondervermögen<br />

der Gemeinde einer Angabe und Erläuterung im Anhang. Entsprechend ist auch im Gesamtabschluss<br />

zu verfahren.<br />

Die anderen genannten Sondervermögen stellen organisatorische selbstständige Einheiten der Gemeinde in<br />

öffentlich-rechtlicher Form dar. Sie sind haushaltsmäßig den rechtlich selbstständigen Betrieben der Gemeinde<br />

gleichgestellt worden, sodass deren Bewirtschaftung nicht über den gemeindlichen Haushalt erfolgt. Entsprechend<br />

werden diese gemeindlichen Sondervermögen auch unter den Finanzanlagen in der Bilanz der<br />

Gemeinde angesetzt. Diese haushaltswirtschaftliche Behandlung wirkt sich auch auf den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

aus.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

9. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

- § 98 Treuhandvermögen<br />

Bei Treuhandvermögen werden von der Gemeinde Vermögensgegenstände treuhänderisch gehalten. Diese<br />

werden im eigenen Namen für fremde Rechnung verwaltet. Für die Gemeinde folgt aus ihrer Tätigkeit als<br />

Treuhänder, dass sie gegenüber dem Treugeber für eine ordnungsgemäße Verwaltung des Treuhandvermögens<br />

haftet.<br />

- § 99 Gemeindegliedervermögen<br />

Zum Gemeindegliedervermögen gehören auf dem Grundeigentum lastende Nutzungsberechtigungen, z.B. bei<br />

Wald- und Wegegrundstücken, die aus der geschichtlichen Entwicklung der Gemeinde heraus heute noch bestehen<br />

können. Auch kann in Einzelfällen das Nutzungsrecht nicht allen, sondern nur einer Gruppe von Einwohnern<br />

der Gemeinde zu stehen (Gemeindegliederklassenvermögen). Der Gemeinde obliegt aber die<br />

Pflicht, dieses Vermögen zu verwalten. Bei diesen Vermögen bezieht sich die Fortgeltung der (historischen)<br />

Vorschriften und Gewohnheiten nur auf die Nutzung des Gemeindegliedervermögens, nicht auf seine Verwaltung<br />

durch die Gemeinde, wie sie in § 97 GO <strong>NRW</strong> geregelt ist.<br />

- § 100 Örtliche Stiftungen<br />

Die Vorschrift über örtliche Stiftungen ist wegen der Einführung des NKF nicht verändert worden. Eine Stiftung<br />

gilt als örtliche Stiftung, wenn es sich um eine selbstständige oder unselbstständige Stiftung handelt, die nach<br />

dem Willen des Stifters von der Gemeinde verwaltet wird und die überwiegend Zwecken dient, die von der<br />

Gemeinde in ihrem Bereich erfüllt werden können. Damit wird deutlich, dass der Stiftungszweck auf Aufgaben<br />

gerichtet sein muss, die auch von der Gemeinde in ihrem sachlichen und räumlichen Zuständigkeitsbereich<br />

selbst vorgenommen werden können. Neben dem Begriff „Örtliche Stiftungen“ ist vielfach auch der Begriff<br />

„Kommunale Stiftungen“ im Gebrauch.<br />

Nach dem Bundesverband Deutscher Stiftungen werden unter dem Begriff „Kommunale Stiftungen“ alle Stiftungen<br />

unabhängig von ihrer Rechtsform subsumiert, die gemeinwohlorientiert für die Bürgerinnen und Bürger<br />

einer Kommune aufgrund privater oder öffentlicher Initiative errichtet worden sind. Sie müssen zum Wirkungskreis<br />

einer Kommune gehören und sich durch eine besondere Nähe zur Kommunalverwaltung auszeichnen.<br />

Ihr Aktionsgebiet ist auf das Gemeinwesen einer Kommune beschränkt.<br />

Diese Begriffsverwendung ist nicht ins gemeindliche Haushaltsrecht von Nordrhein-Westfalen übernommen<br />

worden. Haushaltsrechtlich wird aber dann von einer kommunalen Stiftung gesprochen, wenn eine oder mehrere<br />

Kommunen selbst als Stifter auftreten und Teile ihres Vermögens in eine von Ihnen errichtete Stiftung<br />

einbringen. Außerdem gilt auch nach dieser Vorschrift das Örtlichkeitsprinzip.<br />

In diesem Zusammenhang ist auch die Vorschrift des § 59 GemHVO <strong>NRW</strong> zu beachten. Durch diese Vorschrift<br />

wird bestimmt, dass die Gemeindehaushaltsverordnung sinngemäß auch auf die Haushaltswirtschaft der gemeindlichen<br />

Sondervermögen und Treuhandvermögen der Gemeinde Anwendung findet, soweit für diese gemeindlichen<br />

Vermögensformen die gesetzlichen Vorschriften über die Haushaltswirtschaft der Gemeinden Anwendung<br />

finden.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 886


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 97<br />

Sondervermögen<br />

(1) Sondervermögen der Gemeinde sind<br />

1. das Gemeindegliedervermögen,<br />

2. das Vermögen der rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen,<br />

3. wirtschaftliche Unternehmen (§ 114) und organisatorisch verselbstständigte Einrichtungen (§ 107 Abs. 2)<br />

ohne eigene Rechtspersönlichkeit,<br />

4. rechtlich unselbstständige Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen.<br />

(2) 1 Sondervermögen nach Absatz 1 Nrn. 1 und 2 unterliegen den Vorschriften über die Haushaltswirtschaft. 2 Sie<br />

sind im Haushaltsplan und im Jahresabschluss der Gemeinde gesondert nachzuweisen.<br />

(3) Für Sondervermögen nach Absatz 1 Nr. 3 sind die Vorschriften des § 75 Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 6<br />

und 7, der §§ 84 bis 90, des § 92 Abs. 3 und 7 und der §§ 93, 94 und 96 sinngemäß anzuwenden.<br />

(4) 1 Für Sondervermögen nach Absatz 1 Nr. 4 können die für die Wirtschaftführung und das Rechnungswesen<br />

der Eigenbetriebe geltenden Vorschriften sinngemäß angewendet werden. 2 Absatz 3 gilt sinngemäß.<br />

Erläuterungen zu § 97:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Abgesondertes Vermögen der Gemeinde<br />

Das gemeindliche Vermögen dient der Erfüllung der öffentlichen Aufgaben der Gemeinde. Es hat den Zweck,<br />

Leistungen und Nutzen für den Bürger zu erbringen. Die Gemeinde hat deshalb ihre Vermögensgegenstände so<br />

zu verwalten, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben (vgl. § 10 GO <strong>NRW</strong>). Zum Vermögen der Gemeinde im<br />

haushaltsrechtlichen Sinn ist die Gesamtheit aller Sachen und Rechte zu zählen, die der Gemeinde gehören oder<br />

ihr zustehen oder sie davon der wirtschaftlicher Eigentümer ist, soweit die gemeindlichen Vermögensgegenstände<br />

nicht aufgrund ausdrücklicher Vorschriften gesondert zu behandeln sind. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

sowie die Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde erfordern daher ein gemeindliches Vermögensmanagement.<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht orientiert sich bei der Vermögensdefinition am kaufmännischen Begriff des<br />

Vermögensgegenstandes, für den es bisher keine gesetzliche Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung<br />

gibt (vgl. § 33 GemHVO <strong>NRW</strong>). Außerdem müssen für das gemeindliche Vermögen grundsätzlich die Werterhaltung<br />

und der Substanzverzehr dokumentiert und eine ordnungsgemäße Verwaltung nachgewiesen werden.<br />

Diese Gegebenheiten wirken sich auch auf die jährliche Haushaltswirtschaft der Gemeinde aus. Von Bedeutung<br />

ist dabei, dass bestimmte Vermögensformen nicht dem allgemeinen Vermögen der Gemeinde zuzuordnen sind,<br />

sondern zur Erfüllung bestimmter Zwecke davon zu trennen (abzusondern) sind. Derartiges Vermögen ist i.d.R.<br />

der Gemeinde von Dritten unter einer bestimmten Zwecksetzung oder Zweckbindung übertragen worden und<br />

muss dementsprechend von der Gemeinde auch haushaltswirtschaftlich ggf. gesondert behandelt werden. In<br />

weiteren Vorschriften der Gemeindeordnung und der Gemeindehaushaltsverordnung wird dieser Tatsache in<br />

ausreichendem Maße Rechnung getragen.<br />

Die Abbildung des Ressourcenverbrauchs bei den Sondervermögen der Gemeinde erfordert zudem auch bei<br />

diesem gemeindlichen Vermögen die Anwendung der Vorschriften über die Haushaltswirtschaft der Gemeinde.<br />

Diesen Vorschriften unterliegen grundsätzlich die unter den Nummern 1 und 2 des Absatzes 1 der Vorschrift<br />

aufgeführten Sondervermögen. Die Sondervermögen nach Absatz 1 Nr. 3 der Vorschrift unterliegen dagegen<br />

GEMEINDEORDNUNG 887


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

nicht nur den gesetzlichen Vorgaben des Absatzes 3, sondern auch den Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung.<br />

Die Sondervermögen nach Absatz 1 Nummer 4 unterliegen grundsätzlich den Vorschriften über die Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde. Es wurden jedoch Ausnahmen davon zugelassen, sodass bei einer rechtlich un-<br />

selbstständigen Versorgungs- und Versicherungseinrichtung der Gemeinde deren Wirtschaftsführung und Rechnungswesen<br />

nach dem für die Eigenbetriebe geltenden Vorschriften sinngemäß angewendet werden können.<br />

2. Die Gruppen der Sondervermögen<br />

Die einzelnen Gruppen gemeindlicher Sondervermögen sind aufgrund ihrer unterschiedlichen Zweckbestimmung<br />

von der Gemeinde haushaltswirtschaftlich unterschiedlich zu behandelt. Sie werden entweder in die Haushaltsplanung<br />

der Gemeinde einbezogen und im gemeindlichen Jahresabschluss nachzuweisen oder sie verfügen über<br />

einen eigenen Rechnungskreis mit einem eigenen Jahresabschluss (vgl. Abbildung).<br />

Die Gruppen der gemeindlichen Sondervermögen<br />

ART DES SONDERVERMÖGENS<br />

Gemeindegliedervermögen<br />

Rechtlich unselbstständige<br />

örtliche Stiftungen<br />

Wirtschaftliche Unternehmen<br />

der Gemeinde<br />

(nach § 114 GO <strong>NRW</strong>)<br />

Organisatorisch<br />

verselbstständigte Einrichtungen<br />

ohne eigene Rechtspersönlichkeit<br />

(§ 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>)<br />

Rechtlich unselbstständige<br />

Versorgungs- und<br />

Versicherungseinrichtungen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 888<br />

HAUSHALTSZUORDNUNG<br />

Teil des gemeindlichen Haushalts<br />

Teil des gemeindlichen Haushalts<br />

Eigener Rechnungskreis<br />

Eigener Rechnungskreis<br />

Wahlmöglichkeit:<br />

Teil des gemeindlichen Haushalts<br />

oder eigener Rechnungskreis<br />

Abbildung 181 „Die Gruppen der gemeindlichen Sondervermögen“<br />

Die Gruppe der gemeindlichen Sondervermögen ist auch ausschlaggebend dafür, ob ein gemeindliches Sondervermögen<br />

in Form eines Gesamtansatzes oder aufgeteilt nach den Arten der dem Sondervermögen zugeordneten<br />

Vermögensgegenstände zu bilanzieren ist. Soweit in der Vorschrift bestimmt ist, dass das gemeindliche Sondervermögen<br />

den Vorschriften über die Haushaltswirtschaft der Gemeinde unterliegt, ist z. B. dieses Vermögen in<br />

der gleichen Art und Weise zu bilanzieren wie das allgemeine Vermögen der Gemeinde, auch wenn bestimmte<br />

Zweckvorgaben dafür bestehen.<br />

3. Die Bilanzierung der Sondervermögen<br />

3.1 Die gesondert zu bilanzierende Sondervermögen<br />

Die wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinde (§ 114 GO <strong>NRW</strong>) und die organisatorisch verselbstständigten<br />

Einrichtungen der Gemeinde (§ 107 Abs. 2 GO <strong>NRW</strong>) sowie die rechtlich unselbstständigen Versorgungs- und


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

Versicherungseinrichtungen der Gemeinde (§ 97 Absatz 1 Nr. 4 GO <strong>NRW</strong>) sind in der gemeindlichen Bilanz im<br />

Bilanzbereich „Finanzanlagen“ unter dem Bilanzposten „Sondervermögen“ anzusetzen. Zu diesen gemeindlichen<br />

Sondervermögen gehören auch die gemeindlichen Krankenhäuser, die als organisatorisch und wirtschaftlich<br />

eigenständige Einrichtungen von der Gemeinde zu betreiben sind (vgl. §§ 1 und 10 GemKHBVO). Diese gemeindlichen<br />

Sondervermögen werden haushaltsmäßig den rechtlich selbstständigen Betrieben der Gemeinde<br />

gleichgestellt und bilanzmäßig entsprechend behandelt.<br />

Diese Gleichstellung wirkt sich auch auf den gemeindlichen Gesamtabschluss aus. Für den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

ist regelmäßig von einer Konsolidierung der Betriebe in öffentlich-rechtlicher Organisationsform<br />

auszugehen (vgl. § 116 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Daraus folgt, dass die gemeindlichen Sondervermögen mit eigenem<br />

Rechnungskreis als gemeindliche Betriebe in öffentlich-rechtlicher Organisationsform in den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde einzubeziehen sind (vgl. § 50 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

In der gemeindlichen Bilanz werden diese gemeindlichen Sondervermögen dann im Bilanzbereich „Finanzanlagen“<br />

wie andere gemeindliche Betriebe angesetzt. Als Betrieb gilt dabei eine organisatorisch selbstständige Wirtschaftseinheit<br />

der Gemeinde, die kaufmännische oder wirtschaftliche Interessen verfolgt, und zwar unabhängig<br />

von ihrer Rechtsform. Diese Erfordernisse werden von bestimmten gemeindlichen Sondervermögen erfüllt. Es ist<br />

daher bei den Sondervermögen, bei denen ein eigener Rechnungskreis eingerichtet werden kann, der Gemeinde<br />

zu prüfen, ob diese Trennung in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft geboten ist.<br />

Jedes der Sondervermögen hat als selbstständige Organisationseinheit nach den dafür geltenden Regelungen zu<br />

bilanzieren, auch wenn dabei ggf. teilweise Übereinstimmungen bestehen und die Gemeinde der Rechtsträger für<br />

beide Organisationseinheiten ist. Für die neue Organisationseinheit müssen daher die Anschaffungskosten zutreffend<br />

unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften, z.B. § 97 Absatz 3 i.V.m § 92 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>, ermittelt<br />

werden. Jedoch müssen sich die Ansprüche und Verbindlichkeiten zwischen der gemeindlichen Verwaltung<br />

und der neuen Organisationseinheit in diesen Fällen entsprechen.<br />

Die Überführung des allgemeinen gemeindlichen Vermögens in ein gemeindliches Sondervermögen nach § 97<br />

GO <strong>NRW</strong> ist zudem vergleichbar einer Abgabe von gemeindlichen Vermögen unter Beachtung des § 90 GO<br />

<strong>NRW</strong>. So kann z. B. keine einfache Übernahme von gemeindlichen Buchwerten in Betracht kommen, weil es für<br />

eine solche „Betriebsaufspaltung“ nicht den Grundsatz der übereinstimmenden Bilanzierung gibt.<br />

3.2 Die nicht zu bilanzierenden Sondervermögen<br />

Für das Gemeindegliedervermögen und die rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen, die Teil des gemeindlichen<br />

Haushalts sind, müssen die diesen Sondervermögen zuzurechnenden Vermögensgegenstände in<br />

der gemeindlichen Bilanz unter den im Einzelnen nach der Vermögensart zutreffenden Bilanzposten angesetzt<br />

werden. Die Erhaltung des Zwecks bei diesen beiden Arten von gemeindlichem Sondervermögen erfordert von<br />

der Gemeinde keinen gesonderten Nachweis durch einen zusammengefassten Ansatz in der gemeindlichen<br />

Bilanz oder den Ansatz als Gesamtheit im Bilanzbereich „Finanzanlagen“. Die Einhaltung der Zwecksetzung bzw.<br />

Zweckbindung, z. B. bei den rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen, ist von der Gemeinde nur intern<br />

prüffähig nachzuhalten (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Im gemeindlichen Jahresabschluss (vgl. § 95 GO <strong>NRW</strong>) bedarf es aber zu diesen beiden Arten von Sondervermögen<br />

der Gemeinde entsprechender Angaben und Erläuterungen im Anhang (vgl. § 44 GemHVO <strong>NRW</strong>). In<br />

Einbeziehung in den gemeindlichen Haushalt bedingt dabei, dass die Gemeinde keine Verbindlichkeit passivieren<br />

muss, weil sie das Vermögen von Dritten erhalten hat. Die Gemeinde ist bei diesen beiden Sondervermögen nicht<br />

zur Rückgabe verpflichtet, denn das Vermögen wurde ihr auch zivilrechtlich übertragen, z. B. die Vermögensgegenstände<br />

bei rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen. Bei diesen Gruppen der Sondervermögen ist nicht<br />

GEMEINDEORDNUNG 889


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

von einer organisatorisch selbstständigen Einheit auszugehe, sodass die damit verbundenen gemeindlichen<br />

Vermögensgegenstände auch nicht aus dem Rechnungskreis der Gemeinde ausgeschieden sind.<br />

4. Die Prüfung der Jahresabschlüsse der Sondervermögen<br />

4.1 Allgemeine Bedingungen<br />

Nach der Vorschrift des § 103 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> sind die Jahresabschlüsse der in § 97 Absatz 1<br />

Nummern 1, 2 und 4 GO <strong>NRW</strong> benannten Sondervermögen eine Pflichtaufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung.<br />

Zu diesen benannten Sondervermögen der Gemeinde gehören das Gemeindegliedervermögen, das Vermögen<br />

der rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen und die rechtlich unselbstständigen Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen.<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung hat bei diesen gemeindlichen Sondervermögen zu prüfen,<br />

inwieweit die Zwecksetzung und die Zweckbindung dieser Sondervermögen durch die Gemeinde erfüllt wurden.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Prüfung der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe (vgl. § 97<br />

Absatz 1 Nr. 3 GO <strong>NRW</strong>) nach den Vorschriften des § 106 GO <strong>NRW</strong> vorzunehmen ist. In die durchzuführende<br />

Prüfung sind alle Bestandteile des Jahresabschlusses des jeweiligen Sondervermögens der Gemeinde sowie die<br />

dazugehörigen Anlagen einzubeziehen. Diese Gegebenheiten können ggf. auch bei gemeindlichen Versicherungs-<br />

und Versorgungseinrichtungen vorliegen (vgl. § 97 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

4.2 Der Jahresabschluss des Gemeindegliedervermögens<br />

Die Vorschrift des § 103 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> enthält zwar ausdrücklich den Begriff „Jahresabschluss“<br />

unter Bezugnahme auf das Gemeindegliedervermögen als Sondervermögen nach § 97 Absatz 1 Nummer 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>. Diese Festlegung führt jedoch nicht zu der Verpflichtung der Gemeinde, für dieses gemeindliche Sondervermögen<br />

auch einen eigenständigen Jahresabschluss aufzustellen. Das Sondervermögen unterliegt ausdrücklich<br />

den Vorschriften über die gemeindliche Haushaltswirtschaft und ist Teil des Haushalts der Gemeinde. Es ist<br />

daher hinsichtlich seiner Erträge und Aufwendungen sowie der Vermögens- und Schuldenlage in den Jahresabschluss<br />

der Gemeinde einzubeziehen.<br />

Die Gemeinde hat ggf. für dieses Sondervermögen einen gesonderten Nachweis darüber zu führen, dass die<br />

Zwecksetzungen und Zweckbindungen des Sondervermögens im abgelaufenen Haushaltsjahr eingehalten wurden.<br />

Diese Vorgaben können im Einzelfall zu einem gesonderten Jahresergebnis oder zu einem von der Gemeinde<br />

gesondert aufzustellenden Abschluss führen. Ein solcher Abschluss wäre dann mit einer dazu gehörenden<br />

Übersicht über die zurechenbaren Vermögen und Schulden zum Gegenstand der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

zu machen (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

4.3 Der Jahresabschluss der rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen<br />

Die Vorschrift des § 103 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> enthält zwar ausdrücklich den Begriff „Jahresabschluss“<br />

unter Bezugnahme auf die rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen als Sondervermögen nach § 97 Absatz<br />

1 Nummern 2 GO <strong>NRW</strong>. Diese Festlegung führt jedoch nicht zu der Verpflichtung der Gemeinde, für dieses<br />

gemeindliche Sondervermögen auch einen eigenständigen Jahresabschluss nach für die Gemeinde geltenden<br />

haushaltsrechtlichen Bedingungen aufzustellen. Diese Sondervermögen unterliegen ausdrücklich den Vorschriften<br />

über die gemeindliche Haushaltswirtschaft und sind dadurch ein Teil des Haushalts der Gemeinde. Sie sind<br />

daher hinsichtlich ihrer Erträge und Aufwendungen einschließlich der Vermögens- und Schuldenlage in den Jahresabschluss<br />

der Gemeinde einzubeziehen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 890


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat jedoch für diese Sondervermögen einen gesonderten Nachweis darüber zu führen, dass die<br />

Zwecksetzungen und Zweckbindungen des jeweiligen Sondervermögens im abgelaufenen Haushaltsjahr eingehalten<br />

wurden. Diese Vorgaben können im Einzelfall zu einem gesonderten Jahresergebnis oder zu einem von<br />

der Gemeinde gesondert aufzustellenden Abschluss führen. Ein solcher Abschluss wäre dann mit einer dazu<br />

gehörenden Übersicht über die zurechenbaren Vermögen und Schulden zum Gegenstand der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

zu machen (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

4.4 Der Jahresabschluss der Unternehmen und Einrichtungen<br />

Bei wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinde (vgl. § 114 GO <strong>NRW</strong>) und organisatorisch verselbstständigten<br />

Einrichtungen der Gemeinde (vgl. § 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) sind die Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnlichen<br />

Einrichtungen die wichtigsten gemeindlichen Organisationsgebilde, die entsprechend den Vorschriften über die<br />

wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigung der Gemeinden als Sondervermögen errichtet werden und zu<br />

den gemeindlichen Betrieben zu zählen sind. Diese Betriebe sind unter Beachtung der Vorschriften der Eigenbetriebsordnung<br />

(EigVO <strong>NRW</strong>) wirtschaftlich und verwaltungsmäßig selbstständig. Zu dieser Art von gemeindlichem<br />

Sondervermögen gehören auch die gemeindlichen Krankenhäuser, die wie gemeindliche Eigenbetriebe als organisatorisch<br />

und wirtschaftlich eigenständige Einrichtungen bzw. gemeindliche Betriebe geführt werden (vgl. §§ 1<br />

und 10 GemKHBVO).<br />

Für die Jahresabschlussprüfung der gemeindlichen Eigenbetriebe wurden jedoch Sonderregelungen getroffen,<br />

sodass deren Jahresabschlussprüfung nicht der örtlichen Rechnungsprüfung obliegt. Vielmehr obliegt der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

diese Jahresabschlussprüfung, die sich dazu eines Wirtschaftsprüfers, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

oder in Einzelfällen eines hierzu befähigten eigenen Prüfers bedienen kann (vgl. § 106 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die Gemeindeprüfungsanstalt hat das Prüfungsergebnis in Form des Prüfungsberichts der betroffenen<br />

Gemeinde mitzuteilen. Wenn Veranlassung dazu besteht oder auf Anforderung muss die Gemeindeprüfungsanstalt<br />

ihr Prüfungsergebnis auch den Kommunal- und den Fachaufsichtsbehörden mitteilen. Diese Regelungen<br />

gelten entsprechend auch für Einrichtungen, die gemäß § 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> entsprechend den Vorschriften<br />

über das Rechnungswesen der Eigenbetriebe geführt werden.<br />

4.5 Der Jahresabschluss der Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen<br />

Die Prüfung eines förmlichen Jahresabschlusses, wie diese für die Gemeinde selbst vorgesehen ist, ist für Sondervermögen<br />

nach § 97 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong> ist nur dann erforderlich, wenn für eine unter diese Vorschrift<br />

fallende Versorgungs- und Versicherungseinrichtung der Gemeinde ein eigener Rechnungskreis besteht,<br />

weil eine entsprechend abgesonderte Haushalts- und Wirtschaftsführung erforderlich ist, z. B. für eine eigene<br />

Zusatzversorgungskasse oder eine Eigenunfallversicherung. Solche gemeindlichen Einrichtungen, die aber Teil<br />

des Haushalts der Gemeinde und damit im Jahresabschluss der Gemeinde enthalten sind, bedürfen dann keines<br />

eigenständigen Jahresabschlusses.<br />

Die Gemeinde hat aber gleichwohl für diese Sondervermögen einen Nachweis darüber zu führen, dass im abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr die Zwecksetzung des jeweiligen Sondervermögens eingehalten wurde. Dieser Nachweis<br />

kann durch ein gesondertes Jahresergebnis (Abschluss) mit einer dazu gehörenden Übersicht über die zurechenbaren<br />

Vermögen und Schulden geführt werden, sodass auch diese Unterlagen zum Gegenstand der Prüfung<br />

zu machen sind (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>). Eine jahresbezogene Ergebnisdarstellung dürfte aber<br />

in vielen Fällen aus haushaltsrechtlicher Sicht ausreichend sein.<br />

GEMEINDEORDNUNG 891


5. Sonstige Betriebsformen<br />

5.1 Die Verwaltungs- und Regiebetriebe<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Verwaltungsbetriebe der Gemeinde sind rechtlich und wirtschaftlich unselbstständig. Sie sind daher auch<br />

vermögensmäßig keine gemeindlichen Betriebe, die außerhalb des allgemeinen gemeindlichen Vermögens stehen.<br />

Solche gemeindlichen Betriebe stellen daher auch keine Sondervermögen der Gemeinde nach dieser Vorschrift<br />

dar. Ebenso sind Regiebetriebe der Gemeinde nicht als gemeindliche Sondervermögen anzusehen, denn<br />

auch bei diesen rechtlich und wirtschaftlich unselbstständigen Betrieben ist von der Gemeinde keine vermögensmäßige<br />

Separierung vorzunehmen, zumal der Regiebetrieb keine Rechtsbeziehung mit einem Wirtschaftspartner<br />

eingehen kann. Die Verwaltungsbetriebe und die Regiebetriebe der Gemeinde sind daher als Teil der gemeindlichen<br />

Verwaltung an den Haushaltsplan der Gemeinde gebunden, der die ihnen zuzuordnenden Erträge und<br />

Aufwendungen sowie Zahlungen zu enthalten hat.<br />

5.2 Die Betriebe gewerblicher Art<br />

Ein „Betrieb gewerblicher Art“ (BgA) der Gemeinde stellt keine gemeinderechtlich bestimmte abgrenzbare eigenständige<br />

wirtschaftliche Betätigungsform der Gemeinde und ist daher auch kein gemeindliches Sondervermögen.<br />

Für die steuerrechtliche Sonderform bedarf es daher keiner ausdrücklichen Regelung, auch die Gemeinde in<br />

bestimmten Aufgabenbereichen durch ihre Tätigkeiten steuerpflichtig wird. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

verlangt für die Sonderform „Betrieb gewerblicher Art“ keinen gesonderten und entsprechend abgegrenzten<br />

Nachweis innerhalb der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und des gemeindlichen Vermögens. Eine steuerrechtliche<br />

Maßgeblichkeit mit Auswirkungen auf eine vermögensmäßige Separierung besteht jedenfalls nicht.<br />

Die Sonderform „Betrieb gewerblicher Art“ entsteht wegen der steuerlich relevanten Tätigkeiten der Gemeinde,<br />

denn nach § 4 i.V.m. § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) stellt eine Tätigkeit einer Gemeinde<br />

dann einen „Betrieb gewerblicher Art“ dar, wenn eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde zur Erzielung<br />

von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft vorliegt, die sich aus der Tätigkeit der Gemeinde<br />

wirtschaftlich heraushebt und in analoger Anwendung des § 14 AO keine vermögensverwaltende Tätigkeit der<br />

Gemeinde ist (vgl. steuerrechtliche Literatur). Die Abgrenzung zur vermögensverwaltenden Tätigkeit richtet sich<br />

dabei aus steuerrechtlicher Sicht nach den allgemeinen Grundsätzen zur Abgrenzung der Vermögensverwaltung<br />

von gewerblichen Einkünften.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Arten der Sondervermögen):<br />

1.01 Allgemeines<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht kennt neben dem Gemeindevermögen im haushaltsrechtlichen Sinne als weitere<br />

Art des gemeindlichen Vermögens das Sondervermögen. In dieser Vorschrift wird die Abgrenzung des Sondervermögens<br />

von den übrigen Arten des gemeindlichen Vermögens bestimmt und die möglichen Arten gemeindlicher<br />

Sondervermögen abschließend aufgezählt. Der Charakter des gemeindlichen Sondervermögens wird in<br />

diesem Zusammenhang dadurch bestimmt, dass es sich bei gemeindlichem Sondervermögen um Vermögen der<br />

Gemeinde handelt, das für die Erfüllung bestimmter Zwecke vom Haushalt der Gemeinde abgesondert oder von<br />

einem Dritten an die Gemeinde für einen bestimmten Zweck übereignet oder durch sonstige Rechtsakte unter<br />

Zweckbindung auf die Gemeinde übergegangen ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 892


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

Aus seiner Zwecksetzung oder einer Zweckbindung des besonderen gemeindlichen Vermögens folgt, dass dieses<br />

als Sondervermögen bezeichnete gemeindliche Vermögen vom übrigen (allgemeinen) Gemeindevermögen<br />

abzutrennen ist. Das gemeindliche Sondervermögen stellt daher nur bedingt einen Bestandteil des „Kernhaus-<br />

halts“ der Gemeinde dar, z. B. wenn für dessen Behandlung die gemeindlichen haushaltswirtschaftlichen Vorschriften<br />

anzuwenden sein. Aufgrund ihrer Verschiedenheiten und der unterschiedlichen öffentlichen Zwecksetzungen<br />

sind die einzelnen benannten Gruppen von gemeindlichen Sondervermögen i.d.R. von der Gemeinde<br />

haushaltsmäßig unterschiedlich zu behandeln.<br />

1.1 Zu Nummer 1 (Gemeindegliedervermögen):<br />

Das Gemeindegliedervermögen ist zwar Vermögen der Gemeinde, jedoch steht es aufgrund besonderer Berechtigungen<br />

den Gemeindeeinwohnern und nicht allgemein der Gemeinde insgesamt zur Nutzung zu. Zum Gemeindegliedervermögen<br />

gehören daher auf dem Grundeigentum der Gemeinde lastende Nutzungsberechtigungen,<br />

z.B. bei Wald- und Wegegrundstücken, die aus der geschichtlichen Entwicklung der Gemeinde heraus heute<br />

noch bestehen können. Auch kann in Einzelfällen das Nutzungsrecht nicht allen, sondern nur einer Gruppe von<br />

Einwohnern der Gemeinde zu stehen (Gemeindegliederklassenvermögen). Der Gemeinde obliegt gleichwohl<br />

aber die Pflicht, auch dieses Vermögen zu verwalten. Zum Gemeindegliedervermögen enthält die Vorschrift des §<br />

99 GO <strong>NRW</strong> besondere Regelungen.<br />

1.2 Zu Nummer 2 (Vermögen der rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen):<br />

1.2.1 Das übernommene Vermögen<br />

Von den Bürgern der Gemeinde werden immer wieder Stiftungen errichtet und die davon betroffenen privaten<br />

Vermögensgegenstände der Gemeinde als Verwalter der Stiftung übergeben. Bei allen Stiftungsformen wird<br />

vom Stifter ein bestimmtes abgegrenztes Vermögen einem Stiftungszweck gewidmet. Soweit das Vermögen<br />

nicht ausreicht, um eine rechtsfähige Stiftung zu errichten, kann vom Stifter eine rechtlich unselbstständige<br />

Stiftung (fiduziarische Stiftung) errichtet und ein Dritter als Stiftungsträger mit deren Verwaltung beauftragt werden,<br />

um rechtswirksam tätig sein zu können. Der Stifter kann dabei als Ausdruck seines Stifterwillens auch<br />

Bedingungen und Auflagen hinsichtlich des Verwaltens der Stiftung festlegen.<br />

Eine rechtlich unselbstständige Stiftung kann von unterschiedlichen Institutionen verwaltet werden, z. B. von<br />

Gemeinden, Kirchen, Banken oder Sparkassen. Diese Rechtsträger sind dann als Treuhänder für den Stifter tätig<br />

und verantwortlich für die Verwaltung und ordnungsgemäße Erledigung der Geschäfte. Im Stiftungsbereich werden<br />

derartige Stiftungen auch als "Treuhandstiftungen" bezeichnet. Sofern die Gemeinde der Rechtsträger bei<br />

einer rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftung ist, werden ihr im Rahmen des Stiftungsgeschäfts durch den<br />

Stifter bestimmte Vermögensgegenstände mit einer besonderen Zwecksetzung (Stifterwillen) zu Eigentum und<br />

Verwaltung übertragen.<br />

In diesen Fällen hat der Stifter die in seinem Eigentum befindlichen Vermögenswerte zugunsten eines uneigennützigen,<br />

auf Dauer eingerichteten Zwecks entäußert, der nach seinem Willen durch die Gemeinde zu erfüllen ist.<br />

Die Gemeinde muss die Annahme einer solchen Stiftung erklären und hat dann als Stiftungsträger das übernommene<br />

Vermögen unter Einhaltung des Stiftungszwecks und des Stifterwillens zu verwalten. Diese Sachlage<br />

führt dazu, dass die Gemeinde in solchen Fällen nach außen im eigenen Namen auftritt, im Innenverhältnis zum<br />

Stifter aber an den Stifterwillen gebunden ist. Die Gemeinde hat dabei sowohl aus Sicht ihrer Aufgabenerfüllung<br />

als auch aus ihrer Verwaltungstätigkeit heraus über die Annahme einer Stiftung zu entscheiden.<br />

Die Gemeinde darf deshalb die mit dem Stiftungsvermögen erworbenen Rechte im eigenen Namen ausüben. Sie<br />

hat aber bei der Nutzung die Interessen des Stifters in Form der stiftungsmäßigen Zwecke umzusetzen. Unab-<br />

GEMEINDEORDNUNG 893


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

hängig von der tatsächlichen Anzahl solcher rechtlich unselbstständigen Stiftungen muss die Gemeinde dazu<br />

eine örtliche Strategie entwickeln, um eine dauerhafte und nachhaltige Verwirklichung des Stiftungszwecks zu<br />

gewährleisten und das Stiftungsvermögen ungeschmälert erhalten zu können. Im Sinne eines Stiftungsmanagements<br />

sollte die Gemeinde dabei die "Nachlassverwaltung" gestalten, zumal sie jährlich im Rahmen ihrer Haushaltsplanung<br />

und ihres Jahresabschlusses den "Erfolg" nachweisen muss.<br />

1.2.2 Das abgegebene gemeindliche Vermögen<br />

Die Gemeinde kann aber auch selbst als Stifter auftreten und Vermögen zugunsten eines uneigennützigen, auf<br />

Dauer eingerichteten Zwecks entäußern, der nach ihrem Willen durch einen Dritten zu erfüllen ist. Die Gemeinde<br />

kann dabei Vermögen in eine von ihr selbst errichtete rechtlich unselbstständige örtliche Stiftung einbringen.<br />

In solchen besonderen Einzelfällen müssen jedoch die Voraussetzungen des § 100 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> erfüllt<br />

sein. Danach darf Gemeindevermögen nur im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Gemeinde und nur dann in<br />

ein Stiftungsvermögen eingebracht werden, wenn der mit der Stiftung verfolgte Zweck auf andere Weise nicht<br />

erreicht werden kann.<br />

Die Gemeinde muss dabei aber beachten, dass bei der Errichtung einer Stiftung die Vermögensabgabe so hoch<br />

sein muss, dass eine dauerhafte und nachhaltige Verwirklichung des Stiftungszwecks gewährleistet und das<br />

Stiftungsvermögen ungeschmälert erhalten werden muss. Sie muss daher bei einer gemeindlichen Vermögensabgabe<br />

abwägen, ob sie selbst als Stifter auftritt oder durch eine Zustiftung an eine bestehende Stiftung deren<br />

Kapital aufstockt. Die Vorschrift stellt deshalb darauf ab, dass die Gemeinde eine eigene "Stiftungsstrategie"<br />

unter Berücksichtigung ihrer Aufgabenerfüllung und der Vermögensabgabe ziel- und zweckgerichtet entwickelt.<br />

In diesem Zusammenhang ist insbesondere dann die Stiftungsgründung zweckbezogen zu hinterfragen, wenn<br />

die von der Gemeinde errichtete rechtlich unselbstständige örtliche Stiftung von der Gemeinde selbst verwaltet<br />

wird bzw. als Sondervermögen der Gemeinde einzuordnen ist. In Anlehnung an die Vorschrift des § 99 Absatz 3<br />

GO <strong>NRW</strong>, dass Gemeindevermögen nicht in Gemeindegliedervermögen umgewandelt werden darf, könnte eine<br />

solche Stiftungsgründung als Separierung von allgemeinem Gemeindevermögen ggf. nicht zulässig sein.<br />

1.2.3 Die Änderung von unselbstständigen Stiftungen<br />

Der Gemeinde steht das Recht zur Umwandlung des Stiftungszwecks, zur Zusammenlegung und Aufhebung<br />

von rechtlich unselbständigen Stiftungen zu und hat darüber in eigener Verantwortung zu entscheiden (vgl. §<br />

100 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Umwandlung eines Stiftungszwecks, die Zusammenlegung und die Aufhebung von<br />

rechtlich unselbständigen Stiftungen bedeuten einen erheblichen Eingriff in den Stifterwillen, dem sich die Gemeinde<br />

zuvor durch die Annahme der Stiftung unterworfen hat. So soll z.B. bei einer Umwandlung eines Stiftungszwecks<br />

oder der Zusammenlegung regelmäßig durch die Gemeinde angestrebt werden, die Erträge des<br />

Stiftungsvermögens dem zugedachten Personenkreis zu erhalten, ggf. auch auf andere Art und Weise als in<br />

einer Stiftungsform.<br />

Die Umwandlung eines Stiftungszwecks, die Zusammenlegung und die Aufhebung von rechtlich unselbstständigen<br />

Stiftungen bedürfen der Beschlussfassung durch den Rat der Gemeinde (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe n<br />

GO <strong>NRW</strong>) sowie der Genehmigung der für die Gemeinde zuständigen Aufsichtsbehörde. Bei einer Aufhebung<br />

einer rechtlich unselbständigen Stiftung muss der Rat auch über die Verwendung des Stiftungsvermögens eine<br />

Entscheidung treffen, denn das Stiftungsvermögen befindet sich im Eigentum der Gemeinde.<br />

GEMEINDEORDNUNG 894


1.3 Zu Nummer 3 (Unternehmen und Einrichtungen):<br />

1.3.1 Inhalte der Vorschrift<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei wirtschaftlichen Unternehmen (vgl. § 114 GO <strong>NRW</strong>) und organisatorisch verselbstständigte Einrichtungen<br />

(vgl. § 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind die Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnliche<br />

Einrichtungen wichtige Organisationsgebilde, die entsprechend den Vorschriften über die wirtschaftliche und<br />

nichtwirtschaftliche Betätigung der Gemeinden als Sondervermögen errichtet werden. Diese sind unter Beachtung<br />

der Eigenbetriebsordnung (EigVO <strong>NRW</strong>) wirtschaftlich und verwaltungsmäßig selbstständig. Zu dieser Art<br />

von Sondervermögen gehören auch die gemeindlichen Krankenhäuser, die wie gemeindliche Eigenbetriebe als<br />

organisatorisch und wirtschaftlich eigenständige Einrichtungen bzw. gemeindliche Betriebe geführt werden (vgl.<br />

§§ 1 und 10 GemKHBVO).<br />

Die gemeindliche Organisationsform „Eigenbetrieb“ ist als Alternative zu den privaten Unternehmensformen entwickelt<br />

worden. Wenn die Gemeinde sich zulässigerweise wirtschaftlich betätigen will, soll es ihr durch eine organisatorische<br />

Abgrenzung von der gemeindlichen Verwaltung ermöglicht werden, bei dieser Tätigkeit nicht in die<br />

Entscheidungszwänge der öffentlichen Verwaltung eingebunden zu sein. Gleichwohl sollen Grundzüge, Vorschriften<br />

und andere Bestandteile der gemeindlichen Verwaltung erhalten bleiben. Das Eigenbetriebsrecht in Form des<br />

§ 114 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. der Eigenbetriebsverordnung setzt dafür den rechtlichen Rahmen sowohl hinsichtlich der<br />

Verantwortung für die Wirtschaftsführung als auch für die Form des Rechnungswesens.<br />

1.3.2 Die wirtschaftlichen Unternehmen<br />

Die wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinde werden nach § 114 GO <strong>NRW</strong> in der Form von Eigenbetrieben<br />

geführt. Sie sind rechtlich unselbstständig und als aufgabenbezogene Einheiten der Gemeinde organisatorisch<br />

verselbstständigt. Ein Eigenbetrieb wird dabei von der Betriebsleitung selbstständig geleitet (vgl. § 2 EigVO<br />

<strong>NRW</strong>). Ihr obliegt insbesondere die laufende Betriebsführung und sie ist für die wirtschaftliche Führung des Eigenbetriebs<br />

verantwortlich und hat dabei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters<br />

anzuwenden.<br />

In den Angelegenheiten des Eigenbetriebs vertritt zudem die Betriebsleitung die Gemeinde. Gleichwohl behält der<br />

Rat der Gemeinde wichtige Zuständigkeiten, denn er entscheidet z.B. über die Bestellung und die Abberufung der<br />

Betriebsleitung, die Feststellung und Änderung des Wirtschaftsplans, die Feststellung des Jahresabschlusses,<br />

weil diese Angelegenheiten nach der Gemeindeordnung nicht übertragen werden können (vgl. § 41 GO <strong>NRW</strong><br />

i.V.m. § 4 EigVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.3.3 Die organisatorisch verselbstständigten Einrichtungen<br />

Die organisatorisch verselbstständigten gemeindlichen Einrichtungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind<br />

auch als eigenbetriebsähnliche Einrichtungen wichtige Organisationsgebilde innerhalb der Rechtspersönlichkeit<br />

der Gemeinde. Sie werden als nicht wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde eingestuft und erfüllen gemeindliche<br />

Aufgaben in vielen gemeindlichen Produktbereichen. Der Gesetzgeber hat in diesem Rahmen ausdrücklich einen<br />

Aufgabenkatalog bestimmt, in dessen Rahmen die Gemeinde organisatorisch verselbstständigte Einrichtungen<br />

unter Beachtung der Vorschrift des § 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> in zulässiger Weise betreiben darf (vgl. Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 895


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Aufgaben organisatorisch verselbstständigter Einrichtungen<br />

Als wirtschaftliche Betätigung<br />

gilt nicht der Betrieb von<br />

Einrichtungen,<br />

zu denen die Gemeinde<br />

gesetzlich verpflichtet ist<br />

Öffentliche Einrichtungen,<br />

die für die soziale und kulturelle<br />

Betreuung der Einwohner<br />

erforderlich sind, insbesondere<br />

Einrichtungen auf den Gebieten<br />

Einrichtungen,<br />

die der Straßenreinigung, der<br />

Wirtschaftsförderung, der Fremdenverkehrsförderung<br />

oder der<br />

Wohnraumversorgung dienen<br />

Einrichtungen<br />

des Umweltschutzes,<br />

insbesondere der Abfallentsorgung<br />

oder Abwasserbeseitigung<br />

sowie des Messe- und Ausstellungswesens<br />

Einrichtungen,<br />

die ausschließlich der Deckung<br />

des Eigenbedarfs von Gemeinden<br />

und Gemeindeverbänden dienen<br />

GEMEINDEORDNUNG 896<br />

Einrichtungsvorgaben<br />

Aufgabenbezogene<br />

Verpflichtung<br />

der Gemeinde<br />

- Erziehung, Bildung oder Kultur (Schulen, Volkshochschulen,<br />

Tageseinrichtungen für Kinder und sonstige<br />

Einrichtungen der Jugendhilfe, Bibliotheken, Museen,<br />

Ausstellungen, Opern, Theater, Kinos, Bühnen, Orchester,<br />

Stadthallen, Begegnungsstätten),<br />

- Sport oder Erholung (Sportanlagen, zoologische und<br />

botanische Gärten, Wald-, Park- und Gartenanlagen,<br />

Herbergen, Erholungsheime, Bäder, Einrichtungen<br />

zur Veranstaltung von Volksfesten),<br />

- Gesundheits- oder Sozialwesen (Krankenhäuser,<br />

Bestattungseinrichtungen, Sanatorien, Kurparks, Senioren-<br />

und Behindertenheime, Frauenhäuser, soziale<br />

und medizinische Beratungsstellen)<br />

mit aufgabenbezogener<br />

eigenverantwortlicher Entscheidung<br />

der Gemeinde<br />

Aufgabenbezogene<br />

eigenverantwortliche Entscheidung<br />

der Gemeinde<br />

Aufgabenbezogene<br />

eigenverantwortliche Entscheidung<br />

der Gemeinde<br />

Aufgabenbezogene<br />

eigenverantwortliche Entscheidung<br />

der Gemeinde<br />

Abbildung 182 „Die Aufgaben organisatorisch verselbstständigter Einrichtungen“<br />

Derartige Einrichtungen sind, soweit es mit ihrem öffentlichen Zweck und den gemeindlichen Aufgaben vereinbar<br />

ist, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verwalten und können von der Gemeinde entsprechend den Vorschriften<br />

über die Eigenbetriebe geführt werden.<br />

1.3.4 Die Abgrenzung der nicht einbezogenen Betriebe<br />

Zu den gemeindlichen Betrieben nach dieser Vorschrift zählen nicht unselbstständige organisatorische Betriebe<br />

innerhalb der öffentlichen Verwaltung. Diese Regiebetriebe sind als Verwaltungsbetriebe rechtlich und wirtschaftlich<br />

unselbstständige Betriebe, bei denen nur die Gemeinde als Rechtsträger die erforderlichen Rechtsbeziehun-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

gen mit Dritten als Wirtschaftpartner eingehen kann. Diese Betriebe sind deshalb Teil der gemeindlichen Verwaltung<br />

und an den Haushaltsplan der Gemeinde gebunden. Die ihnen zuzuordnenden Erträge und Aufwendungen<br />

sowie die kassenmäßigen Zahlungen sind daher im Ergebnisplan (vgl. § 2 GemHVO <strong>NRW</strong>) bzw. Finanzplan (vgl.<br />

§ 3 GemHVO <strong>NRW</strong>) des gemeindlichen Haushaltsplans enthalten (vgl. § 79 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Unter diese Vorschrift fallen auch nicht die in der öffentlichen Verwaltung bestehenden Betriebe gewerblicher Art<br />

(BgA). Die Sonderform „Betrieb gewerblicher Art“ entsteht wegen der steuerlich relevanten Tätigkeiten der Gemeinde,<br />

denn nach § 4 i.V.m. § 1 Absatz 1 KStG stellt eine Tätigkeit einer Gemeinde dann einen „Betrieb gewerblicher<br />

Art“ dar, wenn eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde zur Erzielung von Einnahmen außerhalb<br />

der Land- und Forstwirtschaft vorliegt, die sich aus der Tätigkeit der Gemeinde wirtschaftlich heraushebt<br />

und in analoger Anwendung des § 14 AO keine vermögensverwaltende Tätigkeit der Gemeinde ist (vgl. steuerrechtliche<br />

Literatur). Die gemeindlichen „Betriebe gewerblicher Art“ stellen daher nur eine steuerrechtliche und<br />

keine bilanzierungsfähige gemeindliche Sonderform dar.<br />

1.4 Zu Nummer 4 (Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen):<br />

Die rechtlich unselbstständigen Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen, die von der Gemeinde errichtet<br />

worden sind, nehmen wirtschaftlich gesehen eine Sonderstellung ein. Diese gemeindlichen Einrichtungen, z. B.<br />

eigene Zusatzversorgungskassen oder Eigenunfallversicherungen, können eine entsprechend abgesonderte<br />

Haushalts- und Wirtschaftsführung und damit einen eigenen Rechnungskreis und einen eigenständigen Jahresabschluss<br />

erfordern. Von der Gemeinde muss örtlich geklärt und entschieden werden, ob diese Einrichtungen<br />

eigenständig geführt werden sollen.<br />

2. Zu Absatz 2 (Haushaltsvorschriften für Gemeindegliedervermögen und Stiftungen):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Einbeziehung in die Haushaltswirtschaft):<br />

Bei der Verwaltung des Gemeindegliedervermögens und des Vermögens der rechtlich unselbstständigen örtlichen<br />

Stiftungen als gemeindliches Sondervermögen hat die Gemeinde alle Vorschriften über die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft zu beachten, denn diese beiden Vermögensarten sind Bestandteil des Haushalts der Gemeinde.<br />

Es kommen daher für diese beiden gemeindlichen Vermögensformen keine besonderen Haushaltspläne,<br />

Sonderrechnungen oder eine eigenständige Bilanz bzw. ein gesonderter Jahresabschluss in Betracht.<br />

Die Erträge und Aufwendungen, die dem Gemeindegliedervermögen und dem Vermögen der rechtlich unselbstständigen<br />

örtlichen Stiftungen zuzuordnen sind, müssen von der Gemeinde in ihrer Ergebnisrechnung erfasst<br />

werden. Die Zahlungen für diese Vermögensformen sind in der gemeindlichen Finanzrechnung zu erfassen. Das<br />

diesen Sondervermögen zuzuordnende Vermögen hat die Gemeinde daher nach seinen Arten zu bilanzieren. Es<br />

ist daher nicht zulässig, abgegrenzte Vermögenswerte unter der Bezeichnung „Gemeindegliedervermögen … „<br />

oder „Stiftung …“ als eine jeweilige Gesamtheit in der Bilanz der Gemeinde anzusetzen. Der Nachweis, dass die<br />

Zwecke dieser Sondervermögen durch die Gemeinde erfüllt worden sind, kann dabei ggf. in einer Nebenrechnung<br />

zum gemeindlichen Jahresabschluss geführt werden.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Erfassung in der Haushaltswirtschaft):<br />

2.2.1 Die Abbildung im Haushaltsplan<br />

Für das Gemeindegliedervermögen der Gemeinde und die rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen gilt,<br />

dass die für ihre Bewirtschaftung voraussichtlich im Haushaltsjahr entstehenden Erträge und Aufwendungen im<br />

GEMEINDEORDNUNG 897


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

gemeindlichen Haushaltsplan enthalten sein müssen. Für die Gemeindegliedervermögen ist dabei die Zuordnung<br />

zum betreffenden Teilplan nach der sachlichen Aufgabenzugehörigkeit vorzunehmen und nicht nach dem besonderen<br />

Vermögensstatus (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die aus dem Gemeindegliedervermögen, das z. B. aus-<br />

schließlich aus land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken besteht, erzielbaren Erträge und entstehenden Aufwendungen<br />

sollten dem Produktbereich „Natur und Landschaftspflege“ zugeordnet und ggf. unter einer gesonderten<br />

Produktgruppe oder einem Produkt nachgewiesen werden.<br />

Bei den rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen der Gemeinde macht die Vorgabe der Einhaltung der<br />

einer Stiftung mitgegebenen besonderen Zwecksetzung auch einen gesonderten Nachweis innerhalb des Haushalts<br />

der Gemeinde erforderlich. Der Erfüllung dieser Vorgabe dient u.a. der Produktbereich „Stiftungen“, der wie<br />

die anderen Produktbereiche für die Aufstellung der Teilpläne des gemeindlichen Haushalts verbindlich vorgeben<br />

ist (vgl. Nr. 1.2.5 des Runderlasses des Innenministeriums vom 24.02.2005; SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300). Für die rechtlich<br />

unselbstständigen Stiftungen als gemeindliche Sondervermögen ist daher ein gesonderter produktorientierter<br />

Teilplan aufzustellen, in dem die einzelnen Stiftungen in Form von Produkten dargestellt und die Erträge und<br />

Aufwendungen zugeordnet werden können.<br />

2.2.2 Der Nachweis im Jahresabschluss<br />

2.2.2.1 Allgemeiner Nachweis<br />

Die ausdrückliche Vorgabe in der Vorschrift, dass die Gemeindegliedervermögen und die rechtlich unselbstständigen<br />

örtlichen Stiftungen im Jahresabschluss der Gemeinde gesondert nachzuweisen sind, verstärkt, dass diese<br />

Sondervermögen entsprechend dem Haushaltsplan der Gemeinde im gemeindlichen Jahresabschluss enthalten<br />

sein müssen. Unabhängig davon ist ggf. noch ein jährliche Ergebnis für diese beiden Vermögensarten festzustellen,<br />

um die Einhaltung der vorliegenden Zwecksetzung und Zweckbindung nachzuweisen. In diesem Zusammenhang<br />

reichen aus haushaltsrechtlicher Sicht die Einzelergebnisse der Sondervermögen einschließlich einer Übersicht<br />

über das zurechenbare Vermögen und die Schulden aus. Sollte bei diesen Sondervermögen jedoch eine<br />

gesonderte Steuerpflicht bestehen, kann für die Steuerbehörden ein solcher „haushaltsrechtlicher“ Nachweis ggf.<br />

nicht ausreichend sein.<br />

2.2.2.2.2 Die Prüfungspflicht<br />

Der Nachweis dieser Sondervermögen im gemeindlichen Jahresabschluss berührt auch die Prüfungspflicht der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung für die Jahresabschlüsse der Sondervermögen der Gemeinde (vgl. § 103 Absatz 1<br />

Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>). Der in dieser Vorschrift für diese Aufgabe benutzte Begriff „Jahresabschluss“ soll sicherstellen,<br />

dass ein ggf. gesondert zu führender jahresbezogener Nachweis beim Gemeindegliedervermögen und<br />

bei den rechtlich unselbstständigen Stiftungen auch örtlich geprüft wird. Die Verwendung des Begriffs „Jahresabschluss“<br />

in der Vorschrift des § 103 GO <strong>NRW</strong> führt jedoch nicht zur Verpflichtung der Gemeinde, für die Sondervermögen<br />

einen gesonderten Jahresabschluss nach den für die Gemeinde geltenden haushaltsmäßigen Regelungen<br />

aufzustellen. Sofern daher z. B. für die rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen ein gesonderter<br />

Nachweis zu führen, unterliegt dieser der Prüfung durch die örtliche Rechnungsprüfung.<br />

2.2.2.2.3 Der gesonderte Nachweis<br />

Die Gemeinde hat ggf. unabhängig von ihrem eigenen Jahresabschluss für jedes dieser Sondervermögen ein<br />

gesondertes jährliches Ergebnis festzustellen, um die Einhaltung der vorhandenen Zwecksetzung und Zweckbindung<br />

für diese beiden Vermögensarten nachzuweisen. Zu einem prüffähigen Nachweis dürften aus haushaltsrechtlicher<br />

Sicht die Einzelergebnisse der Sondervermögen einschließlich einer Übersicht über das zurechenbare<br />

GEMEINDEORDNUNG 898


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

Vermögen und die Schulden ausreichend sein. Es können jedoch örtliche Besonderheiten oder eine gesonderte<br />

Steuerpflicht bei diesen Sondervermögen bestehen, sodass ein haushaltsrechtlich geprägter Nachweis ggf. nicht<br />

ausreichend ist, z. B. für die Steuerbehörden. Einen gesonderten Nachweis sollte die Gemeinde in einer Neben-<br />

rechnung zum gemeindlichen Jahresabschluss führen. Sie kann einen solchen Nachweis auch ihrem Jahresabschluss<br />

beifügen.<br />

3. Zu Absatz 3 (Haushaltsvorschriften für Unternehmen und Einrichtungen):<br />

Die Vorschriften über die Haushaltswirtschaft der Gemeinde können bei wirtschaftlichen Unternehmen (vgl. § 114<br />

GO <strong>NRW</strong>) und organisatorisch verselbstständigten Einrichtungen (vgl. § 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) als gemeindliche<br />

Betriebe nicht uneingeschränkt gelten. Nach der Aufzählung in der Vorschrift sind diese gemeindlichen Betriebe<br />

verpflichtet, die nachfolgend genannten Vorschriften sinngemäß anzuwenden (vgl. Abbildung).<br />

Die Haushaltsvorschriften für Sondervermögen als Betriebe<br />

VORGABEN<br />

Das wirtschaftliche Handeln so zu planen und zu führen, dass<br />

die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist.<br />

Die Planung und Rechnung auszugleichen, sodass der jahresbezogene<br />

Gesamtbetrag der Erträge die Höhe des Gesamtbetrages<br />

der Aufwendungen erreicht oder übersteigt.<br />

Die Liquidität einschließlich der Finanzierung der Investitionen<br />

sicherzustellen.<br />

Eine Überschuldung nicht eintreten zu lassen.<br />

Eine mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung vorzunehmen.<br />

Bei Bedarf Verpflichtungsermächtigungen einzusetzen.<br />

Kredite nur für Investitionen aufzunehmen.<br />

Die Einschränkungen bei der Bestellung von Sicherheiten und<br />

Gewährleistung für Dritte zu beachten.<br />

Für dem Grunde oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten,<br />

für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften<br />

oder laufenden Verfahren oder für bestimmte Aufwendungen<br />

Rückstellungen zu bilden.<br />

Ihre Zahlungsfähigkeit durch eine angemessene Liquiditätsplanung<br />

sicherzustellen, ggf. auch Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

aufzunehmen.<br />

Vermögensgegenstände nur zu erwerben, soweit dies zur<br />

Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist oder wird und die<br />

Gegenstände pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten; bei<br />

GEMEINDEORDNUNG 899<br />

VORSCHRIFTEN<br />

§ 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 2 Sätze 1 und 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 84 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 88 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong>


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Haushaltsvorschriften für Sondervermögen als Betriebe<br />

VORGABEN<br />

Geldanlagen auf eine ausreichende Sicherheit zu achten,<br />

Vermögensgegenstände in der Regel nur zu ihrem vollen Wert<br />

zu veräußern.<br />

Bei der Errichtung die Ermittlung der Wertansätze für die<br />

Eröffnungsbilanz auf der Grundlage von vorsichtig geschätzten<br />

Zeitwerten vorzunehmen, die dann für die künftigen Haushaltsjahre<br />

als Anschaffungs- oder Herstellungskosten gelten, dies<br />

gilt jedoch nicht bei einer Erweiterung eines bestehenden<br />

Eigenbetriebes.<br />

Ggf. eine Wertberichtung der Eröffnungsbilanz vorzunehmen.<br />

Eine Finanzbuchhaltung einzurichten.<br />

Ggf. die Finanzbuchhaltung von einer anderen Stelle besorgen<br />

zu lassen.<br />

Den Jahresabschluss feststellen zu lassen.<br />

Darüber hinaus findet die Eigenbetriebsverordnung Anwendung.<br />

Auch ist § 106 GO <strong>NRW</strong> hinsichtlich des Jahresabschlusses<br />

von Eigenbetrieben zu beachten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 900<br />

VORSCHRIFTEN<br />

§ 92 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 92 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 94 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 96 GO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 183 „Die Haushaltsvorschriften für Sondervermögen als Betriebe“<br />

Die Betriebe der Gemeinde sollen wirtschaftlich wie Kaufleute auf der Grundlage des Handelsgesetzbuches handeln.<br />

Diese Sachlage bedingt, dass in der Gemeindeordnung gesetzlich bestimmt worden ist, welche Vorschriften<br />

für die Haushaltswirtschaft der Gemeinden auch für diese gemeindlichen Unternehmen und Einrichtungen eine<br />

sinngemäße Anwendung finden sollen. Die vorgenommene Festlegung beeinträchtigt dabei nicht die gewollte<br />

Verknüpfung mit den handelsrechtlichen Vorschriften in der Eigenbetriebsverordnung.<br />

4. Zu Absatz 4 (Haushaltsvorschriften für Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen):<br />

4.1 Zu Satz 1 (Wirtschaftsführung der Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen):<br />

Die rechtlich unselbstständigen Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen nehmen wirtschaftlich gesehen<br />

eine Sonderstellung ein, z. B. eigene Zusatzversorgungskassen oder Eigenunfallversicherungen der Gemeinde.<br />

Diese Einrichtungen können eine entsprechend abgesonderte Haushalts- und Wirtschaftsführung wegen ihrer<br />

Aufgabenstellung erfordern. Für diese Sondervermögen wird deshalb durch die Vorschrift zugelassen, dass die<br />

für die Wirtschaftführung und das Rechnungswesen der Eigenbetriebe geltenden Vorschriften sinngemäß angewendet<br />

werden können. Das Rechnungswesen ist wie beim Eigenbetrieb auch für die Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen<br />

von zentraler Bedeutung.<br />

Der Eigenbetrieb führt seine Rechnung nach den Regeln der kaufmännischen doppelten Buchführung. Die Buchführung<br />

muss den handelsrechtlichen Grundsätzen oder den für das Neue Kommunale Finanzmanagement geltenden<br />

Grundsätzen entsprechen. Die angewandte kaufmännische Buchführung muss daher eine vollständige<br />

Abbildung der Vermögenslage und Erträge und Aufwendungen liefern. Zudem soll mit der Aufstellung des Wirt-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 97 GO <strong>NRW</strong><br />

schaftsplans und des Jahresabschlusses soll daher die notwendige Transparenz geschaffen werden, die dafür<br />

klare Verantwortlichkeiten erfordert. Dies ist aufgrund dieser Vorschrift von den Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen<br />

der Gemeinden umzusetzen.<br />

4.2 Zu Satz 2 (Verweis auf Absatz 3):<br />

Die Vorschriften über die Haushaltswirtschaft der Gemeinde können bei wirtschaftlich tätigen und organisatorisch<br />

verselbstständigten Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen nicht uneingeschränkt gelten. Es ist vielmehr<br />

zu berücksichtigen, dass diese Einrichtungen haushaltswirtschaftlich wie Kaufleute auf der Grundlage des Handelsgesetzbuches<br />

handeln sollen. Durch den Verweis auf Absatz 3 der Vorschrift ist festgelegt worden, welche<br />

Vorschriften für die Haushaltswirtschaft der Gemeinden auch für diese Einrichtungen der Gemeinde sinngemäß<br />

Anwendung finden sollen. Die vorgenommene Festlegung beeinträchtigt nicht die Anwendung von handelsrechtlichen<br />

Vorschriften durch die betreffenden gemeindlichen Betriebe.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 901


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 98 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 98<br />

Treuhandvermögen<br />

(1) 1 Für rechtlich selbständige örtliche Stiftungen sowie Vermögen, die die Gemeinde nach besonderem Recht<br />

treuhänderisch zu verwalten hat, sind besondere Haushaltspläne aufzustellen und Sonderrechnungen zu führen.<br />

2 Die Vorschriften des § 75 Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 6 und 7, der §§ 78 bis 80, 82 bis 87, 89, 90,<br />

93 und 94 sowie § 96 Abs. 1 sind sinngemäß anzuwenden, soweit nicht Vorschriften des Stiftungsgesetzes<br />

entgegen stehen. 3 Die §§ 78 und 80 sind mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle der<br />

Haushaltssatzung der Beschluss über den Haushaltsplan tritt und von der öffentlichen Bekanntgabe und dem<br />

Verfügbarhalten zur Einsichtnahme nach § 80 Abs. 3 und 6 abgesehen werden kann.<br />

(2) Unbedeutendes Treuhandvermögen kann im Haushalt der Gemeinde gesondert nachgewiesen werden.<br />

(3) Mündelvermögen sind abweichend von den Absätzen 1 und 2 nur im Jahresabschluss gesondert nachzuweisen.<br />

(4) Besondere gesetzliche Vorschriften oder Bestimmungen des Stifters bleiben unberührt.<br />

Erläuterungen zu § 98:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Das Treuhandvermögen bei der Gemeinde<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht kennt neben dem allgemeinen Gemeindevermögen im haushaltsrechtlichen<br />

Sinn als eine weitere Art von gemeindlichen Vermögen das Treuhandvermögen. Der Begriff ist haushaltsrechtlich<br />

nicht definiert und ist daher aus dem Zivilrecht abzuleiten. Das Vorhandensein von Treuhandvermögen bei der<br />

Gemeinde setzt daher ein Treuhandverhältnis voraus, das auf einer Vereinbarung der Gemeinde mit einem Dritten<br />

beruht. In einem solchen Rechtsverhältnis ist der Dritte regelmäßig der Treugeber und die Gemeinde der<br />

Treuhänder, der Vermögensgegenstände oder Rechte des Dritten zu verwalten hat.<br />

Bei einem Treuhandverhältnis der Gemeinde mit einem Dritten werden daher fremde Vermögensgegenstände<br />

von der Gemeinde treuhänderisch gehalten. Die Gemeinde ist dabei von einem Dritten beauftragt worden oder<br />

ggf. auch gesetzlich verpflichtet, das ihr übergebene Vermögen zu verwalten und nicht für eigene Zwecke zu<br />

verwenden. Die Gemeinde hat das ihr übergebene Vermögen (Treuhandvermögen) dann im eigenen Namen und<br />

für fremde Rechnung zu verwalten. Sie hat das Treuhandvermögen aber auch klar getrennt von ihrem eigenen<br />

Vermögen zu halten und entsprechend zu dokumentieren.<br />

Für die Gemeinde folgt aus ihrer Tätigkeit als Treuhänder, dass sie gegenüber dem Dritten als Treugeber für eine<br />

ordnungsgemäße Verwaltung des Treuhandvermögens haftet. Daher ist die gesonderte Behandlung von bei der<br />

Gemeinde vorhandenem Treuhandvermögen und Mündelvermögen haushaltsrechtlich und haushaltswirtschaftlich<br />

geboten. Zur Vereinfachung der treuhänderischen Verwaltung von unbedeutendem Treuhandvermögen wird<br />

durch die Vorschrift jedoch ausdrücklich eine Ausnahme von der sonst notwendigen Separierung von Treuhandvermögen<br />

vom übrigen Gemeindevermögen zugelassen.<br />

2. Der Begriff „Treuhand“<br />

Der Begriff „Treuhand“ ist gesetzlich nicht definiert und wird daher in einer Vielzahl von unterschiedlichen Ausprägungen<br />

und Zusammenhängen verwendet. So liegt ein Treuhandverhältnis vor, wenn durch eine Abrede der<br />

GEMEINDEORDNUNG 902


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 98 GO <strong>NRW</strong><br />

Treuhänder der Inhaber von Vermögensrechten wird, die ihm „zu treuen Händen“ vom Treugeber übertragen<br />

werden. Im Verhältnis zu Dritten (Außenverhältnis) hat der Treuhänder, z. B. das Eigentum an einer Sache, und<br />

damit die volle Rechtsstellung des Eigentümers. Im Verhältnis zum Treugeber ist der Treuhänder hinsichtlich der<br />

Verfügung über die Sache durch einen Treuhandvertrag gebunden, sodass die Sache im Sinne des Treugebers<br />

zu verwalten ist und der Treuhänder nur vertragsgemäße Verfügungen vornehmen darf.<br />

Im Baurecht sind Treuhandverhältnisse weit verbreitet. So wird z. B. bestimmt, dass ein Sanierungsträger, dem<br />

eine Aufgabe als Treuhänder von der Gemeinde übertragen wurde, diese Aufgabe in eigenem Namen für Rechnung<br />

der Gemeinde erfüllt. Der Sanierungsträger erhält von der Gemeinde für den Rechtsverkehr eine Bescheinigung<br />

über die Übertragung der Aufgabe als Treuhänder. Er soll bei Erfüllung der Aufgabe seinem Namen einen<br />

das Treuhandverhältnis kennzeichnenden Zusatz hinzufügen. Der als Treuhänder tätige Sanierungsträger hat<br />

dabei das in Erfüllung der Aufgabe gebildete Treuhandvermögen getrennt von anderem Vermögen zu verwalten.<br />

In einem solchen Treuhandverhältnis hat die Gemeinde auch die Erfüllung der Verbindlichkeiten zu gewährleisten<br />

(vgl. § 160 BauGB).<br />

3. Die Bilanzierung des Treuhandvermögens<br />

3.1 Die Bilanzierung bei der Gemeinde als Treuhänder<br />

3.1.1 Allgemeine Voraussetzungen<br />

Bei Treuhandvermögen werden von der Gemeinde fremde Vermögensgegenstände treuhänderisch gehalten,<br />

denn sie ist von Dritten beauftragt worden oder gesetzlich verpflichtet, das ihr übergebene Vermögen zu verwalten<br />

und nicht für eigene Zwecke zu verwenden (Ermächtigungstreuhand). Einem solchen Treuhandverhältnis liegt<br />

die der Gemeinde (Treuhänder) anvertraute Verfügung über Sachen und Rechte zugrunde, diese im Interesse<br />

des betreffenden Dritten (Treugeber) auszuüben. Es bietet sich wegen der wirtschaftlichen Bedeutung von gemeindlichen<br />

Treuhandverhältnissen an, dass von der Gemeinde ein eigener Rechnungskreis für die übernommenen<br />

Aufgaben eingerichtet wird.<br />

Nach den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen ist das Treuhandvermögen in der Bilanz des Treugebers anzusetzen,<br />

weil dieser weiterhin als rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer zu betrachten ist. Diese Sachlage gilt<br />

auch, wenn die Gemeinde eine Verwaltungstreuhand als Vollrechtstreuhand innehat. In solchen Fällen erwirbt die<br />

Gemeinde das rechtliche Eigentum an dem Treugut, obwohl die vertraglichen Beziehungen regelmäßig vorsehen,<br />

dass die Risiken des Untergangs sowie die Nutzungen und Lasten beim Treugeber verbleiben. In diesen Fällen<br />

bleibt der Treugeber wirtschaftlicher Eigentümer, sodass das Treugut nicht bei der Gemeinde zu bilanzieren ist.<br />

Für die Gemeinde folgt aus ihrer Tätigkeit als Treuhänder, dass sie gegenüber dem Dritten als Treugeber für eine<br />

ordnungsgemäße Verwaltung des Treuhandvermögens haftet und eine Herausgabeverpflichtung besteht. Eine<br />

zweifache Bilanzierung des Treuhandvermögens, also zusätzlich zum Treugeber auch bei der Gemeinde als<br />

Treuhänder, ist wegen der gesonderten Verwaltung des Treuhandvermögens außerhalb des gemeindlichen<br />

Haushalts nicht erforderlich. Eine gesonderte Behandlung von bei der Gemeinde vorhandenem Treuhandvermögen<br />

und Mündelvermögen ist zivilrechtlich, aber auch haushaltsrechtlich und haushaltswirtschaftlich geboten.<br />

3.1.2 Ausweispflichten und Buchführung<br />

Für den Ausweis von Treuhandvermögen und Treuhandverbindlichkeiten in der gemeindlichen Bilanz bedarf es<br />

aufgrund der zivilrechtlich bestimmten Rechtslage keiner besonderen haushaltsrechtlichen Regelung. Die Gemeinde,<br />

die fremde Vermögensgegenstände treuhänderisch verwaltet, hat diese vermögensmäßigen Verhältnis-<br />

GEMEINDEORDNUNG 903


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 98 GO <strong>NRW</strong><br />

se in ihrem Jahresabschluss im Anhang oder im Verbindlichkeitenspiegel unter den Haftungsverhältnissen anzugeben.<br />

Sie sollte dazu auch die Zahl sowie die Arten der Treuhandverhältnisse angeben.<br />

Bei der Gemeinde kann aus ihrer Tätigkeit als Treuhänder dann ein gesondertes Buchungserfordernis entstehen,<br />

wenn der Umfang eines Treuhandauftrages eine eigene Rechnungslegung erfordert. Die Umsetzung kann darin<br />

bestehen, dass eine Treuhandbuchführung eingerichtet wird oder in der Finanzbuchhaltung der Gemeinde ein<br />

eigener Rechnungskreis mit besonderen Konten (Treuhandtätigkeit) eingerichtet wird. In einem solchen Fall ist<br />

dann auf eine strikte Trennung der Geschäftsvorfälle im Buchungsgeschehen zu achten. Im Rechnungskreis für<br />

den eigenen Haushalt ist dann nur der ggf. bestehende Anspruch auf Vergütung als Treuhänder zu erfassen.<br />

Ein Bedarf für eine gesonderte haushaltsrechtliche Bilanzierungsregelung für die Gemeinde wurde bisher nicht für<br />

erforderlich angesehen. Eine solche Regelung wurde nur für die Kreditinstitute als erforderlich angesehen, weil<br />

diese oftmals für Dritte als Treuhänder tätig sind. Diese Institute haben dabei das von ihnen zu verwaltende Treuhandvermögen<br />

in ihren Bilanzen anzusetzen. Dem Vermögensansatz auf der Aktivseite ihrer Bilanz muss jedoch<br />

wegen ihrer Verpflichtung gegenüber dem Treugeber in gleicher Höhe eine Treuhandverbindlichkeit auf der Passivseite<br />

ihrer Bilanz gegenüberstehen. Durch diese Bilanzierung der Treuhandverhältnisse soll die Herausgabeverpflichtung<br />

des Kreditinstitutes als Treuhänder für das übernommene Treugut gegenüber dem Treugeber und<br />

anderen Interessierten offen gelegt werden (vgl. § 6 RechKredV).<br />

3.2 Die Bilanzierung bei der Gemeinde als Treugeber<br />

Für die Gemeinde als Treugeber bestehen vielfältige Möglichkeiten zur Ausgestaltung von örtlichen Treuhandverhältnissen,<br />

z. B. bei einer Aufgabenübertragung an einen Sanierungsträger. Die tatsächlichen Treuhandverhältnisse<br />

der Gemeinde als Treugeber müssen daher hinsichtlich der vereinbarten Modalitäten im Einzelfall näher<br />

betrachtet und bewertet werden. Es muss eine zutreffende Erfassung in der gemeindlichen Bilanz und ein sachgerechter<br />

Nachweis im gemeindlichen Jahresabschluss gewährleistet werden. Die Gemeinde als Treugeber sollte<br />

daher dem Treuhänder aufgeben, einen eigenen Rechnungskreis für die von der Gemeinde übernommene Aufgabe<br />

einzurichten und zu führen.<br />

Die Gemeinde kann einem Dritten eigene Vermögensteile überlassen, z. B. bei baulichen Maßnahmen einem<br />

Sanierungsträger (vgl. § 157 BauGB). Dieser Dritte kann dann über gemeindliches Verfügen in eigener Verantwortung<br />

verfügen und die Gemeinde hat den Status des Treugebers inne. In solchen Fällen erfüllt der Dritte die<br />

ihm von der Gemeinde übertragenen Aufgaben regelmäßig im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Gemeinde.<br />

Der Dritte als Sanierungsträger ist dann als Treuhänder für die Gemeinde tätig (vgl. § 159 BauGB). Zum<br />

Treuhandvermögen gehört dabei das gesamte Vermögen, das die Gemeinde dem Dritten zur Erfüllung der Aufgabe<br />

übertragen hat.<br />

Für die Bilanzierung des Treuhandvermögens kommen in diesen Fällen die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze<br />

zur Anwendung. Die Gemeinde bleibt i.d.R. der wirtschaftliche Eigentümer der an den Treuhänder übergebenen<br />

Vermögensgegenstände. Das Treugut ist daher weiterhin bei ihr als Treugeber zu bilanzieren. Diese Grundsätze<br />

sind auch dann anzuwenden, wenn der Treuhänder ein Treugut von einem Dritten zu treuen Händen der Gemeinde<br />

als Treugeber erwirbt. Die Gemeinde kann aber auch selbst ein weiteres Treugut erwerben und dem<br />

Treuhänder zur Verfügung stellen.<br />

Die im Auftrag der Gemeinde als Treugeber übernommenen Verpflichtungen sind dagegen in der Bilanz des<br />

Treuhänders anzusetzen. Ebenso sind die vom Treuhänder im eigenen Namen im Rahmen des Treuhandverhältnisses<br />

eingegangenen Verpflichtungen in dessen Bilanz anzusetzen, denn er wird i.d.R. dafür auch in Anspruch<br />

genommen. Der Treuhänder kann aber ggf. gleichzeitig entsprechende Forderungen auf Freistellung von<br />

seinen Verpflichtungen gegen die Gemeinde bilanzieren, weil er in einem besonderen Treuhandverhältnis für die<br />

Gemeinde tätig ist. In der Bilanz der Gemeinde als Treugeber müssen in solchen Fällen entsprechend der gegen<br />

GEMEINDEORDNUNG 904


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 98 GO <strong>NRW</strong><br />

die Gemeinde bestehenden Forderungen des Treuhänders in gleicher Höhe entsprechende gemeindliche Verpflichtungen<br />

angesetzt werden.<br />

Ein Bedarf für eine gesonderte Bilanzierungsregelung für Treuhandverhältnisse der Gemeinde wurde bisher nicht<br />

für erforderlich angesehen. Eine gesetzliche Regelung besteht nur für Kreditinstitute, wenn diese als Treuhänder<br />

gegenüber Dritten tätig sind. Diese Institute haben das von ihnen zu verwaltende Treuhandvermögen in ihrer<br />

Bilanz anzusetzen. Dem Vermögensansatz auf der Aktivseite der Bilanz muss jedoch in gleicher Höhe eine Treuhandverbindlichkeit<br />

auf der Passivseite ihrer Bilanz gegenüberstehen. Durch diese Bilanzierung soll die Herausgabeverpflichtung<br />

des Treuhänders für das übernommene Treugut gegenüber dem Treugeber offen gelegt werden<br />

(vgl. § 6 RechKredV).<br />

3.3 Treuhandverhältnisse und Pensionsrückstellungen<br />

Die Gemeinde kann durch ein Treuhandverhältnis zur Hinterlegung von Pensionsverpflichtungen und/oder zur<br />

gesonderten Vermögensverwaltung nicht auf die notwendige Liquiditätsvorsorge für die künftig zu zahlenden<br />

Versorgungsleistungen verzichten (vgl. § 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Ein solches Treuhandverhältnis führt auch nicht<br />

zu einer Minderung der gemeindlichen Pensionsrückstellungen (vgl. § 36 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Möglichkeit<br />

der Gemeinde in bestimmten Fällen durch einen unabhängigen Rechtsträger eine treuhänderische Verwaltung<br />

vornehmen zu lassen, verändert grundsätzlich nicht die von der Gemeinde zu bilanzierenden Pensionsrückstellungen.<br />

Im Zusammenhang mit der Bilanzierung gemeindlicher Treuhandverhältnisse wird auch die sog. Treuhandlösung<br />

„Contractual Trust Arrangements“ (CTA) zur Absicherung und Finanzierung langfristig fällig werdender Pensionsverpflichtungen<br />

als eine für die Gemeinde sachgerechte und geeignete Lösung dargestellt. Die CTA ist dabei<br />

lediglich ein Modell im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge, um Pensionsverpflichtungen aus der Bilanz<br />

auszugliedern. Es werden dazu betriebliche Vermögenswerte und Pensionszusagen auf einen Dritten übertragen<br />

werden, durch den diese Werte verwaltet werden, denn das Vermögen darf nur zur Erfüllung der Pensionsverpflichtungen<br />

verwendet werden.<br />

Dieses „Treuhandmodell“ ist nicht auf die gemeindlichen Verhältnisse übertragbar, auch wenn ein unabhängiger<br />

Rechtsträger eine treuhänderische Verwaltung vornehmen würde. Die betrieblichen Verpflichtungen aus den<br />

direkten Zusagen gegenüber den Beschäftigten bleiben unverändert, sodass bei einer Nutzung dieses Modells<br />

die Verpflichtungen der Gemeinde gegenüber den Beamtinnen und Beamten unverändert bleiben. Eine Minderung<br />

der von der Gemeinde zu bilanzierenden Pensionsrückstellungen ist daher damit nicht verbunden. Das<br />

Modell stellt deshalb auch keine gemeinderechtlich zulässige Besicherung dar.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Verwaltung von Treuhandvermögen):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Treuhandvermögen):<br />

1.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Gemeinde ist vielfach gesetzlich als Vermögensverwalter bestimmt worden. Sie kann auch von Dritten beauftragt<br />

werden, das ihr übergebene fremde Vermögen zu verwalten (Treuhandvermögen). Zur Vereinfachung<br />

dieser Verwaltungsaufgabe wird durch die Vorschrift im Einzelnen bestimmt, dass die Gemeinde dabei die dazu<br />

besonders bestimmten haushaltsrechtlichen Vorschriften anzuwenden hat (vgl. Sätze 2 und 3 im Absatz 1 der<br />

Vorschrift). Die Gemeinde muss deshalb im Rahmen ihrer Tätigkeit gewährleisten, dass das von ihr zu verwal-<br />

GEMEINDEORDNUNG 905


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 98 GO <strong>NRW</strong><br />

tende (fremde) Vermögen nicht unterscheidungslos im eigenen (freien) Vermögen der Gemeinde aufgeht. Die<br />

Separierung dieses Vermögens muss jederzeit durch die Gemeinde sichergestellt werden.<br />

In der Vorschrift werden unter dem Begriff „Treuhandvermögen“ insbesondere die rechtlich selbstständigen<br />

Stiftungen und das Mündelvermögen als treuhänderisch zu verwaltendes Vermögen benannt. Dieses gemeindliche<br />

Treuhandvermögen steht zivilrechtlich nicht im Eigentum der Gemeinde, ist ihr aber zur eigenverantwortlichen<br />

Verwaltung gesetzlich oder durch einen Dritten anvertraut. Im Rahmen der Vermögensverwaltung wird<br />

dabei der Gemeinde die Beachtung der einzelnen Zwecksetzungen des erhaltenen Vermögens im Interesse<br />

Dritter als besondere Pflicht auferlegt.<br />

Zum gemeindlichen Treuhandvermögen nach dieser Vorschrift zählen jedoch nicht die Vermögensgegenstände,<br />

die der Gemeinde im Rahmen ihr übertragener Aufgaben zur Verfügung gestellt werden. Als gemeindliches<br />

Treuhandvermögen gelten auch nicht die von der Gemeinde einem Dritten treuhänderisch überlassenen Vermögenswerte,<br />

z. B. die Vermögensgegenstände, die einem Sanierungsträger übergeben werden. Es wird durch<br />

diese Vorschrift nur das Treuhandvermögen erfasst, über das die Gemeinde selbst Treuhänder ist.<br />

1.1.2 Rechtlich selbständige örtliche Stiftungen als gemeindliches Treuhandvermögen<br />

Eine Stiftung gilt als örtliche Stiftung, wenn es sich um eine unselbstständige oder rechtlich selbstständige Stiftung<br />

handelt, die nach dem Willen des Stifters von der Gemeinde verwaltet wird und die überwiegend Zwecken<br />

dient, die von der Gemeinde in ihrem Bereich erfüllt werden können. Damit wird deutlich, dass der Stiftungszweck<br />

immer auf Aufgaben gerichtet sein muss, die auch von der Gemeinde in ihrem sachlichen und räumlichen Zuständigkeitsbereich<br />

selbst vorgenommen werden können. Bei den rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen<br />

(fiduziarische Stiftungen) werden i.d.R. durch einen Dritten als Stifter der Gemeinde Vermögensgegenstände mit<br />

einer bestimmten Zwecksetzung (Stifterwillen) zu Eigentum übertragen. Derartige Stiftungen hat die Gemeinde<br />

getrennt vom allgemeinen Vermögen zu halten und haushaltsrechtlich und haushaltswirtschaftlich als Sondervermögen<br />

zu führen (vgl. § 97 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei den rechtlich selbstständigen örtlichen Stiftungen findet dagegen keine Übertragung des Stiftungsvermögens<br />

an die Gemeinde statt. Die Gemeinde wird vielmehr mit der Verwaltung einer solchen Stiftung beauftragt. Diese<br />

Beauftragung begründet ein Treuhandverhältnis zwischen den Stiftern und der Gemeinde. Diese Gegebenheiten<br />

haben u.a. zur Folge, dass in eine solche Stiftung die Gemeinde ggf. auch Teile ihres Vermögens einbringen darf,<br />

wenn diese Hingabe der gemeindlichen Aufgabenerfüllung dient (vgl. § 100 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die treuhänderische<br />

Verwaltung von rechtlich selbstständigen Stiftungen durch die Gemeinde dient der nachhaltigen Verwirklichung<br />

der von den Stiftern gesetzten Zwecke und soll die Zwecke auf Dauer sicherstellen. Sie stehen regelmäßig<br />

in einem Zusammenhang mit der örtlichen Aufgabenerfüllung, die ebenfalls langfristig ausgerichtet sein soll.<br />

1.1.3 Mündelvermögen als gemeindliches Treuhandvermögen<br />

Das Mündelvermögen, das die Gemeinde als Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu verwalten hat, stellt eine<br />

besondere Form des gemeindlichen Treuhandvermögens dar. Der Gemeinde obliegt i.d.R. diese Verwaltungsaufgabe<br />

öffentlicher Jugendhilfeträger, wenn ein Minderjähriger der Vormundschaft bedarf und der Minderjährige<br />

vermögend ist. Die Aufgabe wird dann oftmals durch das örtliche Jugendamt ausgeübt, z. B. im Rahmen der<br />

gesetzlichen Amtsvormundschaft (vgl. § 1791c BGB).<br />

In Ausübung der Amtsvormundschaft ist z. B. das Vermögen eines Mündels, das bei der Anordnung der Vormundschaft<br />

vorhanden ist oder später dem Mündel zufällt, von der Gemeinde genau zu verzeichnen (vgl. § 1802<br />

BGB). Der Vormund eines Mündels hat zudem das zum Vermögen des Mündels gehörende Geld verzinslich<br />

anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhalten ist. Er ist zudem bei der Geldanlage an<br />

GEMEINDEORDNUNG 906


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 98 GO <strong>NRW</strong><br />

bestimmte Anlageformen gebunden, weil diese Formen als zur Anlegung von Mündelgeld als geeignet angesehen<br />

werden, z. B. in verbrieften Forderungen gegen den Bund oder ein Land sowie in Forderungen, die in das<br />

Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind oder einer inländischen öffent-<br />

lichen Sparkasse, wenn sie von der zuständigen Behörde des Landes, in welchem sie ihren Sitz hat, zur Anlegung<br />

von Mündelgeld für geeignet erklärt ist (vgl. §§ 1806 und 1807 BGB).<br />

1.2 Zu Satz 2 (Anwendung haushaltsrechtlicher Vorschriften):<br />

Zur Vereinfachung der Aufgabe der Gemeinde, fremdes Vermögen treuhänderisch zu verwalten, sind nach der<br />

Vorschrift ausgewählte haushaltsrechtliche Vorschriften für Gemeinden sinngemäß anzuwenden, soweit nicht<br />

Vorschriften des Stiftungsgesetzes entgegen stehen. Aus dem Sachzusammenhang und dem Zweck der Vermögensverwaltung<br />

sind die nachfolgenden haushaltsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung zur sinngemäßen<br />

Anwendung bestimmt worden, denn die Gemeinde soll das treuhänderisch zu verwaltende Vermögen wertmäßig<br />

nicht schlechterstellen als ihr allgemeines Gemeindevermögen (vgl. Abbildung).<br />

Haushaltsvorschriften für Treuhandvermögen<br />

VORGABEN<br />

Allgemeine Haushaltsgrundsätze<br />

Verpflichtung<br />

zum Haushaltsausgleich<br />

Verpflichtung<br />

zur Sicherstellung der Liquidität<br />

Verbot<br />

der bilanziellen Überschuldung<br />

Verpflichtung<br />

zur Aufstellung einer Haushaltssatzung<br />

Verpflichtung<br />

zur Aufstellung eines Haushaltsplan<br />

Einhaltung des Verfahrens<br />

der Haushaltsaufstellung<br />

Beachtung<br />

der vorläufigen Haushaltsführung<br />

Über- und außerplanmäßige<br />

Aufwendungen und Auszahlungen<br />

Verpflichtung<br />

zur mittelfristigen<br />

Ergebnis- und Finanzplanung<br />

Gebrauch<br />

GEMEINDEORDNUNG 907<br />

FUNDSTELLEN<br />

§ 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 2 Satz 1 und 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 75 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 78 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 79 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 80 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 82 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 83 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 84 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 85 GO <strong>NRW</strong>


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 98 GO <strong>NRW</strong><br />

Haushaltsvorschriften für Treuhandvermögen<br />

VORGABEN<br />

von Verpflichtungsermächtigungen<br />

Aufnahme<br />

von Krediten für Investitionen<br />

Bestellung von Sicherheiten<br />

und Gewährleistung für Dritte<br />

Sicherung der Liquidität<br />

Umgang mit Vermögensgegenständen<br />

Aufgaben der Finanzbuchhaltung<br />

Übertragung der Finanzbuchhaltung<br />

Feststellung des Jahresabschlusses<br />

GEMEINDEORDNUNG 908<br />

§ 86 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 87 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 89 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 90 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 93 GO<strong>NRW</strong><br />

§ 94 GO <strong>NRW</strong><br />

FUNDSTELLEN<br />

§ 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 184 „Haushaltsvorschriften für Treuhandvermögen“<br />

Für die Verwaltung von gemeindlichen Treuhandvermögen ist zudem auch das Stiftungsgesetz <strong>NRW</strong> zu beachten,<br />

in dem z. B. bestimmt wurde, dass der Stiftungsvorstand verpflichtet ist, der Stiftungsbehörde innerhalb von<br />

zwölf Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres eine Jahresabrechnung mit einer Vermögensübersicht und einen<br />

Bericht über die Erfüllung der Stiftungszwecke vorzulegen (vgl. § 7 Absatz 1 StiftG <strong>NRW</strong>). Daher bedurfte es<br />

keiner Vorgabe zur Anwendung der Vorschriften über die Gestaltung des Jahresabschlusses bzw. der Jahresabrechnung<br />

einer Stiftung.<br />

Die von der Gemeinde verwalteten Treuhandvermögen sind zudem auch durch Vorgaben für die örtliche Prüfung<br />

der Gemeinde berührt, weil sie haushaltsmäßig von der Gemeinde bewirtschaftet werden. So werden die Zahlungen<br />

für eine Stiftung geprüft, denn zur Aufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung gehört, die Zahlungsabwicklung<br />

der Gemeinde dauernd zu überwachen und zu prüfen, aber auch die Prüfung der DV-Buchführungsprogramme<br />

vor ihrer Anwendung vorzunehmen, wenn die Finanzbuchhaltung mithilfe automatisierter Datenverarbeitung erfolgt<br />

(vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.3 Weitere haushaltsmäßige Maßgaben<br />

Nach der Vorschrift sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben bei Treuhandvermögen der Gemeinde mit der Maßgabe<br />

sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle der Haushaltssatzung der Beschluss über den Haushaltsplan<br />

des Treuhandvermögens tritt (vgl. § 78 GO <strong>NRW</strong>). Die Vorgaben zur öffentlichen Bekanntgabe des Entwurfs zur<br />

Erhebung von Einwendungen sind mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass davon abgesehen werden<br />

kann (vgl. § 80 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Eine Abweichung besteht zudem auch von der Vorgabe zum Verfügbarhalten<br />

des Haushaltsplans zur Einsichtnahme (vgl. § 80 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Der Haushaltsplan eines Treuhandvermögens,<br />

das von der Gemeinde verwaltet wird, muss daher nicht langfristig verfügbar gehalten werden.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 98 GO <strong>NRW</strong><br />

2. Zu Absatz 2 (Haushaltsmäßige Behandlung von unbedeutendem Treuhandvermögen):<br />

Durch die Vorschrift wird zur Vereinfachung der treuhänderischen Verwaltung von Treuhandvermögen für die<br />

Gemeinden ausdrücklich zugelassen, dass unbedeutendes Treuhandvermögen im Haushalt der Gemeinde<br />

gesondert nachgewiesen werden kann. Diese Besonderheit stellt eine Ausnahme von der sonst notwendigen<br />

Separierung von Treuhandvermögen vom übrigen Gemeindevermögen dar.<br />

Die Eigenart des Treuhandvermögens erfordert i.d.R. eine vom Haushalt der Gemeinde abgesonderte Wirtschaftsführung,<br />

sodass für das Treuhandvermögen üblicherweise gesonderte Haushaltspläne aufzustellen und<br />

Sonderrechnungen zu führen sind. Wird von der Vereinfachungsregelung Gebrauch gemacht, ist dieses Treuhandvermögen<br />

im gemeindlichen Haushalt dem Produktbereich „Stiftungen“ zuzuordnen. Dadurch den Besonderheiten<br />

wird in ausreichendem Maße dem Besonderheiten von Treuhandvermögen Genüge getan.<br />

3. Zu Absatz 3 (Haushaltsmäßige Behandlung von Mündelvermögen):<br />

Durch die Vorschrift wird zur Vereinfachung der Verwaltung von Mündelvermögen durch die Gemeinde ausdrücklich<br />

zugelassen, dass vorhandenes Mündelvermögen nur im gemeindlichen Jahresabschluss gesondert<br />

nachzuweisen ist. Das Mündelvermögen ist dazu als Vermögenswert zu bilanzieren. Diese Handhabung sollte<br />

von der Gemeinde im Anhang im Jahresabschluss angeben und entsprechend den örtlichen Gegebenheiten<br />

sachgerecht erläutert werden.<br />

Von der Gemeinde muss im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft die sichere Verwaltung von Mündelgeld,<br />

die Trennbarkeit und Rechnungslegung des Geldes einschließlich der Zinsen jederzeit gewährleistet<br />

sein (vgl. § 56 Absatz 3 SGB VIII). Es ist deshalb eine gesonderte Behandlung von Mündelvermögen innerhalb<br />

der gemeindlichen Finanzbuchhaltung bzw. der gemeindlichen Haushaltswirtschaft geboten.<br />

4. Zu Absatz 4 (Besondere Vorgaben für die Verwaltung von Stiftungen):<br />

Die Verwaltung von Treuhandvermögen durch die Gemeinde beinhaltet, dafür Sorge zu tragen, dass die besonderen<br />

Zweckbestimmungen eingehalten werden. Die Verwaltung dieser besonderen Vermögen der Gemeinde<br />

obliegt dabei eigenem Recht. Es müssen bei der Vermögensverwaltung durch die Gemeinde z. B. die besonderen<br />

Vorschriften - bei Stiftungen insbesondere der Wille des Stifters - beachtet werden. Daraus kann sich ergeben,<br />

dass im Einzelfall ein Vorrang der besonderen Vorschriften bzw. des Stifterwillens vor einer möglichen<br />

Verwaltungsentscheidung der Gemeinde bestehen kann. Die Vorschrift stellt diese Maßgaben noch einmal<br />

ausdrücklich heraus.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 909


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 99 GO<br />

§ 99<br />

Gemeindegliedervermögen<br />

(1) Für die Nutzung des Gemeindevermögens, dessen Ertrag nach bisherigem Recht nicht der Gemeinde, sondern<br />

sonstigen Berechtigten zusteht (Gemeindegliedervermögen), bleiben die bisherigen Vorschriften und Gewohnheiten<br />

unberührt.<br />

(2) 1 Gemeindegliedervermögen darf nicht in Privatvermögen der Nutzungsberechtigten umgewandelt werden.<br />

2<br />

Es kann in freies Gemeindevermögen umgewandelt werden, wenn die Umwandlung aus Gründen des Gemeinwohls<br />

geboten ist. 3 Den bisher Berechtigten ist ein Einkaufsgeld zurückzuzahlen, durch welches sie das<br />

Recht zur Teilnahme an der Nutzung des Gemeindegliedervermögens erworben haben. 4 Soweit nach den bisher<br />

geltenden rechtlichen Vorschriften Nutzungsrechte am Gemeindegliedervermögen den Berechtigten gegen<br />

ihren Willen nicht entzogen oder geschmälert werden dürfen, muss von der Gemeinde bei der Umwandlung<br />

eine angemessene Entschädigung gezahlt werden. 5 Handelt es sich um Nutzungsrechte an landwirtschaftlich<br />

genutzten Grundstücken, so kann die Entschädigung auch durch Hingabe eines Teils derjenigen Grundstücke<br />

gewährt werden, an denen die Nutzungsrechte bestehen.<br />

(3) Gemeindevermögen darf nicht in Gemeindegliedervermögen umgewandelt werden.<br />

Erläuterungen zu § 99:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Begriff „Gemeindegliedervermögen“<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht kennt neben dem Gemeindevermögen im haushaltsrechtlichen Sinne als weitere<br />

Art des gemeindlichen Vermögens die Sondervermögen (vgl. § 97 GO <strong>NRW</strong>). In dieser Vorschrift wird die<br />

Abgrenzung des Sondervermögens von den übrigen Arten des Vermögens der Gemeinde geregelt. Aufgrund<br />

ihrer Verschiedenheiten und unterschiedlichen öffentlichen Zwecksetzungen sind die einzelnen in der o.a. Vorschrift<br />

benannten Gruppen von Sondervermögen haushaltsmäßig unterschiedlich zu behandeln. So folgt aus<br />

seiner besonderen Zwecksetzung oder Zweckbindung, dass gemeindliches Sondervermögen, zu dem auch das<br />

Gemeindegliedervermögen gehört, vom übrigen Gemeindevermögen abzusondern ist und dieses Vermögen nur<br />

bedingt im „Kernhaushalt“ der Gemeinde zu erfassen ist.<br />

Das Gemeindegliedervermögen ist zwar Vermögen der Gemeinde, das jedoch aufgrund besonderer Berechtigungen<br />

von den Gemeindeeinwohnern und nicht von der Gemeinde selbst genutzt wird, weil historisch gewachsen<br />

es vielfältigen örtlichen Allgemeinbesitz und Nutzungsberechtigungen gab. Zum Gemeindegliedervermögen<br />

gehören auf dem gemeindlichen Grundeigentum lastende Nutzungsberechtigungen, z.B. bei Wald- und Wegegrundstücken<br />

sowie Weide, die aus der geschichtlichen Entwicklung der Gemeinde heraus auch heute noch<br />

bestehen können. Mögliche Nutzungen der Berechtigten sind z.B. Berechtigungen zur Weide oder Hutung, zur<br />

Holzgewinnung, zum Fruchtgewinn. Auch kann in Einzelfällen das Nutzungsrecht nicht allen Gemeindeeinwohnern,<br />

sondern nur einer Gruppe von Einwohnern der Gemeinde zu stehen (Gemeindegliederklassenvermögen).<br />

Der Gemeinde obliegt aber in allen diesen Fällen die Pflicht, dieses gemeindliche Vermögen zu verwalten.<br />

2. Die Prüfung des Jahresabschlusses<br />

Nach der Vorschrift des § 103 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong> ist die Prüfung der Jahresabschlüsse der gemeindlichen<br />

Sondervermögen eine Pflichtaufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung. Die Vorschrift enthält zwar ausdrücklich<br />

den Begriff „Jahresabschluss“, jedoch ist für das Gemeindegliedervermögen kein Jahresabschluss nach den<br />

GEMEINDEORDNUNG 910


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 99 GO<br />

für die Gemeinde geltenden Vorschriften aufzustellen. Vielmehr ist das Gemeindegliedervermögen ein Teil des<br />

Haushalts der Gemeinde, sodass die daraus entstehenden Erträge und Aufwendungen sowie die Vermögens-<br />

und Schuldenlage im Jahresabschluss der Gemeinde enthalten sind.<br />

Die Gemeinde hat für das Gemeindegliedervermögen wie für andere gemeindliche Sondervermögen jährlich<br />

einen gesonderten Nachweis über die Einhaltung der Zwecksetzung des jeweiligen Sondervermögens im abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr zu führen. Sie muss in diesem Rahmen auch belegen, mit welchem Ergebnis das einzelne<br />

Sondervermögen das Haushaltsjahr abgeschlossen hat. Diese Vorgaben bedeuten, dass ein gesondertes<br />

Jahresergebnis aufzustellen und mit einer dazu gehörenden Übersicht über die zurechenbaren Vermögen und<br />

Schulden zum Gegenstand der örtlichen Rechnungsprüfung zu machen ist. Diese hat bei dann bei einem Gemeindegliedervermögen<br />

zu prüfen, ob und inwieweit der Zweck dieses Sondervermögens durch die Gemeinde<br />

erfüllt wurde.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Weitergeltung von Nutzungsberechtigungen):<br />

Die Vorschrift über das Gemeindegliedervermögen, das zwar Vermögen der Gemeinde ist, aber aufgrund besonderer<br />

Nutzungsberechtigungen nur von den Gemeindeeinwohnern und nicht von der Gemeinde selbst genutzt<br />

wird, stellt eine Besonderheit dar. Zum Gemeindegliedervermögen gehören auf dem Grundeigentum lastende<br />

Nutzungsberechtigungen, z. B. bei Wald- und Wegegrundstücken, die aus der geschichtlichen Entwicklung der<br />

Gemeinde heraus heute noch bestehen können. In Einzelfällen kann das Nutzungsrecht auch nicht allen, sondern<br />

nur einer Gruppe von Einwohnern der Gemeinde zu stehen (Gemeindegliederklassenvermögen). Die Nutzungsberechtigten<br />

sind zur ordnungsgemäßen Nutzung verpflichtet. Verletzt ein Nutzungsberechtigter trotz schriftlicher<br />

Mahnung gröblich seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Nutzung, so kann ihm sein Nutzungsrecht von der Gemeinde<br />

entschädigungslos entzogen werden.<br />

Der Gemeinde obliegt aber die Pflicht, dieses Vermögen zu verwalten. Bei diesen Vermögen bezieht sich die<br />

Fortgeltung der (historischen) Vorschriften und Gewohnheiten nur auf die Nutzung des Gemeindegliedervermögens,<br />

nicht auf seine Verwaltung durch die Gemeinde, wie sie in § 97 GO <strong>NRW</strong> geregelt ist. Eine Aufnahme in ein<br />

solches Nutzungsrecht und eine Zulassung zur Teilnahme an den diesbezüglichen besonderen Gemeindenutzungen<br />

findet nicht mehr statt. Die Rechte der Nutzungsberechtigten bleiben erhalten; auf diese Rechte ist das<br />

bisherige Recht weiter anzuwenden. Der Wert des einzelnen Nutzungsanteils darf nicht erhöht werden, sodass z.<br />

B. ein Vorrücken in höhere Nutzungsklassen nicht durchgeführt werden darf oder freiwerdende Lose der Gemeinde<br />

zufallen.<br />

2. Zu Absatz 2 (Umwandlung von Gemeindegliedervermögen):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Keine Umwandlung in Privatvermögen):<br />

Im Interesse der Erhaltung des Gemeindevermögens ist die Umwandlung von Gemeindegliedervermögen in<br />

Privatvermögen der Nutzungsberechtigten nicht zulässig und daher auch durch die Vorschrift als Verbot ausgestaltet.<br />

Dieses Verbot ist entstanden, um persönliche Vorteile aus einem gemeinschaftlichen Vermögen auszuschließen,<br />

denn das gemeinschaftliche Vermögen soll der Allgemeinheit erhalten bleiben. Vielfach wurde das<br />

Gemeinschaftsvermögen bereits für öffentliche Zwecke der Gemeinde verwendet, z. B. für die Einrichtung und<br />

Erhaltung von Beleuchtung, Wasserleitung, Straßen und Plätzen, auch die Erträgnisse aus dem gemeinschaftlichen<br />

Vermögen den Mitgliedern der Vermögensgemeinschaft zugutekam.<br />

GEMEINDEORDNUNG 911


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 99 GO<br />

2.2 Zu Satz 2 (Umwandlung in freies Gemeindevermögen):<br />

Die Vorschrift lässt zu, dass Gemeindgliedervermögen in freies Gemeindevermögen umgewandelt werden kann,<br />

wenn die Umwandlung aus Gründen des Gemeinwohls geboten ist. Dies ist vielfach im Rahmen von Flurbereinigungsmaßnahmen<br />

erfolgt, oftmals auch auf gesetzlicher Grundlage und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen,<br />

z.B. Satzungen der Gemeinde. Es liegt in der Verantwortung der Gemeinde über die Art der Durchführung der<br />

Umwandlung (Umwandlungsverfahren) zu entscheiden. Eine Umwandlung des Gemeindegliedervermögens in<br />

freies Gemeindevermögen sollte regelmäßig in Form einer örtlichen Satzung erfolgen. Diese Satzung bedarf<br />

zudem der Beschlussfassung durch den Rat (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe o GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.3 Zu den Sätzen 3 bis 5 (Entschädigung der bisherigen Nutzungsberechtigten):<br />

Nach der Vorschrift erfordert die Veränderung der Nutzungsrechte am Gemeindegliedervermögen, z. B. durch<br />

eine Umwandlung in freies Gemeindevermögen, die Festlegung einer angemessenen Entschädigung. Diese<br />

Sachlage führt dazu, dass auch in den Fällen, in denen nach den bisher geltenden rechtlichen Vorschriften die<br />

Nutzungsrechte der Berechtigten am Gemeindegliedervermögen gegen ihren Willen nicht entzogen oder geschmälert<br />

werden dürfen, an die bisher Berechtigten eine angemessene Entschädigung aufgrund einer Entscheidung<br />

des Rates zur Umwandlung von Gemeindegliedervermögen gezahlt werden muss.<br />

In Fällen der Umwandlung ist z. B. den bisher Berechtigten ein Einkaufsgeld zurückzuzahlen, durch welches sie<br />

das Recht zur Teilnahme an der Nutzung des Gemeindegliedervermögens erworben haben. Handelt es sich um<br />

Nutzungsrechte an landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, so kann die Entschädigung an die bisher Berechtigten<br />

auch durch Hingabe eines Teils derjenigen Grundstücke gewährt werden, an denen die Nutzungsrechte<br />

bestehen. Die Festlegung einer angemessenen Entschädigung für die bisherigen Nutzungsrechte am<br />

Gemeindegliedervermögen an die Berechtigten bedarf der Beschlussfassung durch den Rat (vgl. § 41 Absatz 1<br />

Buchstabe o GO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesem Zusammenhang ist die Vorschrift des § 19 GtG <strong>NRW</strong> zu beachten, nach der die Nutzungsrechte von<br />

Gemeindebürgern oder bestimmten Gruppen von Gemeindebürgern an land- oder forstwirtschaftlich genutzten<br />

Grundstücken der Gemeinde (Gemeindegliedervermögen, Gemeindegliederklassenvermögen) auf Antrag der<br />

Gemeinde oder der Mehrheit der Nutzungsberechtigten nach den Vorschriften des Ersten Abschnittes des Gemeinteilungsgesetzes<br />

abgelöst werden können. Diese Sachlage gilt auch dann, wenn die Rechte ggf. Reallasten<br />

oder reallastenähnlich sind. Die Mehrheit der Nutzungsberechtigten ist dabei nach den Anteilen am Gesamtnutzungsrecht<br />

zu ermitteln. In diesem Zusammenhang dürfen Abfindungen in Waldgrundstücken den Berechtigten<br />

nur als Eigentum zur gesamten Hand zugeteilt werden.<br />

3. Zu Absatz 3 (Verbot der Umwandlung von Gemeindevermögen):<br />

Die Vorschrift verbietet ausdrücklich, vorhandenes freies Gemeindevermögen in Gemeindegliedervermögen<br />

umzuwandeln. Dieses Verbot liegt im Interesse der Allgemeinheit und dient der Aufgabenerfüllung der Gemeinde,<br />

die durch eine solche Umwandlung eingeschränkt werden könnte. Dieses Verbot bedeutet daher auch, dass<br />

bestehendes Gemeindegliedervermögen bzw. geltende Nutzungsberechtigungen am Gemeindevermögen nicht<br />

erweitert werden dürfen. Das Verbot bezieht sich deshalb nicht nur auf freies Vermögen der Gemeinde, sondern<br />

auch auf vorhandenes Sondervermögen der Gemeinde.<br />

Die Unzulässigkeit der Umwandlung von Gemeindevermögen oder Sondervermögen der Gemeinde in Gemeindegliedervermögen<br />

soll verhindern, dass dadurch die freie Verfügung der Gemeinde über ihr Vermögen eingeschränkt<br />

wird. Gleichzeitig soll durch die Bestimmung gewährleistet werden, dass die Vermögenserträge aus<br />

dem gemeindlichen Vermögen der Gemeinde bzw. dem Haushalt der Gemeinde zur Verfügung stehen und<br />

GEMEINDEORDNUNG 912


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 99 GO<br />

nicht einzelnen Nutzungsberechtigten zu fließen. Außerdem soll mit dem Umwandlungsgebot verhindert werden,<br />

dass von der Gemeinde interessenbezogen eine Erweiterung der Nutzungsberechtigten vorgenommen<br />

wird.<br />

In Anlehnung an diese Vorschrift kann auch die Errichtung einer rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftung<br />

durch die Gemeinde zweckbezogen zu hinterfragen sein, wenn diese Stiftung von der Gemeinde selbst verwaltet<br />

wird bzw. als Sondervermögen der Gemeinde einzuordnen ist. Eine solche Stiftungserrichtung könnte in<br />

Anlehnung an das Verbot, dass Gemeindevermögen nicht in Gemeindegliedervermögen umgewandelt werden<br />

darf, als Separierung von allgemeinem Gemeindevermögen ggf. nicht zulässig sein.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 913


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 100 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 100<br />

Örtliche Stiftungen<br />

(1) 1 Örtliche Stiftungen sind die Stiftungen des privaten Rechts, die nach dem Willen des Stifters von einer Gemeinde<br />

verwaltet werden und die überwiegend örtlichen Zwecken dienen. 2 Die Gemeinde hat die örtlichen Stiftungen<br />

nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu verwalten, soweit nicht durch Gesetz oder Stifter anderes<br />

bestimmt ist. 3 Das Stiftungsvermögen ist von dem übrigen Gemeindevermögen getrennt zu halten und so anzulegen,<br />

daß es für seinen Verwendungszweck greifbar ist.<br />

(2) Die Umwandlung des Stiftungszwecks, die Zusammenlegung und die Aufhebung von rechtlich unselbständigen<br />

Stiftungen stehen der Gemeinde zu; sie bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.<br />

(3) Gemeindevermögen darf nur im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Gemeinde und nur dann in Stiftungsvermögen<br />

eingebracht werden, wenn der mit der Stiftung verfolgte Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden<br />

kann.<br />

Erläuterungen zu § 100:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Der Begriff „Örtliche Stiftungen“<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht lehnt sich bei der Verwendung des Begriffs „Stiftungen“ an das allgemeine<br />

Stiftungsrecht an (vgl. §§ 80 ff. BGB). Der Begriff wird dabei für unterschiedliche Ausprägungen einer Vermögenshingabe<br />

für bestimmte Zwecke benutzt. Die Vorschrift definiert die örtlichen Stiftungen als Stiftungen des<br />

privaten Rechts (vgl. §§ 80 ff. BGB), die nach dem Willen des Stifters von einer Gemeinde verwaltet werden und<br />

die überwiegend örtlichen Zwecken dienen. Damit wird deutlich, dass die Verwaltung der Stiftungen durch die<br />

Gemeinde der nachhaltigen Verwirklichung der von den Stiftern gesetzten Zwecke dienen muss, unabhängig von<br />

der vorgesehenen Tätigkeit der jeweiligen Stiftung. Die Umsetzung dieses Gebotes wird dadurch erleichtert, dass<br />

der Stiftungszweck auf den Wirkungskreis der Gemeinde bzw. auf die gemeindliche Aufgabenerfüllung vor Ort<br />

ausgerichtet sein muss (örtliche Stiftungen. Eine örtliche Stiftung kann zudem als selbstständige oder unselbstständige<br />

Stiftung errichtet worden sein.<br />

Die eine örtliche Stiftung verwaltende Gemeinde bringt oftmals selbst Teile ihres Vermögens in eine örtliche Stiftung<br />

ein. Dadurch werden vorhandene gemeindliche Vermögenswerte zugunsten eines uneigennützigen, auf<br />

Dauer eingerichteten Zwecks von der Gemeinde als Stifter entäußert. Dieser Zweck soll dabei nach dem Willen<br />

der Gemeinde durch einen Dritten erfüllt werden, z.B. durch die Errichtung einer rechtlich unselbstständigen örtlichen<br />

Stiftung durch die Gemeinde selbst. Hinsichtlich der Einbringung von Vermögensgegenständen in eine<br />

örtliche Stiftung müssen die Voraussetzungen des Absatzes 3 dieser Vorschrift erfüllt sein.<br />

2. Der Begriff „Kommunale Stiftungen“<br />

Im gemeindlichen Bereich und im Stiftungswesen ist neben dem Begriff „Örtliche Stiftungen“ vielfach auch der<br />

Begriff „Kommunale Stiftungen“ im Gebrauch. Nach dem Bundesverband Deutscher Stiftungen werden unter dem<br />

Begriff „Kommunale Stiftungen“ alle Stiftungen unabhängig von ihrer Rechtsform subsumiert, die gemeinwohlorientiert<br />

für die Bürgerinnen und Bürger einer Kommune aufgrund privater oder öffentlicher Initiative errichtet worden<br />

sind. Sie müssen zum Wirkungskreis einer Kommune gehören und sich durch eine besondere Nähe zur<br />

Kommunalverwaltung auszeichnen. Ihr Aktionsgebiet ist auf das Gemeinwesen einer Kommune beschränkt Örtlichkeitsprinzip).<br />

GEMEINDEORDNUNG 914


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 100 GO <strong>NRW</strong><br />

Diese Begriffsauslegung ist nicht ins gemeindliche Haushaltsrecht von Nordrhein-Westfalen übernommen worden.<br />

Haushaltsrechtlich wird dann von einer kommunalen Stiftung gesprochen, wenn eine Gemeinde oder mehrere<br />

Gemeinden selbst als Stifter auftreten und Gegenstände ihres Gemeindevermögen in die von Ihnen errichtete<br />

Stiftung einbringen. Eine solche vermögensorientierte Sicht und Verwendung des Begriffes „Kommunale Stiftungen“<br />

im gemeindlichen Haushaltsrecht ist geboten, um die rechtlich selbstständigen Stiftungen, die zum gemeindlichen<br />

Konsolidierungskreis für den Gesamtabschluss nach § 116 GO <strong>NRW</strong> gehören, zutreffend bestimmen zu<br />

können. Auch gilt nach dieser Vorschrift das Örtlichkeitsprinzip.<br />

Die Nähe von Stiftungen von Gemeinden zur gemeindlichen Verwaltung stellt dabei kein ausschlaggebendes<br />

Zuordnungskriterium oder einen Anlass dar, von kommunalen Stiftungen zu sprechen. Aus diesen Gründen werden<br />

rechtlich selbstständige örtliche Stiftungen, die die Gemeinde nach besonderem Recht treuhänderisch zu<br />

verwalten hat, sowie rechtlich unselbstständige Stiftungen in der Verwaltung der Gemeinde nicht als kommunale<br />

Stiftungen bezeichnet (vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 2 und § 98 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3. Die Bilanzierung von Stiftungen<br />

3.1 Die Bilanzierung rechtlich unselbstständiger örtlicher Stiftungen<br />

Die Gemeinde verfügt oftmals noch über weitere besondere Sondervermögen. Zu diesen gemeindlichen Sondervermögen<br />

sind das Gemeindegliedervermögen (vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 1 GO <strong>NRW</strong>) sowie das Vermögen<br />

der rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen (vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>) zu zählen. Diese<br />

beiden gemeindlichen Sondervermögen stellen jedoch keine selbstständigen Aufgabenbereiche (Organisationseinheiten)<br />

der Gemeinde dar und verfügen daher auch nicht über einen eigenen Rechnungskreis. Sie sind vielmehr<br />

Teil des gemeindlichen Haushalts, sodass daraus entstehende Erträge und Aufwendungen sowie Zahlungen<br />

im Haushaltsplan der Gemeinde zu erfassen sind (vgl. z. B. Produktbereich 17 „Stiftungen“ i.V.m. § 4<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Das Gemeindegliedervermögen sowie das Vermögen der rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen sind<br />

daher haushaltsrechtlich wie die sonstigen Vermögensgegenstände der Gemeinde zu behandeln. Dies führt dazu,<br />

dass diese Vermögen der Gemeinde nicht gesondert unter dem Bilanzposten „Sondervermögen“ anzusetzen<br />

sind, auch nicht als „Davon-Vermerk“. Die diesen gemeindlichen Sondervermögen zuzurechnenden Vermögensgegenstände<br />

sind vielmehr in der gemeindlichen Bilanz unter den jeweils zutreffenden Bilanzposten (nach Vermögensarten)<br />

anzusetzen.<br />

Die Verpflichtung der Gemeinde zur Erhaltung der Zwecke dieser beiden Sondervermögen, z.B. bei rechtlich<br />

unselbstständigen örtlichen Stiftungen durch Stifterwillen festgelegt, erfordert von der Gemeinde zwar einen<br />

Nachweis darüber, dieser ist jedoch nicht haushaltsrechtlich zu erbringen, sodass auf gesonderte Rechnungskreise<br />

oder auf gesonderte Bilanzposten verzichtet werden kann. Es ist ausreichend, den erforderlichen Nachweis<br />

gemeindeintern zu führen und zu dokumentieren. Es bedarf es deshalb bei den genannten Sondervermögen<br />

auch nicht der Passivierung von Verbindlichkeiten, denn die Gemeinde ist nicht zur Rückgabe des ihr überlassenen<br />

Vermögens verpflichtet. So hat z.B. bei rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen der Stifter der Gemeinde<br />

ein Vermögen auf Dauer übertragen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 915


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 100 GO <strong>NRW</strong><br />

3.2 Die Bilanzierung rechtlich selbstständiger örtlicher Stiftungen<br />

3.2.1 Die Bilanzierung der kommunalen Stiftungen<br />

3.2.1.1 Die Aktivierung<br />

Unter dem Bilanzposten „Verbundene Unternehmen“, ggf. auch unter dem Bilanzposten „Beteiligungen“, hat die<br />

Gemeinde, abhängig von den örtlichen Verhältnissen, eine rechtlich selbstständige Stiftung anzusetzen, wenn sie<br />

selbst Stifter oder Mitstifter ist. Ein solcher besonderer gemeindlicher Sachverhalt ist anzunehmen, wenn eine<br />

Gemeinde z.B. einen Aufgabenbereich in eine rechtlich selbstständige örtliche (kommunale) Stiftung überführt<br />

hat. Als eine kommunale Stiftung ist eine rechtsfähige Stiftung nach § 80 BGB anzusehen, die von einer Gemeinde<br />

alleine oder zusammen mit Dritten, z.B. weitere Gemeinden, errichtet hat und die durch die zuständige Stiftungsaufsichtsbehörde<br />

anerkannt wurde. Eine solche Stiftung stellt eine ausgegliederte Vermögensmasse der<br />

Gemeinde dar, bei dem ein eigener Rechnungskreis besteht und der Gemeinde hinsichtlich der Aufgabenerfüllung<br />

noch Rechte eingeräumt sind.<br />

3.2.1.2 Die Passivierung<br />

Das Stiftungsrecht lässt es nicht zu, dass das Stiftungsvermögen wie die anderen Vermögen der Gemeinde für<br />

ihre Zwecke in Anspruch genommen werden kann. Gleichwohl vermehrt das Stiftungsvermögen das Anlagevermögen<br />

der Gemeinde, auch wenn es durch den Stifterwillen der Gemeinde nur bestimmten Zwecken dient, mit<br />

der Auswirkung eines höheren Eigenkapitals in der gemeindlichen Bilanz. Diese Nutzungsbeschränkung aus dem<br />

Stiftungsgeschäft und Stiftungsrecht bedingt, dass dem zweckbezogenen Vermögenswert auf der Aktivseite der<br />

Bilanz eine entsprechende Einschränkung auf der Passivseite folgen muss. Auch wenn im Stiftungsgesetz für<br />

gemeindliche Stiftungen keine ausdrückliche Regelung für ihren Umgang im neuen Rechnungswesen der Gemeinden<br />

getroffen wurde, kann aus Sinn und Zweck des Stiftungsrechts nur abgeleitet werden, dass die Eigenkapitalmehrung<br />

der Gemeinde aus dem Stiftungsgeschäft haushaltsmäßig nicht frei verfügbar ist.<br />

Im Eigenkapital der Gemeinde ist daher eine Verwendungsbeschränkung vorzunehmen, mit der Folge, dass dort<br />

in Höhe des Wertansatzes der rechtlich selbstständigen Stiftungen der Gemeinde eine Sonderrücklage anzusetzen<br />

ist. Diese Bilanzierung ist sachgerecht und vertretbar, denn sie stärkt den Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde, denn solche kommunalen Stiftungen sind auch in den Gesamtabschluss der Gemeinde<br />

nach § 116 GO <strong>NRW</strong> einzubeziehen. Auch die für die Bilanzierung zu beachtenden Grundsätze erfordern die<br />

vorgenommene Auslegung des Stiftungsrechts und den daran anknüpfenden Ansatz in der gemeindlichen Bilanz.<br />

3.2.2 Die örtliche Stiftung als Treuhandvermögen<br />

Der Gemeinde werden oftmals fremde Vermögensgegenstände, auch rechtlich selbstständige örtliche Stiftungen,<br />

zur Verwaltung übergeben, denn sie ist gesetzlich verpflichtet oder von Dritten beauftragt worden, das ihr übergebene<br />

Vermögen (Treuhandvermögen) im eigenen Namen und für fremde Rechnung zu verwalten. Sie darf<br />

dieses Vermögen nicht für eigene Zwecke zu verwenden (vgl. § 98 GO <strong>NRW</strong>). Die fremden Vermögensgegenstände,<br />

die von der Gemeinde treuhänderisch gehalten werden, sind nach den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen<br />

nicht in der Bilanz der Gemeinde, sondern in der Bilanz des Treugebers anzusetzen, weil dieser auch bei<br />

treuhänderischer Verwaltung durch einen Dritten weiterhin als wirtschaftlicher Eigentümer der Vermögensgegenstände<br />

zu betrachten ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 916


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 100 GO <strong>NRW</strong><br />

4. Die Einbeziehung von örtlichen Stiftungen in den Gesamtabschluss<br />

Das Einbringen von Gemeindevermögen in eine rechtlich selbstständige Stiftung, also in eine andere Organisationseinheit,<br />

an der die Gemeinde beteiligt ist, stellt eine Ausgliederung von gemeindlichen Vermögen aus dem<br />

gemeindlichen Verwaltungsbereich dar. Eine solche Vermögensverschiebung ist nur im Rahmen der Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde zulässig. Deshalb sollen rechtlich selbstständige örtliche Stiftungen, bei denen die Gemeinde<br />

selbst Stifter oder Mitstifter ist, von der Gemeinde grundsätzlich in den Konsolidierungskreis für den Gesamtabschluss<br />

einbezogen werden (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Im gemeindlichen Gesamtabschluss ist einerseits die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der einbezogenen<br />

gemeindlichen Betriebe so darzustellen, als ob diese Betriebe zusammen mit der Kernverwaltung der<br />

Gemeinde eine einzige wirtschaftliche und rechtliche Einheit wären. Anderseits soll gewährleistet werden, dass<br />

der Gesamtabschluss ein aus den Jahresabschlüssen der einbezogenen Organisationseinheiten abgeleiteter<br />

eigenständiger Abschluss der gesamten wirtschaftlichen Gesamtheit „Gemeinde“ ist, der ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde zu<br />

vermitteln hat. Durch diese Vorgaben ist auch die Einbeziehung von örtlichen Stiftungen im gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

zu begründen, wenn durch diese gemeindliche Aufgaben erledigt werden.<br />

Die tatsächliche Einbeziehung ist dabei von der Art und dem Umfang der gemeindlichen Beteiligung an einer<br />

Stiftung abhängig. Soweit die Gemeinde als alleiniger Stifter auftritt, ist regelmäßig von einer Einbeziehung einer<br />

solchen Stiftung in den Vollkonsolidierungskreis für den gemeindlichen Gesamtabschluss auszugehen. Eine<br />

Einbeziehung nach der Equity-Methode kann in Betracht kommen, wenn die Gemeinde ein Mitstifter ist. Dabei<br />

müssen jedoch die vermögensmäßigen Beteiligungsverhältnisse der anderen Mitstifter in die Beurteilung einbezogen<br />

werden. Eine solche Abwägung ist auch vorzunehmen, wenn die Gemeinde als Zustifter auftritt oder auf<br />

andere Art und Weise an rechtlich selbstständige Stiftungen gebunden ist. Im Anhang sollten daher die Stiftungen,<br />

die vermögensmäßig vollständig oder anteilig der Gemeinde zugerechnet werden können, unter Angabe der<br />

tatsächlichen Verhältnisse, im Einzelnen benannt werden.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Örtliche Stiftungen):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Stiftungen und örtliche Zwecke):<br />

1.1.1 Die örtlichen Zwecke<br />

Nach der Vorschrift sind örtliche Stiftungen die Stiftungen des privaten Rechts (vgl. §§ 80 ff. BGB), die nach<br />

dem Willen des Stifters von einer Gemeinde verwaltet werden und die überwiegend örtlichen Zwecken dienen.<br />

Die Vorgabe, dass eine örtliche Stiftung überwiegend örtlichen Zwecken dienen muss, steht im Zusammenhang<br />

mit der Vorschrift über den Wirkungskreis der Gemeinden, nach der die Gemeinden ausschließliche und eigenverantwortliche<br />

Träger der öffentlichen Verwaltung in ihrem Gebiet sind (vgl. § 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Zweck einer örtlichen Stiftung muss sich daher im Rahmen des örtlichen Aufgabenbereiches der Gemeinde<br />

halten, für den die Gemeinde sachlich und räumlich zuständig ist. Der Stiftungszweck muss daher einerseits auf<br />

Aufgaben ausgerichtet sein, die von der Gemeinde auch selbst erfüllt werden könnten. Andererseits muss wird<br />

dadurch räumlich abgegrenzt, dass ein örtlicher Zweck dann nicht mehr gegeben sein dürfte, wenn die Gemeinde<br />

in diesem Bereich sich selbst nicht mehr betätigen dürfte.<br />

GEMEINDEORDNUNG 917


1.1.2 Die rechtlich selbstständige örtliche Stiftung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 100 GO <strong>NRW</strong><br />

Die rechtlich selbstständigen örtlichen Stiftungen entstehen gem. §§ 80 ff. BGB durch das Stiftungsgeschäft<br />

i.V.m. mit einer staatlichen Genehmigung. So ist nach § 2 StiftG <strong>NRW</strong> zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung<br />

im Sinne des Stiftungsgesetzes die Anerkennung der neuen Stiftung durch die zuständige Stiftungsaufsichtsbehörde<br />

gemäß § 80 Absatz 1 und 2 BGB erforderlich. Die rechtlich selbstständigen örtlichen Stiftungen zählen zum<br />

Treuhandvermögen der Gemeinde, wenn diese von der Gemeinde verwaltet werden (vgl. § 98 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine rechtlich selbstständige Stiftung entsteht durch das Stiftungsgeschäft als eine einseitige Willenserklärung<br />

des Stifters. Der Stifter erklärt, ein abgegrenztes Vermögen einem bestimmten Zweck auf Dauer zu widmen.<br />

Dieser Vorgang wird als Stiftungsakt bezeichnet. Er kann sowohl mit Wirkung unter Lebenden oder aber auch mit<br />

Wirkung ab dem Tod vorgenommen werden. Der Stifter als die zentrale Figur der Stiftung bestimmt die maßgeblichen<br />

Vorgaben der Stiftung, also sowohl den Stiftungszweck als auch die Festlegung des zu übertragenen Vermögens<br />

sowie den Zeitpunkt. Für die Stiftung ist eine Satzung zu erlassen, in der zumindest Name und Sitz der<br />

Stiftung sowie der Zweck und das Grundstockvermögen angegeben werden müssen. Zugleich sind Regelungen<br />

zur Bildung des Vorstandes der Stiftung zu treffen.<br />

1.1.3 Die rechtlich unselbstständige örtliche Stiftung<br />

Bei rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen (fiduziarische Stiftungen) werden i.d.R. durch einen Dritten als<br />

Stifter der Gemeinde Vermögensgegenstände mit einer bestimmten Zwecksetzung (Stifterwillen) zu Eigentum<br />

übertragen. In diesen Fällen hat der Stifter die in seinem Eigentum befindlichen Vermögenswerte zugunsten<br />

eines uneigennützigen, auf Dauer eingerichteten Zwecks entäußert, der nach seinem Willen durch die Gemeinde<br />

zu erfüllen ist. Diese Zwecksetzung führt dazu, dass die Gemeinde nach außen im eigenen Namen auftritt, im<br />

Innenverhältnis zum Stifter aber an den Stifterwillen gebunden ist.<br />

Eine rechtlich unselbstständige Stiftung entsteht dabei durch einen Vertrag zwischen dem Stifter und dem von<br />

ihm ausgewählten Rechtsträger, z. B. die Gemeinde. Die Vermögenswerte werden dabei auf eine andere (natürliche<br />

oder juristische) Person mit Maßgaben übertragen, wie diese Stelle das übertragene Vermögen verwalten<br />

und verwenden soll. In diesem Vertrag verpflichtet sich der Stifter andererseits, dem Träger die zur Erfüllung des<br />

Stiftungszwecks erforderlichen Vermögensgegenstände zu übertragen. Besondere Bedingungen und Auflagen<br />

als Ausdruck des Stifterwillens sind dabei möglich.<br />

Der Träger verpflichtet sich im Gegenzug, diese Vermögenswerte dem Stiftungszweck entsprechend zu verwenden.<br />

Das Stiftungsgeschäft unterliegt somit den Vorschriften des Schuldrechts. Das Stiftungsgeschäft kann dabei<br />

unterschiedlich ausgestaltet werden, z. B. als Treuhandvertrag in Form eines Auftrages, als Dienstvertrag, Geschäftsbesorgungsvertrages<br />

oder als Schenkung. Es besteht für die Vertragspartner ein großer Gestaltungsspielraum,<br />

der jedoch von der Gemeinde wegen der Bindung an ihre Aufgabenerfüllung nicht in vollem Umfang genutzt<br />

werden kann.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Verwaltung der örtlichen Stiftungen durch die Gemeinde):<br />

Die Gemeinde hat die örtlichen Stiftungen nach den Vorschriften der Gemeindeordnung zu verwalten, soweit<br />

nicht durch ein Gesetz oder den Stifter etwas anderes bestimmt ist. Daraus folgt, dass nur die Stiftungen von<br />

der Gemeinde verwaltet werden dürfen, die örtlichen Zwecken dienen, also im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

tätig sind oder den Einwohnern und Bürgern der Gemeinde zugutekommen. Die Gemeinde hat<br />

daher bei der Übernahme der Verwaltung von Stiftungen zu prüfen, ob es sich um eine örtliche Stiftung im Sinne<br />

dieser Vorschrift der Gemeindeordnung handelt. Diese Vorgabe muss auch mit dem Stifterwillen in Einklang<br />

stehen, der eine Bedingung für das Verwalten der Stiftung durch die Gemeinde darstellt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 918


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 100 GO <strong>NRW</strong><br />

1.3 Zu Satz 3 (Trennung des Stiftungsvermögens vom Gemeindevermögen):<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht kennt als weitere Art des gemeindlichen Vermögens das Sondervermögen<br />

(vgl. § 97 GO <strong>NRW</strong>). Zum Sondervermögen ist auch das Stiftungsvermögen zu zählen, das nach dieser Vorschrift<br />

vom übrigen Gemeindevermögen getrennt zu halten und so anzulegen, dass es für seinen Verwendungszweck<br />

greifbar ist. Der Charakter eines gemeindlichen Sondervermögens wird dadurch bestimmt, dass es<br />

sich um Vermögen der Gemeinde handelt, das für die Erfüllung bestimmter Zwecke vom Haushalt der Gemeinde<br />

abgesondert oder von einem Dritten an die Gemeinde für einen bestimmten Zweck übereignet oder durch<br />

sonstige Rechtsakte unter Zweckbindung auf die Gemeinde übergegangen ist.<br />

Aus seiner besonderen Zwecksetzung oder Zweckbindung folgt, dass Sondervermögen vom übrigen Gemeindevermögen<br />

abzusondern sind. Dieses Vermögen stellt daher nur bedingt einen Bestandteil des allgemeinen<br />

Vermögens der Gemeinde dar. Aufgrund ihrer Verschiedenheiten und unterschiedlichen öffentlichen Zwecksetzungen<br />

sind die örtlichen Stiftungen, u.a. auch abhängig davon zu betrachten, ob eine rechtlich selbstständige<br />

Stiftung oder rechtlich unselbstständige Stiftung besteht. Die Gemeinde muss entsprechend eine haushaltsmäßige<br />

Zuordnung und Erfassung vornehmen, z. B. im Jahresabschluss nach § 96 GO <strong>NRW</strong> oder im Gesamtabschluss<br />

nach § 116 GO <strong>NRW</strong>.<br />

2. Zu Absatz 2 (Umwandlung von Stiftungen):<br />

2.1 Die Rechte der Gemeinde<br />

Nach der Vorschrift kann die Gemeinde in eigener Verantwortung über die Umwandlung des Stiftungszwecks, die<br />

Zusammenlegung und die Aufhebung von rechtlich unselbständigen Stiftungen entscheiden. Bei rechtlich unselbstständigen<br />

örtlichen Stiftungen (fiduziarische Stiftungen), auf die sich diese Vorschrift ausschließlich bezieht,<br />

werden i.d.R. durch einen Dritten als Stifter der Gemeinde Vermögensgegenstände mit einer bestimmten Zwecksetzung<br />

(Stifterwillen) durch einen Vertrag der Gemeinde zu Eigentum übertragen.<br />

In diesen Fällen hat der Stifter bestimmte Vermögenswerte zugunsten eines uneigennützigen, auf Dauer eingerichteten<br />

Zwecks entäußert, der nach seinem Willen durch die Gemeinde als Vertragspartner und neuer Eigentümer<br />

zu erfüllen ist. Diese Sachlage führt dazu, dass die Gemeinde nach außen im eigenen Namen auftritt, im<br />

Innenverhältnis zum Stifter aber an den Stifterwillen gebunden ist.<br />

2.2 Die Zuständigkeit des Rates<br />

Die Umwandlung eines Stiftungszwecks, die Zusammenlegung und die Aufhebung von rechtlich unselbständigen<br />

Stiftungen bedeuten einen erheblichen Eingriff in den Stifterwillen, dem sich die Gemeinde zuvor durch die Annahme<br />

der Stiftung unterworfen hat. So soll z.B. bei einer Umwandlung eines Stiftungszwecks oder der Zusammenlegung<br />

von Stiftungen regelmäßig angestrebt werden, die Erträge des Stiftungsvermögens dem zugedachten<br />

Personenkreis zu erhalten, ggf. auch auf andere Art und Weise als in einer Stiftungsform.<br />

Es bedarf daher bei einer Umwandlung eines Stiftungszwecks, der Zusammenlegung und der Aufhebung von<br />

rechtlich unselbständigen Stiftungen der Beschlussfassung durch den Rat der Gemeinde (vgl. § 41 Absatz 1<br />

Buchstabe n GO <strong>NRW</strong>). Bei einer Aufhebung von rechtlich unselbständigen Stiftungen muss der Rat auch über<br />

die Verwendung des Stiftungsvermögens entscheiden, denn dieses Vermögen befindet sich als gemeindliches<br />

Sondervermögen nach § 97 GO <strong>NRW</strong> im Eigentum der Gemeinde.<br />

GEMEINDEORDNUNG 919


2.3 Die Genehmigung der Aufsichtsbehörde<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 100 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Umwandlung eines Stiftungszwecks, die Zusammenlegung und die Aufhebung von rechtlich unselbstständigen<br />

Stiftungen sind wegen des damit verbundenen Eingriffs in den Stifterwillen so erheblich, dass die Entscheidung<br />

des Rates der Gemeinde darüber der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedarf. Sie soll im Rahmen<br />

ihrer Zuständigkeit als Rechtsaufsichtsbehörde prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Umwandlung eines Stiftungszwecks,<br />

die Zusammenlegung von Stiftungen oder die Aufhebung einer Stiftung vorliegen, und die von der<br />

Gemeinde vorgesehene Veränderung zulassen. Bei der dafür nach der Vorschrift zu erteilenden Genehmigung<br />

bleiben die Vorschriften des Stiftungsgesetzes unberührt, denn dieses Gesetz gilt nur für rechtsfähige Stiftungen<br />

des bürgerlichen Rechts, die ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben (vgl. § 1 StiftG <strong>NRW</strong>).<br />

3. Zu Absatz 3 (Einbringung von Gemeindevermögen in eine Stiftung):<br />

3.1 Die Ziele der Vorschrift<br />

Die Gemeinde darf nach der Vorschrift nur dann Gemeindevermögen in eine Stiftung einbringen, wenn dieser<br />

Vorgang im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung erfolgt und wenn der mit der Stiftung verfolgte Zweck<br />

der Gemeinde auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Die Vorschrift steht einerseits mit der Vorschrift des<br />

§ 90 Absatz 3 Satz 1 GO <strong>NRW</strong> als Grundsatz für die örtliche Bewirtschaftung des gemeindlichen Vermögens in<br />

unmittelbarer Verbindung. Nach dieser Vorschrift darf die Gemeinde ihre Vermögensgegenstände nur abgeben<br />

(veräußern), die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht braucht. Andererseits stellt die Vorschrift<br />

kein gesetzliches Verbot zur Abgabe von gemeindlichen Vermögensgegenständen dar, das zur Nichtigkeit des<br />

Stiftungsgeschäfts im Sinne des § 134 BGB führen kann.<br />

Es ist jedoch in den Fällen, in denen landesrechtliche Vorschriften als Verbotsnormen gelten, zu berücksichtigen,<br />

dass in der Vorschrift des § 130 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> „Unwirksame Rechtsgeschäfte“ kein Bezug auf die Vorschrift<br />

des § 100 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> besteht. Außerdem werden durch die Regelungen in der Vorschrift alle Rechtsformen<br />

von Stiftungen erfasst, denen ein örtlicher Charakter zukommt, denn der Begriff „Stiftung“ wird in der landesrechtlichen<br />

Vorschrift nicht näher eingegrenzt. Daher werden von der Regelung über die Zulässigkeit einer Übertragung<br />

von gemeindlichem Vermögen in Stiftungen sowohl Übertragungen der Gemeinde in rechtlich selbstständige<br />

örtliche Stiftungen als auch in rechtlich unselbstständige örtliche Stiftungen erfasst.<br />

Die Gemeinde muss dabei aber beachten, dass bei der Errichtung einer Stiftung die Vermögensabgabe so hoch<br />

sein muss, dass eine dauerhafte und nachhaltige Verwirklichung des Stiftungszwecks gewährleistet und das<br />

Stiftungsvermögen ungeschmälert erhalten werden muss. Sie muss daher bei einer gemeindlichen Vermögensabgabe<br />

abwägen, ob sie selbst als Stifter auftritt oder durch eine Zustiftung an eine bestehende Stiftung deren<br />

Kapital aufstockt. Die Vorschrift stellt deshalb darauf ab, dass die Gemeinde eine eigene "Stiftungsstrategie"<br />

unter Berücksichtigung ihrer Aufgabenerfüllung und der Vermögensabgabe ziel- und zweckgerichtet entwickelt.<br />

3.2 Der Begriff "einbringen"<br />

Das allgemeine Stiftungsrecht findet Anwendung, wenn die Gemeinde als Stifter eine eigene Stiftung errichtet<br />

und in diese Stiftung bestimmtes Gemeindevermögen einbringt, aber auch wenn die Gemeinde bestimmtes Gemeindevermögen<br />

in eine bestehende Stiftung einbringt. Das "Einbringen von gemeindlichem Vermögen ist daher<br />

regelmäßig nicht vom stiftungsrechtlichen Status einer Stiftung abhängig. Der Begriff "einbringen" beinhaltet dabei<br />

weder eine Festlegung noch eine Orientierung dahingehend, dass bereits eine Stiftung bestehen muss und<br />

die Gemeinde nur zustiften kann. Vielmehr kann die "Einbringung von Gemeindevermögen" auch im Zeitpunkt<br />

GEMEINDEORDNUNG 920


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 100 GO <strong>NRW</strong><br />

der Errichtung einer Stiftung vollzogen werden. Sie muss ggf. auch in diesem Zeitpunkt vollzogen werden, wenn<br />

die Gemeinde selbst als Stifter auftritt.<br />

In diesem Gesamtzusammenhang löst der Begriff daher i.d.R. nur die Prüfung durch die Gemeinde aus, ob sie<br />

aufgrund ihrer künftigen Aufgabenerfüllung auf bestimmte Vermögensgegenstände verzichten und einer Stiftung<br />

als Dritten übereignen kann. Der gesetzliche Begriff verlangt dabei u.a. zu klären, ob das übergebene Gemeindevermögen<br />

auch für gemeindliche Aufgaben genutzt bzw. eingesetzt wird. Außerdem muss beurteilt werden, ob<br />

die abzugebenden Vermögensgegenstände auch für den Stiftungszweck geeignet sind. Eine Anwendungsreduzierung<br />

der Einbringung auf den Tatbestand der Zustiftung durch die Gemeinde lässt sich daher allein aus dem<br />

Begriff nicht ableiten.<br />

3.3 Die Festlegung von Entscheidungskriterien<br />

Die Gemeinde hat eigenverantwortlich eine Einschätzung vorzunehmen und eine Prognoseentscheidung zu<br />

treffen, ob der mit der Stiftung verfolgte Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann, bevor sie Gemeindevermögen<br />

in eine Stiftung einbringt. Sie muss in diesem Zusammenhang berücksichtigen, dass eine Rücknahme<br />

ihres Vermögens auch zukünftig nicht möglich ist und künftige Generationen an diese Entscheidung<br />

gebunden werden. Weiterhin gilt es festzustellen, auch zukünftig werde sich diese Art der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

nicht wandeln und davon auszugehen ist, dass die Art der Aufgabenerfüllung dauerhaft nur in Form<br />

einer Stiftung wahrzunehmen ist. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass der mit der Vermögensabgabe angestrebte<br />

Zweck der gemeindlichen Aufgabenerfüllung auf andere Weise überhaupt nicht erfüllt werden kann.<br />

Diese Vorgaben stellen zwingende Voraussetzungen für die Einbringung von Gemeindevermögen in eine Stiftung<br />

dar, denn es können unterschiedliche Zielsetzungen zwischen dem haushaltswirtschaftlichen Handeln der<br />

Gemeinde und dem Handeln einer Stiftung bestehen. Jegliche Einbringung von gemeindlichem Vermögen in<br />

eine Stiftung muss daher haushaltswirtschaftlich verträglich sein und darf in keiner Weise die Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde beeinträchtigen. Es muss außerdem gewährleistet werden, dass nicht ohne besonderen Grund<br />

gemeindliches Vermögen in Stiftungen gebunden wird, das ggf. später für einen anderen dringenderen Bedarf<br />

dann fehlt. Auch darf dem Rat der Gemeinde nicht die Verfügungshoheit über gemeindliches Vermögen entzogen<br />

werden.<br />

Die ausdrückliche Vorgabe für die Einbringung von Gemeindevermögen in ein Stiftungsvermögen, der mit der<br />

Stiftung verfolgte Zweck kann nicht auf andere Weise erreicht werden, ist weit auszulegen. Sie schränkt das<br />

Auswahlermessen der Gemeinde über ihre Organisationsformen nicht ein, sondern ist so zu verstehen, dass<br />

auch eine Stiftung grundsätzlich eine zulässige Form der gemeindlichen Aufgabenerfüllung darstellt. Die Gemeinde<br />

muss bei der Einbringung von Gemeindevermögen aber zweckbezogen beurteilen, ob andere Organisationsformen<br />

als die Organisationsform „Stiftung“ ggf. nachteiliger für die Erledigung der Aufgabenerfüllung durch<br />

die Gemeinde sind.<br />

3.4 Die Zulässigkeit der Vermögensabgabe (Einbringung)<br />

Der Gemeinde obliegt es eigenverantwortlich, hinsichtlich des Einsatzes ihres Vermögens (Anschaffung, Erhalt<br />

oder Veräußerung) oder auch ihrer Vermögenserträge die erforderlichen Festsetzungen zu treffen. Bei ihrem<br />

wichtigen Interesse an einer Stiftung hat die Gemeinde auch zu beurteilen, wie sich eine vorzunehmende Vermögensabgabe<br />

auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft auswirkt. Außerdem muss die Vermögensübertragung<br />

in dem Umfang erfolgen, der zur Erreichung des Stiftungszwecks ausreichend und erforderlich ist.<br />

Ein Engagement der Gemeinde in einer Stiftung im Sinne der Vorschrift wird als zulässig anzusehen sein, wenn<br />

dadurch ein wesentlicher Mehrwert für die Gemeinde erzielt wird. Das ist z.B. bei einer Mitstiftung oder Zustif-<br />

GEMEINDEORDNUNG 921


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 100 GO <strong>NRW</strong><br />

tung dann der Fall, wenn der von Privaten in eine Stiftung einzubringende Vermögensanteil im Verhältnis zu<br />

dem durch die Gemeinde einzubringenden Finanzvermögen und/oder Sachvermögen mindestens 50% beträgt.<br />

Sollte die 50%-Quote nicht erreicht werden, kann oftmals aufgrund besonderer Umstände gleichwohl ein wesentlicher<br />

Mehrwert entstehen, insbesondere dann, wenn der private Anteil an Finanz- oder Sachvermögen<br />

nach sicherer Erwartung (objektive Umstände) zu einem späteren Zeitpunkt erbracht werden wird.<br />

Von der Gemeinde sollte angestrebt werden, dass die möglichen „privaten Stifter“ vor ihrer beabsichtigten Mitstiftung<br />

oder Zustiftung gegenüber der Gemeinde eine Zusage mit dem größtmöglichen Grad an Verbindlichkeit<br />

abgeben. Wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine verbindliche Zusage, die gerichtlich durchsetzbar wäre,<br />

nicht erlangt werden kann, ist eine andere geeignete Erklärung in Schriftform notwendig, aus der die verbindliche<br />

Mitstiftung oder Zustiftung in ihrer Höhe sowie der Zeitpunkt des Vermögensübergangs hervorgehen.<br />

Zu beachten ist, dass bei der Gemeinde die besondere Organisationsform „Stiftung“ abhängig von ihrer Ausgestaltung<br />

zu Einschränkungen bei der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und der Budgethoheit<br />

des Rates der Gemeinde führen kann. Auf die Einbringung von Finanz- oder Sachvermögen in eine Stiftung<br />

durch die Gemeinde muss daher z. B. verzichtet werden, wenn die besonderen Umstände vor Ort für die Abgabe<br />

von gemeindlichem Vermögen nicht schlüssig und nachvollziehbar vorliegen.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 922


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

10. Teil<br />

Rechnungsprüfung<br />

1. Die örtliche Prüfung als gemeindliche Eigenkontrolle<br />

1.1 Die gesetzliche Pflichtaufgabe<br />

Die Prüfung der Gemeinde wird als ein unverzichtbares Instrument für eine zeitnahe Kontrolle der Gesetz- und<br />

Ordnungsmäßigkeit des wirtschaftlichen Handelns der Gemeinde sowie der haushaltswirtschaftlichen Geschäftsvorfälle<br />

der gemeindlichen Verwaltung einschließlich des daraus entstandenen wirtschaftlichen Ergebnisses der<br />

Gemeinde eingestuft. Ein Ziel der Prüfung ist es, dass im gemeindlichen Jahresabschluss und im Gesamtabschluss<br />

die wirtschaftliche Lage der Gemeinde (Gesamtlage) zutreffend dargestellt wird. Durch den jeweiligen<br />

Abschluss ist ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und<br />

Finanzlage der Gemeinde zu vermitteln. Diese Vorgabe erfordert eine entsprechende Transparenz des gemeindlichen<br />

Haushalts und des Verwaltungshandelns der Gemeinde. Sie trägt dazu bei, die Qualität der örtlichen Prüfung<br />

und der Kontrolle durch den Rat der Gemeinde zu sichern.<br />

Die prüfungsmäßige Kontrolle des jährlichen Haushalts der Gemeinde durch die örtliche Prüfung ist daher nicht<br />

nur eine Richtigkeitsprüfung. In der Abschlussprüfung muss vielmehr auch die Ausübung der möglichen Wahlrechte<br />

und Bewertungen durch die Gemeinde, die u.a. durch subjektive Einschätzungen und Ermessensausübungen<br />

umgesetzt werden, eine ausreichende Berücksichtigung finden. Diese Sachlage erfordert den angemessenen<br />

Einsatz verschiedener Prüfungstechniken und eine ausreichende Auswahl von Prüfungsgegenständen<br />

unter Beachtung des tatsächlichen haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde, um die ggf. bestehenden<br />

Schwierigkeitsgrade zu bewältigen. Der Prüfer muss vielfach feststellen, ob die Gemeinde haushaltswirtschaftlich<br />

vertretbar und plausibel gehandelt hat.<br />

Die Rechnungsprüfung hat in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der haushaltsrechtliche Rahmen<br />

eine größere Eigenverantwortung der Gemeinden bei ihrer Haushaltswirtschaft ermöglicht. Dieser Rahmen beinhaltet<br />

eine Vielzahl von örtlichen Handlungsspielräumen, fordert allerdings auch eine stärkere Auseinandersetzung<br />

mit den von der Gemeinde festzulegenden Zielen und Leistungskennzahlen in Bezug auf ihre Aufgabenerfüllung<br />

im Haushaltsjahr. Er erleichtert aber andererseits auch die Prüfungsarbeiten und Prüfungshandlungen,<br />

denn je komplexer das haushaltsrechtliche Regelwerk, desto schwieriger wird die Überwachung und Kontrolle der<br />

Anwendung durch die Prüfer.<br />

Mit dem NKF bestehen haushaltsrechtliche Regelungen, die eine objektive Betrachtung sowie eine Prüfbarkeit<br />

der örtlichen Haushaltswirtschaft und der damit in Verbindung stehenden Verwaltungsvorgänge und gemeindlichen<br />

Geschäftsvorfälle ermöglichen. Diese gemeindliche Sachlage erfordert ein geeignetes Zusammenspiel der<br />

Prüfungsinstanzen bei der zeitnahen Kontrolle der Gesetz- und Ordnungsmäßigkeit des wirtschaftlichen Handelns<br />

der Gemeinde sowie der haushaltswirtschaftlichen Geschäftsvorfälle der gemeindlichen Verwaltung. Im<br />

Prüfungsgeschehen sollte daher ein Informationsaustausch zwischen den Beteiligten möglich sein, dem im Sinne<br />

der Prüfungsaufgaben eine Unterstützungsfunktion zukommt. Der örtlichen Prüfung kommt dabei auch eine<br />

Schutzfunktion gegenüber den Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft zu.<br />

1.2 Der Begriff „Örtliche Prüfung“<br />

Im Gefüge der gesetzlichen Verpflichtungen ist zwischen der örtlichen Prüfung und der überörtlichen Prüfung der<br />

Gemeinde zu unterscheiden. Die örtliche Prüfung obliegt der Gemeinde selbst und stellt eine Eigenkontrolle des<br />

Rates der Gemeinde dar (vgl. §§ 57 und 59 GO <strong>NRW</strong>). Die überörtliche Prüfung ist der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

GEMEINDEORDNUNG 923


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10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Nordrhein-Westfalen (GPA <strong>NRW</strong>) übertragen worden (vgl. § 105 GO <strong>NRW</strong>). Die örtliche Prüfung und die überörtliche<br />

Prüfung verbinden aber, dass beide Stellen eine Vielzahl unterschiedlicher Sachverhalte und Geschäftsvorfälle<br />

in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft zu prüfen haben. Sie können im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit<br />

dazu dann ggf. Einwendungen erheben oder Hinweise geben. Die Bewertung und Entscheidung über die von der<br />

Gemeinde vorzunehmenden Veränderungen oder über einen Verzicht darauf obliegt der Gemeinde in eigener<br />

Verantwortung, sofern nicht eine Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde wegen aufgetretener Rechtsverstöße<br />

ausdrücklich geboten ist.<br />

Der Landesgesetzgeber hat den Begriff „Örtliche Prüfung“ jedoch nicht näher bestimmt. Er hat festgelegt, dass<br />

der Rat der Gemeinde und wegen seiner umfassenden Zuständigkeit sowie der Kontrolle der Verwaltung (vgl. §§<br />

41 und 55 GO <strong>NRW</strong>) als Vertretungsorgan einen Rechnungsprüfungsausschuss als Pflichtausschuss bilden<br />

muss (vgl. § 57 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Zugleich hat der Gesetzgeber diesem Ausschuss bestimmte Prüfungsaufgaben<br />

zugewiesen (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Außerdem hat er bestimmt, dass die Gemeinde eine örtliche<br />

Rechnungsprüfung (innerhalb ihrer Verwaltungsorganisation) für die Erledigung von Prüfungsaufgaben nach §<br />

103 GO <strong>NRW</strong> zu bilden hat (vgl. § 102 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Aus diesen gesetzlichen Vorgaben folgt, dass sowohl der Rat der Gemeinde als auch die gemeindliche Verwaltung<br />

an der örtlichen Prüfung beteiligt sind und dabei zusammenwirken müssen. In die Erledigung von örtlichen<br />

Prüfungsaufgaben können aber auch Dritte einbezogen werden. Eine solche Möglichkeit bietet sich z. B. insbesondere<br />

für kleinere Gemeinden an, die nicht verpflichtet sind, eine örtliche Rechnungsprüfung einzurichten (vgl.<br />

§ 102 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>) besteht. In solchen Fällen kann sich der Rechnungsprüfungsausschuss zur<br />

Durchführung seiner Prüfungstätigkeit unmittelbar Dritter gem. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> bedienen (vgl. § 59 Absatz<br />

3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.3 Der Begriff „Überörtliche Prüfung“<br />

Im 10. Teil der Gemeindeordnung finden sich die Vorschriften über die Kontrolle des Haushalts der Gemeinde. In<br />

diesem Gefüge der gesetzlichen Verpflichtungen zur Prüfung des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde<br />

ist zwischen der örtlichen Prüfung und der überörtlichen Prüfung zu unterscheiden. Während die örtliche<br />

Prüfung der Gemeinde selbst obliegt und eine Eigenkontrolle der Gemeinde darstellt, ist die überörtliche Prüfung<br />

der Gemeinden ein Teil der Aufsicht des Landes über die Gemeinden (vgl. §§ 119 ff. GO <strong>NRW</strong>). Sie ist der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

Nordrhein-Westfalen (GPA <strong>NRW</strong>) gesetzlich übertragen worden ist (vgl. § 105 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt ist dazu als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet worden (vgl. § 1<br />

GPAG <strong>NRW</strong>). Sie ist einerseits ein Teil der in den §§ 119 ff. GO <strong>NRW</strong> geregelten Kommunalaufsicht. Andererseits<br />

jedoch bei der Durchführung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.<br />

Die überörtliche Prüfung ist - wie die örtliche Prüfung der Gemeinde - ein unverzichtbares Instrument für eine<br />

Kontrolle der Gesetz- und Ordnungsmäßigkeit des wirtschaftlichen Handelns der Gemeinde sowie der haushaltswirtschaftlichen<br />

Geschäftsvorfälle der gemeindlichen Verwaltung. Die überörtliche Prüfung soll eine fachkundige<br />

Prüfung der Gemeinden unter den Gesichtspunkten der staatlichen Aufsicht ermöglichen. Es ist geboten,<br />

die Aufsichtsbehörden möglichst frühzeitig in die vorgesehenen Prüfungen bei den Gemeinden einzubinden.<br />

Die Beteiligung am Prüfungsgeschehen sollte nicht erst - wie es gesetzlich als Mindestvorgabe vorgesehen<br />

ist - erfolgen, wenn die überörtliche Prüfung abgeschlossen ist und im Einzelfall ggf. Entscheidungen über die<br />

Umsetzung erhobener Einwendungen zu treffen sind.<br />

Die Ergebnisse der überörtlichen Prüfung werden von der Gemeindeprüfungsanstalt der Gemeinde und ihrer<br />

Aufsichtsbehörde in Form eines Prüfberichts mitgeteilt. Ggf. hat die Gemeinde gegenüber der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

und der Aufsichtsbehörde innerhalb einer dafür bestimmten Frist Stellung zu nehmen, wenn der<br />

Prüfungsbericht der überörtlichen Prüfung Beanstandungen enthält. Von den Gemeinden sind für die überörtliche<br />

Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt - wie bei der Vergabe von Prüfungsaufträgen an Dritte - Gebühren<br />

GEMEINDEORDNUNG 924


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10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

zu zahlen. Die Gebühren werden in entsprechender Anwendung des Kommunalabgabengesetzes satzungsrechtlich<br />

festgelegt und erhoben (vgl. § 10 Absatz 1 GPAG <strong>NRW</strong>). Die Gemeindeprüfungsanstalt darf zusätzlich auch<br />

beratend tätig werden. Für die Beratung durch die Gemeindeprüfungsanstalt ist - wie bei Beratungsaufträgen an<br />

Dritte - ein Entgelt zu zahlen, das mindestens kostendeckend sein soll (vgl. § 10 Absatz 2 GPAG <strong>NRW</strong>).<br />

1.4 Die Unabhängigkeit der Prüfer<br />

Die Unabhängigkeit der Prüfer der örtlichen Prüfung ist für die Anerkennung der Prüfungsergebnisse durch den<br />

Rat und die Bürgerinnen und Bürger als Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses<br />

von grundlegender Bedeutung. Sie erhöht für diese Adressaten den Wert der gegebenen Informationen<br />

über die formelle und materielle Richtigkeit der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr<br />

sowie über die wirtschaftliche Lage bzw. Gesamtlage der Gemeinde. Diesem Ziel dient u.a. die Anbindung<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung an den Rat sowie die gesetzliche Festlegung, dass sie von fachlichen<br />

Weisungen frei ist.<br />

Die Prüfer müssen daher aus ihrer Tätigkeit heraus grundsätzlich Interessenkonflikte vermeiden, um ihre Aufgabe<br />

ordnungsgemäß erfüllen zu können. Sie sollten über die für eine Prüfungstätigkeit notwendige Kompetenz verfügen<br />

und zudem eine kritische Grundhaltung einnehmen. Diese Haltung erfordert, örtliche Sachverhalte zu hinterfragen<br />

und haushaltswirtschaftliche Unterlagen kritisch zu beurteilen sowie auf besondere Umstände und Gegebenheiten<br />

zu achten, aufgrund dessen eine wesentlich falsche Darstellung, z. B. der wirtschaftlichen Lage der<br />

Gemeinde im Jahresabschluss, entstanden sein könnte. Das Vorliegen derartiger maßgebender Kriterien für die<br />

tatsächliche Prüfungstätigkeit soll immer aus Sicht eines sachkundigen Dritten beurteilt werden.<br />

Wegen ihrer Unabhängigkeit sollen die Prüfer zudem nicht zur Erbringung prüfungsfremder Leistungen verpflichtet<br />

werden. Als prüfungsfremde Leistungen gelten dabei i.d.R. nicht die Auskünfte und Informationen des Prüfers<br />

über die mögliche Beseitigung von aufgetretenen Fehlern im gemeindlichen Jahresabschluss, wenn der Prüfer im<br />

Rahmen seiner Prüfung diese Fehler entdeckt hat. Zu den Tätigkeiten eines Abschlussprüfers, die zu Interessenkonflikten<br />

führen können und die Unabhängigkeit des Prüfers gefährden können, sind z. B. folgende Leistungen<br />

zu zählen (vgl. Abbildung).<br />

Prüfungsfremde Leistungen<br />

- Mitwirkung in der Finanzbuchhaltung bei Buchungen und Abschlüssen.<br />

- Tätigkeiten bei IT-Vorhaben in der Finanzbuchhaltung.<br />

- Tätigkeiten als Sachverständiger ohne Verbindung zu einem Prüfungsauftrag.<br />

- Tätigkeiten in personellen Angelegenheiten.<br />

- Erarbeitung und Umsetzung von Kontrollsystemen.<br />

- Tätigkeiten in der Beratung von Anlagegeschäften.<br />

Abbildung 185 „Prüfungsfremde Leistungen“<br />

GEMEINDEORDNUNG 925


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10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Der besondere Status der örtlichen Rechnungsprüfung beinhaltet auch Anforderungen an die Qualität der Prüfungsleistungen.<br />

In Abhängigkeit von den örtlichen Verhältnissen bedarf es einer Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle,<br />

die von der Gemeinde eigenverantwortlich gestaltet und durchgeführt werden soll. Diese Qualitäts-<br />

sicherung dient auch dazu, die Unabhängigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung zu wahren, ihre Unparteilichkeit<br />

zu erhalten und ein Besorgnis der Befangenheit bei den Prüfern zu vermeiden. Der Unabhängigkeit der Prüfer<br />

dient aber auch die haushaltsrechtliche Regelung, dass die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung nicht Angehöriger<br />

des Bürgermeisters, des Kämmerers oder des für die Zahlungsabwicklung Verantwortlichen und dessen<br />

Stellvertreters sein.<br />

Diesen Zweck soll auch die in § 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> enthaltene Festlegung erfüllen, dass ein Dritter nicht<br />

Prüfer sein darf, wenn bestimmte persönliche Ausschließungsgründe vorliegen. Die Unabhängigkeit der Prüfer<br />

kann dabei auch aus ihrem privaten Bereich heraus entstehen, z.B. wenn sie auch freiberuflich tätig sind und<br />

dabei Aufträge annehmen, die ihre hauptberufliche Tätigkeit fachlich berührt. Im örtlichen Bedarfsfall bietet es<br />

sich an, vor dem Beginn der Erledigung einer Prüfungsaufgabe eine Unabhängigkeitserklärung vom beauftragten<br />

Prüfer zu verlangen, soweit nicht bereits eine solche Erklärung vorliegt und diese dem aktuellen Stand entspricht.<br />

1.5 Die organisatorischen Vorgaben<br />

Nach den haushaltsrechtlichen Bestimmungen ist die örtliche Prüfung in der Gemeinde durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

des Rates der Gemeinde und durch die „Örtliche Rechnungsprüfung“ als Stelle innerhalb der<br />

gemeindlichen Verwaltung vorzunehmen. Beide Prüfungsberechtigte stehen in einer unmittelbaren Verbindung<br />

zum Rat der Gemeinde. Der Rechnungsprüfungsausschuss ist ein gesetzlich bestimmter Ausschuss des Rates<br />

(vgl. §§ 57 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung ist eine Organisationseinheit der gemeindlichen Verwaltung, sie ist aber dem Rat<br />

gegenüber unmittelbar verantwortlich und ihm in ihrer sachlichen Tätigkeit unmittelbar unterstellt (vgl. § 104 Absatz<br />

1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die rechtlichen Festlegungen zur Unabhängigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung dienen<br />

dabei dazu, eine sachgerechte und notwendige Distanz gegenüber den anderen Organisationseinheiten der<br />

gemeindlichen Verwaltung zu erreichen. Im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben wirken der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

und die örtliche Rechnungsprüfung als beauftragte Prüfungsstellen entscheidungsvorbereitend<br />

für den Rat der Gemeinde und dienen diesem auch als Informationsquellen.<br />

Diese Sachlage bedingt ein Miteinander und ein Zuarbeiten der örtlichen Rechnungsprüfung für die Prüfungstätigkeit<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses. Sie führt nicht zur Doppelarbeit, auch wenn beide Stellen die Aufgabe<br />

haben, den Jahresabschluss und den Gesamtabschluss der Gemeinde zu prüfen (vgl. § 59 Absatz 3 Satz 1<br />

und § 103 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Zusammenarbeit ist zudem gesetzlich durch die<br />

unmittelbare Zuordnung (Unterstellung) der örtlichen Rechnungsprüfung zum Rat bestimmt, sodass sich der<br />

Rechnungsprüfungsausschuss zur Durchführung seiner Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung zu bedienen<br />

hat (vgl. § 59 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Er kann nur in Ausnahmefällen, wenn keine örtliche Rechnungsprüfung<br />

besteht, sich unmittelbar Dritter als Prüfer bedienen.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat daher bei den ihm von der örtlichen Rechnungsprüfung vorgelegten Prüfungsergebnissen<br />

zum Jahresabschluss und Gesamtabschluss, insbesondere über die Prüfungsbemerkungen<br />

bzw. Prüfungsfragen der örtlichen Rechnungsprüfung dahingehend zu entscheiden, ob er diese übernimmt oder<br />

ablehnt. Seine Stellung als gesetzlich zuständiges Prüfungsgremium gegenüber dem Rat der Gemeinde beinhaltet<br />

diese Entscheidungshoheit. Diese sachlichen Gegebenheiten erfordern bei auftretenden Meinungsverschiedenheiten<br />

zwischen der örtlichen Rechnungsprüfung und dem Rechnungsprüfungsausschuss keine Entscheidung<br />

des Rates der Gemeinde zu den prüfungsrelevanten Sachverhalten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 926


1.6 Die Einschaltung Dritter als Prüfer<br />

1.6.1 Die Beauftragung bei Bedarf<br />

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10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die Anwendung des NKF einschließlich des Systems der doppelten Buchführung sowie der Anforderungen an<br />

eine begleitende und nicht nachrangige Prüfung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft erfordert entsprechend<br />

qualifizierte und erfahrene Prüfer. Der Gemeinde ist daher ermöglicht worden, bei örtlichem Bedarf, entweder<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>) oder die örtliche Rechnungsprüfung,<br />

einen Dritten mit Aufgaben der örtlichen Prüfung zu beauftragen.<br />

Im Rahmen der Durchführung der örtlichen Prüfung kann sich der Rechnungsprüfungsausschuss zur Durchführung<br />

von Prüfungsaufgaben unmittelbar eines Dritten als Prüfer gem. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> bedienen, soweit<br />

bei der Gemeinde keine örtliche Rechnungsprüfung besteht (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Dabei ist zu beachten,<br />

dass nicht jede Gemeinde verpflichtet ist, eine örtliche Rechnungsprüfung einzurichten (vgl. § 102 GO <strong>NRW</strong>). Der<br />

Ausschuss soll dann eigenverantwortlich entscheiden, welche Prüfungsaufgaben in welchem Umfang von Dritten<br />

durchgeführt werden sollen. Vor einer Auftragung eines Dritten sollte jedoch ein geeigneter Befähigungsnachweis<br />

gefordert werden.<br />

Bei entsprechendem Bedarf kann sich auch die örtliche Rechnungsprüfung mit Zustimmung des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

zur Durchführung ihrer Prüfungsaufgaben unmittelbar eines Dritten als Prüfer bedienen. Solche<br />

Prüfungsaufgaben sind der örtlichen Rechnungsprüfung entweder gesetzlich oder vom Rat der Gemeinde<br />

übertragen worden (vgl. § 103 Absatz 1, 2 und 5 GO <strong>NRW</strong>). Aber auch bei Aufträgen des Bürgermeisters an die<br />

örtliche Rechnungsprüfung kann eine Einschaltung eines Dritten als Prüfer erfolgen (vgl. § 103 Absatz 3 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die Entscheidung obliegt dabei der örtlichen Rechnungsprüfung in eigener Verantwortung.<br />

1.6.2 Ausschluss oder Befangenheit des Prüfers<br />

Im Rahmen der Beauftragung eines Dritten als Abschlussprüfer sind auch die Ausschlussgründe für Prüferinnen<br />

und Prüfer nach § 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> und § 104 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> zu beachten. Dabei sind auch mögliche<br />

Ausschlussgründe nach anderen Rechtsvorschriften zu beachten, z.B. für Wirtschaftsprüfer die §§ 49 und 53<br />

WPO und die §§ 20 ff. BS WP/vBP. Es können bei den Dritten als Prüfer - wie bei den Prüfern der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung - mögliche Ausschluss- oder Befangenheitsgründe auch bereits vor der Durchführung der<br />

örtlichen Prüfungsaufgabe, aber ggf. auch erst während oder nach seiner Prüfungstätigkeit, auftreten oder bekannt<br />

werden. In solchen Fällen sollte auch der Rechnungsprüfungsausschuss unterrichtet werden, wenn die<br />

dafür entstandenen Gegebenheiten nicht unverzüglich beseitigt werden können. Mit den in der gemeindlichen<br />

Vorschrift benannten Ausschlussgründen werden die Besonderheiten der gemeindlichen Verhältnisse umgesetzt<br />

(vgl. Abbildung).<br />

Ein Dritter darf kein Prüfer sein,<br />

- als Mitglied des Rates der Gemeinde;<br />

Ausschluss und Befangenheit des Prüfers<br />

- als Angehöriger des Bürgermeisters oder des Kämmerers;<br />

- als Angehöriger des Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung oder seines Stellvertreters;<br />

GEMEINDEORDNUNG 927


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10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Ausschluss und Befangenheit des Prüfers<br />

Ein Dritter darf kein Prüfer sein,<br />

- als Beschäftigter der Betriebe der Gemeinde (verselbstständigte Aufgabenbereiche);<br />

- wenn er im Haushaltsjahr bei Führung der Bücher der Gemeinde oder bei der Aufstellung des<br />

Jahresabschlusses mitgewirkt hat;<br />

- wenn er im Haushaltsjahr Finanzdienstleistungen oder Steuerberatungsleistungen für die Gemeinde<br />

erbracht oder eine Rechtsberatung außerhalb der Prüfungstätigkeit durchgeführt hat<br />

- wenn er im Haushaltsjahr Bewertungsleistungen für die Gemeinde erbracht hat, die sich auf den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss auswirken;<br />

- wenn er an der Entwicklung, Einrichtung und Einführung von Rechnungslegungsinformationssystemen<br />

der Gemeinde beteiligt war (Verfahren der Verarbeitung von Geschäftsvorfällen).<br />

Abbildung 186 „Ausschluss und Befangenheit des Prüfers“<br />

Bei einer Verwirklichung der in dieser Vorschrift aufgezählten Ausschlusstatbestände besteht für die betreffende<br />

Person ein Verbot, an der örtlichen Abschlussprüfung mitzuwirken. Außerdem soll durch eine Selbstkontrolle des<br />

Prüfers gewährleistet werden, dass Sachverhalte nicht von denselben Personen geprüft werden, die selbst unmittelbar<br />

an der Entstehung beteiligt waren. Von der Gemeinde ist in diesem Zusammenhang noch zu berücksichtigen,<br />

dass das Verbot, als Prüfer nicht Mitglied des Rates, Angehöriger des Bürgermeisters, des Kämmerers oder<br />

des Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung oder seines Stellvertreters sein zu dürfen, nicht nur bei einer<br />

Verbindung durch eine Ehe gilt. Das Verbot findet auch auf diejenigen Personen Anwendung, die durch eine<br />

Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbunden sind.<br />

1.7 Die Gesamtverantwortung der Gemeinde<br />

Die Gemeinde hat bei der Beauftragung Dritter als Prüfer zu beachten, dass auch in solchen Fällen die Gesamtverantwortung<br />

für die Durchführung bzw. die ordnungsgemäße Erledigung der örtlichen Prüfung vollständig bei<br />

der Gemeinde bleibt. Die örtlich Verantwortlichen, z. B. der Rechnungsprüfungsausschuss oder die örtliche<br />

Rechnungsprüfung als Auftraggeber, werden daher bei an Dritte übertragenen Prüfungsaufgaben nicht aus ihrer<br />

Verantwortung entlassen. Der Dritte als Prüfer wird daher unabhängig von der örtlichen Gestaltung der vertraglichen<br />

Übertragung regelmäßig nur als Erfüllungsgehilfe der Gemeinde tätig.<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung kann sich daher z. B. durch die Übertragung der Jahresabschlussprüfung (ganz<br />

oder teilweise) auf einen Dritten auch nicht selbst aus ihrer Verantwortung für die gesetzlich bestimmte Jahresabschlussprüfung<br />

entlassen. Sie muss vielmehr weiterhin sicherstellen, dass ihr alle notwendigen Prüfungsdaten<br />

und Prüfungsergebnisse rechtzeitig zur Verfügung stehen, um ihrer gesetzlichen Prüfungspflicht rechtzeitig bis<br />

zur Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses (spätestens bis zum 31. Dezember) nachkommen zu<br />

können (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Zur bestehenden Gesamtverantwortung bei den Verantwortlichen der örtlichen Rechnungsprüfung gehört auch,<br />

eine eigenverantwortliche Entscheidung über die Tenorierung und Ausgestaltung des abzugebenden Bestätigungsvermerks<br />

zu treffen, auch wenn der Dritte als Prüfer bereits im Rahmen seiner Prüfungstätigkeit einen Bestätigungsvermerk<br />

abgibt (vgl. § 101 Absatz 8 GO <strong>NRW</strong>). Die Gesamtverantwortung dient daher auch dazu, dass<br />

der Rechnungsprüfungsausschuss ein Prüfungsergebnis erzielen und das Ergebnis seiner Prüfung in einem<br />

zutreffenden Bestätigungsvermerk zusammenfassen kann (vgl. § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 928


2. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Rates<br />

2.1 Die gesetzlichen Aufgaben<br />

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10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Dem Rat der Gemeinde bzw. der gemeindlichen Verwaltung obliegt im Rahmen ihrer eigenständigen und eigenverantwortlichen<br />

Haushaltswirtschaft nicht nur die Entscheidung, mit welchen Aufwendungen welche Leistungen<br />

erbracht werden, sondern auch die örtliche Prüfung, ob die gemeindliche Haushaltswirtschaft ordnungsgemäß<br />

geführt worden ist. Die Prüfung der Abschlüsse der Gemeinde (Jahresabschluss und Gesamtabschluss) umfasst<br />

dabei die Feststellung, ob diese den gesetzlichen Vorschriften, Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen<br />

entsprechen und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermitteln.<br />

Dem Rat kommt deshalb neben seinem Budgetrecht auch eine Kontrollaufgabe für die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

zu.<br />

Die Prüfung der gemeindlichen Abschlüsse ist dem Rechnungsprüfungsausschuss als einen von drei Pflichtausschüssen<br />

des Rates gesetzlich übertragen worden (vgl. § 57 i.V.m. § 59 GO <strong>NRW</strong>). Er soll seine Prüfungstätigkeit<br />

zeitnah zu den Abschlussstichtagen durchführen und dadurch die Beschlüsse des Rates sachverständig<br />

vorbereiten sowie zur Entlastung und Erleichterung der Arbeit des Rates der Gemeinde beitragen. Die Überwachungstätigkeit<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses bezieht sich dabei auf den gesamten Prüfungsablauf, denn<br />

er bedient sich z.B. bei seinen Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung (vgl. § 59 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Durch diese eigenständige und eigenverantwortliche Prüfungstätigkeit wird z.B. die Glaubwürdigkeit der Daten<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses erhöht, denn es soll bei der gemeindlichen Abschlussprüfung eine hohe<br />

Qualität erreicht werden.<br />

Die Prüfungstätigkeit des Rechnungsprüfungsausschusses beginnt i.d.R. mit einem Prüfungsauftrag des Rates,<br />

für dessen Erfüllung sich der Ausschuss der örtlichen Rechnungsprüfung zu bedienen hat, soweit eine solche<br />

besteht. Die Prüfung stellt dabei vorrangig eine gemeindeinterne, verwaltungstechnische Kontrolle dar, z.B. die<br />

Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses nach § 101 GO <strong>NRW</strong>). Eine politische Bewertung und Entscheidung<br />

steht dem Rechnungsprüfungsausschuss dabei nicht zu. Es obliegt dann dem Rat auf der Grundlage des<br />

vom Rechnungsprüfungsausschuss erstellten und vorgelegten Prüfungsberichtes eine Entscheidung zu treffen,<br />

z.B. den ihm vom Bürgermeister zugeleiteten gemeindlichen Jahresabschluss festzustellen.<br />

Der Rat kann dazu bei Bedarf seine Fachausschüsse beteiligen und ggf. den Bürgermeister und den Kämmerer<br />

um Stellungnahmen bitten. Zu den Aufgaben des Rechnungsprüfungsausschusses gehört dabei auch die Klärung<br />

von Fragen zur Unabhängigkeit der Prüfer (vgl. § 104 GO <strong>NRW</strong>) sowie von beauftragten Dritten als Abschlussprüfer<br />

(vgl. § 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>). Dritte können von der örtlichen Rechnungsprüfung oder durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

mit gemeindlichen Prüfungstätigkeiten beauftragt werden (vgl. § 59 Absatz 3 und § 103<br />

Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.2 Die eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss trägt mit seiner Prüfungstätigkeit z.B. zur Verlässlichkeit der im Jahresabschluss<br />

enthaltenen Informationen bei, denn seine Prüfungstätigkeit hat eine Kontroll-, Informations-, Überwachungs-<br />

und Beglaubigungsfunktion. Er hat daher Art und Umfang der erforderlichen Prüfungshandlungen unter<br />

Berücksichtigung der Gegebenheiten bei der Gemeinde eigenverantwortlich und in Kenntnis der Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde nach pflichtgemäßem Ermessen sorgfältig zu bestimmen, sodass von ihm Prüfungsaussagen<br />

mit hinreichender Sicherheit getroffen werden können. Der Rechnungsprüfungsausschuss trägt dabei zu einer<br />

GEMEINDEORDNUNG 929


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10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

gemeindlichen Abschlussprüfung von hoher Qualität bei. Dieses erfordert aber auch seine Unabhängigkeit sowie<br />

eine fachliche Kompetenz.<br />

Bei der Wahl der Prüfungsmethoden und der Prüfungstiefe ist das Ermessen des Ausschusses relativ groß. Es ist<br />

abhängig von den zu prüfenden Sachverhalten und vorliegenden örtlichen Bedingungen. Die Prüfungstätigkeit<br />

des Ausschusses ist so auszugestalten, dass subjektive Prüfungen und Einschätzungen vermieden werden. Es<br />

sollen daher qualitätssichernde Strukturen geschaffen sowie Qualitätskontrollen anhand geeigneter Maßgrößen<br />

durchgeführt werden, um die Prüfungsqualität und die Unabhängigkeit der Prüfer zu sichern. Sem Zusammenhang<br />

besteht auch die Regelung, dass der Rechnungsprüfungsausschuss für die Durchführung seiner Prüfungen<br />

vom Bürgermeister die Aufklärung und Nachweise verlangen kann, die für eine sorgfältige Prüfung der gemeindlichen<br />

Abschlüsse notwendig sind (vgl. § 103 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Rechte und Pflichten aus der Prüfungstätigkeit sowie ein Einsichtsrecht in die gemeindlichen Unterlagen sind<br />

dem Rechnungsprüfungsausschuss als Organ zuzurechnen und nicht einem einzelnen Ausschussmitglied persönlich.<br />

Bei Beteiligungen von Dritten an den Prüfungsaufgaben und der Prüfungstätigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

bleibt die Verantwortung des Rechnungsprüfungsausschusses für die jeweilige Abschlussprüfung<br />

unberührt. Seine eigene Befassung, z.B. mit der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses oder des Gesamtabschlusses,<br />

muss daher immer so ausgestaltet und ausreichend sein, dass der Ausschuss aufgrund seiner<br />

Erkenntnismöglichkeiten ein eigenverantwortliches Urteil zum jeweiligen Prüfungsgegenstand fällen und einen<br />

zutreffenden Bestätigungsvermerk abgeben kann.<br />

2.3 Die Anforderungen an die Ausschussmitglieder<br />

Für die Tätigkeit im Rechnungsprüfungsausschuss des Rates der Gemeinde sind haushaltsrechtlich keine fachlichen<br />

und persönlichen Voraussetzungen bestimmt worden, wie sie z.B. für die Mitglieder im Verwaltungsrat einer<br />

Sparkasse bestehen (vgl. § 12 SpkG <strong>NRW</strong>). Gleichwohl muss ein sachverständiges Mitglied des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

fachlich in der Lage sein, die Prüfungsverpflichtung des Ausschusses mitzutragen und die von<br />

der gemeindlichen Verwaltung zum Prüfungsgegenstand gegebenen Informationen kritisch zu hinterfragen, sodass<br />

im Einzelnen ggf. auch eine fachliche Kompetenz angezeigt ist. Die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

sollten daher über eine ausreichende Sachkenntnis über die gemeindliche Haushaltswirtschaft verfügen.<br />

Sie sollten auch Verständnis für die wirtschaftlichen und rechtlichen Abläufe im haushaltswirtschaftlichen<br />

Geschehen einer Gemeinde sowie für Fragen der gemeindlichen Rechnungslegung (Jahresabschluss und Gesamtabschluss)<br />

und der produktorientierten Steuerung besitzen, um eine möglichst objektive Prüfungstätigkeit zu<br />

gewährleisten.<br />

Die Tätigkeit im Rechnungsprüfungsausschuss erfordert vor allem eine Unabhängigkeit der Ausschussmitglieder,<br />

vergleichbar der Unabhängigkeit der Leitung und der Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung (vgl. § 104 Absatz 3<br />

GO <strong>NRW</strong>). Die Ausschussmitglieder dürfen daher nicht zu den Angehörigen des Bürgermeisters als Leiter der<br />

gemeindlichen Verwaltung zu zählen sein. Zur Vermeidung von Interessenkonflikten sollten grundsätzlich auch<br />

keine wesentlichen geschäftlichen, finanziellen und persönlichen Beziehungen der einzelnen Mitglieder des<br />

Rechnungsprüfungsausschusses zur Gemeinde bestehen, denn diese könnten zum Prüfungsgegenstand im<br />

Rahmen ihrer Ausschusstätigkeit werden.<br />

Die Beurteilung über die persönlichen Verhältnisse der Ausschussmitglieder obliegt dabei dem Rat der Gemeinde,<br />

denn der Rechnungsprüfungsausschuss ist ein Pflichtausschuss des Rates (vgl. § 57 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Außerdem regelt der Rat die Zusammensetzung der Ausschüsse (vgl. § 58 GO <strong>NRW</strong>). Er sollte dabei auch die<br />

fachliche Kompetenz sowie die persönlichen Verhältnisse der Ausschussmitglieder im Blick haben. Zudem sollten<br />

neue Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses, soweit erforderlich, in die Aufgabenbereiche des Ausschusses<br />

in geeigneter Weise eingeführt werden. Dabei sollte ihnen ein umfassender Überblick über die Prüfungstätigkeit<br />

des Ausschusses sowie über ihre Verantwortlichkeiten und Verschwiegenheitspflichten gegeben<br />

GEMEINDEORDNUNG 930


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10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

werden. Dazu gehören alle prüfungsrelevanten Informationen über die Haushaltswirtschaft der Gemeinde, die<br />

gemeindlichen Geschäftsbeziehungen sowie die Chancen und Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der<br />

Gemeinde.<br />

2.4 Die Beteiligung Dritter als Abschlussprüfer<br />

Die Zuständigkeit des Rechnungsprüfungsausschusses für die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

und des Gesamtabschlusses der Gemeinde bewirkt, dass der Ausschuss sich unmittelbar Dritter als Prüfer<br />

bedienen kann, soweit bei der Gemeinde keine örtliche Rechnungsprüfung besteht (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Nicht jede Gemeinde ist verpflichtet, eine örtliche Rechnungsprüfung einzurichten (vgl. § 102 GO <strong>NRW</strong>). Der<br />

Rechnungsprüfungsausschuss ist aber auch dann in die Entscheidung, ob und in welchem Umfang ein Dritter als<br />

Abschlussprüfer tätig werden soll, einzubinden, wenn die örtliche Rechnungsprüfung sich Dritter als Prüfer bedienen<br />

will (vgl. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In solchen Fällen muss eine Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungsprüfungsausschuss, der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

und dem jeweiligen Abschlussprüfer herbeigeführt werden. Eine zutreffende Urteilsgewinnung über<br />

den gemeindlichen Jahresabschluss ist dem Rechnungsprüfungsausschuss nur möglich, wenn die unterschiedlichen<br />

Informationen der Prüfinstanzen im Interesse einer wirksamen und wirtschaftlichen Prüfung zusammengeführt<br />

werden. Die Verantwortung für das Prüfungsurteil verbleibt dabei beim Abschlussprüfer im Rahmen seines<br />

Prüfauftrages. In diesem Sinne muss bei der Jahresabschlussprüfung ein bloßes Nebeneinander von örtlicher<br />

Rechnungsprüfung und Abschlussprüfer oder auch Rechnungsprüfungsausschuss vermieden werden.<br />

Eine bloße Entgegennahme von Informationen durch den Abschlussprüfer dient nicht der Sache. Es muss mindestens<br />

eine gezielte Zusammenführung der verfügbaren Informationen sowie gezielte Abstimmungen über das<br />

Prüfungsgeschehen und die Prüfungsergebnisse geben. Dieser Austausch kann noch dadurch verbessert werden,<br />

dass er in eine Kooperation überführt wird, bei der z. B. von beiden Beteiligten eine gemeinsame Risikobeurteilung<br />

der Prüfungsgegenstände vorgenommen wird. Insgesamt ist eine intensive Zusammenarbeit im Sinne<br />

aller Verantwortlichen der Gemeinde möglich. Es müssen dabei dann die einschlägigen haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften beachtet, die Unabhängigkeit der Prüfer gewahrt und typische Interessenkonflikte im Zusammenhang<br />

mit der Prüfungstätigkeit ausgeräumt bzw. vermieden werden können.<br />

2.5 Die Beteiligung des Finanzausschusses<br />

Aus der haushaltswirtschaftlichen Bedeutung des gemeindlichen Jahresabschlusses heraus ist es sachlich geboten,<br />

nach der Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss, aber vor der Feststellung des Jahresabschlusses<br />

durch den Rat der Gemeinde, den Finanzausschuss zu informieren. Diese Beteiligung würde an die dem<br />

Finanzausschuss gesetzlich obliegenden Aufgaben anknüpfen. Der Ausschuss hat danach die gemeindliche<br />

Haushaltssatzung vorzubereiten und im Rahmen seiner Zuständigkeit die für die Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft erforderlichen Entscheidungen zu treffen (vgl. § 59 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Finanzausschuss könnte das Prüfungsergebnis des Rechnungsprüfungsausschusses im Rahmen seiner<br />

Kenntnisse über die gemeindliche Haushaltswirtschaft beraten und dazu eine Stellungnahme oder Empfehlungen<br />

für die Feststellung oder Bestätigung durch den Rat der Gemeinde abgeben. Der Rat der Gemeinde hat jedoch<br />

eigenverantwortlich darüber zu entscheiden, ob der Finanzausschuss auch im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

zu informieren ist, denn eine solche Beteiligung ist nicht ausdrücklich gesetzlich bestimmt worden.<br />

Eine solche Beteiligung des Finanzausschusses würde sich ebenfalls im Rahmen des Gesamtabschlusses<br />

der Gemeinde anbieten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 931


2.6 Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk<br />

2.6.1 Der Prüfungsbericht<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat über seine Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses nach § 101<br />

GO <strong>NRW</strong>, aber auch über die Prüfung des Gesamtabschlusses der Gemeinde nach § 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>,<br />

jeweils eigenverantwortlich einen Prüfungsbericht zu erstellen. Es ist dabei örtlich zu entscheiden, ob der Prüfungsbericht<br />

adressatenbezogen nur an den Rat der Gemeinde als Auftraggeber gerichtet wird oder ob und in<br />

welchem Umfang der Bericht auch für eine allgemeine Veröffentlichung verfügbar gemacht werden soll. Dem<br />

Prüfungsbericht kommt immer dann eine besondere Vertraulichkeit zu, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

nur gegenüber dem Rat der Gemeinde zu berichten hat und dabei grundsätzlich auch rückhaltlos berichten soll.<br />

Diese Sachlage wirkt sich dann auch auf die Beratungen im Rat der Gemeinde aus. Die nicht öffentlich zugänglichen<br />

Angaben und Prüfungsergebnisse sollten daher im Prüfungsbericht besonders kenntlich gemacht und entsprechend<br />

im Rat beraten werden.<br />

Der gemeindliche Prüfungsbericht sollte grundsätzlich am Bedarf aller Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

ausgerichtet werden, soweit nicht der Adressatenkreis im Rahmen des an den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

erteilten Prüfungsauftrages vom Rat der Gemeinde eingeschränkt worden ist. Die Gemeinde muss<br />

daher bei einer Veröffentlichung des Prüfungsberichtes sachgerecht zwischen öffentlich zugänglichen und nichtöffentlichen<br />

Informationen abwägen. Die Notwendigkeit für eine solche Vorgehensweise kann sich ggf. bereits<br />

aus Datenschutzgründen ergeben. Grundsätzlich bietet es sich jedoch für die Gemeinde an, der Öffentlichkeit<br />

keine Informationen aus dem Prüfungsbericht zu verweigern, sondern offensiv mit dem im Bericht enthaltenen<br />

Prüfungsergebnis umzugehen.<br />

2.6.2 Belegpflichten für Einwendungen<br />

Das Ergebnis der örtlichen Prüfungen soll möglichst in positiver Form dargestellt werden. Nur bei Verstößen sind<br />

Einschränkungen des Bestätigungsvermerks oder Einwendungen möglich, z.B. wenn gesetzliche Vorschriften,<br />

Satzungen oder sonstige ortsrechtliche Bestimmungen nicht beachtet worden sind. Außerdem können zusätzlich<br />

Hinweise gegeben werden, soweit aus Sicht der Prüfer besondere Anmerkungen zu örtlichen Geschäftsvorfällen,<br />

Sachverhalten oder Gegebenheiten zu machen sind. Möglichen Einschränkungen, Einwendungen und Hinweisen<br />

müssen dabei belastbare und belegbare Prüfungserkenntnisse zugrunde liegen. Ein Prüfungsbeleg dient dabei<br />

dem Nachweis eines haushaltswirtschaftlichen Verstoßes sowie seiner richtigen und vollständigen Ermittlung.<br />

Die Prüfungsunterlagen der örtlichen Prüfung müssen deshalb auch danach unterschieden werden, ob und welche<br />

einzelnen Teile als Prüfungsbelege die Grundlage für Einschränkungen des Bestätigungsvermerks und/oder<br />

für Einwendungen darstellen. Solche Prüfungsbelege müssen daher die notwendigen Hinweise enthalten, um<br />

eine Verbindung zum Bestätigungsvermerk oder den im Prüfungsbericht enthaltenen Einwendungen herstellen zu<br />

können. Deren Richtigkeit kann nur anhand der damit zusammenhängenden Belege überprüft werden. Das Belegprinzip<br />

bildet deshalb ein wichtiges Erfordernis zur Sicherstellung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Prüfungsaussagen<br />

im Rahmen der örtlichen Prüfung.<br />

2.6.3 Der Bestätigungsvermerk<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat eigenverantwortlich das Ergebnis seiner Prüfung in einem Bestätigungsvermerk<br />

zusammenzufassen und eine Beurteilung des Prüfungsergebnisses vorzunehmen. Im Bestätigungsvermerk<br />

ist dabei der Prüfungsgegenstand sowie die Art und der Umfang der Prüfung zu beschreiben. Er hat ferner<br />

eine Beurteilung des Prüfungsergebnisses allgemeinverständlich und problemorientiert unter Berücksichtigung<br />

des Umstandes zu enthalten, dass der Rat und der Verwaltungsvorstand der Gemeinde den Jahresabschluss zu<br />

GEMEINDEORDNUNG 932


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

verantworten haben. Diese Feststellungen in Form eines Bestätigungsvermerks unterliegen dabei keinen Beschränkungen<br />

(vgl. § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Ob und in welchem Umfang der Bestätigungsvermerk des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

dabei auf ihm vorgelegten Bestätigungsvermerken der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

oder Dritter als Prüfer aufgebaut wird, liegt in der Verantwortung des Ausschusses.<br />

Der Ausschuss kann einen Bestätigungsvermerk aber auch mit Einschränkungen abgegeben und bei Vorliegen<br />

besonderer Gründe den Bestätigungsvermerk auch versagen. Der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über<br />

seine Versagung ist zudem immer vom Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses eigenhändig zu unterzeichnen,<br />

soweit er nicht verhindert ist (vgl. § 101 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>). Der Ausschussvorsitzende bringt deshalb<br />

mit seiner Unterschrift im Sinne der Prüfungszuständigkeit des Ausschusses zum Ausdruck, dass die Prüfung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses durch das Gremium „Rechnungsprüfungsausschuss“ abgeschlossen<br />

ist. Dieses beinhaltet, dass der Bestätigungsvermerk aus der Verantwortung des gesamten Ausschusses heraus<br />

richtig und vollständig ist und und nicht aus der Verantwortung des Vorsitzenden heraus.<br />

3. Die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

3.1 Die Prüfungsaufgaben<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung der Gemeinde erfüllt verschiedene Aufgaben und nimmt daher unterschiedliche<br />

Funktionen im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft wahr. Sie erfolgt nicht nur Überprüfung der Einhaltung<br />

der haushaltswirtschaftlichen Vorgaben durch die gemeindliche Verwaltung. Die örtliche Rechnungsprüfung<br />

soll auch feststellen, ob im abgelaufenen Haushaltsjahr die gemeindliche Haushaltswirtschaft entsprechend dem<br />

Auftrag des Rates ausgeführt wurde. Es sind vielfältige Prüfungsaufgaben zu erfüllen (vgl. Abbildung).<br />

AUFGABEN<br />

- die Prüfung des Jahresabschlusses,<br />

Örtliche Prüfungsaufgaben<br />

- die Prüfung der Jahresabschlüsse der in § 97 Absatz<br />

1 Nummern 1, 2 und 4 GO <strong>NRW</strong> benannten Sondervermögen,<br />

- die Prüfung des Gesamtabschlusses,<br />

- die laufende Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung<br />

der Gemeinde,<br />

- die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung<br />

der Gemeinde und ihrer Sondervermögen sowie die<br />

Vornahme der Prüfungen,<br />

- bei Durchführung der Finanzbuchhaltung mithilfe<br />

automatisierter Datenverarbeitung (DV-Buchführung)<br />

der Gemeinde und ihrer Sondervermögen die Prüfung<br />

der Programme vor ihrer Anwendung,<br />

- die Prüfung der Finanzvorfälle gemäß § 100 Absatz 4<br />

der Landeshaushaltsordnung,<br />

GEMEINDEORDNUNG 933<br />

PRÜFUNGSVORSCHRIFTEN<br />

§ 101 und § 103 Absatz 1<br />

Nummer 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 1<br />

Nummer 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 1<br />

Nummer 3 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 1<br />

Nummer 4 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 1<br />

Nummer 5 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 1<br />

Nummer 6 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 1<br />

Nummer 7 GO <strong>NRW</strong>


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

AUFGABEN<br />

- die Prüfung von Vergaben,<br />

Örtliche Prüfungsaufgaben<br />

- die Prüfung der Verwaltung auf Zweckmäßigkeit und<br />

Wirtschaftlichkeit (vom Rat übertragen),<br />

- die Prüfung der Betätigung der Gemeinde als Gesellschafter,<br />

Aktionär oder Mitglied in Gesellschaften und<br />

anderen Vereinigungen des privaten Rechts oder in<br />

der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts<br />

gemäß § 114a sowie die Buch- und Betriebsprüfung,<br />

die sich die Gemeinde bei einer Beteiligung, bei der<br />

Hingabe eines Darlehens oder sonst vorbehalten hat<br />

(vom Rat übertragen),<br />

- weitere örtlich geprägte Prüfungsaufgaben<br />

(vom Rat übertragen),<br />

- Prüfungsaufträge aus Anlass von Rechtsverstößen,<br />

(vom Bürgermeister beauftragt)<br />

- Prüfungsaufträge aus Anlass von Schadensfällen,<br />

(vom Bürgermeister beauftragt)<br />

- Prüfungsaufträge wegen erhaltener Zuwendungen,<br />

(vom Bürgermeister beauftragt)<br />

- Prüfungsaufträge aus sonstigen örtlichen Anlässen.<br />

(vom Bürgermeister beauftragt)<br />

- Kontrollaufträge wegen Korruption,<br />

(beauftragt von Land als Gesetzgeber)<br />

- Kontrollaufträge bei Ausgleichszahlungen,<br />

(beauftragt von der EU als Gesetzgeber)<br />

Abbildung 187 „Örtliche Prüfungsaufgaben“<br />

GEMEINDEORDNUNG 934<br />

PRÜFUNGSVORSCHRIFTEN<br />

§ 103 Absatz 1<br />

Nummer 8 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 2<br />

Nummer 1 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 2<br />

Nummer 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong><br />

Korruptionsbekämpfungsgesetz<br />

Europarecht<br />

Die Möglichkeit der örtlichen Prüfung, auch Dritte für die Durchführung ihrer Prüfungsaufgaben heranzuziehen,<br />

verbessert dabei die Objektivität der Prüfungen.<br />

3.2 Die Prüfungstätigkeit<br />

Mit ihrer Unabhängigkeit nach § 104 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> gewährleistet die örtliche Rechnungsprüfung gegenüber<br />

dem Rat der Gemeinde, dass die erforderlichen Verwaltungsprozesse ordnungsgemäß ablaufen und dabei<br />

die rechtlichen Vorgaben beachtet werden. Der Rat soll sich bei seinen Entscheidungen darauf verlassen können<br />

(Vertrauensfunktion). Zugleich schafft die örtliche Rechnungsprüfung eine Transparenz über das Verwal-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

tungshandeln zur Unterstützung der Verantwortlichen in der Verwaltung und für den Rat (Informationsfunktion).<br />

Diese Gegebenheiten erfordern, dass die örtliche Rechnungsprüfung dem Kämmerer und dem Bürgermeister<br />

die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme einräumt, bevor sie einen Bestätigungsvermerk aus ihrer Jah-<br />

resabschlussprüfung erstellt. In einer anschließenden Schlussbesprechung können dann ggf. noch bestehende<br />

Meinungsverschiedenheiten und Unklarheiten beseitigt werden, die aus unterschiedlichen Gründen und Gegebenheiten<br />

entstanden sind und Auswirkungen auf das vorgesehene Prüfungsergebnis haben könnten.<br />

Ein unmittelbares Controlling der gemeindlichen Verwaltung, dem eine Aufbereitung und Auswahl von Steuerungsinformationen<br />

für die Verantwortlichen der Gemeinde zukommt, stellt die örtliche Rechnungsprüfung jedoch<br />

nicht dar. Vielmehr gilt es z. B. bei der laufenden Prüfung der Vorgänge in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung<br />

nach § 103 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong>, den Verantwortlichen der Gemeinde zu ermöglichen, von der<br />

Planung abweichende Entwicklungen und Tendenzen zu erkennen. Sie sollen dann ggf. Geschäftsprozesse und<br />

Verwaltungsabläufe der erforderlichen gemeindlichen Aufgabenerfüllung entsprechend anpassen. Die örtliche<br />

Rechnungsprüfung ist deshalb gleichwohl ein Teil des gemeindlichen Steuerungs- und Überwachungssystems.<br />

Sie sollte insbesondere unter strategischen Gesichtspunkten für eine Weiterentwicklung offen sein. Insgesamt<br />

gesehen werden durch die örtliche Rechnungsprüfung Kontroll-, Unterstützungs-, Beratungs- und Präventivaufgaben<br />

unter Einbeziehung des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde wahrgenommen.<br />

3.2 Die Beratungstätigkeit<br />

Der Nutzen aus der Arbeit der örtlichen Rechnungsprüfung sollte für die gemeindliche Aufgabenerfüllung auch<br />

durch eine bedarfsgerechte Beratung erkennbar gemacht werden, auch wenn der Nutzen nicht in jedem Einzelfall<br />

in Geldeinheiten messbar wird. Die Tätigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung erfordert daher eine entsprechende<br />

Kommunikation mit den Verantwortlichen in der Gemeinde und eine Mitwirkung im Ablauf der gemeindlichen<br />

Geschäftsprozesse. Es ist zweckmäßig, frühzeitig auch dadurch möglichen Fehlentwicklungen in der<br />

Gemeinde vorzubeugen. Die Beratung baut zudem auf den Prüfungserfahrungen der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

auf. Sie muss aber perspektivisch so ausgestaltet werden, dass Lösungen für ein künftiges wirtschaftliches<br />

Handeln der Gemeinde gefunden werden können, obwohl die Prüfungserfahrungen und die Prüfungstätigkeit<br />

vergangenheitsbezogen sind.<br />

Die Beratungstätigkeit kann dabei als Vorfeld der Prüfungstätigkeit betrachtet werden. Die örtliche Rechnungsprüfung<br />

hat dabei zu beurteilen, ob und in welchem Umfang ein Prüfer als Berater auch auf einem vom ihm<br />

prüferisch betreuten Aufgabengebiet bzw. gemeindlichen Geschäftsfeld tätig sein darf. Eine förmliche Beratungstätigkeit<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung im Sinne einer gesonderten Beauftragung scheidet dabei aus,<br />

denn der Rat und der Bürgermeister können der örtlichen Rechnungsprüfung nur Prüfungsaufträge erteilen (vgl.<br />

§ 103 Absatz 2 und 3 GO <strong>NRW</strong>). Soweit im Rahmen der Prüfungstätigkeit jedoch zweckdienliche Hinweise und<br />

Empfehlungen gegeben werden, sind diese nicht einer Beratungstätigkeit zuzurechnen, denn sie dienen der<br />

Ergänzung und Klarstellung im Rahmen der prüferischen Tätigkeit.<br />

Die Beratungstätigkeit kann daher in Form einer allgemeinen Begleitung wichtiger gemeindlicher Geschäftsprozesse,<br />

Vorhaben und Investitionsmaßnahmen ausgeübt werden, z.B. auch durch die Teilnahme an den Sitzungen<br />

des Verwaltungsvorstands der Gemeinde (vgl. § 70 GO <strong>NRW</strong>). Die Unabhängigkeit der Prüfer erfordert<br />

dabei, dass eine solche Begleitung im Zusammenhang mit der prüferischen Tätigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

stehen muss. Sie erfordert jedoch noch keinen konkreten Prüfungsauftrag im Einzelfall. Eine Beratungstätigkeit<br />

endet aber immer dort, wo eine konkrete Prüfungstätigkeit beginnt. In diesem Sinne wird die örtliche<br />

Rechnungsprüfung durch ihre Tätigkeit auch vorbeugend dahingehend tätig, dass für die Nichteinhaltung von<br />

Rechtsvorschriften und für unzulässige Handlungen ein Entdeckungsrisiko besteht (Präventivfunktion).<br />

GEMEINDEORDNUNG 935


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

4. Die Vorschriften über die örtliche Rechnungsprüfung<br />

4.1 Die Gesamtübersicht über die Vorschriften<br />

Der 10. Teil der Gemeindeordnung enthält folgende Vorschriften (vgl. Abbildung).<br />

Die Vorschriften im 10. Teil der Gemeindeordnung<br />

10. Teil<br />

Rechnungsprüfung<br />

4.2 Die Vorschriften im Einzelnen<br />

GEMEINDEORDNUNG 936<br />

§ 101 Prüfung des Jahresabschlusses, Bestätigungsvermerk<br />

§ 102 Örtliche Rechnungsprüfung<br />

§ 103 Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

§ 104 Leitung und Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

§ 105 Überörtliche Prüfung<br />

Abbildung 188 „Die Vorschriften im 10. Teil der Gemeindeordnung“<br />

Der 10. Teil der Gemeindeordnung enthält im Einzelnen folgende Vorschriften zur Rechnungsprüfung:<br />

- § 101 Prüfung des Jahresabschlusses, Bestätigungsvermerk<br />

Der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde nach § 96 GO <strong>NRW</strong><br />

muss eine örtliche Prüfung als eine gemeindeinterne verwaltungstechnische Kontrolle vorausgehen. Das<br />

Ergebnis der Prüfung spiegelt sich in einem Bestätigungsvermerk wieder, der uneingeschränkt oder eingeschränkt<br />

erteilt oder versagt werden kann. Im Bestätigungsvermerk sind dabei der Gegenstand, die Art und<br />

der Umfang der Prüfung zu beschreiben. Dazu sind die angewandten Rechnungslegungsgrundsätze und<br />

Prüfungsgrundsätze anzugeben. Außerdem ist vor der Abgabe des Prüfungsberichtes durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

an den Rat dem Bürgermeister, ggf. auch dem Kämmerer, Gelegenheit zur Stellungnahme<br />

zum Prüfungsergebnis zu geben.<br />

- § 102 Örtliche Rechnungsprüfung<br />

Für jede Gemeinde besteht die Verpflichtung zur örtlichen Prüfung. Dazu haben die kreisfreien Städte, die<br />

Großen und die Mittleren kreisangehörigen Städte die Aufgabe „Örtliche Rechnungsprüfung“ zu erfüllen. Zu<br />

ihrer Erledigung wird regelmäßig eine Organisationseinheit innerhalb der gemeindlichen Verwaltung eingerichtet.<br />

Die übrigen Gemeinden sollen eine Organisationseinheit „Örtliche Rechnungsprüfung“ einrichten,<br />

wenn bei ihnen dafür ein Bedürfnis besteht und die Kosten in angemessenem Verhältnis zum Nutzen stehen.<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung bleibt dabei organisatorisch ein aufgabenbezogenes Teilgebiet der gemeindlichen<br />

Verwaltung, auch wenn die örtliche Rechnungsprüfung nach § 104 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> unmittelbar<br />

dem Rat gegenüber verantwortlich und ihm in ihrer sachlichen Tätigkeit unmittelbar unterstellt ist.<br />

- § 103 Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

Die Vorschrift enthält die gesetzlich bestimmten Pflichtaufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung unter Berücksichtigung<br />

der gesamten gemeindlichen Haushaltswirtschaft, die förmlich, sachlich und rechnerisch zu<br />

prüfen sind. Im Sinne dieser Vorschrift sind unter dem Begriff „Prüfung“ die Tätigkeiten zu verstehen, die als<br />

Überwachungsmaßnahmen unabhängig von den Arbeitsabläufen in der gemeindlichen Verwaltung vorgenommen<br />

werden und durch die festgestellt werden soll, ob das wirtschaftliche Handeln der Gemeinde normgerecht<br />

erfolgt. Die örtliche Rechnungsprüfung soll daher eine „begleitende“ Prüfung darstellen und wird<br />

nicht erst zu einem Zeitpunkt aktiv werden, zu dem Verwaltungsentscheidungen kaum noch umkehrbar sind.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die gesetzlich bestimmten Prüfungsaufgaben führen u.a. zu einer Rechtmäßigkeitsprüfung des haushaltswirtschaftlichen<br />

Handelns der Gemeinde, die aber auch die Einhaltung der gemeindlichen Haushaltsgrundsätze<br />

umfasst, z.B. den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Auch die Auftragserteilung durch den Rat und den Bürgermeister an die örtliche Rechnungsprüfung sowie<br />

die Möglichkeit, einen Dritten als Prüfer zu beauftragen einschließlich der Festlegung, unter welchen Voraussetzungen<br />

ein Dritter nicht Prüfer sein darf, ist Gegenstand einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung.<br />

- § 104 Leitung und Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung hat innerhalb der gemeindlichen Verwaltung eine Sonderstellung inne, weil<br />

sie dem Rat der Gemeinde unmittelbar verantwortlich und in ihrer sachlichen Tätigkeit ihm unmittelbar unterstellt<br />

sowie von fachlichen Weisungen frei ist. Die Vorschrift enthält daher besondere die Unabhängigkeit der<br />

Prüfer sichernde Bestimmungen, um den Ausschluss jeglicher Einflussnahme der von der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

zu prüfenden Stellen zu erreichen, damit eine objektive und effektive Prüfung durchgeführt<br />

wird. Die Unabhängigkeit der Prüfer ist für die Anerkennung der Prüfungsergebnisse durch den Rat und die<br />

Bürgerinnen und Bürger als Adressaten von grundlegender Bedeutung. Sie erhöht für die Adressaten den<br />

Wert der gegebenen Informationen über die formelle und materielle Richtigkeit der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

sowie über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde.<br />

- § 105 Überörtliche Prüfung<br />

Die überörtliche Prüfung ist - wie die örtliche Prüfung der Gemeinde - ein unverzichtbares Instrument für eine<br />

Kontrolle der Gesetz- und Ordnungsmäßigkeit des wirtschaftlichen Handelns der Gemeinde sowie der<br />

haushaltswirtschaftlichen Geschäftsvorfälle der gemeindlichen Verwaltung. Die überörtliche Prüfung soll eine<br />

fachkundige Prüfung der Gemeinden unter den Gesichtspunkten der staatlichen Aufsicht ermöglichen.<br />

Die Prüfung wurde der Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen zur zentralen Aufgabenerledigung<br />

übertragen. Wegen der Tätigkeit der Gemeindeprüfungsanstalt ist es geboten, die Aufsichtsbehörden möglichst<br />

frühzeitig in die vorgesehenen Prüfungen bei den Gemeinden einzubinden. Die Einbeziehung in das<br />

Prüfungsgeschehen sollte nicht erst erfolgen, wenn die überörtliche Prüfung bei den einzelnen Gemeinden<br />

abgeschlossen ist.<br />

5. Die örtliche Rechnungsprüfungsordnung<br />

5.1 Die Inhalte einer Rechnungsprüfungsordnung<br />

Die Aufgaben, Befugnisse und Prüfungshandlungen der örtlichen Rechnungsprüfung können von der Gemeinde<br />

zur besseren Nachvollziehbarkeit der Handlungen und Verfahren in einer Rechnungsprüfungsordnung zusammengefasst<br />

werden. In einem solchen Regelwerk können angemessene Grundsätze und Verfahren festgelegt<br />

werden, um die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Prüfer zu gewährleisten und ein unbefugtes Eingreifen<br />

Dritter in das Prüfungsgeschehen zu verhindern.<br />

Das Regelwerk stellt einerseits eine Übersicht dar, weil der örtlichen Rechnungsprüfung vielfach auch durch andere<br />

Rechtsvorschriften als die Gemeindeordnung besondere Prüfungsaufgaben zugewiesen werden. Andererseits<br />

werden Zuständigkeiten, Verfahren und Aufgaben sowie Rechte und Pflichten der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

nachvollziehbar gemacht. Der Rat der Gemeinde und der Bürgermeister können der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

weitere Aufgaben übertragen können (vgl. § 103 Absatz 2 und 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In einer örtlichen Rechnungsprüfungsordnung kann auch geregelt werden, dass die gemeindliche Verwaltung<br />

beim Vorliegen bestimmter Sachverhalte zu Informationen gegenüber der örtlichen Rechnungsprüfung verpflichtet<br />

ist. Auch kann eine Rechnungsprüfungsordnung Verpflichtungen für die örtliche Rechnungsprüfung enthalten,<br />

in bestimmten Fällen den Rechnungsprüfungsausschuss oder den Rat darüber zu unterrichten. Für die Ausgestaltung<br />

einer örtlichen Rechnungsprüfungsordnung ist daher die Gemeinde selbst verantwortlich. Sie kann sich<br />

GEMEINDEORDNUNG 937


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

deshalb auch eine Rechnungsprüfungsordnung geben. Ein Beispiel dafür stellt die Rechnungsprüfungsordnung<br />

für den Landschaftsverband Rheinland vom 28.09.2001 dar (vgl. SGV. <strong>NRW</strong>. 630). Mögliche Regelungsinhalte<br />

für eine örtliche Rechnungsprüfungsordnung werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Inhalte einer örtlichen Rechnungsprüfungsordnung<br />

ABSCHNITTE<br />

Geltungsbereich<br />

Rechtliche Stellung<br />

Organisationsform<br />

Persönliche<br />

Anforderungen<br />

Gesetzliche Aufgaben<br />

Übertragene Aufgaben<br />

Vorprüfung<br />

Auskunftsrecht<br />

Unterlagen<br />

Zutrittsrechte<br />

Aufgabenübertragung<br />

an Dritte<br />

Prüfungsberichte<br />

Unterrichtungspflicht<br />

Qualitätskontrollen<br />

GEMEINDEORDNUNG 938<br />

INHALTE<br />

- Rahmen und Grundsätze für die Tätigkeit.<br />

- Unmittelbare Verantwortlichkeit gegenüber dem Rat und<br />

sachliche Unterstellung (vgl. § 104 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

- Einbindung in die gemeindliche Verwaltung, Dienstvorgesetzter<br />

der Prüferinnen und Prüfer.<br />

- Verwandtschaftsverbot (vgl. § 104 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

- fachliche Eignung.<br />

- Selbstprüfungsverbot.<br />

- Ausschlussgründe (vgl. § 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

- Aufgabenkatalog nach § 103 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>.<br />

- Aufgaben durch den Rat und Bürgermeister übertragen<br />

(vgl. § 103 Absatz 2 und 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

- Prüfung der Finanzvorfälle gemäß § 100 Absatz 4 der<br />

Landeshaushaltsordnung.<br />

- Recht auf Aufklärung und Informationen, die für eine<br />

sorgfältige Rechnungsprüfung notwendig sind.<br />

- Recht auf Vorlage von Vorschriften, Verfügungen und<br />

Nachweisen, die für eine sorgfältige Rechnungsprüfung<br />

notwendig sind.<br />

- Recht auf Zutritt zu den Geschäftsräumen, wenn dieses<br />

für eine sorgfältige Rechnungsprüfung notwendig ist.<br />

- Einschaltung Dritter als Prüfer, Auswahlverfahren, Beteiligung<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses (vgl. § 103<br />

Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

- Erstellung von Prüfungsberichten entsprechend der<br />

Prüfungsaufgaben.<br />

- Erstellung eines jährlichen Tätigkeitsberichtes<br />

- Vorlagepflichten.<br />

- Gesetzliche und vereinbarte Unterrichtungspflichten<br />

gegenüber, z.B. Rat, Ausschüsse, Bürgermeister u.a.<br />

- Aufbau qualitätssichernder Strukturen, Sicherung der<br />

Prüfungsqualität und der Unabhängigkeit der Prüfer durch<br />

Kontrollen anhand geeigneter Maßgrößen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Inhalte einer örtlichen Rechnungsprüfungsordnung<br />

ABSCHNITTE<br />

Geltungsdauer<br />

GEMEINDEORDNUNG 939<br />

INHALTE<br />

- In-Kraft-Treten und zeitliche Bestimmung des Außer-<br />

Kraft-Tretens oder der Geltungsdauer.<br />

Abbildung 189 „Inhalte einer örtlichen Rechnungsprüfungsordnung)“<br />

Eine örtliche Rechnungsprüfungsordnung sollte auch die Stellung der örtlichen Rechnungsprüfung innerhalb der<br />

gemeindlichen Verwaltung entsprechend ihrer Funktion herausheben und verdeutlichen.<br />

5.2 Die Ergänzung durch eine Dienstanweisung<br />

Die örtliche Rechnungsprüfungsordnung und die haushaltsrechtlichen Vorschriften können noch um eine Dienstanweisung<br />

ergänzt werden, um den inneren Dienstbetrieb und die Aufgabenwahrnehmung näher zu bestimmen.<br />

Die Dienstanweisung sollte die Erledigung des örtlichen Prüfungsgeschäftes zum Inhalt haben, z.B. Vorgaben zur<br />

Gestaltung der Prüfungsberichte, zu deren Unterzeichnung, zur Befangenheit der Prüfer, zu Qualitätskontrollen<br />

und zur Aufbewahrung der Unterlagen.<br />

Der Erlass einer örtlichen Dienstanweisung ist jedoch erforderlich, wenn auf eine eigenständige Rechnungsprüfungsordnung<br />

verzichtet wird. Der Bürgermeister hat dann in Zusammenarbeit mit dem Rat der Gemeinde und<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung möglichst im Einvernehmen den Erlass einer Dienstanweisung zu klären. Die<br />

Einbindung des Rates ist geboten, denn die örtliche Rechnungsprüfung ist dem Rat gegenüber unmittelbar verantwortlich<br />

und ihm in ihrer sachlichen Tätigkeit unmittelbar unterstellt (vgl. § 104 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

6. Der Grundsatz der Wesentlichkeit bei der örtlichen Prüfung<br />

Bei der örtlichen Prüfung soll u.a. erreicht werden, dass möglichst unzutreffende Angaben und Daten in den Prüfungen<br />

aufgedeckt werden. Derartige Inhalte wirken sich wegen ihrer Fehlerhaftigkeit oder Bedeutung regelmäßig<br />

auf das durch den gemeindlichen Abschluss zu vermittelnde Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde aus.<br />

Die örtliche Prüfung muss daher in sich schlüssig und willkürfrei sein, sodass das Prüfungsergebnis logisch aus<br />

objektiven Gegebenheiten ableitbar ist, auch wenn ein allgemeines Prüfungsrisiko besteht.<br />

In den gemeindlichen Abschlüssen müssen zwar grundsätzlich alle Bilanzierungssachverhalte (einzeln) erfasst<br />

werden. Unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit muss jedoch zwischen den Kosten und dem Informationszuwachs<br />

ein angemessenes Verhältnis bestehen. Außerdem kann es notwendig werden, zwischen konkurrierenden<br />

Sachverhalten eine Abwägung nach vernünftiger Beurteilung vorzunehmen. Aus den Pflichten, Wahlrechten und<br />

Verboten für die Gemeinde können sich ggf. Zielkonflikte ergeben, die es zu lösen gilt. Eine Konzentration auf<br />

entscheidungsrelevante Sachverhalte soll dabei möglichst vermieden werden.<br />

Die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses sowie des Gesamtabschlusses der Gemeinde beinhaltet aber<br />

auch die Beachtung des Vorsichtsprinzips, des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und des Grundsatzes der Wesentlichkeit.<br />

Der Grundsatz der Wesentlichkeit konkretisiert den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit insoweit, als er<br />

bestimmt, dass aus der Anwendung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit nur dann Vereinfachungen begründet<br />

werden können, wenn sich hieraus keine Informationsnachteile für die Adressaten der gemeindlichen Abschlüsse<br />

ergeben. Der Grundsatz kann dabei quantitativ in einem bestimmten Wert als auch qualitativ in einer Eigenschaft


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

zur Anwendung kommen. Die dafür notwendigen Bezugsgrößen, die im Zusammenhang mit der Aufgabe der<br />

Abschlüsse, ein Bild über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde darzustellen, sind dazu im Einzelnen im Rahmen<br />

der Abschlussprüfung festzulegen, ggf. auch im Ablauf der Prüfung anzupassen.<br />

Die im Rahmen der gemeindlichen Abschlüsse zu gebenden Informationen sind dann als wesentlich anzusehen,<br />

wenn durch ihr Weglassen oder ihre fehlerhafte oder unvollständige Darstellung die auf einer solchen Basis getroffenen<br />

wirtschaftlichen Entscheidungen der Abschlussadressaten beeinflusst werden können. Eine Relevanz<br />

ist daher z.B. anzunehmen, wenn die Informationen dadurch die Adressaten beeinflussen, dass sie ihnen bei der<br />

Beurteilung von vergangenen, aktuellen oder zukünftigen Ereignissen helfen oder ihre Beurteilung bestätigten<br />

oder korrigieren. Entscheidungsrelevante Informationen sollen deshalb in den gemeindlichen Abschlüssen ausgewiesen<br />

werden. Die gemeindlichen Abschlüsse sind nur verständlich und akzeptabel und die Informationen<br />

bedeutsam, wenn seitens der Gemeinde auch alle wesentlichen Informationen gegeben werden.<br />

Die Wesentlichkeitsgrenze für die örtliche Prüfung ist dabei aus der Bedeutung der örtlichen Abschlüsse der Gemeinde<br />

abzuleiten, wobei keine unterschiedliche Abgrenzung bezogen auf deren einzelne Bestandteile erfolgen<br />

soll. Sie ist davon abhängig, wie sich die wirtschaftlichen Entscheidungen und die daraus entstehenden Informationen<br />

auf die Adressaten der gemeindlichen Abschlüsse auswirken. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass<br />

mehrere Abweichungen für sich allein betrachtet als unwesentlich anzusehen sind, zusammen aber durchaus als<br />

wesentlich zu bewerten sind. Im Zweifelsfall ist erforderlich, zutreffende Informationen über die Abweichung zu<br />

erhalten, sodass ggf. für die notwendig gewordene Entscheidung eine überschlägige Ermittlung erforderlich werden<br />

kann. Die Entscheidung über die Festlegung einer Wesentlichkeit soll in den Prüfungsunterlagen in geeigneter<br />

Weise dokumentiert werden.<br />

Innerhalb einer Abschlussprüfung kann es zudem erforderlich werden, für bestimmte gemeindliche Sachverhalte<br />

oder Geschäftsvorfälle eine gesondert abgegrenzte Wesentlichkeit festzulegen, um den spezifischen Anforderungen<br />

zu genügen. Außerdem ist es sachgerecht, die Wesentlichkeitsgrenze und deren Bezugsgrößen für jeden<br />

gemeindlichen Abschluss neu festzulegen, auch wenn sich aus der Überprüfung ergeben kann, dass keine Veränderung<br />

gegenüber dem Vorjahr notwendig ist. Das Ergebnis sollte in den Prüfungsunterlagen dokumentiert<br />

werden. Der Vergleich mit dem Vorjahr kann zudem ergeben, dass es für die Festlegung der Wesentlichkeit<br />

nunmehr geeignetere Bezugsgrößen gibt. Diese Größen sollten dann auch zur Anwendung bei der neuen Abschlussprüfung<br />

kommen.<br />

7. Die Prüfungsansätze der örtlichen Prüfung<br />

Im Rahmen der örtlichen Prüfung bzw. der örtlichen Rechnungsprüfung bestehen je nach Prüfungsgegenstand<br />

unterschiedliche Prüfungsmethoden und Prüfungsansätze. So kann bei einer Jahresabschlussprüfung unterschiedlich<br />

verfahren werden. Der Umfang und die Art der Prüfung sind abhängig davon, ob und wie die laufende<br />

Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung der Vorbereitung der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

gedient hat (vgl. § 103 Absatz 1 Nrn. 4 bis 6 GO <strong>NRW</strong>). In diese Beurteilung und Entscheidung ist auch<br />

die örtlich durchgeführte dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde sowie die Programmprüfung<br />

für die Durchführung der Finanzbuchhaltung mithilfe automatisierter Datenverarbeitung (DV-<br />

Buchführung) einzubeziehen.<br />

Vor diesem Hintergrund wird die Abschlussprüfung nicht mehr an den einzelnen Geschäftsvorfällen der Gemeinde<br />

ausgerichtet. Vielmehr werden die Prüfungshandlungen systemorientiert ausgestaltet, sodass eine Angemessenheits-<br />

und Wirksamkeitsprüfung stattfindet, also die Funktionsfähigkeit und die Zweckmäßigkeit des von der<br />

Gemeinde „angewandten Systems“ zur Prüfungsgrundlage wird. Die Durchführung erfordert, dass dem Prüfungsablauf<br />

bei der Gemeinde eine Analyse möglicherweise dort auftretender Fehler und Risiken vorangeht und der<br />

Umgang damit unter Berücksichtigung der Auswirkungen solcher Fehler beurteilt werden kann.<br />

GEMEINDEORDNUNG 940


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die Erkenntnisse aus einer solchen Beurteilung bestimmen dann die Vorgehensweise bei der Durchführung der<br />

Abschlussprüfung (Prüfungsstrategie und Prüfungsprogramm). Sind z.B. Mängel der gemeindlichen Finanzbuchhaltung<br />

aus der Abwicklung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle bekannt, beeinflusst eine solche Erkenntnis die<br />

dort durchzuführende Prüfung. Es sind aber auch falsche Angaben oder sonstige Unrichtigkeiten in den Abschlüssen,<br />

z. B. aufgrund von Schreib- oder Rechenfehlern, hinsichtlich ihrer Bedeutung zu beurteilen. Dazu<br />

gehört auch die Beurteilung einer unzutreffenden Einordnung gemeindlicher Geschäftsvorfälle im Rahmen der<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde. In diesem Zusammenhang muss auch eingeschätzt werden, ob falsche Angaben<br />

oder Daten beabsichtigt oder unbeabsichtigt gemacht worden sind.<br />

Im Rahmen der Abschlussprüfung können Risiken bestehen, sodass trotz wesentlicher Fehler im gemeindlichen<br />

Jahresabschluss ein positives Prüfungsurteil durch den Abschlussprüfer abgegeben wird. Der Abschlussprüfer<br />

benötigt daher vielfach spezifisches Wissen über die Gemeinde, um die örtlichen Systeme und Verwaltungsabläufe,<br />

Ressourcen und Verantwortlichkeiten begutachten zu können. Der Abschlussprüfer sollte sich daher auch<br />

ein Bild über die Geschäftstätigkeit der Gemeinde sowie ihr Umfeld verschaffen und ggf. auch einen Zeitreihenvergleich<br />

aufbauen. Dabei gilt es, während der gesamten Durchführung der Abschlussprüfung kontinuierlich weitere<br />

Informationen zu sammeln und diese hinsichtlich ihrer Einbeziehung in das Prüfungsgeschehen zu würdigen<br />

und ggf. zu nutzen. Insbesondere prägen erhaltene Indizien für erhöhte Risiken im Rahmen der Prüfung die weiteren<br />

Prüfungshandlungen.<br />

Abhängig von den örtlichen Gegebenheiten kann es zudem erforderlich sein, einen mehrstufigen Informationsund<br />

Entscheidungsprozess vor Ort durchzuführen, um festzustellen, ob die vorgefundenen Gegebenheiten den<br />

jeweils geltenden Normen entsprechen. Insbesondere in den Fällen, in denen keine analytischen Prüfungshandlungen<br />

möglich sind oder nicht zu ausreichenden Prüfungsaussagen führen, sind ggf. einzelfallbezogene Prüfungshandlungen<br />

durch den Abschlussprüfer geboten. Zu solchen Prüfungshandlungen sind z. B. die Inventurbeobachtung,<br />

die Vorlage von Saldenbestätigungen, eigene Berechnungen als Nachprüfung der Abwicklung von<br />

Geschäftsvorfällen, die Anwendung von gemeindeeigenen Kontrollmaßnahmen im Nachvollzug und die Vorlage<br />

von gemeindeeigenen Prüfungsnachweisen zu zählen. In diesen Zusammenhang stehen auch die Bestimmung<br />

von Wesentlichkeitsgrenzen sowie die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen.<br />

Im Rahmen von Systemprüfungsansätzen bei der Jahresabschlussprüfung müssen aussagefähige Informationen<br />

vorliegen, die eine hinreichende Sicherheit für die bei einer Abschlussprüfung zu treffenden Prüfungsaussagen<br />

bieten. Der Prüfungsbericht und der Bestätigungsvermerk bauen i.d.R. auf solchen „Nachweisen“ auf. Dazu kann,<br />

z.B. insbesondere im Rahmen der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses (vgl. § 116 Absatz 6 GO<br />

<strong>NRW</strong>) oder bei der Beauftragung Dritter (vgl. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>), die Verwendung von Prüfungsarbeiten<br />

Dritter oder auch von Sachverständigen kommen. In solchen Fällen muss der Abschlussprüfer mindestens eine<br />

Beurteilung der ihm vorgelegten Arbeitsergebnisse (Plausibilitätsprüfung) durchführen. Daher gilt bei Systemprüfungsansätzen<br />

generell, durch eine gezielte Kombination von Prüfungsmethoden und zu prüfendem Aufgabengebiet<br />

das bestehende Prüfungsrisiko so weit wie möglich zu minimieren. Dazu sollen im Rahmen von gemeindlichen<br />

Abschlussprüfungen die anzuwendenden der GoA beitragen.<br />

8. Die Veröffentlichung bei örtlicher Prüfung<br />

8.1 Die Veröffentlichung des Prüfungsergebnisses<br />

Der Rat und die Bürgerinnen und Bürger als Adressaten des Jahresabschlusses verlangen aus der Abschlussprüfung<br />

konkrete Empfehlungen und Informationen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, der Ordnungsmäßigkeit<br />

und der Funktionsfähigkeit des Verwaltungshandelns der Gemeinde. Für sie sollen daher im jeweiligen Prüfungsbericht<br />

entscheidungsrelevante Informationen zur Verfügung gestellt werden. Für die Prüfung des Jahresabschlusses<br />

bedeutet diese Sachlage regelmäßig, dass die örtliche Prüfung nicht allein auf „verwaltungsinterne“<br />

GEMEINDEORDNUNG 941


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Informationsbedürfnisse bzw. auf die Ratsmitglieder ausgerichtet werden darf. Bei der Durchführung der Prüfung<br />

sind gleichermaßen auch die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen.<br />

Als Adressat und Auftraggeber der Prüfung des Jahresabschlusses ist dem Rat, der den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

mit der Prüfung beauftragt hat, das Prüfungsergebnis bekannt zu geben. Das Ergebnis wird dann<br />

regelmäßig in öffentlicher Sitzung beraten, denn der Rat hat unter Einbeziehung des vom Rechnungsprüfungsausschuss<br />

vorgelegten Prüfungsergebnisses den gemeindlichen Jahresabschluss festzustellen. Für die Information<br />

über die Bewertung des gemeindlichen Handelns im abgelaufenen Haushaltsjahr ist im Rahmen der Beratungen<br />

des Rates über die Feststellung des Jahresabschlusses eine ausreichende Öffentlichkeit gewährleistet.<br />

Eine Information der Öffentlichkeit über die Art, Umfang und Inhalte der durchgeführten Prüfung dadurch ausreichend<br />

gewährleistet. Bei Bedarf kann zudem eine Person von ihrem Informationsrecht nach dem Informationsfreiheitsgesetz<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen Gebrauch machen und um besondere Auskünfte zur Prüfung<br />

des Jahresabschlusses bitten, die dann sachgerecht gegeben werden müssen. Die notwendige Transparenz über<br />

das Prüfungsgeschehen kann somit hergestellt werden. Für die Gemeinde bietet es sich aber grundsätzlich an,<br />

das Prüfungsergebnis dem gleichen Adressatenkreis verfügbar zu machen, der im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung<br />

des Jahresabschlusses zu informieren ist oder sich informieren will.<br />

In diesem Zusammenhang ist es sachgerecht, das Prüfungsergebnis, dass in einem Bestätigungsvermerk zusammengefasst<br />

ist (vgl. § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>) der Aufsichtsbehörde mit dem nach § 96 Absatz 2 Satz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong> anzuzeigenden Jahresabschluss vorzulegen. Von der Gemeinde kann örtlich entschieden werden, den<br />

Bestätigungsvermerk auch dem nach seiner Bekanntmachung zur Einsichtnahme verfügbar zu haltenden Jahresabschluss<br />

(bis zur Feststellung des folgenden Jahresabschlusses) beizufügen (vgl. § 96 Absatz 2 S. 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Damit würde dem Informationsbedürfnis der Adressaten über den gemeindlichen Jahresabschluss sowie<br />

über die dazu durchgeführte Prüfung in ausreichendem Umfang genüge getan.<br />

8.2 Die Veröffentlichung des Prüfungsberichtes<br />

8.2.1 Keine Pflicht zur Veröffentlichung<br />

Aus der weiten Zielvorgabe für die Jahresabschlussprüfung entsteht keine ausdrückliche Pflicht für die Gemeinde,<br />

ihren Bürgerinnen und Bürgern zusätzlich zum Prüfungsergebnis in Form des Bestätigungsvermerks auch<br />

den „internen“ Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses in vollem Umfang verfügbar zu machen.<br />

Einerseits kann der Bericht vertrauliche Daten und Informationen enthalten, die nicht für Dritte bestimmt sind.<br />

Andererseits ist der Rat der Adressat und Auftraggeber der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses. Ihm<br />

ist daher der Prüfungsbericht regelmäßig zu übergeben., der den Rechnungsprüfungsausschuss mit der Prüfung<br />

beauftragt hat. Es ist dann die originäre Aufgabe des Rates, die ggf. notwendigen Konsequenzen aus der Berichterstattung<br />

zu ziehen und dabei örtliche Besonderheiten zu berücksichtigen.<br />

Einer pflichtigen Zusatzinformation der Öffentlichkeit über die vom Rechnungsprüfungsausschuss durchgeführte<br />

Art und Weise der Prüfung und die Erkenntnisse daraus durch eine allgemeine Bekanntgabe des Prüfungsberichtes<br />

bedarf es deshalb nicht. Der Prüfungsbericht muss daher auch nicht in der Zeit zur Einsichtnahme verfügbar<br />

gemacht werden, die sich an die öffentliche Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses anschließt<br />

(vgl. § 96 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Rat der Gemeinde hat in öffentlicher Sitzung über den geprüften gemeindlichen Jahresabschluss zu beraten,<br />

denn er hat unter Einbeziehung des Ergebnisses der Abschlussprüfung bzw. des Bestätigungsvermerks den<br />

Jahresabschluss der Gemeinde festzustellen. In diesem Zusammenhang stützen sich die Ratsmitglieder bei ihrer<br />

Entscheidung über die Entlastung des Bürgermeisters nach § 96 Absatz 1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong> vielfach auch auf das<br />

GEMEINDEORDNUNG 942


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

10. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

vom Rechnungsprüfungsausschuss festgestellte Prüfungsergebnis sowie den Inhalt des vom Ausschuss erteilten<br />

Bestätigungsvermerks.<br />

Im Rahmen der Beratungen des Rates über den gemeindlichen Jahresabschluss ist für die Information über die<br />

Art, Umfang und Inhalte der durchgeführten Prüfung unter Einbeziehung des Bestätigungsvermerks eine ausreichende<br />

Öffentlichkeit für das vom Rechnungsprüfungsausschuss festgestellte Prüfungsergebnis bzw. den Prüfbericht<br />

gewährleistet. Darüber hinaus ist haushaltsrechtlich nicht von einem allgemeinen Rechtsanspruch der Bürgerinnen<br />

und Bürger auf eine eigenständige Veröffentlichung von Prüfberichten aus der örtlichen Prüfung auszugehen,<br />

zumal im öffentlich zugänglichen Bestätigungsvermerk das Ergebnis der Prüfung darzustellen ist.<br />

8.2.2 Freiwillige Veröffentlichung<br />

Die Gemeinde kann anhand der Gegebenheiten vor Ort eigenverantwortlich entscheiden, ob sie zusätzlich zum<br />

gemeindlichen Jahresabschluss auch den vom Rechnungsprüfungsausschuss erstellten Prüfungsbericht veröffentlicht.<br />

Ist eine Veröffentlichung von der Gemeinde unter Transparenzgesichtspunkten beabsichtigt, sollten<br />

zuvor die Interessen der Einsichtsberechtigten mit den schutzwürdigen Gegebenheiten (z. B. Datenschutz, Geschäftsgeheimnisse)<br />

abgewogen und darüber entschieden werden, was veröffentlicht wird. Der Rat der Gemeinde<br />

als Adressat und „Inhaber“ des Prüfungsberichtes seines Ausschusses sollte daher über eine vollständige<br />

oder teilweise allgemeine Einsichtnahme in den ihm übergebenen Prüfungsbericht bzw. seine Veröffentlichung<br />

entscheiden. Ggf. kann es auch in diesen Fällen ausreichend sein, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss und<br />

der Rat keine allgemeinen Bedenken gegen eine Veröffentlichung erhoben haben. Es bietet es sich für die Gemeinde<br />

an, der Öffentlichkeit grundsätzlich keine Informationen aus dem Prüfungsbericht zu verweigern, sondern<br />

offensiv mit dem im Bericht enthaltenen Prüfungsergebnis umzugehen.<br />

Vor einer Veröffentlichung des Prüfungsberichtes sollte von der Gemeinde jedoch prüfen, wie die Veröffentlichung<br />

von personenbezogenen und anderen rein dienstlichen oder betrieblichen Inhalten, die in einem Prüfungsbericht<br />

enthalten sein können, vermieden werden, z.B. aus Datenschutzgründen. Es bedarf daher einer Entscheidung,<br />

in welcher Art und Weise die nicht der Gemeinhaltung unterliegende Teile des Prüfungsberichts zur Einsichtnahme<br />

verfügbar gemacht werden. Bei der Gemeinde können örtlich aber auch andere wichtige Gründe<br />

vorliegen, die dazu führen, nicht nur auf die Veröffentlichung bestimmter Teile eines Prüfberichtes, sondern des<br />

gesamten Prüfungsberichtes zu verzichten. So können z. B. die betrieblichen Interessen der einzelnen gemeindlichen<br />

Betriebe dazu führen, dass der Prüfungsbericht über den gemeindlichen Gesamtabschluss (vgl. § 116 Absatz<br />

6 GO <strong>NRW</strong>) nicht veröffentlicht werden kann. Es ist dabei aber auch zu prüfen, ob auch aus Datenschutzund/oder<br />

anderen Geheimhaltungsgründen (vgl. z. B. § 6 GO <strong>NRW</strong>) bestimmte Prüfungsergebnisse und Erkenntnisse<br />

nicht öffentlich gemacht werden dürfen.<br />

In den Fällen, in denen die Gemeinde beabsichtigt, einzelne Teile eines Prüfungsberichtes oder den gesamten<br />

Prüfungsbericht, z. B. über die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses oder die Prüfung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses, zu veröffentlichen, bietet es sich an, den betreffenden Prüfungsbericht zusammen mit<br />

dem dazugehörigen gemeindlichen Abschluss einsehbar zu machen. Ein Prüfungsbericht sollte möglichst nicht<br />

als eigenständiges Werk, losgelöst vom betreffenden Abschluss, veröffentlicht werden. Bei einer Veröffentlichung<br />

sollte die Gemeinde klären, ob und ggf. auf welche Prüfungsergebnisse und Erkenntnisse oder auf Änderungen<br />

des Jahresabschlusses aufgrund der Prüfungen besonders hingewiesen wird. Diese Hinweise gelten entsprechend,<br />

wenn Beanstandungen, aus denen heraus Anlass bestand, den aufgestellten Jahresabschluss anzupassen,<br />

veröffentlicht werden sollen.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 943


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 101<br />

Prüfung des Jahresabschlusses, Bestätigungsvermerk<br />

(1) 1 Der Jahresabschluss ist vom Rechnungsprüfungsausschuss dahingehend zu prüfen, ob er ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />

unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt. 2 Die Prüfung des Jahresabschlusses<br />

erstreckt sich darauf, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen<br />

Bestimmungen beachtet worden sind. 3 In die Prüfung sind die Buchführung, die Inventur, das Inventar<br />

und die Übersicht über örtlich festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände einzubeziehen. 4 Der<br />

Lagebericht ist darauf zu prüfen, ob er mit dem Jahresabschluss in Einklang steht und ob seine sonstigen Angaben<br />

nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde erwecken.<br />

5 Der Rechnungsprüfungsausschuss hat über Art und Umfang der Prüfung sowie über das Ergebnis der<br />

Prüfung einen Prüfungsbericht zu erstellen. 6 Der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung<br />

ist in den Prüfungsbericht aufzunehmen.<br />

(2) 1 Vor Abgabe des Prüfungsberichtes durch den Rechnungsprüfungsausschuss an den Rat ist dem Bürgermeister<br />

Gelegenheit zur Stellungnahme zum Prüfungsergebnis zu geben. 2 Soweit der Kämmerer von seinem<br />

Recht nach § 95 Abs. 3 Satz 3 Gebrauch gemacht hat, ist ihm ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.<br />

(3) 1 Der Rechnungsprüfungsausschuss hat das Ergebnis der Prüfung in einem Bestätigungsvermerk zusammenzufassen.<br />

2 Der Bestätigungsvermerk hat Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung zu beschreiben und dabei die<br />

angewandten Rechnungslegungsgrundsätze und Prüfungsgrundsätze anzugeben. 3 Er hat ferner eine Beurteilung<br />

des Prüfungsergebnisses zu enthalten, die zweifelsfrei ergeben muss, ob<br />

1. ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird,<br />

2. ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird,<br />

3. der Bestätigungsvermerk auf Grund von Beanstandungen versagt wird oder<br />

4. der Bestätigungsvermerk deshalb versagt wird, weil der Prüfer nicht in der Lage ist, eine Beurteilung vorzunehmen.<br />

4<br />

Die Beurteilung des Prüfungsergebnisses soll allgemeinverständlich und problemorientiert unter Berücksichtigung<br />

des Umstandes erfolgen, dass Rat und Verwaltungsvorstand den Abschluss zu verantworten haben. 5 Auf<br />

Risiken, die die stetige Aufgabenerfüllung und die Haushaltswirtschaft der Gemeinde gefährden, ist gesondert<br />

einzugehen.<br />

(4) 1 In einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk (Absatz 3 Satz 3 Nr. 1) ist zu erklären, dass die durchgeführte<br />

Prüfung zu keinen Beanstandungen geführt hat, der Jahresabschluss auf Grund der bei der Prüfung gewonnenen<br />

Erkenntnisse den gesetzlichen Vorschriften, Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen<br />

entspricht und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt. 2 Dieser<br />

Bestätigungsvermerk kann um Hinweise ergänzt werden, die ihn nicht einschränken.<br />

(5) 1 Werden Beanstandungen ausgesprochen, ist die Erklärung nach Absatz 4 Satz 1 einzuschränken oder zu<br />

versagen. 2 Ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk darf nur erteilt werden, wenn der geprüfte Jahresabschluss<br />

unter Beachtung der vom Prüfer vorgenommenen, in ihrer Tragweite erkennbaren Einschränkung ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen im Wesentlichen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage<br />

der Gemeinde vermittelt (Absatz 3 Satz 3 Nr. 2). 3 Sind die Beanstandungen so erheblich, dass kein den<br />

tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />

mehr vermittelt wird, ist der Bestätigungsvermerk zu versagen (Absatz 3 Satz 3 Nr. 3). 4 Der Bestätigungsvermerk<br />

ist auch dann zu versagen, wenn der Prüfer nach Ausschöpfung aller angemessenen Möglichkeiten<br />

zur Klärung des Sachverhaltes nicht in der Lage ist, eine Beurteilung abzugeben (Absatz 3 Satz 3 Nr. 4). 5 Die<br />

GEMEINDEORDNUNG 944


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Versagung ist in einem Vermerk, der nicht als Bestätigungsvermerk zu bezeichnen ist, aufzunehmen. 6 Die Einschränkung<br />

oder Versagung ist zu begründen.<br />

(6) 1 Die Beurteilung des Prüfungsergebnisses hat sich auch darauf zu erstrecken, ob der Lagebericht mit dem<br />

Jahresabschluss in Einklang steht und insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt. 2 Dabei ist auch darauf einzugehen, ob die Chancen und Risiken<br />

für die künftige Entwicklung der Gemeinde zutreffend dargestellt sind.<br />

(7) Der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über die Versagung ist unter Angabe von Ort und Tag vom Vorsitzenden<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses zu unterzeichnen.<br />

(8) 1 In Gemeinden, in denen eine örtliche Rechnungsprüfung besteht, bedient sich der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

zur Durchführung der Prüfung dieser Rechnungsprüfung. 2 Die örtliche Rechnungsprüfung oder Dritte als<br />

Prüfer haben im Rahmen ihrer Prüfung einen Bestätigungsvermerk oder einen Vermerk über seine Versagung<br />

nach den Absätzen 3 bis 7 abzugeben.<br />

Erläuterungen zu § 101:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Prüfungspflichten beim Jahresabschluss<br />

1.1 Die Ziele und Zwecke der Prüfung<br />

Zum Budgetrecht des Rates der Gemeinde, den Rahmen und die Bedingungen zur Ausführung der jährlichen<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft zu bestimmen, gehört es, nach Ablauf des Haushaltsjahres das Ergebnis der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft in Form des Jahresabschlusses festzustellen (vgl. § 96 GO <strong>NRW</strong>). Dieses<br />

Recht beinhaltet aber auch die Pflicht des Rates, vor der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses eine<br />

Prüfung in der Sache durchzuführen.<br />

Die Prüfung des Jahresabschlusses obliegt dabei dem Rechnungsprüfungsausschuss, einem Pflichtausschuss<br />

des Rates (vgl. § 57 i.V.m. den § 59 GO <strong>NRW</strong>). Er ist gegenüber dem Rat berichtspflichtig und hat deshalb über<br />

die Art und den Umfang der Prüfung sowie über das Ergebnis der Prüfung einen Prüfungsbericht mit einem Bestätigungsvermerk<br />

oder der Vermerk über seine Versagung zu erstellen. Die Jahresabschlussprüfung stellt dabei<br />

vorrangig eine gemeindeinterne und verwaltungstechnische Kontrolle dar. Sie dient als vorbereitende Maßnahme<br />

für die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses auch der Beschlussfassung durch den Rat.<br />

Das Ziel der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung ist ein Urteil des Rechnungsprüfungsausschusses darüber,<br />

ob und mit welchem Ergebnis der Auftrag des Rates, die Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

entsprechend seinen Beschlüssen auszuführen, erledigt wurde. Der Nachweis darüber wird dadurch erbracht,<br />

dass der gemeindliche Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung vermittelt und festgestellt wird, dass die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen,<br />

insbesondere die gemeindliche Haushaltssatzung und die sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen, beachtet<br />

worden sind.<br />

Die Vorschrift konkretisiert das Ziel und den Zweck der Abschlussprüfung und die allgemeinen Prüfungsaufgaben<br />

sowie die Darstellung der Prüfungsergebnisse durch den Rechnungsprüfungsausschuss. Sie enthält für den<br />

Ausschuss auch das Recht, die für diese Prüfung erforderlichen Unterlagen von der gemeindlichen Verwaltung<br />

verlangen zu können. Die Prüfung der gemeindlichen Jahresergebnisse soll dabei als moderne Abschlussprüfung<br />

GEMEINDEORDNUNG 945


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

durch die örtliche Prüfung durchgeführt werden. Ihr Umfang und die Intensität sowie die Methoden der Abschlussprüfung<br />

einschließlich der dafür benötigten Jahresabschlussunterlagen sind unter Berücksichtigung des<br />

Prüfungsgegenstandes und des Zieles örtlich festzulegen. Dabei sind auch weitere Prüfungsaufgaben der örtli-<br />

chen Rechnungsprüfung zu berücksichtigen (vgl. z. B. § 103 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In die Prüfung ist die gemeindliche Haushaltswirtschaft, die Buchführung, die Inventur, das Inventar und die<br />

Übersicht über örtlich festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände sowie der Lagebericht einzubeziehen.<br />

Dieser Sachverhalt bedingt, dass der Bürgermeister nach Ablauf des Haushaltsjahres den von ihm bestätigten<br />

Entwurf des Jahresabschlusses dem Rat zur Feststellung zuleitet (vgl. § 95 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Der<br />

Gegenstand der pflichtigen örtlichen Prüfung ist daher der aufgestellte „Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses“,<br />

auch wenn in der Vorschrift dieser Begriff nicht mehr ausdrücklich verwendet wird.<br />

Zur Durchführung der örtlichen Prüfung bedarf es dabei grundsätzlich eines vollständigen vom Bürgermeister<br />

bestätigten Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses. Dieses Erfordernis muss jedoch auch unter dem<br />

Gesichtspunkt einer „begleitenden Prüfung“ bewertet und umgesetzt werden, denn das Ziel und der Zweck der<br />

örtlichen Prüfung des Jahresabschlusses ist nicht mehr eine formal strenge „nachträgliche“ Prüfung. Es bedarf<br />

daher einer eigenverantwortlichen Abstimmung innerhalb der gemeindlichen Verwaltung über einen den örtlichen<br />

Verhältnissen angepassten Prüfungsablauf im Zusammenwirken mit einer zeitlich angepassten Vorlage von prüffähigen<br />

Jahresabschlussunterlagen, ggf. ist der Rechnungsprüfungsausschuss zu beteiligen.<br />

Unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorgabe, dass der Rat der Gemeinde einen geprüften Jahresabschluss<br />

bis zum 31. Dezember des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres festzustellen hat, sollte daher ein jährlicher<br />

Zeitplan nicht nur die Beteiligungserfordernisse festlegen, sondern auch ausweisen, wer, wem welche gemeindlichen<br />

Jahresabschlussunterlagen zu übergeben und zu übernehmen hat. Für die begleitende Prüfung kann<br />

dabei festgelegt werden, wann welche Teile des Entwurfs des Jahresabschlusses zur Prüfung zur Verfügung<br />

stehen und bis wann das gesamte Prüfungsverfahren durch einen Bestätigungsvermerk abgeschlossen sein<br />

muss. Dabei muss auch geklärt werden, wie mit Berichtigungsvorschlägen zum Entwurf des Jahresabschlusses<br />

aus der örtlichen Prüfung umgegangen werden soll. Dem Rechnungsausschuss sollte nach der Beteiligung der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung ein vollständiger und geprüfter gemeindlicher Jahresabschluss zur weiteren Beratung<br />

zur Verfügung stehen, für den auch insgesamt eine Bestätigung des Bürgermeister vorliegt. Der gemeindliche<br />

Jahresabschluss ist jedoch kein eigenständiger Gegenstand der überörtlichen Prüfung nach § 105 GO <strong>NRW</strong>.<br />

1.2 Der Rahmen der Abschlussprüfung<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Abschlussprüfung gilt es, relevante Prüfungsaussagen mit hinreichender Sicherheit<br />

unter Beachtung des Grundsatzes der Wesentlichkeit und des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit treffen zu<br />

können. Auch soll im Rahmen der Jahresabschlussprüfung eine zukunftsorientierte Beurteilung der Chancen und<br />

Risiken aus der aktuellen Haushaltswirtschaft der Gemeinde vorgenommen werden. In die gemeindliche Jahresabschlussprüfung<br />

sollen daher auch qualitative sowie zukunftsbezogene, aber auch prozessorientierte Einflussfaktoren,<br />

die sich auf die Gemeinde auswirken, einbezogen und beurteilt werden.<br />

Die Entscheidung über einen risikoorientierten Prüfungsansatz ist dabei im Zusammenspiel mit den gesetzlichen<br />

Prüfungsaufgaben zu treffen. Zu diesen Aufgaben gehören die laufende Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung<br />

zur Vorbereitung der Prüfung des Jahresabschlusses und die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung<br />

der Gemeinde zu treffen (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 4 und 5 GO <strong>NRW</strong>). Eine lückenlose Prüfung<br />

sollte nur dann beabsichtigt werden, wenn das Ziel der Abschlussprüfung nicht anders erreicht werden kann.<br />

Auch ist die Abschlussprüfung ihrem Wesen nach nicht darauf ausgerichtet, einzelne Tatbestände und Verstöße<br />

gegen außerhalb der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und Buchführung liegende Vorgaben<br />

aufzudecken und festzustellen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 946


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Rahmen der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses wird auch dadurch bestimmt, dass durch die<br />

Prüfung die im Jahresabschluss und im Lagebericht enthaltenen Informationen bestätigt sowie deren Glaubwürdigkeit<br />

erhöht werden. Die Verlässlichkeit der Informationen schließt deshalb auch ihre Ordnungsmäßigkeit ein,<br />

denn der Rat sowie die Aufsichtsbehörde der Gemeinde sollen die Ergebnisse der Prüfung bei ihren Entscheidungen<br />

berücksichtigen. Die Prüfungsgegenstände nach dieser Vorschrift lassen sich dabei wie folgt zusammenfassen<br />

(vgl. Abbildung).<br />

Die Prüfungsgegenstände der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung<br />

PRÜFUNGSGEGENSTAND<br />

Jahresabschluss<br />

Buchführung<br />

Inventur, Inventar<br />

Übersicht über örtlich<br />

festgelegten Nutzungsdauern<br />

Lagebericht<br />

GEMEINDEORDNUNG 947<br />

PRÜFUNGSRAHMEN<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong> und §§ 37 ff. GemHVO <strong>NRW</strong><br />

- Ergebnisrechnung (§ 38 GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

- Finanzrechnung (§ 39 GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

- Teilrechnungen (§ 40 GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

- Bilanz (§ 41 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

- Anhang mit Anlagen (§§ 44 ff. GemHVO <strong>NRW</strong>)<br />

unter Einbeziehung der gesetzlichen Vorschriften, Satzungen, z.B.<br />

die Haushaltssatzung) und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen,<br />

z. B. die örtlichen Regelungen nach § 31 GemHVO <strong>NRW</strong>,<br />

einschließlich der Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsausführung im<br />

Haushaltsjahr.<br />

§ 93 GO <strong>NRW</strong> und § 27 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

- gemeindliche Finanzbuchhaltung<br />

einschließlich der Nebenbuchhaltungen,<br />

z.B. Anlagenbuchhaltung<br />

§ 91 GO <strong>NRW</strong> und §§ 28 und 29 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

- Durchführung der Erfassung<br />

der Vermögensgegenstände und Schulden<br />

- Aufstellung des Inventars<br />

§ 35 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

- Örtliche Festlegungen<br />

über die Nutzungsdauern<br />

abnutzbarer Vermögensgegenstände<br />

§ 95 GO <strong>NRW</strong> und § 48 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

- Der Lagebericht soll im Einklang<br />

mit dem Jahresabschluss stehen.<br />

- Seine sonstigen Angaben sollen<br />

keine falsche Vorstellung von der<br />

Vermögens-, Schulden-, Ertrags-<br />

und Finanzlage der Gemeinde<br />

erwecken.<br />

- Der Lagebericht hat am Schluss<br />

Angaben zu den Verantwortlichen<br />

in der Gemeinde zu enthalten.<br />

Abbildung 190 „Die Prüfungsgegenstände der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung“<br />

Über die Art und den Umfang der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung sowie über das Ergebnis der Prüfung<br />

ist deshalb vom Rechnungsprüfungsausschuss ein Prüfungsbericht zu erstellen. Der gesetzlich bestimmte Prüfungsumfang<br />

darf dabei weder von der Gemeinde noch von den Abschlussprüfern auf eigene Veranlassung eingeschränkt<br />

werden. In den Prüfungsbericht ist der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung<br />

aufzunehmen. Der Gegenstand und der Umfang der Prüfung lassen sich dabei aus den gesetzlichen Vorschriften<br />

ableiten. Gleichwohl liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Prüfer, im Einzelfall die Art und den Umfang der


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Prüfungsdurchführung zu bestimmen. Die Regelungen über den Bestätigungsvermerk des Prüfers des Jahresabschlusses<br />

sind an internationale Rechnungslegungsstandards angelehnt und in den Richtlinien der Europäischen<br />

Union (EU) enthalten, die in europäisches und deutsches Bilanzrecht umgesetzt werden.<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung müssen dabei Prüfungsaussagen mit hinreichender<br />

Sicherheit getroffen werden. Es gilt daher, die Gemeinde mit ihrer Aufgabenerfüllung und Verwaltung als Einheit<br />

zu betrachten, bei der regelmäßig eine hohe fachliche und technische Komplexität vorherrscht, um eine Beurteilung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses vorzunehmen, die durch den Bestätigungs- oder den Versagungsvermerk<br />

zum Ausdruck kommt. Ohne solide Kenntnisse des gemeindlichen Geschehens ist eine Jahresabschlussprüfung<br />

kaum zu erfüllen.<br />

1.3 Die Berücksichtigung von Ereignissen nach dem Abschlussstichtag<br />

1.3.1 Ereignisse im Zeitraum der Aufstellung<br />

Zur Jahresabschlussprüfung gehört auch die Prüfung von Sachverhalten, die im Zeitraum zwischen dem Abschlussstichtag<br />

und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses für das abgelaufene Haushaltsjahres bekannt<br />

geworden sind. Sie müssen von der Gemeinde berücksichtigt werden, wenn sie sich auf Gegebenheiten<br />

vor dem Abschlussstichtag des abgelaufenen Haushaltsjahres beziehen (wertaufhellende Informationen). Derartige<br />

Tatsachen beeinflussen nicht den Wert, sondern zeigen die gemeindlichen Verhältnisse zum Abschlussstichtag<br />

so, wie sie zu diesem Zeitpunkt objektiv waren.<br />

Nach der gesetzlichen Regelung soll die Zuleitung des gemeindlichen Jahresabschlusses an den Rat der Gemeinde<br />

innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres erfolgen (vgl. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Dadurch ist grundsätzlich der 31. März des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres als letzter Tag der Zuleitung<br />

anzusehen. Dieser Tag stellt gleichzeitig auch den letzten Tag für die Anwendung des Wertaufhellungsprinzips<br />

durch die Gemeinde dar. Unter Einbeziehung der gesetzlichen Verpflichtung des Bürgermeisters zur Bestätigung<br />

des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses ist dieses regelmäßig der Tag, an dem der Bürgermeister<br />

durch seine Unterschrift den vom Kämmerer aufgestellten Entwurf bestätigt hat und diesen dem Rat der Gemeinde<br />

zuleitet bzw. dem Rechnungsprüfungsausschuss übergibt.<br />

1.3.2 Keine Berücksichtigung wertbegründender Ereignisse<br />

Von der Gemeinde dürfen Informationen, die im Zeitraum zwischen dem Abschlussstichtag und dem letzten Tag<br />

der Aufstellung des Jahresabschlusses für das abgelaufene Haushaltsjahr bekannt werden, und sich auf Gegebenheiten<br />

nach dem Abschlussstichtag beziehen, nicht im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses berücksichtigt<br />

werden (wertbegründende Informationen). Derartige Tatsachen, die sich daher auf die Zeit zwischen<br />

dem Abschlussstichtag und dem Tag der letzten Aufstellung des Jahresabschlusses beziehen, beeinflussen den<br />

von der Gemeinde zu bilanzierenden Wert und zeigen die gemeindlichen Verhältnisse zum Abschlussstichtag<br />

dann nicht mehr so, wie sie zu diesem Zeitpunkt waren. Dazu zählt z. B. die Wertminderung einer gemeindlichen<br />

Immobilie in der Zeit der Aufstellung des Jahresabschlusses der Gemeinde. Eine solche Wertminderung kann<br />

nicht auf den Abschlussstichtag des Haushaltsjahres bezogen werden.<br />

1.4 Die Berücksichtigung der Entlastung des Bürgermeisters<br />

Die Ratsmitglieder im Rat der Gemeinde entscheiden persönlich über die Entlastung des Bürgermeisters hinsichtlich<br />

seiner Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr (vgl. § 96 Absatz 1<br />

Satz 4 GO <strong>NRW</strong>). Die Entlastung ist dabei eine Festlegung der Ratsmitglieder dahingehend, dass aufgrund des<br />

GEMEINDEORDNUNG 948


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

vorgelegten Jahresabschlusses und der vorgenommenen Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

keine Einwendungen gegen die ausgeübte Haushaltsführung des Bürgermeisters erhoben werden. Im Rahmen<br />

ihrer Beratungen über den gemeindlichen Jahresabschluss und der Entscheidung über die Entlastung des Bürgermeisters<br />

haben die Ratsmitglieder daher die Haushaltsführung des Bürgermeisters im abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

zu würdigen.<br />

Die Bedeutung der Entlastung des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder erfordert daher einen gemeindlichen<br />

Jahresabschluss, der durch den Rechnungsprüfungsausschuss insgesamt, also auch hinsichtlich seiner haushaltsmäßigen<br />

Ordnungsmäßigkeit und unter Beachtung der Rechnungslegungsvorschriften geprüft wurde. Die<br />

Ratsmitglieder benötigen daher im Rahmen der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses auch Informationen<br />

über die Ordnungsmäßigkeit der gemeindlichen Haushaltswirtschaft in Bezug auf die Einhaltung der haushaltswirtschaftlichen<br />

Vorgaben der Haushaltssatzung und des Haushaltsplans. Dazu gewonnene Erkenntnisse<br />

sollten im Prüfungsbericht enthalten sein. Nur mit diesen Informationen werden die Ratsmitglieder in die Lage<br />

versetzt, die Tätigkeit des Bürgermeisters in Bezug auf die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im<br />

abgelaufenen Haushaltsjahr beurteilen zu können.<br />

1.5 Der Berichtigungsbedarf im Zeitraum der Prüfung<br />

Im Zeitraum der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses kann sich in besonderen Fällen aus Sicht der<br />

gemeindlichen Verwaltung noch ein Berichtigungsbedarf ergeben. Diese Sachlage erfordert, dass der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

derartige Erfordernisse in seine Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses einbezieht,<br />

soweit diese Gegebenheiten nicht im Rahmen der Prüfungstätigkeiten erkannt worden sind. In solchen<br />

Fällen hat der Rechnungsprüfungsausschuss zu entscheiden, wie dieser Berichtigungsbedarf zu behandeln ist.<br />

Er hat dabei zu berücksichtigen, dass der gemeindliche Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde zu vermitteln hat. Seine Prüfung ist auf dieses Ziel<br />

und auf einen objektiv richtigen Jahresabschluss der Gemeinde ausgerichtet.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat in diesem Zusammenhang aber zu beurteilen, ob der von der gemeindlichen<br />

Verwaltung vorgetragene Berichtigungsbedarf im Rahmen der Prüfung zur Umsetzung kommt bzw. ein<br />

entsprechender Austausch der Jahresabschlussunterlagen erfolgen soll. Der Ausschuss hat daher die Berichtigungsvorschläge<br />

danach zu prüfen, ob sie einen erkannten Fehler beseitigen oder wertaufhellende oder wertbegründende<br />

Sachverhalte zum Inhalt haben. Er muss in diesem Zusammenhang dann eine Berichtigung ablehnen,<br />

wenn diese mit den haushaltsrechtlichen Gegebenheiten nicht in Einklang steht.<br />

Zur Ablehnung kommen daher i.d.R. vorgetragene Berichtigungen aufgrund wertaufhellender Sachverhalte, denn<br />

der 31. März des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres stellt den letzten Tag für die Anwendung des Wertaufhellungsprinzips<br />

durch die Gemeinde dar. Diese Beschränkung ist sachgerecht, denn bis zu diesem Zeitpunkt muss<br />

der gemeindliche Jahresabschluss aufgestellt sein. Auch Berichtigungen aufgrund wertbegründender Sachverhalte<br />

sind abzulehnen, weil sich die Sachverhalte auf Gegebenheiten nach dem Abschlussstichtag beziehen. Sie<br />

betreffen damit nicht das abgelaufene Haushaltsjahr, für das der zu prüfende Jahresabschluss von der Gemeinde<br />

aufgestellt worden ist.<br />

1.6 Die Nachtragsprüfungen<br />

Bei den Beratungen des Rates über den geprüften Jahresabschluss der Gemeinde kann sich in besonderen<br />

Fällen noch ein Änderungsbedarf ergeben. Diese Sachlage erfordert, dass der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

nach Abschluss seiner Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses noch eine ergänzende Prüfung wegen der<br />

Änderungen des Jahresabschlusses vornehmen muss (vgl. § 59 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). Diese ergänzende Prüfung<br />

GEMEINDEORDNUNG 949


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

ist erforderlich, soweit die örtlich vorgenommenen Änderungen erheblich für die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

oder die wirtschaftliche Lage der Gemeinde oder die Darstellung im gemeindlichen Jahresabschluss sind.<br />

Sofern in solchen Fällen ggf. Dritte an der Jahresabschlussprüfung als Prüfer beteiligt waren, bedarf es für die<br />

Nachtragsprüfung keiner erneuten förmlichen Auswahl und Bestellung, weil sich deren Prüfungsauftrag grundsätzlich<br />

auf den Jahresabschluss insgesamt vor dem Zeitpunkt seiner Feststellung bezieht. Gleichwohl sollte<br />

geprüft werden, ob einem Dritten nicht lediglich ein fachlicher Teilauftrag erteilt wurde, sodass bei einer Einbeziehung<br />

eines Dritten in die Nachprüfung es einer weiteren bzw. gesonderten Beauftragung bedarf. Der Umfang<br />

einer Nachtragsprüfung beim gemeindlichen Jahresabschluss hängt dabei vom Umfang der vorgenommenen<br />

Änderungen ab.<br />

Alle von den Änderungen betroffenen Jahresabschlussunterlagen sind erneut zu prüfen. In dieser Prüfung ist<br />

auch die Zulässigkeit der vorgenommenen Änderungen ein Prüfungsgegenstand. Außerdem muss geprüft werden,<br />

ob der Jahresabschluss noch seiner Aufgabe gerecht wird, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde zu vermitteln. Dabei können<br />

durchaus weitere Anpassungen erforderlich werden, damit der Jahresabschluss in der geänderten Fassung den<br />

Anforderungen genügt.<br />

Diese Vorgaben können dazu führen, dass regelmäßig alle Unterlagen zu überprüfen sind. Die Ergebnisrechnung,<br />

die Finanzrechnung, die Bilanz und der Anhang müssen dabei in neuer Form vorliegen. Ob und inwieweit<br />

auch alle Teilrechnungen geändert werden müssen und inwieweit der gemeindliche Lagebericht einer Anpassung<br />

bedarf, ist im örtlichen Einzelfall zu entscheiden. Das Ergebnis einer Nachtragsprüfung ist in einem gesonderten<br />

Nachprüfungsbericht darzustellen und die Art und der Umfang dieser Prüfung sind zu erläutern. Der erstellte<br />

Bestätigungsvermerk bleibt jedoch grundsätzlich wirksam. Er ist jedoch ggf. entsprechend dem Prüfungsergebnis<br />

zu ergänzen bzw. anzupassen.<br />

In den Fällen, in denen die Nachprüfung zu dem Ergebnis führt, dass der ursprüngliche Bestätigungsvermerk<br />

aufrechterhalten werden kann, soll dieses durch eine entsprechende Ergänzung des Vermerks deutlich gemacht<br />

werden. Auch Einschränkungen bis hin zur Versagung des Bestätigungsvermerks aufgrund der nachträglichen<br />

Änderungen sind entsprechend zu kennzeichnen. In jedem Fall muss aus den dem Rat vorzulegenden Unterlagen<br />

ein Zusammenhang zum bisherigen Jahresabschluss, ggf. mindestens durch eine gesonderte Erklärung,<br />

erkennbar und herstellbar sein. Der Umfang der Berichterstattung sowie die Beifügung von Unterlagen obliegen<br />

dem Rechnungsprüfungsausschuss als Prüfenden in eigener Verantwortung, jedoch unter der Prämisse, dass<br />

aus den Unterlagen der gemeindliche Jahresabschluss in seiner neuen Form einwandfrei und eindeutig erkennbar<br />

und nachvollziehbar wird.<br />

1.7 Der Abschluss der Prüfung<br />

Die für die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses erforderliche örtliche Prüfung ist erst dann vom<br />

örtlichen Rechnungsprüfungsausschuss ordnungsgemäß durchgeführt worden, wenn dem Rat der Gemeinde ein<br />

Prüfungsbericht und ein Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über die Versagung vorgelegt worden ist. Er hat<br />

bei der Festlegung der Inhalte und Abgrenzungen des Bestätigungsvermerks oder des Vermerks über seine<br />

Versagung die Vorschriften de§ 101 Absatz 4 bis 7 GO <strong>NRW</strong> zu beachten. Der Bestätigungsvermerk ist danach<br />

in den Prüfungsbericht aufzunehmen und unter Angabe von Ort und Tag vom Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

zu unterzeichnen. Die „Grundsätze für die ordnungsmäßige Erteilung von Bestätigungsvermerken“<br />

können dabei als Beurteilungsmaßstäbe herangezogen werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 950


2. Die Prüfungsgrundsätze für Abschlussprüfungen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, die auch im Rahmen der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung<br />

relevant sind, hinsichtlich der jährlichen Abschlussprüfung um weitere Grundsätze ergänzt. Für die Prüfung des<br />

handelsrechtlichen Jahresabschlusses haben sich die „Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfungen (GoA)“<br />

entwickelt, die entsprechend beim gemeindlichen Jahresabschluss Anwendung finden können. Diese Grundsätze,<br />

die i.d.R. Mindeststandards für die Abschlussprüfung festlegen, sind nicht gesetzlich bestimmt. Sie werden<br />

aus unterschiedlichen Quellen abgeleitet, denn die Abschlussprüfung wird grundsätzlich mit dem Ziel durchgeführt,<br />

dass die Prüfer unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit zutreffende Prüfungsaussagen<br />

treffen können.<br />

In diesem Zusammenhang hat z. B. das IDW verschiedene Grundsätze zur Durchführung von Abschlussprüfungen<br />

sowie zu den darin vorzunehmenden Prüfungshandlungen bestimmt. Dabei sind z. B. herausragende Themen<br />

die Qualitätssicherung, der Prüfungsansatz, die Prüfungsdurchführung, der Prüfungsbericht und der Bestätigungsvermerk,<br />

die um Rechnungslegungshinweise ergänzt werden. Außerdem bestehen noch weitere Ergänzungen<br />

durch die „Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlussprüfungen“ sowie die „Grundsätze<br />

für die ordnungsmäßige Erteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen“. Nach diesen Prüfungsgrundsätzen<br />

ist die Abschlussprüfung u.a. angemessen durch die Prüfungsinstanz zu dokumentieren. Die<br />

von den Prüfern anzuwendenden Grundsätze betreffen die folgenden Bereiche (vgl. Abbildung).<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Durchführung von Abschlussprüfungen<br />

Die Grundsätze für Wirtschaftsprüfer betreffen z.B. folgende Bereiche:<br />

- den Prüfungsauftrag<br />

- die Information des Prüfers<br />

- die Prüfungsplanung<br />

- die Prüfungsdurchführung, auch in Teilschritten<br />

- die Prüfungsdokumentation<br />

- die Erteilung von Bestätigungsvermerken<br />

- die Berichterstattung (Prüfungsbericht)<br />

Abbildung 191 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Durchführung von Abschlussprüfungen“<br />

Für die Jahresabschlussprüfung bestehen noch weitere ergänzende Grundsätze durch die „Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Berichterstattung bei Abschlussprüfungen“ sowie die „Grundsätze für die ordnungsmäßige Erteilung<br />

von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen“. Die Ziele der Prüfung und der Prüfungsgegenstand<br />

bestimmen dabei die Prüfungsinhalte, sodass sich wie bisher der Umfang und der Inhalt der Prüfung grundsätzlich<br />

auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften über die gemeindliche Haushaltswirtschaft erstrecken müssen.<br />

Es muss in der Abschlussprüfung beurteilt werden, ob der Jahresabschluss den gesetzten Vorgaben entspricht<br />

und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 951


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch die Prüfung wird die Verlässlichkeit der im Jahresabschluss enthaltenen Informationen erhöht, denn die<br />

Prüfung stellt eine Kontroll-, Informations- und Beglaubigungsfunktion dar. Nach diesen Prüfungsgrundsätzen ist<br />

die einzelne Abschlussprüfung auch angemessen zu dokumentieren. Diese Erfassung dient u.a. dazu, Informati-<br />

onen, die zum Prüfungsergebnis und zu einzelnen Prüfungsfeststellungen geführt haben, zu stützen und nachvollziehbar<br />

zu machen. Die Unterlagen des Abschlussprüfers über die jeweilige Jahresabschlussprüfung sind,<br />

soweit der Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung der Gemeinde angehört, entsprechend den Vorschriften über<br />

die Aufbewahrung von gemeindlichen Unterlagen aufzubewahren (vgl. § 58 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

3. Der Bestätigungsvermerk<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat das Ergebnis der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses in einem<br />

Bestätigungsvermerk zusammenzufassen. Der Bestätigungsvermerk muss daher ein Gesamturteil über das Prüfungsergebnis<br />

unter Einbeziehung des Prüfungsumfanges enthalten (Prüfungsurteil). Dabei soll das Gesamturteil<br />

nicht als Addition vieler Einzelurteile verstanden werden, sondern durch Gewichtung der Beurteilung einzelner<br />

Prüfungsergebnisse gebildet werden. Es muss dabei geklärt werden, ob der gemeindliche Jahresabschluss ein<br />

den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt. Das Ergebnis der Prüfung des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses soll dabei im Bestätigungsvermerk regelmäßig in positiver Form dargestellt<br />

werden.<br />

Der Bestätigungsvermerk muss auch eine zweifelsfreie Beurteilung des Prüfungsergebnisses enthalten. Dazu<br />

benennt die Vorschrift vier Möglichkeiten der Tenorierung des Bestätigungsvermerks, von der uneingeschränkten<br />

Bestätigung bis zur Erklärung des Rechnungsprüfungsausschusses, dass er sich außerstande sieht, ein Urteil<br />

über den geprüften Abschluss abzugeben. In diesem Rahmen sind nur bei Verstößen ggf. Einschränkungen<br />

möglich, z.B. wenn gesetzliche Vorschriften, Satzungen oder sonstige ortsrechtliche Bestimmungen nicht beachtet<br />

worden sind.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss darf daher seinen Bestätigungsvermerk erst erteilen, wenn er seine Prüfung<br />

materiell abgeschlossen und er sich ein Gesamturteil gebildet hat. Die Inhalte der einzelnen Tenorierungen des<br />

Bestätigungsvermerks über die gemeindliche Abschlussprüfung werden in den Absätzen 4 und 5 der Vorschrift<br />

näher bestimmt. Daraus ergeben sich grundsätzlich die folgenden grundsätzlichen Arten von Bestätigungsvermerken<br />

(vgl. Abbildung).<br />

Uneingeschränkter<br />

Bestätigungsvermerk<br />

Die gemeindliche Buchführung<br />

wird ordnungsgemäß erledigt.<br />

Die gemeindliche Inventur und<br />

die Aufstellung des Inventars<br />

sind ordnungsgemäß erfolgt.<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss<br />

ist ordnungsgemäß.<br />

Die Arten gemeindlicher Bestätigungsvermerke<br />

Eingeschränkter<br />

Bestätigungsvermerk<br />

In der gemeindlichen Buchführung<br />

bestehen erhebliche Mängel<br />

in der örtlichen Umsetzung.<br />

Es wurden gewichtige Verstöße<br />

gegen Ansatz-, Ausweis- und<br />

Bewertungsvorschriften festgestellt.<br />

Es wurden gewichtige Verstöße<br />

gegen gesetzliche Vorschriften,<br />

Satzungen und andere rechtliche<br />

Vorgaben festgestellt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 952<br />

Versagung des<br />

Bestätigungsvermerks<br />

In der gemeindlichen Buchführung<br />

bestehen schwerwiegende<br />

Mängel in der örtlichen Umsetzung.<br />

Es wurden schwerwiegende<br />

Verstöße gegen Ansatz-, Ausweis-<br />

und Bewertungsvorschriften<br />

festgestellt.<br />

Es wurden schwerwiegende<br />

Verstöße gegen gesetzliche<br />

Vorschriften, Satzungen und<br />

andere rechtliche Vorgaben<br />

festgestellt.


Uneingeschränkter<br />

Bestätigungsvermerk<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss<br />

ergibt ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage<br />

der Gemeinde.<br />

Der Lagebericht der Gemeinde<br />

steht im Einklang mit dem<br />

gemeindlichen Jahresabschluss<br />

und erfüllt in ausreichendem<br />

Maße die Aufgaben nach § 48<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> bzw. enthält<br />

dazu die notwendigen Angaben<br />

und Informationen, z. B. über<br />

die Chancen und Risiken für die<br />

wirtschaftliche Entwicklung der<br />

Gemeinde.<br />

Der Abschlussprüfer kann ohne<br />

Einschränkungen eine positive<br />

Gesamtaussage über den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss<br />

treffen.<br />

Das haushaltswirtschaftliche<br />

Handeln der Gemeinde gilt<br />

insgesamt als ordnungsgemäß.<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Arten gemeindlicher Bestätigungsvermerke<br />

Eingeschränkter<br />

Bestätigungsvermerk<br />

Der gemeindliche Anhang erfüllt<br />

nicht in einem ausreichenden<br />

Maße die an ihn gestellten<br />

Anforderungen, weil z.B. gewichtige<br />

Angaben unterblieben<br />

oder Informationen weggelassen<br />

wurden.<br />

Der gemeindliche Lagebericht<br />

weist erhebliche Mängel auf,<br />

weil gewichtige Aussagen zur<br />

Vermögens-, Schulden-, Ertrags-<br />

und Finanzlage der<br />

Gemeinde nicht darin enthalten<br />

sind und über die Chancen und<br />

Risiken für die wirtschaftliche<br />

Entwicklung der Gemeinde<br />

nicht in einem ausreichenden<br />

Maße berichtet wird.<br />

Dem Abschlussprüfer ist trotz<br />

wesentlicher Beanstandungen<br />

oder ggf. kleinerer Prüfungshemmnisse<br />

noch möglich, eine<br />

positive Gesamtaussage über<br />

den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

zu treffen.<br />

Örtliches Gesamtbild<br />

Das haushaltswirtschaftliche<br />

Handeln der Gemeinde gilt<br />

insgesamt noch als ordnungsgemäß.<br />

GEMEINDEORDNUNG 953<br />

Versagung des<br />

Bestätigungsvermerks<br />

Der gemeindliche Anhang erfüllt<br />

in einem wesentlichen Umfang<br />

nicht die an ihn gestellten Anforderungen,<br />

weil z.B. wesentliche<br />

Angaben und Informationen<br />

unterblieben sind.<br />

Der gemeindliche Lagebericht<br />

weist wesentliche Mängel auf,<br />

weil Aussagen zur Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage<br />

der Gemeinde nicht darin<br />

enthalten sind und über die<br />

Chancen und Risiken für die<br />

wirtschaftliche Entwicklung der<br />

Gemeinde nicht berichtet wird.<br />

Der Abschlussprüfer ist nach<br />

Ausschöpfung aller angemessenen<br />

Möglichkeiten nicht in der<br />

Lage, eine Beurteilung abzugeben.<br />

Er kann wegen bestehender<br />

Prüfungshemmnisse keine<br />

Aussage mehr treffen, um aus<br />

seiner Prüfung heraus ein<br />

Gesamtbild über den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss zu<br />

entwickeln und kann daher<br />

auch keine positive Gesamtaussage<br />

mehr zum gemeindlichen<br />

Jahresabschluss treffen.<br />

Das haushaltswirtschaftliche<br />

Handeln der Gemeinde gilt<br />

insgesamt nicht mehr als ordnungsgemäß.<br />

Abbildung 192 „Die Arten gemeindlicher Bestätigungsvermerke“<br />

Aufgrund der fachlichen Grundsätze entstehen Klarstellungen und dadurch detaillierte Aussagen im Bestätigungsvermerk,<br />

denn dieser soll das getroffene Gesamturteil über den gemeindlichen Jahresabschluss wieder<br />

spiegelt. Der Inhalt des Bestätigungsvermerks wird dabei durch das Ziel der Jahresabschlussprüfung bestimmt.<br />

Außerdem entfaltet er eine rechtliche Wirkung dadurch, dass nach seiner Erstellung und Unterzeichnung gilt die<br />

Jahresabschlussprüfung als abgeschlossen und der gemeindliche Jahresabschluss als geprüft. Erst danach kann<br />

der gemeindliche Jahresabschluss vom Rat der Gemeinde festgestellt werden (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Es<br />

liegt in der Verantwortung des Rechnungsprüfungsausschusses, ob und in welchem Umfang sein Bestätigungsvermerk<br />

auf den ihm vorgelegten Bestätigungsvermerken der örtlichen Rechnungsprüfung oder von Dritten als<br />

Prüfer aufgebaut worden ist.


4. Die Übergabe des Jahresabschlusses zur Prüfung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Der gemeindliche Jahresabschluss ist durch den Bürgermeister dem Rat der Gemeinde als Kollegialorgan zur<br />

Feststellung zuzuleiten (vgl. § 95 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Zum Budgetrecht des Rates gehört es, nach Ablauf<br />

des Haushaltsjahres das Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft in Form des Jahresabschlusses festzustellen<br />

(vgl. § 96 GO <strong>NRW</strong>). Dieses Recht beinhaltet aber auch die Pflicht, vor der Feststellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses eine Prüfung in der Sache durchzuführen.<br />

Die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses obliegt dabei dem Rechnungsprüfungsausschuss des Rates<br />

der Gemeinde, einem Pflichtausschuss des Rates, der sich der örtlichen Rechnungsprüfung bedient (vgl. § 57<br />

i.V.m. den § 59 GO <strong>NRW</strong>). Diese rechtlichen Gegebenheiten erfordern, dass eine Prüfung des Jahresabschlusses<br />

mindestens durch den Rat beauftragt oder durch den Rechnungsprüfungsausschuss als gesetzlich zuständiger<br />

Prüfungsausschuss eingeleitet werden muss.<br />

Die Zuleitung des bestätigten Entwurfs des Jahresabschlusses mit seinen Anlagen an den Rat der Gemeinde<br />

wird in der gemeindlichen Praxis i.d.R. dadurch vollzogen, dass ein entsprechender Tagesordnungspunkt auf die<br />

Tagesordnung der nächsten Sitzung des Rates gesetzt wird. Diese Tätigkeit erfolgt durch den Bürgermeister,<br />

denn er hat die Ratssitzungen einzuberufen und die Tagesordnung in eigener Verantwortung festzulegen (vgl. §<br />

47 Absatz 1 Satz 1 und § 48 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Der Rat nimmt daher den Entwurf des Jahresabschlusses entgegen,<br />

um ihm dem Rechnungsprüfungsausschuss zur Prüfung zu überweisen. Es soll dabei gewährleistet werden,<br />

dass der Rat der Gemeinde nach der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

sachgerecht die Feststellung darüber treffen kann.<br />

Aus dem Zusammenspiel der haushaltsrechtlichen Regelung kann auch abgeleitet werden, dass der Entwurf des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses auch unmittelbar dem Rechnungsprüfungsausschuss übergeben werden<br />

kann, wenn gleichzeitig der Rat darüber unterrichtet wird. Der Rat kann im Wege der Unterrichtung das Jahresergebnis<br />

sowie Eckwerte der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde zur Kenntnis nehmen, wie es auch bei einer<br />

Zuleitung an den Rat bzw. über den Rat an den Rechnungsprüfungsausschuss möglich ist.<br />

Die unmittelbare Übergabe des zu prüfenden Jahresabschlusses an den Rechnungsprüfungsausschuss ist auch<br />

unter dem Gesichtspunkt vertretbar, dass eine Beteiligung anderer Ausschüsse des Rates, z. B. des Finanzausschusses,<br />

nicht der vorherigen Beteiligung des Rates bedarf. Die Verkürzung des Verfahrensweges führt daher<br />

materiell zu keinen Einschnitten der Rechte des Rates noch der Zwecke, auf die die haushaltsrechtlichen Vorschriften<br />

ausgerichtet sind. Eine solche Vorgehensweise kann daher als sachgerecht im Sinne der Feststellung<br />

des Jahresabschlusses durch den Rat anzusehen werden.<br />

In die örtliche Abwägung, ob eine direkte Übergabe des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses an den<br />

Rechnungsprüfungsausschuss erfolgen soll, müssen die genannten Gegebenheiten, aber auch die Einhaltung<br />

der gesetzlich bestimmten Frist für die Feststellung des Jahresabschlusses (spätestens 31. Dezember des dem<br />

Haushaltsjahr folgenden Jahres), einbezogen werden. Eine unmittelbare Übergabe des Entwurfs des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses an die örtliche Rechnungsprüfung, ohne eine vorherige Beteiligung des Rates oder des<br />

Rechnungsprüfungsausschusses, ist dabei jedoch nicht zulässig, auch wenn die Prüfung des Jahresabschlusses<br />

zu den gesetzlichen Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung gehört.<br />

GEMEINDEORDNUNG 954


II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Prüfungsrahmen):<br />

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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1 Zu Satz 1 (Prüfungszuständigkeit und Prüfungsinhalte):<br />

1.1.1 Die Zuständigkeiten des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

Nach der Vorschrift ist der Jahresabschluss vom Rechnungsprüfungsausschuss dahingehend zu prüfen, ob er ein<br />

den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt. Damit wird die dem örtlichen<br />

Rechnungsprüfungsausschuss obliegende Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses nochmals ausdrücklich<br />

hervorgehoben (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Verantwortlichkeit des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

für die Prüfung des Jahresabschlusses wird auch dadurch deutlich, dass der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

den Bestätigungsvermerk, der entsprechend des durchgeführten Prüfungsumfanges und des<br />

Prüfungsergebnisses zu formulieren ist, mit Angabe des Ortes und des Datums eigenhändig zu unterzeichnen hat<br />

(vgl. § 101 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Um den Zielen und Zwecken der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung nachzukommen, muss dieser Prüfung<br />

nicht nur eine vielfältige Informationsbeschaffung vorausgehen, sondern auch die Vorbereitung der Abschlussprüfung<br />

muss abgestimmt zwischen der Gemeindeverwaltung, dem Rechnungsprüfungsausschuss und den Abschlussprüfern<br />

erfolgen, denen sich der Rechnungsprüfungsausschuss bedient (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Dabei ist vom Rechnungsprüfungsausschuss zu beachten, dass der Rat der Gemeinde bis zum 31. Dezember<br />

des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres den Jahresabschluss festzustellen hat (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Er<br />

hat daher den Ablauf seiner Prüfung entsprechend zu gestalten.<br />

1.1.2 Inhalte der Jahresabschlussprüfung<br />

Die Vorschrift benennt auch ausdrücklich die Prüfungsinhalte für die örtliche Jahresabschlussprüfung. Der gemeindliche<br />

Jahresabschluss ist danach dahingehend zu prüfen, ob er ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde unter Beachtung der<br />

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt. Die Prüfung des Jahresabschlusses soll sich zudem darauf<br />

erstrecken, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen, z.B. die gemeindliche Haushaltssatzung,<br />

und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen, z. B. die örtlichen Vorschriften auf der Grundlage des<br />

§ 31 GemHVO <strong>NRW</strong> beachtet worden sind.<br />

In die örtliche Prüfung sind auch die gemeindliche Buchführung, die durchgeführte Inventur, das aufgestellte<br />

Inventar und die Übersicht über örtlich festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände einzubeziehen.<br />

Dazu wird noch bestimmt, dass der gemeindliche Lagebericht darauf zu prüfen ist, ob er mit dem Jahresabschluss<br />

der Gemeinde in Einklang steht und ob seine sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der<br />

Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde erwecken. Diese Vorgaben beinhalten auch eine<br />

Gesetz- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung, bei der die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden<br />

Satzungen im Blickfeld stehen.<br />

Im gemeindlichen Bereich muss dabei die Besonderheit berücksichtigt werden, dass die jährliche Haushaltssatzung<br />

(vgl. § 78 GO <strong>NRW</strong>) nicht für sich alleine steht, sondern durch den damit in unmittelbarer Verbindung stehenden<br />

Haushaltsplan (vgl. § 79 GO <strong>NRW</strong>) näher ausgestaltet wird. Daraus entsteht wiederum die Verpflichtung,<br />

auch die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr und nicht nur deren Ergebnis in die<br />

Jahresabschlussprüfung einzubeziehen. Die tatsächliche Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans mit den<br />

GEMEINDEORDNUNG 955


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

darin enthaltenen Ermächtigungen des Rates der Gemeinde zeigt sich insbesondere im Plan-/Ist-Vergleich, der in<br />

der Ergebnisrechnung und der Finanzrechnung enthalten ist. Dadurch besteht im gemeindlichen Jahresabschluss<br />

eine Verbindung zwischen dem Haushaltsplan der Gemeinde und ihrer Haushaltsabrechnung, die auch in der<br />

Jahresabschlussprüfung zu berücksichtigen ist.<br />

1.1.3 Die Durchführung der Jahresabschlussprüfung<br />

1.1.3.1 Die Prüfungsplanung<br />

Die Aufgabe „Durchführung der Jahresabschlussprüfung“ erfordert von allen daran Beteiligten eine sachliche und<br />

zeitliche Prüfungsplanung und die Festlegung von Informationsbeschaffungsprozessen. Die Prüfung setzt aber<br />

auch eine Einschätzung des Prüfungsrisikos sowie eine Prüfungsstrategie voraus, um die Richtigkeit der zu treffenden<br />

Prüfungsaussagen zu gewährleisten. Auch die Festlegung von Wesentlichkeitsgrenzen sowie und Plausibilitätsbeurteilungen<br />

gehören zu den notwendigen Vorbereitungen.<br />

In die Vorüberlegungen für die örtliche Prüfung sollte ebenso einbezogen werden, welche kompetenten Personen<br />

bei der Klärung von Zweifelsfragen hinzugezogen werden können, um Fehleinschätzungen entgegen zu wirken.<br />

Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung ist daher auch den Grundsätzen der risikoorientierten Prüfung und der<br />

Wesentlichkeit in ausreichendem Maße Rechnung zu tragen. Dabei sind die örtliche Situation der Gemeinde und<br />

der Umfang und die Form der gemeindlichen Haushaltswirtschaft sowie die Komplexität der gemeindlichen Geschäfte<br />

und deren Risikogehalt zu berücksichtigen.<br />

Zu den Prüfungsvorbereitungen gehört aber auch die Beauftragung Dritter nach § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>, wenn<br />

sich die örtliche Rechnungsprüfung zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter bedienen will. Sie hat dabei auch das<br />

Vorliegen von Ausschlussgründen zu prüfen (vgl. § 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>). Außerdem ist auch auf eine ausreichende<br />

Dokumentation der Vorgänge bei der Ausführung der Prüfungstätigkeiten im Rahmen der Jahresabschlussprüfung<br />

zu achten. Es ist dabei nicht ausreichend, nur das Ergebnis der durchgeführten Prüfung durch<br />

den Prüfungsbericht und den Bestätigungsvermerk nach § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> zu dokumentieren. Entstandene<br />

Dokumente in Papierform können dabei auch eingescannt werden, damit sie in elektronischer Form verfügbar<br />

sind, jedoch muss immer der vollständige Inhalt auf dem Datenträger ersichtlich sein.<br />

1.1.3.2 Der Zeitraum der Jahresabschlussprüfung<br />

Für die Durchführung der Jahresabschlussprüfung ist gesetzlich nicht ausdrücklich ein abgegrenzter Zeitraum<br />

bestimmt worden. Gleichwohl ergibt sich aus der Einordnung der Prüfung des Jahresabschlusses in den Verfahrensablauf<br />

der Aufstellung und Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses, dass für die Durchführung<br />

der Prüfung nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht. Zu berücksichtigen ist einerseits, dass der Bürgermeister<br />

den Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

folgenden Jahres dem Rat zuzuleiten hat (vgl. § 95 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits hat der<br />

Rat der Gemeinde spätestens bis zum 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres den vom<br />

Rechnungsprüfungsausschuss geprüften Jahresabschluss durch einen Beschluss festzustellen (vgl. § 96 Absatz<br />

1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesem Zeitraum muss die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses erfolgen. Es ist dabei zu berücksichtigen,<br />

dass sich der Rechnungsprüfungsausschuss der örtlichen Rechnungsprüfung zu bedienen hat oder, soweit<br />

eine solche nicht besteht, sich Dritter gem. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> bedienen kann (vgl. § 59 Absatz 3 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die gemeindlichen Organe müssen aber die gesetzlich zugelassenen Fristen nicht vollausschöpfen. Die<br />

für die tatsächliche Durchführung der Jahresabschlussprüfung verfügbare Zeit kann daher ggf. auch noch reduzieren<br />

werden, um ein Prüfungsergebnis vor der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung für das neue<br />

GEMEINDEORDNUNG 956


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Haushaltsjahr verfügbar zu haben. Diese „Verkürzung“ ist auch geboten, denn die zuprüfenden Daten der Ergebnisrechnung<br />

und der Finanzrechnung der Gemeinde stellen als Ist-Werte die Ausgangsdaten im Haushaltsplan<br />

für das neue Haushaltsjahr dar (vgl. § 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine schnelle und kurzfristige Prüfung des gemeindli-<br />

chen Jahresabschlusses ist daher auch vom Gesetzgeber grundsätzlich gewollt, denn die Ergebnisse des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses sollen so schnell wie möglich auch in der laufenden Haushaltsausführung die<br />

notwendige Berücksichtigung finden. Die gemeindliche Aufsichtsbehörde ist ebenfalls an einer zeitnahen Anzeige<br />

des festgestellten Jahresabschlusses nach Ablauf des betreffenden Haushaltsjahres interessiert.<br />

1.1.3.3 Die Prüfung der „Jahreseröffnungsbilanz“<br />

In die gemeindliche Abschlussprüfung muss ggf. in Einzelfällen, ausgehend von der gemeindlichen Haushaltssatzung<br />

auch der bilanzielle Anfangsbestand des Haushaltsjahres einbezogen werden. Ein solches Erfordernis besteht<br />

insbesondere dann, wenn von der Gemeinde die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten<br />

Bewertungsmethoden in einem wesentlichen Umfang nicht bei dem folgenden Jahresabschluss beibehalten werden.<br />

In solchen Fällen besteht dann oftmals nur noch ein geringer bilanzieller Zusammenhang zwischen einzelnen<br />

Posten der Schlussbilanz des abgelaufenen Haushaltsjahres und den Posten der Jahreseröffnungsbilanz des<br />

folgenden Haushaltsjahres.<br />

Der Abschlussprüfer muss dann bei den einzelnen neuen Wertansätzen abschätzen, ob diese für den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss vertretbare Anfangswerte darstellen und ob die Umstellungseffekte zutreffend behandelt<br />

wurden. Mit einer solchen Prüfung wird gleichzeitig die Richtigkeit der Umstellung in der neuen Bewertung bzw.<br />

bei den Bewertungsmethoden bestätigt. Die Veränderungen im Übergang zwischen den Haushaltsjahren müssen<br />

von der Gemeinde transparent gemacht und dokumentiert werden. Eine eigenständige Jahreseröffnungsbilanz<br />

stellt dabei eine sichere Methode dar, eine vorgenommene bilanzwirksame Umstellung nachvollziehbar zu machen<br />

und zu dokumentieren.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Recht- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung):<br />

1.2.1 Allgemeine Bedingungen<br />

Nach der Vorschrift erstreckt sich die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses darauf, ob die gesetzlichen<br />

Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden<br />

sind. Die Prüfung der von der Gemeinde zu beachtenden rechtlichen Vorschriften beinhaltet daher auch eine<br />

Recht- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung in Bezug auf die Haushaltswirtschaft der Gemeinde im abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr und die dazu örtlich festgelegten Geschäftsprozesse. Zum Gegenstand dieser Prüfung sind dabei<br />

auch die gesetzlich bestimmten Verfahren zu machen, sodass nicht nur die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

in die Prüfungshandlungen einzubeziehen ist, sondern auch die Aufstellung und Beschlussfassung<br />

der jährlichen Haushaltssatzung dazu gehören. Das Prüfungsergebnis steht daher auch mit der von den Ratsmitgliedern<br />

zu beschließenden Entlastung des Bürgermeisters in einem unmittelbaren Zusammenhang (vgl. § 96<br />

Absatz 1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der Recht- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung muss vermieden werden, dass diese Prüfung als "Sonderprüfung"<br />

zu verstehen ist oder dass i.V.m. den fachlichen Prüfungshandlungen es zu einer "Doppelprüfung" kommt.<br />

In die Recht- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung sollten daher auch nicht Sachverhalte und Fragen der Gemeindeverfassung<br />

einbezogen werden, die Gegenstand der gemeindlichen Rechtsaufsicht sind. Sofern aber daraus<br />

wirtschaftliche Wirkungen ausgehen, die im gemeindlichen Jahresabschluss aufzuzeigen sind, müssen diese ggf.<br />

in die Prüfungshandlungen einbezogen werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsaufsichtsbehörde<br />

der Gemeinde bei den gemeindlichen Anzeigen i.d.R. in ihre Beurteilung auch die Leistungsfähigkeit der Gemeinde<br />

einzubeziehen hat.<br />

GEMEINDEORDNUNG 957


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

In der Abschlussprüfung muss außerdem die Besonderheit berücksichtigt werden, dass die jährliche Haushaltssatzung<br />

als rechtliche Vorgabe für die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr nicht<br />

für sich alleine steht, sondern durch den damit in unmittelbarer Verbindung stehenden Haushaltsplan näher ausgestaltet<br />

wird. Für die Recht- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung innerhalb der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung<br />

ist deshalb einerseits zu berücksichtigen, dass der Haushaltsplan hinsichtlich der Ausführung der Haushaltswirtschaft<br />

im Haushaltsjahr verbindlich für die gemeindliche Verwaltung ist (vgl. § 79 Absatz 3 Satz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Andererseits hat die örtliche Rechnungsprüfung die Aufgabe, die Geschäftsvorfälle der Gemeinde, die in<br />

der gemeindlichen Finanzbuchhaltung erfasst werden, zur Vorbereitung der Prüfung des Jahresabschlusses der<br />

Gemeinde laufend, d. h. soweit gemeindliche Vorgänge im gesamten Haushaltsjahr entstehen, zu prüfen (vgl. §<br />

103 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Ordnungsmäßigkeitsprüfung soll dabei feststellen, ob das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde im<br />

Haushaltsjahr richtig und vollständig unter Einbeziehung der haushaltsmäßigen Ermächtigungen des Rates der<br />

Gemeinde als Bewirtschaftungsrahmen nachgewiesen wird. Die dazu gehörige Rechtmäßigkeitsprüfung umfasst<br />

dabei regelmäßig die Beurteilung des gemeindlichen Verwaltungshandelns dahin gehend, ob die rechtlichen<br />

Vorgaben bei der Ausführung des gemeindlichen Haushaltsplans beachtet und eingehalten worden sind (vgl. § 79<br />

GO <strong>NRW</strong>). Diese Prüfungen sind insoweit geboten, denn die haushaltsmäßigen Vorschriften sehen oftmals besondere<br />

Verfahrenshandlungen durch die Gemeinde vor, die sich auch auf die Ausführung des Haushaltsplans<br />

und das Buchungsgeschehen in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung auswirken können. Solche Sachverhalte<br />

fallen daher auch in den Rahmen der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung.<br />

Im Rahmen der Gesetz- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses kann sich zudem<br />

ergeben, dass die Gemeinde zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses verpflichtet ist, dieser Verpflichtung<br />

aber noch nicht nachgekommen ist. In diesen Fällen sind dem Bürgermeister der Gemeinde entsprechende Hinweise<br />

zu geben. Dieser Verstoß gegen gesetzliche Pflichten ist jedoch nicht Gegenstand der originären Jahresabschlussprüfung<br />

und berührt diese Prüfung daher hinsichtlich des Prüfungsergebnisses nicht. Ein solcher Verstoß<br />

soll daher auch nicht zwingend zu einer Einschränkung des Bestätigungsvermerks aus der örtlichen Jahresabschlussprüfung<br />

führen.<br />

1.2.2 Die gesetzlichen Haushaltsvorschriften<br />

1.2.2.1 Allgemeine Zusammenhänge<br />

Die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rechnungsprüfungsausschuss erstreckt sich nach<br />

der Vorschrift auch darauf, ob die gesetzlichen Vorschriften beachtet worden sind. Diese Regelung soll nach<br />

ihrem Sinn und Zweck bewirken, dass bei der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses die gesamten Vorschriften<br />

über die gemeindliche Haushaltswirtschaft berücksichtigt werden. Daraus folgt, dass die in den haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften enthalten Bestimmungen über die gemeindliche Haushaltsplanung, die Haushaltsausführung<br />

und die Haushaltsrechnung in die haushaltsjahrbezogene Abschlussprüfung einzubeziehen sind.<br />

1.2.2.2 Die Vorschriften für die Haushaltsplanung<br />

Bei der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rechnungsprüfungsausschuss müssen auch<br />

die in den haushaltsrechtlichen Vorschriften enthalten Bestimmungen über die gemeindliche Haushaltsplanung,<br />

soweit sie bei der Gemeinde zur Anwendung kamen, in die Jahresabschlussprüfung einbezogen werden (vgl.<br />

nachfolgende Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 958


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Die haushaltsrechtlichen Vorschriften für die Haushaltsplanung<br />

Haushaltsplanung<br />

in der Gemeindeordnung<br />

8. Teil<br />

Haushaltswirtschaft<br />

§ 75 Allgemeine Haushaltsgrundsätze<br />

§ 76 Haushaltssicherungskonzept<br />

§ 77 Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung<br />

§ 78 Haushaltssatzung<br />

§ 79 Haushaltsplan<br />

§ 80 Erlass der Haushaltssatzung<br />

§ 81 Nachtragssatzung<br />

§ 82 Vorläufige Haushaltsführung<br />

§ 83 Überplanmäßige und außerplanmäßige<br />

Aufwendungen und Auszahlungen<br />

§ 84 Mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung<br />

§ 85 Verpflichtungsermächtigungen<br />

§ 86 Kredite<br />

9. Teil<br />

Sondervermögen,<br />

Treuhandvermögen<br />

§ 97 Sondervermögen<br />

§ 98 Treuhandvermögen<br />

§ 99 Gemeindegliedervermögen<br />

§ 100 Örtliche Stiftungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 959<br />

Haushaltsplanung<br />

in der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

Erster Abschnitt<br />

Haushaltsplan<br />

§ 1 Haushaltsplan<br />

§ 2 Ergebnisplan<br />

§ 3 Finanzplan<br />

§ 4 Teilpläne<br />

§ 5 Haushaltssicherungskonzept<br />

§ 6 Mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung<br />

§ 7 Vorbericht<br />

§ 8 Stellenplan<br />

§ 9 Haushaltsplan für zwei Jahre<br />

§ 10 Nachtragshaushaltsplan<br />

Zweiter Abschnitt<br />

Planungsgrundsätze und Ziele<br />

§ 11 Allgemeine Planungsgrundsätze<br />

§ 12 Ziele, Kennzahlen zur Zielerreichung<br />

§ 13 Verpflichtungsermächtigungen<br />

§ 14 Investitionen<br />

§ 15 Verfügungsmittel<br />

§ 16 Fremde Finanzmittel<br />

§ 17 Interne Leistungsbeziehungen<br />

§ 18 Kosten- und Leistungsrechnung<br />

§ 19 Weitere Vorschriften für die Haushaltsplanung<br />

§ 35 Abschreibungen<br />

§ 36 Rückstellungen<br />

Fünfter Abschnitt<br />

Vermögen und Schulden<br />

Abbildung 193 „Die haushaltsrechtlichen Vorschriften für die Haushaltsplanung“<br />

1.2.2.3 Die Vorschriften für die Haushaltsausführung<br />

Bei der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rechnungsprüfungsausschuss müssen die in<br />

den haushaltsrechtlichen Vorschriften enthalten Bestimmungen über die gemeindliche Haushaltsausführung,<br />

soweit sie bei der Gemeinde zur Anwendung kamen, in die Jahresabschlussprüfung einbezogen werden. Die<br />

Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr bildet eine Grundlage für die Erfüllung der<br />

Aufgaben der Gemeinde.<br />

Die Gemeinde hat auch bei der Ausführung ihrer gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr darauf<br />

Rücksicht zu nehmen, dass die Kosten der Leistungen und der Einrichtungen letztlich von den Bürgern durch<br />

Steuern und Abgaben aufgebracht werden. Diese Sachlage verpflichtet sie ganz besonders zu einer wirtschaftlichen,<br />

effizienten und sparsamen Haushaltsführung (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Das gemeindliche<br />

Haushaltsrecht sieht dafür eine Reihe von Grundsätzen und Geboten sowohl in der Gemeindeordnung als auch<br />

in der Gemeindehaushaltsverordnung vor, die nachfolgend beispielhaft aufgezeigt werden (vgl. Abbildung).


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Die haushaltsrechtlichen Vorschriften für die Haushaltsausführung<br />

Haushaltsausführung<br />

in der Gemeindeordnung<br />

8. Teil<br />

Haushaltswirtschaft<br />

§ 86 Kredite<br />

§ 87 Sicherheiten und Gewährleistung für<br />

Dritte<br />

§ 89 Liquidität<br />

§ 90 Vermögensgegenstände<br />

§ 93 Finanzbuchhaltung<br />

§ 94 Übertragung der Finanzbuchhaltung<br />

10. Teil<br />

Rechnungsprüfung<br />

§ 102 Örtliche Rechnungsprüfung<br />

§ 103 Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

9. Teil<br />

Sondervermögen,<br />

Treuhandvermögen<br />

§ 97 Sondervermögen<br />

§ 98 Treuhandvermögen<br />

§ 99 Gemeindegliedervermögen<br />

§ 100 Örtliche Stiftungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 960<br />

Haushaltsausführung<br />

in der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

Dritter Abschnitt<br />

Besondere Vorschriften<br />

für die Haushaltswirtschaft<br />

§ 20 Grundsatz der Gesamtdeckung<br />

§ 21 Bildung von Budgets<br />

§ 22 Ermächtigungsübertragung<br />

§ 23 Bewirtschaftung und Überwachung<br />

§ 24 Haushaltswirtschaftliche Sperre,<br />

Unterrichtungspflicht<br />

§ 25 Vergabe von Aufträgen<br />

§ 26 Stundung, Niederschlagung und Erlass<br />

Vierter Abschnitt<br />

Buchführung, Inventar,<br />

Zahlungsabwicklung<br />

§ 27 Buchführung<br />

§ 28 Inventur, Inventar<br />

§ 29 Inventurvereinfachungsverfahren<br />

§ 30 Zahlungsabwicklung, Liquiditätsplanung<br />

§ 31 Sicherheitsstandards und interne Aufsicht<br />

Abbildung 192 „Die haushaltsrechtlichen Vorschriften für die Haushaltsausführung“<br />

1.2.2.4 Die Vorschriften für die Haushaltsrechnung<br />

Für den Jahresabschluss bestehen im gemeindlichen Haushaltsrecht eine Reihe von Grundsätzen und Geboten.<br />

Bei der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rechnungsprüfungsausschuss müssen die in<br />

den haushaltsrechtlichen Vorschriften enthaltenen Bestimmungen über die gemeindliche Haushaltsrechnung in<br />

die Jahresabschlussprüfung einbezogen werden (vgl. Abbildung).<br />

Die haushaltsrechtlichen Vorschriften für die Haushaltsrechnung<br />

Haushaltsrechnung<br />

in der Gemeindeordnung<br />

8. Teil<br />

Haushaltswirtschaft<br />

§ 88 Rückstellungen<br />

§ 89 Liquidität<br />

§ 90 Vermögensgegenstände<br />

§ 91 Inventur, Inventar und<br />

Vermögensbewertung<br />

§ 95 Jahresabschluss<br />

§ 96 Feststellung des Jahresabschlusses<br />

und Entlastung<br />

Haushaltsrechnung<br />

in der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

Fünfter Abschnitt<br />

Vermögen und Schulden<br />

§ 32 Allgemeine Bewertungsanforderungen<br />

§ 33 Wertansätze für Vermögensgegenstände<br />

§ 34 Bewertungsvereinfachungsverfahren<br />

§ 35 Abschreibungen<br />

§ 36 Rückstellungen


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Die haushaltsrechtlichen Vorschriften für die Haushaltsrechnung<br />

Haushaltsrechnung<br />

in der Gemeindeordnung<br />

9. Teil<br />

Sondervermögen,<br />

Treuhandvermögen<br />

§ 97 Sondervermögen<br />

§ 98 Treuhandvermögen<br />

§ 99 Gemeindegliedervermögen<br />

§ 100 Örtliche Stiftungen<br />

10. Teil<br />

Rechnungsprüfung<br />

§ 101 Prüfung des Jahresabschlusses,<br />

Bestätigungsvermerk<br />

§ 102 Örtliche Rechnungsprüfung<br />

§ 103 Aufgaben der örtlichen Rechnungs-<br />

prüfung<br />

§ 105 Überörtliche Prüfung<br />

12. Teil<br />

Gesamtabschluss<br />

§ 116 Gesamtabschluss<br />

§ 117 Beteiligungsbericht<br />

GEMEINDEORDNUNG 961<br />

Haushaltsrechnung<br />

in der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

Sechster Abschnitt<br />

Jahresabschluss<br />

§ 37 Jahresabschluss<br />

§ 38 Ergebnisrechnung<br />

§ 39 Finanzrechnung<br />

§ 40 Teilrechnungen<br />

§ 41 Bilanz<br />

§ 42 Rechnungsabgrenzungsposten<br />

§ 43 Weitere Vorschriften zu einzelnen Bilanzposten<br />

§ 44 Anhang<br />

§ 45 Anlagenspiegel<br />

§ 46 Forderungsspiegel<br />

§ 47 Verbindlichkeitenspiegel<br />

§ 48 Lagebericht<br />

Siebter Abschnitt<br />

Gesamtabschluss<br />

§ 49 Gesamtabschluss<br />

§ 50 Konsolidierung<br />

§ 51 Gesamtlagebericht, Gesamtanhang<br />

§ 52 Beteiligungsbericht<br />

Neunter Abschnitt<br />

Schlussvorschriften<br />

§ 58 Aufbewahrung von Unterlagen,<br />

Aufbewahrungsfristen<br />

Abbildung 193 „Die haushaltsrechtlichen Vorschriften für die Haushaltsrechnung“<br />

Diese Vorgaben wirken sich auf die Abrechnung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft aus, denn der Bürgermeister<br />

hat nach dem Ende seines auf das Haushaltsjahr begrenzten Auftrages, die Haushaltswirtschaft der Gemeinde<br />

nach der geltenden Haushaltssatzung zu führen und darüber Rechenschaft gegenüber dem Rat ablegen.<br />

Der Bürgermeister hat dazu den Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses innerhalb von drei Monaten nach<br />

Ablauf des Haushaltsjahres dem Rat zur Feststellung zuzuleiten (vgl. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.2.3 Örtliche Satzungen<br />

1.2.3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Nach der Vorschrift erstreckt sich die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

auch darauf, ob die die gesetzlichen Vorschriften ergänzenden örtlichen Satzungen beachtet<br />

worden sind. Die Gemeinden können nach § 7 GO <strong>NRW</strong> ihre Angelegenheiten durch Satzung regeln. Neben


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

dieser Ermächtigung bestehen aber in Fachgesetzen weitere Ermächtigungen zum Erlass von gemeindlichen<br />

Satzungen, z. B. in § 2 KAG <strong>NRW</strong> oder für Erschließungsbeitragssatzung in § 132 BauGB. Zu solchen gemeindlichen<br />

Satzungen gehören vor allem die Hauptsatzung nach § 7 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> und die jährliche Haushalts-<br />

satzung nach § 78 GO <strong>NRW</strong>.<br />

1.2.3.2 Die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

Die jährliche Haushaltswirtschaft der Gemeinde erfordert eine bindende Grundlage für ihre Ausführung durch die<br />

gemeindliche Verwaltung. Diese Grundlage schafft der Rat der Gemeinde im Rahmen seines Budgetrechtes<br />

durch den jährlichen Erlass einer Haushaltssatzung (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe h GO <strong>NRW</strong>). Ein auf der beschlossenen<br />

Haushaltsatzung aufbauender gemeindlicher Haushalt ist Ausdruck der Finanzhoheit der Gemeinde<br />

und der gemeindlichen Selbstverwaltung. Es muss dabei von der Gemeinde gewährleistet werden, dass durch<br />

die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen mindestens alle gesetzlich bestimmten Festsetzungen getroffen werden<br />

und die Haushaltssatzung alle Ermächtigungen für die gemeindliche Verwaltung enthält, die zur Ausführung und<br />

Einhaltung des Haushaltsplans der Gemeinde im betreffenden Haushaltsjahr notwendig sind.<br />

Aus diesen Vorgaben entsteht, dass in die Prüfung der Einhaltung der gemeindlichen Haushaltssatzung auch die<br />

Einhaltung des Haushaltsplans und damit die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft zu prüfen ist. Es<br />

muss als nicht ausreichend angesehen werden, wenn lediglich nur die Ergebnisse der gemeindlichen Haushaltswirtschaft,<br />

die in der Ergebnisrechnung und der Finanzrechnung sowie in der gemeindlichen Bilanz wieder gegeben<br />

werden, in die Jahresabschlussprüfung einbezogen werden. So gehört z. B. zur Prüfung, ob die haushaltswirtschaftlichen<br />

Vorschriften eingehalten worden sind, die Prüfung der Einhaltung der in der Haushaltssatzung<br />

enthaltenen Kreditermächtigung und anderer örtlich bezogener Bewirtschaftungsvorgaben.<br />

Zu den Prüfungsaufgaben gehört auch die Prüfung, ob außerhalb der vom Rat beschlossenen Haushaltssatzung<br />

örtliche haushaltswirtschaftliche Maßnahmen veranlasst wurden und diese sich im zulässigen Rahmen der haushaltsrechtlichen<br />

Vorgaben halten, z. B. über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen. Dadurch<br />

wird deutlich, dass sich die Prüfung der Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen im Rahmen der Prüfung des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses nicht allein auf die Vorschriften über die Rechnungslegung beziehen darf.<br />

1.2.4 Sonstige ortsrechtliche Bestimmungen<br />

1.2.4.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rechnungsprüfungsausschuss erstreckt sich nach<br />

der Vorschrift auch darauf, ob die sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind. Derartige örtliche<br />

Regelungen werden durch Verordnungen, Tarife, Richtlinien u.a. in eigener Verantwortung der Gemeinde<br />

festgelegt. Solche ortsrechtlichen Bestimmungen sind nach § 1 Absatz 2 BekanntmVO <strong>NRW</strong> wie gemeindliche<br />

Satzungen bekannt zu machen.<br />

1.2.4.2 Besondere Ratsbeschlüsse<br />

Zu den sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen sind auch besondere Ratsbeschlüsse zu zählen, die auf Grund<br />

ihrer Inhalte eigene haushaltswirtschaftliche Auswirkungen für das gleiche Haushaltsjahr oder auch für künftige<br />

Haushaltsjahre haben, z. B. über gemeindliche Investitionen (vgl. § 14 GemHVO <strong>NRW</strong>) oder über überplanmäßige<br />

und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen (vgl. § 83 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Derartige Beschlüsse<br />

wirken sich unmittelbar auch auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres aus.<br />

GEMEINDEORDNUNG 962


1.2.4.3 Örtliche Dienstanweisungen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Im Sinne der Sicherung des ordnungsmäßigen Verwaltungshandelns und der Gewährleistung einer wirtschaftlichen<br />

Haushaltsführung sowie aufgrund des öffentlichen Verwaltungsrechts besteht für jede Gemeinde die generelle<br />

Verpflichtung, ihr Handeln bzw. ihre Geschäftstätigkeit auf eine rechtliche Grundlage zu stellen. Es bestehen<br />

daher für die örtliche Aufgabenerledigung durch die verwaltenden Stellen der Gemeinde, z.B. auch für die gemeindliche<br />

Finanzbuchhaltung, darauf ausgerichtete örtliche Vorschriften, die vom Bürgermeister als organisatorische<br />

und fachliche Vorgaben im Rahmen seiner Verantwortung für den Geschäftsgang in der gemeindlichen<br />

Verwaltung zu erlassen sind.<br />

Solche örtlichen Bestimmungen sollen einerseits ein ordnungsmäßiges Verwaltungshandeln sichern und eine<br />

wirtschaftliche Haushaltsführung gewährleisten, andererseits aber auch die notwendige Überwachung und Kontrollen<br />

ermöglichen. Das örtliche Regelwerk muss diesen Zwecken gerecht werden und kann daher nicht nur auf<br />

dem Standardkatalog nach § 31 GemHVO <strong>NRW</strong> aufbauen, sondern muss auch die übrigen gesetzlichen Bestimmungen<br />

des gemeindlichen Haushaltsrechts beachten. Diese enthalten weitere Regelungen über die Überwachung<br />

und Kontrollen, z. B. die Vorgänge in der Finanzbuchhaltung laufend zu prüfen oder die gemeindliche<br />

Zahlungsabwicklung dauernd zu überwachen (vgl. § 103 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Es können aber auch weitere Überwachungspflichten bestehen, z. B. die Aufsicht über die Finanzbuchhaltung<br />

durch die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister (vgl. § 31 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). Dazu gehört auch, das örtliche<br />

Regelungswerk so auszugestalten, dass die Anwendung seiner Bestimmungen prüffähig ist und die möglichen<br />

Ermessensspielräume hinsichtlich des Handelns und der Verantwortlichkeiten der gemeindlichen Beschäftigten<br />

erkennbar und nachvollziehbar gemacht werden, z. B. durch die konkrete Festlegung von Entscheidungsbefugnissen<br />

oder die Bindung an Weisungen. Vor diesem Hintergrund und den entsprechenden örtlichen Dienstanweisungen<br />

verfügt grundsätzlich jede Gemeinde über ein eigenständiges Überwachungs- und Kontrollinstrument,<br />

das in der Privatwirtschaft als „Internes Kontrollsystem (IKS)“ bezeichnet wird.<br />

Die Gemeinde muss insgesamt dafür Sorge tragen, dass die Überwachung und Kontrolle in der gemeindlichen<br />

Verwaltung gesichert ist, auch wenn die örtliche Organisationshoheit eine Vielzahl von eigenständigen Einheiten<br />

und Verantwortlichkeiten in der gemeindlichen Verwaltung zulässt. Es besteht aber gleichwohl ein Gesamtzusammenhang<br />

im Sinne von Kontrolle und Überwachung, z.B. durch den Verwaltungsvorstand nach § 70 GO<br />

<strong>NRW</strong>. Dadurch können interne und externe Vorschriften, Grundsätze und Verfahren sowie örtliche Maßnahmen<br />

für die gesamte örtliche Verwaltung bestimmt werden, die der Wirksamkeit, der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit<br />

des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde einschließlich ihrer Rechnungslegung dienen<br />

und den Geschäftsablauf und die Verantwortlichkeiten innerhalb der Verwaltung bestimmen.<br />

Es bedarf aber ständig bzw. regelmäßig einer Prüfung der Wirksamkeit der erlassenen örtlichen Regelungen<br />

sowie der Umsetzung von Anpassungen, z. B. auch im Rahmen der Jahresabschlussprüfung, damit unter Berücksichtigung<br />

der örtlichen Verhältnisse und Erfordernisse die notwendigen Ergänzungen, Erweiterungen und<br />

Verbesserungen für den gemeindlichen Geschäftsablauf bzw. die Geschäftsprozesse vorgenommen werden.<br />

Dadurch kann insbesondere auftretenden Risiken begegnet werden, die zu Fehlern und falschen Angaben in der<br />

gemeindlichen Finanzbuchhaltung führen können. Bei der gemeindlichen Steuerung und Überwachung anhand<br />

der erlassenen örtlichen Regelungen sind aber auch die von der Gemeinde eingesetzten Informationssysteme<br />

einzubeziehen, denn die gemeindliche Geschäfts- und Verwaltungstätigkeit wird dadurch wesentlich geprägt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 963


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

1.3 Zu Satz 3 (Prüfung der Buchführung und der Inventur):<br />

1.3.1 Die Prüfung der gemeindlichen Buchführung<br />

Nach der Vorschrift ist in die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses die Buchführung der Gemeinde<br />

einzubeziehen. Die Jahresabschlussprüfung hat daher bei der Prüfung der Bestandteile und Anlagen des Jahresabschlusses<br />

auch die der gemeindlichen Haushaltswirtschaft zugrunde liegende Buchführung zu berücksichtigen.<br />

Die Buchführung der Gemeinde hat nach § 27 GemHVO <strong>NRW</strong> dazu beizutragen, dass der Jahresabschluss ein<br />

den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung vermittelt.<br />

Die gemeindliche Buchführung muss daher den an sie gestellten Anforderungen entsprechen, damit der Jahresabschluss<br />

in der vorgeschriebenen Form aufgestellt werden kann, die vorgesehenen Angaben enthält und dafür<br />

die Vermögensgegenstände und Schulden richtig bewertet worden sind. Die Finanzbuchhaltung der Gemeinde<br />

hat deshalb das Datenmaterial zu liefern, das die Grundlage für den Jahresabschluss mit Ergebnisrechnung,<br />

Finanzrechnung und der Bilanz bilden soll. Das gemeindliche Buchführungsverfahren ist somit auf den Nachweis<br />

und die Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinde auszurichten.<br />

Im Rahmen des gemeindlichen Jahresabschlusses kann daher i.d.R. eine Aufbau- und Funktionsprüfung der<br />

gemeindlichen Buchführung stattfinden, in der die notwendigen Prüfungsaussagen gewonnen werden. In die<br />

örtliche Prüfung sollen deshalb die rechnungslegungsrelevanten Elemente der gemeindlichen Buchführung einbezogen<br />

werden, die Daten über die Geschäftsvorfälle der Gemeinde verarbeiten, einschließlich der Erfordernisse<br />

der Datensicherheit. In den Fällen, in denen erhebliche Mängel bei der Durchführung der gemeindlichen Buchführung<br />

festgestellt werden, kann der Rechnungsprüfungsausschuss ggf. auch zu einer Einschränkung des Bestätigungsvermerks<br />

kommen (vgl. § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung ist es jedoch nicht erforderlich, jeden gemeindlichen Geschäftsvorfall,<br />

der im abgelaufenen Haushaltsjahr entstanden ist nachzuprüfen. Eine solche Prüfung obliegt zudem der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung, denn sie hat die gesetzliche Aufgabe, die Vorgänge in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung<br />

laufend zu prüfen sowie die gemeindliche Zahlungsabwicklung dauernd zu überwachen (vgl. § 103 Absatz 1<br />

Nummer 5 GO <strong>NRW</strong>). Diese gesetzlichen Aufgaben sind untrennbar miteinander verbunden, denn die Aufgabe<br />

„Dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung“ hat insbesondere aus Sicherheitsgesichtspunkten heraus eine<br />

eigenständige Bedeutung. Dieses gesamte unterjährige Prüfungsgeschehen dient der Vorbereitung der Prüfung<br />

des Jahresabschlusses der Gemeinde, sodass auch diese Prüfungen unter den Aspekten des § 101 GO <strong>NRW</strong><br />

durchzuführen sind.<br />

Bei einer Buchführung mithilfe automatisierter Datenverarbeitung (DV-Buchführung) muss geprüft werden, ob<br />

auch bei der DV-gestützten Buchführung die Grundsätze eingehalten werden, die in § 27 Absatz 1 bis 3 GemH-<br />

VO <strong>NRW</strong> näher bestimmt sind. Die Gemeinde muss solche organisatorischen und technischen Maßnahmen<br />

umsetzen, die geeignet sind, die Sicherheit der für die Rechnungslegung relevanten Daten und IT-Systeme zu<br />

gewährleisten. Die GoBS finden bei der gemeindlichen Buchführung mithilfe automatisierter Datenverarbeitung<br />

Anwendung, unabhängig davon, ob diese zentral oder dezentral, vollständig oder nur in Teilschritten erfolgt.<br />

Die GoBS gelten zudem - wie im kaufmännischen Rechnungswesen - auch für die Prozesse außerhalb des eigentlichen<br />

Buchführungsbereichs, innerhalb derer buchführungsrelevante Daten erfasst, erzeugt, übermittelt oder<br />

verarbeitet werden. Dazu werden mehrere Voraussetzungen bestimmt, von der Pflicht, fachlich geprüfte Programme<br />

und freigegebene Verfahren einzusetzen, bis hin zur verantwortlichen Abgrenzung der Verwaltung von<br />

Informationssystemen und automatisierten Verfahren von der fachlichen Sachbearbeitung und der Erledigung von<br />

GEMEINDEORDNUNG 964


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Aufgaben der Finanzbuchhaltung, durch die eine notwendige Ordnungsmäßigkeit dieser Buchführung sichergestellt<br />

werden soll.<br />

1.3.2 Die Prüfung der gemeindlichen Inventur<br />

In der Vorschrift wird deshalb ausdrücklich bestimmt, dass zur Jahresabschlussprüfung auch die Prüfung der<br />

Inventur gehört. Die Inventur der Gemeinde stellt dabei als Bestandsaufnahme eine lückenlose, mengen- und<br />

wertmäßige Erfassung des Vermögens und der Schulden einer Gemeinde zu einem bestimmten Stichtag durch<br />

eine Inaugenscheinnahme in Form von Messen, Wiegen usw. dar. Eine solche Stichtagsinventur ist in einem<br />

angemessenen und abgegrenzten Zeitraum um den Abschlussstichtag durchzuführen.<br />

Die Vorschrift des § 28 GemHVO <strong>NRW</strong> ist daher darauf ausgerichtet, dass die Gemeinde durch die Inventur<br />

einen Überblick über ihr gesamtes Vermögen erhält. Sie muss deshalb zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres<br />

die in ihrem wirtschaftlichen Eigentum stehenden Vermögensgegenstände, die Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten<br />

unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur vollständig aufnehmen. Ergänzend zu<br />

den Bestimmungen über die Durchführung der Inventur sind Inventurvereinfachungen für die Gemeinde zugelassen<br />

worden, um die Wirtschaftlichkeit der Inventur zu erhöhen.<br />

Jede der zugelassenen Vereinfachungen ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Dieses soll dazu<br />

beitragen, dass die Inventurzwecke auch dann erfüllt werden, wenn eine Vereinfachungsmöglichkeit angewendet<br />

wird. In den Fällen, in denen von einer Vereinfachungsmöglichkeit Gebrauch gemacht werden soll, ist von der<br />

Gemeinde zuvor zu prüfen, ob die vorgesehene Maßnahme zu mehr Wirtschaftlichkeit beiträgt als die normale<br />

Inventur und der Grundsatz der Vollständigkeit sowie der Grundsatz der Richtigkeit nicht unvertretbar beeinträchtigt<br />

werden. Die Prüfungshandlungen des Abschlussprüfers sind daher an der örtlich tatsächlich gestalteten Inventur<br />

auszurichten.<br />

1.3.3 Die Prüfung des aufgestellten Inventars<br />

Die haushaltsrechtliche Vorgabe, den Wert der einzelnen in der Inventur zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres<br />

erfassten Vermögensgegenstände und Schulden in einem Bestandsverzeichnis (Inventar) anzugeben, dient<br />

der zutreffenden Darstellung der Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde im gemeindlichen Jahresabschluss<br />

und ist Gegenstand der Abschlussprüfung (vgl. § 28 Absatz 1 Satz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Das Inventar ist<br />

das gemeindliche Verzeichnis, das Auskunft über das Ergebnis der gemeindlichen Inventur nach Art, Menge und<br />

Wert gibt. Es ist als Bestandsverzeichnis daher zeitnah zum Abschlussstichtag 31. Dezember aufzustellen. Es<br />

bildet die Grundlage für die aufzustellende Bilanz und den Anhang im gemeindlichen Jahresabschluss.<br />

Die o.a. Vorschrift enthält aber keine Formvorschriften über das Inventar. Es sind darin die gemeindlichen Vermögensgegenstände<br />

und die Schulden der Gemeinde jedoch immer getrennt voneinander aufzuführen. Die GoB<br />

verlangen bei der Aufstellung des Inventars die Beachtung der Grundsätze Klarheit, Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit<br />

in der Darstellung. Die Gliederung in der Darstellung des gemeindlichen Inventars muss daher<br />

diesen Anforderungen entsprechen.<br />

1.3.4 Die Prüfung der örtlichen Abschreibungstabelle<br />

Nach der Vorschrift ist in die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses auch die Übersicht über die örtlich<br />

festgelegten Nutzungsdauern der gemeindlichen Vermögensgegenstände (Örtliche Abschreibungstabelle) einzubeziehen.<br />

Die Gemeinde hat nach § 27 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong> für ihre Bestimmung der wirtschaftlichen Nut-<br />

GEMEINDEORDNUNG 965


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

zungsdauer ihrer abnutzbaren Vermögensgegenstände den vom Innenministerium bekannt gegebenen „NKF-<br />

Rahmen für kommunale Abschreibungen“ zugrunde zu legen.<br />

Aus dieser Vorgabe ergibt sich, dass sich die Gemeinde bei der Erstellung ihrer örtlichen Übersicht (Abschreibungstabelle)<br />

i.d.R. innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens zu bewegen hat. Die örtlichen Festlegungen über<br />

die Nutzungsdauern der gemeindlichen Vermögensgegenstände sollen dadurch transparent und für die Anwendung<br />

verbindlich gemacht werden. Die Prüfung der örtlichen Abschreibungstabelle wird sich daher i.d.R. auf die<br />

Einhaltung dieser allgemeinen Vorgaben beschränken können.<br />

1.4 Zu Satz 4 (Prüfung des Lageberichtes der Gemeinde):<br />

Der Lagebericht der Gemeinde, der dem Jahresabschluss beizufügen ist (vgl. § 95 Absatz 1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong>), ist<br />

vom Rechnungsprüfungsausschuss daraufhin zu prüfen, ob der Bericht mit dem gemeindlichen Jahresabschluss<br />

in Einklang steht und ob seine sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde erwecken. Außerdem müssen die Verantwortlichen in der Gemeinde im<br />

Lagebericht eine ausreichende Auskunft zu den künftigen Chancen und Risiken der Gemeinde geben, die vom<br />

Abschlussprüfer einzuschätzen und zu beurteilen ist. Dabei kann er die „Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung“<br />

als Beurteilungsmaßstäbe heranziehen.<br />

Der jährliche Lagebericht der Gemeinde hat daher eine umfassende und vielfältige Ergänzungsfunktion zum<br />

gemeindlichen Jahresabschluss. Seine Aussagen müssen daher klar, sorgfältig abgewogen und zeitnah sein. Bei<br />

seiner Aufstellung sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung (GoL) zu beachten. Für die äußere<br />

Gestaltung des Lageberichts, seinen Aufbau und Umfang sind jedoch keine besonderen Formvorgaben vorgegeben<br />

worden. Die Fülle der Informationen verlangt aber eine grundlegende Strukturierung. Auch die Gliederung<br />

des Lageberichts muss mit ihren einzelnen Elementen dazu beitragen, dass der Lagebericht der Gemeinde im<br />

Zusammenhang mit dem gemeindlichen Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt (vgl. § 48 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Im gemeindlichen Lagebericht sind auch die Informationen zu prüfen, durch die über Vorgänge und Ereignisse<br />

Auskunft gegeben wird, die nach Schluss des Haushaltsjahres eingetreten sind und Auswirkungen auf die Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde haben können (Nachtragsbericht). Im gemeindlichen<br />

Lagebericht sollen deshalb z. B. wesentliche Informationen enthalten sein, wenn sich die Rahmenbedingungen<br />

für die Verwaltungstätigkeit der Gemeinde im laufenden oder in weiteren Haushaltsjahren als Folgejahr des abgeschlossenen<br />

Haushaltsjahres voraussichtlich ändern werden und diese Gegebenheiten ggf. zu einer anderen<br />

Darstellung der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde und/oder der Entwicklung der<br />

wirtschaftlichen Lage der Gemeinde geführt hätten. Die Berichterstattung im Lagebericht umfasst dabei auch<br />

Vorgänge und Ereignisse, die aufgrund des Stichtagsprinzips und unter Berücksichtigung des Wertaufhellungsprinzips<br />

nicht in den gemeindlichen Jahresabschluss einbezogen werden.<br />

Die Prüfungshandlungen des Abschlussprüfers zum Lagebericht sind nach den gleichen Grundsätzen vorzunehmen,<br />

wie sie bei der Prüfung der Bestandteile des gemeindlichen Jahresabschlusses zur Anwendung kommen. In<br />

die Prüfung sind daher grundsätzlich alle im Lagebericht der Gemeinde gemachten Angaben einzubeziehen.<br />

Sofern der gemeindliche Lagebericht gleichwohl Informationen enthält, die nicht der Abschlussprüfung unterliegen,<br />

sollten solche Angaben in einem gesonderten Abschnitt des Lageberichtes dargestellt werden. Der Abschlussprüfer<br />

kann ggf. eine Richtigstellung dieser Inhalte des Lageberichtes veranlassen, soweit diese Informationen<br />

ggf. einen falschen Eindruck von der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde vermitteln sollten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 966


1.5 Zu Satz 5 (Prüfungsbericht):<br />

1.5.1 Die Prüfungsaussagen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat über die Art und den Umfang seiner Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

sowie über das Ergebnis seiner Prüfung einen Prüfungsbericht zu erstellen. Er hat daher die erforderlichen<br />

Prüfungshandlungen unter Berücksichtigung der gemeindlichen Verhältnisse eigenverantwortlich und in<br />

Kenntnis der Aufgabenerfüllung der Gemeinde nach pflichtgemäßem Ermessen sorgfältig zu bestimmen. Es<br />

muss dabei gewährleistet werden, dass die Prüfungsaussagen vom Ausschuss mit hinreichender Sicherheit getroffen<br />

werden können und ein Prüfungsbericht erstellt werden kann.<br />

Der Prüfungsbericht über die gemeindliche Abschlussprüfung sollte daher sachgerecht die notwendigen Prüfungsaussagen<br />

zur wirtschaftlichen Lage der Gemeinde enthalten. Der Umfang der Berichterstattung kann dabei<br />

an den einschlägigen haushaltsrechtlichen Bestimmungen sowie an der Bedeutung und dem Risikogehalt der<br />

darzustellenden Sachverhalte orientiert werden. Soweit erläuternde Darstellungen notwendig werden, können<br />

diese ggf. auch als Anlagen dem Prüfungsbericht beigefügt werden. Im Prüfungsbericht sollte aber eine hinreichende<br />

Beurteilung enthalten sein. Die Anlagen dürfen dabei die Berichterstattung nicht unübersichtlich werden<br />

lassen. Einige Beispiele für Prüfungsaussagen werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Beispiele für Prüfungsaussagen zum Jahresabschluss<br />

- Darstellung, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen,<br />

insbesondere die gemeindliche Haushaltssatzung und die sonstigen ortsrechtlichen<br />

Bestimmungen beachtet worden sind.<br />

- Darstellung, ob die Bilanz, die Ergebnisrechnung und die Finanzrechnung ausreichend<br />

ausgegliedert und ihre Posten und Positionen ausreichend erläutert wurden.<br />

- Darstellung, ob der Anhang den an ihn gestellten Anforderungen entspricht und<br />

insbesondere die gesonderten zu machenden Angaben zutreffend enthält.<br />

- Darstellung, ob die Buchführung, die Inventur, das Inventar und die Übersicht über<br />

örtlich festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände den rechtlichen<br />

Anforderungen entsprechend und das durch den Jahresabschluss zu vermittelnde<br />

Bild der Gemeinde in ausreichendem Maße ermöglichen.<br />

- Aussage, ob der Lagebericht mit dem Jahresabschluss in Einklang steht und ob<br />

seine sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde erwecken, einen Überblick über<br />

die wichtigen Ergebnisse des Jahresabschlusses und Rechenschaft über die<br />

Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Jahr gibt und auf die Chancen und Risiken<br />

für die künftige Entwicklung der Gemeinde eingeht.<br />

- Darstellung von Unrichtigkeiten und Verstößen, die sich auf die weitere Entwicklung<br />

der Gemeinde wesentlich auswirken oder sie beeinflussen können.<br />

- eigene Beurteilung der Lage der Gemeinde.<br />

Abbildung 196 „Beispiele für Prüfungsaussagen zum Jahresabschluss“<br />

Für die Darstellungen im Prüfungsbericht sowie für seine Gestaltung bestehen über die genannten Vorschriften<br />

hinaus keine weiteren haushaltsrechtlichen Vorgaben. Der Prüfungsbericht ist von der Gemeinde bzw. von den<br />

Verantwortlichen für die Jahresabschlussprüfung nach örtlichen Bedürfnissen eigenverantwortlich auszugestalten<br />

GEMEINDEORDNUNG 967


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

und zu unterzeichnen. Er sollte durch seine besonderen Aussagen und Darstellungen auch eine vorbeugende<br />

Wirkung entfalten, insbesondere hinsichtlich der aufgedeckten Mängel. Die darin enthaltenen Informationen können<br />

zudem zur Verhinderung von Unregelmäßigkeiten beitragen, gleichwohl aber deren künftige Vermeidung<br />

nicht garantieren.<br />

1.5.2 Die Grundsätze der Berichterstattung<br />

Für die Aussagefähigkeit des Prüfungsberichtes haben sich besondere Berichtsgrundsätze entwickelt, die auch<br />

bei der Erarbeitung von gemeindlichen Prüfungsberichten beachtet werden sollten. Für den Prüfungsbericht bestehen<br />

folgende allgemeine Grundsätze der Berichterstattung (vgl. Abbildung).<br />

GRUNDSATZ<br />

Grundsatz der<br />

Schriftlichkeit<br />

Grundsatz der<br />

Klarheit<br />

Grundsatz der<br />

Wahrheit<br />

Grundsatz der<br />

Vollständigkeit<br />

Grundsatz der<br />

Verständlichkeit<br />

Grundsatz der<br />

Unparteilichkeit<br />

Berichtsgrundsätze für den Prüfungsbericht<br />

GEMEINDEORDNUNG 968<br />

INHALTE<br />

Nach diesem Grundsatz ist der Prüfungsbericht schriftlich zu erstatten.<br />

Dieses bedeutet u.a., dass der Prüfungsbericht in Papierform<br />

vorliegen muss. Wenn mündlich berichtet wird, müssen die gegebenen<br />

Informationen gleichwohl im Prüfungsbericht enthalten sein.<br />

Außerdem beinhaltet der Grundsatz, dass das Prüfungsergebnis<br />

bzw. der Bestätigungsvermerk vom Prüfer zu unterzeichnen ist.<br />

Nach diesem Grundsatz ist die Berichterstattung über die Prüfung<br />

im Prüfungsbericht für den Rat und die Bürger als Öffentlichkeit so<br />

eindeutig und problemorientiert zu machen, dass eine übersichtliche<br />

Gliederung des Berichtes und ein sachlicher Stil zu verwenden<br />

ist und ggf. ergänzende Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind<br />

(z.B. als Anlagen zum Prüfungsbericht.<br />

Nach diesem Grundsatz muss der Inhalt des Prüfungsberichtes den<br />

tatsächlichen Gegebenheiten bei der zu prüfenden Stelle entsprechen.<br />

Die Prüfungstätigkeit muss sich mit den Aussagen darüber<br />

und den dafür zugrunde liegenden Dokumenten decken. Der Berichtspflichtige<br />

muss ggf. bestätigen, dass einzelne Sachverhalte<br />

nicht geprüft werden konnten.<br />

Nach diesem Grundsatz muss der Prüfungsbericht alle wesentlichen<br />

Ergebnisse und Einwendungen enthalten. Dabei ist zu entscheiden,<br />

wie mit vertraulichen Angaben und personenbezogenen<br />

Daten umzugehen ist. Der Grundsatz umfasst auch die Vorgabe,<br />

dass der Prüfungsbericht als Gesamtwerk erstellt wird und nicht in<br />

einzelne Berichte aufgeteilt wird, die ggf. nicht miteinander in Verbindung<br />

stehen.<br />

Nach diesem Grundsatz sind die Informationen der Prüfung für den<br />

Rat und die Bürger als Öffentlichkeit so aufzubereiten und verfügbar<br />

zu machen, dass die wesentlichen Informationen über die Prüfung<br />

auch für die Adressaten der Berichterstattung verständlich sind.<br />

Nach diesem Grundsatz hat der Abschlussprüfer unter Berücksichtigung<br />

der verfügbaren Informationen unvoreingenommen, sachlich<br />

und möglichst objektiv über die durchgeführte Prüfung zu berichten,<br />

ggf. auch Aussagen zum Selbstprüfungsverbot bzw. seiner eigenen<br />

Unabhängigkeit zu machen.<br />

Abbildung 197 „Berichtsgrundsätze für den Prüfungsbericht“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Für die Darstellungen im Prüfungsbericht sowie für seine Gestaltung bestehen nach der haushaltsrechtlichen<br />

Vorschrift keine besonderen Vorgaben. Jedoch muss der Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

eindeutige Formulierungen zu den geprüften örtlichen Sachverhalten enthalten, um Fehlinterpretationen und<br />

Fehldeutungen zu vermeiden.<br />

1.6 Zu Satz 6 (Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk):<br />

Nach dieser Vorschrift hat der Rechnungsprüfungsausschuss den Bestätigungsvermerk in den Prüfungsbericht<br />

aufzunehmen. Dieser Vermerk muss eine klar und schriftlich zu formulierende Gesamtbeurteilung des Prüfungsergebnisses<br />

über den gemeindlichen Jahresabschluss enthalten. Es liegt in der Verantwortung des Ausschusses,<br />

ob und in welchem Umfang der Bestätigungsvermerk des Rechnungsprüfungsausschusses dabei auf den ihm<br />

vorgelegten Bestätigungsvermerken der örtlichen Rechnungsprüfung oder von Dritten als Prüfer aufgebaut wird.<br />

Der Bestätigungsvermerk entfaltet zudem eine rechtliche Wirkung dadurch, dass erst nach seiner Erstellung und<br />

Unterzeichnung die Jahresabschlussprüfung als abgeschlossen und der gemeindliche Jahresabschluss als geprüft<br />

gilt. Der Jahresabschluss kann erst dann durch den Rat der Gemeinde festgestellt werden (vgl. § 96 Absatz<br />

1 GO <strong>NRW</strong>). Bei der Festlegung der Inhalte und Abgrenzungen des Bestätigungsvermerks oder des Vermerks<br />

über seine Versagung sind die Absätze 4 bis 7 dieser Vorschrift zu beachten. Die „Grundsätze für die ordnungsmäßige<br />

Erteilung von Bestätigungsvermerken“ können dabei vom Rechnungsprüfungsausschuss bzw. den zuvor<br />

tätigen Abschlussprüfern als Beurteilungsmaßstäbe herangezogen werden.<br />

2. Zu Absatz 2 (Stellungnahmen zum Prüfungsergebnis):<br />

2.0 Allgemeine Zusammenhänge<br />

Eine Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungsprüfungsausschuss des Rates und der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

als örtliche Prüfungsinstanzen zur Erledigung der anstehenden Prüfungsarbeiten beim gemeindlichen Jahresabschluss<br />

ist gesetzlich erwünscht. Insbesondere im Rahmen der Abschlussprüfungen (Jahresabschluss und<br />

Gesamtabschluss der Gemeinde) ist eine Zusammenarbeit der Prüfungsinstanzen mit der gemeindlichen Verwaltung<br />

notwendig. Die innergemeindliche Zusammenarbeit kann z. B. helfen, aufgetretene Fehler und Unstimmigkeiten<br />

im gemeindlichen Jahresabschluss, die der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bildes der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde entgegenstehen, vor der<br />

Feststellung des Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde zu beseitigen.<br />

Die Zusammenarbeit erfordert aber auch, dass der Bürgermeister und der Kämmerer den Entwurf des Prüfungsberichtes<br />

sowie des Prüfungsergebnisses vor der Abgabe an den Rat der Gemeinde zur Kenntnisnahme erhalten,<br />

um ggf. eine Stellungnahme dazu abgeben zu können. Der Rechnungsprüfungsausschuss kann dadurch<br />

seine Prüfungsbemerkungen und Beanstandungen auf die wesentlichen Fälle beschränken, in denen trotz Erläuterungen<br />

und Bereitstellung von Nachweisen und Informationen seitens der gemeindlichen Verwaltung die Bedenken<br />

der Abschlussprüfer nicht ausgeräumt werden konnten und daher weiter bestehen.<br />

In den Fällen, in denen der Bürgermeister und/oder der Kämmerer eine Stellungnahme zum Prüfungsbericht des<br />

Rechnungsprüfungsausschusses abgeben, sollte der Rechnungsprüfungsausschuss diese Unterlagen zusammen<br />

mit seinem Prüfungsbericht dem Rat vorlegen. Eine Information kann auch dann geboten sein, wenn der<br />

Rechnungsprüfungsausschuss den Anregungen des Bürgermeisters und/oder des Kämmerers gefolgt ist. Ein<br />

solcher Informationsaustausch kann die Zusammenarbeit zwischen dem Rat der Gemeinde und der gemeindlichen<br />

Verwaltung stärken.<br />

GEMEINDEORDNUNG 969


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Ein Ziel dieser Vorschrift ist es aber auch, möglichst unnötige Prüfungsfeststellungen zu vermeiden. Die Stellungnahmen<br />

des Bürgermeisters und des Kämmerers sollen daher bereits im Vorfeld der Feststellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses entstandene Unstimmigkeiten ausräumen. Die örtliche Zusammenarbeit sollte zudem<br />

während der gesamten Prüfungszeit bestehen. Sie kann in einer gemeinsamen Schlussbesprechung enden, die<br />

zur gegenseitigen Anerkennung des erarbeiteten Prüfungsergebnisses führen kann. Dieses Verfahren kann entsprechend<br />

auch beim gemeindlichen Gesamtabschluss zur Anwendung kommen, der in der gleichen Art und<br />

Weise aufzustellen und zu prüfen ist wie der gemeindliche Jahresabschluss.<br />

2.1 Zu Satz 1 (Stellungnahme des Bürgermeisters):<br />

Durch den Rechnungsprüfungsausschuss ist dem Bürgermeister vor der Abgabe des Prüfungsberichtes an den<br />

Rat eine Gelegenheit zur Stellungnahme zum Prüfungsergebnis zu geben. Dieses Recht des Bürgermeisters ist<br />

sachgerecht, denn er ist für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten gemeindlichen<br />

Verwaltung verantwortlich und verteilt die Geschäfte (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Er ist deshalb von dem durch<br />

den Rechnungsprüfungsausschuss festgestellten Prüfungsergebnis unmittelbar betroffen.<br />

Der Bürgermeister ist außerdem dadurch unmittelbar in seiner Amtsfunktion betroffen, weil aufgrund des geprüften<br />

Jahresabschlusses die Ratsmitglieder über seine Entlastung entscheiden (vgl. § 96 Absatz 1 Satz 4 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Diese Entlastung ist eine Festlegung der Ratsmitglieder dahingehend, dass aufgrund des dem Rat vorgelegten<br />

Jahresabschlusses und der vorgenommenen Prüfung keine Einwendungen gegen die Haushaltsführung<br />

des Bürgermeisters im abgelaufenen Haushaltsjahr erhoben werden. Dem Bürgermeister wird deshalb ein Anspruch<br />

zugestanden, vor Abgabe des Prüfungsberichtes durch den Rechnungsprüfungsausschuss an den Rat<br />

eine Stellungnahme dazu abgeben zu können.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Stellungnahme des Kämmerers)<br />

Nach der Vorschrift ist auch dem Kämmerer vor Abgabe des Prüfungsberichtes durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

an den Rat eine Gelegenheit zur Stellungnahme zum Prüfungsergebnis zu geben. Die Beteiligung des<br />

Kämmerers setzt dabei voraus, dass der Bürgermeister den vom Kämmerer aufgestellten Entwurf des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses verändert und der Kämmerer dazu eine Stellungnahme abgegeben hat (vgl. § 95 Absatz<br />

3 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Beteiligung ist sachgerecht, denn dem Kämmerer der Gemeinde steht das Recht zu, sowohl bei der Aufstellung<br />

des Entwurfs der gemeindlichen Haushaltssatzung als auch bei der Aufstellung des Entwurfs des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses eine von der Meinung des Bürgermeisters abweichende Auffassung zu vertreten.<br />

Eine Beteiligung des Kämmerers kann aber auch freiwillig aufgrund seiner Funktion als Finanzverantwortlicher<br />

der Gemeinde erfolgen. Insbesondere wenn das erarbeitete Prüfungsergebnis eine erhebliche Bedeutung für die<br />

Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft hat, bietet sich eine Stellungnahme zum Prüfungsergebnis<br />

über den gemeindlichen Jahresabschluss an.<br />

2.3 Die Stellungnahme der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat sich zur Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung zu bedienen (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Er baut daher i.d.R. seine Abschlussprüfung auf<br />

dem Prüfungsergebnis der der örtlichen Rechnungsprüfung auf, die dazu einen eigenen Prüfungsbericht und<br />

einen Bestätigungsvermerk zu erstellen hat. Das Prüfungsergebnis des Rechnungsprüfungsausschusses kann<br />

ggf. jedoch erheblich vom Prüfungsergebnis der örtlichen Rechnungsprüfung abwichen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 970


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

In solchen Fällen sollte der Rechnungsprüfungsausschuss mit seinem Prüfungsbericht und seinem Bestätigungsvermerk<br />

auch die (abweichende) Auffassung der örtlichen Rechnungsprüfung zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

dem Rat zur Kenntnisnahme vorlegen. Diese Informationen an den Rat sind sachgerecht und geboten,<br />

denn die örtliche Rechnungsprüfung ist dem Rat unmittelbar verantwortlich und ihm in ihrer sachlichen Tätigkeit<br />

unmittelbar unterstellt.<br />

3. Zu Absatz 3 (Inhalt und Aussage des Bestätigungsvermerks):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Ergebnis der Prüfung im Bestätigungsvermerk):<br />

Die Regelung in der Vorschrift stellt ausdrücklich klar, dass der Rechnungsprüfungsausschuss das Ergebnis der<br />

Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses in einem Bestätigungsvermerk zusammenzufassen hat. Dieser<br />

Bestätigungsvermerk enthält damit ein Gesamturteil über das Prüfungsergebnis unter Einbeziehung des im Einzelnen<br />

in Absatz 1 der Vorschrift definierten Prüfungsumfangs (Prüfungsurteil). Dabei soll das Gesamturteil des<br />

Ausschusses nicht als Addition vieler Einzelurteile verstanden werden, sondern durch Gewichtung der Beurteilung<br />

einzelner Prüfungsergebnisse gebildet werden. Es muss festgestellt werden, ob der gemeindliche Jahresabschluss<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage<br />

der Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt.<br />

Das Ergebnis der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses soll zudem regelmäßig in positiver Form dargestellt<br />

werden. Nur bei Verstößen sind entsprechende Einschränkungen möglich, z. B. wenn gesetzliche Vorschriften,<br />

Satzungen oder sonstige ortsrechtliche Bestimmungen nicht beachtet worden sind. Außerdem können vom<br />

Abschlussprüfer auch zusätzlich Hinweise gegeben werden, soweit aus Sicht der Prüfer besondere Anmerkungen<br />

zu örtlichen Geschäftsvorfällen, Sachverhalten oder Gegebenheiten zu machen sind. Möglichen Einschränkungen,<br />

Einwendungen und Hinweisen müssen dabei belastbare und belegbare Prüfungserkenntnisse zugrunde<br />

liegen. Ein Prüfungsbeleg dient dabei dem Nachweis des Vorliegens eines haushaltswirtschaftlichen Verstoßes<br />

sowie seiner richtigen und vollständigen Ermittlung.<br />

Die Prüfungsunterlagen müssen deshalb auch danach unterschieden werden, ob und welche einzelnen Teile als<br />

Prüfungsbelege die Grundlage für Einschränkungen des Bestätigungsvermerks und/oder für Einwendungen darstellen.<br />

Solche Prüfungsbelege müssen deshalb die notwendigen Hinweise enthalten, um eine Verbindung zum<br />

Bestätigungsvermerk oder den im Prüfungsbericht enthaltenen Einwendungen herstellen zu können. Deren Richtigkeit<br />

kann nur anhand der damit zusammenhängenden Belege überprüft werden. Das Belegprinzip bildet deshalb<br />

ein wichtiges Erfordernis zur Sicherstellung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Prüfungsaussagen im<br />

Rahmen der örtlichen Abschlussprüfung.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss darf zudem seinen Bestätigungsvermerk erst erteilen, wenn seine Prüfung<br />

materiell abgeschlossen ist und er sich ein Gesamturteil über den gemeindlichen Jahresabschluss gebildet hat.<br />

Soweit im Einzelfall erforderlich, können aber Zwischeninformationen über den Stand der Prüfungsarbeiten gegeben<br />

werden. Dabei kann je nach Stand der Prüfung bereits auch angekündigt werden, dass aufgrund der vorliegenden<br />

Prüfungsergebnisse voraussichtlich keine Einwendungen erhoben werden und ggf. ein uneingeschränkter<br />

Bestätigungsvermerk erteilt werden kann. Eine solche Aussage sollte dabei immer unter den Vorbehalt gestellt<br />

werden, dass die weitere Prüfung das bisher mögliche Prüfungsergebnis bestätigt.<br />

Nach Abschluss der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses hat der Rechnungsprüfungsausschuss das<br />

Ergebnis seiner Prüfung im Bestätigungsvermerk und den Prüfungsbericht dem Rat der Gemeinde als Auftraggeber<br />

zuzuleiten. Mit diesem Bestätigungsvermerk aus der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses wird im<br />

Übrigen ein unbegrenzter Adressatenkreis über das Ergebnis der Jahresabschlussprüfung informiert, denn die<br />

Beratungen des Rates über das Prüfungsergebnis finden regelmäßig in öffentlicher Sitzung statt. Damit wird der<br />

Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses ebenfalls öffentlich gemacht.<br />

GEMEINDEORDNUNG 971


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

3.2 Zu Satz 2 (Kernelemente des Bestätigungsvermerks):<br />

Die Vorschrift benennt die Kernelemente des im Rahmen der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung aufzustellenden<br />

Bestätigungsvermerks des Rechnungsprüfungsausschusses. In dessen Bestätigungsvermerk sind neben<br />

Beschreibung des Prüfungsgegenstandes auch die Art und der Umfang seiner Prüfung zu beschreiben. Dabei<br />

sind die angewandten Rechnungslegungsgrundsätze und Prüfungsgrundsätze anzugeben. Diese Festlegungen<br />

stellen die Grundlage dafür dar, dass im Bestätigungsvermerk z. B. die Aussage getroffen werden kann „Der<br />

Jahresabschluss der Gemeinde für das Haushaltsjahr ..., bestehend aus Ergebnisrechnung, Finanzrechnung und<br />

den Teilrechnungen sowie der Bilanz und dem Anhang wurde unter Einbeziehung der Buchführung, der Inventur,<br />

des Inventars, der Übersicht über örtlich festgelegten Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände und des<br />

Lageberichts der Gemeinde geprüft.“<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung ist aber auch die Feststellung wichtig, ob in die Abschlussprüfung<br />

die Haushaltssatzung sowie weitere Bestimmungen von Satzungen der Gemeinde und die sonstigen<br />

ortsrechtlichen Bestimmungen einbezogen worden sind. Auch eine Aussage über die Prüfungshandlungen<br />

ist erforderlich, z. B. dass im Rahmen der Prüfung die Nachweise für die Angaben in Buchführung, Inventar, die<br />

Übersicht über örtlich festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände, der Jahresabschluss und der<br />

Lagebericht überwiegend auf der Basis von Stichproben beurteilt wurden. Diese Verpflichtungen erfordern, dass<br />

im Rahmen der Durchführung der Jahresabschlussprüfung auch eine entsprechende Dokumentation durch den<br />

Abschlussprüfer vorzunehmen ist, um zutreffend die nach der haushaltsrechtlichen Vorschrift erforderlichen Prüfungsaussagen<br />

machen zu können.<br />

3.3 Zu Satz 3 (Tenorierung des Bestätigungsvermerks):<br />

3.3.01 Allgemeine Zwecke<br />

Der im Rahmen der Abschlussprüfung abzugebende Bestätigungsvermerk soll eine zweifelsfreie Beurteilung des<br />

Prüfungsergebnisses enthalten. Die Vorschrift benennt dazu vier Möglichkeiten der Tenorierung des gemeindlichen<br />

Bestätigungsvermerks. Die Inhalte der einzelnen Tenorierungen des Bestätigungsvermerks über die gemeindliche<br />

Abschlussprüfung werden in den Absätzen 4 und 5 der Vorschrift näher bestimmt. Danach bestehen<br />

folgende Möglichkeiten (vgl. Abbildung).<br />

Die Möglichkeiten der Tenorierung des Bestätigungsvermerks<br />

Aus dem Bestätigungsvermerk des Rechnungsprüfungsausschuss muss sich zweifelsfrei<br />

ergeben,<br />

- ob ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird (vgl. Nummer 1) oder<br />

- ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird (vgl. Nummer 2) oder<br />

- der Bestätigungsvermerk auf Grund von Beanstandungen versagt wird (vgl. Nummer 3) oder<br />

- der Bestätigungsvermerk deshalb versagt wird, weil sich der Ausschuss als Prüfungsgremium<br />

nicht in der Lage ist, eine Beurteilung vorzunehmen (vgl. Nummer 4).<br />

Abbildung 198 „Die Möglichkeiten der Tenorierung des Bestätigungsvermerks“<br />

GEMEINDEORDNUNG 972


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Aufgrund der fachlichen Grundsätze entstehen Klarstellungen und dadurch detaillierte Aussagen im Bestätigungsvermerk,<br />

denn dieser soll das getroffene Gesamturteil wieder spiegelt. Der Inhalt des Bestätigungsvermerks<br />

wird dabei durch die Ziele und Aufgaben der Jahresabschlussprüfung bestimmt. Außerdem entfaltet er<br />

eine rechtliche Wirkung dadurch, dass nach seiner Erstellung und Unterzeichnung die Jahresabschlussprüfung<br />

als abgeschlossen und der gemeindliche Jahresabschluss als geprüft gilt. Erst dann kann der gemeindliche Jahresabschluss<br />

vom Rat der Gemeinde festgestellt werden (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.3.02 Die Gestaltung des Bestätigungsvermerks<br />

Die Vorschrift regelt das Nähere über die Formulierung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks. Er ist<br />

vom Rechnungsprüfungsausschuss sachverhaltsabhängig im Rahmen seiner Abschlussprüfung zu gestalten und<br />

von seinem Vorsitzenden zu unterzeichnen. Seine Inhalte sollten dabei so gegliedert und die gewählten Formulierungen<br />

so aussagefähig sein, dass für die Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses der Bestätigungsvermerk<br />

möglichst klar und eindeutig ist. Außerdem sollte der Bestätigungsvermerk im Rahmen der Gestaltungsfreiheit<br />

der Gemeinde nicht bei jedem folgenden Jahresabschluss eine neue Form erhalten.<br />

Für die Gemeinde bietet es sich an, für den Bestätigungsvermerk eine Grundgliederung aus Überschrift, Einleitung<br />

und Sachverhaltsdarstellung sowie einer daran anschließenden Beurteilung mit abschließendem Urteil festzulegen.<br />

Daran können sich dann weitere Hinweise des Abschlussprüfers anschließen. Diese Teile können dann<br />

jährlich entsprechend den örtlichen Verhältnissen ausgefüllt werden. Es sollten dabei zu allgemeine Formulierungen<br />

vermieden werden, um das Ergebnis der örtlichen Prüfung sachgerecht und zutreffend auszuweisen.<br />

Die „Grundsätze für die ordnungsmäßige Erteilung von Bestätigungsvermerken“, die bei den Wirtschaftsprüfern<br />

zur Anwendung kommen, können dabei für den gemeindlichen Bestätigungsvermerk als Beurteilungsmaßstäbe<br />

herangezogen werden. Ob und in welchem Umfang der Bestätigungsvermerk des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

dabei auf ihm vorgelegten Bestätigungsvermerken der örtlichen Rechnungsprüfung oder Dritter als Prüfer<br />

aufgebaut wird, liegt in der Verantwortung des Ausschusses.<br />

3.3.1 Zu Nummer 1 (Uneingeschränkter Bestätigungsvermerk):<br />

Mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

wird von ihm unter Einbeziehung des Lageberichtes festgestellt, dass die Prüfung zu keinen Einwendungen geführt<br />

hat und der Jahresabschluss ein zutreffendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde vermittelt. Ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers kann z. B. folgende<br />

Fassung haben (vgl. Abbildung).<br />

Ein Beispiel für einen Bestätigungsvermerk für den Jahresabschluss<br />

Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers<br />

Der Jahresabschluss der Gemeinde … für das Haushaltsjahr ..., bestehend aus der Ergebnisrechnung,<br />

der Finanzrechnung und den Teilrechnungen sowie der Bilanz und dem Anhang wurde nach § 101<br />

i.V.m. § 95 GO <strong>NRW</strong> unter Einbeziehung der Buchführung, der Inventur, des Inventars, der Übersicht<br />

über örtlich festgelegten Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände und des Lageberichts geprüft. In<br />

die Prüfung sind die haushaltsrechtlichen Vorschriften, die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr …<br />

sowie ergänzende Regelungen von örtlichen Satzungen und sonstige ortsrechtliche Bestimmungen,<br />

soweit sich diese auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft beziehen, einbezogen worden. Die Prüfung<br />

wurde so geplant und durchgeführt, dass Unrichtigkeiten und Verstöße, die sich auf die Darstellung des<br />

durch den Jahresabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und durch<br />

den Lagebericht zu vermittelnden Bildes der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde … wesentlich auswirken, mit hinreichender Sicherheit erkannt werden konnten. Bei der<br />

GEMEINDEORDNUNG 973


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Festlegung der Prüfungshandlungen sind die Kenntnisse über die Verwaltungstätigkeit und über das<br />

wirtschaftliche und rechtliche Umfeld der Gemeinde sowie die Erwartungen über mögliche Fehler berücksichtigt<br />

worden. Im Rahmen der Prüfung wurden die Nachweise für die Angaben in Buchführung,<br />

Inventar, Übersicht über örtlich festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände, Jahresabschluss<br />

und Lagebericht überwiegend auf der Basis von Stichproben beurteilt. Die Prüfung hat die<br />

Beurteilung der angewandten Bilanzierungsgrundsätze und der wesentlichen Einschätzungen des<br />

Bürgermeisters der Gemeinde sowie die Würdigung der Gesamtdarstellung des Jahresabschlusses und<br />

des Lageberichts umfasst.<br />

Die Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt.<br />

Nach den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen entspricht der Jahresabschluss den haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften sowie den ergänzenden Bestimmungen der örtlichen Satzungen und sonstigen<br />

ortsrechtlichen Bestimmungen, soweit sich diese auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft beziehen.<br />

Der Jahresabschluss vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den<br />

tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage<br />

der Gemeinde. Der Lagebericht steht in Einklang mit dem Jahresabschluss und vermittelt insgesamt<br />

auch ein zutreffendes Bild von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde …<br />

In diesem Bericht werden die Chancen und Risiken der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung der<br />

Gemeinde zutreffend dargestellt.<br />

Abbildung 199 „Ein Beispiel für einen Bestätigungsvermerk für den Jahresabschluss“<br />

Das Ergebnis im Bestätigungsvermerk soll auf den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen des Abschlussprüfers<br />

aufbauen und aufzeigen, dass der gemeindliche Jahresabschluss den gesetzlichen Vorschriften, Satzungen<br />

und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen entspricht. Es wird damit eine positive Gesamtaussage zum<br />

gemeindlichen Jahresabschluss dahingehend getroffen, dass dieser Abschluss insgesamt ein zutreffendes Bild<br />

von der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde vermittelt und die Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung<br />

der Gemeinde zutreffend dargestellt sind.<br />

3.3.2 Zu Nummer 2 (Eingeschränkter Bestätigungsvermerk):<br />

Vom Abschlussprüfer darf ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt werden, wenn der von ihm geprüfte<br />

Jahresabschluss unter Beachtung der vom Prüfer vorgenommenen, in ihrer Tragweite erkennbaren Einschränkung<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen im Wesentlichen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt. Eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks setzt voraus,<br />

dass die festgestellten Beanstandungen und der betroffene abgrenzbare Bereich von wesentlicher Bedeutung für<br />

die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde sind.<br />

Der Abschlussprüfer hat dabei auch die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der Gemeinde festzustellen<br />

und zu beurteilen. Sofern mehrere Mängel vorliegen, die für sich allein genommen unwesentliche Mängel darstellen,<br />

ist zu prüfen, ob diese in ihrer Gesamtheit so wesentlich sind, dass eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks<br />

geboten ist. Diese Sachlage gilt entsprechend für die Feststellung, dass nicht beurteilbare Bereiche bei<br />

der Gemeinde vorhanden sind. Bei einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk muss für den Prüfer aber noch<br />

ein Positivbefund zu wesentlichen Teilen der gemeindlichen Rechnungslegung möglich sein. Jedoch können ggf.<br />

örtliche Anlässe dafür bestehen, dass durch den Prüfer eine Einwendung zu erheben ist.<br />

Ein Sachverhalt, der im Rahmen der Jahresabschlussprüfung beanstandet werden soll, muss auch noch zum<br />

Zeitpunkt des Abschlusses der Prüfung vorliegen. Werden dagegen festgestellte Fehler im Ablauf der Prüfung<br />

durch die Gemeinde korrigiert, führt dies nicht zu einer Einschränkung des Bestätigungsvermerks. Ein eingeschränkter<br />

Bestätigungsvermerk wird deshalb nur dann erteilt, wenn der Jahresabschluss zum Zeitpunkt des<br />

Abschlusses der örtlichen Prüfung unter Beachtung der vom Prüfer vorgenommenen und in ihrer Tragweite erkennbaren<br />

Einschränkungen ein den tatsächlichen Verhältnissen im Wesentlichen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt. In diesen Fällen ist es dem Abschlussprüfer<br />

trotz wesentlicher Beanstandungen noch möglich, eine positive Gesamtaussage zu treffen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 974


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

3.3.3 Zu Nummer 3 (Versagung des Bestätigungsvermerks):<br />

Im Rahmen der Abschlussprüfung ist in den Fällen, in denen die Beanstandungen so erheblich sind, dass durch<br />

den gemeindlichen Jahresabschluss kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde mehr vermittelt wird, der Bestätigungsvermerk zu versagen.<br />

Der entscheidende Unterschied zu einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk besteht darin, dass der Abschlussprüfer<br />

keine positive Gesamtaussage mehr zum gemeindlichen Jahresabschluss treffen kann. Im Rahmen<br />

der örtlichen Abschlussprüfung sind in diesen Fällen weder die Erfordernisse für einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk<br />

noch für einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erfüllt.<br />

In diesen Fällen erfüllt der gemeindliche Jahresabschluss nicht mehr seine Aufgabe, sodass unter Berücksichtigung<br />

der vom Prüfer vorgenommenen Einschränkung des Bestätigungsvermerks der Abschlussprüfer verpflichtet<br />

ist, den Bestätigungsvermerk im Rahmen seiner Jahresabschlussprüfung zu versagen. Die erheblichen Beanstandungen<br />

führen damit zu einem negativen Prüfungsurteil des Abschlussprüfers und zur Erstellung eines Versagungsvermerks<br />

und nicht zu einem Bestätigungsvermerk. Eine Verpflichtung des Abschlussprüfers, gleichwohl<br />

für ordnungsmäßige Teile des gemeindlichen Jahresabschlusses bzw. für Teile der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

sowie der Rechnungslegung der Gemeinde eine positive Aussage zu treffen, besteht dabei nicht. Würde<br />

ein Abschlussprüfer unterschiedliche Teilergebnisse im Rahmen seiner Prüfung vorstellen, ohne daraus ein Gesamtbild<br />

zu entwickeln, könnten daraus ggf. unnötige Missverständnisse bei den Adressaten des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses entstehen.<br />

3.3.4 Zu Nummer 4 (Keine Beurteilungsmöglichkeit des Prüfers):<br />

Der Bestätigungsvermerk ist auch dann vom Abschlussprüfer zu versagen, wenn der Prüfer nach Ausschöpfung<br />

aller angemessenen Möglichkeiten zur Klärung des Sachverhaltes nicht in der Lage ist, eine Beurteilung abzugeben.<br />

Die bestehenden Prüfungshemmnisse führen dann zur Versagung. Ein Prüfungshemmnis besteht dann,<br />

wenn für den Abschlussprüfer bei abgrenzbaren Teilen des gemeindlichen Jahresabschlusses bzw. bei Teilen der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft sowie der Rechnungslegung besondere Umstände vorliegen, die dazu führen,<br />

dass für ihn eine Beurteilung nicht möglich ist und er keine Aussage treffen kann, um aus seiner Prüfung heraus<br />

ein Gesamtbild über den gemeindlichen Jahresabschluss zu entwickeln. Dieser Tatbestand der fehlenden Beurteilungsmöglichkeit<br />

ist dann in einem Vermerk, der nicht als Bestätigungsvermerk zu bezeichnen ist, aufzunehmen.<br />

Die Versagung des Bestätigungsvermerks ist zudem zu begründen.<br />

3.4 Zu Satz 4 (Beurteilung des Prüfungsergebnisses):<br />

Nach der Vorschrift ist der Rechnungsprüfungsausschuss gefordert, seine Beurteilung des Prüfungsergebnisses<br />

allgemeinverständlich und problemorientiert unter Berücksichtigung des Umstandes vorzunehmen, dass der Rat<br />

der Gemeinde und der Verwaltungsvorstand den gemeindlichen Jahresabschluss zu verantworten haben. Diese<br />

ausdrückliche Regelung soll einerseits dazu beitragen, dass zwischen der Verantwortung des Abschlussprüfers<br />

und der Verantwortung des Rates und des Verwaltungsvorstands eine Abgrenzung möglich sein muss. Es soll<br />

auch erreicht werden, dass aus Sicht der Verantwortlichen in der Gemeinde der gemeindliche Jahresabschluss<br />

und insbesondere der Lagebericht ein Bild der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde zeigen.<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Abschlussprüfung muss daher durch den Rechnungsprüfungsausschuss ein Gesamturteil<br />

entstehen, das aus verschiedenen Teilen bestehen kann, aber auch eine Wertung des Abschlussprüfers<br />

enthalten muss. Ausgehend von den in der Vorschrift benannten Tenorierungen des Bestätigungsvermerks<br />

kommen daher ggf. Begründungen und hinweisende Zusätze durch den Abschlussprüfer in Betracht, um adressatenbezogen<br />

zutreffende Prüfungsaussagen zu erreichen. Dabei ist vom Prüfer abzuschätzen, ob ggf. auch<br />

GEMEINDEORDNUNG 975


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Vorbehalte in Betracht kommen, wenn bis zum Ende der Prüfung von der Gemeinde bestehende Bedingungen, z.<br />

B. Vertragsbedingungen, noch nicht gegenüber Dritten erfüllt worden sind.<br />

Der Abschlussprüfer kann aber auch zusätzlich zu seiner Prüfungsaussage „Die Prüfung hat zu keinen Einwendungen<br />

geführt“ z. B. feststellen, dass nach den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen der Jahresabschluss<br />

den gesetzlichen Vorschriften und den ergänzenden Bestimmungen der Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen<br />

Bestimmungen entspricht und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />

vermittelt. Gleichzeitig hat er eine Prüfungsaussage auch zum gemeindlichen Lagebericht zu treffen, z. B. mit<br />

dem Inhalt „Der gemeindliche Lagebericht steht in Einklang mit dem Jahresabschluss der Gemeinde und vermittelt<br />

insgesamt ein zutreffendes Bild von der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde. Er stellt die Chancen und Risiken<br />

der zukünftigen Entwicklung der Gemeinde zutreffend dar.“<br />

3.5 Zu Satz 5 (Angabe und Beurteilung von Risiken):<br />

3.5.1 Die Pflichten des Abschlussprüfers<br />

Nach der Vorschrift soll der Rechnungsprüfungsausschuss in seinem Prüfungsbericht bzw. im Bestätigungsvermerk<br />

gesondert auf die Risiken für die Gemeinde eingehen, die die stetige Aufgabenerfüllung und die Haushaltswirtschaft<br />

der Gemeinde gefährden. Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung müssen deshalb die aus Sicht der<br />

Prüfer bestehenden Risiken für die Gemeinde benannt und bewertet werden, z. B. Risiken aus langfristigen Verträgen<br />

der Gemeinde. Ein Hinweis des Abschlussprüfers auf die Angaben zu den gemeindlichen Risiken im Lagebericht<br />

der Gemeinde reicht dabei nicht aus. Die Darstellung von Risiken für die Gemeinde erfolgt vielfach im<br />

Bestätigungsvermerk nach dem Prüfungsurteil, ohne dass diese Ausführungen gleichzeitig eine Einschränkung<br />

des Prüfungsurteils des Abschlussprüfers bedeuten.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass bei Vorkenntnissen des Prüfers über mögliche Risiken für die<br />

Aufgabenerfüllung und die Haushaltswirtschaft der Gemeinde oder auch bei Erkenntnissen des Prüfers aus seiner<br />

Prüfung auch vom Prüfer seine Prüfungshandlungen daraus ausgerichtet werden müssen. Außerdem müssen<br />

die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung oder Dritte als Prüfer, die Kenntnisse über Risiken für die Gemeinde<br />

haben, entsprechende Hinweise im Rahmen ihres Prüfungsauftrages und ihrer vorzunehmenden Beurteilung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses geben, z. B. in ihrem Bestätigungsvermerk.<br />

Ein Bestätigungsvermerk hat in diesem Sinne immer Außenwirkung, weil durch einen solchen Vermerk das Ergebnis<br />

der Prüfung dokumentiert und gegenüber dem Auftraggeber sowie gegenüber den Adressaten der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft offengelegt wird. Diese Gegebenheiten erfordern, abhängig vom jeweiligen Prüfungsergebnis,<br />

dass jeder an der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung verantwortlich beteiligte Prüfer oder<br />

eine Prüfungsstelle einen eigenen Bestätigungsvermerk zu erstellen hat. Darauf kann grundsätzlich nicht verzichtet<br />

werden. Dabei ist vom Prüfer oder der Prüfungsstelle eigenverantwortlich über die Form der Ausfertigung des<br />

Bestätigungsvermerks und die Formulierung zu entscheiden.<br />

3.5.2 Die Sicherung der Aufgabenerfüllung<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft ist kein Selbstzweck, sondern dient stets der „Sicherung der Aufgabenerfüllung“<br />

(vgl. § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Diese Zweckbestimmung ist umfassend und deshalb als tragender Haushaltsgrundsatz<br />

anzusehen. Als Anknüpfungspunkt für die Aufgabenbestimmung ist § 3 GO <strong>NRW</strong> heranzuziehen,<br />

durch den die Aufgaben der Gemeinde bestimmt und abgegrenzt werden. Wegen der Vielzahl und der Verschiedenartigkeit<br />

der gemeindlichen Aufgaben mit einem theoretisch unbegrenzten Bedarf an Finanzmitteln ist eine<br />

GEMEINDEORDNUNG 976


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

ständige Bedarfsprüfung unter Berücksichtigung der örtlichen Aufgabenstellungen und der finanziellen Leistungsfähigkeit<br />

in jeder Gemeinde notwendig.<br />

Die in die Zukunft gerichtete Forderung nach Sicherung der Aufgabenerfüllung setzt eine sorgfältige Planung<br />

nicht nur für das nächste Haushaltsjahr, sondern auch für die weiteren Jahre im Rahmen der mittel- bis langfristigen<br />

Entwicklung der Gemeinde voraus. Daher war ein Bestandteil der Reform des Haushaltsrechts, dass die<br />

mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung in den Haushaltsplan integriert wird (vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>). Unter diesen<br />

Gesichtspunkten besteht für die Gemeinde im Rahmen der Sicherung der Leistungsfähigkeit eine Verpflichtung<br />

zur Nachhaltigkeit ihrer Haushaltswirtschaft, die sich nicht nur im jährlichen Haushaltsausgleich ausdrücken darf.<br />

3.5.3 Die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

Der Begriff „Haushaltswirtschaft“ ist haushaltsrechtlich nicht geregelt. Nach allgemeiner Auffassung gehören<br />

hierzu alle Dinge und Tätigkeiten der Gemeinde, die mit der Vorbereitung, Aufstellung und Ausführung des jährlichen<br />

Haushaltsplans (Ergebnisplan und Finanzplan sowie Anlagen) sowie mit der Vorbereitung, Aufstellung und<br />

Prüfung des Jahresabschlusses (Ergebnisrechnung, Finanzrechnung und Bilanz sowie Anlagen) zusammenhängen.<br />

Auch die Verwaltung des gemeindlichen Vermögens und der Schulden gehört dazu, denn diese Aufgabe<br />

entsteht aus dem jährlichen Haushaltskreislauf. Außerdem hat die Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft wirtschaftlich,<br />

effizient und sparsam zu führen.<br />

In diesem Zusammenhang muss auch im Rahmen der Abschlussprüfung berücksichtigt werden, dass der Haushalt<br />

für die Gemeinde das zentrale Steuerungs- und Rechenschaftsinstrument in der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

ist. Die Gemeinde hat zudem den gesetzlich vorgesehenen Haushaltsausgleich für das Haushaltsjahr<br />

sowie auch für die drei dem Haushaltsjahr folgenden Planungsjahre der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung<br />

zu erreichen (vgl. § 75 Absatz 2 und § 84 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde hat insgesamt ihre Haushaltswirtschaft so zu gestalten, dass sie ihren Verpflichtungen für Verlustübernahmen<br />

für gemeindliche Betriebe, soweit sie anfallen, nachkommen kann. Sie hat dabei auch eine entsprechende<br />

Vorsorge zu treffen, um Risiken aus den Vorbelastungen künftiger Haushaltsjahre soweit wie möglich zu<br />

minimieren. Die gemeindliche Haushaltswirtschaft ist deshalb so zu planen und auszuführen, dass jederzeit ein<br />

ausreichendes Eigenkapital vorhanden ist und nicht gegen das Überschuldungsverbot verstoßen wird (vgl. § 75<br />

Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

4. Zu Absatz 4 (Uneingeschränkter Bestätigungsvermerk):<br />

4.1 Zu Satz 1 (Erklärungsinhalt des Bestätigungsvermerks):<br />

Die Formulierung und Ausgestaltung des Bestätigungsvermerks ist vom Abschlussprüfer immer im Rahmen seines<br />

Prüfungsauftrages und der Durchführung der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses unter Berücksichtigung<br />

der örtlichen Verhältnisse und der Ergebnisse seiner Prüfung eigenverantwortlich vorzunehmen. Die<br />

Erklärung des Prüfers muss außer auf gesetzliche Vorschriften, die Haushaltssatzung sowie weitere Bestimmungen<br />

von Satzungen der Gemeinde und auf sonstige ortsrechtliche Bestimmungen auch auf die Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung und sonstige maßgebliche Rechnungslegungsgrundsätze sowie auf die Haushaltsgrundsätze<br />

Bezug nehmen.<br />

In den Fällen, in denen der Abschlussprüfer keine wesentlichen Einwendungen gegen die Buchführung, den<br />

Jahresabschluss und den Lagebericht der Gemeinde zu erheben hat und im Rahmen der Prüfungsarbeiten keine<br />

besonderen Umstände vorliegen, aufgrund derer bestimmte Teile der gemeindlichen Rechnungslegung nicht<br />

GEMEINDEORDNUNG 977


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

geprüft werden können (Prüfungshemmnisse), kann vom Prüfer ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk im<br />

Rahmen seiner Abschlussprüfung erteilt werden.<br />

4.2 Zu Satz 2 (Hinweise zum Bestätigungsvermerk):<br />

Nach der Vorschrift kann der Rechnungsprüfungsausschuss seinen Bestätigungsvermerk um Hinweise ergänzen,<br />

die den Bestätigungsvermerk nicht einschränken. Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung können ggf. Umstände<br />

auftreten, die den Abschlussprüfer veranlassen können, Hinweise auf solche Umstände zu geben. Er macht<br />

damit in besonderer Weise darauf aufmerksam, will aber sein positives Prüfungsurteil über den Gesamtabschluss<br />

nicht einschränken. Der Prüfer kann daher seinen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk sachgerecht ergänzen,<br />

ohne dass dieser zugleich als eingeschränkter Bestätigungsvermerk zu gelten hat. Es ist dem Prüfer daher<br />

möglich, z. B. Hinweise auf aus der Prüfung verbleibende wesentliche Unsicherheiten, auf noch laufende Verhandlungen<br />

bei wesentlichen Verträgen für die Gemeinde, auf laufende Gerichtsverfahren u.a. zu geben.<br />

5. Zu Absatz 5 (Einschränkungen des Bestätigungsvermerks):<br />

5.0 Die Inhalte der Vorschrift<br />

Die Vorschrift regelt das Nähere über die Pflicht zur Vornahme einer Einschränkung des Bestätigungsvermerks<br />

sowie über dessen Versagung im Rahmen der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses. Sie präzisiert die<br />

Voraussetzungen für die Erteilung eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks. Die Vorschrift legt diese ebenfalls<br />

für die Fälle fest, in denen der Abschlussprüfer zu einem negativen Prüfungsurteil im Rahmen seiner Prüfung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses gelangt.<br />

Bei möglichen Einschränkungen seines Bestätigungsvermerks muss der Abschlussprüfer neben dem i.d.R. positiven<br />

Befund seiner Prüfung auch den Inhalt und den Umfang der von ihm vorgenommenen Einschränkungen klar<br />

erkennen lassen. Derartige Einschränkungen sind deshalb vom Abschlussprüfer so darzustellen, dass deren<br />

Tragweite auch für die Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses erkennbar wird.<br />

5.1 Zu Satz 1 (Pflicht zur Einschränkung eines Bestätigungsvermerks):<br />

Nach dieser Vorschrift ist die uneingeschränkte Erklärung im Rahmen der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses,<br />

dass die durchgeführte Prüfung zu keinen Beanstandungen geführt hat, der Jahresabschluss aufgrund<br />

der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse den gesetzlichen Vorschriften, Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen<br />

Bestimmungen entspricht und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den<br />

tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />

vermittelt (Erklärung nach Absatz 4 Satz 1 der Vorschrift), einzuschränken oder zu versagen, wenn Beanstandungen<br />

ausgesprochen werden.<br />

Im Rahmen einer gemeindlichen Jahresabschlussprüfung können sich mögliche Beanstandungen daraus ergeben,<br />

dass erhebliche Mängel bezüglich der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung bekannt geworden sind, Verstöße<br />

gegen Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften für den Jahresabschluss bestehen, Angabepflichten im<br />

Anhang nicht beachtet werden, ein unvollständiger oder unzutreffender Lagebericht vorliegt, Verstöße gegen<br />

gesetzliche Vorschriften sowie gegen ergänzende Bestimmungen der Satzungen der Gemeinde bestehen, z. B.<br />

die gemeindliche Haushaltssatzung und die sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen bestehen. Mögliche Einschränkungen<br />

des Bestätigungsvermerks können sich aber auch daraus ergeben, dass Teile des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses oder der Lagebericht entgegen den gesetzlichen Vorgaben nicht aufgestellt worden sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 978


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

5.2 Zu Satz 2 (Erteilung eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks):<br />

Nach der Vorschrift darf vom Abschlussprüfer nur ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt werden, wenn<br />

der von ihm geprüfte Jahresabschluss unter Beachtung der vom Prüfer vorgenommenen, in ihrer Tragweite erkennbaren<br />

Einschränkung ein den tatsächlichen Verhältnissen im Wesentlichen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt. Eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks<br />

setzt dabei voraus, dass die festgestellten Bestandungen und der betroffene abgrenzbare Bereich von<br />

wesentlicher Bedeutung für die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde sind.<br />

Der Abschlussprüfer hat daher auch die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der Gemeinde festzustellen<br />

und zu beurteilen. Sofern mehrere Mängel vorliegen, die für sich allein genommen unwesentliche Mängel darstellen,<br />

können die Mängel gleichwohl in ihrer Gesamtheit so wesentlich sein, dass eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks<br />

für den gemeindlichen Jahresabschluss geboten ist. Eine Einschränkung kann aber auch geboten<br />

sein, wenn vom Abschlussprüfer festgestellt wird, dass nicht beurteilbare Bereiche, die für den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss relevant sind, bei der Gemeinde vorhanden sind.<br />

Bei einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk muss für den Prüfer aber noch ein Positivbefund zu wesentlichen<br />

Teilen der gemeindlichen Rechnungslegung möglich sein. Jedoch können ggf. örtliche Anlässe dafür bestehen,<br />

dass durch den Prüfer eine Einwendung zu erheben ist. Ein Sachverhalt, der im Rahmen der Jahresabschlussprüfung<br />

beanstandet werden soll, muss auch noch zum Zeitpunkt des Abschlusses der Prüfung vorliegen.<br />

In den Fällen, in denen im Ablauf der Prüfung festgestellte Fehler korrigiert und Mängel durch die Gemeinde<br />

beseitigt werden, entfallen der Anlass und die Grundlage für eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks.<br />

Ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk kann deshalb nur dann erteilt werden, wenn der Jahresabschluss zum<br />

Zeitpunkt des Abschlusses der örtlichen Prüfung unter Beachtung der vom Abschlussprüfer vorgenommenen und<br />

in ihrer Tragweite erkennbaren Einschränkungen ein den tatsächlichen Verhältnissen im Wesentlichen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt. In diesen Fällen ist<br />

es dem Abschlussprüfer trotz wesentlicher Beanstandungen noch möglich, eine positive Gesamtaussage über<br />

den gemeindlichen Jahresabschluss zu treffen.<br />

5.3 Zu Satz 3 (Versagung des Bestätigungsvermerks):<br />

Die Vorschrift verlangt, dass in den Fällen, in denen im Rahmen der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

die Beanstandungen so erheblich sind, dass durch den gemeindlichen Jahresabschluss kein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />

mehr vermittelt wird, ist der Bestätigungsvermerk zu versagen. Der entscheidende Unterschied zu einem eingeschränkten<br />

Bestätigungsvermerk besteht darin, dass der Abschlussprüfer keine positive Gesamtaussage mehr<br />

zum gemeindlichen Jahresabschluss treffen kann. Im Rahmen der örtlichen Abschlussprüfung sind in diesen<br />

Fällen weder die Erfordernisse für einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk noch für einen eingeschränkten<br />

Bestätigungsvermerk erfüllt.<br />

In diesen Fällen erfüllt der gemeindliche Jahresabschluss nicht mehr seine Aufgabe, sodass unter Berücksichtigung<br />

der vom Prüfer vorgenommenen Einschränkung des Bestätigungsvermerks der Abschlussprüfer verpflichtet<br />

ist, den Bestätigungsvermerk im Rahmen seiner Jahresabschlussprüfung zu versagen. Die erheblichen Beanstandungen<br />

führen damit zu einem negativen Prüfungsurteil des Abschlussprüfers und zur Erstellung eines Versagungsvermerks<br />

und nicht zu einem Bestätigungsvermerk.<br />

Eine Verpflichtung des Abschlussprüfers, gleichwohl für ordnungsmäßige Teile des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

bzw. für Teile der gemeindlichen Haushaltswirtschaft sowie der Rechnungslegung der Gemeinde eine<br />

GEMEINDEORDNUNG 979


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

positive Aussage zu treffen, besteht dabei nicht. Würde ein Abschlussprüfer unterschiedliche Teilergebnisse im<br />

Rahmen seiner Prüfung vorstellen, ohne daraus ein Gesamtbild zu entwickeln, könnten daraus ggf. unnötige<br />

Missverständnisse bei den Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses entstehen.<br />

5.4 Zu Satz 4 (Weitere Möglichkeit der Versagung):<br />

Nach der Vorschrift ist im Rahmen der Jahresabschlussprüfung ein Bestätigungsvermerk auch dann zu versagen,<br />

wenn der Prüfer nach Ausschöpfung aller angemessenen Möglichkeiten zur Klärung des Sachverhaltes nicht in<br />

der Lage ist, eine Beurteilung abzugeben. Die Regelung bedeutet zwar auch eine Versagung des Bestätigungsvermerks,<br />

sie beinhaltet aber kein negatives Prüfungsurteil. Sie bringt vielmehr zum Ausdruck, dass der Prüfer<br />

nicht in der Lage ist, ein Prüfungsurteil abzugeben. In diesen Fällen muss der Prüfer alle rechtlich zulässigen und<br />

die wirtschaftlich vertretbaren Möglichkeiten zur Klärung des Sachverhalts ausgeschöpft haben. Auch in einem<br />

solchem Fall ist vom Abschlussprüfer ein Versagungsvermerk zu erstellen.<br />

5.5 Zu Satz 5 (Erstellung eines Versagungsvermerks):<br />

Die Vorschrift verlangt, dass in den Fällen, in denen im Rahmen der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

der Bestätigungsvermerk zu versagen ist, die Versagung ist in einem Vermerk, der nicht als Bestätigungsvermerk<br />

zu bezeichnen ist, aufzunehmen ist. Die Versagung eines Bestätigungsvermerks stellt deshalb einerseits<br />

keinen Bestätigungsvermerk dar. Andererseits ist der vom Abschlussprüfer zu erstellende Vermerk als „Versagungsvermerk“<br />

zu bezeichnen.<br />

In einem Versagungsvermerk sind vom Abschlussprüfer alle wesentlichen Gründe für die Versagung zu beschreiben<br />

und zu erläutern. Ist der Prüfer nicht in der Lage ist, ein Prüfungsurteil abzugeben, hat er in einem<br />

Versagungsvermerk die Prüfungshemmnisse zu benennen und ihre Auswirkungen aufzuzeigen. Er sollte auch<br />

darlegen, dass er alle rechtlich zulässigen und die wirtschaftlich vertretbaren Möglichkeiten zur Klärung des<br />

Sachverhalts ausgeschöpft hat, um einen Bestätigungsvermerk erteilen zu können.<br />

5.6 Zu Satz 6 (Pflicht zur Begründung der Einschränkung oder Versagung):<br />

Nach der Vorschrift ist die Einschränkung oder Versagung eines Bestätigungsvermerks im Rahmen der gemeindlichen<br />

Abschlussprüfung zu begründen. Diese gesonderte gesetzliche Vorgabe einer Begründungspflicht ist wegen<br />

der Bedeutung der Einschränkung eines Bestätigungsvermerks oder seiner Versagung durch den Abschlussprüfer<br />

sachgerecht. Die Einschränkung oder die Versagung eines Bestätigungsvermerks muss durch den<br />

Abschlussprüfer so formuliert werden, dass die wesentlichen Gründe für die Einschränkung oder Versagung für<br />

die Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses klar erkennbar werden.<br />

Eine Darstellung der Tragweite der Versagung unter der Angabe der Größe der festgestellten Mängel, die zur<br />

Versagung des Bestätigungsvermerks geführt haben, sollte wegen des Interesses der Gemeinde an der Beseitigung<br />

festgestellter Mängel erfolgen. Der Umfang der Darstellung liegt dabei im Ermessen des Abschlussprüfers,<br />

gleichwohl sollten die Teile des gemeindlichen Jahresabschlusses und der Rechnungslegung der Gemeinde<br />

ausdrücklich vom Abschlussprüfer benannt werden, aufgrund dessen er seinen Bestätigungsvermerk eingeschränkt<br />

oder versagt hat.<br />

GEMEINDEORDNUNG 980


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

6. Zu Absatz 6 (Einbeziehung des Lageberichtes in die Abschlussprüfung):<br />

6.1 Zu Satz 1 (Beurteilung des Lageberichtes):<br />

Nach der Vorschrift hat sich die Beurteilung des Prüfungsergebnisses im Rahmen des vom Abschlussprüfer zu<br />

erstellenden Bestätigungsvermerks auch darauf zu erstrecken, ob der Lagebericht mit dem gemeindlichen Jahresabschluss<br />

in Einklang steht und insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags-<br />

und Finanzlage der Gemeinde vermittelt. Die Regelung befasst sich mit der Pflicht des Abschlussprüfers,<br />

die Ausführungen im Lagebericht der Gemeinde zu beurteilen. Er soll danach den gemeindlichen Lagebericht<br />

auch unter dem Gesichtpunkt der Übereinstimmung mit dem Jahresabschluss der Gemeinde beurteilen.<br />

6.2 Zu Satz 2 (Beurteilung der Darstellung der gemeindlichen Entwicklung):<br />

Nach der Vorschrift hat der Prüfer des gemeindlichen Jahresabschlusses im Rahmen seiner Beurteilung des<br />

gemeindlichen Lageberichtes auch darauf einzugehen, ob die Chancen und Risiken für die künftige wirtschaftliche<br />

Entwicklung der Gemeinde zutreffend im Lagebericht dargestellt sind. Wegen der Bedeutung des Jahresabschlusses<br />

für diese künftige Entwicklung der Gemeinde soll der Abschlussprüfer auch die Darstellung der Gemeinde<br />

über ihre Chancen und Risiken in seine Beurteilung einbeziehen.<br />

Eine Grundlage der Beurteilung der künftigen wirtschaftlichen Lage der Gemeinde stellen insbesondere die Vermögenslage<br />

und die Finanzlage der Gemeinde dar. Negative Entwicklungen in der Vermögens- und Kapitalstruktur,<br />

eine starke Verringerung des Eigenkapitals, hohe außerplanmäßige Abschreibungen, ein starker Anstieg der<br />

Belastung von Vermögenswerten zur Sicherung von Verbindlichkeiten, geben im Rahmen der vorzunehmenden<br />

Abschlussprüfung einen Anlass, keine globalen oder allgemein gefassten Hinweise dazu zu geben, sondern<br />

verlangen vom Abschlussprüfer eine konkretere Analyse und Bewertung vorzunehmen. Für den Prüfer bietet sich<br />

dazu die Verwendung von Kennzahlen an. Die Kennzahlen sollten insbesondere dann genutzt werden, wenn<br />

durch einen Vergleich über einen längeren Zeitraum ein Trend erkennbar gemacht werden soll.<br />

7. Zu Absatz 7 (Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks):<br />

7.1 Die Zwecke der Unterzeichnung<br />

7.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Der Bestätigungsvermerk, in dem der Rechnungsprüfungsausschuss sein Prüfungsergebnis über den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss zusammenfasst oder der Vermerk über die Versagung des Bestätigungsvermerks ist nach<br />

der Vorschrift unter Angabe von Ort und Tag vom Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses zu unterzeichnen<br />

(vgl. § 101 Absatz 3 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Diese ausdrückliche Vorgabe soll die Verantwortlichkeit des<br />

Rechnungsprüfungsausschusses als gesetzlich zuständiges Gremium verdeutlichen und dient als Beweisfunktion<br />

für die Prüfungstätigkeit dieses Ausschusses sowie der Dokumentation seiner Prüfungstätigkeit.<br />

Ein solcher Bestätigungsvermerk ist entsprechend des durchgeführten Prüfungsumfanges und des Prüfungsergebnisses<br />

zu formulieren (vgl. § 101 Absatz 3 bis 5 GO <strong>NRW</strong>). Die Fassung des Bestätigungsvermerks muss<br />

dabei vom Rechnungsprüfungsausschuss beschlossen worden sein, denn die gesetzliche Regelung sieht nur<br />

einen Bestätigungsvermerk für den gemeindlichen Jahresabschluss vor. Die Unterzeichnungspflicht stellt dabei<br />

eine ausdrückliche Mindestanforderung dar, die vor der Feststellung gemeindlichen Jahresabschluss nach § 96<br />

Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> zu erfüllen ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 981


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

In denen Fällen, in denen kein unterzeichneter Bestätigungsvermerk oder kein unterzeichneter Vermerk über die<br />

Versagung vorliegt, ist die örtliche Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses als noch nicht abgeschlossen<br />

zu bewerten. Der Rat der Gemeinde darf dann den gemeindlichen Jahresabschluss noch nicht feststellen und die<br />

Ratsmitglieder dürfen noch keine Entlastung des Bürgermeisters beschließen (vgl. § 96 GO <strong>NRW</strong>). Der Bestätigungsvermerk<br />

sollte daher immer das Datum des Tages tragen, an dem für den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses materiell abgeschlossen ist. Diese Sachlage gilt entsprechend<br />

für die verantwortlichen Prüferinnen und Prüfer, soweit diese im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit einen Bestätigungsvermerk<br />

zu unterzeichnen haben.<br />

7.1.2 Die Anzahl der Unterschriften<br />

Durch die Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks wird dokumentiert, ob und inwieweit vorherige auftragsbezogene<br />

Prüfungsergebnisse in den Bestätigungsvermerk einbezogen werden. Abhängig vom jeweiligen Prüfungsergebnis<br />

ist zuvor durch jede an der örtlichen Prüfung beteiligte Stelle zu entscheiden, ob und in welchem<br />

Umfang der zu erstellende oder der ihr vorgelegte Bestätigungsvermerk gestaltet wird. Soweit keine Änderungen<br />

oder Ergänzungen des Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers durch die nächste Prüfinstanz, z. B. die örtliche<br />

Rechnungsprüfung oder der Rechnungsprüfungsausschuss, erforderlich sind, bedarf es nicht jeweils eines<br />

eigenständigen Bestätigungsvermerks.<br />

In diesen Fällen kann der im Rahmen der Prüfung zuerst erstellte Bestätigungsvermerk unter Angabe des Ortes<br />

und des Datums durch eigenhändige Unterzeichnungen der Verantwortlichen der jeweiligen Prüfungsinstanz<br />

entsprechend ergänzt werden. Bei mehreren Unterschriften unter einem Bestätigungsvermerk muss klar erkennbar<br />

bleiben, dass der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses die abschließende Unterzeichnung des<br />

Bestätigungsvermerks vorgenommen hat, denn dieser Ausschuss ist das gesetzlich zuständige Prüfungsgremium<br />

für den gemeindlichen Jahresabschluss.<br />

7.2 Wirkungen der Unterzeichnung<br />

7.2.1 Allgemeine Verantwortlichkeiten<br />

Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses als zuständige Prüfinstanz für den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

erfüllt mit der Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Damit<br />

wird ausreichend die Verantwortung des gesamten Ausschusses als Nachweis im Sinne der Vorschrift dokumentiert.<br />

Die Unterzeichnung spiegelt deshalb nicht die persönliche Verantwortlichkeit des Ausschussvorsitzenden als<br />

Ratsmitglied wieder. Sie unterliegt gleichwohl aber der Treuepflicht nach § 32 GO <strong>NRW</strong>. Der Ausschussvorsitzende<br />

bringt mit seiner Unterschrift im Sinne der Prüfungszuständigkeit des Ausschusses zum Ausdruck, dass<br />

die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rechnungsprüfungsausschuss abgeschlossen und<br />

aus der Verantwortung des Ausschusses heraus der Bestätigungsvermerk richtig und vollständig ist.<br />

Mit der Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks wird zudem festgestellt, dass das Ergebnis des wirtschaftlichen<br />

Handelns der Gemeinde im abgelaufenen Haushaltsjahr nach festgelegten haushaltsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen<br />

Regeln erfolgt und nachgewiesen worden ist. Außerdem wird bestätigt, dass durch den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde<br />

vermittelt wird. Es wird mit der Unterzeichnung aber auch festgestellt, dass aus der Verantwortung des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

heraus der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung richtig und<br />

vollständig ist, sofern dazu keine besonderen Einschränkungen durch den Ausschuss gemacht oder ggf. ergänzende<br />

Hinweise dazugegeben werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 982


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Verpflichtung zur Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks beinhaltet dabei nicht, dass der Vorsitzende des<br />

Rechnungsprüfungsausschusses auch sämtliche Bestandteile und Anlagen des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

durch seine Unterschrift besonders kennzeichnen muss. Es bietet sich jedoch an, den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

und den Bestätigungsvermerk als Prüfungsergebnis ggf. buchtechnisch so zusammenzufassen.<br />

Dadurch kann für Dritte erkennbar und nachvollziehbar werden, dass sich die Unterschrift des Ausschussvorsitzenden<br />

auf die Gesamtheit aller Teile des gemeindlichen Jahresabschlusses bezieht.<br />

7.2.2 Die Mitwirkung bei der Feststellung<br />

Für die Mitwirkung des Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses am Feststellungsbeschluss des Rates<br />

der Gemeinde über den gemeindlichen Jahresabschluss ist örtlich zu beurteilen, ob diese Mitwirkung sachlich<br />

geboten und vertretbar ist. Einerseits ist der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses ein Mitglied im Rat<br />

der Gemeinde und ihm steht daher ein Stimmrecht auch über den gemeindlichen Jahresabschluss zu. Andererseits<br />

schränkt die Vorschrift des § 31 GO <strong>NRW</strong> die Rechte von Ratsmitgliedern nur für den Fall ein, dass die in<br />

der Vorschrift genannten Ausschließungsgründe vorliegen, sodass nur dann die betreffenden Ratsmitglieder dann<br />

in der Sache als befangen gelten. In keiner Vorschrift der Gemeindeordnung wird aber der Vorsitzende des<br />

Rechnungsprüfungsausschusses ausdrücklich von der Teilnahme an der Abstimmung über die Feststellung des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses ausgeschlossen.<br />

Aus Verfahrensgründen könnte es bei der Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses jedoch geboten<br />

sein, dass der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses auf die Ausübung seines ihm zustehenden<br />

Stimmrechtes verzichtet. Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses übernimmt durch seine Unterzeichnung<br />

des Bestätigungsvermerks die Verantwortung für das Ergebnis der Abschlussprüfung, denn der Ausschuss<br />

ist gesetzlich für diese Prüfung zuständig (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Sachlage ist im örtlichen<br />

Einzelfall abzuwägen und vom Rat der Gemeinde eigenverantwortlich zu entscheiden.<br />

8. Zu Absatz 8 (Beteiligung der örtlichen Rechnungsprüfung):<br />

8.1 Zu Satz 1 (Durchführung der Prüfung):<br />

Nach der Vorschrift bedient sich der Rechnungsprüfungsausschuss im Rahmen seiner Prüfung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses der örtlichen Rechnungsprüfung (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Dadurch wird die allgemeine<br />

gemeindeverfassungsrechtliche Regelung nochmals ausdrücklich für die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

wiederholt. Es wird zudem dadurch klargestellt, dass dem örtlichen Rechnungsprüfungsausschuss<br />

die Gesamtverantwortung für die Jahresabschlussprüfung obliegt.<br />

Diese Verantwortung bleibt auch dann im vollen Umfang bestehen, wenn sich der Ausschuss zur Durchführung<br />

seiner Prüfungsaufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung bedient. Es kommt aber auch bei Einschaltung eines<br />

Dritten als Abschlussprüfer, z. B. durch die örtliche Rechnungsprüfung, nicht zu einer Minderung der Prüfungsverantwortung<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses, auch wenn die Beteiligung eines Dritten als Prüfer ausdrücklich<br />

gesetzlich zugelassen wurde (vgl. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

8.2 Zu Satz 2 (Bestätigungsvermerk im Rahmen des Prüfungsauftrages):<br />

8.2.1 Die Pflicht zur Abgabe eines Bestätigungsvermerks<br />

Durch den Verweis auf die Absätze 3 bis 7 dieser Vorschrift ist ausdrücklich bestimmt worden, dass bereits die<br />

Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung oder Dritte als Prüfer im Rahmen ihres Prüfungsauftrages und ihrer vor-<br />

GEMEINDEORDNUNG 983


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§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

zunehmenden Beurteilung des gemeindlichen Jahresabschlusses einen eigenen Bestätigungsvermerk abzugeben<br />

haben. Ein solcher Bestätigungsvermerk hat immer eine Außenwirkung, denn durch diesen Vermerk wird das<br />

Ergebnis der Prüfung dokumentiert und dem Auftraggeber gegenüber offengelegt.<br />

Diese Gegebenheiten erfordern, abhängig vom jeweiligen Prüfungsergebnis, dass jeder an der Jahresabschlussprüfung<br />

beteiligte verantwortliche Prüfer oder Prüfungsstelle einen Bestätigungsvermerk zu erstellen hat. Darauf<br />

kann grundsätzlich nicht verzichtet werden. Der Prüfer oder die Prüfungsstelle hat dabei eigenverantwortlich über<br />

die Form der Ausfertigung des Bestätigungsvermerks und die Formulierung zu entscheiden. Ob und in welchem<br />

Umfang der Bestätigungsvermerk des Rechnungsprüfungsausschusses dabei auf den ihm vorgelegten Bestätigungsvermerken<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung oder Dritter als Prüfer aufgebaut wird, liegt in der Verantwortung<br />

des Ausschusses.<br />

8.2.2 Die Vorlage auftragsbezogener Bestätigungsvermerke<br />

Dem Rechnungsprüfungsausschuss der Gemeinde müssen im Rahmen der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung<br />

nicht alle erstellten auftragsbezogenen Bestätigungsvermerke der beteiligten Dritten vorgelegt werden. Es ist<br />

vielmehr ausreichend, wenn die für die örtliche Rechnungsprüfung als regelmäßig für die Durchführung der Abschlussprüfung<br />

verantwortliche letzte Stelle einen auf ihr Prüfungsergebnis bezogenen Bestätigungsvermerk<br />

verfasst. Sie hat diesen Bestätigungsvermerk dem Rechnungsprüfungsausschuss vorzulegen, der die Gesamtverantwortung<br />

für die ordnungsgemäße Prüfung des Jahresabschlusses gegenüber dem Rat der Gemeinde trägt<br />

und selbst einen Bestätigungsvermerk verfassen muss.<br />

In dem Bestätigungsvermerk des Ausschusses sind die Prüfungsergebnisse bzw. Bestätigungsvermerke der an<br />

der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung zuvor beteiligten anderen Abschlussprüfer zu berücksichtigen. In<br />

Einzelfällen kann es dabei sachgerecht und sinnvoll sein, zusätzlich auf auftragsbezogene Bestätigungsvermerke<br />

zu verweisen und diese dann ggf. auch dem eigenen Bestätigungsvermerk beizufügen. Dabei sollen die vorgenommenen<br />

Ergänzungen und Verweise erkennbar und nachvollziehbar dargestellt werden.<br />

Dem Rechnungsprüfungsausschuss steht in diesem Verfahren das Recht zu, beim Auftreten von Mängeln oder<br />

wenn er aus sonstigen Gründen das in einem vorgelegten Bestätigungsvermerk verankerte Prüfungsergebnis<br />

nicht mitgetragen kann, in einem eigenen Bestätigungsvermerk das aus seiner Sicht zutreffende Ergebnis darzustellen.<br />

Ein Recht der zuvor beteiligten Prüfer sich zu der neuen Fassung des Bestätigungsvermerks zu äußern,<br />

steht diesen regelmäßig nicht zu. Im Rahmen der Beratungen des Rates der Gemeinde über die Feststellung des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses können jedoch Informationen darüber wichtig sein, wenn Abschlussprüfer<br />

zuvor ein anderes Ergebnis im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit vertreten haben.<br />

8.2.3 Der Bestätigungsvermerk des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat eigenverantwortlich zu entscheiden, ob er sich bei seiner Prüfung des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses auf den ihm vorgelegten Bestätigungsvermerk der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

stützen will. Er kann diesen Bestätigungsvermerk unverändert lassen und durch eine entsprechende Ergänzung<br />

auch zu seinem eigenen Bestätigungsvermerk machen. Diese Sachlage gilt entsprechend für die örtliche<br />

Rechnungsprüfung, wenn sie für ihre Prüfung einen Dritten beauftragt hat (vgl. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Es liegt<br />

immer in der Verantwortung des jeweiligen Auftraggebers, ob er den ihm vorgelegten Bestätigungsvermerk in<br />

vollem Umfang übernimmt oder diesen ergänzt, abändert oder ihm eine eigene Form gibt.<br />

Dem Rat der Gemeinde kann aber auch ein Bestätigungsvermerk vorgelegt werden, der von mehreren Prüfern<br />

oder Prüfungsstellen nach den Regeln des Absatzes 7 der Vorschrift unterzeichnet wurde. In einem solchen Fall<br />

ist jeder Beteiligte zu einer eigenen Prüfung verpflichtet, um zu entscheiden, ob ein ihm vorgelegter Bestäti-<br />

GEMEINDEORDNUNG 984


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 101 GO <strong>NRW</strong><br />

gungsvermerk in vollem Umfang inhaltlich übernommen, abgeändert oder ergänzt wird. Das getroffene Prüfungsergebnis<br />

muss dann auf dem betreffenden Bestätigungsvermerk durch eine entsprechende Ergänzung und eine<br />

Unterzeichnung nachvollziehbar und transparent gemacht werden. Die besondere Verpflichtung der Prüfer und<br />

prüfenden Stellen, einen auf ihre Prüfung bezogenen Bestätigungsvermerk zu verfassen, ist wegen der besonderen<br />

Verantwortung als Abschlussprüfer des gemeindlichen Jahresabschlusses geboten.<br />

8.2.4 Die Unterzeichnungspflicht beim Bestätigungsvermerk<br />

Die besondere Verantwortung der Prüfer und prüfenden Stellen als Abschlussprüfer des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

drückt sich auch in der Unterzeichnungspflicht des Bestätigungsvermerks aus. Die Unterzeichnungspflicht<br />

für den Bestätigungsvermerk oder der Versagungsvermerk zur Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

besteht deshalb für alle an der Jahresabschlussprüfung beteiligten verantwortlichen Prüfer und<br />

Prüfinstanzen. Deren Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung soll jeweils das Datum des<br />

Tages tragen, an dem für die Abschlussprüfer die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses materiell abgeschlossen<br />

ist.<br />

Mit der Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks erfüllen die Prüfer und prüfenden Stellen im Rahmen ihrer<br />

Prüfung eine gesetzliche Verpflichtung. Sie bringen damit zum Ausdruck, dass für sie die Prüfung des Jahresabschlusses<br />

abgeschlossen ist und aus ihrer Verantwortung heraus der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk<br />

oder seine Versagung richtig und vollständig ist, sofern von ihnen dazu keine besonderen Einschränkungen gemacht<br />

worden sind oder Hinweise gegeben werden. Bei mehreren Unterschriften unter einem Bestätigungsvermerk<br />

für den gemeindlichen Jahresabschluss muss aber klar erkennbar bleiben, dass der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

die abschließende Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks vorgenommen hat,<br />

denn dieser Ausschuss ist das gesetzlich zuständige Prüfungsgremium für den Jahresabschluss der Gemeinde.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 985


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 102<br />

Örtliche Rechnungsprüfung<br />

(1) 1 Kreisfreie Städte, Große und Mittlere kreisangehörige Städte haben eine örtliche Rechnungsprüfung einzurichten.<br />

2 Die übrigen Gemeinden sollen sie einrichten, wenn ein Bedürfnis hierfür besteht und die Kosten in angemessenem<br />

Verhältnis zum Nutzen stehen.<br />

(2) 1 Kreisangehörige Gemeinden können mit dem Kreis eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit dem Inhalt<br />

abschließen, dass die örtliche Rechnungsprüfung des Kreises die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung in<br />

einer Gemeinde gegen Kostenerstattung wahrnimmt. 2 Die Vereinbarung kann auch vorsehen, dass die Rechnungsprüfung<br />

des Kreises nur einzelne Aufgabengebiete der Rechnungsprüfung in der Gemeinde wahrnimmt.<br />

3<br />

Soweit die örtliche Rechnungsprüfung des Kreises die Rechnungsprüfung in der Gemeinde wahrnimmt, bedient<br />

sich der Rechnungsprüfungsausschuss der Gemeinde bei der Erfüllung seiner Aufgaben der Rechnungsprüfung<br />

des Kreises.<br />

(3) Absatz 1 findet für kreisangehörige Gemeinden keine Anwendung, bei denen die örtliche Rechnungsprüfung<br />

des Kreises gemäß Absatz 2 Satz 1 die örtliche Rechnungsprüfung bei der Gemeinde wahrnimmt.<br />

Erläuterungen zu § 102:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Einrichtung einer örtlichen Rechnungsprüfung<br />

1.1 Allgemeine Inhalte<br />

Im NKF ist das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde durch die Gemeinde selbst zu prüfen. Die örtliche<br />

Prüfung der Gemeinde ist dabei ein unverzichtbares Instrument für eine zeitnahe Kontrolle des wirtschaftlichen<br />

Handelns der Gemeinde sowie der Behandlung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle mit haushaltswirtschaftlichen<br />

Auswirkungen. Im Rahmen der Prüfung muss daher z. B. beurteilt werden, ob durch den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde<br />

vermittelt wird.<br />

Der Gesetzgeber hat der Gemeinde die dafür erforderlichen Kompetenzen eingeräumt. Er hat sie als geeignet<br />

angesehen, die ihr zugewiesenen Prüfungsaufgaben mit der notwendigen personellen und sächlichen Ausstattung<br />

zu erfüllen und dabei den ordnungsgemäßen Gang der Prüfungsgeschäfte sicherzustellen. Er hat daher<br />

bestimmt, dass die kreisfreien Städte, die Großen und die Mittleren kreisangehörigen Städten in Nordrhein-<br />

Westfalen eine örtliche Rechnungsprüfung als eigenständige Organisationseinheit innerhalb ihrer Verwaltung<br />

einzurichten haben. Die örtliche Rechnungsprüfung ist dabei dem Rat unmittelbar verantwortlich und in ihrer<br />

sachlichen Tätigkeit ihm unmittelbar unterstellt (vgl. § 104 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die kreisfreien Städte, die Großen und die Mittleren kreisangehörigen Städten Gemeinde müssen daher unter<br />

Beteiligung ihres Rates grundsätzlich entscheiden, in welchem Umfang die örtliche Rechnungsprüfung eingerichtet<br />

wird. Die übrigen Gemeinden sollen eine örtliche Rechnungsprüfung einrichten, wenn bei ihnen dafür ein Bedürfnis<br />

besteht und die Kosten in angemessenem Verhältnis zum voraussichtlichen Nutzen stehen. Diese Gemeinden<br />

müssen unter Beteiligung des Rates der Gemeinde klären, ob eine Rechnungsprüfung eingerichtet wird<br />

und ggf. dann entscheiden, in welchem Umfang die örtliche Rechnungsprüfung eingerichtet wird.<br />

GEMEINDEORDNUNG 986


1.2 Die Gestaltung der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

1.2.1 Der Begriff „Örtliche Prüfung“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

Im Rahmen des gemeindlichen Verfassungsrechts und unter Beachtung der gemeindlichen Selbstverwaltung<br />

werden unter dem Begriff „Örtliche Prüfung“ zwei Prüfungsinstanzen bei der Gemeinde verstanden. In jeder Gemeinde<br />

hat einerseits der Rat einen Rechnungsprüfungsausschuss als Pflichtausschuss mit besonderen Prüfaufgaben<br />

zu bilden (vgl. § 57 Absatz 2 Satz 1 und § 59 Absatz 3 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits ist in der gemeindlichen<br />

Verwaltung, ab einer bestimmten Größe der Gemeinde, eine örtliche Rechnungsprüfung als eigenständige<br />

Organisationseinheit einzurichten.<br />

Der Begriff „örtliche Prüfung“ umfasst daher die aufeinander abzustimmenden Tätigkeiten des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

des Rates und der „Örtlichen Rechnungsprüfung“ in der gemeindlichen Verwaltung. Beide<br />

Prüfungsinstanzen stehen dabei in unmittelbarer Verbindung mit dem Rat der Gemeinde. Dieser Zusammenhang<br />

erfordert eine unabhängige Stellung der örtlichen Rechnungsprüfung in der gemeindlichen Verwaltung (vgl. § 104<br />

Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Für den Rat der Gemeinde kann dadurch die örtliche Prüfung insgesamt entscheidungsvorbereitend<br />

und informatorisch wirken, auch wenn die örtliche Rechnungsprüfung im Rahmen der gemeindlichen<br />

Verwaltung ihre Aufgaben erledigt.<br />

1.2.2 Der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

Der Rat der Gemeinde hat neben seinem Budgetrecht auch eine eigenverantwortliche Kontrollaufgabe bei der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Die Prüfungsaufgabe ist dabei dem Rechnungsprüfungsausschuss als einen<br />

von drei Pflichtausschüssen des Rates gesetzlich übertragen worden (vgl. § 57 i.V.m. § 59 GO <strong>NRW</strong>). Der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

soll zeitnah zu den gemeindlichen Abschlüssen seine Prüfungstätigkeit durchführen<br />

und zur Entlastung und Erleichterung der Arbeit des Rates der Gemeinde beitragen. Er soll aber auch - wie die<br />

anderen Ausschüsse des Rates - die Beschlüsse des Rates sachverständig vorbereiten und zu den Vorlagen der<br />

gemeindlichen Verwaltung sachgerechte Stellungnahmen und Empfehlungen abgeben.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat sich bei der Durchführung seiner Prüfungstätigkeit zudem der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung zu bedienen (vgl. § 59 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Beide Prüfungsinstanzen bei der Gemeinde<br />

stehen daher in unmittelbarer Verbindung zueinander und arbeiten dem Rat der Gemeinde zu (vgl. § 57 Absatz<br />

2 und § 104 GO <strong>NRW</strong>). Die sachliche Zuständigkeit des Rechnungsprüfungsausschusses wird noch dadurch<br />

gestärkt, dass sich der Ausschuss in kleineren Gemeinden, in denen keine örtliche Rechnungsprüfung besteht,<br />

sich unmittelbar Dritter gem. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> bedienen kann.<br />

1.2.3 Die örtliche Rechnungsprüfung<br />

Bei der Festlegung der Verpflichtung zur Einrichtung einer örtlichen Rechnungsprüfung durch kreisfreie Städte,<br />

Große und Mittlere kreisangehörige Städte ist davon ausgegangen worden, dass die umfangreichen örtlichen<br />

Verwaltungsaufgaben, eine örtliche Prüfung durch die Gemeinde erfordert. Die Vorschrift wurde deshalb in einen<br />

Zusammenhang mit den gesetzlich bestimmten Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung und der gesetzlich<br />

bestimmten Stellung der Leitung und der Prüfer der Rechnungsprüfung gestellt (vgl. §§ 103 und 104 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung gehen aber insgesamt weit über die Vorgaben in der Gemeindeordnung<br />

hinaus. Vielfach sind der örtlichen Rechnungsprüfung weitere Aufgaben durch Fachgesetze oder andere<br />

Vorschriften zugewiesen worden. Aus der Gesamtsicht aller Aufgaben ergibt sich dabei der Anforderungskatalog<br />

an die Aufgabenerledigung und das Anforderungsprofil an die Prüfer. Zusätzlich erfordert dabei die Einführung<br />

komplexer Verfahren in der gemeindlichen Verwaltung, dass zeitgemäße sowie sachlich und fachlich zweckmä-<br />

GEMEINDEORDNUNG 987


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

ßige Handlungsweisen für die Durchführung der Prüfung. Die örtliche Rechnungsprüfung hat sich i.d.R. darauf<br />

eingestellt, sodass bereits „begleitende Prüfungen“ erfolgen und nicht erst zu einem Zeitpunkt geprüft wird, zu<br />

dem vorgesehene Verwaltungsentscheidungen kaum noch veränderbar oder umkehrbar sind.<br />

Aus den Prüfungspflichten der örtlichen Rechnungsprüfung folgt zudem die Pflicht der Gemeinde, ihre örtliche<br />

Rechnungsprüfung ausreichend mit fachlich qualifiziertem Personal und mit Sachmitteln auszustatten. Es gilt, die<br />

ordnungsgemäße Aufgabenerledigung der gesetzlichen Prüfungsaufgaben und der übertragenen Prüfungsaufgaben<br />

sowie der Prüfungsaufträge sicherzustellen (vgl. § 103 Absatz 1 bis 3 GO <strong>NRW</strong>). Im Rahmen der Prüfungsplanung<br />

sollte daher berücksichtigt werden, dass sich die örtliche Rechnungsprüfung mit Zustimmung des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

ggf. Dritter als Prüfer bedienen kann (vgl. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2. Die überörtliche Prüfung<br />

Aus der Sicht des Landes ist die überörtliche Prüfung ein unverzichtbares Instrument für eine Kontrolle der Gesetz-<br />

und Ordnungsmäßigkeit des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde. Sie ist deshalb ein Teil<br />

der staatlichen Aufsicht des Landes über die Gemeinden und wird durch die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen<br />

durchgeführt. In der überörtlichen Prüfung sind zudem die vorhandenen Ergebnisse der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung zu berücksichtigen (vgl. § 105 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Rechnungsprüfung der<br />

Gemeinde stellt daher eine Informationsquelle für die überörtliche Prüfung der Gemeinde dar.<br />

Die überörtliche Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt soll zudem eine fachkundige Prüfung der Gemeinde<br />

unter den Gesichtspunkten der staatlichen Aufsicht darstellen. Es ist deshalb auch geboten, die Aufsichtsbehörden<br />

über die Gemeinden möglichst frühzeitig in die vorgesehenen Prüfungen bei den Gemeinden einzubinden.<br />

Die Einbindung in das Prüfungsgeschehen, wenn die überörtliche Prüfung bei den Gemeinden abgeschlossen<br />

ist, wie es gesetzlich als Mindestvorgabe vorgesehen ist, dürfte in vielen Fällen nicht ausreichend und<br />

nicht sachgerecht sein. Die Aufgaben der überörtlichen Prüfung sowie das Verfahren zu den Ergebnissen dieser<br />

Prüfung sind in der Vorschrift des § 105 GO <strong>NRW</strong> näher bestimmt worden.<br />

3. Sonstige Formen der Durchführung der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Vorschriften über die Ausübung und Ausgestaltung der örtlichen Rechnungsprüfung durch die Gemeinde<br />

stehen einer Erledigung von Prüfungsaufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung durch beauftragte Dritte nicht<br />

entgegen. Die Gemeinden, die zur Einrichtung einer örtlichen Rechnungsprüfung verpflichtet sind, behalten auch<br />

bei der Beauftragung Dritte ihre Gesamtverantwortung. Sie dürfen sich daher z. B. im Rahmen einer öffentlichrechtlichen<br />

Vereinbarung mit der örtlichen Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde oder bei der Einschaltung<br />

eines Wirtschaftsprüfers als privater Dritter nicht aus ihrer Gesamtverantwortung für die örtliche Rechnungsprüfung<br />

selbst entlassen.<br />

Eine Gemeinde, die örtliche Prüfungsaufgaben durch Dritte erledigen lässt, bleibt unabhängig von der Art und<br />

dem Umfang der Beauftragung Dritter immer für die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung verantwortlich. Sie<br />

soll durch die Mitwirkung der örtlichen Rechnungsprüfung und des Rechnungsprüfungsausschusses die ordnungsgemäße<br />

Erledigung der Prüfungsaufträge sicherstellen. Ein solcher Verantwortungsrahmen ist geboten. Bei<br />

einer Zusammenarbeit mit Dritten, z. B. mit der örtlichen Rechnungsprüfung einer beauftragten Gemeinde, kann<br />

diese nicht unmittelbar gegenüber dem Rat der auftraggebenden Gemeinde verantwortlich und ihm in ihrer sachlichen<br />

Tätigkeit unmittelbar unterstellt sein (vgl. § 104 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die gemeindeübergreifende Zusammenarbeit<br />

bei der örtlichen Rechnungsprüfung lässt sich gleichwohl im Einvernehmen zwischen den Beteiligten<br />

auf vielfältige Art und Weise gestalten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 988


3.2 Die Beauftragung Dritter<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

Mit der Einführung des NKF wurde zugelassen, dass die örtliche Rechnungsprüfung der Gemeinde sich Dritter<br />

als Prüfer bedienen darf (vgl. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Durch diese Möglichkeit soll eine flexible und wirtschaftliche<br />

Aufgabenerledigung der örtlichen Rechnungsprüfung erreicht werden. Die Regelung soll aber auch die Zusammenarbeit<br />

zwischen den örtlichen Rechnungsprüfungen der Gemeinden erweitern. Die Beauftragung Dritter<br />

als Prüfer ist deshalb nicht auf bestimmte Prüfungstätigkeiten oder auf besondere Einzelfälle durch den Gesetzgeber<br />

beschränkt worden. Es sind aber auch keine fachlichen Voraussetzungen für die Tätigkeit beauftragter<br />

Prüfer gesetzlich bestimmt worden.<br />

Es können somit geeignete Dritte mit gemeindlichen Prüfungsaufgaben beauftragt werden, z. B. Wirtschaftprüfer<br />

oder Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde. Die Gesamtverantwortung für die örtliche<br />

Rechnungsprüfung bleibt dabei unabhängig von der Ausgestaltung einer Beauftragung bei der Gemeinde. Sie<br />

kann sich in diesen Fällen nicht aus ihrer Verantwortung selbst entlassen. Durch die Beauftragung darf zudem die<br />

Tätigkeit des Rates und des Bürgermeisters als gewählte Organe der Gemeinde nicht beeinträchtigt werden.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss und die örtliche Rechnungsprüfung müssen in den Fällen der Beauftragung<br />

eines Dritten ihre eigene Prüfungsverantwortung auch dadurch belegen, dass sie als gemeindliche Prüfinstanzen<br />

jeweils einen eigenen Bestätigungsvermerk erstellen. Beide Instanzen können aber auch den Bestätigungsvermerk<br />

des beauftragten Dritten vollständig übernehmen. Sie müssen dann aber diesen Bestätigungsvermerk um<br />

eine entsprechende eigene Beurteilung aus ihrer Prüfung ergänzen. Es sind zur Klarstellung auch weitere Ergänzungen<br />

möglich, wenn dadurch das erzielte Prüfungsergebnis nachvollziehbarer wird.<br />

3.3 Die Zusammenarbeit im Rahmen der Amtshilfe<br />

Eine notwendige Zusammenarbeit von örtlichen Rechnungsprüfungen kann im Einzelfall auch im Wege der<br />

Amtshilfe erfolgen (vgl. §§ 4 ff. VwVfG <strong>NRW</strong>). Unter dem Begriff „Amtshilfe“ ist dabei die Vornahme von Handlungen<br />

rechtlicher und tatsächlicher Art auf das Ersuchen einer Behörde durch eine andere Behörde zur Unterstützung<br />

einer Amtshandlung der ersuchenden Behörde im Einzelfall zu verstehen. Die Amtshilfe stellt dabei eine<br />

ergänzende Hilfe für die zuständige örtliche Rechnungsprüfung dar, die von einer anderen örtlichen Rechnungsprüfung<br />

nach dem Gleichordnungsprinzip geleistet wird. In dieser Zusammenarbeit besteht deshalb kein Überund<br />

Unterordnungsverhältnis der Prüfungsinstanzen.<br />

Die Amtshilfe dient dabei der Erleichterung, Beschleunigung und Verbilligung des örtlichen Prüfungsverfahrens<br />

bei der Gemeinde. Im Wege der Amtshilfe kann daher eine auf den Einzelfall beschränkte Aufgabe der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung wahrgenommen werden, z. B. eine Bauprüfung für eine andere Gemeinde. Der beauftragten<br />

örtlichen Rechnungsprüfung können dabei jedoch ggf. Ansprüche aus ihrer Tätigkeit als Auslagenersatz oder<br />

Gebühren zustehen. Die dem Rechnungsprüfungsausschuss gesetzlich übertragenen Prüfungsaufgaben sind<br />

dabei der Erledigung im Wege der Amtshilfe nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz nicht zugänglich.<br />

3.4 Keine sonstige Zusammenarbeit<br />

Eine Erledigung der Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung einer Gemeinde durch eine andere Gemeinde ist<br />

nur in bestimmten Formen vorgesehen. Die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung lassen sich daher nicht<br />

unter den Rahmen einer Vereinbarung nach § 3 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> (zur Effizienzsteigerung) oder nach § 4 Absatz<br />

8 GO <strong>NRW</strong> (Übernahme von Aufgaben anderer Gemeinden) subsumieren. Diese Vorschriften stellen auf<br />

GEMEINDEORDNUNG 989


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

übertragbare gemeindliche Aufgaben ab, die von der Gemeinde für ihre Bürger und Einwohner in Verfolgung<br />

öffentlicher Zwecke wahrzunehmen sind.<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung ist dagegen eine verwaltungsorganisatorische eigene Aufgabe der Gemeinde, die<br />

der internen Kontrolle der eigenen Haushalts- und Wirtschaftsführung der Gemeinde dient. Es ist deshalb auch im<br />

Rahmen des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit nicht möglich, die Aufgabe „Örtliche Rechnungsprüfung“<br />

vollständig an einen Dritten abzugeben und sich der Gesamtverantwortung dafür zu entziehen. Die Gemeinde<br />

kann sich lediglich bei Bedarf in einem beschränkten Rahmen Dritter als Prüfer bedienen (vgl. § 103<br />

Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Sie muss dafür in eigener Verantwortung die notwendigen organisatorischen Rahmenbedingungen<br />

für die Durchführung der Prüfung schaffen.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Pflichtaufgabe örtliche Rechnungsprüfung):<br />

1.0 Die Abgrenzung der Aufgabenträger<br />

Nach der Vorschrift haben kreisfreie Städte, Große und Mittlere kreisangehörige Städte eine örtliche Rechnungsprüfung<br />

einzurichten. Bei der Festlegung der zur Einrichtung einer örtlichen Rechnungsprüfung verpflichteten<br />

Gemeinden ist davon ausgegangen worden, dass die umfangreichen örtlichen Verwaltungsaufgaben, eine eigenständige<br />

Prüfungsinstanz innerhalb der gemeindlichen Verwaltung erfordern. Dieser Prüfungsinstanz obliegen<br />

dabei besondere gesetzlich bestimmte Aufgaben (vgl. § 103 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Abgrenzung der Städte in Nordrhein-Westfalen, die als Große oder Mittlere kreisangehörige Städte gelten,<br />

wird ausgehend von § 4 der Gemeindeordnung im Einzelnen in der Verordnung zur Bestimmung der Großen<br />

kreisangehörigen Städte und der Mittleren kreisangehörigen Städte vorgenommen. In § 1 der Verordnung sind<br />

die Großen kreisangehörigen Städte und in § 2 die Mittleren kreisangehörigen Städte in Nordrhein-Westfalen im<br />

Einzelnen aufgeführt. Es liegt dann in der Eigenverantwortung dieser Städte, ihre örtliche Rechnungsprüfung im<br />

Sinne der einschlägigen Rechtsvorschriften und des Haushaltsrechts weiter auszugestalten.<br />

1.1 Zu Satz 1 (Prüfungspflicht bei Großen und Mittleren kreisangehörigen Städten)<br />

1.1.1 Die Inhalte der Prüfungspflicht<br />

Die Pflicht zur örtlichen Rechnungsprüfung entsteht einerseits aufgrund der Pflicht der Gemeinden zur sparsamen<br />

und wirtschaftlichen Haushaltsführung gemäß § 75 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>. Andererseits entsteht diese Pflicht zudem<br />

aus der Vorgabe zur Aufstellung eines Jahresabschlusses gemäß § 95 GO <strong>NRW</strong>. Mit dem Beschluss über den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss übt der Rat der Gemeinde seine Befugnis als oberstes Kontrollorgan der Gemeinde<br />

über die Ausführung der von ihm durch die jährliche Haushaltssatzung beschlossenen gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft aus. Die Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rat und die Entlastung<br />

des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder ist daher nur zulässig, wenn zuvor eine örtliche Prüfung stattgefunden<br />

hat (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Rat hat sich daher vor seiner Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses nicht nur von der Ordnungsmäßigkeit<br />

des aufgestellten gemeindlichen Jahresabschlusses zu überzeugen, sondern auch vor seiner<br />

Beschlussfassung eine örtliche Prüfung durchführen zu lassen. Die Prüfung hat der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

des Rates (vgl. § 57 i.V.m. § 59 GO <strong>NRW</strong>) unter Beteiligung der örtlichen Rechnungsprüfung durchzuführen.<br />

Die Pflichtaufgabe „Örtliche Rechnungsprüfung“ bringt es dabei mit sich, dass deren Ausübung und Ausge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 990


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

staltung an den örtlichen Verhältnissen zu orientieren ist. Im Rahmen der bestehenden Verantwortung der Gemeinde<br />

können dabei auch Dritte mit der Durchführung der Prüfung beauftragt werden.<br />

1.1.2 Die Ausgestaltung und Ausübung der Prüfungspflicht<br />

Die Pflicht zur örtlichen Rechnungsprüfung ist durch die Einrichtung einer Organisationseinheit „Rechnungsprüfung“<br />

in der Verwaltung der Gemeinde unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten näher auszugestalten<br />

(vgl. §§ 103 und 104 GO <strong>NRW</strong>). Die einzelnen Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung konkretisieren dabei<br />

die Prüfungszwecke sollen eine nicht hinnehmbare Verantwortungslosigkeit im Einzelfall verhindern. Die örtliche<br />

Rechnungsprüfung ist zwar organisatorisch in die gemeindliche Verwaltung eingebunden, gleichwohl nimmt sie<br />

aber aus ihrer unmittelbaren Verantwortung gegenüber dem Rat eine besondere Stellung ein (vgl. § 104 Absatz 1<br />

GO <strong>NRW</strong>). Sie untersteht deshalb keiner anderen Organisationseinheit der gemeindlichen Verwaltung.<br />

Die Ausübung der örtlichen Rechnungsprüfung ist dabei an den nach dem Gesetz zugewiesenen Aufgaben, an<br />

den ggf. vom Rat übertragenen Aufgaben sowie an den Prüfungsaufträgen des Bürgermeisters auszurichten (vgl.<br />

§ 103 Absatz 1 bis 3 GO <strong>NRW</strong>). Diese Gegebenheiten wirken sich organisatorisch als auch auf die erforderliche<br />

Qualifikation der Leitung und der Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung aus und prägen deren Unabhängigkeit<br />

und ihre Sonderstellung. Unberührt von der unabhängigen Stellung innerhalb der gemeindlichen Verwaltung<br />

bleibt die dienstaufsichtliche Stellung des Bürgermeisters gegenüber der Leitung und den Prüfern der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung.<br />

1.1.3 Keine Abgabe der Prüfungsverantwortung<br />

Die Selbstverantwortung und das Erfordernis des ordnungsmäßigen haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinden<br />

lassen es im Grundsatz nicht zu, dass die Gemeinde auf die Aufgabe „örtliche Rechnungsprüfung“ verzichten<br />

kann. Durch die vollständige Abgabe der Prüfungsaufgaben an eine andere Gemeinde würde eine nicht<br />

hinnehmbare Verantwortungslosigkeit entstehen und die Tätigkeit der gewählten Organe dadurch tangieren. Die<br />

Gemeinde kann sich daher von der pflichtigen Aufgabe „Rechnungsprüfung“ nicht zurückziehen. Sie kann sich<br />

auch durch eine Zusammenarbeit mit Dritten nicht aus ihrer Gesamtverantwortung für die örtliche Prüfung selbst<br />

entlassen.<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung muss durch die Gemeinde gewährleistet werden. Bei kreisangehörigen Gemeinden<br />

könnte mit der Beauftragung einer anderen kreisangehörigen Gemeinde sich der oftmals örtlich vorhandene<br />

„Konkurrenzkampf“, z. B. im Bauwesen und bei Gewerbeansiedlungen, auf die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

auswirken. Es würde dann schnell die Frage nach der Verlässlichkeit und Unabhängigkeit der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung entstehen. Eine wirksame örtliche unabhängige Rechnungsprüfung erfordert daher<br />

eine gesetzlich verankerte Stellung innerhalb des Rahmens der gemeindlichen Selbstverwaltung.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Pflicht bei den übrigen kreisangehörigen Gemeinden)<br />

Nach der Vorschrift sollen auch die Gemeinden eine örtliche Rechnungsprüfung einrichten, bei denen keine gesetzliche<br />

Pflicht dafür besteht. Diese Gemeinden haben dazu festzustellen, ob ein Bedürfnis hierfür besteht und<br />

ob die voraussichtlichen Kosten in angemessenem Verhältnis zum Nutzen stehen werden. Für diese gemeindebezogene<br />

Prüfung und Beurteilung bestehen keine landesweit anwendbaren allgemeinen Kriterien. Eine Klärung<br />

des Bedarfs bzw. der Notwendigkeit einer eigenen Rechnungsprüfung ist von der betreffenden Gemeinde ausschließlich<br />

unter örtlichen Gesichtspunkten herbeizuführen. Sie soll zudem auch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

an dieser Prüfung beteiligen. In jeder Gemeinde hat der Rat einen solchen Ausschuss einzurichten, auch<br />

GEMEINDEORDNUNG 991


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

wenn eine Gemeinde nicht in der Verordnung zur Bestimmung der Großen kreisangehörigen Städte und der<br />

Mittleren kreisangehörigen Städte benannt worden ist (vgl. § 57 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei einer kreisangehörigen Gemeinde könnte das Vorliegen eines Bedürfnisses für eine örtliche Rechnungsprüfung<br />

mithilfe des Aufgabenkatalogs für die Rechnungsprüfung geprüft und beurteilt werden (vgl. § 103 Absatz 1<br />

GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde muss für sich feststellen und entscheiden, inwieweit eine laufende Prüfung der Vorgänge<br />

in der Finanzbuchhaltung im Haushaltsjahr sachlich geboten ist. Sie muss dabei auch beurteilen, wie eine<br />

dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde sicherzustellen ist und wie die Prüfung von<br />

Vergaben vor der Auftragsvergabe erfolgen soll. In diesem Zusammenhang bereits von der Gemeinde geprüft<br />

werden, ob ggf. die örtliche Rechnungsprüfung des Kreises die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung der<br />

Gemeinde wahrnehmen soll.<br />

In die örtliche Beurteilung ist auch die Möglichkeit des Rates der Gemeinde, der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

nach § 103 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> Aufgaben übertragen zu können, einzubeziehen. Er kann z. B. die Prüfung der<br />

Verwaltung auf Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit veranlassen oder die Prüfung der Betätigung der Gemeinde<br />

als Gesellschafter, Aktionär oder Mitglied in Gesellschaften und anderen Vereinigungen des privaten Rechts<br />

oder in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts durchführen lassen. Die Möglichkeit des Bürgermeisters<br />

nach § 103 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>, der örtlichen Rechnungsprüfung eigene Prüfungsaufträge, unter Mitteilung an<br />

den Rechnungsprüfungsausschuss erteilen zu können, darf ebenso nicht unberücksichtigt bleiben.<br />

Die Klärung der Frage, ob die Kosten einer örtlichen Rechnungsprüfung in einem angemessenen Verhältnis zum<br />

Nutzen stehen werden, dürfte regelmäßig nur mithilfe eines Vergleichs mit anderen Gemeinden und einem entsprechenden<br />

Informations- bzw. Erfahrungsaustausch herbeigeführt werden können. Die Gemeinde soll dabei<br />

den allgemeinen Haushaltsgrundsatz „Wirtschaftlichkeit“ in ihre Beurteilung einbeziehen. Dazu gehören auch<br />

haushaltswirtschaftliche bzw. finanzwirtschaftliche Betrachtungen, in welchem Umfang bei einem Verzicht auf die<br />

örtliche Rechnungsprüfung dann ggf. Dritte mit Prüfungen beauftragt werden müssen. Bei einem Verzicht auf<br />

eine örtliche Rechnungsprüfung hat der Rechnungsprüfungsausschuss nach § 59 GO <strong>NRW</strong> das Recht, sich zur<br />

Durchführung seiner Aufgaben eines Dritten gem. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> bedienen zu können.<br />

2. Zu Absatz 2 (Örtliche Rechnungsprüfung durch den Kreis):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Erledigung der Prüfungsaufgaben durch den eigenen Kreis):<br />

2.1.1 Die Inhalte der Vereinbarung<br />

2.1.1.1 Die Übertragung sämtlicher Prüfungsaufgaben<br />

Nach dieser Vorschrift kann eine kreisangehörige Gemeinde mit dem Kreis eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung<br />

mit dem Inhalt abschließen, dass die örtliche Rechnungsprüfung des Kreises die Aufgaben der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung einer Gemeinde gegen Kostenerstattung wahrnimmt. Mit dieser gesetzlichen Möglichkeit der<br />

Abgabe der örtlichen Rechnungsprüfung an den eigenen Kreis sollte auch im Prüfungswesen eine leichtere Zusammenarbeit<br />

zwischen dem Kreis und seinen kreisangehörigen Gemeinden sowie ein bedarfsgerechter fachlicher<br />

Informationsaustausch erreicht werden. Die Regelung ist sachlich vertretbar, denn der Kreis übt die allgemeine<br />

staatliche Aufsicht über die kreisangehörigen Gemeinden aus (vgl. §§ 119 ff. GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Vorschrift lässt dabei ausdrücklich eine vollständige Abgabe der gesamten Prüfungstätigkeit der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung auf den Kreis zu. Durch diese Regelung wird der Kreis unter Bezug auf die örtliche Zuständigkeit<br />

ein Dritter, der mit den Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung beauftragt worden ist. Er erhält dadurch<br />

jedoch nicht die rechtliche Stellung eines Dritten, den die Gemeinde entsprechend der Vorschrift des § 103 Absatz<br />

1 GO <strong>NRW</strong> mit der Durchführung von Prüfungsaufgaben beauftragt hat, z. B. die Prüfung des gemeindli-<br />

GEMEINDEORDNUNG 992


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

chen Jahresabschlusses. Grundsätzlich kann deshalb davon ausgegangen werden, dass ab der Aufgabenübertragung<br />

auf den Kreis nach dieser Vorschrift die Gemeinde nicht mehr über eine entsprechende Organisationseinheit<br />

in ihrer Verwaltung verfügen muss.<br />

2.1.1.2 Keine Übertragung der Gesamtverantwortung<br />

Die kreisangehörige Gemeinde kann sich durch eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit dem eigenen Kreis<br />

aus der Durchführung von Prüfungsaufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung vollständig zurückziehen. Sie kann<br />

sich jedoch durch eine solche Vereinbarung nicht aus ihrer Gesamtverantwortung für das haushaltswirtschaftliche<br />

Handeln und damit auch nicht aus ihrer Gesamtverantwortung für die Durchführung der Prüfung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft selbst entlassen.<br />

Die Gemeinde trägt auch bei einer vollständigen Erledigung der örtlichen Rechnungsprüfung durch den eigenen<br />

Kreis aus Gründen der Selbstverwaltung weiter die Gesamtverantwortung. Sie ist wegen des Erfordernisses des<br />

ordnungsmäßigen haushaltswirtschaftlichen Handelns mitverantwortlich für das Prüfungsgeschehen und das<br />

Prüfungsergebnis. Die engen Verflechtungen zwischen dem Rat und der gemeindlichen Verwaltung werden<br />

durch das geänderte Prüfungsverfahren, z. B. für den gemeindlichen Jahresabschluss nicht beeinträchtigt. Durch<br />

die Erledigung der örtlichen Rechnungsprüfung durch den eigenen Kreis darf daher auch die Tätigkeit der gewählten<br />

Organe der Gemeinde nicht tangiert werden.<br />

2.1.2 Der Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung<br />

2.1.2.1 Allgemeine Vorgaben<br />

Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Gemeinden im Rahmen ihrer örtlichen Rechnungsprüfung sind gesetzlich<br />

abschließend bestimmt worden. Durch den Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung der kreisangehörigen<br />

Gemeinde mit dem Kreis kann die örtliche Rechnungsprüfung des Kreises die Rechnungsprüfung<br />

bei der Gemeinde wahrnehmen. Mit In-Kraft-Treten der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung übernimmt der Kreis<br />

die örtliche Rechnungsprüfung der Gemeinde in seine Zuständigkeit, sodass das Recht und die Pflicht zur Erfüllung<br />

dieser Aufgabe auf den Kreis übergehen.<br />

In dieser Vereinbarung sollte sich die Gemeinde ein Mitwirkungsrecht bei der Erfüllung oder Durchführung der<br />

Aufgaben einräumen lassen und die Beteiligung ihres Rechnungsprüfungsausschusses festlegen. Die Vereinbarung<br />

muss zudem eine angemessene Kostenerstattung bzw. Entschädigung vorsehen. Diese Kostenerstattung<br />

sollte i.d.R. so bemessen sein, dass die durch die Übernahme oder Durchführung der Prüfung auf den Kreis die<br />

entstehenden Kosten gedeckt werden können. Die Vereinbarung sollte zudem eine Geltungsdauer aufweisen<br />

deren vorzeitige Auflösung regeln. Es sollte auch festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen und in welcher<br />

Form eine Kündigung durch die Beteiligten möglich ist.<br />

2.1.2.2 Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung und Vergaberecht<br />

Die Übertragung von Prüfungen gemeindlicher Sachverhalte auf Dritte durch eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung<br />

stellt einen öffentlichen Auftrag der Gemeinde dar. Ein solcher gemeindlicher Auftrag unterliegt grundsätzlich<br />

dem Vergaberecht, sofern keine besonderen Ausnahmetatbestände vorliegen (vgl. § 25 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die<br />

Übertragung der örtlichen Rechnungsprüfung an den eigenen Kreis erfordert als Vertragsform ebenfalls eine<br />

öffentlich-rechtliche Vereinbarung. Gleichwohl ist für die Anwendung des Vergaberechts nicht allein der vorgesehene<br />

Abschluss ausschlaggebend, sondern eine mögliche Auswahl zwischen den Auftragnehmern. Sofern von<br />

einer kreisangehörigen Gemeinde eine Vereinbarung über bestimmte Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

GEMEINDEORDNUNG 993


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

mit einem anderen Kreis als dem eigenen getroffen, kann eine solche Auftragsvergabe nur auf der Grundlage des<br />

§ 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> erfolgen. Sie unterliegt dann den allgemeinen Bestimmungen des Vergaberechts.<br />

Vorrangig kann für die Gemeinde kann nach der Vorschrift jedoch nur der Kreis als Vertragspartner in Betracht<br />

kommen, dem die Gemeinde verfassungsmäßig angehört. Die ausdrückliche Wortwahl in der Vorschrift „mit dem<br />

Kreis“ beinhaltet daher eine gesetzliche Beschränkung. Diese gesetzliche Beschränkung stellt vergaberechtlich<br />

einen Ausnahmetatbestand dar, der dazu führt, dass vor der Aufgabenübertragung durch die kreisangehörige<br />

Gemeinde ein Vergabeverfahren nicht erforderlich bzw. der Verzicht darauf zulässig ist. In diesen Fällen steht die<br />

Beauftragung des Kreises zur Erledigung von Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung nicht für den allgemeinen<br />

Wettbewerb offen, weil die beauftragende Gemeinde verfassungsmäßig dem Kreis angehört..<br />

2.1.2.3 Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung und Verfahren nach GkG<br />

Eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung der Gemeinde wird i.d.R. auf der Grundlage des Gesetzes über kommunale<br />

Gemeinschaftsarbeit (GkG) abgeschlossen. Derartige Vereinbarungen unterliegen daher den Verfahrensvorschriften<br />

des GkG und bedürfen einer Genehmigung und der Bekanntmachung (vgl. § 24 Absatz 2 und 3 GkG.<br />

Diese Vorgaben sind von der Gemeinde zu beachten, wenn sie gemeindliche Aufgaben nach den §§ 2 und 3 GO<br />

<strong>NRW</strong> auf den Kreis übertragen will. Die örtliche Rechnungsprüfung ist jedoch keine solche Aufgabe. Beim Abschluss<br />

einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit dem Kreis über die Durchführung der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

finden daher die Vorschrift des § 4 Absatz 8 Satz 1 Buchstabe b) GO <strong>NRW</strong> und auch die Vorschriften des<br />

GkG keine Anwendung.<br />

Eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Übernahme von Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung durch<br />

den Kreis auf der Grundlage des § 102 GO <strong>NRW</strong> stellt deshalb keine Vereinbarung dar, die den Verfahrensvorschriften<br />

des GkG unterliegt. Für diesen Fall fehlt es in der Vorschrift der Gemeindeordnung an einem ausdrücklichen<br />

Verweis auf die Anwendung der Vorschriften des vierten Teils des GkG. Die Übertragung der gemeindlichen<br />

Aufgabe „Rechnungsprüfung“ im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung von einer kreisangehörigen<br />

Gemeinde auf ihren eigenen Kreis bedarf daher keiner Genehmigung und auch keiner Bekanntmachung (vgl. §<br />

24 Absatz 2 und 3 GkG.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Übertragung einzelner Prüfungsaufgaben auf den eigenen Kreis):<br />

Nach der Vorschrift kann die öffentlich-rechtliche Vereinbarung der kreisangehörigen Gemeinde mit dem Kreis<br />

auch vorsehen, dass die Rechnungsprüfung des Kreises nur einzelne Aufgabengebiete der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

in der Gemeinde wahrnimmt. In diesem Zusammenhang wird zwar statt des gegenständlichen Begriffes<br />

„Aufgaben“ aus Satz 1 der Vorschrift nunmehr der aufgabenbereichsbezogene Begriff „Aufgabengebiete“ benutzt.<br />

Dieser Begriff stellt jedoch inhaltlich keine grundlegende Abweichung vom Begriff „Aufgaben“ dar. Mit seiner Verwendung<br />

soll nur verdeutlicht werden, dass auch einzelne Prüfungstätigkeiten oder abgrenzbare sachbezogene<br />

Prüfungsgebiete bzw. fachbezogene Arbeitsgebiete zum Gegenstand der Übertragung von Prüfungsaufgaben<br />

gemacht werden können.<br />

Die Durchführung einzelner Prüfungsaufgaben durch den Kreis, dem die Gemeinde verfassungsmäßig angehört,<br />

entbindet die kreisangehörige Gemeinde nicht aus ihrer Gesamtverantwortung für die örtliche Rechnungsprüfung<br />

vor Ort bzw. sie kann sich daraus nicht entlassen. Die Verantwortung der Gemeinde bringt es vielmehr auch mit<br />

sich, dass entsprechend der Inanspruchnahme des Kreises auch eine Kostenerstattung in der Vereinbarung<br />

zwischen der kreisangehörigen Gemeinde und dem Kreis vorgesehen sein muss. Eine solche Entgeltregelung<br />

bietet keinen ausreichenden Anlass, dass dadurch die Pflicht für ein Vergabeverfahren entstehen würde.<br />

GEMEINDEORDNUNG 994


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

2.3 Zu Satz 3 (Rechnungsprüfungsausschuss und örtliche Rechnungsprüfung des Kreises):<br />

2.3.1 Der Rechnungsprüfungsausschuss nach § 57 i.V.m. § 59 GO <strong>NRW</strong><br />

In jeder Gemeinde muss der Rat einen Rechnungsprüfungsausschuss bilden (vgl. § 57 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Dieser<br />

Ausschuss hat den gesetzlichen Auftrag, den Jahresabschluss und den Gesamtabschluss der Gemeinde zu<br />

prüfen (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Dazu wird zusätzlich bestimmt, dass der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

sich bei der Erledigung seiner Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung bedient. Er kann sich dann Dritter gem.<br />

§ 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> bedienen, wenn in der Gemeinde keine örtliche Rechnungsprüfung besteht (vgl. § 59<br />

Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>. Aufgrund dieser gesetzlichen Vorgaben obliegt dem örtlichen Rechnungsprüfungsausschuss<br />

unmittelbar eine eigenständige und eigenverantwortliche Prüfungstätigkeit, die zur Erhöhung der Effektivität<br />

und Effizienz der Arbeit des Rates der Gemeinde beitragen soll.<br />

2.3.2 Die Heranziehung der örtlichen Rechnungsprüfung des Kreises<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss der Gemeinde kann sich bei der Erfüllung seiner Prüfungsaufgaben der<br />

Rechnungsprüfung des Kreises bedienen, soweit die örtliche Rechnungsprüfung des Kreises die Rechnungsprüfung<br />

in der Gemeinde wahrnimmt. Die Gesamtverantwortung der Gemeinde muss dabei ein Anlass sein, auch die<br />

verfahrensmäßige Abwicklung der Prüfung, einschließlich der Einbindung der gemeindlichen Verwaltung in das<br />

Verfahren sowie der Präsentation des Prüfungsergebnisses im Rat, in der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung<br />

eigenverantwortlich zu regeln.<br />

In den Fällen, in denen nur einzelne Prüfungsaufgaben bei der Gemeinde durch die örtliche Rechnungsprüfung<br />

des Kreises erledigt werden, erfordert dieses ein ausgeprägtes Zusammenspiel zwischen der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

des Kreises und der örtlichen Rechnungsprüfung der Gemeinde. In diesen Fällen muss sich der<br />

Rechnungsprüfungsausschuss zur Erledigung seiner Aufgaben beider Einrichtungen gleichzeitig bedienen. Es<br />

bietet sich ggf. eine Absprache an, dass die örtliche Rechnungsprüfung alleine unmittelbarer Ansprechpartner<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses ist und nur bei weiterem Abstimmungsbedarf auch die örtliche Rechnungsprüfung<br />

des Kreises hinzugezogen wird.<br />

3. Zu Absatz 3 (Verzicht auf die örtliche Rechnungsprüfung):<br />

Nach dieser Vorschrift werden die Großen und die Mittleren kreisangehörigen Städte, die nach Absatz 1 der Vorschrift<br />

eine örtliche Rechnungsprüfung einzurichten haben, von dieser Verpflichtung entbunden, wenn die örtliche<br />

Rechnungsprüfung ihres Kreises diese Aufgabe an ihrer Stelle wahrnimmt. Vor dem Abschluss einer Vereinbarung<br />

mit dem Kreis sollte daher in die Abwägung über die Art und den Umfang der Aufgabenerledigung u.a. einbezogen<br />

werden, ob nicht wegen besonderer örtlicher Gegebenheiten oder Aufgaben gleichwohl noch ein Bedürfnis<br />

für eine eigene örtliche Rechnungsprüfung besteht. Auch ein Vergleich, ob bei einer Erledigung der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung durch Dritte die Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen, kann zu<br />

einer sachgerechten Entscheidungsfindung beitragen.<br />

Die Aufgabenübertragung an den eigenen Kreis muss durch eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung im Sinne des<br />

§ 102 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> erfolgen. Sie sollte auch Regelungen enthalten, um im Einzelfall oder bei örtlichem<br />

Bedarf von der Vereinbarung ganz oder teilweise zurücktreten zu können. Eine kreisangehörige Gemeinde kann<br />

sich durch eine solche öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit dem eigenen Kreis nach dieser Vorschrift aus der<br />

eigenen Durchführung von Prüfungsaufgaben zurückziehen. Sie kann sich aber nicht aus ihrer Verantwortung für<br />

das haushaltswirtschaftliche Handeln und damit auch nicht aus ihrer Gesamtverantwortung für die Prüfung der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft selbst entlassen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 995


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 102 GO <strong>NRW</strong><br />

Aus Gründen der Selbstverantwortung und dem Erfordernis des ordnungsmäßigen Handelns der Gemeinde darf<br />

daher auch bei einer vollständigen Erledigung von Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung durch den eigenen<br />

Kreis keine nicht hinnehmbare Verantwortungslosigkeit entstehen. Durch einen Verzicht auf örtliche Rechnungs-<br />

prüfung darf zudem auch die Tätigkeit der gewählten Organe der Gemeinde nicht tangiert werden. Die Informationsmöglichkeiten<br />

müssen uneingeschränkt verfügbar sein.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 996


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 103<br />

Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

(1) 1 Die örtliche Rechnungsprüfung hat folgende Aufgaben:<br />

1. die Prüfung des Jahresabschlusses der Gemeinde,<br />

2. die Prüfung der Jahresabschlüsse der in § 97 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4 benannten Sondervermögen,<br />

3. die Prüfung des Gesamtabschlusses,<br />

4. die laufende Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung zur Vorbereitung der Prüfung des Jahresabschlusses,<br />

5. die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde und ihrer Sondervermögen sowie die<br />

Vornahme der Prüfungen,<br />

6. bei Durchführung der Finanzbuchhaltung mit Hilfe automatisierter Datenverarbeitung (DV-Buchführung) der<br />

Gemeinde und ihrer Sondervermögen die Prüfung der Programme vor ihrer Anwendung,<br />

7. die Prüfung der Finanzvorfälle gemäß § 100 Abs. 4 der Landeshaushaltsordnung,<br />

8. die Prüfung von Vergaben.<br />

2<br />

In die Prüfung des Jahresabschlusses nach Nummer 1 sind die Entscheidungen und Verwaltungsvorgänge aus<br />

delegierten Aufgaben auch dann einzubeziehen, wenn die Zahlungsvorgänge selbst durch den Träger der Aufgabe<br />

vorgenommen werden und insgesamt finanziell von erheblicher Bedeutung sind.<br />

(2) Der Rat kann der örtlichen Rechnungsprüfung weitere Aufgaben übertragen, insbesondere<br />

1. die Prüfung der Verwaltung auf Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit,<br />

2. die Prüfung der Betätigung der Gemeinde als Gesellschafter, Aktionär oder Mitglied in Gesellschaften und<br />

anderen Vereinigungen des privaten Rechts oder in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß<br />

§ 114a sowie die Buch- und Betriebsprüfung, die sich die Gemeinde bei einer Beteiligung, bei der Hingabe<br />

eines Darlehens oder sonst vorbehalten hat.<br />

(3) Der Bürgermeister kann innerhalb seines Amtsbereichs unter Mitteilung an den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung Aufträge zur Prüfung erteilen.<br />

(4) 1 Der Prüfer kann für die Durchführung seiner Prüfung nach den Absätzen 1 bis 3 Aufklärung und Nachweise<br />

verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind. 2 Der Prüfer hat die Rechte nach Satz 1 auch gegenüber<br />

den Abschlussprüfern der verselbstständigten Aufgabenbereiche.<br />

(5) Die örtliche Rechnungsprüfung kann sich mit Zustimmung des Rechnungsprüfungsausschusses Dritter als<br />

Prüfer bedienen.<br />

(6) Bei den Aufgaben nach § 103 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 haben die Prüfer im Rahmen ihrer Prüfung einen Bestätigungsvermerk<br />

oder einen Vermerk über seine Versagung nach § 101 Abs. 3 bis 7 abzugeben.<br />

(7) 1 Ein Dritter darf nicht Prüfer sein,<br />

1. wenn er Mitglied des Rates, Angehöriger des Bürgermeisters, des Kämmerers oder des Verantwortlichen für<br />

die Zahlungsabwicklung oder seines Stellvertreters ist,<br />

2. wenn er Beschäftigter der verselbstständigten Aufgabenbereiche der Gemeinde ist, die in öffentlichrechtlicher<br />

oder privatrechtlicher Form geführt werden, oder diesen in den letzten drei Jahren vor der Bestellung<br />

als Prüfer angehört hat,<br />

3. wenn er in den letzten fünf Jahren mehr als dreißig vom Hundert der Gesamteinnahmen aus seiner beruflichen<br />

Tätigkeit aus der Prüfung und Beratung der zu prüfenden Gemeinde und der verselbstständigten Aufgabenbereiche<br />

der Gemeinde, die in öffentlich-rechtlicher oder in privatrechtlicher Form geführt werden, bezogen<br />

hat und dies auch im laufenden Jahr zu erwarten ist. Verselbstständigte Aufgabenbereiche der Gemeinde<br />

in privatrechtlicher Form müssen nur einbezogen werden, wenn die Gemeinde mehr als zwanzig<br />

vom Hundert der Anteile daran besitzt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 997


2 § 104 Abs. 4 gilt entsprechend.<br />

Erläuterungen zu § 103:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

1.1 Die gesetzlichen Pflichtaufgaben<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Vorschrift enthält ergänzend zur Aufgabenzuweisung die gesetzlich bestimmten Pflichtaufgaben der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung unter Berücksichtigung der gesamten gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Im Sinne dieser<br />

Vorschrift sind dabei unter dem Begriff „Prüfung“ die Tätigkeiten zu verstehen, die als Überwachungsmaßnahmen<br />

unabhängig von den Arbeitsabläufen in der gemeindlichen Verwaltung vorgenommen werden. Durch die förmliche,<br />

sachliche und rechnerische Prüfung soll festgestellt werden, ob das wirtschaftliche Handeln der Gemeinde in<br />

geeigneter Weise erfolgt.<br />

Der örtlichen Rechnungsprüfung wird daher vom Gesetzgeber eine Vielzahl von Prüfungsaufgaben zugewiesen,<br />

die bedeutend für das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde sind. Im NKF kommt dabei der Prüfung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses eine erhebliche Relevanz zu, weil diese das<br />

Ergebnis des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde im abgelaufenen Haushaltsjahr und den auf den<br />

Abschlussstichtag bezogenen Stand des gemeindlichen Vermögens und der Schulden aufzuzeigen haben. Diese<br />

Abschlüsse werden zudem durch die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft genutzt, die wirtschaftliche<br />

Lage der Gemeinde und ihre künftige Entwicklung zu beurteilen.<br />

Für den gemeindlichen Geschäftsprozess und die Ordnungsmäßigkeit des gemeindlichen Handelns ist aber auch<br />

die "interne" Prüfung nicht unbedeutend. Vom Gesetzgeber werden dabei die laufende Prüfung der Vorgänge in<br />

der Finanzbuchhaltung, die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde und die Prüfung von<br />

Vergaben besonders hervorgehoben. Er misst auch der Informationstechnik eine erhebliche Bedeutung bei, sodass<br />

er ausdrücklich von der Gemeinde verlangt, bei Durchführung der Finanzbuchhaltung mithilfe automatisierter<br />

Datenverarbeitung (DV-Buchführung) nur geprüfte Programme einzusetzen.<br />

Mit den gesetzlich bestimmten Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung wird das Ziel der Sicherstellung von<br />

Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit, ggf. auch von Zweckmäßigkeit, bei der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

verfolgt. Die Prüfungsaufgaben bei der Rechnungsprüfung beinhalten dabei auch die Prüfung der<br />

Einhaltung der gemeindlichen Haushaltsgrundsätze, z. B. den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit<br />

oder die (vgl. § 75 Absatz 1 und § 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei diesem Rahmen der Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung ist es unerheblich, ob die Gemeinde zur Einrichtung<br />

einer örtlichen Rechnungsprüfung gesetzlich verpflichtet ist oder diese freiwillig eingerichtet hat. Sie<br />

muss zudem eigenverantwortlich die Art und die Zeitpunkte der Prüfung festlegen. Die örtliche Rechnungsprüfung<br />

sollte nicht erst zu einem Zeitpunkt aktiv werden, zu dem Verwaltungsentscheidungen kaum noch umkehrbar<br />

sind. Es ist deshalb möglichst auch eine „begleitende“ Prüfung vorzunehmen.<br />

1.2 Die Prioritätensetzung für die Aufgabenerfüllung<br />

Der Aufbau der Vorschrift stellt eine sachliche Prioritätensetzung hinsichtlich der Vielzahl der Aufgaben dar, die<br />

von der örtlichen Rechnungsprüfung zu erfüllen sind. Der Gesetzgeber misst den gesetzlich bestimmten Prüfungsaufgaben<br />

eine erhebliche Bedeutung für die gemeindliche Haushaltswirtschaft und eine entsprechende<br />

GEMEINDEORDNUNG 998


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Priorität zu. Diese Prüfungsaufgaben werden zur Kontrolle des ordnungsmäßigen Verwaltungshandelns der Gemeinde<br />

als unverzichtbar angesehen. Bei der Benennung weiterer Prüfungsaufgaben wird die Stellung der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung zum Rat der Gemeinde berücksichtigt (vgl. § 104 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Der Rat kann<br />

daher vor dem Bürgermeister der örtlichen Rechnungsprüfung zusätzlich zu den gesetzlichen Aufgaben örtliche<br />

Prüfungsaufgaben übertragen. Diese Aufgabenübertragung durch den Rat darf aber nicht zu Einschränkungen<br />

bei der Erledigung der gesetzlichen Prüfungsaufgaben führen.<br />

Dem Bürgermeister steht dabei das Recht zu, der örtlichen Rechnungsprüfung einzelne Prüfungsaufträge zu<br />

erteilen. Er muss aber bei einer Beauftragung beachten, dass seine Prüfungsaufträge nachrangig gegenüber den<br />

gesetzlichen Aufgaben und der Aufgabenübertragung durch den Rat sind und er darüber den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

informieren muss. Die sachliche Prioritätensetzung enthält für den Bürgermeister nicht das<br />

Recht, der örtlichen Rechnungsprüfung besondere (neue) Prüfungsaufgaben zu übertragen. Er darf der Rechnungsprüfung<br />

lediglich einzelne Prüfungsaufträge erteilen. Die örtliche Rechnungsprüfung muss diese gesetzliche<br />

Prioritätensetzung bei ihrer Aufgabenerfüllung berücksichtigen. Insgesamt muss die örtliche Rechnungsprüfung<br />

den nachfolgend aufgezeigten Arbeitsumfang bei ihrer Prüfungsplanung berücksichtigen (vgl. Abbildung).<br />

Die Auftraggeber der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

AUFTRAGGEBER<br />

Der Gesetzgeber<br />

des gemeindlichen<br />

Haushaltsrechts<br />

(§ 103 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>)<br />

Der Rat der Gemeinde<br />

(§ 103 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>)<br />

Der Bürgermeister<br />

(§ 103 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>)<br />

GEMEINDEORDNUNG 999<br />

AUFGABENUMFANG<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung hat folgende Aufgaben:<br />

- die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses,<br />

- die Prüfung der Jahresabschlüsse der in § 97 Absatz 1<br />

Nummern 1, 2 und 4 GO <strong>NRW</strong> benannten Sondervermögen<br />

der Gemeinde,<br />

- die Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses,<br />

- die laufende Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung<br />

der Gemeinde,<br />

- die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung der<br />

Gemeinde und ihrer Sondervermögen sowie die Vornahme<br />

der Prüfungen,<br />

- bei Durchführung der Finanzbuchhaltung mit Hilfe automatisierter<br />

Datenverarbeitung (DV-Buchführung) der<br />

Gemeinde und ihrer Sondervermögen die Prüfung der<br />

Programme vor ihrer Anwendung,<br />

- die Prüfung der Finanzvorfälle gemäß § 100 Absatz 4 der<br />

Landeshaushaltsordnung,<br />

- die Prüfung von Vergaben.<br />

Der Rat kann der örtlichen Rechnungsprüfung weitere Aufgaben<br />

übertragen, z. B.:<br />

- die Prüfung der Verwaltung auf Zweckmäßigkeit und<br />

Wirtschaftlichkeit,<br />

- die Prüfung der Betätigung der Gemeinde als Gesellschafter,<br />

Aktionär oder Mitglied in Gesellschaften und<br />

anderen Vereinigungen des privaten Rechts oder in der<br />

Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß §<br />

114a sowie die Buch- und Betriebsprüfung, die sich die<br />

Gemeinde bei einer Beteiligung, bei der Hingabe eines<br />

Darlehens oder sonst vorbehalten hat,<br />

- weitere örtlich geprägte Prüfungsaufgaben.<br />

Der Bürgermeister kann innerhalb seines Amtsbereichs der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung besondere Prüfungsaufträge<br />

erteilen, z. B.:<br />

- aus Anlass von Rechtsverstößen,<br />

- aus Anlass von Schadensfällen,<br />

- aus Anlass erhaltener Zuwendungen,<br />

- aus sonstigen örtlichen Anlässen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Auftraggeber der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

AUFTRAGGEBER<br />

Andere Gesetzgeber<br />

(Land, Bund, EU)<br />

GEMEINDEORDNUNG 1000<br />

AUFGABENUMFANG<br />

Prüfungs- oder Kontrollaufgaben durch Fachgesetze oder<br />

andere rechtliche Vorschriften, z. B.:<br />

- durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz,<br />

- Kontrolle von Ausgleichszahlungen nach Europarecht,<br />

Abbildung 200 „Die Auftraggeber der örtlichen Rechnungsprüfung“<br />

Im Rahmen ihrer Aufgaben haben die Prüfer grundsätzlich die Art und den Umfang der erforderlichen Prüfungshandlungen<br />

eigenverantwortlich nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen unter Berücksichtigung der Gegebenheiten<br />

bei der Gemeinde und in Kenntnis der Aufgabenerfüllung der Gemeinde sorgfältig zu bestimmen. Ohne solide<br />

Kenntnisse des gemeindlichen Geschehens ist z. B. eine Jahresabschlussprüfung mit der Feststellung, dass der<br />

Jahresabschluss ein wirtschaftlich zutreffendes Ergebnis der Gemeinde vermittelt, nicht zu erfüllen. Die Prüfungen<br />

sind daher so vorzunehmen, dass von den Prüfern die Prüfungsaussagen mit hinreichender Sicherheit getroffen<br />

werden können.<br />

Die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung haben außerdem zu berücksichtigen, dass die Gemeinde mit ihrer<br />

Aufgabenerfüllung und Verwaltung als eine einzige Einheit bzw. Gesamtheit zu betrachten ist, bei der regelmäßig<br />

eine hohe fachliche und technische Komplexität vorherrscht. Solche örtlichen Gegebenheiten sind regelmäßig in<br />

die Beurteilung einzubeziehen, damit die örtliche wirtschaftliche Situation zum Abschlussstichtag zutreffend durch<br />

den Bestätigungs- oder den Versagungsvermerk zum Ausdruck kommt. Insbesondere bei der Prüfung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses gewinnt die "Einheitstheorie" an erheblicher Bedeutung.<br />

1.3 Besondere örtliche Prüfungsaufgaben<br />

Die Vorschrift lässt die Übertragung von Prüfungsaufgaben durch den Rat der Gemeinde und die Erteilung von<br />

Prüfungsaufträgen durch den Bürgermeister an die örtliche Rechnungsprüfung zu. Hinsichtlich der Aufgabenübertragung<br />

wird dabei besonders die Prüfung der gemeindlichen Verwaltung auf Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit<br />

hervorgehoben. Die beiden Begriffe sind hierbei eigenständige Prüfungsgegenstände und stehen in einem<br />

unmittelbaren Zusammenhang mit der Übertragung von Prüfungsaufgaben durch den Rat der Gemeinde.<br />

Bei der Prüfung muss daher berücksichtigt werden, dass die Anwendung der Begriffe sich ausschließlich und<br />

insgesamt auf das allgemeine Verwaltungshandeln der Gemeinde bezieht und nicht auf den Haushaltsgrundsatz<br />

der Wirtschaftlichkeit reduziert ist (vgl. § 75 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die örtliche Rechnungsprüfung muss<br />

daher nicht nur die komplexen Verfahren in der gemeindlichen Verwaltung überblicken, sondern selbst zeitgemäße,<br />

sachlich und fachlich zweckmäßige Handlungsweisen erarbeiten und anwenden, um solche besonderen<br />

Prüfungsaufgaben bewältigen zu können. Die Verwendung des Begriffs soll deshalb auch nicht die gesetzlichen<br />

Prüfungsaufgaben zur gemeindlichen Haushaltswirtschaft vervollständigen.<br />

1.4 Weitere fachliche Prüfungsaufgaben<br />

1.4.1 Die Aufgaben nach Landesrecht<br />

1.4.1.1 Die Aufgaben außerhalb der Gemeindeordnung<br />

Die tatsächlichen Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung gehen insgesamt weit über die Prüfungsaufgaben in<br />

der Gemeindeordnung hinaus. Vielfach werden der örtlichen Rechnungsprüfung besondere Prüfungs- oder Kon-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

trollaufgaben durch Fachgesetze oder sonstige rechtliche Vorschriften des Landes zugewiesen, z. B. durch das<br />

Korruptionsbekämpfungsgesetz. Die fachlichen Prüfungsanforderungen bedingen dabei, das Anforderungsprofil<br />

an die Aufgabenerledigung der örtlichen Rechnungsprüfung und an deren Prüfer anzupassen und weiter zu entwickeln.<br />

Die Ausweitung der Aufgaben erfordert dabei eine Erhöhung der Anzahl der Prüfer, wenn nicht in Zusammenarbeit<br />

mit anderen örtlichen Rechnungsprüfungen oder durch eine Beauftragung Dritter die Prüfungsaufgaben<br />

erledigt werden können.<br />

1.4.1.2 Die Aufgaben nach dem Korruptionsbekämpfungsgesetz<br />

Der örtlichen Rechnungsprüfung ist durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz zur Prüfeinrichtung in ihrem Zuständigkeitsbereich<br />

bestimmt worden (vgl. § 2 Absatz 1 KorruptionsbG). Ihr obliegt damit die Aufgabe, in allen<br />

Bereichen der gemeindlichen Verwaltung die getroffenen Vorkehrungen zu prüfen, um Korruptionsfälle nicht<br />

eintreten zu lassen. Über den Umfang und die Art der Prüfungsdurchführung sowie das Zusammenspiel mit der<br />

Erfüllung anderer Prüfungsaufgaben entscheidet dabei die örtliche Rechnungsprüfung in eigener Verantwortung,<br />

denn sie unterliegt keinen fachlichen Weisungen (vgl. § 104 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Zur Korruptionsbekämpfung gehört auch, dass die Gemeinde im Rahmen ihrer Auftragsvergaben die Vergabe<br />

von Aufträgen der örtlichen Rechnungsprüfung und der Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> anzuzeigen hat, deren<br />

Wert den Betrag von 200.000 Euro übersteigt und die keine Inhousegeschäfte der Gemeinde darstellen (vgl. § 16<br />

Absatz 1 KorruptionsbG). Eine solche Anzeigepflicht besteht entsprechend bei gemeindlichen Vermögensveräußerungen.<br />

In solchen Fällen sind der gemeindlichen Anzeige eine Liste der Angebote aller Bieterinnen und Bieter<br />

sowie Bewerberinnen und Bewerber mit Namen und Preis sowie die Auswahlentscheidung der Gemeinde einschließlich<br />

einer Begründung beizufügen. Die beiden genannten Prüfungseinrichtungen sind im Rahmen ihrer<br />

Zuständigkeit untereinander auskunftsverpflichtet.<br />

1.4.2 Die Aufgaben nach Bundesrecht<br />

Der örtlichen Rechnungsprüfung obliegen vielfach auch Prüfungsaufgaben, die durch Bundesrecht bestimmt<br />

worden sind und bei denen eine Umsetzung durch das Land bzw. seine Gemeinden verlangt wird. Oftmals soll im<br />

Rahmen des Verwendungsnachweises der Gemeinde die örtliche Rechnungsprüfung die darin enthaltenen Aussagen<br />

zur zweckentsprechenden Verwendung von Fördermitteln zusätzlich bestätigen. Diese Tätigkeit der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung stellt nach außen jedoch nur eine „interne Vorprüfung“ durch die Gemeinde dar. In solchen<br />

Fällen stellt die Tätigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung daher keine verwaltungsmäßige Prüfung des<br />

Verwendungsnachweises im Zuwendungsverfahren dar.<br />

Diese Prüfung obliegt der Bewilligungsbehörde im Rahmen des ihr vom Zuwendungsempfänger vorzulegenden<br />

Verwendungsnachweises (vgl. Nummer 11 der VVG zu § 44 LHO <strong>NRW</strong>). Die Tätigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

kann in diesem Zusammenhang der laufenden Prüfung der Vorgänge in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung<br />

zugerechnet (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong>). Sie kann bei einer fachbezogenen Prüfung als<br />

Umsetzung eines Auftrages des Bürgermeisters behandelt werden, denn der Bürgermeister ist in solchen Fällen<br />

auch der Zuwendungsempfänger gegenüber dem Dritten als Zuwendungsgeber.<br />

Der Adressat einer Bestätigung, dass von der Gemeinde die Förderbestimmungen eingehalten und die Zuwendungsmittel<br />

zweckentsprechend verwendet worden sind, kann daher grundsätzlich nur der Bürgermeister sein,<br />

der eine solche gesonderte Bestätigung im Rahmen seiner Verwendungsnachweisführung vorzulegen hat. Die<br />

örtliche Rechnungsprüfung kann dabei nur als eine nach innen wirkende Stelle angesehen werden. Diese Stelle<br />

darf daher eine Bestätigung im Rahmen der Zuwendungsgewährung nicht neben dem Bürgermeister als Vertreter<br />

der Gemeinde unmittelbar nach außen abgeben. Eine solche von der örtlichen Rechnungsprüfung gewünschte<br />

Prüfung und Bestätigung ist daher auch nicht als Vorprüfung im Sinne der Prüfung der Finanzvorfälle nach Lan-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1001


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

deshaushaltsrecht anzusehen (vgl. § 100 Absatz 4 LHO <strong>NRW</strong>). Sie wurde gesetzlich als Aufgabe der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung bestimmt (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.4.3 Die Aufgaben nach Europarecht<br />

Die Kontrolle von Ausgleichszahlungen der Gemeinde an einen gemeindlichen Betrieb ist eine Aufgabe der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung nach europäischem Recht. Nach Artikel 87-89 EG-Vertrag sind vorbehaltlich abweichender<br />

Bestimmungen des Vertrages "staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher<br />

Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen<br />

oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten<br />

beeinträchtigen". Es soll deshalb eine Beihilfenkontrolle stattfinden, um faire Wettbewerbsbedingungen im<br />

Europäischen Binnenmarkt sicherzustellen. Dabei muss ein sachgerechter Ausgleich mit der im europäischen<br />

Recht anerkannten Funktion der Mitgliedstaaten zu Leistung und Ausgestaltung der Daseinsvorsorge (Dienstleistungen<br />

von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse) herbeigeführt werden.<br />

Bei den nach Artikel 6 der Freistellungsentscheidung der Kommission vom 28. November 2005 (2005/842 EG)<br />

vorzunehmenden regelmäßigen Kontrollen ist zu prüfen, ob eine unzulässige Ausgleichszahlung durch die Gemeinde<br />

gewährt worden ist. Die im Rahmen der regelmäßigen Kontrollen zu treffende Entscheidung über die<br />

Zulässigkeit der Ausgleichszahlung ist von der gewährenden und nicht von der empfangenden Stelle vorzunehmen.<br />

Die Gemeinden haben die regelmäßigen Kontrollen durchzuführen. Die örtliche Rechnungsprüfung kann<br />

dabei im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben eine Kontrolle im Sinne der Freistellungsentscheidung gewährleisten.<br />

Sie kann sich ggf. auch fachlich geeigneter Stellen bedienen (vgl. Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums<br />

für Wirtschaft, Mittelstand und Energie und des Innenministeriums vom 30.5.2008; SMBl. <strong>NRW</strong>. 651).<br />

1.5 Die Informationsrechte der Abschlussprüfer<br />

1.5.1 Die Rechte beim Jahresabschluss<br />

Der Abschlussprüfer für den Jahresabschluss der Gemeinde kann für die Durchführung seiner Prüfung die aus<br />

seiner Sicht erforderliche Aufklärung und Nachweise verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind.<br />

Er kann seine Aufgabe nur ordnungsgemäß erfüllen, wenn ihm die gemeindlichen Unterlagen zugänglich sind<br />

und zutreffende Antworten auf seine Fragen gegeben werden. Unter diese Rechte fallen daher insbesondere<br />

Informationsbedürfnisse des Prüfers, die zur Klarstellung über die Prüfungsgegenstände beitragen. Die gesetzlichen<br />

Regelungen dienen daher dem Schutz der örtlichen Rechnungsprüfung und den Abschlussprüfern. Sie<br />

sollen die Qualität und Verlässlichkeit der Prüfungsarbeiten und des Prüfungsergebnisses gewährleisten.<br />

Dem Abschlussprüfer steht mit dem Recht auf Vorlage von Nachweisen und Informationen aber kein<br />

uneingeschränktes Recht zur Einsichtnahme in die gemeindlichen Unterlagen zu. Bei einer möglichen Forderung<br />

nach Nachweisen und Informationen im Rahmen seiner Abschlussprüfung hat er zu berücksichtigen, dass bei der<br />

Durchführung der Abschlussprüfung auch der Grundsatz der Wesentlichkeit sowie der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit<br />

Anwendung findet. Diese Grundsätze beschränken regelmäßig auch die Rechte des Prüfers. Der Abschlussprüfer<br />

darf daher z. B. nicht eigenständig eine Suche nach brauchbaren Unterlagen vornehmen. Die vom<br />

Prüfer begehrten Informationen und Nachweise müssen sich zudem auf konkrete Prüfungsaufgaben beziehen.<br />

1.5.2 Die Rechte beim Gesamtabschluss<br />

Der Abschlussprüfer für den Gesamtabschluss der Gemeinde kann ebenfalls für die Durchführung seiner Prüfung<br />

die aus seiner Sicht erforderliche Aufklärung und auch Nachweise verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung<br />

GEMEINDEORDNUNG 1002


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

notwendig sind. Er hat damit nicht nur Rechte gegenüber der gemeindlichen Verwaltung, sondern insbesondere<br />

auch gegenüber den Abschlussprüfern der gemeindlichen Betriebe. Diese Besonderheit ergibt sich daraus, dass<br />

der Abschlussprüfer sich ein Urteil über die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde verschaffen muss.<br />

Ein solches Urteil ist im Grunde nur möglich, wenn auch die Kenntnisse und Prüfungsergebnisse der Prüfer der<br />

Jahresabschlüsse der gemeindlichen Betriebe in die Beurteilung einbezogen werden können. Solche Informationen<br />

sind sachlich auch erforderlich, denn der Abschlussprüfer für den gemeindlichen Gesamtabschluss hat im<br />

Rahmen seiner Arbeit nicht nur die Konsolidierungsschritte zur Aufstellung des Gesamtabschlusses zu prüfen. Er<br />

sollte wegen der Prüfung des Gesamtlageberichtes auch über entsprechende Kenntnisse über das aufgabenbezogene<br />

wirtschaftliche Handeln der Gemeinde in allen Betätigungsformen verfügen.<br />

1.6 Die Beauftragung Dritter<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung umfasst ein weites Aufgabenfeld, dass durch gesetzliche Aufgaben, durch vom<br />

Rat der Gemeinde übertragene Aufgaben und durch besondere Prüfaufträge des Bürgermeisters bestimmt wird.<br />

Die Prüfungstätigkeit soll ohne Einflussnahme der zu prüfenden Stellen auf die örtliche Rechnungsprüfung erfolgen,<br />

um eine sinnvolle und effektive Prüfung zu gewährleisten. Der örtlichen Rechnungsprüfung soll aber auch<br />

eine flexible und wirtschaftliche Aufgabenerledigung ermöglicht werden. Es ist deshalb ausdrücklich bestimmt<br />

worden, dass die örtliche Rechnungsprüfung sich Dritter als Prüfer bedienen kann. Dabei muss wie bei der Rechnungsprüfung<br />

auch der Dritte die notwendige Unabhängigkeit gegenüber der Gemeinde aufweisen. Die Verantwortung<br />

über die Entscheidung der Beauftragung eines Dritten obliegt dabei der örtlichen Rechnungsprüfung, an<br />

der jedoch der Rechnungsprüfungsausschuss zu beteiligen ist.<br />

Die Anwendung des NKF einschließlich des Systems der doppelten Buchführung sowie der Anforderungen an<br />

eine begleitende Prüfung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft erfordert entsprechend qualifizierte und erfahrene<br />

Prüfer, sodass bei einer Auftragung durch die Gemeinde ein entsprechender Nachweis gefordert werden sollte.<br />

Die Beauftragung Dritter als Prüfer ist dabei nicht auf die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses beschränkt.<br />

Vielmehr kann ein Dritter auch mit anderen Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung beauftragt werden.<br />

Die Beauftragung eines Dritten muss von der Gemeinde unter Beachtung der vergaberechtlichen Bestimmungen<br />

erfolgen, denn es wird von dem Dritten eine Dienstleistung gegenüber der Gemeinde erwartet.<br />

Im Rahmen seiner Beauftragung wird ein Dritter als Prüfer jedoch regelmäßig eigenverantwortlich tätig. Er hat im<br />

Rahmen der Beauftragung die betreffenden gemeindlichen Sachverhalte und Geschäftsvorfälle der Gemeinde mit<br />

einem sachgerechten Prüfungsansatz umfassend zu prüfen, soweit nicht gesonderte Erfordernisse zwischen der<br />

Rechnungsprüfung und dem Dritten vereinbart worden sind. Zum Abschluss seiner Tätigkeit hat der Dritte einen<br />

Prüfungsbericht zu erstellen und sein festgestelltes Prüfungsergebnis in einem Bestätigungsvermerk zusammenzufassen.<br />

Er kann ggf. auch einen Vermerk über die Versagung des Bestätigungsvermerks abgeben.<br />

Bei der Einschaltung eines Dritten als Prüfer bleibt die Verantwortung der örtlichen Rechnungsprüfung für die<br />

gesetzlichen, übertragenen und beauftragten Prüfungen unberührt. Die örtliche Rechnungsprüfung muss sich<br />

daher selbst ein Prüfungsurteil über die Sachverhalte und Geschäftsvorfälle der Gemeinde bilden, die Prüfungsgegenstände<br />

des beauftragten Dritten waren. Sie sollte deshalb die Beteiligung von Dritten an ihren Abschlussprüfungen<br />

so ausgestalten, dass sie anschließend aufgrund ihrer Erkenntnismöglichkeiten noch ein eigenverantwortliches<br />

Urteil zum jeweiligen Prüfungsgegenstand fällen und einen eigenen Bestätigungsvermerk gegenüber<br />

dem Rechnungsprüfungsausschuss abgeben kann.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1003


1.7 Die Dokumentationspflichten<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch die Prüfungsinstanz ist nach den allgemeinen Prüfungsgrundsätzen für Abschlussprüfungen jede Abschlussprüfung<br />

angemessen zu dokumentieren. Diese Pflicht dient u.a. dazu, die Informationen, die zum Prüfungsergebnis<br />

und zu einzelnen Prüfungsfeststellungen geführt haben, zu stützen und nachvollziehbar zu machen.<br />

Die Abschlussprüfer des gemeindlichen Jahresabschlusses sollen deshalb in ihrem Prüfungsbericht nicht<br />

nur das Prüfungsergebnis, sondern auch die von ihnen erhobenen Einwendungen besonders herausstellen.<br />

Ebenso können die von ihnen gegebenen Hinweise hervorgehoben werden.<br />

Im Rahmen der Dokumentation der Prüfungen sollen daher die Prüfungsaussagen eindeutig erkennbar sein. Ihre<br />

Inhalte müssen daher zweifelsfrei dargestellt werden. Diese Vorgabe besteht insbesondere für den zu erstellenden<br />

Bestätigungsvermerk, mit dem die Ordnungsmäßigkeit des Verwaltungshandelns bestätigt und eine Unbedenklichkeit<br />

im haushaltsrechtlichen Sinne ausgesprochen werden kann. Ebenso sind die Prüfungsfeststellungen<br />

ausreichend zu dokumentieren, wenn im Einzelfall der Bestätigungsvermerk mit Einschränkungen versehen oder<br />

auch verweigert wird. Eine Orientierung der dafür notwendigen Begründungen an den haushaltsrechtlich vorgesehenen<br />

Abstufungen des Bestätigungsvermerks ist dabei möglich.<br />

Die Unterlagen der Abschlussprüfer über die jeweilige Jahresabschlussprüfung sind entsprechend den Vorschriften<br />

über die Aufbewahrung von gemeindlichen Geschäftsunterlagen aufzubewahren, sofern die Prüfer der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung der Gemeinde angehören (vgl. § 58 GemHVO <strong>NRW</strong>). Bei der Beauftragung Dritter soll<br />

daher sachgerecht entschieden werden, wer welche Prüfungsunterlagen für welchen Zeitraum aufbewahrt und<br />

bei Bedarf zur Verfügung stellt.<br />

2. Der Prüfungszeitraum bei Abschlussprüfungen<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung muss insbesondere bei ihren Abschlussprüfungen den gesetzlich bestimmten<br />

Zeitrahmen berücksichtigen (vgl. § 96 Absatz 1 und § 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Für diese Abschlussprüfungen<br />

steht der örtlichen Rechnungsprüfung nur ein begrenzter Zeitraum nach Ablauf des betreffenden Haushaltsjahres<br />

zur Verfügung. Er liegt zwischen der Fertigstellung bzw. der Bestätigung des Entwurfs des betreffenden Abschlusses<br />

und seiner Feststellung oder Bestätigung durch den Rat der Gemeinde.<br />

Für den gemeindlichen Jahresabschluss gilt dabei, dass der Bürgermeister den von ihm bestätigten Entwurf innerhalb<br />

von drei Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres dem Rat zur Feststellung zuzuleiten hat (vgl. § 95<br />

Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Der Entwurf des Gesamtabschlusses der Gemeinde ist spätestens nach neun Monaten<br />

nach dem Abschlussstichtag dem Rat zur Prüfung zuzuleiten (vgl. § 116 Absatz 5 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Das<br />

Ende des Prüfungszeitraumes bei Abschlussprüfungen wird dabei durch die gesetzliche Vorgabe bestimmt, dass<br />

der Rat den vom Rechnungsprüfungsausschuss geprüften Jahresabschluss sowie den geprüften Gesamtabschluss<br />

bis spätestens zum 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres Jahresabschluss festzustellen<br />

bzw. zu bestätigen hat (vgl. § 96 Absatz 1 Satz 1 und § 116 Absatz 1 Satz 3 und 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Rat der Gemeinde sollte möglichst nicht den letztmöglichen Termin zur Beschlussfassung nutzen, damit ggf.<br />

Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Ausführung Abrechnung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft des abgelaufenen<br />

Haushaltsjahres möglich in der aktuellen Haushaltswirtschaft berücksichtigt werden. Außerdem ergibt<br />

sich aus dem Zusammenspiel der Vorschriften für den Jahresabschluss und den Gesamtabschluss der Gemeinde<br />

unter Berücksichtigung der örtlichen Sitzungstermine für den Rechnungsprüfungsausschuss und den Rat der<br />

Gemeinde der konkrete tatsächlich nutzbare Prüfungszeitraum (vgl. § 59 Absatz 3 i.V.m. § 101 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong> und § 59 Absatz 3 i.V.m. § 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die gesetzlichen Regelungen über die örtliche Rechnungsprüfung sind darauf ausgerichtet, dass die örtliche<br />

Rechnungsprüfung eine begleitende Prüfungstätigkeit innehat und insgesamt keine nachrangige Prüfungstätigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 1004


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

darstellen sollte. Die aufgezeigten zeitlichen Gegebenheiten belegen, dass es notwendig ist, den Prüfungszeitraum<br />

bei Abschlussprüfungen so zu gestalten, dass diesem Ziel Genüge getan wird. Die örtliche Rechnungsprüfung<br />

muss ggf. selbst den Anstoß geben, von Anfang an in die örtlichen Verfahren der Aufstellung der gemeindli-<br />

chen Abschlüsse bzw. in die Abschlussarbeiten einbezogen zu werden. Sie sollte daher grundsätzlich dafür Sorge<br />

tragen, jedenfalls frühzeitig genug begleitend tätig werden zu können.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Aufgabenkatalog der örtlichen Rechnungsprüfung):<br />

Die in der Vorschrift aufgezählten Prüfungsaufgaben stellen abgegrenzte und eigenständige Sachverhalte in<br />

Form eines Aufgabenkataloges für die örtliche Rechnungsprüfung dar. Die Prüfungsaufgaben in den Nummern 4<br />

bis 8 des Absatzes 1 der Vorschrift sind jedoch nur insoweit in die jeweilige Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

oder des Gesamtabschlusses der Gemeinde einzubeziehen bzw. dieser Aufgabe zuzurechnen, wie<br />

sie zwingend für die Durchführung der Abschlussprüfung erforderlich sind.<br />

Die gesetzlich bestimmten Zwecke werden z. B. auch durch die Bestimmungen in § 101 Absatz 1 Satz 3 GO<br />

<strong>NRW</strong> deutlich, in dem ausdrücklich bestimmt wird, dass in die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

auch die Buchführung der Gemeinde, die durchgeführte Inventur, das Inventar und die Übersicht über örtlich<br />

festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände der Gemeinde einzubeziehen sind. Die Aufzählung<br />

stellt dabei jedoch keinen vollständigen Katalog der Prüfungsaufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung im Rahmen<br />

der Jahresabschlussprüfung dar. Zudem kann der Rat der Gemeinde der örtlichen Rechnungsprüfung weitere<br />

Prüfungsaufgaben übertragen und der Bürgermeister darf der örtlichen Rechnungsprüfung besondere Prüfaufträge<br />

erteilen.<br />

1.1.1 Zu Nummer 1 (Prüfung des Jahresabschlusses der Gemeinde):<br />

1.1.1.1 Die Inhalte der Jahresabschlussprüfung<br />

Die Prüfung des Jahresabschlusses ist eine Pflichtaufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung und stellt dabei eine<br />

Voraussetzung für die Feststellung des Jahresabschlusses durch den Rat der Gemeinde sowie für die Entlastung<br />

des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder dar (vgl. § 96 GO <strong>NRW</strong>). Die Inhalte und die Durchführung der Abschlussprüfung<br />

sowie die Zuständigkeit für die Durchführung der Prüfung, aber auch die Behandlung des Prüfungsergebnisses<br />

sind haushaltsrechtlich gesondert geregelt (vgl. § 101 GO <strong>NRW</strong>). Der Jahresabschluss der<br />

Gemeinde ist danach federführend vom Rechnungsprüfungsausschuss zu prüfen. Er hat festzustellen, ob der<br />

Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertragsund<br />

Finanzlage der Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt.<br />

Die Prüfung des Jahresabschlusses erstreckt sich dabei auch darauf, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie<br />

ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind. Es ist aber auch<br />

das Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr zu prüfen, das von der<br />

Gemeinde in der gemeindlichen Ergebnisrechnung nachgewiesen wird (vgl. § 38 GemHVO <strong>NRW</strong>). In diese Prüfung<br />

ist zudem die Buchführung, die Inventur, das Inventar und die Übersicht über örtlich festgelegte Nutzungsdauern<br />

der Vermögensgegenstände einzubeziehen. Der Lagebericht ist darauf zu prüfen, ob er mit dem Jahresabschluss<br />

in Einklang steht und ob seine sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde erwecken.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1005


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat zudem über Art und Umfang der Prüfung sowie über das Ergebnis der<br />

Prüfung einen Prüfungsbericht zu erstellen. Der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung ist<br />

dabei in den Prüfungsbericht aufzunehmen. Die Abschlussprüfer haben sich deshalb einen Überblick über die<br />

rechtlichen und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde zu verschaffen. Aus ihrer abschließenden Einschätzung<br />

haben die Abschlussprüfer dann das von ihnen durchzuführende Prüfungsprogramm zu entwickeln.<br />

Besondere Bedingungen seitens der Gemeinde und die örtlichen Verhältnisse sind dabei zu beachten.<br />

1.1.1.2 Die Prüfungsgrundsätze für Abschlussprüfungen<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, die auch im Rahmen der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung<br />

relevant sind, werden hinsichtlich der jährlichen Abschlussprüfung um weitere Grundsätze ergänzt (vgl. § 95<br />

Absatz 1 und § 101 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Für die Prüfung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses haben sich<br />

die „Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfungen (GoA)“ entwickelt, die entsprechend beim gemeindlichen<br />

Jahresabschluss Anwendung finden können. Diese Grundsätze, die i.d.R. Mindeststandards für die Abschlussprüfung<br />

festlegen, sind nicht gesetzlich bestimmt worden. Sie werden aus unterschiedlichen Quellen abgeleitet.<br />

In diesem Zusammenhang hat z. B. das IDW verschiedene Grundsätze zur Durchführung von Abschlussprüfungen<br />

sowie zu den darin vorzunehmenden Prüfungshandlungen bestimmt. Dabei sind herausragende Themen die<br />

Qualitätssicherung, der Prüfungsansatz, die Prüfungsdurchführung, der Prüfungsbericht und der Bestätigungsvermerk,<br />

die um Rechnungslegungshinweise ergänzt werden. Außerdem bestehen noch weitere Ergänzungen<br />

durch die „Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlussprüfungen“ sowie die „Grundsätze für<br />

die ordnungsmäßige Erteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen“. Nach diesen Prüfungsgrundsätzen<br />

ist die Abschlussprüfung angemessen durch die Prüfungsinstanz zu dokumentieren.<br />

Die gemeindliche Abschlussprüfung wird außerdem mit dem Ziel durchgeführt, zutreffende Prüfungsaussagen<br />

unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit zu treffen. Deshalb sollen die Informationen,<br />

die zum Prüfungsergebnis und zu einzelnen Prüfungsfeststellungen durch den Abschlussprüfer geführt<br />

haben, durch eine entsprechende Dokumentation nachvollziehbar gemacht werden. Die Unterlagen des Abschlussprüfers<br />

über seine Prüfung sind dabei entsprechend den Vorschriften über die Aufbewahrung von gemeindlichen<br />

Unterlagen aufzubewahren, soweit der Abschlussprüfer der örtlichen Rechnungsprüfung der Gemeinde<br />

angehört (vgl. § 58 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.1.3 Der Umfang der Jahresabschlussprüfung<br />

1.1.1.3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses ist ein in mehrere Abschnitte zu unterteilender Vorgang, der<br />

sich von der Prüfungsplanung bis zur Berichterstattung über die durchgeführte Abschlussprüfung erstreckt. Sie<br />

schließt neben den Bestandteilen des Jahresabschlusses und seinen Anlagen auch die dafür eingerichtete gemeindliche<br />

Buchführung ein. Der gemeindliche Jahresabschluss soll ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger Buchführung vermitteln. Die gemeindliche Buchführung soll daher dazu beitragen, dass der<br />

Jahresabschluss der Gemeinde in der vorgeschriebenen Form aufgestellt werden kann, die vorgesehenen Angaben<br />

enthält und dafür die Vermögensgegenstände und Schulden richtig bewertet worden sind.<br />

In der Vorschrift wird deshalb ausdrücklich bestimmt, dass in die Prüfung die Buchführung, die Inventur, das Inventar<br />

und die Übersicht über örtlich festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände einzubeziehen<br />

sind. Die Prüfung der Beachtung der gesetzlichen haushaltsrechtlichen Vorschriften, der Regelungen der gemeindlichen<br />

Haushaltssatzung sowie ergänzender Satzungen, aber auch weiterer ortsrechtlicher Bestimmungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 1006


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

ist ebenfalls ein wichtiger Gegenstand der Jahresabschlussprüfung. Zudem ist zu prüfen, ob muss der Lagebericht<br />

mit dem Jahresabschluss und den Erkenntnissen des Prüfers in Einklang steht. Die Angaben im Lagebericht<br />

dürfen keine falsche Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde erwecken.<br />

Der Bericht muss zudem zu den künftigen Chancen und Risiken der Gemeinde und damit zur wirtschaftlichen<br />

Entwicklung eine sachgerechte Auskunft geben.<br />

1.1.1.3.2 Die Prüfungsgegenstände des Jahresabschlusses<br />

1.1.1.3.2.1 Die Ergebnisrechnung<br />

Die Ressourcen werden durch die Gemeinde dadurch angemessen aufgezeigt, dass für die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

im Haushaltsjahr ein Ergebnisplan mit den Rechengrößen „Aufwand“ und „Ertrag“ aufzustellen ist<br />

(vgl. § 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Nach Ablauf des Haushaltsjahres ist dann in der Ergebnisrechnung das tatsächliche<br />

Ressourcenaufkommen und der tatsächliche Ressourcenverbrauch im Haushaltsjahr, getrennt nach den Ertragsarten<br />

und Aufwandsarten, in Jahressummen nachzuweisen (vgl. § 38 GemHVO <strong>NRW</strong>).Die gemeindliche Ergebnisrechnung<br />

ist dabei von der Gemeinde entsprechend dem Ergebnisplan aufzubauen, sodass auch zwischen<br />

ordentlichen und außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen zu trennen ist.<br />

Eine solche „haushaltswirtschaftliche Abrechnung“ ist jedoch nur vollständig, wenn innerhalb der gemeindlichen<br />

Ergebnisrechnung auch ein Plan-/Ist-Vergleich vorgenommen wird. Durch die Gegenüberstellung von den im<br />

Haushaltsplan ausgewiesenen Positionen mit den Ist-Werten können Planabweichungen aus der Ausführung der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft festgestellt und ausgewiesen werden. In diesem Plan-/Ist-Vergleich sind auch<br />

die übertragenen Aufwandsermächtigungen gesondert auszuweisen, weil diese zur Fortschreibung der im Haushaltsplan<br />

veranschlagten Haushaltsansätze des geführt haben (vgl. § 22 Absatz 2 und § 38 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.1.3.2.2 Die Finanzrechnung<br />

Die Gemeinde hat in der gemeindlichen Finanzrechnung sämtliche Einzahlungen und Auszahlungen zu erfassen<br />

(vgl. § 39 GemHVO <strong>NRW</strong>). Sie hat die tatsächlichen Einzahlungen und Auszahlungen im abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

nach Arten und jeweils in Jahressummen auszuweisen. Dadurch wird die haushaltsjahrbezogene Änderung<br />

des Bestandes an gemeindlichen Finanzmitteln nachgewiesen. Wie im gemeindlichen Finanzplan ist dabei<br />

der Saldo für die Zahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit und der Saldo für die Zahlungen aus der Investitionstätigkeit<br />

darzustellen. Aus den beiden Wertgrößen ist dann der Finanzmittelüberschuss oder Finanzmittelfehlbetrag<br />

zu ermitteln.<br />

Durch die Einbeziehung des Saldos aus der Finanzierungstätigkeit sowie aus den Zahlungen aus der Aufnahme<br />

und der Tilgung von Krediten für Investitionen und den Krediten zur Liquiditätssicherung lässt sich dann die Änderung<br />

des Bestandes an eigenen Finanzmitteln feststellen und nachweisen. Eine solche „Abrechnung“ ist jedoch<br />

nur vollständig, wenn innerhalb der gemeindlichen Finanzrechnung auch ein Plan-/Ist-Vergleich vorgenommen<br />

wird. Durch die Gegenüberstellung von der im Haushaltsplan ausgewiesenen Positionen mit den Ist-Werten können<br />

Planabweichungen aus der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft festgestellt und ausgewiesen<br />

werden. In diesem Plan-/Ist-Vergleich sind auch die übertragenen Auszahlungsermächtigungen gesondert auszuweisen,<br />

weil diese zur Fortschreibung der Haushaltsansätze geführt haben (vgl. § 22 Absatz 2 und § 39 Satz 3<br />

i.V.m. § 38 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1007


1.1.1.3.2.3 Die Bilanz<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Die gemeindliche Bilanz ist als Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden der Gemeinde zum Abschlussstichtag<br />

ein wesentlicher Bestandteil des NKF. Sie wird in eine Aktivseite und Passivseite untergliedert und muss<br />

bestimmte Bilanzposten enthalten. Die weitere Gliederung auf beiden Seiten der gemeindlichen Bilanz erfolgt<br />

dann nach Fristigkeiten. Die Gemeinde hat das langfristige nutzbare Vermögen und die Schulden vor dem kurzfristig<br />

verfügbaren Vermögen und den Schulden zu bilanzieren.<br />

Die Gemeinde hat auf der Aktivseite ihrer Bilanz ihr Vermögen mit den zum Abschlussstichtag ermittelten Werten<br />

anzusetzen. Die Aktivseite ist in die Bereiche „Anlagevermögen“, „Umlaufvermögen“ und „Rechnungsabgrenzungsposten“<br />

zu gliedern und in diesen Bereichen sind mindestens die haushaltsrechtlich bestimmten Bilanzposten<br />

zu bilden (vgl. § 41 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Durch diese Darstellung des gemeindlichen Vermögens wird<br />

die Mittelverwendung der Gemeinde dokumentiert. Die Fristigkeit wird dadurch aufgezeigt, dass das Anlagevermögen<br />

vor dem Umlaufvermögen abgebildet wird.<br />

Auf der Passivseite der Bilanz hat die Gemeinde ihre Verpflichtungen (Schulden) und ihr Eigenkapital anzusetzen.<br />

Sie hat dafür die Bilanzbereiche „Eigenkapital“, Verbindlichkeiten“ und „Rechnungsabgrenzungsposten“ zu<br />

bilden und dabei mindestens die haushaltsrechtlich bestimmten Bilanzposten anzusetzen (vgl. § 41 Absatz 4<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Durch diese Darstellung wird die Mittelherkunft bzw. die Finanzierung des gemeindlichen Vermögens<br />

offengelegt. Die Fristigkeit besteht auch innerhalb der Bilanzbereiche, sodass im Eigenkapital die allgemeine<br />

Rücklage vor der Ausgleichsrücklage und bei den Verbindlichkeiten die Kredite für Investitionen der Gemeinde<br />

vor den Krediten zur Liquiditätssicherung stehen.<br />

1.1.1.3.2.4 Der Anhang<br />

Der Anhang enthält eine Vielzahl von Angaben und Einschätzungen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde<br />

sowie besondere Erläuterungen (vgl. § 48 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die erforderlichen Informationen sollen im sachlichen<br />

Zusammenhang mit den Bestandteilen Anlagen des gemeindlichen Jahresabschlusses stehen. Es sind deshalb<br />

von der Gemeinde insbesondere Angaben und Erläuterungen zu den einzelnen Bilanzposten und den Ergebnispositionen<br />

zu machen. Diese Beschreibung soll eine Ergänzung, Korrektur und Entlastung der gemeindlichen<br />

Bilanz und der Ergebnisrechnung bezwecken und deren Interpretation unterstützen.<br />

In den gemeindlichen Anhang gehören aber auch Erläuterungen zu den von der Gemeinde angewandten Bilanzierungs-<br />

und Bewertungsmethoden. Gleichzeitig sind im Anhang auch die Zusatzinformationen anzugeben, die<br />

für die Beurteilung des Jahresabschlusses eine besondere Bedeutung haben und zu einem besseren Verständnis<br />

einzelner Sachverhalte der gemeindlichen Haushaltswirtschaft führen. Es kann sich z. B. bei einem Jahresfehlbetrag<br />

in der Ergebnisrechnung und einer vorgesehenen Verringerung der allgemeinen Rücklage auch für den Anhang<br />

ein erheblicher Erläuterungsbedarf ergeben. Ein solcher Bedarf entsteht aber dann insbesondere, wenn<br />

eine Überschuldung der Gemeinde tatsächlich eingetreten ist.<br />

Für die äußere Gestaltung des Anhangs, seinen Aufbau und Umfang sind jedoch keine besonderen Formvorgaben<br />

haushaltsrechtlich vorgegeben worden. Die Gemeinde hat daher den Anhang eigenverantwortlich zu gestalten.<br />

Sie hat dabei zu berücksichtigen, dass dem Anhang ein Anlagenspiegel, ein Forderungsspiegel und ein Verbindlichkeitenspiegel<br />

beizufügen sind. Die Gemeinde hat bei der Aufstellung des Anhangs aber auch die Informationsinteressen<br />

des Adressatenkreises des gemeindlichen Jahresabschlusses (Rat, Bürgerinnen und Bürger)<br />

ausreichend zu berücksichtigen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1008


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1.1.3.2.5 Die gemeindlichen Jahresabschlussunterlagen<br />

Der gemeindliche Jahresabschluss soll möglichst eine zutreffende Rechenschaft über die tatsächliche Ausführung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und deren Ergebnisse im Zusammenhang mit der Sicherung der<br />

stetigen Aufgabenerledigung der Gemeinde geben. Diese gemeindlichen Zwecke erfordern, den gesetzlich bestimmten<br />

Bestandteilen des gemeindlichen Jahresabschlusses mindestens die haushaltsrechtlich bestimmten<br />

Anlagen beizufügen (vgl. Abbildung).<br />

Die gemeindlichen Jahresabschlussunterlagen<br />

DIE BESTANDTEILE DES JAHRESABSCHLUSSES<br />

Ergebnisrechnung<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Entspricht die Ergebnisrechnung den Anforderungen und enthält<br />

mindestens die vorgesehenen Haushaltspositionen sowie die Ist-<br />

Ergebnisse und Planansätze?<br />

Finanzrechnung<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Entspricht die Finanzrechnung den Anforderungen und enthält mindestens<br />

die vorgesehenen Haushaltspositionen sowie die Ist-Ergebnisse<br />

und Planansätze?<br />

Teilrechnungen<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Entspricht die Gliederung den im Haushaltsplan ausgewiesenen produktorientierten<br />

Teilplänen? Enthält jede einzelne Teilrechnung die Ist-<br />

Zahlen zu Leistungsmengen und Kennzahlen in den Teilplänen?<br />

Bilanz<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Entspricht die Gliederung der Bilanz den Anforderungen? Wird auf der<br />

Aktivseite ein „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ ausgewiesen?<br />

Anhang<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Enthält er ausreichende Erläuterungen zu den Posten der Bilanz und<br />

der Ergebnisrechnung? Wurden Vereinfachungsverfahren angewandt?<br />

Erfüllt er die übrigen Anforderungen?<br />

DIE ANLAGEN ZUM JAHRESABSCHLUSS<br />

Anlagenspiegel<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Ist die Entwicklung der Posten des Anlagevermögens dargestellt?<br />

Werden die übrigen Anforderungen erfüllt?<br />

GEMEINDEORDNUNG 1009<br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m.<br />

§ 37 Absatz 1 Nummer 1 und<br />

§ 38 sowie § 22 Absatz 4<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> und Nummer<br />

1.6.1 des Runderlasses des<br />

Innenministeriums vom<br />

24.02.2005 (SMBl. <strong>NRW</strong>.<br />

6300).<br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m.<br />

§ 37 Absatz 1 Nummer 2 und<br />

§ 39 sowie § 22 Absatz 4<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> und Nummer<br />

1.6.3 des Runderlasses des<br />

Innenministeriums vom<br />

24.02.2005 (SMBl. <strong>NRW</strong>.<br />

6300)<br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m.<br />

§ 37 Absatz 1 Nummer 3 und<br />

§ 40 GemHVO <strong>NRW</strong> sowie<br />

den Nummern 1.6.2 und 1.6.4<br />

des Runderlasses des Innenministeriums<br />

vom 24.02.2005<br />

(SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m.<br />

§ 37 Absatz 1 Nummer 4 und<br />

§§ 41 bis 43 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

sowie Nummer 1.6.5 des<br />

Runderlasses des Innenministeriums<br />

vom 24.02.2005<br />

(SMBl. <strong>NRW</strong>. 6300).<br />

§ 95 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> i.V.m.<br />

§ 37 Absatz 1 Nummer 5 und<br />

§ 44 GemHVO <strong>NRW</strong>.<br />

§ 44 Absatz 3 und § 45<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nummer<br />

1.6.6 des Runderlasses<br />

des Innenministeriums vom<br />

24.02.2005 (SMBl. <strong>NRW</strong>.<br />

6300).


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Forderungsspiegel<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Wird eine ausreichende Übersicht über den Stand der Forderung<br />

gegeben? Werden die übrigen Anforderungen erfüllt?<br />

Verbindlichkeitenspiegel<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Wird eine ausreichende Übersicht über den Stand der Verbindlichkeiten<br />

gegeben? Werden die übrigen Anforderungen erfüllt?<br />

Lagebericht<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Wird ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der<br />

Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Kommune gegeben?<br />

Werden die übrigen Anforderungen erfüllt?<br />

1.1.1.3.3 Die Prüfung des Lageberichtes<br />

Abbildung 201 „Die gemeindlichen Jahresabschlussunterlagen“<br />

GEMEINDEORDNUNG 1010<br />

§ 44 Absatz 3 und § 46<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nummer<br />

1.6.7 des Runderlasses<br />

des Innenministeriums vom<br />

24.02.2005 (SMBl. <strong>NRW</strong>.<br />

6300).<br />

§ 44 Absatz 3 und § 47<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> sowie Nummer<br />

1.6.8 des Runderlasses<br />

des Innenministerium vom<br />

24.02.2005 (SMBl. <strong>NRW</strong>.<br />

6300).<br />

§ 95 Absatz 1 und 2 GO <strong>NRW</strong><br />

i.V.m. § 48 GemHVO <strong>NRW</strong>.<br />

Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung ist der Lagebericht der Gemeinde daraufhin zu prüfen, ob er mit dem<br />

Jahresabschluss in Einklang steht und ob seine sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde erwecken. Im gemeindlichen Lagebericht muss auch<br />

zu den künftigen Chancen und Risiken der Gemeinde bzw. zur wirtschaftlichen Entwicklung eine sachgerechte<br />

Auskunft gegeben werden, die der Abschlussprüfer einzuschätzen und zu beurteilen hat. Für die Prüfung des<br />

Lageberichts kann er dabei die „Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung“ (GoL) als Beurteilungsmaßstäbe<br />

heranziehen.<br />

Der jährliche Lagebericht der Gemeinde hat eine umfassende und vielfältige Ergänzungsfunktion zum gemeindlichen<br />

Jahresabschluss. Seine Aussagen müssen daher klar, sorgfältig abgewogen und zeitnah sein. Bei seiner<br />

Aufstellung sollen auch die GoL beachtet werden. Für die äußere Gestaltung des Lageberichts, seinen Aufbau<br />

und Umfang bestehen keine besonderen haushaltsrechtlichen Vorgaben. Die Fülle der im Lagebericht zu gebenden<br />

Informationen verlangt aber eine grundlegende Strukturierung dieses Berichtes. Die Gliederung und die Elemente<br />

des Lageberichts sollen daher auch dazu beitragen, dass der Lagebericht der Gemeinde im Zusammenhang<br />

mit dem gemeindlichen Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt.<br />

Die Prüfung des Lageberichts ist nach den gleichen Grundsätzen vorzunehmen, wie diese bei der Prüfung der<br />

Bestandteile des gemeindlichen Jahresabschlusses zur Anwendung kommen. In die Prüfung sind grundsätzlich<br />

alle im Lagebericht der Gemeinde gemachten Angaben einzubeziehen. Der gemeindliche Lagebericht kann zudem<br />

auch zusätzliche Informationen enthalten, die nicht der Abschlussprüfung unterliegen sollen. Derartige Angaben<br />

sollten dann in einem gesonderten Abschnitt des Lageberichtes dargestellt werden. Sofern solche Informationen<br />

aber im Einzelfall einen falschen Eindruck von der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde vermitteln, sollte<br />

der Abschlussprüfer eine Richtigstellung dieser Inhalte des Lageberichtes veranlassen.<br />

1.1.1.3.4 Die Prüfung der gesamten Haushaltswirtschaft<br />

Die Prüfung der gesamten Haushaltswirtschaft der Gemeinde im Rahmen der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

ist auch darauf auszurichten, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzun-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

gen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen von der Gemeinde beachtet worden sind. Ihr gehen regelmäßig<br />

laufende Prüfungen im Rahmen der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr voraus.<br />

Diese Prüfung ist daher als eine Recht- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung der gesamten Haushaltswirtschaft der<br />

Gemeinde zu verstehen.<br />

Die Rechtmäßigkeitsprüfung der Haushaltswirtschaft umfasst dabei regelmäßig die Beurteilung des gemeindlichen<br />

Verwaltungshandelns dahingehend, ob die haushaltsrechtlichen Vorgaben bei der Ausführung der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr eingehalten worden sind. Eine Ordnungsmäßigkeitsprüfung soll in<br />

diesem Zusammenhang feststellen, ob das haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde vollständig und richtig<br />

nachgewiesen wird. Diese Prüfungsgebote werden dabei nicht durch das allgemeine Prüfungsziel verändert,<br />

ob der Jahresabschluss der Gemeinde ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

vermittelt.<br />

Bei der jährlichen Abschlussprüfung im gemeindlichen Bereich muss jedoch die Besonderheit berücksichtigt werden,<br />

dass die jährliche Haushaltssatzung nicht für sich alleine steht, sondern durch den damit in unmittelbarer<br />

Verbindung stehenden Haushaltsplan näher ausgestaltet wird. Er ist zudem für die gemeindliche Verwaltung<br />

verbindlich (vgl. § 79 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Außerdem ist in diesem Zusammenhang die von den Ratsmitgliedern<br />

zu beschließende Entlastung des Bürgermeisters zu berücksichtigen (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Vor diesem Hintergrund führt nicht jedes rechtliche Gebot oder Verbot für die Gemeinde dazu, es auch zum Gegenstand<br />

der Jahresabschlussprüfung zu machen. Zur Vorbereitung der Prüfung des Jahresabschlusses sollen<br />

vielmehr bereits im Ablauf des Haushaltsjahres in die haushaltsrechtlich bestimmte laufende Prüfung der Vorgänge<br />

in der Finanzbuchhaltung fachbezogene Vorschriften einbezogen werden, z. B. die tarifrechtlichen Bestimmungen<br />

bei der Zahlung von Entgelten an die gemeindlichen Beschäftigten. Die Ergebnisse aus diesen vorzunehmenden<br />

Prüfungshandlungen können dann in der Abschlussprüfung berücksichtigt werden.<br />

Im Rahmen der Gesetz- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses kann<br />

sich zudem ergeben, dass die Gemeinde zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses verpflichtet ist, dieser Verpflichtung<br />

aber noch nicht nachgekommen ist. In solchen Fällen sollen dem Bürgermeister der Gemeinde entsprechende<br />

Hinweise gegeben werden. Dieser Verstoß gegen gesetzliche Pflichten ist jedoch nicht zum Gegenstand<br />

der originären Jahresabschlussprüfung zu machen. Er kann daher auch nicht zu einer Einschränkung des<br />

Bestätigungsvermerks aus der Jahresabschlussprüfung führen.<br />

1.1.1.4 Prüfungshandlungen und Prüfungsergebnis<br />

1.1.1.4.1 Die Prüfungshandlungen<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Abschlussprüfung sind die Art und der Umfang der erforderlichen Prüfungshandlungen<br />

sowie die Intensität und die Methoden unter Berücksichtigung des Prüfungsgegenstandes und des Zieles<br />

der Abschlussprüfung eigenverantwortlich nach pflichtgemäßem Ermessen und in Kenntnis der Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde festzulegen. Für die Prüfungshandlungen muss auch die Ausführung der Haushaltswirtschaft<br />

im Haushaltsjahr sowie die Buchführung der Gemeinde und die Nachweisführung der Erträge und Aufwendungen<br />

in der Ergebnisrechnung sowie der Einzahlungen und Auszahlungen in der Finanzrechnung einschließlich der<br />

Darstellung des gemeindlichen Vermögens und der Schulden in der Bilanz berücksichtigt werden.<br />

Für den Abschlussprüfer gilt es, relevante Prüfungsaussagen unter Beachtung des Grundsatzes der Wesentlichkeit<br />

und des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit treffen zu können. Er hat daher im Rahmen der gemeindlichen<br />

Abschlussprüfung auch weitere besondere Gegebenheiten bei der Gemeinde sachgerecht zu berücksichtigen.<br />

Der Abschlussprüfer soll auch qualitative sowie zukunftsbezogene, aber auch prozessorientierte Einflussfaktoren<br />

GEMEINDEORDNUNG 1011


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

auf die Gemeinde in die gemeindliche Jahresabschlussprüfung einbeziehen, um eine zukunftsorientierte Beurteilung<br />

der Chancen und Risiken aus der Haushaltswirtschaft der Gemeinde vornehmen zu können. Die Entscheidung<br />

über einen risikoorientierten Prüfungsansatz ist daher im Zusammenspiel mit den anderen gesetzlichen<br />

Prüfungsaufgaben vorzunehmen.<br />

Eine lückenlose Prüfung sollte nur dann vom Abschlussprüfer beabsichtigt werden, wenn das Ziel der Abschlussprüfung<br />

nicht anders erreicht werden kann. Sie kann auch erfolgen, wenn sich entsprechende Anlässe aus der<br />

laufenden Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung zur Vorbereitung der Prüfung des Jahresabschlusses<br />

oder aus der dauernden Überwachung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde ergeben haben (vgl. § 103 Absatz<br />

1 Nummer 4 und 5 GO <strong>NRW</strong>). Der Weg und die Grundlagen zu den Prüfungsaussagen zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

müssen dabei vom Abschlussprüfer ausreichend dokumentiert werden. Nachfolgend wird beispielhaft<br />

aufgezeigt, dass zu verschiedenen Prüfungsgegenständen auch Prüfungsaussagen getroffen werden müssen<br />

(vgl. Abbildung).<br />

Prüfungsaussagen zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

Zur Abschlussprüfung gehören z. B. Aussagen über<br />

- die Prüfung des Vorhandenseins bestimmter Vermögensgegenstände,<br />

- die Prüfung des Erwerbs von Vermögensgegenständen,<br />

- die Prüfung der Vollständigkeit der Vermögensgegenstände und Schulden,<br />

- die Prüfung der Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden,<br />

um die ordnungsgemäße Ausführung der vom Rat ermächtigten Haushaltswirtschaft<br />

unter Berücksichtigung ihrer Ergebnisse feststellen zu können.<br />

Abbildung 202 „Prüfungsaussagen zum gemeindlichen Jahresabschluss“<br />

Im Rahmen seiner Informationsrechte kann der verantwortliche Abschlussprüfer für den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

auch Arbeiten eines anderen Abschlussprüfers übernehmen. Er hat in diesen Fällen immer in geeigneter<br />

Weise zu überprüfen, ob die Informationen und die ihm überlassenen Unterlagen auch für eine Übernahme in<br />

seine Prüfung geeignet sind und welcher Prüfer ihn informiert und ihm Unterlagen überlassen hat. Er hat dabei<br />

einen Zusammenhang mit den eigenen Prüfungshandlungen herzustellen und die Inhalte sowie das Ausmaß der<br />

Übernahme zutreffend abzuwägen. Das Ergebnis ist vom Abschlussprüfer zu dokumentieren.<br />

1.1.1.4.2 Das Prüfungsergebnis<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat über die Art und den Umfang seiner Prüfung des Jahresabschlusses<br />

sowie über das Ergebnis der Prüfung einen Prüfungsbericht zu erstellen und den Bestätigungsvermerk in den<br />

Prüfungsbericht aufzunehmen. Bei der Festlegung der Inhalte und Abgrenzungen des Bestätigungsvermerks oder<br />

des Vermerks über seine Versagung sind die Vorschriften des § 101 Absatz 4 bis 7 GO <strong>NRW</strong> zu beachten. Hinsichtlich<br />

des Bestätigungsvermerks können dabei die „Grundsätze für die ordnungsmäßige Erteilung von Bestätigungsvermerken“<br />

als Beurteilungsmaßstäbe herangezogen werden. Für die Darstellungen im Prüfungsbericht<br />

sowie für seine Gestaltung bestehen keine weiteren haushaltsrechtlichen Vorgaben. Der Prüfungsbericht ist daher<br />

von der Gemeinde bzw. von den Verantwortlichen für die Jahresabschlussprüfung nach örtlichen Bedürfnissen<br />

eigenverantwortlich auszugestalten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1012


1.1.1.5 Der Zeitraum der Jahresabschlussprüfung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Für die Durchführung der Jahresabschlussprüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss ist ein abgegrenzter<br />

Zeitraum nicht ausdrücklich gesetzlich bestimmt worden. Die zeitliche Begrenzung ergibt sich bereits aus der<br />

Einordnung der Abschlussprüfung in den gesetzlich bestimmten Verfahrensablauf der Aufstellung und Feststellung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses. Für die Durchführung der Abschlussprüfung steht regelmäßig nur ein<br />

begrenzter Zeitraum im Folgejahr des abgelaufenen Haushaltsjahres zur Verfügung. Dieser Prüfungszeitraum<br />

beginnt, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss den Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses zur Prüfung<br />

erhalten hat.<br />

Der Ausschuss hat zu berücksichtigen, dass der Bürgermeister den Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres folgenden Jahres dem Rat der Gemeinde zuzuleiten<br />

hat (vgl. § 95 Absatz 3 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Abschlussprüfung muss dann so rechtzeitig beendet sein,<br />

dass der Rat spätestens bis zum 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres den vom Ausschuss<br />

geprüften Jahresabschluss durch Beschluss feststellen kann (vgl. § 96 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). In diesem<br />

Zusammenhang ist außerdem zu berücksichtigen, dass sich der Rechnungsprüfungsausschuss zur Durchführung<br />

der Jahresabschlussprüfung der örtlichen Rechnungsprüfung zu bedienen hat (vgl. § 59 Absatz 3 i.V.m. § 101<br />

GO <strong>NRW</strong>). Er kann sich auch eines Dritten gem. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> bedienen, wenn eine örtliche Rechnungsprüfung<br />

nicht besteht (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die haushaltsrechtlich gesetzten Fristen müssen im Rahmen der Aufstellung und Prüfung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses nicht vollausgeschöpft. Eine schnelle Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses ist vom<br />

Gesetzgeber gewollt, denn die Ergebnisse des gemeindlichen Jahresabschlusses sollen so bald wie möglich in<br />

die gemeindliche Haushaltsplanung einbezogen und ggf. bei der Haushaltsausführung der Gemeinde berücksichtigt<br />

werden. Ebenso ist die gemeindliche Aufsichtsbehörde an einer zeitnahen Anzeige des festgestellten Jahresabschlusses<br />

sehr interessiert. Der Aufstellung und Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses soll deshalb<br />

unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse ein angemessener Zeitplan zugrunde gelegt werden, ohne<br />

dass die gesetzlichen Fristen überschritten werden.<br />

1.1.2 Zu Nummer 2 (Prüfung der Jahresabschlüsse von Sondervermögen):<br />

1.1.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Nach der Vorschrift sind die Jahresabschlüsse der in § 97 Absatz 1 Nummern 1, 2 und 4 GO <strong>NRW</strong> benannten<br />

Sondervermögen eine Pflichtaufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung. Zu diesen Sondervermögen der Gemeinde<br />

gehören das Gemeindegliedervermögen, das Vermögen der rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen<br />

und die rechtlich unselbstständigen Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen der Gemeinde. Es ist dabei zu<br />

beachten, dass die Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> für die Prüfung der Jahresabschlüsse der gemeindlichen<br />

Eigenbetriebe gesetzlich zuständig ist (vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>). Sie hat die Prüfung nach den<br />

Vorschriften des § 106 GO <strong>NRW</strong> vorzunehmen.<br />

Die Vorschrift enthält zwar ausdrücklich den Begriff „Jahresabschluss“ unter Bezugnahme auf die Sondervermögen<br />

nach § 97 Absatz 1 Nummern 1 und 2 GO <strong>NRW</strong>. Diese Festlegung führt jedoch nicht zur Verpflichtung der<br />

Gemeinde, für die einzelnen gemeindlichen Sondervermögen auch einen eigenständigen Jahresabschluss aufzustellen.<br />

Diese Sondervermögen sind vielmehr im Haushalt der Gemeinde enthalten und bedürfen daher haushaltsmäßig<br />

keines eigenen „Jahresabschlusses“. Die Erträge und Aufwendungen dieser Sondervermögen im<br />

Haushaltsjahr sowie ihre Vermögens- und Schuldenlage sind dann im Jahresabschluss der Gemeinde auszuweisen.<br />

Ein „Abschluss“ als Ergebnis der Erfüllung der Zwecke der gemeindlichen Sondervermögen kann z. B. nach<br />

dem Stiftungsrecht geboten sein.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1013


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1.2.2 Die Sondervermögen nach § 97 Absatz 1 Nummern 1 und 2 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1.2.2.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung hat bei dem Gemeindegliedervermögen und beim Vermögen der rechtlich unselbstständigen<br />

örtlichen Stiftungen als gemeindliche Sondervermögen zu prüfen, inwieweit die Zwecke dieser<br />

Sondervermögen durch die Gemeinde im Haushaltsjahr erfüllt wurden. Der jeweilige „Jahresabschluss“ des einzelnen<br />

Sondervermögens muss mindestens die Erfüllung der Zwecke darstellen und sollte soweit möglich, auch<br />

ein zutreffendes Bild der wirtschaftlichen Lage des betreffenden Sondervermögens vermitteln. Die tatsächlichen<br />

örtlichen Verhältnisse wirken sich daher auch auf die Abschlussprüfung aus. In die vorzunehmende Abschlussprüfung<br />

der betreffenden Sondervermögen der Gemeinde sind daher die jeweils örtlich verfügbaren haushaltswirtschaftlichen<br />

Unterlagen über die Sondervermögen einzubeziehen.<br />

Die Gemeinde hat aber gleichwohl für jedes ihrer Sondervermögen einen gesonderten Nachweis über die Einhaltung<br />

der Zwecksetzung des Sondervermögens im abgelaufenen Haushaltsjahr zu führen, weil die Sondervermögen<br />

vom allgemeinen Gemeindevermögen getrennt zu führen sind. Diese Vorgabe kann im Einzelfall für die Gemeinde<br />

bedeuten, ein gesondertes Jahresergebnis (Abschluss) mit einer dazu gehörenden Übersicht über die<br />

zurechenbaren Vermögen und Schulden fest- bzw. aufzustellen, z. B. bei größeren rechtlich unselbstständigen<br />

örtlichen Stiftungen (vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 2 GO <strong>NRW</strong>). Diese Unterlagen sind dann auch zum Gegenstand<br />

der örtlichen Prüfung zu machen.<br />

1.1.2.2.2 Das Gemeindegliedervermögen<br />

Das Gemeindegliedervermögen ist zwar Vermögen der Gemeinde, das jedoch aufgrund besonderer Berechtigungen<br />

von den Gemeindeeinwohnern und nicht von der Gemeinde selbst genutzt wird. Zum Gemeindegliedervermögen<br />

gehören auf dem Grundeigentum lastende Nutzungsberechtigungen, z. B. bei Wald- und Wegegrundstücken,<br />

die aus der geschichtlichen Entwicklung der Gemeinde heraus heute noch bestehen können. Auch kann<br />

in Einzelfällen das Nutzungsrecht nicht allen, sondern nur einer Gruppe von Einwohnern der Gemeinde zu stehen<br />

(Gemeindegliederklassenvermögen). Der Gemeinde obliegt aber die Pflicht, dieses Vermögen zu verwalten. Zum<br />

Gemeindegliedervermögen enthält § 99 GO <strong>NRW</strong> besondere Regelungen.<br />

1.1.2.2.3 Die rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen<br />

Bei rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen (fiduziarische Stiftungen) der Gemeinde werden i.d.R. durch<br />

einen Dritten als Stifter bestimmte Vermögensgegenstände mit einer bestimmten Zwecksetzung (Stifterwillen) der<br />

Gemeinde zu Eigentum übertragen. In diesen Fällen hat der Stifter die in seinem Eigentum befindlichen Vermögenswerte<br />

zugunsten eines uneigennützigen, auf Dauer eingerichteten örtlichen Zwecks entäußert, der nach<br />

seinem Willen durch die Gemeinde zu erfüllen ist. Diese Gegebenheiten führen dazu, dass die Gemeinde bei<br />

solchen Stiftungen nach außen im eigenen Namen auftritt. Sie ist jedoch im Innenverhältnis zum Stifter an dessen<br />

Stifterwillen gebunden.<br />

Der Gemeinde ist es ebenfalls möglich, eine rechtlich unselbstständige örtliche Stiftung zu errichten. Sie muss bei<br />

der Einbringung von Vermögensgegenständen in eine solche Stiftung jedoch die Voraussetzungen in der Vorschrift<br />

des § 100 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> beachten. Sofern diese Kriterien von der Gemeinde erfüllt werden, kann sie<br />

als Stifterin vorhandene Vermögenswerte zu Gunsten eines uneigennützigen, auf Dauer eingerichteten Zwecks<br />

entäußern. Die gemeindliche Aufgabe wird dadurch nicht aufgegeben, sondern ist dann durch einen Dritten zu<br />

erfüllen (Errichtung einer rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftung durch die Gemeinde selbst).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1014


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1.2.3 Die Sondervermögen nach § 97 Absatz 1 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong><br />

Zu den Sondervermögen nach dieser Vorschrift gehören die wirtschaftlichen Unternehmen (§ 114 GO <strong>NRW</strong>) und<br />

die organisatorisch verselbstständigten Einrichtungen (§ 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) der Gemeinde. Für die Gemeinde<br />

sind die Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen wichtige Organisationseinheiten im<br />

Rahmen ihrer aufgabenbezogenen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Betätigung. Diese gemeindlichen<br />

Betriebe sind wirtschaftlich und verwaltungsmäßig selbstständig und unter Beachtung der Eigenbetriebsordnung<br />

zu führen. Zu diesen Sondervermögen der Gemeinde gehören auch die gemeindlichen Krankenhäuser, die als<br />

organisatorisch und wirtschaftlich eigenständige Einrichtungen von der Gemeinde eigenverantwortlich betrieben<br />

werden (vgl. §§ 1 und 10 GemKHBVO).<br />

Für die Jahresabschlussprüfung dieser gemeindlichen Betriebe sind besondere Regelungen getroffen worden,<br />

sodass deren Jahresabschlussprüfung der Gemeindeprüfungsanstalt und nicht der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

obliegt (vgl. § 106 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeindeprüfungsanstalt kann sich für die Jahresabschlussprüfung eines<br />

Wirtschaftsprüfers, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder in Einzelfällen eines hierzu befähigten eigenen<br />

Prüfers bedienen. Sie hat aber das Prüfungsergebnis in Form des Prüfungsberichts der betreffenden Gemeinde<br />

mitzuteilen. Die Gemeindeprüfungsanstalt hat das Prüfungsergebnis aus besonderem Anlass oder auf Anforderung<br />

auch den Kommunal- und den Fachaufsichtsbehörden mitzuteilen. Diese Regelungen gelten entsprechend<br />

auch für Einrichtungen der Gemeinde, die entsprechend den Vorschriften über das Rechnungswesen der Eigenbetriebe<br />

geführt werden (vgl. § 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Zu den Sondervermögen nach dieser Vorschrift zählen jedoch nicht unselbstständige Betriebe innerhalb der<br />

gemeindlichen Verwaltung. Derartige Betriebe sind als Regiebetriebe und Verwaltungsbetriebe rechtlich und<br />

wirtschaftlich unselbstständig. Sie sind Teil der gemeindlichen Verwaltung und in den Haushaltsplan der Gemeinde<br />

einbezogen sowie daran gebunden. Die diesen Betrieben zuzuordnenden Erträge und Aufwendungen sowie<br />

die Finanzmittel bzw. Zahlungen sind daher im gemeindlichen Haushaltsplan zu veranschlagen und im gemeindlichen<br />

Jahresabschluss nachzuweisen. Ebenfalls fallen auch die „gemeindlichen“ Betriebe gewerblicher Art (BgA)<br />

nicht unter diese haushaltsrechtliche Vorschrift, weil diese lediglich für steuerrechtliche Zwecke „verselbstständigt“<br />

worden sind, z. B. zur Erfüllung der Körperschaftssteuer.<br />

1.1.2.4 Die Sondervermögen nach § 97 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde kann aber auch noch über weitere Formen von Sondervermögen verfügen, z. B. Versorgungs- und<br />

Versicherungseinrichtungen. In diesen Fällen kann eine Prüfung eines förmlichen Jahresabschlusses vorzunehmen<br />

sein. Eine Prüfungspflicht entsteht, wenn für eine unter diese Vorschrift fallende Versorgungs- und Versicherungseinrichtung<br />

der Gemeinde eine abgesonderte Haushalts- und Wirtschaftsführung erfolgt bzw. ein eigener<br />

Rechnungskreis besteht, z. B. für eine eigene Zusatzversorgungskasse oder eine Eigenunfallversicherung.<br />

Bei gemeindlichen Einrichtungen nach dieser Vorschrift, die in den gemeindlichen Haushalt einbezogen sind,<br />

entsteht keine gesonderte Prüfungspflicht, denn ein eigenständiger Jahresabschluss wird dann für die Einrichtung<br />

nicht aufgestellt. Die Gemeinde hat aber dann gleichwohl für das Sondervermögen einen Nachweis zu führen,<br />

dass dessen Zwecksetzung im abgelaufenen Haushaltsjahr eingehalten wurde. Ein solcher Nachweis kann durch<br />

ein gesondertes Jahresergebnis (Abschluss) mit einer dazu gehörenden Übersicht über die zurechenbaren Vermögen<br />

und Schulden aufgestellt werden. Diese Unterlagen können dann zum Gegenstand der Prüfung nach<br />

Ablauf des Haushaltsjahres gemacht werden sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1015


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1.3 Zu Nummer 3 (Prüfung des Gesamtabschlusses):<br />

1.1.3.1 Die Inhalte der Gesamtabschlussprüfung<br />

Die Prüfung des Gesamtabschlusses der Gemeinde ist eine wichtige Pflichtaufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung,<br />

denn der Rechnungsprüfungsausschuss soll sich zu dessen Prüfung der örtlichen Rechnungsprüfung bedienen<br />

(vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Sie ist Voraussetzung für die Bestätigung des Gesamtabschlusses durch<br />

den Rat sowie für die Entlastung des Bürgermeisters (vgl. § 116 i.V.m. § 96 GO <strong>NRW</strong>). Der Inhalt und die Durchführung<br />

dieser Abschlussprüfung sind deshalb näher bestimmt worden (vgl. § 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Dabei<br />

wird auf bestimmte Vorschriften über die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses verwiesen (vgl. § 101<br />

Absatz 2 bis 8 GO <strong>NRW</strong>). In die vorzunehmende Abschlussprüfung sind alle Bestandteile des Gesamtabschlusses<br />

der Gemeinde sowie dessen Anlagen einzubeziehen.<br />

Im Rahmen der Abschlussprüfung ist der Gesamtabschluss der Gemeinde dahin gehend zu prüfen, ob er ein den<br />

tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der<br />

Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt. Die Prüfung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses erstreckt dabei sich aber auch darauf, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie<br />

ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind. Der Gesamtlagebericht<br />

ist auch daraufhin zu prüfen, ob er mit dem Gesamtabschluss in Einklang steht und ob seine sonstigen Angaben<br />

nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde<br />

erwecken.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss und die örtliche Rechnungsprüfung sowie ggf. weitere Abschlussprüfer haben<br />

sich deshalb einen Überblick über die rechtlichen und die wirtschaftlichen Gesamtverhältnisse der Gemeinde zu<br />

verschaffen. Dazu gehört, in die Abschlussprüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses auch die Jahresabschlüsse<br />

von den gemeindlichen Betrieben einzubeziehen, sofern die Betriebe als gemeindliche Tochtereinheiten<br />

dem Vollkonsolidierungskreis für den Gesamtabschluss angehören. Aus ihrer abschließenden Einschätzung<br />

haben diese Abschlussprüfer dann das von ihnen durchzuführende Prüfungsprogramm zu entwickeln. Besondere<br />

Bedingungen der Gemeinde zu Inhalten und zur Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses sind dabei<br />

ausreichend und sachgerecht zu beachten.<br />

1.1.3.2 Die Abstimmung des Prüfungsprogramms<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss und die Abschlussprüfer der örtlichen Rechnungsprüfung sowie Dritte als<br />

Abschlussprüfer haben sich einen Überblick über die gesamten rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der<br />

Gemeinde zu verschaffen, um das örtliche Prüfungsprogramm und die Durchführung der Prüfung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses festlegen zu können. In dieser Betrachtung sind auch die Prüfungsergebnisse aus der<br />

Prüfung der Jahresabschlüsse der gemeindlichen Betriebe zu berücksichtigen, mindestens von den Betrieben,<br />

die als Tochtereinheiten der Gemeinde in den Vollkonsolidierungskreis des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

einbezogen werden. Aus der abschließenden Einschätzung und einer gegenseitigen Abstimmung aller an der<br />

Abschlussprüfung beteiligten Prüfer ist das von ihnen durchzuführende Prüfungsprogramm zu entwickeln.<br />

Die Abstimmung mit den Abschlussprüfern der gemeindlichen Betriebe erfordert dabei regelmäßig auch eine<br />

anschließende sachgerechte Zusammenarbeit. Deren Art und Umfang sind u.a. auch davon abhängig, welche<br />

Vorarbeiten zur Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses von der Verwaltung der Gemeinde und welche<br />

Leistungen von den gemeindlichen Betrieben zu erbringen sind. Ohne diese Kenntnisse kann i.d.R. auch die<br />

Abschlussprüfung eines gemeindlichen Betriebes nicht vollständig abgeschlossen werden. Die notwendige Zusammenarbeit<br />

der Prüfer in beiden Prüfungsbereichen soll u.a. dazu beitragen, dass Doppelprüfungen vermieden,<br />

der jeweilige Prüfungsumfang abgrenzbar wird und ein sinnvoller Informationsaustausch stattfinden kann.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1016


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Die besonderen Bedingungen der Gemeinde zu den Inhalten und zur Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

sind dabei zu beachten.<br />

Die Zusammenarbeit der Abschlussprüfer endet dabei nicht mit der Aufstellung des Prüfprogramms für den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss. Sie ist schon deshalb fortzusetzen, weil im Ablauf der Prüfung ggf. Abstimmungsbedarfe<br />

und Sachaufklärungen notwendig werden. Insbesondere zur Festlegung des Prüfungsergebnisses und<br />

zur Erstellung des Prüfungsberichtes benötigt der Abschlussprüfer auch betriebliche Informationen über die Prüfung<br />

der einzelnen Jahresabschlüsse der Betriebe, um die Konsolidierungswirkungen aus den Jahresabschlüssen<br />

beurteilen zu können. Nur durch eine Zusammenarbeit der Abschlussprüfer von Gesamtabschluss und den<br />

einzelnen Jahresabschlüssen kann sichergestellt werden, dass vom Gesamtabschlussprüfer ein Bestätigungsvermerk<br />

in verantwortlicher Weise erstellt wird. Die Zusammenarbeit der Abschlussprüfer ermöglicht es dabei,<br />

dass der Bestätigungsvermerk für den gemeindlichen Gesamtabschluss inhaltlich auf einer sachgerechten und<br />

den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Basis aufgebaut wird und eine entsprechende Aussage enthält.<br />

1.1.3.3 Die Prüfungsgrundsätze für Abschlussprüfungen<br />

Die Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses ist insgesamt ein in mehrere Abschnitte zu unterteilender<br />

Vorgang, der sich von der Prüfungsplanung bis zur Berichterstattung über die durchgeführte Abschlussprüfung<br />

erstreckt. In die Prüfung sollen daher neben den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auch die „Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger Abschlussprüfungen (GoA)“ einbezogen werden. Diese Grundsätze, die i.d.R. Mindeststandards<br />

für die Abschlussprüfung festlegen, sind nicht gesetzlich bestimmt, sondern werden aus unterschiedlichen<br />

Quellen abgeleitet, denn die Abschlussprüfung wird grundsätzlich mit dem Ziel durchgeführt, zutreffende<br />

Prüfungsaussagen unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit zu treffen.<br />

Diese möglichen Prüfungsgrundsätze sollen auch beim gemeindlichen Gesamtabschluss eine entsprechende<br />

Anwendung finden. In diesem Zusammenhang sind z. B. vom IDW noch weitere Grundsätze zur Durchführung<br />

von Abschlussprüfungen sowie zu den darin vorzunehmenden Prüfungshandlungen bestimmt worden. Insbesondere<br />

werden Aussagen zur Qualitätssicherung der Prüfung, zum Prüfungsansatz, der Prüfungsdurchführung, zum<br />

Prüfungsbericht und dem Bestätigungsvermerk gemacht, die um Rechnungslegungshinweise ergänzt werden.<br />

Bei der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses sollten zudem die „Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung<br />

bei Abschlussprüfungen“ sowie die „Grundsätze für die ordnungsmäßige Erteilung von Bestätigungsvermerken<br />

bei Abschlussprüfungen“ zur Anwendung kommen.<br />

Die gemeindliche Abschlussprüfung des Gesamtabschlusses ist auch nach diesen Grundsätzen angemessen zu<br />

dokumentieren. Mit der Dokumentation der Prüfungstätigkeiten sollen die Informationen, die zum Prüfungsergebnis<br />

und zu einzelnen Prüfungsfeststellungen geführt haben, für Dritte transparent und nachvollziehbar gemacht<br />

werden. Zudem sind die Unterlagen der Abschlussprüfer über die Prüfung aufzubewahren. Sofern der Prüfer der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung angehört, sind die Vorschriften über die Aufbewahrung von gemeindlichen Unterlagen<br />

zu beachten (vgl. § 58 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.3.4 Der Umfang der Gesamtabschlussprüfung<br />

1.1.3.4.1 Allgemeines<br />

Der gemeindliche Gesamtabschluss muss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung vermitteln (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>). Zu den Prüfungsgegenständen gehört daher eine Vielzahl<br />

von gemeindlichen Sachverhalten, z. B. dass gemeindliche Betriebe zum Vollkonsolidierungskreis gehören, aber<br />

Betriebe der Gemeinde auch nach der Equity-Methode zu konsolidieren sind. Die Gesamtabschlussprüfung um-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1017


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

fasst deshalb neben den Bestandteilen des gemeindlichen Gesamtabschlusses und seinen Anlagen auch die<br />

Beachtung der geltenden haushaltsrechtlichen Vorschriften sowie ergänzender Bestimmungen von Gesellschaftsverträgen<br />

und gemeindlichen Satzungen.<br />

Ein Prüfungsgegenstand ist dabei auch die Entscheidung der Gemeinde, bestimmte gemeindliche Betriebe nicht<br />

in den gemeindlichen Gesamtabschluss einzubeziehen, weil diesen Betrieben eine untergeordnete Bedeutung<br />

zukommt. Zu prüfen ist aber auch, ob der Gesamtlagebericht, der dem Gesamtabschluss beizufügen ist, mit dem<br />

Gesamtabschluss und den Erkenntnissen des Prüfers in Einklang steht. Außerdem ist dem Gesamtabschluss der<br />

gemeindliche Beteiligungsbericht beizufügen (vgl. § 117 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Dieser Bericht ist jedoch kein<br />

Prüfungsgegenstand, auch wenn die darin enthalten Informationen eine vielfältige Bedeutung für die Gesamtabschlussprüfung<br />

haben.<br />

1.1.3.4.2 Die Prüfungsgegenstände<br />

1.1.3.4.1.1 Die Gesamtergebnisrechnung<br />

Die Gesamtergebnisrechnung baut auf der gemeindlichen Ergebnisrechnung auf und berücksichtigt die sich aus<br />

dem Gesamtabschluss der Gemeinde ergebenden Besonderheiten. Für deren Gestaltung finden die Vorschriften<br />

über die gemeindliche Ergebnisrechnung eine entsprechende Anwendung (vgl. § 49 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Entsprechend wird dadurch gemeindeübergreifend eine Mindesteinheitlichkeit gewährleistet. Es verbleiben der<br />

Gemeinde aber noch ausreichend Gestaltungsspielräume für ihre Ertrags- und Aufwandsarten. Die Bezifferung<br />

der Ertrags- und Aufwandspositionen sowie der Summen und Salden hat die Gemeinde in fachlicher und technischer<br />

Hinsicht eigenverantwortlich unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten festzulegen.<br />

1.1.3.4.1.2 Die Gesamtbilanz<br />

Die Gesamtbilanz der Gemeinde soll umfassend Auskunft über das gesamte Vermögen und über sämtliche<br />

Schulden der Gemeinde geben. Der Aufbau der gemeindlichen Gesamtbilanz soll dabei auf die wichtigen Bilanzposten<br />

ausgerichtet werden, die regelmäßig auch in der gemeindlichen Bilanz enthalten sein sollen (vgl. § 41<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Bei der gemeindlichen Gesamtbilanz soll ebenfalls gemeindeübergreifend eine Mindesteinheitlichkeit<br />

gewährleistet werden (vgl. § 49 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde hat in fachlicher und technischer<br />

Hinsicht die Gestaltung der Gesamtbilanz eigenverantwortlich vorzunehmen.<br />

Die örtlichen Gegebenheiten können ggf. so gewichtig sein, dass diese bei der Gestaltung der Gesamtbilanz nicht<br />

außer Betracht bleiben können. In der örtlichen Praxis ist deshalb z. B. zu prüfen, welchen Bilanzposten eine<br />

geringe Bedeutung zukommt, sodass ein Ansatz als gesonderter Posten entbehrlich sein kann. Im Gesamtanhang<br />

sind dann ausreichende Angaben Erläuterungen zu diesem Bilanzbereich zu machen. Die Gemeinde hat<br />

zudem die Bezifferung der Aktiv- und Passivposten eigenverantwortlich in fachlicher und technischer Hinsicht<br />

unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten festzulegen.<br />

1.1.3.4.1.3 Der Gesamtanhang<br />

Der Gesamtanhang im gemeindlichen Gesamtabschluss hat die erforderlichen Erläuterungen zur Gesamtergebnisrechnung<br />

und zur Gesamtbilanz zu enthalten. Dazu gehören auch Angaben über die nicht in den Gesamtabschluss<br />

einbezogenen gemeindlichen Betriebe. Die Gemeinde soll die Erläuterungen im Gesamtanhang möglichst<br />

so fassen, dass z. B. sachverständige Dritte die Wertansätze in der Gesamtbilanz beurteilen können. Für<br />

die äußere Gestaltung des Anhangs, seinen Aufbau und Umfang sind keine besonderen Formvorgaben vorgegeben<br />

worden. Es muss dem Gesamtanhang aber eine Gesamtkapitalflussrechnung beigefügt werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1018


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde sollte wegen der Fülle der Informationen den gemeindlichen Gesamtanhang unter Beachtung des<br />

Grundsatzes der Klarheit und Übersichtlichkeit grundlegend leserfreundlich strukturieren. Die im Gesamtanhang<br />

zu gebenden Informationen sollen dabei in einen sachlichen Zusammenhang mit den entsprechenden Bestandteilen<br />

des Gesamtabschlusses stehen. Es bietet sich deshalb z. B. für den Gesamtanhang an, mit allgemeinen<br />

Angaben zum aufgestellten Gesamtabschluss und zu den verwendeten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden<br />

zu beginnen, um daran anknüpfend spezielle Erläuterungen zu den Posten der Gesamtbilanz und zu den Positionen<br />

der Gesamtergebnisrechnung zu geben.<br />

1.1.3.4.1.4 Die Gesamtkapitalflussrechnung<br />

Die Gemeinde hat innerhalb ihres Gesamtabschlusses eine Gesamtkapitalflussrechnung zusätzlich zur Gesamtbilanz<br />

und Gesamtergebnisrechnung aufzustellen. Der Gesamtabschluss soll dadurch seiner Aufgabe besser<br />

gerecht werden, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Finanzgesamtlage der Gemeinde<br />

zu vermitteln. Eine solche Darstellung der Zahlungsströme ist mindestens erforderlich, denn eine „Gesamtfinanzrechnung“<br />

entsprechend der gemeindlichen Finanzrechnung im Jahresabschluss ist für den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde nicht vorgesehen. Die Gesamtkapitalflussrechnung muss hinsichtlich ihrer Ausgestaltung auf den<br />

Gesamtabschluss der Gemeinde ausgerichtet werden.<br />

Im gemeindlichen Gesamtabschluss ist daher eine Gesamtkapitalflussrechnung unter Beachtung des Deutschen<br />

Rechnungslegungsstandards Nummer 2 (DRS 2) in der vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) nach § 342<br />

Absatz 2 HGB bekannt gemachten Form aufzustellen. Nach diesem Rechnungslegungsstandard stellt die Gesamtkapitalflussrechnung<br />

zeitbezogen die Zahlungsströme der wirtschaftlichen Gesamtheit „Gemeinde“ dar, die<br />

zur Veränderung des Zahlungsmittelbestandes führen. Sie gibt Auskunft darüber, wie die gemeindliche Verwaltung<br />

zusammen mit den Betrieben der Gemeinde, soweit diese in den Gesamtabschluss einbezogen sind, die<br />

finanziellen Mittel erwirtschaftet.<br />

Die Gesamtkapitalflussrechnung ist als zusätzliches Instrument für den gemeindlichen Gesamtabschluss nur<br />

brauchbar, wenn sie sich nach dem beim Gesamtabschluss geltenden Grundsatz der Einheit auf dessen festgelegten<br />

Konsolidierungskreis bezieht. Es werden dadurch dann nur die Zahlungsströme erfasst, die mit außerhalb<br />

des Gesamtabschlusses stehenden Dritten bestehen. Die Zahlungsströme zwischen der gemeindlichen Verwaltung<br />

und den Betrieben der Gemeinde sowie zwischen den Betrieben dürfen daher nicht in der Gesamtkapitalflussrechnung<br />

enthalten sein. Die Auswahl der in die Gesamtkapitalflussrechnung einzuziehenden Zahlungsströme<br />

der Betriebe ist daher anhand der jeweils angewandten Konsolidierungsmethode vorzunehmen.<br />

Die Daten für die in der Gesamtkapitalflussrechnung darzustellenden Zahlungsströme können unmittelbar aus<br />

den Buchungen in der Finanzbuchhaltung (originäre Ermittlung) oder aus den Bestandteilen des Gesamtabschlusses<br />

(derivative Ermittlung) abgeleitet werden. Dieses erfordert, dass die Zahlungen, z.B. durch eine entsprechende<br />

Kontoführung oder Buchungsschlüssel oder durch Abfragen abgegrenzt werden können. Im Rahmen<br />

der Gesamtkapitalflussrechnung sind eine originäre und eine derivative Ermittlung möglich. Die Anwendung der<br />

originären Ermittlung der Zahlungsströme erfordert, dass den Buchungen spezielle Buchungsschlüssel beigefügt<br />

werden, um eine einfache Auswertung vornehmen zu können.<br />

Die derivative Ermittlung der Zahlungsströme baut dagegen auf dem aufgestellten Gesamtabschluss bzw. den<br />

einzelnen Jahresabschlüssen auf. Die Angaben müssen dabei um zahlungsunwirksame Vorgänge bereinigt werden.<br />

Außerdem kann die Ermittlung der Zahlungsströme für die Gesamtkapitalflussrechnung aus den Ergebnissen<br />

aus der „Finanzrechnung“ der gemeindlichen Verwaltung und den Kapitalflussrechnungen der gemeindlichen<br />

Betriebe vorgenommen werden. Diese Methode wird als Bottom-up-Konzept bezeichnet. Eine weitere Ableitungsmöglichkeit<br />

im Rahmen der Gesamtkapitalflussrechnung wird als Top-down-Konzept bezeichnet. Bei dieser<br />

GEMEINDEORDNUNG 1019


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Methode stellen die gemeindliche Gesamtbilanz und die Gesamtergebnisrechnung die Ausgangsbasis für die<br />

Erstellung der Kapitalflussrechnung dar.<br />

1.1.3.4.1.5 Die Gesamtabschlussunterlagen<br />

Der gemeindliche Gesamtabschluss soll möglichst eine zutreffende Rechenschaft über die Ergebnisse der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft unter Berücksichtigung der Aufgabenerledigung geben. Dieses erfordert ggf. von<br />

der Gemeinde, dem gemeindlichen Gesamtabschluss nicht nur die haushaltsrechtlich bestimmten Anlagen beizufügen,<br />

sondern aus örtlicher Sicht sachlich wichtige Anlagen beizufügen, z.B. ein Gesamtanlagenspiegel oder ein<br />

Gesamteigenkapitalspiegel. Die haushaltsrechtlich bestimmten Bestandteile und Anlagen des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Die gemeindlichen Gesamtabschlussunterlagen<br />

DIE BESTANDTEILE DES GESAMTABSCHLUSSES<br />

Gesamtergebnisrechnung<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Entspricht die Gesamtergebnisrechnung den Anforderungen und<br />

enthält mindestens die vorgesehenen Positionen mit den Ist-<br />

Ergebnissen?<br />

Gesamtbilanz<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Entspricht die Gesamtbilanz den Anforderungen? Wird ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermittelt?<br />

Gesamtanhang<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Enthält der Gesamtanhang ausreichende Erläuterungen zu den Posten<br />

der Gesamtbilanz und den Positionen der Gesamtergebnisrechnung?<br />

Ist eine Kapitalflussrechnung beigefügt?<br />

Gesamtlagebericht<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Werden die Anforderungen erfüllt?<br />

DIE ANLAGEN IM GESAMTABSCHLUSS<br />

Beteiligungsbericht<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Wird eine ausreichende Übersicht über die Beteiligungen gegeben?<br />

Werden die übrigen Anforderungen erfüllt?<br />

Gesamtkapitalflussrechnung<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Wird der Finanzmittelfonds zutreffend dargestellt und ist er zutreffend<br />

ermittelt worden?<br />

Verbindlichkeitenspiegel<br />

Prüfungsauftrag:<br />

Wird eine ausreichende Übersicht über den Stand der Verbindlichkeiten<br />

gegeben? Werden die übrigen Anforderungen erfüllt?<br />

Abbildung 203 „Die Gesamtabschlussunterlagen der Gemeinde<br />

GEMEINDEORDNUNG 1020<br />

§ 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

i.V.m. § 49 Absatz 1 Nummer<br />

1 und Absatz 3 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

i.V.m. § 49 Absatz 1 Nummer<br />

2 und Absatz 3 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

i.V.m. § 49 Absatz 1 Nummer<br />

3 und § 51 Absatz 2 und 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 1 und 4 GO<br />

<strong>NRW</strong> i.V.m. § 49 Absatz 2 und<br />

§ 51 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 117 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 49<br />

Absatz 2 und § 52 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

i.V.m. § 51 Absatz 3 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

i.V.m. § 49 Absatz 2 und § 47<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>


1.1.3.4.2 Die Prüfung des Gesamtlageberichtes<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Gesamtabschluss ist nach den haushaltsrechtlichen Bestimmungen um einen Gesamtlagebericht zu ergänzen<br />

(vgl. § 51 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>). In diesem Bericht sollen mindestens der Geschäftsablauf im abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr und die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde dargestellt und erläutert werden. Er soll<br />

dabei eine ausgewogene und umfassende, dem Umfang der gemeindlichen Aufgabenerfüllung entsprechende<br />

Analyse der Haushaltswirtschaft unter Einbeziehung der gemeindlichen Betriebe und der wirtschaftlichen Gesamtlage<br />

enthalten. Im Gesamtlagebericht ist deshalb von der Gemeinde über alle Tatsachen und Sachverhalte<br />

zu berichten, die für eine Gesamtbeurteilung der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde erforderlich sind.<br />

Diesem örtlichen Bericht kommen somit umfassende und vielfältige Funktionen im Rahmen der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres zu.<br />

Der gemeindliche Gesamtlagebericht soll aber auch zukunftsbezogen sein und deshalb die notwendigen Erläuterungen<br />

zu den Chancen und Risiken der zukünftigen wirtschaftlichen Gesamtentwicklung der Gemeinde enthalten.<br />

Es gilt dabei für die Gemeinde, nicht nur einen Zusammenhang zu den produktorientierten Zielen und Leistungskennzahlen<br />

der gemeindlichen Aufgabenerfüllung im Haushaltsjahr herzustellen (vgl. § 12 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde soll auch auf die im Gesamtabschluss enthaltenen Ergebnisse ausreichend Bezug nehmen, soweit<br />

diese bedeutsam für das örtliche Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde<br />

sind. Außerdem sollen am Schluss des Gesamtlageberichts die gesetzlich bestimmten Angaben zu den Verantwortlichen<br />

in der Gemeinde gemacht werden (vgl. § 116 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Im Rahmen der Gesamtabschlussprüfung ist daher der gemeindliche Gesamtlagebericht daraufhin zu prüfen, ob<br />

er mit dem Gesamtabschluss in Einklang steht und ob seine sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung<br />

von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde erwecken. Außerdem muss der<br />

Abschlussprüfer die im Gesamtlagebericht angegebenen künftigen Chancen und Risiken einschätzen und beurteilen.<br />

Im Rahmen der Prüfung des Gesamtlageberichts kann er dabei die „Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung“<br />

als Beurteilungsmaßstäbe heranziehen.<br />

1.1.3.4.3 Weitere prüfungsrelevante Sachverhalte<br />

1.1.3.4.3.1 Die Prüfung von Zwischenabschlüssen<br />

Im gemeindlichen Gesamtabschluss soll die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde zum Abschlussstichtag<br />

gezeigt und dabei die Gemeinde mit ihren Betrieben so dargestellt werden, als ob sie eine einzige Einheit darstellt.<br />

Um dieses Gesamtbild sachgerecht zu erreichen, sollen auch die gemeindlichen Betriebe, die ein vom<br />

Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr haben, entsprechend in den gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogen<br />

werden. Die für die Einbeziehung in den gemeindlichen Gesamtabschluss notwendige Übereinstimmung<br />

des Abschlussstichtages wird dadurch geschaffen, dass der einzelne „abweichende“ Betrieb verpflichtet wird,<br />

einen gesonderten Zwischenabschluss, bezogen auf den Abschlussstichtag des Gesamtabschlusses der Gemeinde,<br />

aufzustellen.<br />

Für die Prüfung, ob ein gemeindlicher Betrieb einen Zwischenabschluss aufzustellen hat, ist vorrangig dessen<br />

Abschlussstichtag ausschlaggebend. Es ist in solchen Fällen zu unterscheiden, ob der betriebliche Abschlussstichtag<br />

zwischen dem 30. September und dem 31. Dezember oder vor dem 30. September des Kalenderjahres<br />

liegt. Im örtlichen Einzelfall können auch noch andere Abschlussstichtage bestehen, z. B. bei Betrieben im gemeindlichen<br />

Kulturbereich. Diese Prüfung ist im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses relevant, wenn<br />

der Betrieb der Gemeinde für das durch den Gesamtabschluss zu vermittelnde Bild der wirtschaftlichen Gesamtlage<br />

nicht untergeordneter Bedeutung ist (vgl.§ 116 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1021


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch die Aufstellung eines Zwischenabschlusses durch einen gemeindlichen Betrieb soll eine auf den Abschlussstichtag<br />

bezogene Grundlage geschaffen werden, die für die notwendigen Konsolidierungsschritte zur<br />

Aufstellung des Gesamtabschlusses durch die Gemeinde zwingend erforderlich ist. Die erhebliche Zeitdifferenz<br />

zwischen dem Abschlussstichtag des jeweiligen gemeindlichen Betriebes und dem Abschlussstichtag des Gesamtabschlusses<br />

wird dabei dadurch überbrückt, dass der Jahresabschluss des Betriebes auf den Abschlussstichtag<br />

des Gesamtabschlusses fortzuschreiben ist. Durch diese Fortschreibung wird ein auf den Abschlussstichtag<br />

des Gesamtabschlusses und das Geschäftsjahr der Gemeinde gleicher „Abrechnungszeitraum“ für den<br />

gemeindlichen Betrieb geschaffen und die Konsolidierung gewährleistet.<br />

Ein solcher betrieblicher Zwischenabschluss muss grundsätzlich orientiert an den Erfordernissen des Jahresabschlusses<br />

des betreffenden Betriebes aufgestellt werden. Bei seiner Aufstellung durch den gemeindlichen Betrieb<br />

müssen jedoch bereits die für den gemeindlichen Gesamtabschluss geltenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden<br />

zur Anwendung kommen, auch wenn der Zwischenabschluss aus den Büchern des gemeindlichen<br />

Betriebes zu entwickeln ist. Ein solcher Zwischenabschluss stellt daher für den Betrieb der Gemeinde keinen<br />

unterjährigen Jahresabschluss dar. Seine Ableitung aus dem betrieblichen Jahresabschluss bzw. seine Aufstellung<br />

dient ausschließlich der Erstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses.<br />

Der Zwischenabschluss eines gemeindlichen Betriebes unterliegt daher auch nicht der Pflicht zur Jahresabschlussprüfung<br />

bei dem betreffenden Betrieb. Er unterliegt vielmehr wegen seiner gesamtabschlussbezogenen<br />

Aufstellung der Prüfungspflicht des Abschlussprüfers des gemeindlichen Gesamtabschlusses. Die Prüfung des<br />

aufgestellten Zwischenabschlusses kann aber dem Jahresabschlussprüfer des betreffenden gemeindlichen Betriebes<br />

übertragen werden (vgl. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Der Rechnungsprüfungsausschuss hat daher die<br />

Prüfungsverantwortung auch für alle die dem Gesamtabschluss zugrunde liegenden Abschlüsse, auch wenn<br />

diese nach anderen Vorschriften geprüft worden sind. Diese Sachlage gilt auch dann, wenn ein Zwischenabschluss<br />

vom Jahresabschlussprüfer des betreffenden gemeindlichen Betriebes geprüft worden ist.<br />

1.1.3.4.3.2 Die Prüfung der Entbehrlichkeit des Gesamtabschlusses<br />

Für die Gemeinde besteht keine Ausnahmeregelung, durch die sie von der Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

befreit ist oder es ihr ermöglicht, auf dessen Aufstellung zu verzichten (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei einzelnen Gemeinden können jedoch besondere Fallgestaltungen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung<br />

bzw. bei der Geschäftstätigkeit ihrer Betriebe vorliegen, die dazu führen, dass für die Gemeinde die Aufstellung<br />

eines Gesamtabschlusses als verzichtbar anzusehen ist. Im Rahmen einer Abwägung muss die Gemeinde<br />

dann feststellen, ob die örtlichen Gegebenheiten für einen solchen Verzicht vorliegen und dokumentieren.<br />

Ein solcher besonderer örtlicher Sachverhalt kann z. B. gegeben sein, wenn die Gemeinde über keinen voll zu<br />

konsolidieren Betrieb bzw. über keine Tochtereinheit verfügt. In solchen Fällen liegt dann die wichtigste Voraussetzung<br />

für einen gemeindlichen Gesamtabschluss, dass ein Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen der gemeindlichen<br />

Verwaltung und einem gemeindlichen Betrieb besteht, nicht vor. Das Fehlen dieser Voraussetzung kann<br />

dann nicht dadurch geheilt werden, dass die Gemeinde über Betriebe verfügt, die nach der Equity-Methode zu<br />

konsolidieren wären. In solchen Fällen erlischt vielmehr die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung eines gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses.<br />

Dieser zulässige Verzicht auf die Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses macht jedoch gleichzeitig<br />

nicht auch die in der Vorschrift festgelegte Prüfung verzichtbar. Vielmehr ist in solchen Fällen die Prüfung dann in<br />

der Art und Weise auszuüben, dass zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Aufstellung<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses vor Ort gegeben sind. Diese Prüfung endet ebenfalls mit einem Prüfungsbericht<br />

und einem Bestätigungsvermerk (vgl. § 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Sofern im Rahmen der örtlichen<br />

Prüfung festgestellt wird, dass die Befreiungsvoraussetzungen bei der Gemeinde nicht vorliegen, kann der Bestä-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1022


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

tigungsvermerk ggf. versagt werden. Der Bürgermeister hat dann das Notwendige für die Aufstellung des Gesamtabschlusses<br />

für das abgelaufene Haushaltsjahr zu veranlassen.<br />

1.1.3.4.3.3 Sonstige Prüfungsgegenstände<br />

Zu den Prüfungsgegenständen im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses kann, abhängig von den<br />

örtlichen Verhältnissen, eine Vielzahl von weiteren gemeindlichen Sachverhalten gehören. Auch müssen die für<br />

den gemeindlichen Gesamtabschluss relevanten Unterlagen und Informationen in die Durchführung der Gesamtabschlussprüfung<br />

einbezogen werden, z. B. die örtliche Gesamtabschlussrichtlinie. Die speziellen örtlichen Sachverhalte<br />

und Gegebenheiten, die für den Gesamtabschlussprüfer einen Prüfungsgegenstand darstellen, können<br />

nicht im Einzelnen benannt, sondern nur beispielhaft vorgestellt werden (vgl. Abbildung).<br />

Beispiele für Prüfungssachverhalte beim Gesamtabschluss<br />

- die Festlegung und Abgrenzung des örtlichen Konsolidierungskreises mit der Auswahl<br />

der gemeindlichen Betriebe, die zum Vollkonsolidierungskreis zählen.<br />

- die Festlegung und Abgrenzung der gemeindlichen Betriebe, die nach der Equity-<br />

Methode konsolidiert werden.<br />

- die Festlegung und Abgrenzung der gemeindlichen Betriebe, die im Hinblick auf den<br />

gemeindlichen Gesamtabschluss von untergeordneter Bedeutung sind.<br />

- die zutreffende Anwendung von Wahlrechten und Vereinfachungen.<br />

- die konsolidierungsbedingten Anpassungen bei der Aufstellung der Gemeindebilanz<br />

II (Vereinheitlichung der Einzelabschlüsse).<br />

- die Durchführung der Kapitalkonsolidierung, der Schuldenkonsolidierung, der Zwischenergebniseliminierung,<br />

der Ertrags- und Aufwandskonsolidierung.<br />

- die Ermittlung der Anteile fremder Gesellschafter.<br />

- die zutreffende Aufstellung der Gesamtbilanz und der Gesamtergebnisrechnung<br />

einschließlich des Gesamtanhangs mit den Inhalten der Kapitalflussrechnung sowie<br />

den beizufügenden Spiegeln, z. B. Gesamtverbindlichkeitenspiegel, Gesamtanlagenspiegel,<br />

Gesamteigenkapitalspiegel.<br />

- die zutreffenden Darstellungen im Lagebericht hinsichtlich seines Zusammenhangs<br />

mit dem Gesamtabschluss und der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde.<br />

- die softwaregestützte Konsolidierung, bei der eine automatisierte Durchführung der<br />

Prozesse unter Anwendung bestimmter Festlegungen erfolgt.<br />

Abbildung 204 „Beispiele für Prüfungssachverhalte beim Gesamtabschluss“<br />

Zu den prüfungspflichtigen Sachverhalten im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses gehören insbesondere<br />

die örtliche Auslegung und die Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe in den bei der Aufstellung<br />

des Gesamtabschlusses zu beachtenden Vorgab, z. B. die Begriffe „untergeordnete Bedeutung“, „Wesentlichkeit“<br />

und „Wirtschaftlichkeit“. Eine solche Prüfung kann ggf. auch zu besonderen Angaben im Prüfungsbericht führen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1023


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Außerdem kann abhängig von der Bedeutung oder Wesentlichkeit auch eine gesonderte Darstellung in der Dokumentation<br />

der Prüfung angezeigt sein.<br />

1.1.3.4.3.4 Keine Prüfung des Beteiligungsberichtes<br />

Die Gemeinde ist verpflichtet, ihren Beteiligungsbericht dem gemeindlichen Gesamtabschluss beizufügen (vgl. §<br />

117 GO <strong>NRW</strong>). Diese besondere Regelung ist ein Ausdruck dessen, dass eine alleinige Betrachtung der wirtschaftlichen<br />

Gesamtlage der Gemeinde im Rahmen des Gesamtabschlusses nicht immer ausreichend ist. Abhängig<br />

von den örtlichen Verhältnissen und den unterschiedlichen Zwecksetzungen kann eine Informationslücke<br />

zwischen den Ergebnissen des gemeindlichen Gesamtabschlusses und der Darstellung der gesamten wirtschaftlichen<br />

und nichtwirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde bestehen. Der gemeindliche Beteiligungsbericht vervollständigt<br />

daher die Informationen, die durch den Gesamtabschluss der Gemeinde gegeben werden. Er wird<br />

aber trotz dieser Zusammenhänge nicht zu einem eigenständigen Prüfungsgegenstand der örtlichen Gesamtabschlussprüfung<br />

der Gemeinde (vgl. § 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Gleichwohl ist es geboten, im Rahmen der Prüfung der Bestandteile und Anlagen des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

auch den gemeindlichen Beteiligungsbericht verfügbar zu haben, um z. B. die Festlegungen zum gemeindlichen<br />

Konsolidierungskreis besser nachvollziehen zu können. In diesem Zusammenhang können auch ggf.<br />

erkannte Unstimmigkeiten berichtigt werden. Dieser Nutzung stellt die inhaltliche Festlegung der Prüfungsgegenstände<br />

der Gesamtabschlussprüfung nicht entgegen (vgl. § 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.3.5 Prüfungshandlungen und Prüfungsaussagen<br />

1.1.3.5.1 Die Prüfungshandlungen<br />

1.1.3.5.1.1 Die Verantwortung des Abschlussprüfers<br />

Der Abschlussprüfer des gemeindlichen Gesamtabschlusses hat die Art und den Umfang der erforderlichen Prüfungshandlungen<br />

sowie die Intensität und die Methoden der Abschlussprüfung unter Berücksichtigung des Prüfungsgegenstandes<br />

und des Zieles der Gesamtabschlussprüfung eigenverantwortlich und nach pflichtgemäßem<br />

Ermessen sorgfältig zu bestimmen. Er hat dabei auch die örtlichen Verhältnisse bei der Gemeinde sowie die<br />

gemeindliche Aufgabenerfüllung zu berücksichtigen. Dem Abschlussprüfer soll es dadurch im Ergebnis möglich<br />

sein, dass er Prüfungsaussagen zum gemeindlichen Gesamtabschluss mit hinreichender Sicherheit treffen kann.<br />

Seine Prüfungsverantwortung bedingt dabei, dass er auch die Jahresabschlüsse der in den Gesamtabschluss<br />

einbezogenen Betriebe und die dazugehörigen Prüfungsergebnisse beurteilen muss. Er darf diese Ergebnisse für<br />

seine Prüfungstätigkeit übernehmen und verwerten. Diese Rechte erfordern, dass die Gemeinde entsprechende<br />

Vorgaben gegenüber ihren Betrieben macht. Dazu muss Gesamtabschlussprüfer seinen Informationsbedarf festlegen,<br />

ggf. auch Prüfungshandlungen bestimmen, die von den Abschlussprüfern der einzelnen gemeindlichen<br />

Betriebe zu erfüllen sind. Die Festlegung des Informationsbedarfs und der Prüfungshandlungen bei den gemeindlichen<br />

Betrieben dienen dabei der Verwertung und Übernahme der Erleichterung der Tätigkeit des Abschlussprüfers<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses.<br />

1.1.3.5.1.2 Die Verwertung der Arbeiten Dritter<br />

Im Rahmen seiner Informationsrechte kann der Abschlussprüfer für den gemeindlichen Gesamtabschluss im<br />

eigenverantwortlich die Arbeit eines betrieblichen Jahresabschlussprüfers verwerten. Er muss dabei einen Zusammenhang<br />

mit den eigenen Prüfungshandlungen herstellen und das Ausmaß der Übernahme zutreffend ab-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1024


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

wägen. In geeigneter Weise ist dabei durch den Abschlussprüfer zu überprüfen, ob die ihm vorgelegten Unterlagen<br />

auch für eine Verwertung geeignet sind. Das Ergebnis dieser Überprüfung sowie der Umfang der Verwertung<br />

bzw. die Gewichtung der Arbeitsergebnisse hat der Abschlussprüfer zu dokumentieren.<br />

Die dem Abschlussprüfer des Gesamtabschlusses vorzulegenden Jahresabschlüsse müssen für ihn nachvollziehbar<br />

und akzeptabel sein. Diese Vorgabe gilt insbesondere, wenn die Überleitung der HB I in die KB II durch<br />

den gemeindlichen Betrieb durchgeführt wurde. Die zu übernehmenden Angaben aus der Arbeit der Abschlussprüfer<br />

der Jahresabschlüsse der gemeindlichen Betriebe hat der Abschlussprüfer des Gesamtabschlusses zu<br />

überprüfen. Das Ergebnis dieser Arbeit ist von ihm ausreichend und nachvollziehbar zu dokumentieren. In den<br />

Fällen, in denen sich jedoch Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der betrieblichen Jahresabschlüsse ergeben,<br />

muss der Abschlussprüfer für den Gesamtabschluss ggf. zusätzliche Prüfungshandlungen und eventuell unter<br />

Berücksichtigung des Grundsatzes der Wesentlichkeit auch eine Korrektur in eigener Verantwortung vornehmen.<br />

1.1.3.5.1.3 Die Übernahme der Arbeiten Dritter<br />

Der Abschlussprüfer für den gemeindlichen Gesamtabschluss kann im Rahmen seiner Informationsrechte die<br />

Arbeiten eines anderen Abschlussprüfers übernehmen. Dazu zählen insbesondere Ergebnisse aus den Jahresabschlussprüfungen<br />

bei der gemeindlichen Verwaltung und den Betrieben der Gemeinde, soweit dieses rechtlich<br />

und tatsächlich möglich ist. In diesem Rahmen ist ein Zusammenhang mit den eigenen Prüfungshandlungen<br />

herzustellen, sodass die Inhalte und das Ausmaß der Übernahme zutreffend abgewogen werden können.<br />

Der Abschlussprüfer hat in diesen Fällen immer in geeigneter Weise zu überprüfen, ob die ihm überlassenen<br />

Unterlagen auch für eine Übernahme in seine Prüfung geeignet sind und welcher Prüfer ihm die Unterlagen überlassen<br />

hat. Das Ergebnis dieser Überprüfung sowie die Inhalte und das Ausmaß der Übernahme sind vom Abschlussprüfer<br />

ausreichend und nachvollziehbar zu dokumentieren.<br />

1.1.3.5.2 Die Prüfungsaussagen<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Abschlussprüfung gilt es, relevante Prüfungsaussagen unter Beachtung des<br />

Grundsatzes der Wesentlichkeit und des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit treffen zu können. In den Fällen, in<br />

den der Abschlussprüfer eines einzelnen Jahresabschlusses seinen Bestätigungsvermerk eingeschränkt oder<br />

versagt hat, muss der Abschlussprüfer des Gesamtabschlusses dazu eigene Prüfungsfeststellungen treffen, ob<br />

und ggf. wie weit dadurch die Ordnungsmäßigkeit des gemeindlichen Gesamtabschlusses berührt wird. Ein solcher<br />

Sachverhalt kann ggf. dazu führen, dass auch der Bestätigungsvermerk zum gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

einzuschränken ist.<br />

Für seine Urteilsbildung kann der Abschlussprüfer des Gesamtabschlusses ggf. eigene Prüfungsfeststellungen<br />

bei den gemeindlichen Betrieben treffen, die in den Gesamtabschluss einbezogen werden. Es ist deshalb als<br />

geboten angesehen worden, durch eine gesonderte gesetzliche Regelung die Durchsetzung der Rechte der Prüfer<br />

zu gewährleisten. Der Abschlussprüfer des Gesamtabschlusses hat dadurch die Möglichkeit, die Nachweise<br />

und Informationen von den Abschlussprüfern der gemeindlichen Betriebe zu erhalten, die für eine sorgfältige<br />

Prüfung notwendig sind (vgl. § 103 Absatz 4 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.1.3.5.3 Der Prüfungsbericht<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat über die Art und den Umfang seiner Prüfung des Gesamtabschlusses der<br />

Gemeinde sowie über das Ergebnis seiner Prüfung einen Prüfungsbericht zu erstellen und den Bestätigungsvermerk<br />

in den Prüfungsbericht aufzunehmen (vgl. § 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Bei der Festlegung der Inhalte und<br />

GEMEINDEORDNUNG 1025


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Abgrenzungen des Bestätigungsvermerks oder des Vermerks über seine Versagung sind die Vorschriften des §<br />

101 Absatz 4 bis 7 GO <strong>NRW</strong> zu beachten.<br />

Die „Grundsätze für die ordnungsmäßige Erteilung von Bestätigungsvermerken“ können dabei vom Abschlussprüfer<br />

als Beurteilungsmaßstäbe herangezogen werden. Für die Darstellungen im Prüfungsbericht sowie für seine<br />

Gestaltung bestehen über die genannten Vorschriften hinaus keine weiteren Vorgaben. Der Prüfungsbericht ist<br />

daher von den Verantwortlichen für die Gesamtabschlussprüfung eigenverantwortlich unter Berücksichtigung der<br />

örtlichen Bedürfnisse auszugestalten.<br />

1.1.3.6 Der Zeitraum der Gesamtabschlussprüfung<br />

Für die Durchführung der Gesamtabschlussprüfung ist gesetzlich kein genau abgegrenzter Zeitraum bestimmt<br />

worden. Gleichwohl ergibt sich aus der Einordnung der Prüfung des Gesamtabschlusses in den Verfahrensablauf<br />

der Aufstellung und Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses, dass für die Durchführung der Prüfung<br />

nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht. Der Zeitraum beginnt i.d.R., wenn der Bürgermeister den Entwurf<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses aufgestellt hat. Der Gesamtabschluss sollte unmittelbar nach seiner<br />

Aufstellung zur Abschlussprüfung zur Verfügung stehen.<br />

Der Beginn des Zeitraumes der Gesamtabschlussprüfung wird dadurch bestimmt, dass der Bürgermeister den<br />

Entwurf des gemeindlichen Gesamtabschlusses innerhalb von neun Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres<br />

aufzustellen und dem Rat zuzuleiten (vgl. § 116 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Der Zeitraum endet spätestens zum 31.<br />

Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres, denn bis zu diesem Zeitpunkt hat der Rat der Gemeinde<br />

den geprüften Gesamtabschluss durch Beschluss zu bestätigen (vgl. § 116 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). In diesem<br />

konkreten Zeitraum muss die Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses erfolgen. Die gemeindlichen Organe<br />

müssen die gesetzlich zugelassenen Fristen jedoch nicht voll ausschöpfen.<br />

Eine schnelle und kurzfristige Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses ist vom Gesetzgeber gewollt, denn<br />

die Ergebnisse des gemeindlichen Gesamtabschlusses sollen so schnell wie möglich in der gemeindlichen Haushaltsplanung<br />

und bei der Haushaltsausführung der Gemeinde eine entsprechende Berücksichtigung finden. Die<br />

gemeindliche Aufsichtsbehörde ist daher ebenfalls an einer zeitnahen Anzeige des bestätigten Gesamtabschlusses<br />

nach Ablauf des Haushaltsjahres interessiert. Die tatsächliche Durchführung der Gesamtabschlussprüfung<br />

sollte daher nicht über die gesetzlich mögliche Zeit hinaus verlängert werden.<br />

1.1.4 Zu Nummer 4 (Laufende Prüfung in der Finanzbuchhaltung):<br />

1.1.4.1 Die Inhalte der Vorschrift<br />

Die Zielsetzung der laufenden Prüfung der Vorgänge in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung wird durch die<br />

gesetzliche Festlegung „zur Vorbereitung der Prüfung des Jahresabschlusses“ besonders hervorgehoben. Diese<br />

Prüfung umfasst dabei nicht nur die Buchungen der gemeindlichen Geschäftsvorfälle einschließlich der Erfassung<br />

der Belege der Gemeinde und die Abwicklung der gemeindlichen Zahlungen, sondern auch die Einhaltung fachbezogener<br />

Vorschriften.<br />

Die mit der gemeindlichen Buchhaltung im Arbeitsablauf verbundenen Vorsysteme oder Nebenbuchhaltungen<br />

haben eine erhebliche Bedeutung für die laufende Prüfung. An diesen Stellen findet regelmäßig bereits eine wesentliche<br />

Informationsverarbeitung zur Vorbereitung der gemeindlichen Finanztransaktionen statt. Mit der Bestimmung<br />

wird daher auch klargestellt, dass die Prüfungsaufgabe auch unter den Aspekten der Prüfungsbestimmungen<br />

des § 101 GO <strong>NRW</strong> durchzuführen ist. Die laufende Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung zur<br />

GEMEINDEORDNUNG 1026


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Vorbereitung der Jahresabschlussprüfung soll dabei möglichst als eine zeitnahe Prüfung der Geschäftsvorfälle im<br />

Ablauf des Haushaltsjahres durchgeführt werden.<br />

In diesem Sinne sollen bereits bei der Abwicklung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle auftretende Fehler entdeckt<br />

und behoben werden. Es gilt, eine spätere Nacharbeitung oder ein förmliches Beanstandungsverfahren zur<br />

Fehlerbeseitigung zu vermeiden. Die laufende Prüfung der gemeindlichen Geschäftsvorfälle trägt daher zur Erleichterung<br />

der Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses durch den Rückgriff auf vorliegende Prüfungsergebnisse<br />

bei. Ohne eine solche Prüfung ist eine effiziente und effektive Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

kaum möglich. Dadurch kann der Umfang der Abschlussprüfung erheblich vermindert werden.<br />

1.1.4.2 Weitere Prüfungen<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung hat im Rahmen ihrer laufenden Prüfung auch regelmäßige Kontrollen zur Vermeidung<br />

von Überkompensationen bei der Gewährung von Ausgleichszahlungen an bestimmte Unternehmen, die<br />

mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut worden sind, durchzuführen.<br />

Nach europäischer Rechtsprechung dürfen gemeindliche Betriebe, die Dienstleistungen von allgemeinem<br />

wirtschaftlichem Interesse erbringen, nur aufgrund eines Betrauungsaktes tätig werden. Dafür müssen Parameter,<br />

anhand derer der Ausgleich berechnet wird, vorab festgelegt und durch regelmäßige Kontrolle geprüft<br />

werden, um eine Überkompensation zu vermeiden (vgl. Gem. Runderlass des MWME <strong>NRW</strong> und des IM <strong>NRW</strong><br />

vom 30.05.2008; SMBl. <strong>NRW</strong>. 651). Die örtliche Rechnungsprüfung kann sich bei ihren Kontrollen eines fachlichen<br />

Dritten oder anderer geeigneter Stellen bedienen.<br />

1.1.5 Zu Nummer 5 (Dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung):<br />

Die Überwachung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde ist eine weitere Pflichtaufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung.<br />

Aus Sicherheitsgesichtspunkten heraus ist es grundsätzlich notwendig, die Zahlungsabwicklung<br />

der Gemeinde und ihrer Sondervermögen dauernd zu überwachen und nicht nur einmal jährlich zu prüfen. Die<br />

örtliche Rechnungsprüfung als unabhängige und dem Rat gegenüber verantwortliche Stelle innerhalb der gemeindlichen<br />

Verwaltung ist dafür gut geeignet. Ihre Aufgabe der dauernden Überwachung der gemeindlichen<br />

Zahlungsabwicklung ist zudem mit der gesetzlichen Aufgabe der laufenden Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung<br />

untrennbar verbunden (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong>). Beide Aufgaben haben aus Sicherheitsgesichtspunkten<br />

heraus die gleiche Zielsetzung, jedoch eine eigenständige Bedeutung.<br />

Die gleiche Bedeutung hat auch die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung der gemeindlichen Sondervermögen.<br />

Diese Überwachung und ggf. ein Prüfungsbedarf können z. B. aus dem Zusammenspiel der Zahlungsgeschäfte<br />

zwischen der gemeindlichen Verwaltung und den Sondervermögen der Gemeinde entstehen,<br />

sofern beide gemeindlichen Einheiten an einem Liquiditätsverbund zur gegenseitigen Bereitstellung von benötigten<br />

Zahlungsmitteln beteiligt sind. Daraus kann auch ein besonderer Prüfungsbedarf für die örtliche Rechnungsprüfung<br />

entstehen, besonders wenn die Gemeinde die Kontoführung innehat.<br />

In den Fällen einer dauernden Überwachung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde kann auf die einmal jährlich<br />

vorzunehmende unvermutete Prüfung der Zahlungsabwicklung verzichtet werden kann (vgl. § 30 Absatz 5<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Die örtliche Rechnungsprüfung kann durch ihre laufende Überwachungstätigkeit dazu beitragen,<br />

dass die Aufsicht über die Finanzbuchhaltung von der Gemeinde ordnungsgemäß wahrgenommen wird (vgl.<br />

§ 31 Absatz 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). In solchen Fällen obliegt die Entscheidung über eine Durchführung der unvermuteten<br />

Prüfung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde. Sie kann die haushaltsrechtlichen Mindestanforderungen<br />

umsetzen, aber auch darüber hinaus weitere Prüfungen der gemeindlichen Zahlungsabwicklung vornehmen<br />

lassen, insbesondere dann, wenn aus örtlichen Gegebenheiten heraus dazu ein Anlass besteht. Die örtliche<br />

GEMEINDEORDNUNG 1027


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Rechnungsprüfung verfügt für solche Fälle über die notwendigen Kenntnisse der Geschäftsvorfälle der Gemeinde<br />

und ihrer Sondervermögen.<br />

1.1.6 Zu Nummer 6 (Prüfung der DV-Buchführungsprogramme vor ihrer Anwendung):<br />

1.1.6.1 Der Umfang der Prüfungspflicht<br />

Die Vorschrift beinhaltet, dass alle DV-Buchführungsprogramme für die automatisierte Datenverarbeitung, soweit<br />

sie unmittelbare Auswirkungen auf die Rechnungssysteme der Finanzbuchhaltung der Gemeinde haben, unter<br />

das gesetzliche Prüfungsgebot für die örtliche Rechnungsprüfung fallen (vgl. § 27 Absatz 5 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die<br />

Prüfungspflicht besteht dabei sowohl für selbsterstellte als auch für von Dritten bezogene IT-Produkte. Soweit die<br />

Programme bereits vorher durch andere Stellen geprüft worden sind, sollen die aus dieser Prüfung entstandenen<br />

Prüfungsergebnisse in die örtliche Anwendungsprüfung der Gemeinde einbezogen werden. Die Prüfung soll<br />

dabei nicht unabhängig von der Implementierung und Produktivsetzung bei der Gemeinde vorgenommen werden,<br />

denn abhängig von ihrem Funktionsumfang und Einsatzgebiet haben Softwareprodukte regelmäßig auch Auswirkungen<br />

auf die gemeindliche Finanzbuchhaltung.<br />

Die Programmprüfung soll als praxisorientierte Anwendungsprüfung zudem regelmäßig vor dem ersten Praxiseinsatz<br />

eines DV-Programms, aber auch vor jeder neuen Programmversion, durchgeführt werden. Das Ziel der<br />

Programmprüfung besteht darin, die organisatorisch gesicherte Funktionsfähigkeit der Systeme der Buchführung<br />

und der Zahlungsabwicklung und der Zuliefersysteme sicherzustellen. Es soll geprüft und beurteilt werden, ob die<br />

gemeindlichen Geschäftsvorfälle zutreffend datentechnisch erfasst und ausreichend dokumentiert werden, damit<br />

die Aufgabenerfüllung der Gemeinde gewährleistet werden kann. Dazu gehört auch die Prüfung der Datenqualität<br />

und der Datensicherheit.<br />

Die Art und der Umfang der erforderlichen Prüfungshandlungen sind dabei insbesondere von der Wesentlichkeit<br />

und Bedeutung des Programms im Rahmen des von der Gemeinde in ihrer Finanzbuchhaltung eingesetzten IT-<br />

Systems sowie von der Komplexität des Programmablaufs bzw. des örtlichen IT-Systems abhängig. Die Prüfungshandlungen<br />

können auch durch Fallgestaltungen ausgelöst werden, bei denen eine richtige und vollständige<br />

Verarbeitung der für die gemeindliche Haushaltswirtschaft erforderlichen Daten nicht gewährleistet werden kann,<br />

denn auch die Funktionalität der Datenverarbeitung und die Einhaltung des vorgegebenen Verfahrensablaufs<br />

muss gewährleistet sein.<br />

Der Prüfungspflicht der örtlichen Rechnungsprüfung unterliegen dadurch einerseits DV-Programme, die in der<br />

Finanzbuchhaltung der Gemeinde unmittelbar Anwendung finden. Andererseits besteht für die Gemeinde auch<br />

die Pflicht, die außerhalb der Finanzbuchhaltung eingesetzten Zulieferprogramme in die Programmprüfung einzubeziehen,<br />

falls mit deren Hilfe etwaige Ansprüche und Verpflichtungen der Gemeinde ermittelt werden und in der<br />

gemeindlichen Finanzbuchhaltung eine Weiterbearbeitung erfolgt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die<br />

richtige und vollständige Verarbeitung der für die gemeindliche Haushaltswirtschaft erforderlichen Daten im gesamten<br />

Verfahrensablauf gewährleistet wird.<br />

1.1.6.2 Die Durchführung der Programmprüfung<br />

Der Einsatz von DV-Programmen durch die Gemeinde, die in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung zur Abwicklung<br />

der Haushaltswirtschaft der Gemeinde eingesetzt werden, erfordert eine Funktionsfähigkeit der Programme<br />

im Sinne der Abwicklung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft. Die haushaltsrechtliche Verpflichtung zu dieser<br />

Prüfung enthält daher keine ausdrückliche Vorgabe für eine bestimmte Vorgehensweise bei der Durchführung der<br />

Programmprüfung. Die Durchführung der Prüfung soll aber die Feststellung ermöglichen, dass das einzusetzende<br />

Programm die in der örtlichen Praxis der Gemeinde vorkommenden Fälle erfassen kann und im Arbeits- und<br />

GEMEINDEORDNUNG 1028


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Programmablauf alle vorgesehenen Kontrollen ausreichen und funktionsfähig sind. Sie kann somit nach Zulassungskriterien<br />

und weiteren Prüfkriterien, ausgerichtet auf die vorgesehenen Anwendungen bei der Gemeinde, z.<br />

B. anhand von geeigneten Testfällen, vorgenommen werden.<br />

Die Programmprüfung kann aber auch als eine System- und Prozessprüfung bzw. eine ergebnisorientierte Prüfung<br />

durchgeführt werden, in die alle relevanten DV-Systemkomponenten einzubeziehen sind. Es sollen dabei die<br />

Funktionalitäten und Angemessenheit als auch das Kontrollgefüge der automatisiert ausgeführten finanzbuchhalterischen<br />

Tätigkeiten berücksichtigt werden. Die Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe der Daten sowie die Speicherung<br />

und die langfristige Aufbewahrung der Daten, einschließlich der Zugriffs- und Bearbeitungsrechte der<br />

gemeindlichen Beschäftigten, müssen deshalb in die Aufbau- und Funktionsprüfung einbezogen werden.<br />

Das örtliche Prüfungsprogramm soll so ausgestaltet werden, dass insgesamt die Ordnungsmäßigkeit und die<br />

Sicherheit rechnungslegungsbezogener Programmfunktionen mit Blick auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

geprüft werden können, z. B. durch eigene Testfälle (beispielhafte Geschäftsvorfälle der Gemeinde). Die Durchführung<br />

der Prüfung soll belegen, dass beim Einsatz des Programms in der gemeindlichen DV-Buchführung die<br />

örtlichen Daten der Gemeinde vollständig und richtig erfasst, verarbeitet und gespeichert werden. Die vorhandenen<br />

Sicherungssysteme der automatisierten Datenverarbeitung sind deshalb unter Berücksichtigung der in § 27<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> bestimmten Vorgaben sowie die aufgrund des § 31 GemHVO <strong>NRW</strong> erlassenen örtlichen Vorschriften<br />

in die Programmprüfung einzubeziehen (Prüfung der Datensicherheit und der Dokumentation).<br />

Eine genaue organisatorische Abgrenzung lässt sich wegen der Querschnittsfunktion der automatisierten Datenverarbeitung<br />

sowie der gemeindlichen Finanzbuchhaltung insgesamt nicht in allgemeiner Form im Rahmen einer<br />

Prüfung vornehmen. Dadurch wird jedoch nicht die Frage berührt, dass regelmäßig die „Fachdienstelle“ in der<br />

gemeindlichen Verwaltung als anwendende Stelle für die Prüfung und Freigabe der einzusetzenden Programme<br />

zuständig ist. Für die Programmprüfung sind daher auch die Verwaltungsarbeiten in den Fachbereichen der gemeindlichen<br />

Verwaltung relevant, soweit diese Stellen auch Vorarbeiten für die Buchungen und Zahlungen durch<br />

die gemeindliche Finanzbuchhaltung beinhalten.<br />

Bei der Programmprüfung durch die örtliche Rechnungsprüfung ist daher zu berücksichtigen, dass örtlich oftmals<br />

vom Anfang bis zum Ende eines gemeindlichen Geschäftsvorfalls eine Verbindung zwischen allen daran Beteiligten<br />

durch automatisierte Weiterleitung bzw. Weiterverarbeitung besteht. Die Programmprüfung der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung kann sich deshalb nicht allein auf den Durchlauf bzw. die Arbeitsgänge in der gemeindlichen<br />

Finanzbuchhaltung beschränken. Sie muss bereits die Erfassung und Bearbeitung der fachlichen Daten, die fast<br />

immer die Grundlagen für die Ansprüche und Verpflichtungen der Gemeinde bilden und für die Buchführung und<br />

Zahlungsabwicklung relevant sind, in die DV-Programmprüfung einbeziehen (DV-Vorbuchführung).<br />

1.1.6.3 Die Dokumentation der Prüfungsergebnisse<br />

Die haushaltsrechtsrechtlichen Rahmenbedingungen, die Sicherheitsgesichtspunkte und andere spezielle örtliche<br />

Gegebenheiten erfordern, über die örtliche Prüfung von Programmen der DV-Buchführung einen Prüfungsbericht<br />

zu erstellen. Es sollen zutreffende Prüfungsaussagen mit Blick auf die örtliche Anwendung der Programme getroffen<br />

werden. Im Prüfungsbericht sind daher die Prüfungsergebnisse und der tatsächliche Prüfungsablauf sowie die<br />

Prüfungsumgebung, ggf. auch die Prüfungshandlungen, ausreichend darzustellen.<br />

Die Dokumentation der Programmprüfung soll dabei insbesondere den Prüfungsablauf, dass ermittelte Prüfungsergebnis<br />

sowie die getroffene abschließende Feststellung enthalten. Sie kann z. B. zum Inhalt haben, dass nach<br />

den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen das einzusetzende Programm bei sachgerechter Anwendung<br />

eine mit den haushaltsrechtlichen Grundsätzen und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung in Einklang<br />

stehende Erfassung und Buchung von gemeindlichen Geschäftsvorfällen ermöglicht. In der Dokumentation muss<br />

GEMEINDEORDNUNG 1029


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

ggf. auch auf Besonderheiten hingewiesen werden, wenn z. B. nicht sicher ist, ob eine richtige und vollständige<br />

Verarbeitung der für die gemeindliche Haushaltswirtschaft erforderlichen Daten gewährleistet werden kann.<br />

Die Dokumentation muss auch die Prüfungsfeststellungen enthalten, wenn die Programmprüfung mit einschränkenden<br />

Aussagen, vergleichbar dem Bestätigungsvermerks nach § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>, endet. Eine Orientierung<br />

des zu treffenden Prüfungsergebnisses an den inhaltlichen Abstufungen des Bestätigungsvermerks ist dabei<br />

möglich. Ebenso müssen auch ggf. bestehende Mängel eines Programms oder auch eine fehlende Eignung benannt<br />

und belegt werden. In solchen Fällen sollten zu den notwendigen Einschränkungen auch die Gründe dazu<br />

angegeben werden. Es sind ebenfalls ggf. bestehende Prüfungshemmnisse zu benennen und zu begründen. Die<br />

sich aus der Programmprüfung ergebende Dokumentation kann sich z. B. aus den folgenden Bestandteilen zusammensetzen<br />

(vgl. Abbildung).<br />

Darstellung<br />

der sachlichen<br />

Anwenderanforderungen<br />

Darstellung<br />

der Programmtechnik<br />

Darstellung<br />

der Programmidentität<br />

Darstellung<br />

der Datensicherheit<br />

Darstellung<br />

der Arbeitsanweisungen<br />

Die Dokumentation zur Programmprüfung<br />

GEMEINDEORDNUNG 1030<br />

- Aufgabenstellung<br />

- Anwenderoberflächen für Dateneingabe und -ausgabe<br />

- Datenbestände<br />

- Verarbeitungsregeln<br />

- Datenaustausch mit Dritten<br />

- Kontrollen (maschinell und manuell)<br />

- Fehlermeldungen und die Beseitigungsmaßnahmen<br />

- Umsetzung der sachlichen Erfordernis in das IT-Programm<br />

- Auswirkungen auf andere Programme<br />

- Auswirkungen auf die Verwaltungsorganisation<br />

- Mögliche maschinelle und manuelle Kontrollen<br />

- Nachweis der Verfahrensbeschreibung<br />

- Nachweis der Schnittstellen zu anderen Systemen<br />

- Nachweis des Freigabeverfahrens, der Kompetenzen, Testläufe und<br />

Einsatzkontrollen<br />

- Nachweis der maschinellen Kontrollen<br />

- Nachweis der Datenwiedergabe<br />

- Maßnahmen zur Verhinderung von unbefugten Datenänderungen<br />

- Maßnahmen zur Verhinderung von unbefugten Systemänderungen<br />

- Verfahren der Erteilung der Zugriffsberechtigungen<br />

- Nachweis der sachgerechten Erteilung der Zugriffsberechtigungen<br />

- Zuständigkeitsbereiche des Anwenders<br />

- Verantwortlichkeiten des Anwenders<br />

- Vorgesehene Abstimmungen<br />

- Vorgesehene manuelle Kontrollen<br />

- Maßnahmen bei Fehlermeldungen<br />

- Aufbewahrungspflichten und - fristen<br />

Abbildung 205 „Die Dokumentation zur Programmprüfung“<br />

Die Gemeinde kann im Einzelfall ggf. weitere Informationen und Hinweise geben, die für die örtliche Programmprüfung<br />

erforderlich sind. Soweit die gemeindlichen Informationen in die Programmprüfung einbezogen werden,<br />

sollen diese auch Eingang in die Dokumentation der Prüfung finden.


1.1.6.4 Das Erfordernis von Folgeprüfungen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Eine Programmprüfung kann sich immer nur auf die für den örtlichen Einsatz vorgesehene Version eines DV-<br />

Programms beziehen. Sofern im späteren Zeitablauf am eingesetzten und geprüften Programm wesentliche Erweiterungen<br />

oder Änderungen vorgenommen werden, ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer erneuten Prüfung.<br />

Die Pflicht zur Programmprüfung besteht für die Gemeinde unabhängig davon, ob bei den eingesetzten<br />

gemeindlichen Programmen der Softwarehersteller Aktualisierungen vorgenommen oder weitere Programmfunktionen<br />

geschaffen hat oder die Gemeinde eine individuelle Lösung erarbeitet hat. Über die Folgeprüfungen ist<br />

ebenfalls ein Prüfungsbericht zu erstellen und eine Feststellung durch den Prüfer zu treffen.<br />

Eine Programmprüfung muss dabei i.d.R. nicht wegen zusätzlicher Anforderungen aus der fachlichen Anwendung<br />

bzw. der gemeindlichen Aufgabenerfüllung vorgenommen werden, wenn dadurch der Programmablauf nur unwesentlich<br />

berührt wird, z. B. durch betragsmäßige Änderungen bei einer Hilfe gegenüber Dritten. Die Gemeinde soll<br />

möglichst alle Veränderungen an einem geprüften Programm dokumentieren. Dadurch können die Unterschiede<br />

zwischen den Programmversionen transparent gemacht und und eindeutig bestimmt und die ggf. erforderlich<br />

werdenden Folgeprüfungen erleichtert werden.<br />

1.1.7 Zu Nummer 7 (Vorprüfung nach der Landeshaushaltsordnung <strong>NRW</strong>):<br />

1.1.7.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Nordrhein-Westfalen unterliegt nach den haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften der Nachprüfung durch den Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen (LRH <strong>NRW</strong>) als selbstständige<br />

oberste Landesbehörde (vgl. §§ 88 LHO <strong>NRW</strong>). Dem Landesrechnungshof steht dabei auch ein Prüfungsrecht<br />

bei der Gemeinde zu, wenn diese als Stelle außerhalb der Landesverwaltung z. B. Teile des Haushaltsplans des<br />

Landes ausführt oder Landesmittel eigenständig verwaltet. Ein Prüfungsrecht des LRH besteht aber z. B. auch<br />

dann, wenn die Gemeinde vom Land Zuwendungen erhalten hat (vgl. § 91 Absatz 1 LHO <strong>NRW</strong>).<br />

In den haushaltsrechtlichen Vorschriften des Landes wird daher bestimmt, dass in den Fällen, in denen eine<br />

Stelle außerhalb der Landesverwaltung Teile des Haushaltsplans des Landes ausführt oder Ersatz von Aufwendungen<br />

erhält oder Mittel oder Vermögensgegenstände des Landes verwaltet, ihr auch die Vorprüfung obliegt,<br />

soweit mit dem Landesrechnungshof nichts anderes vereinbart ist (vgl. § 104 LHO <strong>NRW</strong>). Eine Vorprüfung hat<br />

den Zweck, die Prüfung durch den Landesrechnungshof vorzubereiten und zu ergänzen. Sie erstreckt sich darauf,<br />

ob die Landesmittel bestimmungsmäßig verwendet und wirtschaftlich verwaltet worden sind (vgl. § 91 Absatz<br />

2 Satz 1 LHO <strong>NRW</strong>). Bei der Vorprüfung sind deshalb von der Gemeinde die landesrechtlichen Vorschriften<br />

entsprechend anzuwenden, soweit mit dem Landesrechnungshof nichts anderes vereinbart ist.<br />

In diesem Zusammenhang kann der Bürgermeister in einer Gemeinde ohne eigene örtliche Rechnungsprüfung<br />

eine andere Stelle der gemeindlichen Verwaltung bestimmen, von der die Vorprüfung durchgeführt wird. Die Gemeinde<br />

kann aber auch entsprechend den Bestimmungen des GkG eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit<br />

einer Gemeinde abschließen, die über eine örtliche Rechnungsprüfung verfügt, um die gesetzliche Vorprüfungspflicht<br />

zu erfüllen.<br />

1.1.7.2 Die Vorprüfung durch die Gemeinde<br />

1.1.7.2.1 Die Prüfungszuständigkeiten<br />

Die Gemeinde, die Teile des Haushaltsplans des Landes ausführt oder vom Land Ersatz von Aufwendungen<br />

erhält oder Finanzmittel oder Vermögensgegenstände des Landes verwaltet, ist gesetzlich dazu verpflichtet, eine<br />

GEMEINDEORDNUNG 1031


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Vorprüfung unter entsprechender Anwendung der landesrechtlichen Vorschriften durchzuführen (vgl. § 104 Absatz<br />

4 der LHO <strong>NRW</strong>). Diese gemeindliche Pflicht wird durch die Aufnahme in den Aufgabenkatalog der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung nochmals verdeutlicht, auch wenn die Prüfung im Interesse des Landes vorgenommen wird.<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung ist in diesen Fällen dem Landesrechnungshof fachlich unterstellt und verpflichtet,<br />

dessen fachliche Anweisungen zu befolgen. Ihre Unabhängigkeit wird durch die Vorprüfung jedoch nicht eingeschränkt.<br />

Sie baut in diesen Fällen vielmehr auf den Gegebenheiten der Stellung des Landesrechnungshofs auf,<br />

sodass dessen Prüfungszuständigkeiten bzw. Prüfungsaufgaben zu beachten sind (vgl. z.B. § 91 LHO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesem Zusammenhang ist in der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen gesetzlich klargestellt worden, dass<br />

die Prüfung, ob die Gemeinde die erhaltenen zweckgebundenen Staatszuweisungen bestimmungsgemäß verwendet<br />

hat, der überörtlichen Prüfung obliegt (vgl. § 105 Absatz 3 Nummer 1 GO <strong>NRW</strong>). Diese Prüfungsaufgabe<br />

ist daher von der Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen zu erledigen. Eine zusätzliche Prüfung der<br />

Staatszuweisungen durch die örtliche Rechnungsprüfung ist deshalb nicht erforderlich. Sie würde zudem die<br />

überörtliche Prüfung nicht ersetzen, sondern nur zu einer Doppelprüfung führen. In den Fällen kann grundsätzlich<br />

davon ausgegangen werden, dass der örtlichen Rechnungsprüfung bei zweckgebundenen Staatszuweisungen<br />

auch nicht die Verwendungsnachweisprüfung obliegt. Diese zuwendungsrechtliche Prüfung ist bei Zuwendungen<br />

des Landes vielmehr Aufgabe der vom Land bestimmten Bewilligungsbehörde, sofern nicht in besonderen Einzelfällen<br />

durch Vereinbarungen oder Nebenbestimmungen eine Ausnahme davon besteht.<br />

1.1.7.2.2 Die Durchführung der Vorprüfung<br />

Die Gemeinde hat die durch sie gesetzlich vorgesehene Vorprüfung in entsprechender Anwendung der für den<br />

Landesrechnungshof geltenden Bestimmungen und nach seinen fachlichen Weisungen durchzuführen. Sie untersteht<br />

bei ihrer Prüfungstätigkeit fachlich nur dem Landesrechnungshof, der die Vorlage der Prüfungsergebnisse<br />

jederzeit verlangen und sich die abschließende Entscheidung vorbehalten kann. Die Gemeinde entscheidet daher<br />

regelmäßig selbst über Art, Umfang und den zeitlichen Rhythmus der Vorprüfung, die entsprechend auch von ihr<br />

zu dokumentieren ist. Sie hat dabei insbesondere die Vorschriften der §§ 89 und 90 LHO <strong>NRW</strong> zu beachten, die<br />

nähere Bestimmungen zum Inhalt und Zweck der Prüfung durch den Landesrechnungshof beinhalten.<br />

Von der Gemeinde sind deshalb über die von ihr durchgeführten Vorprüfungen entsprechende Vorprüfungsniederschriften<br />

anzufertigen. Außerdem ist dem Landesrechnungshof jährlich über die Prüfungsergebnisse und die<br />

Zahl der Vorprüfungen zu berichten. Der Landesrechnungshof verlangt derzeit jährliche Berichte über die Prüfungsergebnisse<br />

und ggf. eine anlassbezogene Berichterstattung, z. B. bei Prüfungsergebnissen von besonderer<br />

Bedeutung. In diesem Zusammenhang aktualisiert er bei Bedarf seine Übersicht über die vorzuprüfenden Finanzvorfälle<br />

(vgl. § 100 LHO <strong>NRW</strong>). Der Landesrechnungshof kann sich aber auch jederzeit weitere Prüfungen und<br />

Berichte über den Umgang mit den zu bewirtschaftenden Landesmitteln verlangen. Er kann sich die abschließende<br />

Entscheidung über eine Prüfung aufgrund landesrechtlicher Bestimmungen vorbehalten.<br />

1.1.8 Zu Nummer 8 (Prüfung von Vergaben):<br />

Diese besondere Pflicht zur Prüfung von Vergaben beruht darauf, dass von der Gemeinde bestimmte Vergabegrundsätze<br />

anzuwenden sind, die das Innenministerium bekannt gibt. Für die Vergabe eines öffentlichen Auftrages<br />

besteht z. B. eine Ausschreibungspflicht, sofern nicht besondere Ausnahmetatbestände vorliegen (vgl. § 25<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Sämtliche Vergaben von Aufträgen der Gemeinde, also alle Lieferungen und Leistungen, unterliegen<br />

den Vergabevorschriften. Die Prüfung der Einhaltung der Vergabevorschriften ist daher eine Aufgabe der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung.<br />

Die Rechnungsprüfung hat dabei zu beachten, dass sich weitere besondere Erfordernisse ergeben, wenn gemeindliche<br />

Aufträge mit ihrem Geldwert oberhalb der Schwellenwerte (ohne Umsatzsteuer) der Europäischen<br />

GEMEINDEORDNUNG 1032


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Union liegen. Die aktuellen Schwellenwerte ergeben sich aus § 100 Absatz 1 GWB i.V.m. § 2 der Verordnung<br />

über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) in der jeweils im Bundesgesetzblatt (BGBl) veröffentlichten Form.<br />

Mit diesen Vorschriften sind die Richtlinien des Europäischen Parlamentes und des Rates in deutsches Recht<br />

umgesetzt worden.<br />

Die Vergabekontrolle der örtlichen Rechnungsprüfung erstreckt sich dabei auf die Rechtmäßigkeit und die Wirtschaftlichkeit<br />

der gemeindlichen Vergaben. Die Vergabeprüfung ist daher nicht nachträglich, sondern vor der<br />

Rechtswirksamkeit der Verträge, also vor der tatsächlichen gemeindlichen Auftragsvergabe, durchzuführen. Sie<br />

ist unabhängig davon durchzuführen, ob die EU-Schwellenwerte überschritten wurden. Für die Prüfung enthalten<br />

daher die einschlägigen Vergabevorschriften wichtige Informationen.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Prüfung bei Aufgabendelegation):<br />

1.2.1 Allgemeine Sachlage<br />

In die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses sind auch die Entscheidungen und Verwaltungsvorgänge<br />

von Dritte einzubeziehen, wenn die Gemeinde bestimmte Aufgaben an Dritte delegiert hat, z. B. im Bereich „Soziale<br />

Sicherung“. Diese Pflicht zur Einbeziehung in die Jahresabschlusspüfung besteht auch dann, wenn die<br />

Zahlungsvorgänge selbst durch den Träger der Aufgabe vorgenommen werden. Die Verpflichtung zur Prüfung<br />

umfasst dabei alle an Dritte delegierten Aufgaben, die finanziell von erheblicher Bedeutung für die Gemeinde<br />

sind. Von der Gemeinde ist daher örtlich im Einzelfall zu prüfen, welche gemeindlichen Aufgaben im Rahmen<br />

einer Delegation auf andere Stellen oder von anderen Stellen auf die Gemeinde übertragen wurden.<br />

1.2.2 Die delegierten Aufgaben<br />

Eine Delegation von öffentlichen Aufgaben ist z. B. dem Kreis als örtlicher Träger der Sozialhilfe möglich. Er kann<br />

kreisangehörige Gemeinden zur Durchführung der ihm als Träger obliegenden Aufgaben durch Satzung heranziehen<br />

(vgl. § 3 AG-SGB XII <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde als Träger eines Jobcenters kann auch die „Gemeinsame<br />

Einrichtung“ mit der Bewirtschaftung von gemeindlichen Haushaltsmitteln beauftragen (vgl. § 44f Absatz 4 Satz 2<br />

SGB II). Solche Vorgaben sind sachlich geboten. Viele delegierte Aufgaben haben finanziell erhebliche Auswirkungen<br />

für die Gemeinde. Die Entscheidungen darüber werden aber durch Dritte getroffen.<br />

In die Prüfung einer Aufgabendelegation sollten auch die Jugendhilfeaufgaben bei kreisangehörigen Gemeinden<br />

einbezogen werden, die nicht örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind. Diese Gemeinden können für<br />

ihren örtlichen Bereich gleichwohl Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen (vgl. § 1a Absatz 3 AG-KJHG). Die<br />

Planung und Durchführung dieser Aufgaben liegt dann in der Verantwortung der Gemeinde. Sie ist aber in wesentlichen<br />

Punkten mit dem Kreis als örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe abzustimmen. Die Gesamtverantwortung<br />

des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bleibt davon jedoch nicht unberührt. Aus Sicht des<br />

Kreises besteht ein Interesse an der Prüfung, ob die Aufgabe durch die Gemeinde ordnungsgemäß erledigt wird.<br />

2. Zu Absatz 2 (Übertragung von Aufgaben durch den Rat):<br />

2.1 Die Übertragung von Prüfungsaufgaben<br />

2.1.01 Allgemeine Sachlage<br />

Der Rat der Gemeinde kann der örtlichen Rechnungsprüfung besondere Prüfungsaufgaben übertragen, wenn<br />

dazu aus seiner Sicht ein örtlicher Bedarf oder Anlass besteht. Der Rat muss die Entscheidung über eine Erweite-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1033


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

rung der Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung, die über die gesetzlichen Aufgaben hinaus geht, eigenverantwortlich<br />

treffen. Diese Entscheidung gehört zu den nicht übertragbaren Aufgaben des Rates (vgl. § 41 Absatz<br />

1 Buchstabe q GO <strong>NRW</strong>).<br />

In der Vorschrift werden für die Übertragung von Prüfungsaufgaben durch den Rat beispielhaft die beiden Aufgaben<br />

„Prüfung der Verwaltung auf Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit“ und „Prüfung der Betätigung der Gemeinde<br />

als Gesellschafter, Aktionär oder Mitglied in Gesellschaften“ ausdrücklich benannt. Diese Aufgaben haben<br />

eine erhebliche Bedeutung für die örtliche Aufgabenerfüllung und den Geschäftsablauf in der gemeindlichen<br />

Verwaltung. Die Aufzählung der Prüfungsaufgaben in der Vorschrift ist daher nicht abschließend. Weitere mögliche<br />

Prüfungsaufgaben sollen daher vom Rat unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse festgelegt werden.<br />

Von der örtlichen Rechnungsprüfung sind die vom Rat der Gemeinde übertragenen Prüfungsaufgaben zusätzlich<br />

zu den gesetzlich bestimmten Aufgaben zu erledigen. Sie beinhalten das Recht, auf Auskünfte und Einsicht in die<br />

Unterlagen der gemeindlichen Verwaltung, die aus Sicht der Prüfer für die Durchführung der Prüfungsaufgaben<br />

erforderlich sind. Der Rat ist dabei als Auftraggeber der örtlichen Rechnungsprüfung auch der Adressat des Prüfungsberichtes<br />

mit den darin enthaltenen Prüfungsergebnissen und Beurteilungen. Er hat eigenverantwortlich<br />

über die aus der Prüfung abzuleitenden örtlichen Umsetzungsmaßnahmen sowie über den Umgang mit dem<br />

Prüfungsbericht zu entscheiden.<br />

2.1.02 Keine unmittelbare Erteilung von Prüfaufträgen<br />

Die ausdrückliche Wortwahl in der Vorschrift, dass der Rat der örtlichen Rechnungsprüfung weitere Aufgaben<br />

übertragen kann, beinhaltet grundsätzlich, dass der Rat dieser Prüfungsinstanz nicht unmittelbar mit einzelnen,<br />

auf die gemeindliche Verwaltung bezogenen, Prüfungen beauftragen kann. Er kann aber über sein Kontrollrecht<br />

bzw. Unterrichtungsrecht vom Bürgermeister die notwendigen sachgerechten Auskünfte in Angelegenheiten der<br />

Gemeindeverwaltung verlangen, z. B. über die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft oder über die<br />

Aufgabenerledigung der Gemeinde (vgl. § 55 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Sofern sich dabei ein besonderer Prüfungsbedarf<br />

ergibt, obliegt es dem Bürgermeister im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeiten und Rechte, zur Erfüllung<br />

des Informationsbedarfs des Rates ggf. auch die örtliche Rechnungsprüfung einzubinden, z. B. durch die<br />

Erteilung eines Prüfauftrages (vgl. § 62 i.V.m. § 103 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2.1.1 Zu Nummer 1 (Prüfung der gemeindlichen Verwaltung):<br />

Eine herausragende Aufgabe für die örtliche Rechnungsprüfung ist die Prüfung der gemeindlichen Verwaltung auf<br />

Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Diese Prüfung kann dem Rat einen umfassenden Einblick in die Organisation<br />

der Verwaltung mit Erkenntnissen über Interessenkollisionen und die Effektivität der Verwaltungsarbeit<br />

ermöglichen. Der Rat kann dabei jederzeit von seinem Recht auf eine Aufgabenübertragung nach dieser Vorschrift<br />

Gebrauch machen. Es bedarf dafür nicht eines besonderen örtlichen Anlasses.<br />

In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass zur überörtlichen Prüfung auch die Prüfung gehört,<br />

ob die Gemeinde sachgerecht und wirtschaftlich verwaltet wird (vgl. § 105 Absatz 3 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Mit dieser gesetzlichen Festlegung soll grundsätzlich keine „Nachprüfung“ einer Prüfung der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

erfolgen. Bei der vergleichenden Prüfung der überörtlichen Prüfung rücken vielmehr die Gemeinde<br />

und ihr wirtschaftliches Handeln insgesamt ins Blickfeld der Prüfung. Durch einen Vergleich zwischen den<br />

Gemeinden durch die GPA <strong>NRW</strong> können zudem besser Schwachstellen im Verwaltungs- und Geschäftsablauf<br />

der Gemeinde aufgezeigt werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1034


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

2.1.2 Zu Nummer 2 (Prüfung der wirtschaftlichen Betätigung):<br />

2.1.2.1 Die Prüfung der Ausübung der Verantwortlichkeiten<br />

Eine besondere Aufgabe für die örtliche Rechnungsprüfung sind die Prüfungen der Betätigung der Gemeinde als<br />

Gesellschafter, Aktionär oder Mitglied in Gesellschaften und anderen Vereinigungen des privaten Rechts oder in<br />

der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts. Ein Gegenstand der Prüfung kann dabei die Einhaltung der<br />

Weisungen des Rates durch die gemeindlichen Vertreter sowie deren Interessenvertretung für die Gemeinde in<br />

den Organen der gemeindlichen Betriebe sein. Diese Prüfung dient auch der Klärung, ob und ggf. in welchem<br />

Umfang durch die externe gemeindliche Aufgabenwahrnehmung sich unmittelbare finanzielle Auswirkungen auf<br />

die Gemeinde ergeben bzw. haushaltswirtschaftliche Folgen haben.<br />

2.1.2.2 Die Buch- und Betriebsprüfung<br />

Im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung kann sich die Gemeinde eine Buch- und Betriebsprüfung bei ihren<br />

Betrieben vorbehalten. Sie dient vor allem der Sicherung der finanziellen Interessen der Gemeinde, denn die<br />

gemeindlichen Betriebe nehmen vielfach die Finanzverantwortung eigenverantwortlich wahr. Die Prüfung soll<br />

daher auch Umstände berücksichtigen, aufgrund derer das Risiko einer künftigen Inanspruchnahme der Gemeinde<br />

bestehen könnte. Dabei sollte nicht unberücksichtigt bleiben, ob und auf welche Art und Weise der betreffende<br />

Betrieb in den gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogen wird.<br />

Derartige Zwecksetzungen bestehen auch, wenn sich die Gemeinde bei Finanzleistungen an gemeindliche Betriebe<br />

eine Buch- und Betriebsprüfung vorbehalten hat, z. B. bei der Hingabe eines Darlehens oder der Gewährung<br />

einer Zuwendung nach § 43 Absatz 5 GemHVO <strong>NRW</strong>). Zum Gegenstand der gemeindlichen Prüfung sind<br />

dabei auch die Festlegungen der Gemeinde zu machen, z. B. die vereinbarte betriebliche Gegenleistungsverpflichtung<br />

oder besondere Berichtspflichten.<br />

2.2 Die Beteiligung von Bürgermeister und Kämmerer<br />

Ein gesondertes Recht des Bürgermeisters und/oder des Kämmerers, eine Stellungnahme zu den Ergebnissen<br />

von Prüfungen, die durch die Aufgabenübertragung des Rates der Gemeinde an die örtliche Rechnungsprüfung<br />

entstanden sind, enthält die Vorschrift jedoch nicht. In solchen Prüfungsangelegenheiten kann die Beteiligung des<br />

Bürgermeisters und/oder des Kämmerers nicht aus der Vorschrift über die gemeindliche Jahresabschlussprüfung<br />

abgeleitet werden (vgl. des § 101 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Vorschrift trifft lediglich für die Jahresabschlussprüfung eine gesonderte Regelung. Sie gilt jedoch auch für<br />

den gemeindlichen Gesamtabschluss (vgl. § 116 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Der Rat kann aber bei örtlichem Bedarf<br />

oder aus sonstigem Anlass bereits bei der Beauftragung der örtlichen Rechnungsprüfung eine gesonderte Beteiligung<br />

des Bürgermeisters und/oder des Kämmerers festlegen.<br />

3. Zu Absatz 3 (Prüfaufträge des Bürgermeisters):<br />

3.1 Allgemeine Bedingungen<br />

Nach der haushaltsrechtlichen Vorschrift kann der Bürgermeister der örtlichen Rechnungsprüfung eigene Prüfaufträge<br />

erteilen, die sich auf seinen Amtsbereich beziehen müssen. Der Begriff „Amtsbereich“ umfasst dabei die<br />

gesamte gemeindliche Verwaltung und nicht nur die Aufgaben und Angelegenheiten, die der Bürgermeister sich<br />

GEMEINDEORDNUNG 1035


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

zur eigenen Bearbeitung vorbehalten hat (vgl. § 62 Absatz 1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong>). Dieses besondere Recht des<br />

Bürgermeisters ist geboten, denn er ist verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs<br />

der gesamten Verwaltung (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Über solche Aufträge muss der Bürgermeister gleichzeitig den Rechnungsprüfungsausschuss informieren, der<br />

besondere Prüfungsaufgaben zu erledigen hat und dafür sich der örtlichen Rechnungsprüfung bedient (vgl. § 59<br />

Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Der Adressat des Prüfungsberichtes der örtlichen Rechnungsprüfung bleibt aber wegen der<br />

von ihm erteilten Prüfungsaufträge ausschließlich der Bürgermeister. Es ist dabei vor Ort eigenverantwortlich zu<br />

entscheiden, inwieweit auch der Rat der Gemeinde über diese Beauftragung der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

bzw. über die Prüfungstätigkeit und deren Ergebnisse informiert wird.<br />

Die Beauftragung der örtlichen Rechnungsprüfung durch den Bürgermeister macht dabei deutlich, dass dieser<br />

sich bei seinen Prüfaufträgen einer unabhängigen Stelle bedienen will. Die örtliche Rechnungsprüfung ist dem<br />

Rat unmittelbar verantwortlich, ihm in ihrer sachlichen Tätigkeit unmittelbar unterstellt und frei von fachlichen<br />

Weisungen (vgl. § 104 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). In den Fällen, in denen der Bürgermeister diese örtlichen Gegebenheiten<br />

nutzen will, unterwirft er sich diesen Bedingungen und kann dann i.d.R. keine Vorgaben zur Art und Weise<br />

der Prüfung machen, z. B. zu den einzusetzenden Prüfern oder zur Prüfungsmethode. Dieser Grundsatz verbietet<br />

gleichwohl keine sachlich geprägten Abweichungen. Vor Ort auftretende Zweifelsfälle können daher nur zwischen<br />

den Beteiligten geklärt werden.<br />

3.2 Die Prüfaufträge<br />

Die Aufträge des Bürgermeisters sind von der örtlichen Rechnungsprüfung zusätzlich zu ihren gesetzlichen Aufgaben<br />

und den vom Rat übertragenen Aufgaben zu erledigen. Die Vorschrift enthält dabei keine besondere Aufzählung<br />

der möglichen Prüfaufträge des Bürgermeisters. Vielmehr sollen die Aufträge durch den Bürgermeister<br />

als Auftraggeber in Bezug auf die von ihm zu leitende gemeindliche Verwaltung und in Abhängigkeit von den<br />

örtlichen Verhältnissen in der Gemeinde bestimmt werden.<br />

Die Erledigung der Prüfungsaufträge des Bürgermeisters ist von der örtlichen Rechnungsprüfung in einen Zusammenhang<br />

mit der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben und der vom Rat übertragenen Aufgaben zu stellen.<br />

Sie sollte sich bei ihrer Entscheidung über die tatsächliche Durchführung dieser Prüfungsaufträge an der Reihenfolge<br />

im Aufbau der gesetzlichen Vorschrift orientieren. Die örtliche Rechnungsprüfung hat deshalb der Erledigung<br />

der gesetzlich bestimmten Aufgaben immer den Vorrang einzuräumen, sofern nicht aus besonderen örtlichen<br />

Gründen andere Prioritäten zu setzen sind.<br />

In den Fällen, in denen der örtlichen Rechnungsprüfung auch Aufgaben vom Rat übertragen worden sind, stehen<br />

diese den gesetzlichen Aufgaben nach. Sie stehen aber einer Beauftragung der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

durch den Bürgermeister grundsätzlich nicht entgegen. Hinsichtlich der Erledigung der übertragenen Prüfungsaufgaben<br />

des Rates und der Prüfungsaufträge des Bürgermeisters sollte die örtliche Rechnungsprüfung eine<br />

Abwägung unter örtlichen Gesichtspunkten vornehmen. Im Zweifelsfall ist wegen der gesetzlich aufgezeigten<br />

Reihenfolge der Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung nach den gesetzlichen Aufgaben den für den Rat zu<br />

erledigenden Aufgaben der Vorrang einräumen.<br />

Zu den möglichen Prüfungsaufträgen, die der Bürgermeister der örtlichen Rechnungsprüfung erteilen kann, gehört<br />

z. B. eine Organisationsprüfung der gemeindlichen Verwaltung. Er kann aber auch Aufträge im Rahmen der<br />

örtlichen Korruptionsbekämpfung erteilen. Die Prüfung gemeindlicher Geschäftsvorfälle in Zuwendungsverfahren<br />

unter Einbeziehung der Zwecksetzungen und Vorgaben des Zuwendungsgebers kann ebenfalls vom Bürgermeister<br />

zum Gegenstand eines Prüfungsauftrages gemacht werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1036


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

In einigen Zuwendungsverfahren wird durch Nebenbestimmungen verlangt, dass die Gemeinde als Zuwendungsempfängerin<br />

bereits im Rahmen der Nachweisführung der zweckentsprechenden Verwendung der erhaltenen<br />

Finanzmittel eine unabhängige Stelle beteiligt. Sie soll dann das festgestellte Prüfungsergebnis dem der Bewilligungsstelle<br />

vorzulegenden Verwendungsnachweis beifügen. Als unabhängige Stelle wird dabei regelmäßig die<br />

örtliche Rechnungsprüfung eingeschaltet. Diese Stelle kann bei solchen Prüfungen ihre Erkenntnisse aus der<br />

laufenden Prüfung der Vorgänge in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung dafür nutzen.<br />

3.3 Die Beteiligung Dritter<br />

Über die Aufträge des Bürgermeisters an die örtliche Rechnungsprüfung ist wegen der Sachnähe zu anderen<br />

örtlichen Prüfungen der Rechnungsprüfungsausschuss zu unterrichten. Die Unterrichtungspflicht beinhaltet dabei<br />

kein Einspruchsrecht des Rechnungsprüfungsausschusses gegen die Erteilung des Prüfungsauftrages. Die Vorschrift<br />

schließt dabei nicht aus, dass der Bürgermeister auch den Finanzausschuss über die von ihm der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung erteilten Aufträge informiert. Die verpflichtende vorherige Beteiligung des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

bei der Auftragsvergabe an die örtliche Rechnungsprüfung gebietet es, dass der Ausschuss<br />

nicht nur über das von der örtlichen Rechnungsprüfung festgestellte Prüfungsergebnis, sondern auch über mögliche<br />

Folgemaßnahmen unterrichtet wird.<br />

Eine besondere Pflicht zur Unterrichtung des Rates der Gemeinde über die Prüfungsaufträge des Bürgermeisters<br />

an die örtliche Rechnungsprüfung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Unterrichtung des Rates kann gleichwohl<br />

erfolgen. Sie kann unter dem Gesichtspunkt erfolgen, dass die örtliche Rechnungsprüfung dem Rat unmittelbar<br />

verantwortlich und ihm in ihrer sachlichen Tätigkeit unterstellt ist (vgl. § 104 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Eine<br />

solche Unterrichtung kann unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten geboten sein, denn es obliegt<br />

dem Bürgermeister, den Rat der Gemeinde über alle wichtigen Gemeindeangelegenheiten der Gemeinde zu<br />

unterrichten (vgl. § 62 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In diesem Zusammenhang besteht kein Recht des Kämmerers auf die Abgabe einer Stellungnahme zum Auftrag<br />

des Bürgermeisters an die örtliche Rechnungsprüfung oder zum Prüfungsergebnis. Ein Anspruch darauf kann<br />

auch nicht aus der Vorschrift über die gemeindliche Jahresabschlussprüfung abgeleitet werden (vgl. § 101 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong>). Der Bürgermeister kann aber bei Bedarf eine gesonderte Beteiligung oder eine Information an den<br />

Kämmerer bei der Vergabe seiner Aufträge an die örtliche Rechnungsprüfung festlegen.<br />

4. Zu Absatz 4 (Sicherstellung der Informationsrechte der Prüfer):<br />

4.1 Zu Satz 1 (Recht auf Vorlage von Nachweisen und Informationen):<br />

4.1.1 Die Vorlagerechte des Prüfers<br />

Das Recht des Prüfers, für die Durchführung seiner Prüfungstätigkeit die Aufklärung und Nachweise verlangen zu<br />

können, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind, soll die ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben sicherstellen.<br />

Als Prüfer im Sinne der Vorschrift gelten dabei die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung und Dritte,<br />

die im Auftrag der örtlichen Rechnungsprüfung tätig sind. Aus seiner gesetzlichen Aufgabenstellung heraus wird<br />

auch der Rechnungsprüfungsausschuss durch die Vorschrift erfasst, auch wenn dieser nicht ausdrücklich in der<br />

Vorschrift benannt wurde (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Prüfer können ihre Aufgaben regelmäßig nur dann ordnungsgemäß erfüllen, wenn ihnen die jeweils zum<br />

Prüfungsgegenstand gehörenden gemeindlichen Unterlagen zugänglich sind und die notwendigen Sachinformationen<br />

gegeben werden. Unter dieses gesetzliche Recht fallen daher alle Informationsbedürfnisse des Prüfers, die<br />

GEMEINDEORDNUNG 1037


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

zu seinem Verständnis und zur Klarstellung über die Prüfungsgegenstände beitragen können. Die gesetzlichen<br />

Regelungen dienen daher dem Schutz der örtlichen Rechnungsprüfung sowie den Schutz der Abschlussprüfer.<br />

Durch die Vorschrift sollen die Qualität und die Verlässlichkeit der Prüfungsarbeiten sowie des Prüfungsergebnisses<br />

gewährleistet werden. Die Regelungen sind daher nach Sinn und Zweck sowie der Ausrichtung auf die jeweils<br />

vorzunehmende Prüfung grundsätzlich weit auszulegen. Sie enthalten dabei die Pflicht der Gemeinde, die<br />

gegebenen Informationen auch belegen zu können. Diese Sachlage bedeutet jedoch nicht, keine mündlichen<br />

Auskünfte gegenüber dem Prüfer geben zu dürfen.<br />

Den Prüfern steht mit diesem Recht aber nicht eine uneingeschränkte Einsichtnahme in gemeindliche Unterlagen<br />

zu. Bei einer möglichen Forderung nach Nachweisen und Informationen im Rahmen einer Prüfung ist zu berücksichtigen,<br />

dass z. B. bei der Durchführung der Abschlussprüfung auch der Grundsatz der Wesentlichkeit sowie<br />

der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit Anwendung findet. Diese Grundsätze beschränken regelmäßig auch die<br />

Rechte des Prüfers. Sie dürfen daher z. B. nicht im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit eigenständig eine Suche nach<br />

brauchbaren Unterlagen der gemeindlichen Verwaltung vornehmen. Außerdem müssen die gewünschten Informationen<br />

und Nachweise dazu dienen, den Prüfungszweck auszufüllen.<br />

4.1.2 Die Mitwirkung der Gemeindeorgane<br />

Bei der Durchführung einer Jahresabschlussprüfung sind die Abschlussprüfer immer auch auf die Mitwirkung der<br />

„geprüften Verwaltungsstellen“ sowie des Rechnungsprüfungsausschusses und des Rates der Gemeinde als<br />

Auftraggeber angewiesen. Das Recht eines Abschlussprüfers auf Vorlage von Nachweisen und Informationen<br />

beinhaltet aber auch besondere Mitwirkungspflichten des Bürgermeisters einschließlich der Beschäftigten der<br />

gemeindlichen Verwaltung, auch wenn in der Vorschrift diese Pflichten nicht ausdrücklich hervorgehoben werden.<br />

In den Fällen, in denen seitens der gemeindlichen Verwaltung notwendige Unterlagen oder Nachweise zurückgehalten<br />

oder auch dem Prüfer die erbetenen Informationen verweigert werden, ist der Bürgermeister als Verantwortlicher<br />

für die gesamte gemeindliche Verwaltung i.d.R. der Ansprechpartner (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Er<br />

kann dabei, insbesondere für spezielle fachliche Gegebenheiten, auch andere Verantwortliche benennen oder<br />

auch solche Angelegenheiten sich selbst vorbehalten. Es wird dadurch möglich, auftretende Prüfungshindernisse<br />

kurzfristig zu beseitigen, um möglichst eine Unterbrechung oder eine Verschiebung der Abschlussprüfung zu<br />

vermeiden. Ein solches Miteinander ist sachgerecht und kann dazu beitragen, eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks<br />

zu vermeiden.<br />

In besonderen Ausnahmefällen kann auch der Rechnungsprüfungsausschuss bzw. der Rat der Gemeinde als<br />

Auftraggeber unmittelbar zum Ansprechpartner werden. Diese Beteiligung kann insbesondere in den Fällen geboten<br />

sein, in denen dem Abschlussprüfer die von ihm gewünschten Nachweise und Informationen von der gemeindlichen<br />

Verwaltung nicht zur Verfügung gestellt werden und er diese Sachlage als ein Prüfungshemmnis<br />

bewerten will. Die Mitwirkung bzw. die Vorlage von Nachweisen und Informationen soll der Abschlussprüfer aber<br />

nicht erzwingen oder erzwingen lassen.<br />

In solchen Fällen hat er vielmehr die Verweigerung der erbetenen Informationen in seinem Prüfungsbericht festzuhalten<br />

und in seine Gesamtbeurteilung einzubeziehen. Bei fehlenden Nachweisen über gemeindliche Tatbestände,<br />

die wesentlich für die Beurteilung des gemeindlichen Jahresabschlusses sind, muss der Prüfer abwägen,<br />

ob diese Sachlage aus seiner Sicht zu Einschränkungen oder zur Versagung des Bestätigungsvermerks für den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss führen soll (vgl. § 101 Absatz 3 und 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1038


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§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

4.1.3 Die Absicherung der Vollständigkeit der zu prüfenden Unterlagen<br />

4.1.3.1 Die Abgabe einer Vollständigkeitserklärung<br />

Im Rahmen der ordnungsmäßigen Durchführung von Abschlussprüfungen besteht vielfach ein Bedürfnis für den<br />

Prüfer, sich von der gemeindlichen Verwaltung versichern zu lassen, dass die ihm vorgelegten Unterlagen sowie<br />

die Nachweise und die ihm erteilten Informationen richtig und vollständig sind (Vollständigkeitserklärung). In der<br />

Abwägung, ob eine solche Erklärung sachgerecht ist, hat er zu berücksichtigen, dass der Bürgermeister durch<br />

seine Bestätigung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses nach § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> eine öffentlich-rechtliche<br />

Verpflichtung erfüllt. Der Bürgermeister bringt mit seiner Unterschrift zum Ausdruck, dass der Entwurf<br />

aus seiner Verantwortung heraus richtig und vollständig ist. Er kann dazu besondere Einschränkungen machen<br />

oder Hinweise geben.<br />

Zur Abgabe einer Vollständigkeitserklärung durch den Bürgermeister besteht keine ausdrückliche gesetzliche<br />

Verpflichtung. Der Bürgermeister kann neben seiner Bestätigung des Entwurfs des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

aber freiwillig eine solche Erklärung zusätzlich gegenüber dem Abschlussprüfer bzw. der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung oder gegenüber den beauftragten Prüfern abgeben. In den Fällen, in denen vom Rechnungsprüfungsausschuss<br />

oder von der örtlichen Rechnungsprüfung ein Wirtschaftsprüfer mit der Durchführung einer<br />

Abschlussprüfung beauftragt wird, dürfte dieser Prüfer i.d.R. eine Vollständigkeitserklärung im Rahmen seiner<br />

Beauftragung verlangen (vgl. § 59 Absatz 3 und § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

4.1.3.2 Der Bedarf für eine Vollständigkeitserklärung<br />

Die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses baut auf den der örtlichen Rechnungsprüfung vorgelegten<br />

und vom Bürgermeister bestätigten Unterlagen auf (vgl. § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Der Abschlussprüfer kann im<br />

Rahmen seiner Prüfungstätigkeit und bei entsprechendem Bedarf von seinem Recht Gebrauch machen und<br />

verlangen, dass die für seine Prüfungstätigkeit notwendige Vollständigkeit der Unterlagen bestätigt wird. Er muss<br />

vor seinem Begehren jedoch sorgfältig prüfen, ob er zur Erledigung seiner Prüfungsaufgaben eine solche Bestätigung<br />

zwingend benötigt.<br />

Bei der vom Prüfer vorzunehmenden bedarfsorientierten Prüfung hat er u.a. zu berücksichtigen, dass der Kämmerer<br />

den Entwurf des Jahresabschlusses mit den Anlagen zu unterzeichnen hat, bevor er diesen Entwurf dem<br />

Bürgermeister zur Bestätigung vorlegt. Mit seiner Unterschrift bringt der Kämmerer zum Ausdruck, dass der von<br />

ihm aufgestellte Entwurf aus seiner Finanzverantwortung heraus den gesetzlichen Vorgaben entspricht und richtig<br />

und vollständig ist. Dieser Unterschrift ist auch im Sinne der Prüfungstätigkeiten eine erhebliche Bedeutung<br />

beizumessen. Der Kämmerer ist für das Finanzwesen in der Gemeinde zuständig bzw. hat die Finanzverantwortung<br />

in der Gemeinde inne.<br />

Der Abschlussprüfer hat im Rahmen seiner Bedarfsprüfung auch die Bestätigung des Entwurfs des Jahresabschlusses<br />

durch den Bürgermeister zu berücksichtigen. Diese Bestätigung bringt grundsätzlich zum Ausdruck,<br />

dass der Entwurf des gemeindlichen Jahresabschlusses aus der Verantwortung des Bürgermeisters heraus richtig<br />

und vollständig ist. Der Kämmerer sowie der Bürgermeister erfüllen mit ihrer Unterzeichnung eine öffentlichrechtliche<br />

Verpflichtung. Der Abschlussprüfer darf daher regelmäßig nicht unterstellen, dass nur durch eine ergänzende<br />

Vollständigkeitserklärung den haushaltsrechtlichen Vorschriften genügt wird.<br />

Ein Abschlussprüfer kann daher von seinem Recht nach Abgabe einer zusätzlichen Vollständigkeitserklärung nur<br />

Gebrauch machen, wenn nach seiner örtlichen Bedarfsprüfung noch erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der ihm<br />

vorgelegten Unterlagen bestehen. Dieser Sachverhalt muss für den gemeindlichen Abschluss wesentlich sein<br />

und die Zweifel müssen nicht auf eine andere Art und Weise ausgeräumt werden können. Das Einholen einer<br />

GEMEINDEORDNUNG 1039


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

zusätzlichen Erklärung des Bürgermeisters ist zwar in das Ermessen des Prüfers gestellt, jedoch hat er keinen<br />

Rechtsanspruch darauf.<br />

Das örtliche Erfordernis und der Umfang einer solchen zusätzlichen Erklärung im Rahmen der Prüfung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses müssen an den Verantwortlichkeiten für den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

gemessen werden. In den Fällen, in denen vom Prüfer eine solche Erklärung vom Bürgermeister verlangt, sollte<br />

diese dann in Schriftform auf einem gesonderten Dokument abgegeben werden. Die Abgabe einer solchen Erklärung<br />

führt jedoch nicht zum Verzicht der Vorlage weiterer noch benötigter Nachweise und Informationen, denn sie<br />

stellt keinen Ersatz für die vom Prüfer für erforderlich gehaltenen Unterlagen dar.<br />

4.1.3.3 Die Inhalte einer Vollständigkeitserklärung<br />

Der Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung kann zum Nachweis, dass ihm von der Gemeinde alle erforderlichen<br />

Unterlagen für seine Prüfung, z. B. des gemeindlichen Jahresabschlusses, vorgelegt worden sind, eine entsprechende<br />

Erklärung als "Vollständigkeitserklärung" verlangen. Eine solche Erklärung, die i.d.R. vom Bürgermeister<br />

abzugeben ist, kann zum Inhalt haben, dass dem Abschlussprüfer alle für seine Prüfung erforderlichen Unterlagen,<br />

Nachweise und Bestimmungen sowie Auskünfte gegeben bzw. zur Verfügung gestellt wurden. Es ist dabei<br />

örtlich zu entscheiden, ob die Jahresabschlussunterlagen dabei im Einzelnen benannt werden sollen.<br />

Eine Vollständigkeitserklärung ist deshalb von der Gemeinde unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten<br />

eigenverantwortlich zu gestalten. Sie kann bei Bedarf auch durch fachliche Zusatzerklärungen ergänzt werden,<br />

wenn dieses Instrument von der Gemeinde genutzt werden soll. Die Gemeinde kann die Abgabe einer Vollständigkeitserklärung<br />

auch auf einzelne Fachbereiche beschränken, wenn dafür ggf. ein örtliches Erfordernis im<br />

Rahmen der dezentralen Ressourcenverantwortung und des daraus zu entwickelnden gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

besteht.<br />

4.2 Zu Satz 2 (Informationsrechte gegenüber betrieblichen Abschlussprüfern):<br />

4.2.1 Allgemeine Zusammenhänge<br />

Der Abschlussprüfer des gemeindlichen Jahresabschlusses oder des Gesamtabschlusses der Gemeinde hat<br />

gegenüber den Abschlussprüfern der gemeindlichen Betriebe das Recht, von diesen Prüfern die Aufklärung und<br />

Nachweise zu verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung des Gesamtabschlusses notwendig sind. Der Gesetzgeber<br />

hat es wegen des engen Sachzusammenhangs zwischen den Abschlussprüfungen als geboten angesehen,<br />

durch eine gesetzliche Regelung die Durchsetzung von Prüfungsrechten auch gegenüber den Abschlussprüfern<br />

der gemeindlichen Betriebe zu gewährleisten.<br />

Die haushaltsrechtliche Regelung soll jedoch nicht nur für die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

gelten, in dessen Bilanz die gemeindlichen Betriebe im Bereich "Finanzanlagen" anzusetzen sind. Die Vorgabe<br />

gilt für den gemeindlichen Gesamtabschluss, denn mit diesem ist die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde so darzustellen, als ob es sich bei der Gemeinde um eine einzige wirtschaftliche<br />

„Einheit“ aus der gemeindlichen Verwaltung und den Betrieben der Gemeinde handeln würde.<br />

Für den Abschlussprüfer des gemeindlichen Jahresabschlusses oder des Gesamtabschlusses der Gemeinde soll<br />

deshalb durch die Regelung gewährleistet werden, dass er mindestens insoweit zu Nachweisen und Informationen<br />

über den Jahresabschluss gemeindlicher Betriebe gelangen kann, wie diese Daten zweckbezogen für seine<br />

Abschlussprüfung von wesentlicher Bedeutung sind. Er hat deshalb mit den Abschlussprüfern der gemeindlichen<br />

Betriebe den jeweils notwendigen Informationsaustausch vorzunehmen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1040


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§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Diese haushaltsrechtliche Vorgabe bedeutet außerdem, dass dem gemeindlichen Abschlussprüfer bei Bedarf ggf.<br />

auch Einsichtsrechte in betriebliche Unterlagen und den betrieblichen Jahresabschluss durch die jeweiligen gesetzlichen<br />

Vertreter des betreffenden gemeindlichen Betriebes zu gewähren sind. Sie sollen z. B. nicht unter dem<br />

Gesichtspunkt des Bedürfnisses der Geheimhaltung verweigert werden, denn die Abschlussprüfer unterliegen<br />

einer grundsätzlichen Verschwiegenheitspflicht. Die Gemeinde soll deshalb ihren Betrieben entsprechende Vorgaben<br />

machen, damit die Betriebe diese in ihre Vereinbarungen mit ihren Abschlussprüfern aufnehmen.<br />

4.2.2 Die Umsetzung der Informationsrechte<br />

Bei einer Abschlussprüfung kann der verantwortliche Abschlussprüfer des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

oder des Gesamtabschlusses bei Bedarf die notwendige Aufklärung und Nachweise über Prüfungsgegenstände<br />

und Prüfungshandlungen eines Dritten oder Prüfungshemmnisse im Rahmen seiner Informationsrechte verlangen,<br />

die für seine (gemeindliche) Prüfung notwendig sind. Diese Sachlage erfordert, den Informationsbedarf sowie<br />

die Art der Kommunikation zwischen den Abschlussprüfern bzw. die Berichterstattung der betrieblichen Abschlussprüfer<br />

unter der Berücksichtigung der Bedeutung der für den gemeindlichen Gesamtabschluss benötigten<br />

Informationen festzulegen.<br />

Der gesetzliche Anspruch des gemeindlichen Abschlussprüfers richtet sich dabei jedoch nur gegen den betrieblichen<br />

Abschlussprüfer. Er besteht nicht gegen den geprüften Betrieb, auch nicht in den Fällen, in denen ggf. mit<br />

Zustimmung der gesetzlichen Vertreter des gemeindlichen Betriebes wichtige Informationen aus betrieblichen<br />

Unterlagen gegeben werden müssen. Die Umsetzung dieser Vorgaben erfordert von der Gemeinde als Muttereinheit,<br />

dass im Rahmen ihrer örtlichen Gesamtabschlussrichtlinie die notwendigen Vorgaben gegenüber den<br />

gemeindlichen Betrieben festgelegt werden. Die gemeindlichen Betriebe werden dadurch verpflichtet, diese Vorgaben<br />

im Rahmen der Auswahl ihrer Abschlussprüfer zu berücksichtigen und mit den Prüfern derartige Informationspflichten<br />

zu vereinbaren bzw. ihnen aufzuerlegen.<br />

Nur eine örtlich bestehende rechtliche Grundlage ermöglicht dem Abschlussprüfer des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

die Aufklärung und Nachweise vom Abschlussprüfer eines gemeindlichen Betriebes zu verlangen, die<br />

dieser für seine sorgfältige Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses benötigt. In diesem Zusammenhang<br />

kann es sachlich sinnvoll sein, dass der Abschlussprüfer des gemeindlichen Gesamtabschlusses auch an den<br />

Schlussbesprechungen der Abschlussprüfungen bei den gemeindlichen Betrieben teilnimmt, die im Rahmen des<br />

Gesamtabschlusses voll zu konsolidieren sind. Im Rahmen der jeweiligen Abschlussprüfung muss der Abschlussprüfer<br />

seinen Informationsbedarf bzw. das Auskunftsersuchen sowie die erhaltenen Antworten dokumentieren<br />

und aufbewahren.<br />

4.2.3 Die Verwertung erhaltener Informationen<br />

Im Rahmen des gesetzlichen Auftrages muss sich ein Abschlussprüfer immer ein eigenes Gesamturteil aufgrund<br />

seiner Erkenntnismöglichkeiten in der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses bilden. Er trägt nicht nur<br />

die Verantwortung für seine eigene Prüfungstätigkeit, sondern auch für die Ergebnisse, die er aus den Arbeiten<br />

anderer Prüfer in die eigenen Arbeiten eigenverantwortlich einbezieht. Der Abschlussprüfer kann daher grundsätzlich<br />

nicht davon ausgehen, dass er die ihm durch andere Prüfer zugeleiteten Informationen ohne eigene<br />

Überprüfung übernehmen bzw. in die eigenen Prüfungshandlungen einbeziehen kann.<br />

Eine eigene Überprüfung muss auch dann vorgenommen werden, wenn die Dritten die bereitgestellten Informationen<br />

im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit erlangt haben. Der Abschlussprüfer hat deshalb in den Fällen, in denen<br />

er Aufklärung oder Nachweise von Dritten verlangt hat, immer in geeigneter Weise zu überprüfen, ob die ihm<br />

überlassenen Informationen und Unterlagen auch für eine Verwertung in seiner eigenen Prüfung geeignet sind<br />

und welcher Prüfer ihm die Informationen bzw. Unterlagen überlassen hat. In diesem Rahmen sind auch die ein-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1041


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§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

schlägigen Datenschutzbestimmungen sowie Festlegungen über Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen. Vom<br />

gemeindlichen Abschlussprüfer ist außerdem ein Zusammenhang mit den eigenen Prüfungshandlungen bei seiner<br />

Abschlussprüfung herzustellen, sodass die Inhalte und das Ausmaß der Verwertung zutreffend und nachvoll-<br />

ziehbar abgewogen werden können. Das Ergebnis dieser Überprüfung sowie das Ausmaß der Verwertung bzw.<br />

die Gewichtung der der erhaltenen Informationen sind vom Abschlussprüfer zu dokumentieren.<br />

5. Zu Absatz 5 (Beauftragung Dritter als Prüfer):<br />

5.1 Die Zwecke der Vorschrift<br />

5.1.1 Die örtliche Rechnungsprüfung als Aufgabe<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung ist bei den kreisfreien Städten, den Großen und den Mittleren kreisangehörigen<br />

Städten regelmäßig eine gesonderte Organisationseinheit innerhalb der gemeindlichen Verwaltung. Diese Städte<br />

sind gesetzlich verpflichtet, eine örtliche Rechnungsprüfung einzurichten (vgl. § 102 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die übrigen Gemeinden sollen eine „Örtliche Rechnungsprüfung“ einrichten, wenn bei ihnen dafür ein Bedürfnis<br />

besteht und die Kosten in angemessenem Verhältnis zum Nutzen stehen (vgl. § 102 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung nimmt innerhalb der gemeindlichen Verwaltung eine Sonderstellung ein. Sie ist<br />

dem Rat der Gemeinde unmittelbar verantwortlich und ihm in ihrer sachlichen Tätigkeit unmittelbar unterstellt<br />

sowie von fachlichen Weisungen frei (vgl. § 104 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde muss das örtliche Prüfungswesen näher ausgestalten, denn der Gesetzgeber hat ihr ausdrücklich<br />

die dafür erforderlichen Kompetenzen eingeräumt. Sie ist als geeignet angesehen worden, die ihr zugewiesenen<br />

Prüfungsaufgaben mit der notwendigen personellen und sächlichen Ausstattung zu erfüllen und den ordnungsgemäßen<br />

Gang der Prüfungsgeschäfte sicherzustellen. Unter Berücksichtigung der durchzuführenden Prüfungsaufgaben<br />

muss daher von der Gemeinde entschieden werden, in welchem Umfang eigenes Personal eingesetzt<br />

wird und Dritte als Prüfer beauftragt werden.<br />

Die Vorschrift enthält daher besondere die Unabhängigkeit der Prüfer sichernde Bestimmungen, um den Ausschluss<br />

jeglicher Einflussnahme der von der örtlichen Rechnungsprüfung zu prüfenden Stellen zu erreichen. Es<br />

soll zudem eine sinnvolle und effektive Prüfung gewährleistet werden. Diese gesetzliche Festlegung wirkt sich<br />

auch auf beauftragte Dritte aus, die bei örtlichem Bedarf als Prüfer oder Sachverständige in die Aufgabenerledigung<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung unter vorheriger Beteiligung des Rechnungsprüfungsausschusses einbezogen<br />

werden können.<br />

5.1.2 Die Einschaltung Dritter als Prüfer<br />

5.1.2.1 Allgemeine Bedingungen<br />

Die Vorschrift bestimmt ausdrücklich, dass sich die örtliche Rechnungsprüfung der Gemeinde mit Zustimmung<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses eines Dritten als Prüfer bedienen kann. Die Regelung beschränkt die Beauftragung<br />

Dritter als Prüfer dabei nicht auf die gemeindlichen Abschlussprüfungen. Vielmehr kann ein Dritter als<br />

Prüfer auch mit anderen Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung beauftragt werden. Dadurch wird vor Ort eine<br />

flexible und wirtschaftliche Erledigung der Prüfungsaufgaben ermöglicht.<br />

Die Beauftragung eines Dritten setzt dabei voraus, dass bei der örtlichen Rechnungsprüfung ein entsprechender<br />

konkreter Prüfungsauftrag besteht oder ein solcher Auftrag konkret zu erwarten ist, z. B. aufgrund der haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften. Sie kann jedoch nicht allein auf den Aufgabenkatalog des Absatzes 1 der Vorschrift<br />

gestützt werden, sodass die Beauftragung eines Dritten, z. B. für mehrere künftige Jahresabschlüsse der Ge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1042


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§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

meinde im Voraus, als unzulässig anzusehen ist. Bei der Einschaltung eines Dritten als Prüfer bleibt die Verantwortung<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung insgesamt unberührt.<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung muss sich daher auch immer selbst ein Prüfungsurteil über den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss oder den Gesamtabschluss bilden. Sie sollte deshalb die Beteiligung von Dritten an ihren Abschlussprüfungen<br />

so ausgestalten, dass sie anschließend aufgrund ihrer Erkenntnismöglichkeiten noch ein eigenverantwortliches<br />

Urteil zum jeweiligen Prüfungsgegenstand fällen und einen eigenen Bestätigungsvermerk<br />

gegenüber dem Rechnungsprüfungsausschuss abgeben kann. Die Vorschrift beinhaltet daher, dass bei der Entscheidung<br />

über die Beauftragung eines Dritten durch die örtliche Rechnungsprüfung der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

zu beteiligen ist.<br />

Ein Dritter als Prüfer wird im Rahmen einer Beauftragung durch die Gemeinde i.d.R. die betreffenden gemeindlichen<br />

Sachverhalte und ggf. auch Geschäftsvorfälle der Gemeinde mit seinem üblichen Prüfungsansatz umfassend<br />

und eigenverantwortlich prüfen. Die Gemeinde muss daher örtliche Besonderheiten ausdrücklich benennen<br />

und in der abzuschließenden Vereinbarung ggf. ausdrücklich aufzeigen. In diesem Zusammenhang sollte seitens<br />

der Gemeinde der Prüfungsauftrag so konkret und präzisiert sein, dass möglichst keine Differenzen im Ablauf der<br />

Prüfung entstehen können.<br />

Die einzelnen Auftragsinhalte und die Prüfungsbereiche müssen daher von der Gemeinde hinsichtlich ihrer Art<br />

und ihres Umfanges sachlich und zweckmäßig benannt, voneinander abgegrenzt und unter Beachtung der haushaltsrechtlichen<br />

Bedingungen und der örtlichen Gegebenheiten ausgestaltet werden. Im Rahmen der Beauftragung<br />

sind ebenso die Art und Weise sowie die Form der Berichterstattung über die Prüfungstätigkeit und die<br />

Darstellung des Prüfungsergebnisses festzulegen. Dazu gehört z. B. auch die Erstellung eines Bestätigungsvermerks<br />

oder eines Vermerks über seine Versagung (vgl. § 101 Absatz 3 bis 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

5.1.2.2 Persönliche Voraussetzungen<br />

Ein Dritter als Prüfer wird im Rahmen einer Beauftragung durch die Gemeinde regelmäßig eigenverantwortlich<br />

tätig. Er muss aber über eine für die Prüfungstätigkeit ausreichende Sachkunde in Form von rechtlichen und<br />

fachlichen Kenntnissen sowie über die gebotene Zuverlässigkeit verfügen. Die Vorschrift enthält dazu aber keine<br />

besonderen Regelungen. Gleichwohl müssen von der Gemeinde fachliche und persönliche Voraussetzungen für<br />

den Prüfer benannt werden. Solche Vorgaben bedeuten u.a., dass der Prüfer mit den zu prüfenden gemeindlichen<br />

Sachverhalten, mit den einschlägigen gesetzlichen und sonstigen Regelungen vertraut sein muss oder sich<br />

damit vertraut machen muss.<br />

Der Prüfer sollte möglichst sachgerechte Kenntnisse über die Ausübung der Geschäftstätigkeit der Gemeinde im<br />

Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung haben oder erwerben. Er muss sich mit dem wirtschaftlichen Umfeld der Gemeinde<br />

befassen und sich damit auskennen oder vertraut machen. Die Anforderungen, die von der Gemeinde an<br />

Dritte als Prüfer festgelegt werden, dienen dazu, die ordnungsgemäße Erledigung der dem Dritten übertragenen<br />

gemeindlichen Prüfungsaufgaben sicherzustellen.<br />

5.1.3 Sonstige Aspekte<br />

Die gesetzlich benannten Prüfungsaufgaben sowie die Anforderungen an eine bedarfsgerechte Prüfung der<br />

haushaltswirtschaftlichen Vorgänge der Gemeinde erfordern entsprechend qualifizierte und erfahrene Prüfer, von<br />

denen ein entsprechender Nachweis bei einer Auftragung durch die Gemeinde gefordert werden sollte. So wird z.<br />

B. durch Art. 13 der EU-Richtlinie vom 09.06.2006 (Abschlussprüferrichtlinie) eine kontinuierliche Fortbildung der<br />

Abschlussprüfer im Rahmen angemessener Programme gefordert, um ihre theoretischen Kenntnisse und ihre<br />

beruflichen Fertigkeiten und Wertmaßstäbe auf einem ausreichend hohen Stand zu halten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1043


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde als Auftraggeber sollte mit einem Dritten, der bei der Durchführung der Abschlussprüfung einen<br />

Teil seiner Aufgaben an andere Personen abgibt, vereinbaren, dass die Qualifikation und Eignung dieser beteiligten<br />

Personen vom Auftragnehmer vorher zu prüfen ist. Die Vereinbarung sollte zudem vorsehen, dass deren<br />

Arbeitsergebnisse zu überwachen und auf Ordnungsmäßigkeit zu überprüfen sind.<br />

In diesem Zusammenhang muss die Gemeinde die für ihr Personal erforderlichen Maßnahmen und Beteiligungen<br />

durchführen, wenn wegen der Inanspruchnahme der Prüferinnen und Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

personal- und dienstrechtlichen Vorschriften berührt werden. Sie muss auch die Kosten in dem Umfange tragen,<br />

wie es zur Durchführung der abgegebenen Prüfungsaufgaben erforderlich ist bzw. Erstattungen für die übernommenen<br />

Prüfungsaufgaben geltend machen.<br />

Unter diese Vorschrift fällt jedoch nicht die Heranziehung eines Dritten als kompetenten Gesprächspartner, wenn<br />

bei der Durchführung einer örtlichen Prüfung etwa fachliche Zweifelsfragen aufgetreten sind, die es zu klären gilt,<br />

um Fehleinschätzungen bei der örtlichen Prüfung vorzubeugen. Abhängig von der tatsächlichen Einbindung eines<br />

Dritten als Prüfer oder Berater sind daher dessen Beteiligung sowie die Ergebnisse seiner Tätigkeit nachvollziehbar<br />

zu dokumentieren.<br />

Die Tätigkeit eines Dritten als Sachverständiger für die örtliche Rechnungsprüfung, um in ein Prüfungsurteil dessen<br />

Beurteilung einbeziehen zu können, erfordert, dass auch eine Unabhängigkeit des Sachverständigen als<br />

persönliche Voraussetzung neben seiner fachlichen Qualifikation. Bei dem beauftragten Sachverständigen darf<br />

daher keine wirtschaftliche und finanzielle Abhängigkeit von der Gemeinde oder eine persönliche Bindung an<br />

Verantwortliche der Gemeinde bestehen. Ein Sachverständiger sollte wie der Prüfer zudem einen klar umrissenen<br />

Auftrag erhalten, damit dessen Arbeitsergebnisse durch den Abschlussprüfer beurteilt und in sein Prüfungsurteil<br />

einbezogen werden können. Die Dokumentation des Sachverständigen ist außerdem in die Dokumentation<br />

des Prüfers zu übernehmen.<br />

5.2 Die Anwendung des Vergaberechts<br />

Die Beauftragung eines Dritten als Prüfer im Rahmen der örtlichen Rechnungsprüfung stellt für die Gemeinde<br />

einerseits den Einkauf einer Dienstleistung dar. Für eine solche Dienstleistung ist der Wettbewerb offen, sodass<br />

ein entsprechender gemeindlicher (öffentlicher) Auftrag den vergaberechtlichen Bestimmungen unterliegt (vgl. §<br />

25 GemHVO <strong>NRW</strong>). Bei der Auswahl von Dritten als Prüfer ist zudem zu prüfen, ob ggf. Ausschlussgründe nach<br />

§ 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> bestehen. Es ist sinnvoll und sachgerecht, bereits vor der Beauftragung eines Dritten<br />

eine Erklärung darüber einzuholen, ob und ggf. welche geschäftlichen, finanziellen, persönlichen oder sonstigen<br />

Beziehungen zwischen ihm und der Gemeinde bestehen.<br />

Die Gemeinde muss andererseits den Umfang des Prüfungsauftrages eigenverantwortlich unter Beachtung der<br />

haushaltsrechtlichen Erfordernisse festlegen. Es ist dabei nicht ausreichend, bei einem solchen Prüfungsauftrag<br />

nur auf die Angebotsbeschreibungen in den vom Dritten eingereichten Unterlagen abzustellen, auch wenn diese<br />

Unterlagen ggf. Hinweise auf haushaltsrechtliche bzw. örtliche Prüfungsvorgaben enthalten. In diesem Zusammenhang<br />

muss auch das gesamte Verfahren, von der Auswahl eines Dritten als Prüfer für die örtliche Rechnungsprüfung<br />

der Gemeinde bis Abschluss seiner Tätigkeit, nachvollziehbar von der Gemeinde dokumentiert<br />

werden. Diese gemeindliche Pflicht gilt entsprechend, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss unmittelbar einen<br />

Dritten als Prüfer beauftragt (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1044


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

5.3 Fachliche Entscheidungen über die Beauftragung des Dritten<br />

5.3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die ausdrückliche haushaltsrechtliche Regelung, dass sich die örtliche Rechnungsprüfung eines Dritten als Prüfer<br />

bedienen kann, legt die fachliche Entscheidung über die Beauftragung des Dritten in die Hand der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung. Die Auswahl des Dritten sowie seine Beauftragung zur Durchführung von Prüfungsaufgaben<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung fallen daher in die Zuständigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung. Sofern das für<br />

die Beauftragung notwendige Verwaltungsverfahren organisatorisch vom Bürgermeister im Rahmen der allgemeinen<br />

Verwaltung abgewickelt wird, bedarf es dabei des Einvernehmens der örtlichen Rechnungsprüfung. Die<br />

für die Beauftragung eines Dritten ausdrücklich vorgesehene Zustimmung des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

steht der fachlichen Entscheidungszuständigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung nicht entgegen.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss, der sich im Rahmen seiner Prüfungszuständigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

bedienen muss, soll bei der Beauftragung eines Dritten mitwirken (vgl. § 59 Absatz 3 Satz 2 und § 101<br />

GO <strong>NRW</strong>). Nur in den Fällen, in denen keine örtliche Rechnungsprüfung besteht und der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

den Dritten unmittelbar selbst beauftragt, obliegt dem Ausschuss sowohl die fachliche Entscheidung<br />

über die Beauftragung des Dritten als auch dessen Auswahl (vgl. § 59 Absatz 3 Satz 3 i.V.m. § 103 Absatz 5 GO<br />

<strong>NRW</strong>). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass in den Fällen, in denen bei der örtlichen Prüfung ein<br />

Bestätigungsvermerk oder ein Vermerk über seine Versagung entsprechend der Prüfungsaufgaben nach § 103<br />

Absatz 1 Nummern 1 bis 3 GO <strong>NRW</strong> abzugeben ist, diese Pflicht auch für den Dritten im Rahmen des übernommenen<br />

Prüfauftrages besteht.<br />

5.3.2 Ausschluss oder Befangenheit des Prüfers<br />

Im Rahmen der Beauftragung eines Dritten als Abschlussprüfer sind auch die Ausschlussgründe für Prüfer nach<br />

§ 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> und § 104 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> zu beachten. Dabei dürfen mögliche zutreffende Ausschlussgründe<br />

nach anderen Rechtsvorschriften nicht unberücksichtigt bleiben z. B. für Wirtschaftsprüfer die §§<br />

49 und 53 WPO und die §§ 20 ff. BS WP/vBP. Es können bei den Dritten als Prüfer - wie bei den Prüfern der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung - mögliche Ausschluss- oder Befangenheitsgründe bereits vor der Durchführung der<br />

örtlichen Prüfungsaufgabe, aber ggf. auch erst während oder nach seiner Prüfungstätigkeit auftreten oder bekannt<br />

werden. In solchen Fällen sollte auch der Rechnungsprüfungsausschuss unterrichtet werden, wenn die<br />

entstandenen Gegebenheiten nicht unverzüglich beseitigt werden können.<br />

Die für den Prüfer geltenden persönlichen Ausschließungsgründe in dieser Vorschrift berücksichtigen die Besonderheiten<br />

des Gemeinderechts. Ein Dritter darf deshalb z. B. nicht als Prüfer tätig sein, wenn er ein Mitglied des<br />

Rates der Gemeinde, ein Angehöriger des Bürgermeisters oder des Kämmerers, ein Angehöriger des Verantwortlichen<br />

für die Zahlungsabwicklung oder seines Stellvertreters ist. Bei einer Verwirklichung der in dieser Vorschrift<br />

aufgezählten Ausschlusstatbestände besteht für den betreffenden Prüfer ein Verbot, an der örtlichen Abschlussprüfung<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses oder des Gesamtabschlusses mitzuwirken. Durch eine Selbstkontrolle<br />

der Prüfer soll zudem gewährleistet werden, dass örtliche Sachverhalte nicht von denselben Personen geprüft<br />

werden, die unmittelbar an der Entstehung beteiligt waren.<br />

5.3.3 Der Auftragsumfang des Prüfers<br />

Im Rahmen der fachlichen Entscheidung über die Beauftragung eines Dritten als Abschlussprüfer sind der Auftragsgegenstand<br />

sowie der Prüfungsumfang nachvollziehbar abzugrenzen. Die Beauftragung muss daher die<br />

vorgesehenen Prüfungssachverhalte sowie die Leistungen des Abschlussprüfers konkret beinhalten. Die Prüfung<br />

des Jahresabschlusses durch einen Dritten kann sich daher auch darauf erstrecken, ob die gesetzlichen Vor-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1045


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

schriften und die sie ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind.<br />

Sie kann auch die Buchführung, die Inventur, das Inventar der Gemeinde sowie die Übersicht über örtlich festgelegte<br />

Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände umfassen. Ggf. kann auch der gemeindliche Lagebericht<br />

nach § 48 GemHVO <strong>NRW</strong> ein Gegenstand der Prüfung durch den Dritten sein.<br />

In diesem Zusammenhang ist es deshalb bei der Beauftragung als nicht ausreichend anzusehen, nur auf die von<br />

Dritten eingereichten Prüfungsangebote abzustellen. Das abgegebene Angebot ist inhaltlich mit den haushaltsrechtlichen<br />

Prüfungsvorgaben abzugleichen. Ggf. bedarf es dann einer Abstimmung mit dem Dritten, um den<br />

tatsächlichen Umfang der vorzunehmenden Jahresabschlussprüfung festzulegen. In der Abstimmung muss beachtet<br />

werden, dass der gemeindliche Jahresabschluss dahin gehend zu prüfen ist, ob er ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde unter<br />

Beachtung der GoB ergibt. Es ist in diesem Zusammenhang auch klarzustellen, dass nicht allein die gemeindliche<br />

Rechnungslegung der Gegenstand der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung ist.<br />

Im Rahmen der Beauftragung eines Dritten ist von diesem ein Prüfungsbericht zu verlangen, in dem die Durchführung<br />

der örtlichen Prüfung sowie deren Ergebnisse dargestellt werden. Der Dritte muss dabei auch einen Bestätigungsvermerk<br />

oder ein Vermerk über seine Versagung entsprechend den durchgeführten Prüfungsaufgaben<br />

abgeben. Im Rahmen des übernommenen Prüfauftrages obliegt ihm in diesen Fällen die Prüfungspflicht (vgl.<br />

nach § 103 Absatz 1 Nummern 1 bis 3 GO <strong>NRW</strong>). Der Dritte als Prüfer muss dabei aber auch den Dokumentationspflichten<br />

eines Abschlussprüfers genügen, sodass die Gemeinde ggf. die Aufbewahrung bzw. Herausgabe<br />

von Prüfungsunterlagen festlegen muss. Von der Gemeinde sind außerdem die möglichen Ausschlussgründe für<br />

Prüfer zu beachten (vgl. § 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> und § 104 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

5.4 Die Beauftragung der örtlichen Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde<br />

Die Gemeinde kann sich bei der Durchführung der Aufgaben ihrer örtlichen Rechnungsprüfung nicht nur eines<br />

einzelnen Dritten bedienen, sondern auch die örtliche Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde auf der<br />

Grundlage der Vorschrift des § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> beauftragen. Sie kann bei einem solchen Bedarf eine<br />

entsprechende öffentlich-rechtliche Vereinbarung abschließen. Eine solche Vereinbarung kann auch Prüfungsaufgaben<br />

zum Gegenstand haben, die der Rat der Gemeinde der ihm unterstellten örtlichen Rechnungsprüfung<br />

übertragen hat (vgl. § 103 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Übertragung von Prüfungsaufgaben auf eine andere Gemeinde kann dabei in vollem Aufgabenumfang oder<br />

für Teilaufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung erfolgen. Es muss dann auch aufgrund der Prüfung ein Bestätigungsvermerk<br />

oder ein Vermerk über seine Versagung im Rahmen der Aufgabenerledigung durch die Prüfer der<br />

anderen Gemeinde bzw. im Rahmen des übernommenen Prüfauftrages abgegeben werden. Die Vereinbarung<br />

über die Beauftragung der örtlichen Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde auf der Grundlage des § 103<br />

Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> kann folgende beispielhaft aufgezählte Inhalte haben (vgl. Abbildung).<br />

Die Beauftragung der örtlichen Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde<br />

VERTRAGSTEIL<br />

Präambel<br />

GEMEINDEORDNUNG 1046<br />

REGELUNGSINHALT<br />

Die Städte ... und ... streben eine interkommunale Zusammenarbeit für ihre<br />

Aufgabenbereiche „Örtliche Rechnungsprüfung“ an. Dieses Vorhaben wird<br />

vom jeweiligen Rechnungsprüfungsausschuss mitgetragen. Die örtlichen<br />

Rechnungsprüfungen sollen sich bei ihrer Aufgabenerfüllung der Prüfer der<br />

jeweils anderen örtlichen Rechenprüfung als „Dritte“ im Rahmen der gesetzlichen<br />

Bestimmung bedienen können. Dabei wird die Nutzung von Synergieeffekten<br />

durch einen stetigen Erfahrungsaustausch, die Entwicklung gemeinsamer<br />

Prüfstandards und –strategien sowie einen möglichst flexiblen Mitarbeitereinsatz<br />

im Rahmen der übernommenen Prüfungsaufgaben auf der Grund-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Beauftragung der örtlichen Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde<br />

VERTRAGSTEIL<br />

§ 1<br />

Vertragsgegenstand<br />

§ 2<br />

Art und Umfang<br />

der Zusammenarbeit<br />

§ 3<br />

Durchführung<br />

der Prüfaufgaben<br />

§ 4<br />

Personalmaßnahmen<br />

§ 5<br />

Kostenerstattung<br />

§ 6<br />

Übergangsfrist<br />

§ 7<br />

Zustimmung durch die<br />

Rechnungsprüfungsausschüsse<br />

GEMEINDEORDNUNG 1047<br />

REGELUNGSINHALT<br />

lage einer abgestimmten Prüfungsplanung angestrebt. In diesem Sinne soll<br />

durch eine Aufgabenkritik eine Effizienzsteigerung erreicht werden.<br />

Die Städte ... und ... vereinbaren, bei der Durchführung der Aufgaben ihrer<br />

örtlichen Rechnungsprüfung sich bei Bedarf der Prüfung der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

des Vertragspartners nach § 103 Absatz 5 GO zu bedienen.<br />

Die jeweilige örtliche Rechnungsprüfung kann sich nach gegenseitiger Abstimmung<br />

der anderen örtlichen Rechnungsprüfung zur Durchführung der<br />

gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nach § 103 Absatz 1 GO bedienen. Dies<br />

kann auch erfolgen, wenn der Rat einer örtlichen Rechnungsprüfung weitere<br />

Aufgaben nach § 103 Absatz 2 GO übertragen hat. Die Übernahme der Prüfungsaufgaben<br />

kann nach gemeinsamer Abstimmung in vollem Aufgabenumfang<br />

oder für Teilaufgaben erfolgen. Soweit bei den Aufgaben nach § 103<br />

Absatz 1 Nrn. 1 bis 3 ein Bestätigungsvermerk oder ein Vermerk über seine<br />

Versagung abzugeben ist, obliegt diese Pflicht der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

bzw. der jeweiligen Prüferin oder dem jeweiligen Prüfer im Rahmen des<br />

übernommenen Prüfauftrages. Die Ausschlussgründe für Prüferinnen und<br />

Prüfer nach § 103 Absatz 7 GO sind zu beachten.<br />

Die Leiter der beiden örtlichen Rechnungsprüfungen verständigen sich jährlich<br />

untereinander über die von der anderen örtlichen Rechnungsprüfung zu<br />

übernehmenden Aufgaben. Sie stimmen sich über die Durchführung der<br />

Prüfungen und die sonstige Art und Weise der Zusammenarbeit ab und sichern<br />

die Erledigung der übernommenen Prüfaufgaben. Die Leiter stellen für<br />

jedes Haushaltsjahr eine Prüfungsplanung auf, in der die übernommenen<br />

Prüfaufgaben getrennt von den sonstigen jeweiligen örtlichen Prüfaufgaben<br />

auszuweisen sind. Diese Prüfungsplanung ist dem Rechnungsprüfungsausschuss<br />

im Rahmen der Berichtspflicht nach § 7 zur Kenntnis zu geben.<br />

Soweit wegen der Inanspruchnahme der Prüferinnen und Prüfer aus dieser<br />

Vereinbarung personal- und dienstrechtlichen Vorschriften berührt werden,<br />

führt die jeweilige Stadt die daraus für ihr Personal erforderlichen Maßnahmen<br />

und Beteiligungen durch.<br />

Eine Kostenerstattung in Ausführung dieser Vereinbarung findet in dem Umfange<br />

statt, wie es zur Durchführung der vom Vertragspartner übernommenen<br />

Prüfungsaufgaben erforderlich ist. Für die Ermittlung der Kosten sind jeweils<br />

die Grundlagen der prüfenden Stadt heranzuziehen.<br />

Es wird eine Übergangsfrist vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2007 vereinbart.<br />

Nach Abschluss der Prüfung des Jahresabschlusses des Haushaltsjahres<br />

2006 jeder Stadt, spätestens zum 30.09.2007, ist von der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

ihrem Rechnungsprüfungsausschuss ein Erfahrungsbericht<br />

vorzulegen, der einen Vorschlag die weitere Zusammenarbeit bzw. Übernahme<br />

von Prüfungsaufgaben enthalten soll.<br />

Jeder Vertragspartner verpflichtet sich, die für diese Vereinbarung erforderliche<br />

Zustimmung ihres örtlichen Rechnungsprüfungsausschusses nach § 103<br />

Absatz 5 GO einzuholen. Stimmt einer dieser Ausschüsse der Vereinbarung<br />

nicht zu, gilt die Vereinbarung als nicht geschlossen. Wird die Zustimmung<br />

von einem örtlichen Rechnungsprüfungsausschuss widerrufen, endet die<br />

Vereinbarung am Ende des Haushaltjahres, in dem der Widerruf erfolgt.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Beauftragung der örtlichen Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde<br />

VERTRAGSTEIL<br />

§ 9<br />

Inkrafttreten / Kündigung<br />

GEMEINDEORDNUNG 1048<br />

REGELUNGSINHALT<br />

Soweit die Vereinbarung über die in § 6 genannte Übergangsfrist hinaus<br />

fortgesetzt wird, ist dem jeweiligen Rechnungsprüfungsausschuss über Art<br />

und Umfang der Inanspruchnahme des Vertragspartners bei der örtlichen<br />

Prüfung jährlich für das abgelaufene Haushaltsjahr zu berichten. Dem Bericht<br />

ist eine Übersicht über die tatsächlich durchgeführten Prüfungen und die<br />

Abweichungen von der Planung der übernommenen Aufgaben beizufügen.<br />

Diese Vereinbarung tritt nach Zustimmung aller zustimmungspflichtigen Gremien,<br />

frühesten jedoch am 01.01.2006 in Kraft. Sie wird bis zum 31.12.2010<br />

abgeschlossen und ist auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses bis zum 30.06. eines jeden Jahres mit<br />

Wirkung zum 01.01. des folgenden Kalenderjahres kündbar. Darüber hinaus<br />

ist die Vereinbarung innerhalb der Übergangsfrist unter Ausschluss hieraus<br />

resultierender Ansprüche jederzeit einseitig kündbar. Wird die Vereinbarung<br />

nicht gekündigt und bleibt die gesetzliche Vorschrift des § 103 Absatz 5 GO<br />

unverändert, so verlängert sich die Vereinbarung jeweils um ein Kalenderjahr.<br />

Abbildung 206 „Die Beauftragung der örtlichen Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde“<br />

Im Rahmen solcher Vereinbarungen sind auch die möglichen Ausschlussgründe nach § 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong><br />

und § 104 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> zu beachten. Durch die Beauftragung hat die andere Gemeinde die Stellung eines<br />

Dritten im Sinne dieser Vorschriften inne. Es kann daher im Einzelfall sinnvoll und sachgerecht sein, bereits vor<br />

der Beauftragung einer anderen Gemeinde sich von dieser eine Erklärung darüber einzuholen, ob und ggf. welche<br />

geschäftlichen, finanziellen, persönlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen den dann tätigen Prüfern<br />

und der Gemeinde als Auftraggeber bestehen.<br />

Mögliche Ausschluss- oder Befangenheitsgründe der Prüfer können aber auch erst während der Prüfungstätigkeit<br />

auftreten. In solchen Fällen sollte ggf. auch der Rechnungsprüfungsausschuss unterrichtet werden, wenn die<br />

dafür entstandenen Gegebenheiten nicht unverzüglich beseitigt werden können. Soweit wegen der Inanspruchnahme<br />

der Prüferinnen und Prüfer personal- und dienstrechtlichen Vorschriften berührt werden, muss die Gemeinde<br />

die daraus für ihr Personal erforderlichen Maßnahmen und Beteiligungen durchführen.<br />

In diesem Zusammenhang müssen auch die Kosten in dem Umfange getragen werden, wie es zur Durchführung<br />

der abgegebenen Prüfungsaufgaben erforderlich ist bzw. Erstattungen für die übernommenen Prüfungsaufgaben<br />

geltend gemacht werden können. Eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung nach dieser Vorschrift stellt dabei keine<br />

besondere Vereinbarung dar, die den Verfahrensvorschriften des GkG unterliegt. Dafür bedürfte es eines ausdrücklichen<br />

Verweises auf dieses Gesetz in der betreffenden haushaltsrechtlichen Vorschrift. Die örtliche Vereinbarung<br />

bedarf deshalb auch keiner Genehmigung nach § 24 GkG.<br />

5.5 Die Beteiligung des Rechnungsprüfungsausschusses bei der Beauftragung<br />

Die Beauftragung Dritter durch die örtliche Rechnungsprüfung bedingt, dass bei der Gestaltung entsprechender<br />

Verträge auch die Rechte des Rechnungsprüfungsausschusses der Gemeinde berücksichtigt bzw. in das Vertragswerk<br />

einfließen müssen. Der Ausschuss, der die gesetzlich zuständige Prüfungsinstanz für den Jahresabschluss<br />

und den Gesamtabschluss der Gemeinde ist, muss deshalb vor einer über die Amtshilfe hinausgehenden<br />

Zusammenarbeit der örtlichen Rechnungsprüfung mit Dritten beteiligt werden. Bei einer ausschreibungspflichtigen<br />

Beauftragung muss der Ausschuss jedoch nicht bereits vor der Ausschreibung beteiligt werden. Erst wenn<br />

der ausgewählte Dritte mit einer konkreten Prüfungsleistung beauftragt und im Rahmen einer Vereinbarung eine<br />

konkrete Dienstleistung von einem Dritten eingekauft werden soll, bedarf es der Zustimmung des Ausschusses.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Dem Rechnungsprüfungsausschuss steht dabei auch das Recht zu, zu einem späteren Zeitpunkt seine erteilte<br />

Zustimmung zu widerrufen.<br />

Bei einer mehrjährigen Vereinbarung über die Aufgabe „Rechnungsprüfung“ zwischen einzelnen Gemeinden soll<br />

zwischen den Vertragspartnern eine jährliche Abstimmung über die Prüfungsaufgaben erfolgen. Der jeweilige<br />

Rechnungsprüfungsausschuss ist dann über die Art und den Umfang der Inanspruchnahme des Vertragspartners<br />

zu unterrichten. Eine solche Abstimmung schafft in der örtlichen Prüfungsplanung eine Übersichtlichkeit und<br />

Nachvollziehbarkeit im Zusammenhang mit den sonstigen noch bestehenden eigenen örtlichen Prüfaufgaben.<br />

Nach Ablauf des Haushaltsjahres ist dann die Information des Rechnungsprüfungsausschusses über die tatsächlich<br />

durchgeführten Prüfungstätigkeiten für Dritte notwendig bzw. sachlich geboten.<br />

5.6 Kein Verzicht auf die Gesamtverantwortung<br />

In den Fällen, in denen sich die örtliche Rechnungsprüfung mit Zustimmung des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

Dritter als Prüfer bedient, trägt die örtliche Rechnungsprüfung weiterhin die Gesamtverantwortung für die Durchführung<br />

bzw. die ordnungsgemäße Erledigung der übertragenen Aufgabe. Der Dritte wird unabhängig von der<br />

örtlichen Gestaltung der vertraglichen Übertragung regelmäßig nur als Erfüllungsgehilfe der Gemeinde tätig. Die<br />

örtliche Rechnungsprüfung kann sich daher durch die Übertragung der Abschlussprüfung (ganz oder teilweise)<br />

auf einen Dritten nicht aus ihrer Verantwortung für die Jahresabschlussprüfung selbst entlassen. Sie muss weiterhin<br />

sicherstellen, dass ihr alle notwendigen Prüfungsdaten und Prüfungsergebnisse rechtzeitig zur Verfügung<br />

stehen, um ihrer gesetzlichen Prüfungspflicht rechtzeitig bis zur Feststellung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

(spätestens bis zum 31. Dezember) nachkommen zu können (vgl. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die prüferbezogenen Verantwortlichkeiten werden dadurch deutlich, dass diese im Rahmen ihrer Prüfung einen<br />

Bestätigungsvermerk oder einen Vermerk über seine Versagung nach § 101 Absatz 3 bis 7 GO <strong>NRW</strong> abzugeben<br />

haben. Dem Rechnungsprüfungsausschuss der Gemeinde müssen aber im Rahmen der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung<br />

nicht alle erstellten auftragsbezogenen Bestätigungsvermerke der beteiligten Dritten vorgelegt<br />

werden. Es ist vielmehr ausreichend, wenn die örtliche Rechnungsprüfung einen auf ihr Prüfungsergebnis bezogenen<br />

Bestätigungsvermerk verfasst und diesen dem Rechnungsprüfungsausschuss vorlegt.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss, der die Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße Prüfung des Jahresabschlusses<br />

gegenüber dem Rat der Gemeinde trägt, hat grundsätzlich einen eigenen Bestätigungsvermerk zu<br />

verfassen. In diesem Bestätigungsvermerk sind aber die Prüfungsergebnisse bzw. Bestätigungsvermerke der an<br />

der gemeindlichen Jahresabschlussprüfung beteiligten anderen Abschlussprüfer zu berücksichtigen. In Einzelfällen<br />

kann es sinnvoll sein, auf auftragsbezogene Bestätigungsvermerke zu verweisen und diese dann auch dem<br />

eigenen Bestätigungsvermerk beizufügen. Es ist auch möglich, den Bestätigungsvermerk durch weitere eigenständige<br />

Erklärungen der beteiligten Abschlussprüfer und der örtlichen Rechnungsprüfung zu ergänzen.<br />

In diesem Verfahren steht dem Rechnungsprüfungsausschuss aber auch das Recht zu, in einem eigenen Bestätigungsvermerk<br />

das aus seiner Sicht zutreffende Ergebnis darzustellen, insbesondere dann, wenn der Ausschuss<br />

das in einem Bestätigungsvermerk verankerte Prüfungsergebnis nicht mitgetragen kann, z. B. bei aufgetretenen<br />

Mängeln. Er kann ggf. für die Beratungen des Rates der Gemeinde über die Feststellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses eine Anhörung der vorher tätigen Prüfer vorschlagen. Auch der Rat kann, wenn dafür ein<br />

gesonderter Bedarf besteht, eine solche Anhörung veranlassen. Aus der Prüfungstätigkeit heraus entsteht aber<br />

kein Recht auf Anhörung der örtlichen Rechnungsprüfung oder Dritter als Prüfer.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1049


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

6. Zu Absatz 6 (Bestätigungsvermerk und Abschlussprüfung):<br />

6.1 Die Pflichten der Abschlussprüfer<br />

Die Abschlussprüfer haben bei der Durchführung von gemeindlichen Prüfungsaufgaben einen Bestätigungsvermerk<br />

oder einen Vermerk über seine Versagung abzugeben (vgl. § 101 Absatz 3 bis 7 GO <strong>NRW</strong>). Diese Vorgabe<br />

dient der Klarstellung und der Transparenz des Prüfungsgeschehens und des Prüfungsergebnisses. Sie betrifft<br />

nicht nur den Rechnungsprüfungsausschuss, sondern auch die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung oder<br />

beauftragte Dritte als Prüfer, die bei gemeindlichen Abschlüssen im Rahmen der örtlichen Prüfung als Abschlussprüfer<br />

verantwortlich tätig sind.<br />

Die haushaltsrechtliche Regelung soll dabei sicherstellen, dass der Abschlussprüfer sich ein Urteil darüber bildet,<br />

ob der Prüfungsgegenstand den Anforderungen entspricht. Das Prüfungsergebnis soll deshalb in einem Bestätigungsvermerk<br />

dokumentiert werden. Die Urteilsbildung und die Dokumentation durch den Abschlussprüfer sollen<br />

dabei entsprechend dem Auftragsumfang erfolgen, jedoch unabhängig davon, ob die tatsächlich vorzunehmende<br />

Prüfung von ihm vollständig oder nur in Teilen erledigt wird. Der Rechnungsprüfungsausschuss, der die Gesamtverantwortung<br />

bei Abschlussprüfungen trägt, hat deshalb die Pflicht, ein Gesamturteil abzugeben.<br />

6.2 Der Verweis auf § 103 Absatz 1 Nummern 1 bis 3 GO <strong>NRW</strong><br />

6.2.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die Prüfung des Jahresabschlusses der Gemeinde, die Prüfung der Jahresabschlüsse der in § 97 Absatz 1<br />

Nummern 1, 2 und 4 GO <strong>NRW</strong> benannten Sondervermögen und die Prüfung des Gesamtabschlusses der Gemeinde<br />

stellen jeweils abgegrenzte und eigenständige Prüfungsaufgaben dar. Diese Prüfungsgegenstände werden<br />

als herausragende Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung angesehen und sind deshalb im gesetzlich<br />

bestimmten Aufgabenkatalog der örtlichen Rechnungsprüfung enthalten. Die Durchführung solcher Prüfungsaufgaben<br />

bedingt, dass sich der jeweilige Abschlussprüfer dabei ein eigenes Prüfungsurteil bilden muss.<br />

6.2.2 Die gemeindliche Jahresabschlussprüfung<br />

Die Prüfung des Jahresabschlusses der Gemeinde schließt neben den Bestandteilen des Jahresabschlusses und<br />

seinen Anlagen auch die dem Abschluss zugrunde liegende Buchführung ein. Der gemeindliche Jahresabschluss<br />

hat unter Beachtung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde zu vermitteln. Die gemeindliche Buchführung muss dazu beitragen<br />

und hat den in mehreren haushaltsrechtlichen Vorschriften bestimmten Anforderungen zu entsprechen (vgl. § 93<br />

GO <strong>NRW</strong> i.V.m. §§ 27 ff. GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Der Jahresabschluss der Gemeinde soll die vorgesehenen Angaben und die zutreffenden Ansätze für die gemeindlichen<br />

Vermögensgegenstände und Schulden enthalten. Er muss zudem in einem vorgeschriebenen Verfahren<br />

aufgestellt werden. In der Vorschrift wird deshalb ausdrücklich bestimmt, dass in die Prüfung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses auch die Buchführung, die Inventur, das Inventar und die Übersicht über örtlich festgelegte<br />

Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände einzubeziehen sind. Die Prüfung der Beachtung der gesetzlichen<br />

haushaltsrechtlichen Vorschriften, der Regelungen der gemeindlichen Haushaltssatzung sowie ergänzender<br />

Satzungen, aber auch weiterer ortsrechtlicher Bestimmungen, ist ebenfalls ein wichtiger Gegenstand der Jahresabschlussprüfung.<br />

In diesem Zusammenhang ist zudem zu prüfen, ob der gemeindliche Lagebericht mit dem Jahresabschluss und<br />

den Erkenntnissen des Prüfers in Einklang steht. Die Angaben im Lagebericht der Gemeinde dürfen dabei keine<br />

GEMEINDEORDNUNG 1050


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

falsche Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde bei den Adressaten<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses erwecken. Außerdem muss im gemeindlichen Lagebericht auch eine ausreichende<br />

Auskunft zu den künftigen Chancen und Risiken der Gemeinde einschließlich ihrer wirtschaftlichen<br />

Entwicklung gegeben werden.<br />

6.2.3 Die Jahresabschlussprüfung der Sondervermögen<br />

6.2.3.1 Die Abschlussprüfung durch die örtliche Rechnungsprüfung<br />

Die Jahresabschlüsse bestimmter gemeindlicher Sondervermögen sind eine Pflichtaufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

(vgl. § 97 Absatz 1 Nummern 1, 2 und 4 GO <strong>NRW</strong>). Zu diesen Sondervermögen gehören das Gemeindegliedervermögen,<br />

das Vermögen der rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen und die rechtlich<br />

unselbstständigen Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen der Gemeinde. Die örtliche Rechnungsprüfung<br />

hat bei diesen Sondervermögen zu prüfen, inwieweit der Jahresabschluss zutreffend die wirtschaftliche Lage<br />

dieser Sondervermögen darstellt.<br />

Die Anforderungen an die Jahresabschlussprüfung unterscheiden sich dabei nicht grundsätzlich von den Anforderungen<br />

an die gemeindliche Abschlussprüfung, sofern für einzelne Sondervermögen ein eigener Rechnungskreis<br />

besteht. In den Fällen, in denen gemeindliche Sondervermögen in den Haushalt der Gemeinde einbezogen sind<br />

und dadurch auch zum gemeindlichen Jahresabschluss gehören, kann sich die Prüfung der Sondervermögen auf<br />

die Einhaltung der Zwecke dieser Sondervermögen durch die Gemeinde beschränken.<br />

6.2.3.2 Die Abschlussprüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt<br />

Für die Jahresabschlussprüfung der wirtschaftlichen Unternehmen (§ 114 GO <strong>NRW</strong>) und organisatorisch verselbstständigte<br />

Einrichtungen (§ 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) ohne eigene Rechtspersönlichkeit als gemeindliche<br />

Betriebe (vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>) sind besondere Regelungen getroffen worden. Deren Jahresabschlussprüfung<br />

obliegt daher der Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> und nicht der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

(vgl. § 106 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt kann sich für die Jahresabschlussprüfung eines Wirtschaftsprüfers, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

oder in Einzelfällen eines hierzu befähigten eigenen Prüfers bedienen. Sie hat das<br />

Prüfungsergebnis in Form des Prüfungsberichts auch der betroffenen Gemeinde mitzuteilen. Wenn Veranlassung<br />

dazu besteht oder auf Anforderung, hat die Gemeindeprüfungsanstalt das Prüfungsergebnis auch den Kommunal-<br />

und den Fachaufsichtsbehörden mitzuteilen. Diese Regelungen gelten entsprechend auch für Einrichtungen,<br />

die entsprechend den Vorschriften über das Rechnungswesen der Eigenbetriebe geführt werden (vgl. § 107 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

6.2.4 Die gemeindliche Gesamtabschlussprüfung<br />

6.2.4.1 Die Prüfung der Aufstellung des Gesamtabschlusses<br />

Die Prüfung des Gesamtabschlusses der Gemeinde schließt neben den Bestandteilen des Gesamtabschlusses<br />

und seinen Anlagen auch die die Prüfung der Beachtung der dafür geltenden haushaltsrechtlichen Vorschriften<br />

sowie ergänzender Bestimmungen von Gesellschaftsverträgen und gemeindlichen Satzungen ein. Der gemeindliche<br />

Gesamtabschluss muss unter Beachtung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild<br />

der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde vermitteln. Zu den Prüfungsgegenständen<br />

gehören daher eine Vielzahl von gemeindlichen Sachverhalten. Dazu zählen z. B. die Festlegung des<br />

GEMEINDEORDNUNG 1051


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Vollkonsolidierungskreises und die Festlegung der gemeindlichen Betriebe, die nach der Equity-Methode konsolidiert<br />

werden. Ebenso ist die Festlegung der gemeindlichen Betriebe, denen im Hinblick auf den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss eine untergeordnete Bedeutung zukommt, ein Prüfungsgegenstand.<br />

Die Gesamtabschlussprüfung umfasst aber auch die sich an die genannten Festlegungen anschließende Durchführung<br />

der Vollkonsolidierung sowie der Anwendung der Equity-Methode. Ein Prüfungsgegenstand ist zudem<br />

der Gesamtlagebericht, bei dem zu prüfen ist, ob der Bericht mit dem Gesamtabschluss und den Erkenntnissen<br />

des Abschlussprüfers in Einklang steht. Die Angaben im Gesamtlagebericht dürfen dabei nicht eine falsche Vorstellung<br />

von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde erwecken. Der Gesamtlagebericht<br />

muss außerdem aussagekräftige Auskünfte zu den künftigen Chancen und Risiken der Gemeinde<br />

bzw. ihrer wirtschaftlichen Entwicklung enthalten.<br />

Die Prüfung von Zwischenabschlüssen, sofern diese von einzelnen gemeindlichen Betrieben aufzustellen sind,<br />

gehört ebenfalls zur Gesamtabschlussprüfung. Im gemeindlichen Gesamtabschluss soll die wirtschaftliche Gesamtlage<br />

der Gemeinde zum Abschlussstichtag gezeigt und die Gemeinde mit ihren Betrieben so dargestellt<br />

werden, als ob sie eine einzige Einheit (Gesamtheit) darstellt. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen gemeindliche<br />

Betriebe, die ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr haben, einen Zwischenabschluss aufstellen, um<br />

in den gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogen zu werden. Mit einem Zwischenabschluss wird die für die<br />

Einbeziehung in den gemeindlichen Gesamtabschluss notwendige zeitliche Übereinstimmung der Geschäftsjahre<br />

mit den anderen Betrieben geschaffen.<br />

6.2.4.2 Die Prüfung des Verzichts auf einen Gesamtabschluss<br />

Bei einzelnen Gemeinden können besondere Fallgestaltungen im Rahmen ihrer Beteiligungen vorliegen, die dazu<br />

führen, dass für die Gemeinde die Aufstellung eines Gesamtabschlusses entbehrlich wird. Ein solcher Sachverhalt<br />

liegt z. B. vor, wenn die Gemeinde über keinen voll zu konsolidieren Betrieb verfügt, denn dann liegt die wichtigste<br />

Voraussetzung für einen gemeindlichen Gesamtabschluss, dass ein Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen<br />

der Kernverwaltung der Gemeinde und einem ihrer Betriebe besteht, nicht vor.<br />

Die Prüfung der Entbehrlichkeit des Gesamtabschlusses gehört daher auch zu den Prüfungsaufgaben der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung im Rahmen ihrer Gesamtabschlussprüfung. In solchen Prüfungen ist zu berücksichtigen,<br />

dass keine gesonderte Ausnahmeregelung für die Gemeinde besteht, nach der sie generell auf die Aufstellung<br />

eines gemeindlichen Gesamtabschlusses verzichten kann bzw. von der Aufstellungspflicht befreit ist (vgl. § 116<br />

GO <strong>NRW</strong>). Im zu prüfenden örtlichen Einzelfall sind daher die besonderen örtlichen Gegebenheiten zu betrachten<br />

und zu bewerten, um die von der Gemeinde getroffene Verzichtsentscheidung zutreffend beurteilen zu können.<br />

6.3 Der Verweis auf § 101 Absatz 3 bis 7 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Pflicht des Abschlussprüfers, einen Bestätigungsvermerk oder einen Vermerk über seine Versagung abzugeben,<br />

wird durch den Verweis auf die Vorschriften des § 101 Absatz 3 bis 7 GO <strong>NRW</strong> ausdrücklich klargestellt. Ein<br />

Bestätigungsvermerk oder ein Vermerk über seine Versagung ist wegen des erweiterten Prüfungsgegenstandes<br />

und Prüfungsumfanges im Rahmen der Abschlussprüfungen sowie wegen der gewachsenen Bedeutung des<br />

gemeindlichen Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses der Gemeinde im Gefüge des gemeindlichen<br />

Haushaltsrechts geboten.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat dabei im Rahmen seiner Tätigkeit das Prüfungsergebnis in einem eigenen<br />

Bestätigungsvermerk zusammenzufassen, auch wenn mehrere Beteiligte an einer Abschlussprüfung mitgewirkt<br />

haben (vgl. § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). In solchen Fällen kann der Rechnungsprüfungsausschuss auf den Bestä-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1052


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

tigungsvermerken aufbauen, den die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung oder Dritte als Prüfer im Rahmen<br />

ihres Prüfungsauftrages und ihrer vorzunehmenden Beurteilung abzugeben haben.<br />

Sofern sich die örtliche Rechnungsprüfung eines Dritten nach § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> bedient, muss der von<br />

dem Dritten vorzulegende Prüfungsbericht in einem der Prüfungsaufgabe entsprechenden Bestätigungsvermerk<br />

zusammengefasst und unter Angabe des Datums unterzeichnet sein. Die örtliche Rechnungsprüfung muss dann<br />

eine Beurteilung vornehmen und entscheiden, ob das Prüfungsergebnis übernommen werden kann. Sie muss<br />

keine nochmalige Prüfung durchführen, aber ihr Prüfungsergebnis in einem eigenen Bestätigungsvermerk zusammenfassen.<br />

Eine solche Überprüfung durch die örtliche Rechnungsprüfung muss aber aus ihrem Bestätigungsvermerk ersichtlich<br />

sein. Dabei muss auch angegeben werden, ob und ggf. welcher Dritte mit der Durchführung der Jahresabschlussprüfung<br />

beauftragt worden ist und zu welchem Ergebnis diese Prüfung geführt hat. Die örtliche Rechnungsprüfung<br />

kann dabei aufgrund ihrer Prüfung auch einen eigenständigen Bestätigungsvermerk erstellen. Sie<br />

kann aber auch den Bestätigungsvermerk des Dritten vollständig übernehmen. Sie muss diese Sachlage dann<br />

aber durch eine entsprechende Ergänzung klarstellen.<br />

Weitere Ergänzungen sind möglich, wenn durch die zusätzlichen Bemerkungen das Prüfungsergebnis nachvollziehbarer<br />

wird. Der „abschließende“ Bestätigungsvermerk der örtlichen Rechnungsprüfung ist mit dem Prüfungsbericht<br />

zu verbinden und dem Rechnungsprüfungsausschuss zur weiteren Prüfung vorzulegen. Bedient sich der<br />

Rechnungsprüfungsausschuss der örtlichen Rechnungsprüfung, ist es ausreichend, wenn gegenüber dem Rechnungsprüfungsausschuss<br />

die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung den Bestätigungsvermerk mit Angabe des<br />

Datums unterzeichnet.<br />

7. Zu Absatz 7 (Unabhängigkeit des Dritten als Prüfer):<br />

7.1 Zu Satz 1 (Ausschlussgründe):<br />

7.1.1 Die Inhalte der Vorschrift<br />

Die haushaltsrechtliche Regelung dient dazu, die Unabhängigkeit der verantwortlich zeichnenden Prüfer für den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss zu gewährleisten und typische Interessenkonflikte im Zusammenhang mit der<br />

von ihnen vorzunehmenden Prüfungstätigkeit auszuschließen. Dabei gilt es, das Bestehen der Unabhängigkeit<br />

objektiv aus der Sicht eines sachkundigen Dritten zu beurteilen. Ein Prüfer ist deshalb grundsätzlich von der örtlichen<br />

Abschlussprüfung ausgeschlossen, wenn Gründe vorliegen, nach denen die Besorgnis der Befangenheit<br />

besteht, z. B. insbesondere Beziehungen zur Gemeinde in geschäftlicher, finanzieller oder persönlicher Art. Für<br />

einen Dritten als Wirtschaftsprüfer sind z. B. hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten auch die Vorschriften der §§<br />

43, 44 und 49 WPO nicht unbeachtlich.<br />

Bei einer Verwirklichung der in der Vorschrift aufgezählten Ausschlusstatbestände besteht für die betreffende<br />

Person ein Verbot, an einer gemeindlichen Abschlussprüfung mitzuwirken. Mit der Vorschrift soll daher erreicht<br />

werden, dass der Abschlussprüfer sein Urteil frei von unsachgemäßen Erwägungen bildet. Es soll z. B. auch die<br />

unbefangene Urteilsfähigkeit des Prüfers nicht durch finanzielle Interessen beeinträchtigt werden. Durch diese<br />

Vorgaben sind i.d.R. die Abschlussprüfer betroffen, die den abzugebenden Bestätigungsvermerk verantwortlich<br />

zu unterzeichnen haben (vgl. (vgl. § 101 Absatz 3 bis 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Als persönliche Ausschließungsgründe bei einem Dritten als Prüfer für die Gemeinde können auch weitere Gegebenheiten<br />

bestehen, die nicht ausdrücklich in der Vorschrift aufgeführt worden sind. Als persönliche Ausschließungsgründe<br />

bei einem Dritten als Prüfer für die Gemeinde können auch weitere Gegebenheiten bestehen, die<br />

nicht ausdrücklich in der Vorschrift aufgeführt worden sind. Dazu gehören insbesondere Tätigkeiten des Dritten,<br />

GEMEINDEORDNUNG 1053


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

deren Ergebnisse zum Gegenstand der Abschlussprüfung gemacht werden können oder sich wesentlich auf die<br />

Abschlussprüfung auswirken können, z. B. bewertungsrelevante Leistungen, die Ansätze von Vermögensgegenständen<br />

und gemeindlichen Verpflichtungen zu bestimmen. Derartige Leistungen gelten als nicht zulässig, sofern<br />

der Dritte als Abschlussprüfer für die Gemeinde tätig ist, für die er zuvor Bewertungsleistungen erbracht hat.<br />

Für die Prüfung, ob und in welchem Umfang ein Ausschluss bzw. ein Hinderungsgrund bei einem Prüfer bestehen<br />

könnte, können auch andere Prüfungsvorgaben herangezogen werden, z. B. die Gründe, aufgrund derer<br />

Abschlussprüfer bei Unternehmen von öffentlichen Interesse ausgeschlossen sind (vgl. § 319a HGB). Die Besonderheiten<br />

der gemeindlichen Verhältnisse werden insbesondere jedoch durch die in der Vorschrift genannten<br />

Ausschlussgründe umgesetzt (vgl. Abbildung).<br />

Ein Dritter darf z.B. kein Prüfer sein,<br />

- als Mitglied des Rates der Gemeinde;<br />

Ausschluss und Befangenheit des Prüfers<br />

- als Angehöriger des Bürgermeisters oder des Kämmerers;<br />

- als Angehöriger des Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung oder seines Stellvertreters;<br />

- als Beschäftigter der Betriebe der Gemeinde (verselbstständigte Aufgabenbereiche);<br />

- wenn er im Haushaltsjahr bei Führung der Bücher der Gemeinde oder bei der Aufstellung des<br />

Jahresabschlusses mitgewirkt hat;<br />

- wenn er im Haushaltsjahr Finanzdienstleistungen oder Steuerberatungsleistungen für die Gemeinde<br />

erbracht oder eine Rechtsberatung außerhalb der Prüfungstätigkeit durchgeführt hat;<br />

- wenn er im Haushaltsjahr Bewertungsleistungen für die Gemeinde erbracht hat, die sich auf den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss auswirken;<br />

- wenn er an der Entwicklung, Einrichtung und Einführung von Rechnungslegungsinformationssystemen<br />

der Gemeinde beteiligt war (Verfahren der Verarbeitung von Geschäftsvorfällen).<br />

Abbildung 209 „Ausschluss und Befangenheit des Prüfers“<br />

Von der Gemeinde ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass das Verbot, als Prüfer nicht Mitglied<br />

des Rates, Angehöriger des Bürgermeisters, des Kämmerers oder des Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung<br />

oder seines Stellvertreters sein zu dürfen, nicht nur bei einer Verbindung durch eine Ehe gilt, sondern auch<br />

bei denjenigen Personen Anwendung findet, die durch eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

verbunden sind.<br />

Durch diese Erweiterung wird den Regelungen des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

- LPartG) vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) Rechnung getragen. Die Vorgabe<br />

steht zudem mit § 31 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> in Verbindung, denn durch diese Vorschrift wird bestimmt, welche verwandtschaftlichen<br />

Verhältnisse unter dem Begriff „Angehöriger“ im Sinne der Gemeindeordnung zu subsumieren<br />

sind. Das Verbot soll insgesamt gesehen mögliche Interessenkonflikte durch persönliche Bindungen von vornherein<br />

ausschließen und die persönliche Unabhängigkeit des Dritten als Prüfer gewährleisten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1054


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch eine Selbstkontrolle des Prüfers soll außerdem gesichert werden, dass Sachverhalte nicht von denselben<br />

Personen geprüft werden, die selbst unmittelbar an der Entstehung beteiligt waren. Es bietet sich deshalb an, vor<br />

der Auftragsvergabe an einen Dritten als Prüfer, spätestens aber vor Beginn der Prüfungsarbeiten, von einem<br />

Dritten als Abschlussprüfer ggf. eine Unabhängigkeitserklärung zu verlangen und dafür auch entsprechende<br />

vertragliche Vereinbarungen zu treffen. Im Rahmen der Beauftragung des Dritten als Prüfer sind sämtliche damit<br />

in Zusammenhang stehende Verwaltungsvorgänge zu dokumentieren.<br />

7.1.2 Das Selbstprüfungsverbot für Prüfer<br />

Die Zurückhaltung der verantwortlich zeichnenden Prüfer ist notwendig, um ihre Unabhängigkeit im Rahmen von<br />

Abschlussprüfungen zu wahren und sie nicht zu Prüfern für eigene Sachentscheidungen zu machen. Die Prüfer<br />

sollen deshalb z. B. nicht ein Mitglied von Entscheidungsgremien sein, in denen die Bewertungs- und Bilanzierungsmethoden<br />

für den gemeindlichen Jahresabschluss festgelegt werden. Sie sollen aber auch im Rahmen ihrer<br />

beratenden Begleitung der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses keine Entscheidungsvorlagen<br />

erarbeiten oder diese Unterlagen mit unterzeichnen. Ob eine Tätigkeit des Prüfers über eine Prüfungstätigkeit<br />

hinausgeht und und zu einem Selbstprüfungsverbot führt, kann nur im örtlichen Einzelfall beurteilt werden. Unter<br />

der Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten kann sich dabei ergeben, dass Tätigkeit eines Prüfers nicht<br />

nur von untergeordneter Bedeutung sind.<br />

Der Prüfer soll daher die Maßnahmen zur Prüfung seiner Unabhängigkeit für die Dauer der Abschlussprüfung und<br />

die seine Unabhängigkeit gefährdenden Umstände sowie die von ihm ergriffenen Schutzmaßnahmen ausreichend<br />

dokumentieren und dazu im von ihm zu erstellenden Prüfungsbericht entsprechende Angaben machen. Er<br />

braucht dabei jedoch nicht die von ihm durchgeführten Maßnahmen im Einzelnen anzugeben. Es ist vielmehr als<br />

ausreichend anzusehen, wenn der Prüfer im Prüfungsbericht bestätigt, dass er die auf seine Unabhängigkeit<br />

anwendbaren Regelungen beachtet hat. Außerdem sollte bei einem Wechsel eines Dritten als Abschlussprüfer<br />

der bisherige Abschlussprüfer dem neuen Abschlussprüfer über die Durchführung der bisherigen Abschlussprüfungen<br />

sowie über das Ergebnis der bisherigen Prüfungen informieren.<br />

Eine Einschränkung der Unabhängigkeit bzw. ein Selbstprüfungsverbot kann sich auch im Rahmen der Durchführung<br />

der Prüfung ergeben. Entsprechend den Vorgaben der Vorschrift bedarf es deshalb eines regelmäßigen<br />

Austausches der verantwortlich zeichnenden Prüfer. Dritte als Prüfer dürfen deshalb auch mehrmals beauftragt<br />

oder längerfristig beschäftigt werden, solange keine sonstigen Ausschlussgründe bestehen. Beim gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss kann ggf. ein Selbstprüfungsverbot für den verantwortlichen Prüfer auch dadurch entstehen,<br />

dass der Prüfer mit der Durchführung der Abschlussprüfung von bedeutenden gemeindlichen Betrieben beauftragt<br />

ist, die im Gesamtabschluss von der Gemeinde voll zu konsolidieren sind.<br />

Das Selbstprüfungsverbot gilt aber auch für die Prüfer der Gemeindeprüfungsanstalt, wenn diese Prüfer im Wege<br />

der Beauftragung die Prüfungsaufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung erledigen, z. B. die Prüfung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses (vgl. § 105 Absatz 8 GO <strong>NRW</strong>). In solchen Fällen ist eine Mitwirkung des Prüfers<br />

bei der überörtlichen Prüfung des gleichen Prüfungsgegenstandes dann nicht mehr zulässig (vgl. § 105 Absatz 8<br />

GO <strong>NRW</strong>). Vergleichbare Sachlagen können sich auch aus der möglichen Beratungstätigkeit der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

gegenüber der zu prüfenden Gemeinde ergeben.<br />

7.1.3 Die Zusammenschlüsse von Wirtschaftsprüfern<br />

Das Selbstprüfungsverbot als Unabhängigkeitsverständnis wirkt sich auch auf die Zusammenschlüsse von Wirtschaftsprüfern<br />

aus, z. B. bei Bürogemeinschaften, Kooperationen und Netzwerken, wenn ein Prüfer auf das Ergebnis<br />

der durchzuführenden Abschlussprüfung einen entsprechenden Einfluss nehmen kann. Bei einem solchen<br />

Sachverhalt ist immer die Frage zu klären, ob ein sachverständiger Dritter das Vorliegen der Besorgnis der Be-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1055


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 103 GO <strong>NRW</strong><br />

fangenheit als objektiv gegeben ansehen wird. Für jeden Prüfer besteht deshalb eine Nachweis- und Dokumentationspflicht,<br />

dass im Rahmen seines Prüfungsauftrages das Besorgnis der Befangenheit nicht besteht.<br />

Bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Wirtschaftsprüfern die Möglichkeit bieten, sich zur Berufsausübung<br />

zusammenzuschließen (vgl. 5. Abschnitt der Wirtschaftsprüferordnung), ist u.a. darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,<br />

die von einem verantwortlichen Wirtschaftsprüfer geführt werden muss, selbst beauftragt<br />

wird oder nur ein bestimmter Wirtschaftsprüfer dieser Gesellschaft tätig werden soll (vgl. § 319 Absatz 4<br />

HGB). Dabei ist zu beachten, wer nach Abschluss der Prüfung den Bestätigungsvermerk als verantwortlicher<br />

Prüfer zu unterzeichnen hat. Sofern dafür ein Wirtschaftsprüfer vorgesehenen ist, der gesetzlicher Vertreter der<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einer ihrer Gesellschafter ist, kann sich ggf. ein Selbstprüfungsverbot für die<br />

Gesellschaft insgesamt ergeben.<br />

Bei Netzwerken ist darauf abzustellen, ob die Personen bei ihrer Berufsausübung zur Verfolgung gemeinsamer<br />

wirtschaftlicher Interessen für eine gewisse Dauer zusammenwirken (vgl. § 319b Absatz 1 Satz 3 HGB). Für diese<br />

Personen sollen vergleichbare Ausschlussgründe dann zum Tragen kommen, wenn das Netzwerkmitglied auf<br />

das Ergebnis der Abschlussprüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses Einfluss nehmen kann. Die Netzwerkmitglieder<br />

sollen von der Durchführung einer Abschlussprüfung absehen, wenn zwischen ihnen oder ihrem<br />

Netzwerk und der Gemeinde unmittelbar oder mittelbar eine finanzielle oder geschäftliche Beziehung oder eine<br />

sonstige Verbindung besteht, wozu auch die Erbringung zusätzlicher Leistungen zählt. Ein Selbstprüfungsverbot<br />

kann aber auch für Prüfer entstehen, die in sonstigen Kooperationen zusammenwirken, wenn im Einzelfall die<br />

grundlegenden Kriterien tatsächlich und bezogen auf den Abschlussprüfer erfüllt sind.<br />

7.2 Zu Satz 2 (Verweis auf § 104 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>)<br />

Die Prüfer dürfen nicht an der Führung der Bücher der Gemeinde oder an der Aufstellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses oder des Gesamtabschlusses der Gemeinde mitgewirkt haben, wenn diese mit einer Abschlussprüfung<br />

beauftragt werden sollen (vgl. § 104 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). Durch die Vorschrift wird daher ausdrücklich<br />

eine Verbindung zwischen den gesetzlichen Prüfungsaufgaben und der Stellung der Abschlussprüfer<br />

bzw. ihrer Unabhängigkeit hergestellt. Sie dient daher dazu, eine Besorgnis der Befangenheit bei den Prüfern der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung zu vermeiden.<br />

Die Besorgnis der Befangenheit des Prüfers und daher eine Unvereinbarkeit seiner Prüfungstätigkeit mit der<br />

sonstigen Tätigkeit entsteht in den Fällen, in denen der Prüfer einen Sachverhalt zu beurteilen hat, an dessen<br />

Entstehung er selbst mitgewirkt hat und seine Beteiligung dabei von Bedeutung ist. Davon abzugrenzen ist die<br />

allgemeine Beratung, wenn diese eine Entscheidungshilfe für die Gemeinde darstellt und nicht die mögliche Prüfungstätigkeit<br />

des Beraters berührt. Der Gemeinde als zu beratende Stelle muss außerdem die Entscheidung in<br />

der Sache vorbehalten bleiben.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 1056


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 104 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 104<br />

Leitung und Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

(1) 1 Die örtliche Rechnungsprüfung ist dem Rat unmittelbar verantwortlich und in ihrer sachlichen Tätigkeit ihm<br />

unmittelbar unterstellt. 2 Sie ist von fachlichen Weisungen frei.<br />

(2) 1 Der Rat bestellt die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung und die Prüfer und beruft sie ab. 2 Die Leitung<br />

und die Prüfer können nicht Mitglieder des Rates sein und dürfen eine andere Stellung in der Gemeinde nur innehaben,<br />

wenn dies mit ihren Prüfungsaufgaben vereinbar ist. 3 Sie dürfen nicht Zahlungen der Gemeinde abwickeln.<br />

(3) Die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung darf nicht Angehöriger des Bürgermeisters, des Kämmerers oder<br />

des für die Zahlungsabwicklung Verantwortlichen und dessen Stellvertreters sein.<br />

(4) Für die Aufgaben nach § 103 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 dürfen die Prüfer nicht an der Führung der Bücher oder an<br />

der Aufstellung des Jahresabschlusses oder des Gesamtabschlusses mitgewirkt haben.<br />

Erläuterungen zu § 104:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die örtliche Rechnungsprüfung als Organisationseinheit<br />

Bei den kreisfreien Städten, den Großen und den Mittleren kreisangehörigen Städten stellt die örtliche Rechnungsprüfung<br />

regelmäßig eine eigenständige Organisationseinheit innerhalb der gemeindlichen Verwaltung dar.<br />

Diese Städte haben aufgrund gesetzlicher Vorgaben eine örtliche Rechnungsprüfung zur Eigenkontrolle einzurichten<br />

(vgl. § 102 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die übrigen Gemeinden sollen eine örtliche Rechnungsprüfung<br />

einrichten, wenn bei ihnen dafür ein Bedürfnis besteht und die Kosten dafür in einem angemessenen Verhältnis<br />

zum voraussichtlichen Nutzen stehen.<br />

Der Gesetzgeber hat den Gemeinden ausdrücklich die erforderliche Kompetenz für eine eigene Prüfungsinstanz<br />

eingeräumt. Er hat die Gemeinden als geeignet angesehen, dass sie die ihnen zugewiesenen Prüfungsaufgaben<br />

mit der notwendigen personellen und sächlichen Ausstattung erfüllen können. Die Gemeinden haben dabei auch<br />

den ordnungsgemäßen Gang der Prüfungsgeschäfte grundsätzlich sicherzustellen. Sie können zudem die gebotene<br />

Unabhängigkeit ihrer eigenen Prüfungsinstanz als ratsunmittelbare Stelle gewährleisten.<br />

Innerhalb der gemeindlichen Verwaltung nimmt deshalb die örtliche Rechnungsprüfung als Organisationseinheit<br />

eine Sonderstellung ein, denn sie ist frei von fachlichen Weisungen. Die örtliche Rechnungsprüfung ist zudem<br />

dem Rat der Gemeinde gegenüber unmittelbar verantwortlich und ihm in ihrer sachlichen Tätigkeit unmittelbar<br />

unterstellt. Solche sachlichen Gegebenheiten sollen dazu beitragen, die Unabhängigkeit der Prüfer zu sichern. Es<br />

soll möglichst jegliche Einflussnahme der zu prüfenden Stellen ausgeschlossen und eine objektive und effektive<br />

Prüfung der örtlichen Rechnungsprüfung gewährleistet werden.<br />

2. Die Unabhängigkeit der Prüfer<br />

2.1 Die Inhalte der Unabhängigkeit<br />

Für die Anerkennung und Akzeptanz der Prüfungsergebnisse der der örtlichen Rechnungsprüfung durch den Rat<br />

der Gemeinde und die Bürgerinnen und Bürger als Adressaten des gemeindlichen Jahresabschlusses und des<br />

GEMEINDEORDNUNG 1057


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 104 GO <strong>NRW</strong><br />

Gesamtabschlusses ist die Unabhängigkeit der Prüfer von grundlegender Bedeutung. Dieser persönliche Status<br />

erhöht für die genannten Adressaten den Wert der durch die Abschlüsse gegebenen Informationen. Sie möchten<br />

davon ausgehen, dass bei geprüften Abschlüssen der Gemeinde auch eine formelle und materielle Richtigkeit der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft besteht. Durch den Unabhängigkeitsstatus soll aber auch eine gewisse Sicherheit<br />

dafür bestehen, dass ein geprüfter Abschluss tatsächlich ein den örtlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde vermittelt.<br />

Diesen Zielen und Zwecken dient auch die unmittelbare Anbindung der örtlichen Rechnungsprüfung an den Rat<br />

der Gemeinde. Ebenso steht die gesetzliche Festlegung, dass die örtliche Rechnungsprüfung von fachlichen<br />

Weisungen frei ist, mit den Zielen und Zwecken in Einklang. Die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung müssen<br />

daher im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit grundsätzlich Interessenkonflikte vermeiden. Sie sollten über die für eine<br />

Prüfungstätigkeit bei der Gemeinde notwendige Kompetenz verfügen und eine kritische Grundhaltung zur Geschäftstätigkeit<br />

der Gemeinde einnehmen, um ihre Prüfungsaufgaben ordnungsgemäß erfüllen zu können.<br />

Diese allgemein angemessene „prüferische Haltung“ bei den Prüfern der örtlichen Rechnungsprüfung erfordert<br />

von ihnen, kritisch örtliche Sachverhalte zu hinterfragen und haushaltswirtschaftliche Unterlagen zu beurteilen.<br />

Sie sollten auf besondere Umstände und Gegebenheiten achten oder darauf aufmerksam werden, aufgrund dessen<br />

eine wesentlich falsche Darstellung in einem gemeindlichen Abschluss entstehen kann, z. B. das zu vermittelnde<br />

Bild über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde. Die Prüfer sollen wegen ihrer Unabhängigkeit möglichst<br />

auch nicht zur Erbringung prüfungsfremder Leistungen verpflichtet werden. Zu den Leistungen, die zu einem<br />

Interessenkonflikt bei den Prüfern führen können, sind z. B. folgende Leistungen zu zählen (vgl. Abbildung).<br />

Prüfungsfremde Leistungen<br />

- Mitwirkung in der Finanzbuchhaltung bei Buchungen und Abschlüssen.<br />

- Tätigkeiten bei IT-Vorhaben in der Finanzbuchhaltung.<br />

- Tätigkeiten in Bilanzierungs- und Bewertungsangelegenheiten.<br />

- Tätigkeiten als Sachverständiger ohne Verbindung zu einem Prüfungsauftrag.<br />

- Tätigkeiten in personellen Angelegenheiten.<br />

- Erarbeitung und Umsetzung von Kontrollsystemen.<br />

- Tätigkeiten in der Beratung von Anlagegeschäften.<br />

Abbildung 208 „Prüfungsfremde Leistungen“<br />

Der besondere Status der örtlichen Rechnungsprüfung innerhalb der gemeindlichen Verwaltung beinhaltet aber<br />

auch sachbezogene Anforderungen an die Qualität der Prüfungsleistungen. Die Erwartung besteht dabei nicht<br />

nur für den Einzelfall, sondern für die gesamte Prüfungstätigkeit. Sie erstreckt sich zudem nicht auf einen einzelnen<br />

Abschluss, sondern soll grundsätzlich von „unbegrenzter“ Dauer sein. Es bedarf wie bei der gemeindlichen<br />

Aufgabenerledigung auch bei den Prüfungstätigkeiten einer regelmäßigen Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle.<br />

Das Bestehen der Unabhängigkeit ist dabei objektiv aus der Sicht eines sachkundigen Dritten zu beurteilen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1058


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 104 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat dafür ihre Kontrollfunktionen in Abhängigkeit von den örtlichen Verhältnissen eigenverantwortlich<br />

und bedarfsgerecht ausgestaltet und durchzuführen. Die örtliche Qualitätssicherung kann dann dazu beitragen,<br />

die Unabhängigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung zu wahren, ihre Unparteilichkeit zu erhalten und ein<br />

Besorgnis der Befangenheit bei den Prüfern zu vermeiden. In die örtliche Kontrolle ist dabei auch die haushaltsrechtliche<br />

Regelung einzubeziehen, dass die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung nicht Angehöriger des<br />

Bürgermeisters, des Kämmerers oder des für die Zahlungsabwicklung Verantwortlichen und dessen Stellvertreters<br />

sein darf. Die weitere Festlegung, dass ein Dritter nicht Prüfer sein darf, wenn bestimmte persönliche Ausschließungsgründe<br />

vorliegen, ist ebenfalls zu beachten (vgl. § 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Gemeinde muss zudem berücksichtigen, dass die Unabhängigkeit der Prüfer auch aus ihrem privaten Bereich<br />

heraus gefährdet sein kann. Eine Befangenheit bei den Prüfern kann entstehen, wenn diese z. B. auch<br />

freiberuflich tätig sind und dabei Aufträge annehmen, die ihre hauptberufliche Tätigkeit fachlich berühren. Zur<br />

örtlichen Sicherung der Unabhängigkeit der Prüfer kann es deshalb je nach vorliegenden Kenntnissen gehören,<br />

vor dem Beginn der Erledigung einer Prüfungsaufgabe eine Unabhängigkeitserklärung vom beauftragten Prüfer<br />

zu verlangen. Es gehört aber auch dazu, im Rahmen der örtlichen Qualitätskontrollen auch den aktuellen Stand<br />

solcher Erklärungen nachzuhalten.<br />

2.2 Der Bürgermeister und die Prüfer<br />

Der Bürgermeister ist verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung<br />

(vgl. § 62 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). In diesem Rahmen gehört in organisatorischer Hinsicht auch die<br />

örtliche Rechnungsprüfung. Die Stellung des Bürgermeisters im Rahmen der örtlichen Rechnungsprüfung ist<br />

jedoch auf die Tätigkeit des Dienstvorgesetzten beschränkt. Er kann aus seiner Stellung heraus aber der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung auch eigene Prüfaufträge erteilen (vgl. § 103 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Das Geschäftsverteilungsrecht des Bürgermeisters bei der örtlichen Rechnungsprüfung ist zudem dadurch eingeschränkt,<br />

dass die Bestellung und Abberufung der Leitung sowie der Prüferinnen und Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

durch den Rat der Gemeinde vorgenommen werden muss. Bei der Bestellung der Prüferinnen und<br />

Prüfern der örtlichen Rechnungsprüfung bietet sich gleichwohl eine örtliche Abstimmung zwischen dem Rat der<br />

Gemeinde und dem Bürgermeister an. Sie ist insbesondere auch sachlich sinnvoll, wenn Beschäftigte der gemeindlichen<br />

Verwaltung eine Prüfungstätigkeit im Rahmen der örtlichen Rechnungsprüfung übernehmen sollen.<br />

Als Bedienstete der Gemeinde müssen die Leitung sowie der Prüferinnen und Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

die für ihren Arbeitsbereich erforderlichen fachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllen. Diese<br />

Anforderung dient dazu, eine zutreffende und unparteiisch vorzunehmende Prüfung innerhalb der gemeindlichen<br />

Verwaltung zu gewährleisten (vgl. § 74 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>) und die Qualität und Ordnungsmäßigkeit der Prüfung<br />

zu sichern. Die Verantwortlichkeit für die Durchführung der Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung und die<br />

Koordination des Einsatzes der Prüferinnen und Prüfer sowie die Überwachung und Kontrolle obliegt dabei der<br />

Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung.<br />

Die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung muss nicht - wie in anderen Ländern - den Status eines Beamten<br />

innehaben. Sie kann jedoch nicht wie andere Fachbereichs- oder Amtsleitungen allein in der Verantwortung des<br />

Bürgermeisters auf andere Dienstposten umgesetzt werden. Der Bürgermeister muss dazu dem Rat einen Vorschlag<br />

machen, denn der Rat bestellt die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung oder beruft sie ab. Für die<br />

Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung bestehen die besonderen Anforderungen, dass diese nicht Angehöriger<br />

des Bürgermeisters, des Kämmerers oder des für die Zahlungsabwicklung Verantwortlichen und dessen Stellvertreters<br />

sein darf.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1059


II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 104 GO <strong>NRW</strong><br />

1. Zu Absatz 1 (Unabhängigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Verantwortlichkeiten gegenüber dem Rat):<br />

1.1.1 Die unmittelbaren Verantwortlichkeiten<br />

Nach der Vorschrift ist die örtliche Rechnungsprüfung dem Rat unmittelbar verantwortlich und ihm in ihrer sachlichen<br />

Tätigkeit unmittelbar unterstellt. Diese gesetzlichen Festlegungen sind sachlich erforderlich, denn im gemeindlichen<br />

Bereich besteht keine Gewaltenteilung wie auf der staatlichen Ebene. Die Gemeinde wird insgesamt<br />

der Exekutive zugerechnet, sodass sowohl der Rat der Gemeinde als auch die gemeindliche Verwaltung gleichermaßen<br />

diesem Bereich angehören. Es ist deshalb sachgerecht, die örtliche Rechnungsprüfung organisatorisch<br />

in die Gemeindeverwaltung einzugliedern und ihr aber wegen der Prüfung der gemeindlichen Verwaltungsaufgaben<br />

eine Sonderstellung zu geben.<br />

Die Sonderstellung der örtlichen Rechnungsprüfung in der gemeindlichen Verwaltung ist jedoch nicht so ausgeprägt<br />

und weitgehend, dass daraus eine den staatlichen Prüfungsstellen vergleichbare Eigenständigkeit abgeleitet<br />

werden kann. Es soll aber die notwendige Unabhängigkeit für die örtliche Prüfungstätigkeit gesichert werden.<br />

Die Vorschrift verdeutlicht diesen Sachverhalt. Sie weist ausdrücklich die unmittelbare Verantwortlichkeit der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung gegenüber dem Rat aus. Diese gemeindliche Sachlage bedingt, dass der Rat der<br />

Gemeinde über die Ausstattung der örtlichen Rechnungsprüfung in Form von Personal und Sachmitteln eigenverantwortlich<br />

zu entscheiden hat. Er muss dabei deren Funktionsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Vorgaben<br />

berücksichtigen sowie auch im eigenen Interesse sichern.<br />

Auf eine Einbindung des Bürgermeisters wird dabei verzichtet. Die gesetzliche Zuordnung zum Rat der Gemeinde<br />

eröffnet auch nicht das Recht für den Bürgermeister, sachliche Anordnungen zu treffen. Es ist dabei nur seine<br />

Aufgabe als Dienstvorgesetzten zu prüfen, ob die örtliche Rechnungsprüfung ihre Pflicht erfüllt. In den Fällen, in<br />

denen dieser Pflicht nicht zeitnah genug nachgekommen wird, kann er eingreifen. Er kann in Ausnahmefällen<br />

auch dem Rat die Abberufung der Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung vorschlagen. Die organisatorische<br />

Einordnung der örtlichen Rechnungsprüfung in die gemeindliche Verwaltung ermöglicht dieses Handeln.<br />

1.1.2 Die Verantwortlichkeiten und die Einschaltung Dritter<br />

Die Vorschriften über die Ausgestaltung und Ausübung der örtlichen Rechnungsprüfung durch die Gemeinde<br />

stehen einer Erledigung von örtlichen Prüfungsaufgaben durch Dritte nicht entgegen. Als private Dritte gelten<br />

dabei z. B. Wirtschaftsprüfer oder auch die örtliche Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde, die von der<br />

Gemeinde beauftragt werden können (vgl. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde behält dabei die Gesamtverantwortung<br />

für die örtliche Prüfung und ist im Rahmen ihrer Aufgaben für die ordnungsgemäße Erledigung der<br />

Prüfung verantwortlich. Sie darf sich aus dieser Verantwortung nicht selbst entlassen.<br />

Eine Gemeinde bzw. die örtliche Rechnungsprüfung, die Prüfungsaufgaben durch private Dritte erledigen lässt,<br />

muss z. B. die Prüfungsergebnisse des beauftragten Dritten anerkennen. Sie muss die Ergebnisse auch hinsichtlich<br />

einer Übernahme beurteilen, um einen eigenen Bestätigungsvermerk gegenüber dem Rechnungsprüfungsausschuss<br />

bzw. dem Rat abgeben zu können. Diese Verpflichtung besteht für die Gemeinde auch bei einer Zusammenarbeit<br />

oder Beauftragung mit der örtlichen Rechnungsprüfung einer anderen Gemeinde als Prüfinstanz.<br />

In solchen Fällen kann die Prüfinstanz nicht unmittelbar dem Rat der auftraggebenden Gemeinde gegenüber<br />

verantwortlich und ihm in ihrer sachlichen Tätigkeit unmittelbar unterstellt sein (vgl. § 104 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1060


1.2 Zu Satz 2 (Fachliche Weisungsfreiheit):<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 104 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch die ausdrückliche Regelung in der Vorschrift, dass die örtliche Rechnungsprüfung frei von fachlichen Weisungen<br />

ist, soll neben der persönlichen Unabhängigkeit der Prüfer auch die sachliche Unabhängigkeit der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung gewährleistet werden. Sie stellt daher ein Eingriffsverbot in die Prüfungstätigkeit aus<br />

fachlichen Gesichtspunkten dar. Die Regelung soll bei der Gemeinde eine sachlich geeignete und effektive Prüfung<br />

durch den Ausschluss der fachlichen Einflussnahme der zu prüfenden Stellen ermöglichen.<br />

Die fachliche Weisungsfreiheit wird in gesetzlicher Hinsicht nicht der Leitung und den Prüfern der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

persönlich gewährt. Sie bezieht sich vielmehr auf die örtliche Rechnungsprüfung als Organisationseinheit.<br />

Dadurch werden auch die von ihr zu erledigenden Aufgaben, die Aufgabenübertragungen durch den<br />

Rat der Gemeinde und die Aufträge des Bürgermeisters davon erfasst (vgl. § 103 Absatz 2 und 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese fachliche Weisungsfreiheit stärkt die Sonderstellung der örtlichen Rechnungsprüfung innerhalb der gemeindlichen<br />

Verwaltung. Die sachliche Unabhängigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung ist dabei jedoch nicht so<br />

weitgehend, dass daraus eine Eigenständigkeit abgeleitet werden kann, wie sie den staatlichen Prüfungsstellen<br />

zusteht.<br />

Die organisatorische Eingliederung der örtlichen Rechnungsprüfung in die gemeindliche Verwaltung bringt vielmehr<br />

auch Abhängigkeiten vom Bürgermeister als Verantwortlichen für die gemeindliche Verwaltung mit sich, z.<br />

B. durch seine Befugnisse als Dienstvorgesetzter auch für die Leitung und die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung.<br />

Gleichwohl steht der örtlichen Rechnungsprüfung ein umfassendes Prüfungs- und Informationsrecht innerhalb<br />

der gemeindlichen Verwaltung zu. Das Ermessen der Prüfer bei der Wahl der Prüfungsmethoden und der<br />

Prüfungstiefe ist zudem relativ groß. Die Rechte und das Ermessen der Prüfer sind dabei jeweils im Rahmen der<br />

örtlichen Prüfungstätigkeit, abhängig von den zu prüfenden Sachverhalten und den örtlich vorliegenden Bedingungen,<br />

auszugestalten und ggf. in einer Prüfungsordnung festzulegen.<br />

2. Zu Absatz 2 (Leitung und Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Bestellung und Abberufung):<br />

2.1.1 Die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

In der Gemeinde, in der nach den gesetzlichen Vorgaben des § 102 GO <strong>NRW</strong> eine örtliche Rechnungsprüfung<br />

einzurichten ist, muss auch eine personelle Verantwortlichkeit in Form der Leitung dieser Prüfungsinstanz bestehen.<br />

Die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung ist dabei vom Rat der Gemeinde zu bestellen. Ihm steht auch<br />

das Recht der Abberufung der Leitung zu. Der Rat muss diese gesetzlichen Aufgaben selbst wahrnehmen. Er<br />

kann die Bestellung und Abberufung nicht delegieren, denn diese Aufgaben gehören zu den nicht übertragbaren<br />

Aufgaben des Rates (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe q GO <strong>NRW</strong>).<br />

Aus der Verwendung des Begriffs „Leitung“ in der Vorschrift lässt sich dabei ableiten, dass vom Rat mindestens<br />

ein Verantwortlicher für die örtliche Rechnungsprüfung zu bestellen ist. Dazu besteht keine Vorgabe hinsichtlich<br />

des Geschlechts. Vielmehr konnte durch die Verwendung dieses Begriffes auf geschlechtsspezifische Bezeichnungen<br />

verzichtet werden. Die Vorschrift enthält auch keine Vorgaben hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses<br />

der Leitung. Es ist dadurch nicht zwingend erforderlich, eine Person in einem beamtenrechtlichen Status mit<br />

der Leitung zu beauftragen. Einem anderen qualifizierten Bewerber kann auch die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

übertragen werden.<br />

Die Vorschrift enthält außerdem keine Vorgabe zur Anstellungszeit der Leitung, sodass grundsätzlich von einer<br />

Besetzung auf unbefristete Zeit auszugehen ist. Der Rat kann aber im Rahmen seiner Bestellung ggf. zeitliche<br />

GEMEINDEORDNUNG 1061


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 104 GO <strong>NRW</strong><br />

Beschränkungen festlegen. Im Bedarfsfall sollte dazu jedoch ein gewichtiger Anlass bestehen, wenn im Rahmen<br />

einer Bestellung der Leitung gleichzeitig eine Befristung oder eine Probezeit festgelegt wird. Die zeitliche Dimension<br />

der Beauftragung einer verantwortlichen Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung liegt damit in der Verant-<br />

wortung des Rates der Gemeinde. Die Bestellung sowie die Abberufung der Leitung sind zudem vom Rat der<br />

Gemeinde mit einem Beschluss bei einfacher Mehrheit vorzunehmen, denn eine weitergehende Regelung wurde<br />

dazu nicht getroffen.<br />

Der Begriff „Leitung“ in der Vorschrift umfasst jedoch nicht die Stellvertretung der Leitung, da nach der Vorschrift<br />

kein allgemeiner Vertreter für die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung vorgesehen und durch den Rat zu<br />

bestellen ist. Eine solche Sachlage wurde z. B. für den Bürgermeister ausdrücklich bestimmt (vgl. § 68 Absatz 1<br />

GO <strong>NRW</strong>). Eine Vertretung der Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung soll daher nur für die Abwesenheit der<br />

Leitung bestehen. Deren Bestellung ist daher als innerorganisatorische Maßnahme anzusehen, die durch die<br />

Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung und nicht durch den Rat der Gemeinde vorzunehmen ist. Sofern jedoch<br />

ein dringender örtlicher Bedarf für einen allgemeinen Vertreter der Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung besteht,<br />

hat der Rat der Gemeinde im Rahmen seiner Rechte die Möglichkeit, einen allgemeinen Vertreter der Leitung<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung zu bestellen und abzuberufen.<br />

Die Aufgabe des Rates der Gemeinde, die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung zu bestellen, ist Ausdruck<br />

seiner unmittelbaren haushaltswirtschaftlichen Verantwortung. Er muss in diesem Rahmen sicherstellen, dass<br />

geeignete Prüfungsergebnisse für die Tätigkeit des Rechnungsprüfungsausschusses entstehen. Der Ausschuss<br />

hat die Ergebnisse zu beurteilen und festzulegen, wie der aus den Prüfungsergebnissen abzuleitende Bestätigungsvermerk<br />

zu fassen ist. Der Rat hat in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, die Gesamtverantwortung<br />

für die örtliche Prüfung bei der Gemeinde liegt. Die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung muss daher bei<br />

der Vergabe und Erledigung von Prüfungsaufgaben ggf. auch als Koordinator tätig sein. Sie muss für eine notwendige<br />

Zusammenfassung von Prüfungsergebnissen Sorge tragen sowie ggf. auch einen Vorschlag für ein<br />

Gesamturteil machen.<br />

2.1.2 Die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

In der Gemeinde, in der eine örtliche Rechnungsprüfung einzurichten ist, bedarf es neben der Leitung dieser<br />

Prüfungsinstanz auch einer ausreichenden Anzahl an Prüfern. Nach der Vorschrift sind auch die Prüfer der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung vom Rat der Gemeinde zu bestellen. Ihm steht aber auch das Recht der Abberufung der<br />

Prüfer zu. Der Rat muss diese gesetzliche Aufgabe selbst wahrnehmen (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe q GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die Beschlüsse dazu sind vom Rat mit einfacher Mehrheit zu fassen, denn eine weitergehende Regelung<br />

wurde nicht getroffen.<br />

Die Pflicht des Rates, die Funktionsfähigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung auch im eigenen Interesse zu sichern<br />

und darüber eigenverantwortlich zu entscheiden, bedingt dabei seine Zuständigkeit auch für die Bestellung<br />

der Prüfer. Die Bestellung der notwendigen Zahl an Prüfern der örtlichen Rechnungsprüfung soll dabei sachgerecht<br />

unter Berücksichtigung des örtlichen Bedarfs und sonstiger fachlicher Gesichtspunkte erfolgen. Der Rat hat<br />

in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, inwieweit und in welchem Umfang ggf. Dritte mit Prüfungsaufgaben<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung beauftragt werden sollen (vgl. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Vorschrift enthält jedoch keine besonderen Regelungen über die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen<br />

für die Prüferinnen und Prüfer. Grundsätzlich müssen die Prüfer über eine für ihre Prüfungstätigkeit ausreichende<br />

Sachkunde in Form von rechtlichen und fachlichen Kenntnissen verfügen sowie die gebotene Zuverlässigkeit<br />

aufweisen. Diese Vorgaben bedeuten u.a., dass die Prüfer mit den zu prüfenden Sachverhalten, mit den<br />

einschlägigen gesetzlichen und sonstigen Regelungen vertraut sein sollen oder sich damit vertraut machen müssen.<br />

Sie sollten auch Kenntnisse über die Ausübung der Geschäftstätigkeit der Gemeinde im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung<br />

und im sonstigen wirtschaftlichen Umfeld haben bzw. sich damit vertraut machen. Vor Ort muss<br />

GEMEINDEORDNUNG 1062


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 104 GO <strong>NRW</strong><br />

dazu die Art und der Umfang sowie der Nachweis der Sachkunde und der Zuverlässigkeit festgelegt werden, um<br />

eine ordnungsgemäße örtliche Rechnungsprüfung sicherzustellen.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Sicherung der persönlichen Unabhängigkeit):<br />

Die Vorschrift sieht verschiedene Betätigungsbeschränkungen für die Leitung und die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

einer Gemeinde vor. Insbesondere dürfen die Leitung und die Prüfer nicht Mitglieder des Rates der<br />

Gemeinde sein. Sie dürfen eine andere Stellung in der Gemeinde auch nur innehaben, wenn diese Stellung mit<br />

ihren Prüfungsaufgaben vereinbar ist. Durch diese gesetzlichen Vorgaben sollen mögliche Interessenkonflikte<br />

ausgeschlossen und die persönliche Unabhängigkeit der Leitung und der Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

gewährleistet werden. In weiteren Vorschriften bestehende spezielle Einschränkungen sollen ebenfalls zur Sicherung<br />

der persönlichen Unabhängigkeit der Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung beitragen.<br />

In diesem Zusammenhang hat die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister deshalb zu prüfen, ob Beschäftigten<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung die Befugnis für die sachliche und rechnerische Feststellung erteilt werden kann,<br />

um Geschäftsvorfälle abzuwickeln, die die örtliche Rechnungsprüfung betreffen. Aus solchen Geschäftsvorfällen<br />

kann ein Zahlungsanspruch oder eine Zahlungsverpflichtung der Gemeinde entstehen, die auf ihren Grund und<br />

ihre Höhe zu prüfen und sachlich und rechnerisch festzustellen sind (vgl. § 30 Absatz 2 Satz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Für die örtliche Entscheidung kann dabei hilfsweise die Regelung für Beschäftigte der gemeindlichen Finanzbuchhaltung<br />

herangezogen werden. Diesen Beschäftigten darf die Befugnis zur sachlichen und rechnerischen<br />

Feststellung den Beschäftigten nur übertragen werden, wenn und soweit der Sachverhalt nur von ihnen beurteilt<br />

werden kann (vgl. § 30 Absatz 3 Satz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>). Entsprechend kann auch eine Regelung für die Prüfer<br />

der örtlichen Rechnungsprüfung getroffen werden, ohne die persönliche Unabhängigkeit zu gefährden.<br />

Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der persönlichen Unabhängigkeit hat der Rat der Gemeinde eigenverantwortlich<br />

zu entscheiden, ob Beamte oder andere Beschäftigte mit den örtlichen Prüfungsaufgaben betraut<br />

werden. Für die der örtlichen Rechnungsprüfung sowie für die Prüfer bestehen in diesem Sinne keine ausdrücklichen<br />

dienstrechtlichen Vorgaben und Anforderungen. Es bestehen zudem auch keine speziellen Haftungsbestimmungen<br />

für diesen Personenkreis. Sie haben aber bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zu haften, soweit<br />

sie z. B. Beamte sind (vgl. § 48 BeamStG). Die Gemeinde soll daher mit Dritten, die von der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

mit Prüfungsaufgaben entsprechend der Vorschrift des § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> beauftragt werden,<br />

die notwendigen Haftungsregelungen eigenverantwortlich vereinbaren.<br />

2.3 Zu Satz 3 (Verbot der Zahlungsabwicklung):<br />

Die Vorschrift enthält für die Leitung und die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung die weitere Beschränkung,<br />

dass diese nicht die Zahlungen der Gemeinde abwickeln dürfen. Diese ausdrückliche Vorgabe stellt einen Zusammenhang<br />

mit der gemeindlichen Finanzbuchhaltung nach § 93 GO <strong>NRW</strong> her und soll ebenfalls Interessenkonflikte<br />

vermeiden. Sie stellt daher nicht nur eine Vorgabe für eine sachdienliche Gestaltung des gemeindlichen<br />

Verwaltungsablaufs bei der Abwicklung der Geschäftsvorfälle der Gemeinde dar. Vielmehr beinhaltet sie auch,<br />

dass die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung nicht über verpflichtende Erklärungen bzw. Zahlungen zulasten<br />

der Gemeinde entscheiden sollen.<br />

Das gesetzliche Verbot der Zahlungsabwicklung für die Leitung und die Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung ist<br />

auch darin begründet, dass der örtlichen Rechnungsprüfung die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung<br />

der Gemeinde obliegt (vgl. § 93 Absatz 4 i.V.m. § 103 Absatz 1 Nummer 5 GO <strong>NRW</strong>). Die Verbote gelten auch<br />

dann, wenn einem Prüfer nicht gleichzeitig die Prüfung des betreffenden gemeindlichen Geschäftsvorfalls oder<br />

die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung obliegt. Die Gemeinde soll durch entsprechende örtliche<br />

Regelungen die Einhaltung dieser Verbote gewährleisten und eine entsprechende Überwachung vornehmen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1063


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 104 GO <strong>NRW</strong><br />

3. Zu Absatz 3 (Verwandtschaftsverbote für die Leitung):<br />

Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung gehört, dass einer Einflussnahme<br />

oder einer Beeinträchtigung der Prüfung aus dem persönlichen Umfeld der Leitung unmittelbar entgegen gewirkt<br />

wird. Die Vorschrift sieht daher vor, dass die Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung nicht Angehöriger des Bürgermeisters,<br />

des Kämmerers oder des für die Zahlungsabwicklung Verantwortlichen und dessen Stellvertreters<br />

sein darf. Eine enge persönliche Beziehung zu diesem Personenkreis gemeindlicher Beschäftigter ist vom Landesgesetzgeber<br />

als eine Gefährdung bei der Unabhängigkeit der Leitung eingestuft und für nicht vertretbar angesehen<br />

worden. Der Rat der Gemeinde hat diese dienstrechtlichen Vorgaben bei der Bestellung der Leitung der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung zu beachten.<br />

Im Rahmen der Bestellung ist aber auch zu berücksichtigen, dass das Verwandtschaftsverbot nicht nur bei einer<br />

Verbindung durch eine Ehe gilt, sondern auch bei denjenigen Personen Anwendung findet, die durch eine Lebenspartnerschaft<br />

nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbunden sind. Diese Erweiterung trägt damit den Regelungen<br />

des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG) vom 16.<br />

Februar 2001 (BGBl. I S. 266) Rechnung.<br />

Das gesetzliche Verbot soll insgesamt gesehen mögliche Interessenkonflikte durch persönliche Bindungen von<br />

vornherein ausschließen und die persönliche Unabhängigkeit der Leitung der örtlichen Rechnungsprüfung dauerhaft<br />

gewährleisten. Es steht zudem mit der Vorschrift des § 31 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> in Verbindung, denn dort wird<br />

im Sinne der Gemeindeordnung bestimmt, welche verwandtschaftlichen Verhältnisse unter dem Begriff „Angehöriger“<br />

zu subsumieren sind.<br />

4. Zu Absatz 4 (Mitwirkungsverbot für die Prüfer):<br />

4.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Unabhängigkeit der Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung soll auch durch besondere Mitwirkungsverbote<br />

geschützt werden. Die Vorschrift sieht deshalb ausdrücklich vor, dass die Prüfer nicht an der Prüfung des Jahresabschlusses<br />

der Gemeinde und bestimmter Sondervermögen sowie des Gesamtabschlusses der Gemeinde<br />

beteiligt sein dürfen, wenn sie an der Führung der Bücher oder an der Aufstellung des zu prüfenden Abschlusses<br />

mitgewirkt haben.<br />

Die Besorgnis der Befangenheit und eine Unvereinbarkeit der Prüfungstätigkeit mit der sonstigen Tätigkeit des<br />

Prüfers entstehen grundsätzlich in den Fällen, in denen der Prüfer einen Sachverhalt zu beurteilen hat, an dessen<br />

Entstehung er selbst mitgewirkt hat und seine Beteiligung daran von verantwortlicher Bedeutung ist. Ein solcher<br />

Ausschluss von der Prüfungstätigkeit ist auch in der Privatwirtschaft sowie im internationalen Bereich üblich. Von<br />

solchen Sachverhalten ist jedoch die zulässige Beratung abzugrenzen. Diese Tätigkeit stellt eine Entscheidungshilfe<br />

für die Gemeinde dar und berührt nicht die Prüfungstätigkeit. Diese Einordnung gilt jedoch nur, solange der<br />

Gemeinde als zu beratende Stelle die Entscheidung in der Sache vorbehalten bleibt.<br />

4.2 Das Selbstprüfungsverbot<br />

Die Zurückhaltung der Prüfer der örtlichen Rechnungsprüfung ist notwendig, um ihre Unabhängigkeit zu wahren<br />

und sie nicht zu Prüfern für eigene Sachentscheidungen zu machen. Dieses Selbstprüfungsverbot soll z. B. verhindern,<br />

dass ein Prüfer ein Mitglied eines Entscheidungsgremiums der Gemeinde wird, durch das die Bewertungs-<br />

und Bilanzierungsmethoden festgelegt werden. Ein Prüfer soll im Rahmen seiner beratenden Begleitung<br />

GEMEINDEORDNUNG 1064


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 104 GO <strong>NRW</strong><br />

im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Jahresabschlusses aber auch keine Entscheidungsvorlagen erarbeiten<br />

oder diese mit unterzeichnen. Ein Prüfer verstößt daher gegen das Selbstprüfungsverbot, wenn er z. B. im<br />

Rahmen einer Abschlussprüfung den Anhang im gemeindlichen Jahresabschluss prüft, den er selbst erstellt hat.<br />

In einem solchen Fall ist der Prüfer dann gehindert, über die Abschlussprüfung zu berichten und das Ergebnis der<br />

Prüfung in einem Bestätigungsvermerk nach § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> zusammenzufassen sowie zu unterzeichnen.<br />

Das Selbstprüfungsverbot erfasst dabei insbesondere die Abschlussprüfer bei der Gemeinde, die den abzugebenden<br />

Bestätigungsvermerk verantwortlich zu unterzeichnen haben (vgl. § 101 GO <strong>NRW</strong>). Die persönlichen<br />

Ausschlussgründe können dabei nicht nur bei einem Dritten als Prüfer vielfältig sein. Die Gemeinde sollte daher<br />

auch andere Quellen nutzen, um Beeinträchtigungen und eine Beeinflussung bei gemeindlichen Abschlussprüfungen<br />

möglichst auszuschließen. Für jeden Prüfer besteht im Grundsatz eine Nachweis- und Dokumentationspflicht<br />

darüber, dass im Rahmen seiner Prüfungstätigkeit die Besorgnis der Befangenheit nicht besteht. Mit den<br />

nachfolgenden beispielhaft benannten Ausschlussgründen sollen auch die gemeindlichen Verhältnisse Berücksichtigung<br />

finden (vgl. Abbildung).<br />

Ein Dritter darf z.B. kein Prüfer sein,<br />

- als Mitglied des Rates der Gemeinde<br />

Ausschluss und Befangenheit des Prüfers<br />

- als Angehöriger des Bürgermeisters oder des Kämmerers<br />

- als Angehöriger des Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung oder seines Stellvertreters<br />

- als Beschäftigter der Betriebe der Gemeinde (verselbstständigte Aufgabenbereiche)<br />

- wenn er im Haushaltsjahr bei Führung der Bücher der Gemeinde oder bei der Aufstellung des<br />

Jahresabschlusses mitgewirkt hat<br />

- wenn er im Haushaltsjahr Finanzdienstleistungen oder Steuerberatungsleistungen für die Gemeinde<br />

erbracht oder eine Rechtsberatung außerhalb der Prüfungstätigkeit durchgeführt hat<br />

- wenn er im Haushaltsjahr Bewertungsleistungen für die Gemeinde erbracht hat, die sich auf den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss auswirken<br />

- wenn er an der Entwicklung, Einrichtung und Einführung von Rechnungslegungsinformationssystemen<br />

der Gemeinde beteiligt war (Verfahren der Verarbeitung von Geschäftsvorfällen)<br />

Abbildung 208 „Ausschluss und Befangenheit des Prüfers“<br />

Im Rahmen von Abschlussprüfungen hat daher ein Prüfer immer zu klären, ob seine Tätigkeit über eine Prüfungstätigkeit<br />

hinausgeht und die Tätigkeit nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. In welchen Fällen ein Selbstprüfungsverbot<br />

besteht, kann nur im Einzelfall und unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten geklärt<br />

werden. Ein Selbstprüfungsverbot entsteht dabei nicht allein im mehrjährigen Zeitablauf, weil von einem Prüfer<br />

eine Vielzahl von Abschlussprüfungen durchgeführt und entsprechende Bestätigungsvermerke unterzeichnet<br />

wurden. Die Vorschrift enthält keine ausdrückliche Vorgabe für die Gemeinde, in regelmäßigen Abständen den<br />

verantwortlich zeichnenden Abschlussprüfer zu wechseln.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1065


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 104 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Entscheidung darüber ist sachgerecht vor Ort zu treffen. Entsprechend dürfen Dritte als Prüfer auch längerfristig<br />

beschäftigt werden, solange keine sonstigen Ausschlussgründe für die Personen bestehen. Das Selbstprüfungsverbot<br />

bei gemeindlichen Prüfungen wirkt sich zudem auch auf die die Prüfer der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

<strong>NRW</strong> aus. Im Wege der Beauftragung kann die Gemeindeprüfungsanstalt als Dritter auch mit der Erledigung von<br />

Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung durch eine Gemeinde beauftragt werden. Eine Mitwirkung des dafür<br />

eingesetzten Prüfers bei einer überörtlichen Prüfung der gleichen Gemeinde ist dann nicht zulässig (vgl. § 105<br />

Absatz 8 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Als persönliche Ausschließungsgründe bei einem Dritten als Prüfer für die Gemeinde können auch weitere Gegebenheiten<br />

bestehen, die nicht ausdrücklich in der Vorschrift aufgeführt worden sind. Dazu gehören insbesondere<br />

Tätigkeiten des Dritten, deren Ergebnisse zum Gegenstand der Abschlussprüfung gemacht werden können oder<br />

sich wesentlich auf die Abschlussprüfung auswirken können, z. B. bewertungsrelevante Leistungen, die Ansätze<br />

von Vermögensgegenständen und gemeindlichen Verpflichtungen zu bestimmen. Derartige Leistungen gelten als<br />

nicht zulässig, sofern der Dritte als Abschlussprüfer für die Gemeinde tätig ist, für die er zuvor Bewertungsleistungen<br />

erbracht hat.<br />

4.3 Die Zusammenschlüsse von Wirtschaftsprüfern<br />

Das Selbstprüfungsverbot für Prüfer als Unabhängigkeitsverständnis wirkt sich auch auf Zusammenschlüsse von<br />

Dritten aus, z. B. Wirtschaftsprüfern. Insbesondere bei Bürogemeinschaften, Kooperationen und Netzwerken<br />

besteht die Möglichkeit, dass ein Prüfer auf das Ergebnis der durchzuführenden Abschlussprüfung Einfluss nehmen<br />

kann. Aber auch andere Formen von Zusammenschlüssen können betroffen sein. Ein Selbstprüfungsverbot<br />

kann dabei für Prüfer entstehen, wenn die Kriterien dafür tatsächlich und bezogen auf den Abschlussprüfer vorliegen.<br />

In diesem Zusammenhang ist deshalb immer die Frage zu klären, ob aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes<br />

von einem sachverständigen Dritten das Vorliegen der Besorgnis der Befangenheit als objektiv gegeben<br />

ansehen werden könnte.<br />

Die Vorschrift ist auf den tatsächlich tätigen und verantwortlich zeichnenden Prüfer abgestellt, sodass das Selbstprüfungsverbot<br />

sich auch auf eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wirken kann, wenn deren gesetzlicher Vertreter<br />

oder einer ihrer Gesellschafter unter den gleichen Bedingungen persönlich von einer Prüfung ausgeschlossen<br />

wäre. Bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (vgl. 5. Abschnitt der Wirtschaftsprüferordnung), die Wirtschaftsprüfern<br />

die Möglichkeit bieten, sich zur Berufsausübung zusammen zu schließen, ist daher u.a. darauf abzustellen,<br />

ob die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die von einem verantwortlichen Wirtschaftsprüfer geführt werden muss,<br />

selbst beauftragt wird oder ein bestimmter Wirtschaftsprüfer dieser Gesellschaft (vgl. § 319 Absatz 4 HGB). Dabei<br />

ist zu beachten, wer als verantwortlicher Prüfer den Bestätigungsvermerk nach § 101 GO <strong>NRW</strong> gegenüber der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung der Gemeinde zu unterzeichnen hat.<br />

Bei Netzwerken sollte u.a. darauf abgestellt werden, ob und wie die verbundenen Personen bei ihrer Berufsausübung<br />

zur Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen für eine gewisse Dauer zusammenwirken (vgl. §<br />

319b Absatz 1 Satz 3 HGB). Für diese Personen können Ausschlussgründe dann zum Tragen kommen, wenn ein<br />

Netzwerkmitglied auf das Ergebnis der Abschlussprüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses bedeutenden<br />

Einfluss nehmen kann. Ein Mitglied eines Netzwerkes sollte von der Durchführung einer gemeindlichen Abschlussprüfung<br />

absehen, wenn zwischen ihm oder dem Netzwerk und der Gemeinde unmittelbar oder mittelbar<br />

eine finanzielle oder geschäftliche Beziehung oder eine sonstige Verbindung besteht. Besondere Leistungen, die<br />

zusätzlich zur Prüfungstätigkeit gegenüber der Gemeinde zu erbringen sind, können ggf. bereits dazu zählen.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 1066


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 105<br />

Überörtliche Prüfung<br />

(1) Die überörtliche Prüfung als Teil der allgemeinen Aufsicht des Landes über die Gemeinden ist Aufgabe der<br />

Gemeindeprüfungsanstalt.<br />

(2) Die Gemeindeprüfungsanstalt ist bei der Durchführung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht<br />

gebunden.<br />

(3) 1 Die überörtliche Prüfung erstreckt sich darauf, ob<br />

1. bei der Haushaltswirtschaft der Gemeinden sowie ihrer Sondervermögen die Gesetze und die zur Erfüllung<br />

von Aufgaben ergangenen Weisungen (§ 3 Absatz 2) eingehalten und die zweckgebundenen Staatszuweisungen<br />

bestimmungsgemäß verwendet worden sind,<br />

2. die Buchführung und die Zahlungsabwicklung ordnungsgemäß durchgeführt worden sind.<br />

3. Die überörtliche Prüfung stellt zudem fest, ob die Gemeinde sachgerecht und wirtschaftlich verwaltet wird.<br />

Dies kann auch auf vergleichender Grundlage geschehen.<br />

2<br />

Bei der Prüfung sind vorhandene Ergebnisse der örtlichen Rechnungsprüfung zu berücksichtigen.<br />

(4) Die Gemeindeprüfungsanstalt teilt das Prüfungsergebnis in Form eines Prüfberichts<br />

1. der geprüften Gemeinde,<br />

2. den Aufsichtsbehörden und<br />

3. den Fachaufsichtsbehörden, soweit ihre Zuständigkeit berührt ist,<br />

mit.<br />

(5) 1 Der Bürgermeister legt den Prüfungsbericht dem Rechnungsprüfungsausschuss zur Beratung vor. 2 Der<br />

Rechnungsprüfungsausschuss unterrichtet den Rat über den wesentlichen Inhalt des Prüfungsberichts sowie<br />

über das Ergebnis seiner Beratungen.<br />

(6) Die Gemeinde hat zu den Beanstandungen des Prüfungsberichts gegenüber der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

und der Aufsichtsbehörde innerhalb einer dafür bestimmten Frist Stellung zu nehmen.<br />

(7) Die Gemeindeprüfungsanstalt soll Körperschaften, Anstalten, Stiftungen und Verbände und Einrichtungen<br />

des öffentlichen Rechts<br />

1. in Fragen der Organisation und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung und<br />

2. in bautechnischen Fragen, die mit der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung von baulichen Maßnahmen<br />

zusammenhängen auf Antrag beraten. Sonstige im öffentlichen Interesse tätige juristische Personen kann sie<br />

in diesen Fragen auf Antrag beraten.<br />

(8) Werden Prüfungsaufgaben nach § 92 Abs. 5 oder nach § 103 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 durch Prüfer der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

bei den Gemeinden durchgeführt oder haben sie daran mitgewirkt, dürfen diese Prüfer nicht an<br />

der überörtlichen Prüfung der Gemeinde mitwirken.<br />

Erläuterungen zu § 105:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die überörtliche Prüfung<br />

Im 10. Teil der Gemeindeordnung finden sich die Vorschriften über die Kontrolle des Haushalts der Gemeinde.<br />

In diesem Gefüge der gesetzlichen Verpflichtungen zur Prüfung des haushaltswirtschaftlichen Handelns der<br />

GEMEINDEORDNUNG 1067


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

Gemeinde ist zwischen der örtlichen Prüfung und der überörtlichen Prüfung zu unterscheiden. Während die<br />

örtliche Prüfung der Gemeinde selbst obliegt und eine Eigenkontrolle der Gemeinde darstellt, ist die überörtliche<br />

Prüfung der Gemeinden ein Teil der Aufsicht des Landes über die Gemeinden (vgl. §§ 119 ff. GO <strong>NRW</strong>). Sie ist<br />

der Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (GPA <strong>NRW</strong>) gesetzlich übertragen worden ist (vgl. § 105<br />

GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die überörtliche Prüfung ist - wie die örtliche Prüfung der Gemeinde - ein unverzichtbares Instrument für eine<br />

Kontrolle der Gesetz- und Ordnungsmäßigkeit des wirtschaftlichen Handelns der Gemeinde sowie der haushaltswirtschaftlichen<br />

Geschäftsvorfälle der gemeindlichen Verwaltung. Die überörtliche Prüfung soll eine fachkundige<br />

Prüfung der Gemeinden unter den Gesichtspunkten der staatlichen Aufsicht ermöglichen. Wegen dieser<br />

außerhalb der Aufsichtsbehörden der Gemeinden liegenden Tätigkeit der Gemeindeprüfungsanstalt ist es<br />

geboten, die Aufsichtsbehörden möglichst frühzeitig in die vorgesehenen Prüfungen bei den Gemeinden einzubinden<br />

und nicht erst - wie es gesetzlich als Mindestvorgabe vorgesehen ist - in das Prüfungsgeschehen eingebunden<br />

werden, wenn die überörtliche Prüfung bei den Gemeinden abgeschlossen ist.<br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt muss ihre Prüfungstätigkeit nach den gesetzlich bestimmten Aufgaben der<br />

überörtlichen Prüfung ausrichten. Ihr steht dazu ein umfassendes Informationsrecht für die Durchführung der<br />

überörtlichen Prüfung bei den Gemeinden zu. Die erfolgreiche Erledigung dieser Prüfungsaufgaben setzt dabei<br />

voraus, dass die Gemeinde die dafür notwendigen Informationen aus ihrem haushaltswirtschaftlichen Handeln<br />

für die überörtliche Prüfung bereitstellt. Im Rahmen der Prüfung hat die Gemeinde daher alle für die Prüfung<br />

erforderlichen Unterlagen und Nachweise den Prüfern vorzulegen und diesen alle erforderlichen Auskünfte zu<br />

erteilen. Die Gemeindeprüfungsanstalt soll bei ihrer Prüfung auch die vorhandenen Ergebnisse der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung berücksichtigen.<br />

Ein Zusammenhang mit der örtlichen Prüfung ist jedoch im Einzelnen nur herstellbar, soweit die örtliche Rechnungsprüfung<br />

dieselben gemeindlichen Sachverhalte zum Gegenstand ihrer gesetzlichen Prüfungsaufgaben<br />

oder der übertragenen Prüfungsaufgaben oder ihrer Prüfungsaufträge gemacht hat (vgl. § 103 Absatz 1 bis 3<br />

GO <strong>NRW</strong>). Die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses und Gesamtabschlusses obliegt dabei nicht der<br />

überörtlichen Prüfung, sondern nur die Eröffnungsbilanz der Gemeinde, für die ein gesonderter Prüfungsbedarf<br />

gesehen wurde (vgl. § 92 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>).<br />

2. Die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen<br />

Die überörtliche Prüfung der Gemeinden in Nordrhein-Westfalen wurde der Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-<br />

Westfalen zur zentralen Aufgabenerledigung durch das Gesetz über die Errichtung einer Gemeindeprüfungsanstalt<br />

übertragen. Die Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> ist dazu als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts<br />

errichtet worden (vgl. § 1 GPAG <strong>NRW</strong>). Sie ist ein Teil der Aufsicht des Landes über die Gemeinden, jedoch bei<br />

der Durchführung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden (vgl. §§ 119 ff. GO <strong>NRW</strong>). Die<br />

Gemeindeprüfungsanstalt unterliegt der Rechtsaufsicht des Innenministeriums <strong>NRW</strong> (vgl. § 12 GPAG <strong>NRW</strong>).<br />

Als Organe der Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> sind der Verwaltungsrat und der Präsident bestimmt worden (vgl.<br />

§ 3 GPAG <strong>NRW</strong>). Der Verwaltungsrat besteht aus neun ehrenamtlichen Mitgliedern und einem Vertreter des<br />

Innenministeriums (vgl. § 4 Absatz 1 Satz 1 GPAG <strong>NRW</strong>) und beschließt über organisatorische und wirtschaftliche<br />

Angelegenheiten der Gemeindeprüfungsanstalt. In diesem Verwaltungsrat werden die Gemeinden (GV) in<br />

Nordrhein-Westfalen durch Vertreter ihrer Spitzenverbände repräsentiert (vgl. § 4 Absatz 1 Satz 2 GPAG <strong>NRW</strong>).<br />

Von der Gemeinde sind für die überörtliche Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> die festgesetzten<br />

Gebühren zu zahlen, die in entsprechender Anwendung des Kommunalabgabengesetzes erhoben werden (vgl. §<br />

10 Absatz 1 GPAG <strong>NRW</strong>). Sie sind für die Gemeindeprüfungsanstalt satzungsrechtlich festgelegt worden. Die<br />

Gemeindeprüfungsanstalt darf zusätzlich auch beratend tätig werden. Für die Beratung durch die Gemeindeprü-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1068


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

fungsanstalt ist - wie bei Beratungsaufträgen an Dritte - ein Entgelt zu zahlen, das mindestens kostendeckend<br />

sein soll (vgl. § 10 Absatz 2 GPAG <strong>NRW</strong>).<br />

Die Ergebnisse der überörtlichen Prüfung werden von der Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> der Gemeinde und<br />

ihrer Aufsichtsbehörde in Form eines Prüfberichts mitgeteilt. Die Gemeinde hat gegenüber der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

und der Aufsichtsbehörde innerhalb einer dafür bestimmten Frist Stellung zu nehmen, wenn der<br />

Prüfungsbericht der überörtlichen Prüfung Beanstandungen enthält (vgl. Absätze 4 bis 6 der Vorschrift). Die Umsetzung<br />

ihrer Einwendungen kann die Gemeindeprüfungsanstalt der Gemeinde aber nicht durch eine Weisung<br />

auferlegen. Sie muss in haushaltswirtschaftlicher Hinsicht die sachgerechte Umsetzung sowie deren Kontrolle der<br />

Bezirksregierung oder dem Landrat als gesetzlich zuständige Aufsichtsbehörden überlassen.<br />

3. Die Aufgaben nach dem Korruptionsbekämpfungsgesetz<br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt als überörtliche Rechnungsprüfung ist durch § 2 Absatz 1 KorruptionsbG gesetzlich<br />

zur Prüfeinrichtung in ihrem Zuständigkeitsbereich bestimmt worden. Ihr obliegt damit die Aufgabe, in allen Bereichen<br />

der Verwaltung zu prüfen, ob die notwendigen Vorkehrungen getroffen worden sind, um Korruptionsfälle<br />

nicht eintreten zu lassen. Über den Umfang und die Art der Prüfungsdurchführung sowie das Zusammenspiel mit<br />

der Erfüllung anderer Aufgaben entscheidet dabei die Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> in eigener Verantwortung.<br />

In diesem Zusammenhang steht auch die Pflicht der Gemeinde, im Rahmen ihrer Auftragsvergaben die Vergabe<br />

von Aufträgen, deren Wert 200.000 Euro übersteigt und die keine Inhousegeschäfte der Gemeinde darstellen, der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung und der Gemeindeprüfungsanstalt anzuzeigen (vgl. § 16 Absatz 1 KorruptionsbG).<br />

Eine solche Anzeigepflicht besteht entsprechend für die gemeindlichen Vermögensveräußerungen. In solchen<br />

Fällen sind der gemeindlichen Anzeige eine Liste der Angebote aller Bieterinnen und Bieter sowie Bewerberinnen<br />

und Bewerber mit Namen und Preis sowie die Auswahlentscheidung einschließlich Begründung beizufügen. Die<br />

beiden genannten Prüfeinrichtungen sind untereinander im Rahmen ihrer Zuständigkeit auskunftsverpflichtet.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Status der überörtlichen Prüfung):<br />

Die überörtliche Prüfung ist Teil der Aufsicht des Landes über die Gemeinden. Sie ist jedoch inhaltlich nicht Teil<br />

der Aufsicht nach den Vorschriften der §§ 119 ff. GO <strong>NRW</strong>, denn die Gemeindeprüfungsanstalt kann sich nicht<br />

der in diesen genannten Vorschriften aufgeführten Aufsichtsmittel bedienen. Die überörtliche Prüfung durch die<br />

Gemeindeprüfungsanstalt schafft jedoch eine Verbindung zwischen der Aufsicht des Landes und den haushaltswirtschaftlichen<br />

Tätigkeiten der Gemeinden. Zur Kontrolle und Prüfung der Haushaltswirtschaft der Gemeinden<br />

bedienen sich daher die Aufsichtsbehörden der Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> als zuständige überörtliche Prüfungsinstanz<br />

als Teil der Aufsicht des Landes.<br />

Eine solche Prüfungsinstanz kann eine Einheitlichkeit in der Rechtsanwendung durch die Gemeinden sichern und<br />

auch ausreichendes Spezialwissen in betriebswirtschaftlicher und steuerrechtlicher Hinsicht für die landesweit<br />

durchzuführenden Prüfungen bereitstellen. Die organisationsrechtliche Einordnung der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

außerhalb des eigentlichen Staatsaufbaus des Landes <strong>NRW</strong> und die rechtliche Selbstständigkeit (Unabhängigkeit<br />

und Weisungsfreiheit) führen zudem zu einer größeren Nähe zu den Gemeinden. Die Einheitlichkeit im Prüfungswesen<br />

der Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> trägt dabei zu geeigneten Informationen für die Beurteilung der<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft durch die Aufsichtsbehörden und die Gemeinden bei.<br />

Die überörtliche Prüfung unterscheidet sich zudem von der örtlichen Prüfung bzw. Rechnungsprüfung, die der<br />

einzelnen Gemeinde obliegt und daher unterschiedlich ausgestaltet ist. Zwischen der örtlichen Prüfung der Ge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1069


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

meinde und der überörtlichen Prüfung bestehen auch deshalb Unterschiede, weil voneinander abweichende<br />

Kriterien in die Prüfungen einbezogen werden und eine andere Sichtweise auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

erfolgt. Die überörtliche Prüfung der Haushaltsführung von Gemeinden setzt daher grundsätzlich eine<br />

abgeschlossene jahresbezogene örtliche Prüfung voraus.<br />

2. Zu Absatz 2 (Unabhängigkeit der Gemeindeprüfungsanstalt):<br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> als zuständige Stelle für die überörtliche Prüfung der Gemeinden ist als<br />

rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet worden (vgl. § 1 GPAG <strong>NRW</strong>). Sie ist bei der Durchführung<br />

ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden, um ihren gesetzlichen Prüfungsauftrag<br />

möglichst objektiv und willkürfrei gegenüber den betroffenen Gemeinden erledigen zu können. Die sachliche<br />

Unabhängigkeit umfasst ein Eingriffsverbot in die Prüfungstätigkeit aus fachlichen Gesichtspunkten heraus.<br />

Dadurch soll eine sinnvolle und effektive Prüfung bei der Gemeinde durch Ausschluss der fachlichen Einflussnahme<br />

der zu prüfenden Stellen garantiert werden.<br />

Diese rechtliche Sachlage erfordert einerseits umfassende Prüfungs- und Informationsrechte für die überörtliche<br />

Prüfung. Andererseits ist das Ermessen der Prüferinnen und Prüfer bei der Wahl ihrer Prüfungsmethoden und<br />

der Prüfungstiefe relativ groß. Die Prüfungs- und Informationsrechte sowie das Ermessen bei der Wahl der<br />

Prüfungsmethoden und Prüfungstiefe ist jeweils im Rahmen der überörtlichen Prüfungstätigkeit der Gemeindeprüfungsanstalt,<br />

abhängig von den vor Ort zu prüfenden Sachverhalten und den bei den zu prüfenden Gemeinden<br />

vorliegenden Bedingungen im Einzelnen auszugestalten. Die Unabhängigkeit der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

ist aber auch für die Anerkennung der überörtlichen Prüfungsergebnisse durch den örtlichen Rechnungsprüfungsausschuss<br />

und den Rat der Gemeinde als Adressaten der überörtlichen Prüfung von grundlegender Bedeutung<br />

(vgl. §§ 40 und 59 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3. Zu Absatz 3 (Aufgabenkatalog der überörtlichen Prüfung):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Gesetzlich bestimmte Prüfungsaufgaben):<br />

3.1.0 Allgemeine Grundlagen<br />

Der Gemeindeprüfungsanstalt steht im Rahmen des gesetzlichen Aufgabenkatalogs der überörtlichen Prüfung ein<br />

umfassendes Informationsrecht für die Durchführung der überörtlichen Prüfung bei den Gemeinden zu. Diesen<br />

Prüfungen werden regelmäßig Leitfäden zugrunde gelegt, die zusammen mit Praktikern aus den Gemeinden<br />

erarbeitet wurden, und eine allgemeine Nachvollziehbarkeit der Prüfungen ermöglichen sollen. Die Gemeindeprüfungsanstalt<br />

hat folgende besonderen Prüfungsaufgaben (vgl. Abbildung).<br />

Die Prüfungsaufgaben der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

Die überörtlichen Prüfungsaufgaben bei Gemeinden:<br />

- Die Prüfung, ob bei der Haushaltswirtschaft der Gemeinden die Gesetze und die zur<br />

Erfüllung von Aufgaben ergangenen Weisungen eingehalten worden sind.<br />

- Die Prüfung, ob bei der Haushaltswirtschaft der Gemeinde die zweckgebundenen Staatszuweisungen<br />

bestimmungsgemäß verwendet worden sind.<br />

- Die Prüfung, ob bei der Haushaltswirtschaft der Gemeinde die Buchhaltung und die Zahlungsabwicklung<br />

ordnungsgemäß durchgeführt worden sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1070


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Prüfungsaufgaben der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

Die überörtlichen Prüfungsaufgaben bei Gemeinden:<br />

- Die Feststellung, ob die Gemeinde sachgerecht und wirtschaftlich verwaltet wird.<br />

Abbildung 210 „Die Prüfungsaufgaben der Gemeindeprüfungsanstalt“<br />

Die erfolgreiche Erledigung dieser Prüfungsaufgaben setzt dabei voraus, dass die Gemeinde die dafür notwendigen<br />

Informationen aus ihrem haushaltswirtschaftlichen Handeln für die überörtliche Prüfung bereitstellt. Im<br />

Rahmen der Prüfung hat die Gemeinde daher alle für die Prüfung erforderlichen Unterlagen und Nachweise den<br />

Prüfern vorzulegen und diesen alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> soll<br />

bei ihrer Prüfung die vorhandenen Ergebnisse der örtlichen Rechnungsprüfung berücksichtigen. Ein Zusammenhang<br />

mit der örtlichen Prüfung ist jedoch im Einzelnen nur herstellbar, soweit die örtliche Rechnungsprüfung<br />

dieselben gemeindlichen Sachverhalte zum Gegenstand ihrer gesetzlichen Prüfungsaufgaben oder der<br />

übertragenen Prüfungsaufgaben oder ihrer Prüfungsaufträge gemacht hat (vgl. § 103 Absatz 1 bis 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.1.1 Zu Nummer 1 (Prüfung der Einhaltung rechtlicher Vorgaben und von Staatszuweisungen):<br />

3.1.1.1 Die Haushaltswirtschaft als Prüfungsgegenstand<br />

Nach der Vorschrift erstreckt sich die überörtliche Prüfung darauf, ob bei der Haushaltswirtschaft der Gemeinden<br />

sowie ihrer Sondervermögen die Gesetze und die zur Erfüllung von Aufgaben ergangenen Weisungen (§ 3<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) eingehalten und die zweckgebundenen Staatszuweisungen bestimmungsgemäß verwendet<br />

worden sind. Diese allgemein gefasste Prüfungsaufgabe ist auf die Haushaltswirtschaft der Gemeinde ausgerichtet.<br />

Sie erfasst nur dann auch gemeindliche Sondervermögen, wenn diese Teile des gemeindlichen Haushalts<br />

sind, z.B. das Gemeindegliedervermögen und das Vermögen der rechtlich unselbstständigen örtlichen<br />

Stiftungen (vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 1 und 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Sondervermögen der Gemeinde nach § 97 Absatz 1 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong> fallen ebenfalls unter diese Vorgabe,<br />

auch wenn diese gemeindlichen Vermögen als Betriebe über einen eigenen Rechnungskreis verfügen<br />

und besonderen gesetzlichen Vorschriften, auch hinsichtlich ihrer Abschlussprüfung, unterliegen (vgl. §§ 114<br />

i.V.m. 106 GO <strong>NRW</strong>). Bei den rechtlich unselbstständigen Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen als<br />

Sondervermögen der Gemeinde nach § 97 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong> ist die Einbeziehung in die überörtliche<br />

Prüfung nicht von ihrem organisatorischen Status abhängig, auch wenn diese Vermögen der Gemeinde die<br />

für die Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen der Eigenbetriebe geltenden Vorschriften sinngemäß<br />

anwenden können (vgl. § 97 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.1.1.2 Die Prüfung der Einhaltung der Gesetze<br />

Nach der Vorschrift erstreckt sich die überörtliche Prüfung u.a. darauf, ob bei der Haushaltswirtschaft der Gemeinde<br />

sowie ihrer Sondervermögen die Gesetze eingehalten worden sind. Die Einhaltung der Gesetze umfasst<br />

dabei die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen,<br />

z. B. die gemeindliche Haushaltssatzung. Die Prüfung der von der Gemeinde zu beachtenden rechtlichen<br />

Vorschriften stellt daher eine reine Gesetz- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung dar.<br />

Für den gemeindlichen Bereich müssen jedoch die Besonderheiten berücksichtigt werden, dass die jährliche<br />

Haushaltssatzung nicht für sich alleine steht, sondern durch den damit in unmittelbarer Verbindung stehenden<br />

GEMEINDEORDNUNG 1071


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

Haushaltsplan näher ausgestaltet wird. Die Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft im Haushaltsjahr<br />

wird dann durch den Jahresabschluss der Gemeinde abgerechnet und abgeschlossen. Zusätzlich erfolgt durch<br />

den gemeindlichen Gesamtabschluss noch eine Betrachtung der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde, weil<br />

dabei die Gemeinde einschließlich ihrer Betriebe wirtschaftlich wie eine einzige Einheit darzustellen ist.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die gesetzlich zuständige Aufsichtsbehörde der Gemeinde<br />

eine Rechtsaufsicht für die Gemeinde darstellt, denn die Aufsicht des Landes erstreckt sich darauf, dass die<br />

Gemeinden im Einklang mit den Gesetzen verwaltet werden (vgl. § 119 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Entsprechend dieser<br />

Aufgabe ist die Aufsichtsbehörde der Gemeinde der Adressat der Anzeige der Gemeinde über ihre Haushaltssatzung<br />

und der Anzeige des gemeindlichen Jahresabschlusses sowie der Anzeige des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

ist (vgl. § 80 Absatz 5, § 96 Absatz 2 und § 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeindeprüfungsanstalt<br />

<strong>NRW</strong> als überörtliche Prüfungseinrichtung übt dabei eine ergänzende Funktion im Sinne der Rechtsaufsicht des<br />

Landes aus. Sie soll ihre Aufgaben selbst ausgestalten, denn sie kann ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich<br />

regeln (vgl. § 1 GPAG <strong>NRW</strong>). Die der Aufsichtsbehörde angezeigten haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der<br />

Gemeinde werden dabei in die Prüfung der Gemeinde einbezogen.<br />

3.1.1.3 Die Prüfung der Einhaltung der Weisungen<br />

Nach der Vorschrift erstreckt sich die überörtliche Prüfung auch darauf, ob bei der Gemeinde die zur Erfüllung<br />

von Aufgaben ergangenen Weisungen eingehalten worden sind. Den Gemeinden können einerseits nur durch ein<br />

Gesetz besondere Pflichtaufgaben auferlegt werden (vgl. § 3 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits können den Gemeinden<br />

auch Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden, bei denen dann gleichzeitig der<br />

Umfang des Weisungsrechts gesetzlich und sachlich abzugrenzen ist (vgl. § 3 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung umfassen dabei insbesondere Aufgaben der Gemeinde, denen ein<br />

hoheitlicher Charakter zukommt und deren rechtliche Stellung gesetzlich gesondert bestimmt wurde, z. B. die<br />

Aufgaben des Feuerschutzes (vgl. § 4 FSHG <strong>NRW</strong>), die Aufgaben des Rettungsdienstes (vgl. § 6 Absatz 3 RettG<br />

<strong>NRW</strong>) und die Förderung und Nutzung von Wohnraum (vgl. § 3 Absatz 3 WFNG <strong>NRW</strong>) sowie das Führen des<br />

Liegenschaftskatasters (vgl. § 23 Absatz 1 Satz 2 VermKatG <strong>NRW</strong>). Diese Vielfalt der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

zeigt ein erhebliches Interesse des Landes daran, dass die gemeindlichen Aufgaben vor Ort in gleicher<br />

Art und Weise im Sinne des Landes vollzogen werden.<br />

3.1.1.4 Die Prüfung der Verwendung von Staatszuweisungen<br />

3.1.1.4.1 Inhalte der Vorschrift<br />

Die Vorschrift enthält für die überörtliche Prüfung die weitere besondere Aufgabe, die bestimmungsgemäße Verwendung<br />

der zweckgebundenen Staatszuweisungen (Bundes- und Landesmittel sowie Finanzmittel der Europäischen<br />

Union) bei den Gemeinden zu prüfen. Unter dem Begriff „Staatszuweisungen“ sind dabei alle Zuweisungen<br />

an die Gemeinde nach den entsprechenden staatlichen haushaltsrechtlichen Vorschriften zu verstehen, denn die<br />

Zuweisungen sind Leistungen an Stellen außerhalb der staatlichen Verwaltung. Diese staatlichen Finanzmittel<br />

werden den Gemeinden aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und im Rahmen des staatlichen Zuwendungsrechts<br />

gewährt, z. B. durch das Land <strong>NRW</strong>. Sie stellen einen großen Anteil an den gesamten verfügbaren Finanzmitteln<br />

der Gemeinde dar.<br />

Die Prüfung der zweckgebundenen Staatszuweisungen erstreckt sich daher darauf, ob die Zuwendungsbedingungen<br />

von der Gemeinde eingehalten wurden und ob bei der Verwendung der Finanzmittel entsprechend<br />

zweckbezogen verfahren wurde. Die Prüfung ist dabei unabhängig davon vorzunehmen, ob der Gemeinde die<br />

Staatszuweisungen pauschal oder zweckgerichtet auf einzelne Maßnahmen gewährt wurden. Bei dieser Prüfung<br />

GEMEINDEORDNUNG 1072


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

sind vorhandene Ergebnisse der örtlichen Rechnungsprüfung der Gemeinde aus ihrer Tätigkeit bzw. Aufgabe, die<br />

Vorgänge in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung zu prüfen (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong>), von der<br />

Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> zu berücksichtigen.<br />

Ein Zusammenhang mit Ergebnissen der örtlichen Prüfung ist jedoch nur herstellbar, soweit die örtliche Rechnungsprüfung<br />

dieselben gemeindlichen Sachverhalte zum Gegenstand ihrer Prüfungen gemacht hat (vgl. § 103<br />

Absatz 1 bis 3 GO <strong>NRW</strong>). Die örtliche Rechnungsprüfung kann bei der Prüfung dazu ggf. auch als Vorprüfungsstelle<br />

tätig gewesen sein, weil ihr die Prüfung der Finanzvorfälle gemäß § 100 Absatz 4 der Landeshaushaltsordnung<br />

obliegt (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.1.1.4.2 Die Abgrenzung zur örtlichen Rechnungsprüfung<br />

Der örtlichen Rechnungsprüfung der Gemeinde obliegen im Zusammenhang mit zweckgebundenen Staatszuweisungen<br />

vielfach weitere Aufgaben. Solche Aufgaben können durch Bundes- oder Landesrecht konkret bestimmt<br />

sein, deren Umsetzung aber entweder dem Land oder den Gemeinden obliegt. Oftmals soll deshalb die zweckentsprechende<br />

Verwendung von Fördermitteln durch die örtliche Rechnungsprüfung im Rahmen des Verwendungsnachweises<br />

der Gemeinde bestätigt werden. Diese Tätigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung wird durch<br />

eine Verpflichtung der Gemeinde durch den Zuwendungsgeber ausgelöst.<br />

Die Prüfung stellt jedoch nur eine „interne Vorprüfung“ durch die Rechnungsprüfung gegenüber dem Bürgermeister<br />

der Gemeinde dar, denn dieser muss durch den Verwendungsnachweis die Einhaltung der Vorgaben des<br />

Zuwendungsgebers bestätigen. In diesen Fällen vollzieht die örtliche Rechnungsprüfung daher keine verwaltungsmäßige<br />

Prüfung des Verwendungsnachweises im Zuwendungsverfahren. Diese Prüfung obliegt der jeweiligen<br />

Bewilligungsbehörde im Rahmen des ihr von der Gemeinde als Zuwendungsempfänger vorzulegenden Verwendungsnachweises<br />

(vgl. z. B. Nummer 11 der VVG zu § 44 LHO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Prüfungstätigkeit der örtlichen Rechnungsprüfung ist dabei der laufenden Prüfung der Vorgänge in der<br />

gemeindlichen Finanzbuchhaltung zuzurechnen (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong>) und stellt daher keine<br />

„Sonderprüfung durch den Zuwendungsgeber“ dar. Der Adressat einer vom Zuwendungsgeber geforderten gesonderten<br />

Bestätigung, dass die Gemeinde die Förderbestimmungen eingehalten und die Zuwendungsmittel<br />

zweckentsprechend verwendet hat, ist nur der Bürgermeister. Er muss oftmals im Rahmen des Verwendungsnachweises<br />

aufgrund der Nebenbestimmungen eines Zuwendungsbescheides an die Gemeinde zusätzlich eine<br />

zweite (gesonderte) Bestätigung erbringen.<br />

Die örtliche Rechnungsprüfung kann auch in solchen Fällen grundsätzlich nur als eine nach innen wirkende Stelle<br />

angesehen werden. Ein Prüfungsauftrag im Rahmen einer Zuwendungsgewährung muss daher vom Bürgermeister<br />

der Gemeinde ausgehen und kann nicht unmittelbar durch den Zuwendungsgeber erfolgen. Eine von der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung abzugebende Bestätigung bei staatlichen Zuweisungen stellt dabei keine Vorprüfung<br />

im Sinne der Prüfung der Finanzvorfälle gemäß § 100 Absatz 4 LHO <strong>NRW</strong> dar, wie sie gesetzlich als Aufgabe der<br />

örtlichen Rechnungsprüfung bestimmt wurde (vgl. § 103 Absatz 1 Nummer 7 GO <strong>NRW</strong>).<br />

3.1.1.5 Keine Sonderprüfung der gemeindlichen Abschlüsse<br />

Die Zugehörigkeit des Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses zur gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

bedingt, dass diese Abschlüsse nicht aus der überörtlichen Prüfung der Gemeinde ausgeschlossen werden dürfen.<br />

Jedoch ist die Einbeziehung dieser Abschlüsse in die überörtliche Prüfung anders auszugestalten als die<br />

überörtliche Prüfung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz. Für die gemeindliche Eröffnungsbilanz ist gesondert<br />

bestimmt worden, dass dieser Abschluss ein eigenständiger Prüfungsgegenstand der überörtlichen Prüfung ist<br />

GEMEINDEORDNUNG 1073


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§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

(vgl. § 92 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). Eine derartige Vorgabe besteht für den gemeindlichen Jahresabschluss und den<br />

Gesamtabschluss der Gemeinde dagegen nicht.<br />

Unter den überörtlichen Prüfungsrahmen, ob bei der Haushaltswirtschaft der Gemeinden sowie ihrer Sondervermögen<br />

die Gesetze eingehalten wurden, gehört jedoch auch die Prüfung der Einhaltung der haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften über den gemeindlichen Jahresabschluss und den Gesamtabschluss. Die Vielzahl der bei diesen<br />

Abschlüssen zu beachtenden Vorgaben gibt dabei keinen Anlass für die überörtliche Prüfung, diese Abschlüsse<br />

aus der Prüfung der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft herauszulösen und eigenständig als<br />

„Sonderprüfung“ zu führen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen verlangen vielmehr, dass die Prüfung dieser<br />

Abschlüsse im gesetzlichen Auftragsrahmen der überörtlichen Prüfung eingebettet bleiben muss, auch wenn<br />

diese Prüfungen besondere Anforderungen beinhalten.<br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt kann den Rahmen der überörtlichen Prüfung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

eigenverantwortlich eine Vielzahl haushaltswirtschaftlicher und haushaltsrechtlicher Aspekte zu berücksichtigen,<br />

angefangen von den haushaltsrechtlichen Bestimmungen über die gemeindliche Haushaltsplanung<br />

über die rechtlichen Festlegungen zum Jahresabschluss der Gemeinde bis hin zu den Vorschriften zum gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss. Sie muss dazu festlegen, unter welchen Prüfungsaspekten und in welchem Umfang der<br />

gemeindliche Jahresabschluss und der Gesamtabschluss in die überörtliche Prüfung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

einbezogen werden.<br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt soll dabei möglichst die Vornahme von Prüfungshandlungen vermeiden, die bereits<br />

Gegenstand der örtlichen Prüfung sind (vgl. §§ 101 und 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>). In diesem Zusammenhang ist<br />

zudem die Vorgabe wichtig, dass Prüfer der Gemeindeprüfungsanstalt nicht an der überörtlichen Prüfung einer<br />

Gemeinde mitwirken dürfen, wenn diese an der örtlichen Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses<br />

und/oder des Gesamtabschlusses der Gemeinde mitgewirkt haben (vgl. Absatz 8 der Vorschrift).<br />

3.1.2 Zu Nummer 2 (Prüfung der Finanzbuchhaltung):<br />

Nach der Vorschrift erstreckt sich die überörtliche Prüfung auch darauf, ob die Buchführung und die Zahlungsabwicklung<br />

der Gemeinde ordnungsgemäß durchgeführt worden sind. Diese Prüfung baut auf der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

auf, denn die laufende Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung zur Vorbereitung der Prüfung<br />

des Jahresabschlusses und die dauernde Überwachung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde und ihrer<br />

Sondervermögen sowie die Vornahme der Prüfungen obliegen der örtlichen Rechnungsprüfung (vgl. § 103 Absatz<br />

3 Nummer 4 und 5 GO <strong>NRW</strong>). Die örtliche Aufgabenteilung zwischen dem originären Buchungsgeschäft der<br />

Gemeinde und dem gemeindlichen Zahlungsverkehr ist in die überörtliche Prüfung einzubeziehen.<br />

Im Rahmen der Prüfung ist zu berücksichtigen, dass in der gemeindlichen Finanzbuchhaltung alle gemeindlichen<br />

Geschäftsvorfälle und die dadurch bedingten Veränderungen der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage<br />

der Gemeinde erfasst werden sollen. Die Finanzbuchhaltung der Gemeinde hat daher für die überörtliche<br />

Prüfung die notwendigen Angaben zu machen und die Daten zu liefern. Das örtliche Buchungsgeschehen bildet<br />

eine Grundlage der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und dient daher auch der überörtlichen Prüfung.<br />

Zur überörtlichen Prüfung gehört dabei auch, dass die Gemeinde die Pflicht hat, ihre örtliche Finanzbuchhaltung<br />

so auszugestalten, dass die ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben gesichert ist und die Verantwortlichen<br />

dafür bestimmt sind. Durch das erforderliche technische und kaufmännische Fachwissen soll die Qualität der<br />

Buchführung gewährleistet werden. Die Gemeinde hat zudem dafür Sorge zu tragen, dass die Kosten ihrer Finanzbuchhaltung<br />

sich in einem verträglichen Rahmen bewegen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1074


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§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

3.1.3 Zu Nummer 3 (Prüfung auf sachgerechte und wirtschaftliche Verwaltung):<br />

Nach der Vorschrift soll die überörtliche Prüfung auch feststellen, ob die Gemeinde sachgerecht und wirtschaftlich<br />

verwaltet wird (vgl. § 10 GO <strong>NRW</strong>). Durch diese Prüfungstätigkeit auf vergleichender Grundlage bestehen<br />

für die überörtliche Prüfung besondere Möglichkeiten für einen Einblick in die einzelne gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

zur Verfügung. Insbesondere diese Prüfungsaufgabe verdeutlicht, dass die überörtliche Prüfung<br />

grundsätzlich nicht mehr eine „Nachprüfung“ der Prüfung der örtlichen Rechnungsprüfung darstellt.<br />

Bei der Prüfung auf sachgerechte und wirtschaftliche Verwaltung rückt vielmehr die gesamte Gemeinde ins<br />

Blickfeld der überörtlichen Prüfung. Eine vergleichende Prüfung kann zudem besser Schwachstellen im Verwaltungs-<br />

und Geschäftsablauf der Gemeinde erkennbar machen und ggf. einen sachgerechten Veränderungsbedarf<br />

aufzeigen. Die Prüfungserkenntnisse können zudem auch zu Anpassungen bei der Gestaltung und Ausführung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft führen. Die überörtliche Prüfung bietet durch ihre vor Ort gewonnenen<br />

Erkenntnisse der geprüften Gemeinde die Möglichkeit, im Rahmen ihrer gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

bedarfs- und sachgerechte (notwendige) Veränderungen vorzunehmen.<br />

3.2 Zu Satz 2 (Einbeziehung vorhandener Prüfungsergebnisse):<br />

Nach der Vorschrift sollen bei der überörtlichen Prüfung die vorhandenen Ergebnisse der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

aus der Erledigung ihrer Aufgaben berücksichtigt werden. Daher muss der Aufgabenkatalog der örtlichen<br />

Rechnungsprüfung in die Betrachtung einbezogen werden (vgl. § 103 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die örtliche Rechnungsprüfung<br />

kann daher Prüfungsergebnisse aus der Prüfung des Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses,<br />

aus der laufenden Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung und aus der dauernden Überwachung<br />

der gemeindlichen Zahlungsabwicklung sowie aus weiteren Prüfungsaufgaben liefern.<br />

Die überörtliche Prüfung hat dabei zu berücksichtigen, dass der Rat der Gemeinde der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

weitere Aufgaben übertragen und der Bürgermeister innerhalb seines Amtsbereichs unter Mitteilung an den<br />

Rechnungsprüfungsausschuss der örtlichen Rechnungsprüfung gesonderte Aufträge zur Prüfung erteilen können.<br />

Unter Berücksichtigung der Ortsbezogenheit sollen mögliche Doppelprüfungen bei der Gemeinde vermieden<br />

werden. Die örtliche Prüfung und die überörtliche Prüfung deshalb möglichst zusammenwirken.<br />

4. Zu Absatz 4 (Offenlegung des Prüfungsergebnisses):<br />

4.01 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt hat aus ihrer überörtlichen Prüfung das festgestellte Prüfungsergebnis in Form<br />

eines Prüfberichts mehreren Stellen mitzuteilen. Diese Stellen können von den Prüfungsergebnissen der geprüften<br />

Gemeinde in unterschiedlicher Weise betroffen sein. So muss z. B. die Aufsichtsbehörde der Gemeinde in<br />

Einzelfällen ggf. über die Ausräumung von Beanstandungen entscheiden, die aus aufgrund der Ergebnisse der<br />

Prüfung der Gemeindeprüfungsanstalt erhoben werden.<br />

Der Prüfungsbericht der Gemeindeprüfungsanstalt über die überörtliche Prüfung bei einer Gemeinde soll dafür<br />

einerseits einen schnellen Überblick über die Prüfungsergebnisse bieten, andererseits aber auch die erzielten<br />

Ergebnisse im Einzelnen darstellen sowie ein Gesamtergebnis aufzeigen. Die gesetzliche Regelung legt damit<br />

die erste Stufe eines Informations- und Entscheidungsverfahrens fest, das sich an die überörtliche Prüfung der<br />

Gemeindeprüfungsanstalt anschließt. Den Informationsbedürfnissen bestimmter Adressaten des Prüfungsberichtes<br />

wird dadurch ausreichend Rechnung getragen. Eine allgemeine Veröffentlichungspflicht des Prüfungsberichtes<br />

besteht weder für die Gemeindeprüfungsanstalt noch für die geprüfte Gemeinde.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1075


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

4.1 Zu Nummer 1 (Prüfungsinformationen an die geprüfte Gemeinde):<br />

Für die Gemeinde als Betroffene ist es sehr wichtig, über das Prüfungsergebnis der überörtlichen Prüfung informiert<br />

zu werden. Da sich aus den Prüfungen ggf. Veränderungen für die gemeindliche Haushaltswirtschaft oder<br />

für Verfahrensabläufe innerhalb der gemeindlichen Verwaltung ergeben können, ist die Offenlegung des Prüfungsergebnisses<br />

der überörtlichen Prüfung gegenüber der Gemeinde ausdrücklich gesetzlich verankert worden.<br />

Die Ergebnisse der vorgenommenen Analyse werden von der Gemeindeprüfungsanstalt im Rahmen ihres Prüfungsberichtes<br />

als „Feststellung“ bezeichnet. Zusätzlich werden im Prüfungsbericht von der GPA <strong>NRW</strong> anerkannte<br />

Verbesserungspotenziale als „Empfehlung“ ausgewiesen.<br />

Das von der Gemeindeprüfungsanstalt festgestellte Prüfungsergebnis wird abhängig von den örtlichen Gegebenheiten<br />

von den Prüfern mit den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den betroffenen Organisationseinheiten<br />

der gemeindlichen Verwaltung erörtert. Bereits der Entwurf des Prüfungsberichtes wird der geprüften Gemeinde<br />

zur Kenntnis zugeleitet, sodass ggf. aufgetretene Missverständnisse vor der Herausgabe der endgültigen<br />

Fassung des Berichtes ausgeräumt werden können. Weitere Informationen erhält die Gemeinde im Rahmen<br />

einer Schlussbesprechung, in der von der Gemeindeprüfungsanstalt das Ergebnis präsentiert wird. Die Ergebnisse<br />

der überörtlichen Prüfung sollen den Verantwortlichen in der Gemeinde möglichst steuerungsrelevante Informationen<br />

und Handlungsempfehlungen liefern.<br />

4.2 Zu Nummer 2 (Prüfungsinformationen an die Aufsichtsbehörde):<br />

Nach der Vorschrift besteht für die Gemeindeprüfungsanstalt die Verpflichtung, das Prüfungsergebnis über die<br />

im Rahmen der überörtlichen Prüfung geprüfte Gemeinde der gesetzlich zuständigen Aufsichtsbehörde unmittelbar<br />

mitzuteilen. Diese Pflicht soll einerseits dem Unterrichtungsrecht der Aufsichtsbehörde nach § 121 GO<br />

<strong>NRW</strong> Rechnung tragen und andererseits die Aufsichtsbehörde darauf vorbereiten, dass ggf. eine aufsichtsrechtliche<br />

Entscheidung zu treffen ist, wenn die Gemeinde die durch die überörtliche Prüfung ausgesprochenen Beanstandungen<br />

nicht beseitigen kann oder will. Für diese Fälle bestehen besondere Bestimmungen.<br />

4.3 Zu Nummer 3 (Prüfungsinformationen an Fachaufsichtsbehörden):<br />

Nach der Vorschrift besteht für die Gemeindeprüfungsanstalt auch eine Informationspflicht gegenüber den<br />

Fachaufsichtsbehörden, wenn eine unmittelbare fachliche Betroffenheit wegen des Prüfungsergebnisses besteht.<br />

Diese Pflicht gilt auch im Rahmen der Prüfung von zweckgebundenen Staatszuweisungen (Bundes- und<br />

Landesmittel sowie Finanzmittel der Europäischen Union), die nach Nummer 1 in Absatz 3 der Vorschrift einen<br />

ausdrücklich benannten Prüfungsgegenstand für die überörtliche Prüfung darstellen. Solche Finanzmittel werden<br />

im Rahmen des staatlichen Zuwendungsrechts zweckbezogen der Gemeinde gewährt.<br />

5. Zu Absatz 5 (Verteilung des Prüfungsberichtes innerhalb der Gemeinde):<br />

5.1 Zu Satz 1 (Weitergabe des Prüfungsberichtes):<br />

5.1.1 Die Weitergabe an den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

Nach der Vorschrift hat der Bürgermeister den von der Gemeindeprüfungsanstalt erhaltenen Prüfungsbericht aus<br />

der in der Gemeinde durchgeführten überörtlichen Prüfung dem Rechnungsprüfungsausschuss zur Beratung<br />

vorzulegen. Dadurch wird der Aufgabe des Rechnungsprüfungsausschusses Rechnung getragen, denn er ist das<br />

zuständige Prüfungsorgan im Rahmen der örtlichen Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses sowie des<br />

GEMEINDEORDNUNG 1076


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

Gesamtabschlusses der Gemeinde und deshalb einer der wichtigsten Adressaten des Prüfungsberichtes der<br />

Gemeindeprüfungsanstalt <strong>NRW</strong> (vgl. § 57 i.V.m. § 59 sowie §§ 101 und 116 GO <strong>NRW</strong>).<br />

5.1.2 Die Weitergabe an Sonstige<br />

Die Vorschrift sieht zwar nur ausdrücklich vor, dass der Bürgermeister den Prüfungsbericht der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

<strong>NRW</strong> dem Rechnungsprüfungsausschuss zur Beratung vorzulegen hat. Diese Vorgabe schließt aber<br />

nicht die Weitergabe an andere Gremien der Gemeinde oder an weitere Beteiligte aus. Als weiterer Adressat<br />

könnte aber z. B. der Finanzausschuss nach § 57 i.V.m. § 59 GO <strong>NRW</strong> in Betracht kommen, denn dieser Ausschuss<br />

hat die gesetzliche Aufgabe, die Haushaltssatzung der Gemeinde vorzubereiten und die für die Ausführung<br />

des Haushaltsplans erforderlichen Entscheidungen zu treffen (vgl. § 59 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Dem Finanzausschuss kommt eine entscheidungsvorbereitende Tätigkeit für den Rat der Gemeinde in haushaltswirtschaftlichen<br />

Fragen und Sachverhalten zu. Nach dieser Aufgabenzuordnung ist es sachlogisch, den<br />

Finanzausschuss auch über die Ergebnisse der überörtlichen Prüfung zu unterrichten. In der Entscheidung des<br />

Rechnungsprüfungsausschusses liegt es, ggf. weitere Ausschüsse des Rates der Gemeinde über die Prüfungsergebnisse<br />

der überörtlichen Prüfung zu informieren. Dem Finanzausschuss ist bisher zwar nur die Vorbereitung<br />

die Haushaltssatzung der Gemeinde ausdrücklich zugeordnet. Unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse<br />

und des Stellenwertes des Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses könnte eine Beteiligung des Finanzausschusses<br />

im Einzelfall geboten sein.<br />

5.2 Zu Satz 2 (Unterrichtung des Rates):<br />

Nach der Vorschrift obliegt dem Rechnungsprüfungsausschuss als zuständiges Prüfungsorgan des Rates der<br />

Gemeinde die Pflicht, den Rat über den wesentlichen Inhalt des Prüfungsberichts der überörtlichen Prüfung<br />

sowie über das Ergebnis seiner Ausschussberatungen über den Prüfbericht zu unterrichten. Diese Vorgabe<br />

baut einerseits auf der gesetzlichen Zuständigkeit des Rechnungsprüfungsausschusses als Pflichtausschuss<br />

des Rates auf und andererseits auf den allgemeinen Informationspflichten im Rahmen seiner eigenen Ausschusstätigkeit<br />

gegenüber dem Rat auf (vgl. § 57 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Mit dieser Regelung wird den Informationsbedürfnissen des Rates der Gemeinde im Rahmen seiner Budgethoheit<br />

ausreichend Rechnung getragen. Um ihr zu genügen, soll der Rechnungsprüfungsausschuss durch eigene<br />

Beratungen zu einer Meinungsbildung über den Prüfbericht der überörtlichen Prüfung als Gremium kommen.<br />

Der Rat hat sich daher zu den möglicherweise im Prüfbericht enthaltenen Feststellungen und Hinweisen im<br />

Einzelnen eine Meinung zu bilden, so dass er gegenüber dem Rat der Gemeinde nicht nur über den wesentlichen<br />

Inhalt des Prüfberichtes berichten kann, sondern ggf. auch bereits Empfehlungen zum Umgang mit den<br />

Feststellungen der überörtlichen Prüfung geben kann.<br />

6. Zu Absatz 6 (Umgang mit Einwendungen der überörtlichen Prüfung):<br />

Der Prüfungsbericht der überörtlichen Prüfung über die Haushaltswirtschaft der Gemeinde kann Einwendungen<br />

oder Feststellungen und Hinweise oder Empfehlungen enthalten. Nach Erhalt eines Prüfungsberichtes, der<br />

Einwendungen enthält, hat die Gemeinde die gesetzliche Pflicht und das Recht, gegenüber der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

und ihrer Aufsichtsbehörde innerhalb einer dafür bestimmten Frist dazu eine Stellungnahme abzugeben.<br />

Die Gemeinde muss in ihrer Stellungnahme darlegen, ob und wie sie den Einwendungen abhilft und ihre<br />

Haushaltswirtschaft so führt, dass sie sich in der Zukunft im zulässigen haushaltsrechtlichen Rahmen bewegt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1077


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt kann, die Aufsichtsbehörde sollte der Gemeinde dazu eine bewertende Antwort<br />

geben. In den Fällen, in denen die Gemeinde den von der überörtlichen Prüfung vorgetragenen Einwendungen<br />

nicht nachkommen kann oder sie zu den im Prüfungsbericht angesprochenen Sachverhalten eine andere Auf-<br />

fassung als die Gemeindeprüfungsanstalt vertritt, muss sie diese Sachlage in ihrer Stellungnahme ausdrücklich<br />

und bezogen auf die jeweilige Einwendung darlegen.<br />

Für die Gemeindeprüfungsanstalt besteht damit die Möglichkeit, die von der Gemeinde vorgetragenen Argumente<br />

zu bewerten und ihre Auffassung hinsichtlich der angesprochenen Einwendungen zu überprüfen. Soweit<br />

die Gemeindeprüfungsanstalt weiterhin an ihrer Auffassung festhält, hat sie dieses der Gemeinde mitzuteilen<br />

und sollte gleichzeitig auch die Aufsichtsbehörde der Gemeinde darüber informieren. In solchen Fällen hat dann<br />

die Gemeinde ihre Aufsichtsbehörde um eine Entscheidung in der Sache zu bitten. Der aufsichtsrechtlichen<br />

Entscheidung soll dabei eine Beurteilung in der Sache vorausgehen, bei der die beanstandeten örtlichen Verhältnisse<br />

in sachlicher und zeitlicher Hinsicht, z. B. bezogen auf den Abschlussstichtag des Haushaltsjahres,<br />

objektiv betrachtet und auch hinsichtlich der haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen bewertet werden.<br />

Die von der Aufsichtsbehörde getroffene Entscheidung ist von der Gemeinde - auch bei gegenteiliger Auffassung<br />

- umzusetzen. Über die Entscheidung ist auch die Gemeindeprüfungsanstalt zu unterrichten. Durch diese<br />

Vorschrift soll eine Gleichbehandlung der Gemeinden beim Auftreten von Einwendungen im Rahmen der<br />

überörtlichen Prüfung gewährleistet werden. Das gesetzlich vorgesehene Verfahren über die Beseitigung der<br />

von der Gemeindeprüfungsanstalt ausgesprochenen Einwendungen dürfte sich grundsätzlich auf besondere<br />

Einzelfälle bei den Gemeinden beschränken.<br />

Bereits im Rahmen der Durchführung der überörtlichen Prüfung sollte daher von der Gemeinde versucht werden,<br />

vorhandene Differenzen über Sachverhalte der gemeindlichen Haushaltswirtschaft zwischen den Prüfern<br />

der Gemeindeprüfungsanstalt und der Gemeinde als Geprüfte auszuräumen, z. B. ggf. auch im Rahmen der<br />

vorgesehenen Schlussbesprechung. Der Prüfungsbericht der Gemeindeprüfungsanstalt würde dann nur noch<br />

wichtige Hinweise und Empfehlungen, aber keine tatsächlichen Einwendungen mehr enthalten, weil diese bereits<br />

im gegenseitigen Einvernehmen zwischen der Gemeinde und der Gemeindeprüfungsanstalt sowie ggf.<br />

unter Beteiligung der Aufsichtsbehörde der Gemeinde im Vorfeld ausgeräumt werden konnten.<br />

7. Zu Absatz 7 (Beratungsrecht der Gemeindeprüfungsanstalt):<br />

7.1 Zu Satz 1 (Beratung bei unterschiedlichen Fragestellungen):<br />

7.01 Allgemeine Grundlagen<br />

Das Gesetz über die Errichtung einer Gemeindeprüfungsanstalt hat dieser auch die Möglichkeit der Beratung von<br />

Körperschaften, Anstalten, Stiftungen und Verbände und Einrichtungen des öffentlichen Rechts eingeräumt, zu<br />

denen auch die Gemeinden zu zählen sind. Eine solche Beratung baut nicht auf einer gesetzlichen Verpflichtung<br />

auf, sondern setzt bei den betreffenden Institutionen einen Bedarf und eine Entscheidung voraus, dass die Gemeindeprüfungsanstalt<br />

als geeignete Stelle diese Aufgabe wahrnehmen soll.<br />

Diese Beratung muss von der jeweiligen Institution auf freiwilliger Basis beauftragt werden. Um diese Aufgabenstellung<br />

der Gemeindeprüfungsanstalt transparent zu machen und klarstellend von der gesetzlichen überörtlichen<br />

Prüfung abzugrenzen, enthält diese Vorschrift die Vorgabe, dass eine Beratung durch die Gemeindeprüfungsanstalt<br />

eines vorherigen Antrags der betreffenden Institution bedarf. Außerdem werden in der Vorschrift zwei Beratungsfelder<br />

besonders herausgestellt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1078


7.1.1 Zu Nummer 1 (Beratung in Verwaltungsfragen):<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Vorschrift lässt eine Beratung der Gemeindeprüfungsanstalt in Fragen der Organisation und Wirtschaftlichkeit<br />

der öffentlichen Verwaltung bei den genannten Institutionen zu. Diese Beratung kann sich über die gesamten<br />

Möglichkeiten der öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeit erstrecken soweit dabei die Fragen der Organisation<br />

und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung im Mittelpunkt der Beratung stehen. Dabei sollen auch Erkenntnisse aus<br />

der überörtlichen Prüfung der Gemeindeprüfungsanstalt in die Beratung einfließen, um anhand fundierter Kenntnisse<br />

und praktischer Erfahrungen die notwendigen Beratungsleistungen erbringen zu können.<br />

7.1.2 Zu Nummer 2 (Beratung in bautechnischen Fragen):<br />

Die Beratung der Gemeindeprüfungsanstalt kann bei den genannten Institutionen sich auch auf bautechnische<br />

Fragen erstrecken sowie auf Fragen, die mit der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung von baulichen Maßnahmen<br />

zusammenhängen. Diese Fachkenntnisse, die bei manchen Gemeinden oftmals nur anlassbezogen<br />

benötigt werden, können daher im Einzelfall bei der Gemeindeprüfungsanstalt abgerufen werden. Die Gemeinde<br />

erspart sich dabei das Vorhalten einer Vielzahl von besonderen baufachlichen Kenntnissen und Unterlagen.<br />

7.2 Zu Satz 2 (Beratung von im öffentlichen Interesse tätigen juristischen Personen):<br />

Die Vorschrift lässt auch eine Beratung durch die Gemeindeprüfungsanstalt bei sonstigen im öffentlichen Interesse<br />

tätigen juristischen Personen zu. Sie erweitert dadurch den möglichen Kreis von Institutionen und Stellen, die<br />

auf freiwilliger Basis besondere Leistungen der Gemeindeprüfungsanstalt in Anspruch nehmen können. Eine<br />

Beratung kann dabei von der Gemeindeprüfungsanstalt nur durchgeführt werden, wenn dieses zuvor von der<br />

juristischen Person beantragt wurde.<br />

Die Gemeindeprüfungsanstalt kann außerdem die juristische Person sowohl in Verwaltungsfragen als auch in<br />

bautechnischen Fragen beraten, auch wenn in der Gemeindeordnung - anders als im Gesetz über die Gemeindeprüfungsanstalt<br />

der Satz 2 technisch an die eingerückte Nummer 2 des Satzes 1 angefügt worden ist. Es ist in<br />

diesen Fall sachgerecht, die Vorschrift des Satzes 2 nach ihrer Fassung im Gesetz über die Gemeindeprüfungsanstalt,<br />

also auf die Nummern 1 und 2 des Satzes 1 anzuwenden und nicht nur auf die Nummer 2 dieses Satzes.<br />

8. Zu Absatz 8 (Sicherung der Unabhängigkeit der Prüfer):<br />

8.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Nach der Vorschrift dürfen Prüfer der Gemeindeprüfungsanstalt, die bei einer Gemeinde an Prüfungen nach § 92<br />

Absatz 5 oder nach § 103 Absatz 1 Nummern 1 und 3 GO <strong>NRW</strong> mitgewirkt haben, nicht an Prüfungstätigkeiten<br />

der überörtlichen Prüfung der Gemeinde mitwirken. Um die Unabhängigkeit der Prüfer bei der überörtlichen Prüfung<br />

zu erhalten, ist deshalb ein Mitwirkungsverbot für die Prüfer an einer überörtlichen Prüfung der Gemeinde, in<br />

die der gemeindliche Jahresabschluss und/oder der gemeindliche Gesamtabschluss einbezogen wird, gesetzlich<br />

verankert worden. Die Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses der Gemeinde<br />

obliegt dem Rechnungsprüfungsausschuss des Rates der Gemeinde, der sich dabei der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

bedient (vgl. §§ 101 und 103 GO <strong>NRW</strong>). Der Jahresabschluss und der Gesamtabschluss sind dabei nicht<br />

selbstständige Gegenstände der überörtlichen Prüfung.<br />

Durch ein Selbstprüfungsverbot soll gewährleistet und sichergestellt werden, dass die Prüfer der Gemeindeprüfungsanstalt,<br />

die bereits als Dritte an örtlichen Prüfungen dieser Gemeinde mitgewirkt haben, nicht als Prüfer bei<br />

der überörtlichen Prüfung derselben Gemeinde eingesetzt werden. Diese Vorschrift verweist nicht ausdrücklich<br />

GEMEINDEORDNUNG 1079


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

auf die Vorschrift des § 103 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong>. Gleichwohl sollten die Ausschlussgründe für Prüfer auch bei<br />

einer überörtlichen Prüfung der Gemeinde Anwendung finden. Daher sollen auch die Prüfer nicht an einer<br />

überörtlichen Prüfung der Gemeinde mitwirken, wenn sie z. B. Mitglied des Rates der Gemeinde, Angehöriger<br />

des Bürgermeisters oder des Kämmerers oder des Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung oder seines<br />

Stellvertreters sind.<br />

Die Unabhängigkeit der Prüfer der überörtlichen Prüfung muss aber auch hinsichtlich der zulässigen Beratungstätigkeiten<br />

der Gemeindeprüfungsanstalt gewährleistet werden. Die Gemeindeprüfungsanstalt soll Körperschaften<br />

und Anstalten sowie sonstige Organisationseinheiten des öffentlichen Rechts hinsichtlich verwaltungstechnischer<br />

sowie in bautechnischen Fragen beraten (vgl. § 2 Absatz 4 GPAG <strong>NRW</strong>). Diese Aufgaben dürfen grundsätzlich<br />

auch durch die Beschäftigten erledigt werden, die als Prüfer tätig sind. Es muss jedoch durch qualitätssichernde<br />

Strukturen gewährleistet sein, dass die Unabhängigkeit der Prüfer nicht beeinträchtigt wird und eine Einflussnahme<br />

der zu Beratenden auf die überörtliche Prüfung ausgeschlossen wird, um eine objektive und effektive überörtliche<br />

Prüfung gewährleisten zu können. Das Vorliegen derartiger maßgebender Kriterien für die Prüfungstätigkeit<br />

soll immer aus Sicht eines sachkundigen Dritten beurteilt werden.<br />

8.2 Betroffene Prüfungsaufgaben<br />

8.2.1 Der Verweis auf § 92 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong><br />

Nach der Vorschrift hat der Rechnungsprüfungsausschuss des Rates der Gemeinde die Eröffnungsbilanz vor<br />

ihrer Feststellung zu prüfen. Er hat die Inventur, das Inventar und die Übersicht über örtlich festgelegte Restnutzungsdauern<br />

der Vermögensgegenstände in seine Prüfung einzubeziehen und über Art und Umfang der Prüfung<br />

sowie über das Ergebnis der Prüfung ist ein Prüfungsbericht zu erstellen. Der Umfang und der Inhalt der Prüfung<br />

der Eröffnungsbilanz erstrecken sich grundsätzlich auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Daher sind<br />

die Eröffnungsbilanz und der Anhang dahingehend zu prüfen, ob sie unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und der Schuldenlage<br />

der Gemeinde zu vermitteln.<br />

Die örtliche Prüfung der gemeindlichen Eröffnungsbilanz hat eine Kontrollfunktion, eine Informationsfunktion und<br />

eine Beglaubigungsfunktion. Sie findet ihre Fortsetzung in der Prüfung der jährlichen Bilanz, die Bestandteil des<br />

Jahresabschlusses der Gemeinde ist. Dieser örtlichen Prüfung folgt dann noch die überörtliche Prüfung der gemeindlichen<br />

Eröffnungsbilanz nach § 92 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong> durch Prüfer der Gemeindeprüfungsanstalt. Durch<br />

den Verweis in der Vorschrift soll daher ein Selbstprüfungsverbot bei den Prüfern der Gemeindeprüfungsanstalt<br />

sichergestellt werden.<br />

8.2.2 Der Verweis auf § 103 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong><br />

8.2.2.1 Der Verweis auf Nummer 1<br />

Die Prüfung des Jahresabschlusses ist nach der Vorschrift eine Pflichtaufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung<br />

und Voraussetzung für die Feststellung des Jahresabschlusses durch den Rat sowie für die Entlastung des Bürgermeisters<br />

(vgl. § 96 GO <strong>NRW</strong>). Der Inhalt und die Durchführung der Prüfung sowie die Zuständigkeit für die<br />

Durchführung der Prüfung, aber auch die Behandlung des Prüfungsergebnisses sind gesondert in § 101 GO<br />

<strong>NRW</strong> „Prüfung des Jahresabschlusses, Bestätigungsvermerk“ geregelt. Der Jahresabschluss der Gemeinde ist<br />

danach vom Rechnungsprüfungsausschuss dahingehend zu prüfen, ob er ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde unter Beachtung der<br />

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt. Die Prüfung des Jahresabschlusses erstreckt sich darauf, ob<br />

GEMEINDEORDNUNG 1080


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 105 GO <strong>NRW</strong><br />

die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen<br />

beachtet worden sind.<br />

Es ist aber auch das Ergebnis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr zu<br />

prüfen, denn die Gemeinde hat zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres einen Jahresabschluss aufzustellen, in<br />

dem das Ergebnis der Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres nachzuweisen ist (vgl. § 95 Absatz 1 Satz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>). In die Prüfung sind die Buchführung, die Inventur, das Inventar und die Übersicht über örtlich festgelegte<br />

Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände einzubeziehen. Der Lagebericht ist darauf zu prüfen, ob er mit dem<br />

Jahresabschluss in Einklang steht und ob seine sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde erwecken.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat über Art und Umfang der Prüfung sowie über das Ergebnis der Prüfung<br />

einen Prüfungsbericht zu erstellen. Der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung ist in den<br />

Prüfungsbericht aufzunehmen. In die vorzunehmende Prüfung sind alle Bestandteile des Jahresabschlusses der<br />

Gemeinde sowie die dazugehörigen Anlagen einzubeziehen. Die für den Rechnungsprüfungsausschuss tätigen<br />

Abschlussprüfer haben sich deshalb einen Überblick über die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der<br />

Gemeinde zu verschaffen.<br />

Aus der abschließenden Einschätzung ist dann das durchzuführende Prüfungsprogramm zu entwickeln. Die örtliche<br />

Prüfung des gemeindlichen Jahresabschlusses als jährlich durchzuführende Abschlussprüfung hat zudem<br />

eine Kontroll-, Informations- und Beglaubigungsfunktion (vgl. § 322 HGB). Ihr folgt dann noch die überörtliche<br />

Prüfung durch Prüfer der Gemeindeprüfungsanstalt. Durch den Verweis in der Vorschrift soll daher ein Selbstprüfungsverbot<br />

von Prüfern sichergestellt werden.<br />

8.2.2.2 Der Verweis auf Nummer 3<br />

Die Prüfung des Gesamtabschlusses ist Pflichtaufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung und Voraussetzung für<br />

die Bestätigung des Gesamtabschlusses durch den Rat sowie für die Entlastung des Bürgermeisters (vgl. § 116<br />

i.V.m. § 96 GO <strong>NRW</strong>). Der Inhalt und die Durchführung der Prüfung sind in § 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong> geregelt.<br />

Der Gesamtabschluss der Gemeinde ist danach vom Rechnungsprüfungsausschuss dahingehend zu prüfen, ob<br />

er ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt. Die Prüfung des<br />

Gesamtabschlusses erstreckt sich darauf, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen<br />

und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind.<br />

Der Gesamtlagebericht ist auch darauf zu prüfen, ob er mit dem Gesamtabschluss in Einklang steht und ob seine<br />

sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde erwecken. In die vorzunehmende Prüfung sind alle Bestandteile des Gesamtabschlusses der<br />

Gemeinde sowie die dazugehörigen Anlagen einzubeziehen. Der Abschlussprüfer hat sich deshalb einen Überblick<br />

über die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde zu verschaffen. Aus der abschließenden<br />

Einschätzung ist dann das durchzuführende Prüfungsprogramm zu entwickeln. Die örtliche Prüfung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses als jährlich durchzuführende Abschlussprüfung hat zudem eine Kontrollfunktion,<br />

eine Informationsfunktion und eine Beglaubigungsfunktion. Durch den Verweis in der Vorschrift soll ein Selbstprüfungsverbot<br />

von Prüfern sichergestellt werden.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 1081


1. Die Inhalte und Ziele des Gesamtabschlusses<br />

1.1 Die Zwecke des Gesamtabschlusses<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

12. Teil<br />

Gesamtabschluss<br />

Mit den haushaltsrechtlichen Vorschriften im 12. Teil der Gemeindeordnung sind wichtige Ziele aus der Reform<br />

des gemeindlichen Haushaltsrechts umgesetzt worden. Die Gemeinde ist nun jährlich zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses<br />

verpflichtet, um einen Gesamtüberblick über ihre Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

zu erhalten und fortzuschreiben. Sie wird dabei wie eine einzige wirtschaftliche Einheit betrachtet und<br />

muss deshalb auch ihre vielfältigen eigenständigen Organisationsformen berücksichtigen, die als Betriebe neben<br />

der gemeindlichen Verwaltung zur Aufgabenerfüllung der Gemeinde beitragen. Nur deren vollständige Einbeziehung<br />

in den gemeindlichen Gesamtabschluss ermöglicht und sichert eine zutreffende Darstellung der wirtschaftlichen<br />

Gesamtlage der Gemeinde.<br />

Der Gesamtabschluss dient deshalb auch dazu, negativen Folgen auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft, die<br />

sich aus der Verschiebung von gemeindlichen Aufgaben in die Betriebe der Gemeinde ergeben, entgegen zu<br />

wirken. Das nachfolgende angepasste Schaubild (Quelle: NKF-Dokumentation 2003 S. 477) verdeutlicht die<br />

Zusammenfassung der öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Betriebe der Gemeinde mit der gemeindlichen<br />

Verwaltung, um eine einzige wirtschaftliche Einheit zu bilden, die vielfach auch als „Konzern Kommune“ bezeichnet<br />

wird (vgl. Abbildung).<br />

Kernverwaltung<br />

“Konzern Kommune”<br />

Privatrechtliche<br />

Betriebe<br />

Kapitalgesellschaften<br />

Rechtlich selbst- ,<br />

ständige Stiftungen<br />

GEMEINDEORDNUNG 1082<br />

Selbstständige “Kommunale Betriebe”<br />

Anstalten des<br />

öffentlichen Rechts<br />

Abbildung 211 „Der kommunale Konzern“<br />

Öffentlich-rechtliche Betriebe<br />

Eigenbetriebe und<br />

eigenbetriebsähnliche<br />

Einrichtungen<br />

Zweckverbände<br />

Die Gemeinde hat deshalb ihren Gesamtabschluss aus dem Einzelabschluss der gemeindlichen Verwaltung und<br />

den Einzelabschlüssen der gemeindlichen Betriebe aufzustellen (vgl. § 116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Als gemeindlicher<br />

Betrieb gilt dabei eine organisatorisch selbstständige Wirtschaftseinheit der Gemeinde, die kaufmännische<br />

oder wirtschaftliche Interessen verfolgt, und zwar unabhängig von ihrer öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen<br />

Rechtsform. Sie kann im eigenen Namen ihre Geschäfte führen, Verträge abschließen und Dienstleistungen<br />

erbringen und wird von der Gemeinde als Muttereinheit oftmals in vollem Umfang kontrolliert. In den haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften werden die gemeindlichen Betriebe auch als verselbstständigte Aufgabenbereiche bezeichnet<br />

(vgl. § 116 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Durch die Zusammenfassung dieser Jahresabschlüsse sollen vorhandene Informationsmängel im gemeindlichen<br />

Bereich in Bezug auf die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde behoben werden. Die gewählte Bezeichnung


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

„Gesamtabschluss“ beinhaltet dabei insbesondere den Einheitsgedanken, der der Zusammenfassung und dem<br />

Ziel der Darstellung der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde zugrunde liegt. Der Gesamtabschluss setzt<br />

dabei keine rechtsförmliche Zusammenfassung der gemeindlichen Betriebe mit der Verwaltung der Gemeinde<br />

voraus. Er gibt aber das Ergebnis der Gemeinde als einer fiktiven wirtschaftlichen Gesamtheit bzw. einer einzigen<br />

wirtschaftlichen Einheit unter Berücksichtigung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung wieder. Die gemeindlichen<br />

Betriebe werden dadurch nicht in ihrer selbstständigen Tätigkeit eingeschränkt und verlieren auch nicht ihre<br />

Rechtsform.<br />

Diese Gegebenheiten bringen es mit sich, dass bei der Vollkonsolidierung im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses die unterschiedlichsten Leistungsbeziehungen zwischen der gemeindlichen<br />

Verwaltung und den Betrieben der Gemeinde sowie zwischen den Betrieben zu eliminieren sind (vgl. § 50<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> i.V.m. §§ 303 und 305 HGB). Diese Sachlage kann dabei auch ein Anlass für eine Prüfung durch<br />

die Gemeinde sein, ob zur besseren Aufgabenerfüllung eine konzeptionelle Neuordnung der gemeindlichen Beteiligungen<br />

sachlich sinnvoll ist. Die Beurteilung und die Entscheidung darüber sowie die mögliche Umsetzung<br />

obliegen dabei der Gemeinde in eigener Verantwortung.<br />

Die Vorschriften über die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses sind in Anlehnung an die handelsrechtlichen<br />

Vorschriften über den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht sowie unter Berücksichtigung<br />

internationaler Standards erarbeitet worden (vgl. §§ 290 ff. HGB). Die handelsrechtlichen Vorschriften finden<br />

daher z.T. durch entsprechende Verweise eine unmittelbare Anwendung durch die Gemeinde. Die betreffenden<br />

Regelungen und die daraus abzuleitende Vorgehensweise wurde für die Gemeinde im Sinne der haushaltsrechtlichen<br />

Ziele und Zwecke als sachgerecht und geboten angesehen. Zu solchen Vorschriften gehören insbesondere<br />

die Bestimmungen im Handelsgesetzbuch über die Vollkonsolidierung (vgl. §§ 301, 303 bis 305, 307 bis 309<br />

HGB) und die Anwendung der Equity-Methode (vgl. §§ 311 und 312 HGB).<br />

Es bedurfte dabei aber keines ausdrücklichen Verweises auf weitere HGB-Vorschriften, denn z. B. sind die Pflicht<br />

zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses oder das gemeindliche Mutter-/Tochterverhältnis ausdrücklich haushaltsrechtlich<br />

bestimmt worden (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>). Die für den gemeindlichen Gesamtabschluss erlassenen<br />

Vorschriften enthalten dabei jedoch keine Regelungen, aufgrund derer ein gemeindlicher Betrieb allein wegen<br />

seiner Geschäftstätigkeit oder seiner Größe aus dem örtlichen Konsolidierungskreis der Gemeinde ausgeschlossen<br />

ist oder ausgeschlossen werden kann.<br />

1.2 Der Begriff „Gesamtabschluss“<br />

Die Zielsetzung und der Zweck, einen Gesamtüberblick über die Vermögens-, Schulden-, Finanz- und Ertragslage<br />

der Gemeinde zu gewinnen (wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde), erforderte, diesem gesonderten gemeindlichen<br />

Abschluss als Informationsinstrument eine zutreffende Bezeichnung zu geben. Die Übernahme wichtiger<br />

Konsolidierungsvorschriften aus dem Regelungsbereich „Konzernabschluss“ des Referenzmodells HGB<br />

hätte auch die Übernahme der Bezeichnung „Konzernabschluss“ ermöglicht. Die gemeindlichen Besonderheiten<br />

erforderten jedoch einerseits eine Abgrenzung von dem privatrechtlich geprägten handelsrechtlichen Begriff und<br />

andererseits einen Zusammenhang mit dem Ziel der Darstellung der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde.<br />

Der Begriff „Konzernabschluss“ wurde deshalb nicht übernommen.<br />

Für den „zusammengeführten“ Abschluss der Gemeinde als eine einzige wirtschaftliche Einheit aus gemeindlicher<br />

Verwaltung und den Betrieben der Gemeinde ist daher die Bezeichnung „Gesamtabschluss“ festgelegt worden.<br />

Diese Bezeichnung soll einerseits verdeutlichen, dass eine Zusammenfassung aus den jahresbezogenen<br />

Ergebnissen der gemeindlichen Verwaltung und der Betriebe der Gemeinde erfolgt, um die wirtschaftliche Gesamtlage<br />

der Gemeinde darzustellen. Andererseits soll der gewählte Begriff sachgerecht auch den Zielen und<br />

Zwecken eines solchen Abschlusses nach Ablauf eines Geschäftsjahres bzw. eines Haushaltsjahres ausreichend<br />

gerecht werden. Dabei soll sichergestellt werden, dass durch den Gesamtabschluss insgesamt ein „wirtschaftli-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1083


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

ches Gesamtergebnis“ der Gemeinde dargestellt wird. Durch den gewählten Begriff lassen sich aber auch die<br />

Besonderheiten bei der Gemeinde berücksichtigen, die gegenüber dem privatrechtlichen Bereich bestehen und<br />

aufgezeigt werden müssen.<br />

1.3 Die Anwendung der Einheitsgrundsätze<br />

1.3.1 Der Grundsatz „Fiktion der wirtschaftlichen Einheit“<br />

Die gesetzliche Festlegung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses soll zu einem Gesamtüberblick über die<br />

Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde unter Berücksichtigung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

führen. Der Gesamtabschluss soll daher auch ein haushaltswirtschaftlich zutreffendes Ergebnis<br />

der gesamten jahresbezogenen Tätigkeit (Aufgabenerfüllung) der Gemeinde darstellen. Diese Vorgaben beinhalten,<br />

dass dem gemeindlichen Gesamtabschluss die „Fiktion der wirtschaftlichen Einheit“, gebildet aus gemeindlicher<br />

Verwaltung und den gemeindlichen Betrieben, zugrunde gelegt wird. Eine faktische wirtschaftliche Einheit<br />

liegt dabei nicht vor und kann auch nicht angenommen werden, denn die Betriebe der Gemeinde führen die gemeindlichen<br />

Aufgaben selbstständig durch. Sie können aber wirtschaftlich betrachtet wie ein Fachbereich oder<br />

eine Abteilung der gemeindlichen Verwaltung angesehen werden.<br />

Eine solche Sichtweise erleichtert die Anwendung der Einheitstheorie in Form der „Fiktion der wirtschaftlichen<br />

Einheit“ durch die Gemeinde beim gemeindlichen Gesamtabschluss. Um eine „wirtschaftliche Einheit“ zwischen<br />

den Betrieben der Gemeinde und der gemeindlichen Verwaltung tatsächlich zu schaffen, genügt es aber nicht,<br />

den Jahresabschluss der Verwaltung mit den Jahresabschlüssen der einzelnen Betriebe lediglich zusammenzurechnen.<br />

Vielmehr sind wegen der Verflechtungen der gemeindlichen Verwaltung mit den Betrieben der Gemeinde<br />

sowie zwischen den Betrieben besondere Konsolidierungsarbeiten erforderlich.<br />

Durch den gemeindlichen Gesamtabschluss kann daher, vergleichbar dem Jahresabschluss der gemeindlichen<br />

Verwaltung, ein haushaltswirtschaftliches Ergebnis für die gesamte Geschäftstätigkeit der Gemeinde ermittelt<br />

sowie die daraus entstehende Vermögens- und Schuldengesamtlage dargestellt werden. Es bedarf dazu aber<br />

grundsätzlich einer einheitlichen Anwendung von Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisregeln sowie der Abgrenzung<br />

und Eliminierung „interner“ Beziehungen im Sinne des Gesamtabschlusses. Der gemeindliche Gesamtabschluss<br />

macht dabei aber die Jahresabschlüsse der gemeindlichen Verwaltung und der gemeindlichen Betriebe<br />

nicht überflüssig, sondern baut vielmehr unmittelbar darauf auf.<br />

1.3.2 Der Verzicht auf den Grundsatz „Fiktion der rechtlichen Einheit“<br />

Durch die Konsolidierung der Jahresabschlüsse der gemeindlichen Verwaltung und der Betriebe der Gemeinde<br />

wird bei der Gemeinde dem Grundsatz der Einheit vollständig Rechnung getragen. Dazu bestehen in zulässiger<br />

Weise auch vielfach rechtliche „Unternehmensverbindungen“ im gemeindlichen Bereich (vgl. §§ 107 ff. GO<br />

<strong>NRW</strong>). Die „Fiktion der rechtlichen Einheit“ dürfte aber durch die tatsächlichen Verhältnisse bei der Gemeinde, bei<br />

der nebeneinander öffentliches und privates Recht durch die Betriebe und die Verwaltung anzuwenden ist, nur<br />

eingeschränkt möglich bzw. nicht vollständig umsetzbar sein. Gleichwohl wirkt sich die „Fiktion der rechtlichen<br />

Einheit“ beim gemeindlichen Gesamtabschluss mindestens mittelbar aus.<br />

Die Auswirkungen zeigen sich insbesondere dann, wenn im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses die<br />

„konzerninternen“ Beziehungen im gemeindlichen Beteiligungsportfolio, z. B. aus Lieferungen und Leistungen<br />

zwischen den Betrieben und der gemeindlichen Verwaltung, zu eliminieren sind. In den Fällen, in denen der<br />

Grundsatz der „Fiktion der rechtlichen Einheit“ in vollem Umfang auch beim gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

Anwendung fände, wäre ein sehr strenger Maßstab bei der Umsetzung der „Einheitlichkeit“ nach den Anforderungen<br />

des gemeindlichen Jahresabschlusses anzulegen. Diese Sachlage würde sich dann auch auf den Umgang<br />

GEMEINDEORDNUNG 1084


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

mit den Ansatz-, Bewertungs- und Ausweissachverhalten bei der gemeindlichen Verwaltung und den gemeindlichen<br />

Betrieben auswirken. Der Verzicht auf die Anwendung des Grundsatzes der „Fiktion der rechtlichen Einheit“<br />

dürfte daher die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses erleichtern.<br />

2. Das Mutter-Tochter-Verhältnis im gemeindlichen Bereich<br />

2.1 Die Verwaltung als öffentlich-rechtliche „Muttereinheit“<br />

Im Gesamtabschluss der Gemeinde soll die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der in den Gesamtabschluss<br />

einbezogenen gemeindlichen Betriebe und der Verwaltung der Gemeinde insgesamt so dargestellt<br />

werden, als ob es sich bei der Gemeinde um eine einzige wirtschaftliche Einheit handeln würde. Dieser<br />

Grundsatz erfordert einerseits, den gemeindlichen Gesamtabschluss aus Sicht der Muttereinheit „gemeindliche<br />

Verwaltung“ aufzustellen, sodass die Tochtereinheiten die gemeindlichen Betriebe als organisatorisch selbstständige<br />

Aufgabenbereiche anzusehen sind.<br />

Die organisatorischen Gegebenheiten der Gemeinde bei ihrer Aufgabenerfüllung prägen in einem erheblichen<br />

Maße das Vorliegen eines Mutter-Tochter-Verhältnisses. Der gemeindliche Konsolidierungskreis kann aber<br />

dadurch abgegrenzt werden, um die voll zu konsolidierenden Betriebe zu bestimmen (vgl. § 116 Absatz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Im Sinne des gemeindlichen Gesamtabschlusses wird deshalb jede wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche<br />

Betätigung der Gemeinde außerhalb ihrer Verwaltung als „Betrieb“ bezeichnet. Die Bezeichnung erfolgt unabhängig<br />

davon, ob die Betätigung der Gemeinde in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form erfolgt.<br />

Unter Beachtung der konzeptionellen Vorschriften im 11. Teil der Gemeindeordnung „Wirtschaftliche Betätigung<br />

und nicht wirtschaftliche Betätigung“ (vgl. §§ 107 bis 115 GO <strong>NRW</strong>) und der Vorschrift des § 116 GO <strong>NRW</strong> stellt<br />

die Verwaltung der Gemeinde aus haushaltsrechtlicher Sicht die „Muttereinheit“ im Sinne des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses dar. Der Verwaltung werden besondere Kontrollfunktionen sowie Informations- und Mitwirkungsrechte<br />

gegenüber den gemeindlichen Betrieben als Tochtereinheiten zugestanden. Es kommt dabei nicht<br />

darauf an, ob bestimmte Rechte dem Rat der Gemeinde vorbehalten sind (vgl. § 41 GO <strong>NRW</strong>). Der gemeindlichen<br />

Verwaltung obliegt daher die Pflicht, jährlich einen gemeindlichen Gesamtabschluss unter Einbeziehung<br />

ihrer Tochtereinheiten in Form öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Betriebe aufzustellen.<br />

Die Betriebe der Gemeinde werden als gemeindliche Tochtereinheiten betrachtet, sofern jeweils die dafür einschlägigen<br />

Voraussetzungen im Sinne des gemeindlichen Gesamtabschlusses vorliegen. Sie werden dabei fiktiv<br />

so gestellt, als würden sie zu einem Teil der gemeindlichen Verwaltung, sodass insgesamt gesehen eine neue<br />

„Gesamtverwaltung“ entsteht. Ein Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen der Gemeinde und ihren Betrieben besteht<br />

im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses jedoch nicht nur mit den Betrieben in privatrechtlicher Form,<br />

sondern auch mit den Betrieben in öffentlich-rechtlicher Form. Durch diese Verbindungen können unmittelbare<br />

und mittelbare Beziehungen und Verknüpfungen zwischen der Gemeinde und ihren Betrieben sowie zwischen<br />

den gemeindlichen Betrieben bestehen. In diesem Zusammenhang soll deshalb haushaltsrechtlich zwischen<br />

verbundenen Unternehmen, Beteiligungen und Sondervermögen unterschieden werden.<br />

2.2 Die verbundenen Unternehmen als gemeindliche Tochtereinheiten<br />

Als gemeindliche Tochtereinheiten werden insbesondere Betriebe der Gemeinde eingestuft, die in der gemeindlichen<br />

Bilanz unter dem Bilanzposten „Anteile an verbundenen Unternehmen“ gesondert anzusetzen und im gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss voll zu konsolidieren sind. Diese Gegebenheiten liegen regelmäßig bei gemeindlichen<br />

Betrieben des privaten Rechts vor, wenn diese unter der einheitlichen Leitung der Gemeinde stehen bzw.<br />

die Gemeinde auf den Betrieb einen beherrschenden Einfluss ausübt (vgl. § 15 ff. AktG sowie § 290 HGB).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1085


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Ein solcher Einfluss der Gemeinde auf einen Betrieb ist i.d.R. anzunehmen, wenn eine Beteiligung an dem Betrieb<br />

von mehr als 50 % vorliegt oder andere Gründe, z. B. ein Beherrschungsvertrag, für einen solchen Einfluss<br />

bei einem gemeindlichen Betrieb sprechen. Die Eigengesellschaften der Gemeinde, die dadurch gekennzeichnet<br />

sind, dass die Gemeinde alleinige Gesellschafterin des Unternehmens ist (Beteiligungsquote von 100 v.H.), sind<br />

regelmäßig als verbundene Unternehmen einzuordnen.<br />

In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass ein gemeindlicher Betrieb in der Form des privaten<br />

Rechts als Tochtereinheit der Gemeinde keine Prüfungsbefreiung für seinen eigenen Jahresabschluss in Anspruch<br />

nehmen kann (vgl. § 264 Absatz 3 HGB). Die Gemeinde kann zudem bei zu klärenden Fragestellungen im<br />

Rahmen ihres Gesamtabschlusses den Sachverhalt auch danach prüfen: „Wie würde gehandelt bzw. entschieden,<br />

wenn der jeweilige gemeindliche Betrieb tatsächlich ein Teil der gemeindlichen Verwaltung wäre“.<br />

2.3 Die Beteiligungen als gemeindliche Tochtereinheiten<br />

Als gemeindliche Tochtereinheiten werden auch die Betriebe der Gemeinde eingestuft, die in der gemeindlichen<br />

Bilanz unter dem Bilanzposten „Beteiligungen“ gesondert anzusetzen sind. Als „Beteiligungen“ sind dabei alle<br />

Anteile der Gemeinde, d.h. die mitgliedschaftlichen Vermögens- und Verwaltungsrechte an gemeindlichen Betrieben<br />

einzuordnen, die in der Absicht gehalten werden, eine dauernde Verbindung zu diesen Betrieben herzustellen.<br />

Eine Beteiligung der Gemeinde liegt i.d.R. vor, wenn sie an einem Unternehmen mit mehr als 20 v.H. beteiligt<br />

ist (vgl. § 271 Absatz 1 HGB). Als Beteiligungen kommen dabei in Betracht, die Anteile an Kapitalgesellschaften<br />

(dies betrifft auch gemeinnützige Gesellschaften) und die Anteile an sonstigen juristischen Personen.<br />

Ein Ansatz in der gemeindlichen Bilanz setzt dabei voraus, dass die Verbindung zum betreffenden Betrieb dem<br />

gemeindlichen Geschäftsbetrieb dient und einen Beitrag zur Aufgabenerfüllung der Gemeinde leistet oder leisten<br />

kann. Eine Trennung der Beteiligungen in Unternehmen und Einrichtungen nach den Vorgaben der Vorschrift des<br />

§ 107 GO <strong>NRW</strong> (Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung) und der Vorschrift des § 108 GO <strong>NRW</strong> (Unternehmen<br />

und Einrichtungen des privaten Rechts) ist hier nicht relevant. Bei gemeindlichen Betrieben in der Rechtsform des<br />

privaten Rechts ist der Unternehmensbegriff im handelsrechtlichen Sinne anzuwenden. Es ist dabei unerheblich,<br />

ob bei der Gemeinde die Anteile an diesen Betrieben in Wertpapieren verbrieft sind oder nicht.<br />

2.4 Die Sondervermögen als gemeindliche Tochtereinheiten<br />

Als gemeindliche Tochtereinheiten werden auch die organisatorisch selbstständigen Betriebe der Gemeinde in<br />

öffentlich-rechtlicher Form eingestuft, die in der gemeindlichen Bilanz unter dem Bilanzposten „Sondervermögen“<br />

gesondert anzusetzen sind. Solche Tochtereinheiten sind gesondert in der gemeindlichen Bilanz anzusetzen,<br />

wenn sie eine abgesonderte Haushalts- und Wirtschaftsführung mit einem eigenen Rechnungswesen und Jahresabschluss<br />

haben (vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong>). Sofern diese Gegebenheiten vorliegen, werden<br />

diese Einheiten haushaltsmäßig den rechtlich selbstständigen Betrieben der Gemeinde gleichgestellt. Diese<br />

haushaltswirtschaftliche Festlegung wirkt sich auch auf den gemeindlichen Gesamtabschluss aus.<br />

Zum Sondervermögen der Gemeinde, das in den gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogen werden muss,<br />

gehören als gemeindliche Betriebe daher die wirtschaftlichen Unternehmen (vgl. § 114 GO <strong>NRW</strong>) und die organisatorisch<br />

verselbstständigten Einrichtungen (vgl. § 107 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) ohne eigene Rechtspersönlichkeit<br />

(vgl. § 97 Absatz 1 Nummer 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen sind wichtige<br />

Organisationsgebilde der Gemeinde, die wirtschaftlich und verwaltungsmäßig selbstständig sind (vgl. Eigenbetriebsverordnung<br />

(EigVO <strong>NRW</strong>). Für solche Betriebe werden Sonderrechnungen und die Aufstellung eigener<br />

Jahresabschlüsse verlangt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1086


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die rechtlich unselbstständigen Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen der Gemeinde können auch in den<br />

Gesamtabschluss einzubeziehende Sondervermögen der Gemeinde darstellen, z. B. eigene Zusatzversorgungskassen<br />

oder Eigenunfallversicherungen der Gemeinde. Diese Sachlage ist gegeben, sofern diese Einheiten von<br />

der Gemeinde als organisatorisch selbstständige Betriebe geführt und haushaltsmäßig in entsprechender Weise<br />

wie die Eigenbetriebe behandelt werden.<br />

3. Die Schritte zum gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

Die Gemeinde ist verpflichtet, jährlich zum Abschlussstichtag einen Gesamtabschluss unter Beachtung der<br />

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) aufzustellen (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>). Neben den GoB hat die<br />

Gemeinde für ihren Gesamtabschluss auch die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung (GoK),<br />

die sich in der in der Privatwirtschaft entwickelt haben, zu beachten. Bei der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

sind außerdem die örtlichen Besonderheiten zu berücksichtigen. Diese Gegebenheiten beeinflussen<br />

die Arbeiten zur Aufstellung des Gesamtabschlusses in fachlicher und zeitlicher Hinsicht in einem wesentlichen<br />

Umfang.<br />

Die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses bzw. die dafür notwendige Konsolidierung erfordert zudem<br />

eine Vielzahl von „technischen“ Schritten, um das notwendige Zusammenspiel zwischen gemeindlicher Verwaltung<br />

und den gemeindlichen Betrieben zu erreichen. Diese Schritte müssen aufeinander aufbauen und aufeinander<br />

abgestimmt sein. Mit dem nachfolgenden Schema werden einige wichtige Schritte, die für die Erstellung<br />

des Gesamtabschlusses notwendig sind, in allgemeiner Form vorgestellt (vgl. Abbildung).<br />

BEZEICHNUNG<br />

Abgrenzung<br />

des gemeindlichen<br />

Konsolidierungskreises<br />

Aufbereitung<br />

der Einzelabschlüsse<br />

der Einheiten<br />

des Konsolidierungskreises<br />

Erstellen<br />

eines Summenabschlusses<br />

Durchführung<br />

Die Schritte zum gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

GEMEINDEORDNUNG 1087<br />

AUFGABEN<br />

Festlegungen:<br />

- welche gemeindlichen Betriebe mit der Gemeinde eine Rechtseinheit<br />

bilden,<br />

- an gemeindlichen Betrieben und Vermögensmassen mit Nennkapital<br />

die Gemeinde eine Beteiligung hält,<br />

- welche Anstalten von der Gemeinde auf der Grundlage der Verordnung<br />

über kommunale Unternehmen und Einrichtungen als Anstalt<br />

des öffentlichen Rechts getragen werden,<br />

- welche Mitgliedschaften in Zweckverbänden bestehen,<br />

- welche rechtlich selbstständigen kommunalen Stiftungen bestehen,<br />

bei denen die Gemeinde Stifter ist,<br />

- bei welchen sonstigen rechtlich selbstständigen Aufgabenträgern<br />

die Gemeinde aufgrund rechtlicher Verpflichtung deren finanzielle<br />

Existenz wesentlich sichert.<br />

- Vereinheitlichung des Bilanzstichtags,<br />

- Anpassen an die gemeindliche Bilanzierung und Bewertung sowie<br />

den Ausweis (Gemeindebilanz II – GB II),<br />

- Anpassen an die gemeindliche Ertrags- und Aufwandserfassung<br />

(Ergebnisrechnung II – ER II),<br />

- ggf. Währungsumrechnungen.<br />

- Addition der aktiven und passiven Bilanzposten aller einzelnen<br />

Bilanzen auf der Basis der GB II (Vollkonsolidierung),<br />

- Addition der Ertrags- und Aufwandspositionen der einzelnen GUV<br />

auf der Basis der ER II (Vollkonsolidierung),<br />

- Übernahme des fortgeschriebenen Beteiligungsbuchwertes (bei der<br />

Equity-Methode).<br />

- Vollkonsolidierung,


BEZEICHNUNG<br />

der Konsolidierungsmaßnahmen<br />

Aufstellung<br />

der Bestandteile und Anlagen<br />

des Gesamtabschluss<br />

Wirkungen<br />

der Gesamtsteuerung<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die Schritte zum gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

GEMEINDEORDNUNG 1088<br />

AUFGABEN<br />

(Kapitalkonsolidierung nach der Erwerbsmethode),<br />

(Schuldenkonsolidierung), (Zwischenergebniseliminierung), Auf-<br />

-<br />

wands- und Ertragskonsolidierung),<br />

Konsolidierung nach der Equity-Methode<br />

(Kapitalanteilsmethode),<br />

- dabei insgesamt, Eliminierung der konzerninternen Beziehungen.<br />

- Gesamtergebnisrechnung,<br />

- Gesamtbilanz,<br />

- Gesamtanhang,<br />

- beizufügen: Kapitalflussrechnung nach DRS 2,<br />

- Anlagen:<br />

- Gesamtlagebericht,<br />

- Beteiligungsbericht.<br />

- Gesamtabschluss- bzw. Gesamtbilanzanalyse für die Ausgestaltung<br />

der örtlichen Steuerung.<br />

Abbildung 212 „Die Schritte zum Gesamtabschluss“<br />

Eines der wichtigsten Schritte zur Aufstellung des Gesamtabschlusses ist die Erstellung eines Summenabschlusses.<br />

Dieser Abschluss wird als Gemeindebilanz II (GB II) bezeichnet, um eine Abgrenzung zu den Jahresabschlüssen<br />

der einzelnen gemeindlichen Betriebe zu erreichen, die darin einbezogen werden. Der aus der Addition<br />

der Jahresabschlüsse der gemeindlichen Betriebe gewonnene Summenabschluss ist dann durch weitere Konsolidierungsmaßnahmen<br />

zu einem Gesamtabschluss umzuformen. Zur Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

gehört aber auch, die Bilanzansätze der in den Gesamtabschluss einbezogenen gemeindlichen Betriebe<br />

mit dem Eigenkapital des jeweiligen Betriebes zu verrechnen (Kapitalkonsolidierung).<br />

Die Forderungen und Verbindlichkeiten der in den Gesamtabschluss einbezogenen gemeindlichen Betriebe und<br />

der gemeindlichen Verwaltung sind gegeneinander aufzurechnen (Schuldenkonsolidierung). Hinzu kommt die<br />

Aufrechnung von Aufwendungen und Erträgen aus Geschäften zwischen den in den Gesamtabschluss einbezogenen<br />

gemeindlichen Betrieben und der gemeindlichen Verwaltung (Aufwands- und Ertragskonsolidierung). Außerdem<br />

sind die aus „Konzernsicht“ nicht realisierten Gewinne und Verluste sind aus den Beständen zu eliminieren<br />

(Zwischenergebniseliminierung).<br />

Die Gemeinde hat den Buchungen für den gemeindlichen Gesamtabschluss zudem sachgerechte Belege zugrunde<br />

zu legen, damit der Nachweis der richtigen und vollständigen Ermittlung der Ansprüche und Verpflichtungen<br />

erbracht wird (vgl. § 27 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Diese Buchungsbelege müssen dabei Hinweise enthalten,<br />

durch die eine Verbindung zu den Eintragungen in den Büchern hergestellt wird. Sie müssen ggf. eine Beurteilung<br />

darüber zulassen, dass für Zwecke des gemeindlichen Gesamtabschlusses keine Anpassungsbuchungen<br />

vorzunehmen sind.<br />

Bei diesen Konsolidierungsarbeiten für den gemeindlichen Gesamtabschluss ist wesentlich, dass durch die rechnerische<br />

Zusammenfassung der Jahresergebnisse der gemeindlichen Verwaltung und der Betriebe keine neue<br />

eigenständige Rechtspersönlichkeit entsteht, auch nicht in fiktiver Form. Der gemeindliche Gesamtabschluss hat<br />

zudem keine Zahlungsbemessungsfunktion, z. B. für die Berechnung von Ausschüttungen oder Verlustabdeckungen.<br />

Er ist auch nicht eine Grundlage für die Zwecke der Besteuerung. Der Gesamtabschluss der Gemeinde<br />

dient daher ausschließlich der Information über die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde zum Abschlussstichtag<br />

eines Haushaltsjahres. Er ersetzt daher auch nicht die Jahresabschlüsse der gemeindlichen Verwaltung<br />

und der einzelnen Betriebe, auch wenn diese Einheiten ihre Abschlüsse zum gleichen Stichtag aufstellen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

4. Keine befreiende Wirkung des Gesamtabschlusses für die Betriebe<br />

In den Gesamtabschluss der Gemeinde sind auch die Betriebe der Gemeinde einzubeziehen, die bereits nach<br />

den Vorschriften des Handelsgesetzbuches ein Mutterunternehmen darstellen und deshalb zur Aufstellung eines<br />

Konzernabschlusses verpflichtet sind (vgl. § 290 HGB). Die Gemeinde erfüllt mit ihrem Gesamtabschluss keine<br />

Konzernrechnungslegungspflicht nach den einschlägigen handelsrechtlichen Vorschriften. In solchen Fällen tritt<br />

deshalb wegen der Verpflichtung der Gemeinde zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses nach haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften keine befreiende Wirkung hinsichtlich des betrieblichen Konzernabschlusses für die Betriebe<br />

ein, die Tochterunternehmen im Sinne der handelsrechtlichen Vorschriften sind (vgl. § 291 Absatz 1 Satz 1 HGB).<br />

Eine solche befreiende Wirkung tritt zwar generell unabhängig von der Rechtsform und der Größe des Mutterunternehmens<br />

nach dem Handelsrecht ein. Es besteht dafür aber die Bedingung, dass es sich bei demjenigen, der<br />

eine befreiende Wirkung durch seine Konzernrechnungslegung auslöst, um ein Unternehmen in der Rechtsform<br />

einer Kapitalgesellschaft handeln muss. Dieses Unternehmen muss zur Konzernrechnungslegung nach dem<br />

Handelsrecht verpflichtet sein. Als Mutterunternehmen, die einen befreienden Konzernabschluss nach den handelsrechtlichen<br />

Vorgaben erstellen können, scheiden aber die Gemeinden, der Bund und die Länder sowie Privatpersonen<br />

aus. Eine Prüfung der gemeindlichen Betriebe über das Vorliegen von Befreiungsvoraussetzungen<br />

nach den handelsrechtlichen Vorschriften wird dadurch entbehrlich.<br />

5. Der erste Gesamtabschluss der Gemeinde<br />

5.1 Die Festlegung des Abschlussstichtages<br />

Die Gemeinde hat eigenverantwortlich unter Einbeziehung der gesetzlichen Vorgaben, den Stichtag für ihren<br />

ersten Gesamtabschluss festzulegen. Nach der einschlägigen gesetzlichen Bestimmung muss der erste gemeindliche<br />

Gesamtabschluss nach § 116 GO <strong>NRW</strong> spätestens bezogen auf den Stichtag 31. Dezember 2010<br />

von der Gemeinde aufgestellt werden. Die Gemeinde konnte dafür aber auch einen früheren Termin festlegen<br />

(vgl. § 2 NKFEG). Sie konnte bereits in der Zeit vom In-Kraft-Treten des NKFG zum 01.01.2005 einschließlich<br />

des Jahres 2009 einen Gesamtabschluss jeweils zum Schluss eines Haushaltsjahres aufstellen, wenn von ihr<br />

bereits ein Jahresabschluss nach § 95 GO <strong>NRW</strong> aufgestellt worden ist. Mit dem Stichtag soll u.a. eine zügige und<br />

einheitliche Einführung des Gesamtabschlusses durch die Gemeinden gewährleistet werden.<br />

5.2 Die Erstkonsolidierung<br />

5.2.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Aufstellung des ersten Gesamtabschlusses wird als Erstkonsolidierung bezeichnet, weil erstmals die gemeindliche<br />

Verwaltung und die gemeindlichen Betriebe in dem Gesamtabschluss der Gemeinde zusammengefasst<br />

werden. Der jeweilige Anteil der Gemeinde an einem Betrieb wird dabei gegen das anteilige Eigenkapital in<br />

der Form aufgerechnet (konsolidiert), dass der Beteiligungsbuchwert in der Bilanz der Gemeinde durch den Wert<br />

der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden des betreffenden Betriebes ersetzt wird. Die Aufstellung<br />

des Gesamtabschlusses orientiert sich daher an den handelsrechtlichen Regelungen über die Konzernrechnungslegung<br />

unter Berücksichtigung von gemeindlichen Besonderheiten. Die Konsolidierung wird dabei an die<br />

Bedingungen geknüpft, die für die Gemeinde als Muttereinheit gelten. Die gemeindlichen Betriebe als Tochtereinheiten<br />

müssen deshalb ggf. Anpassungen bei ihren bilanzierten Wertansätzen vornehmen.<br />

Der Einbeziehung der gemeindlichen Betriebe in den Gesamtabschluss der Gemeinde sind die Wertverhältnisse<br />

im Zeitpunkt der Wertermittlung (Erwerbsstichtag) zugrunde zu legen, sodass eine Gesamtbilanz als „Gesamter-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1089


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

öffnungsbilanz“ erstellt werden kann. Zu berücksichtigen ist, dass vor dem betreffenden Haushaltsjahr, in dem der<br />

Abschlussstichtag liegt, i.d.R. noch keine Erträge und Aufwendungen sowie Zahlungen bei den gemeindlichen<br />

Betrieben im Sinne der wirtschaftlichen Einheit entstanden sind, die dem betreffenden Haushaltsjahr zugerechnet<br />

werden können.<br />

5.2.2 Die Festlegung eines Erwerbsstichtages<br />

5.2.2.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die erstmalige Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses nach den Vorschriften des gemeindlichen<br />

Haushaltsrechts und unter Anwendung von Vorschriften des Handelsgesetzbuches stellt eine besondere Fallgestaltung<br />

für die Gemeinde dar. Sie erfordert eine Festlegung des Beginns der wirtschaftlichen Einheit. Der erste<br />

gemeindliche Gesamtabschluss kann dann die Aufgabe erfüllen, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes<br />

Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde zu vermitteln.<br />

Dieser Zeitpunkt wird als Erwerbsstichtag bezeichnet, zu dem für die erste Konsolidierung die bilanziellen Wertansätze<br />

auf der Grundlage der tatsächlichen Verhältnisse, betrachtet als „fiktive“ Anschaffung oder Errichtung<br />

eines gemeindlichen Betriebes, bestimmt werden. Dadurch kann ein „Konzernwirtschaftjahr“ beginnen, dass<br />

entsprechende Abstimmung zwischen der gemeindlichen Kernverwaltung und den gemeindlichen Betrieben erfordert.<br />

Außerdem wird durch die Festlegung des Zeitpunktes die für den gemeindlichen Gesamtabschluss vorgesehene<br />

Kapitalflussrechnung ermöglicht.<br />

Unter Berücksichtigung, dass der letztmögliche Stichtag für den ersten Gesamtabschluss gesetzlich bestimmt<br />

wurde (nach § 2 NKFEG der 31. Dezember 2010), jedoch nicht gleichzeitig festgelegt wurde, wann die Betrachtung<br />

und Bewertung der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde beginnt, muss der sachgerechte Erwerbsstichtag<br />

örtlich festgelegt werden. In Anlehnung an die Einführung des NKF ist es für die Gemeinde sachlich sinnvoll,<br />

entweder den Eröffnungsbilanzstichtag oder den Jahresbeginn vor dem ersten Abschlussstichtag für den<br />

gemeindlichen Gesamtabschluss zu bestimmen.<br />

5.2.2.2 Der Eröffnungsbilanzstichtag als Erwerbszeitpunkt<br />

Der Erwerbsstichtag stellt den Ausgangspunkt für die Einbeziehung der gemeindlichen Betriebe in den örtlichen<br />

Gesamtabschluss dar. Dieser könnte in Zusammenhang mit der Einführung des NKF gebracht werden, sodass<br />

der jeweilige Eröffnungsbilanzstichtag der Gemeinde auch den Erwerbsstichtag darstellen würde. Für einen solchen<br />

Erwerbsstichtag spricht, dass die gemeindlichen Betriebe für diesen Zeitpunkt mit dem vorsichtig geschätzten<br />

Zeitpunkt zu bewerten waren und daher ein „Marktwert“ festzustellen bzw. diesem nahe zu kommen war,<br />

auch wenn gesetzlich Bewertungsvorgaben gemacht wurden und Bewertungsvereinfachungen zugelassen waren.<br />

Außerdem gelten die für den Eröffnungsbilanzstichtag ermittelten vorsichtig geschätzten Zeitwerte für die<br />

künftigen Haushaltsjahre als Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das gemeindliche Vermögen, denn dieses<br />

ist gesetzlich bestimmt worden (vgl. § 92 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Mit dieser Festlegung wäre der Vorteil verbunden, dass alle gemeindlichen Betriebe stichtagsbezogen bewertet<br />

und entsprechend ihrer Zweckbestimmung aus Sicht der Gemeinde unter den „Finanzanlagen“ in der gemeindlichen<br />

Eröffnungsbilanz angesetzt wurden. Außerdem die für die gemeindlichen Betriebe ermittelten Werte als<br />

Anschaffungskosten dem der Gemeinde zustehenden anteiligen Eigenkapital in der jeweiligen Bilanz der gemeindlichen<br />

Betriebe. Dieser Sachverhalt würde bewirken, dass im Prinzip für alle Gemeinden eine vergleichbare<br />

Ausgangslage besteht, auch wenn einzelne Gemeinden von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, einen vor<br />

dem letztmöglichen Stichtag (1. Januar 2009) liegenden Jahresbeginn (frühestens der 1. Januar 2005) für ihre<br />

Eröffnungsbilanz zu wählen. Aber auch in diesen Fällen liegt aber ein fiktiver Erwerb der gemeindlichen Betriebe<br />

GEMEINDEORDNUNG 1090


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

vor, sodass deren Werte (fiktive Anschaffungskosten) ebenso bis zum örtlich festgelegten Konsolidierungszeitpunkt<br />

fortzuführen sind.<br />

5.2.2.3 Der Erwerbszeitpunkt im Jahr des Abschlussstichtages<br />

Nach der Vorschrift des § 2 NKFEG ist spätestens zum Stichtag 31. Dezember 2010 von der Gemeinde der erste<br />

Gesamtabschluss aufzustellen. Im Zusammenhang mit den Vorschriften über den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

in § 116 GO <strong>NRW</strong> und mit der ausdrücklichen Verwendung des Wortes „Gesamtabschluss“ in der o.a.<br />

Vorschrift hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass auch der erste gemeindliche Gesamtabschluss aus<br />

allen seinen gesetzlich bestimmten Teilen bestehen muss. Diese Vorgabe der Vollständigkeit bringt es mit sich,<br />

dass der Erwerbszeitpunkt mindestens so bestimmt sein muss, dass auch eine Gesamtergebnisrechnung und<br />

eine Gesamtkapitalflussrechnung aufstellbar sind.<br />

In diesem Zusammenhang wäre in Anlehnung an die mögliche erstmalige Einbeziehung eines Tochterunternehmens<br />

nach den handelsrechtlichen Vorschriften in den Konzernabschluss der Zeitpunkt 1. Januar des Jahres, in<br />

dem am 31. Dezember der Stichtag des ersten Gesamtabschlusses liegt, der zutreffende Erwerbsstichtag. Dies<br />

ermöglicht, zum Abschlussstichtag einen gemeindlichen Gesamtabschluss mit allen seinen Bestandteilen aufzustellen.<br />

Diese Festlegung bewirkt, dass die Gemeinde für das betreffende Haushaltsjahr und zum Stichtag 1.<br />

Januar eine Gesamteröffnungsbilanz aufzustellen hat.<br />

5.2.2.4 Gesamtabschluss und „Jahreseröffnungsbilanz“<br />

Die Notwendigkeit für die Gemeinde, vor dem ersten gemeindlichen Gesamtabschluss ein Gesamtgeschäftsjahr<br />

zu bilden, um mindestens eine zutreffende Gesamtergebnisrechnung und eine Gesamtkapitalflussrechnung zu<br />

erreichen, erfordert wie zu Beginn eines jeden gemeindlichen Haushaltsjahres eine Eröffnungsbilanz für das<br />

Gesamtgeschäftsjahr. Eine solche jahresbezogene Eröffnungsbilanz stellt haushaltsrechtlich keine Gesamteröffnungsbilanz<br />

im Sinne der ersten NKF-Eröffnungsbilanz nach § 92 GO <strong>NRW</strong> dar, auch wenn im Sprachgebrauch<br />

dieser Begriff benutzt wird, d. h. die Verfahren nach der genannten Vorschrift sind nicht anzuwenden. Die Gesamteröffnungsbilanz<br />

stellt lediglich eine Eröffnungsbilanz dar, die zu Beginn eines jeden Haushaltsjahres von<br />

der Gemeinde und zu Beginn eines jeden Wirtschaftsjahres von den gemeindlichen Betrieben aufzustellen ist. Sie<br />

bedarf daher auch keiner gesonderten örtlichen und überörtlichen Prüfung sowie eines gesonderten Ratsbeschlusses<br />

und wird auch nicht öffentlich bekannt gemacht.<br />

5.2.2.5 Nicht vertretbare Erwerbszeitpunkte<br />

5.2.2.5.1 Der tatsächliche Anschaffungszeitpunkt<br />

Ein möglicher Zeitpunkt für den Erwerbsstichtag ist der Zeitpunkt, in dem die Gemeinde einen Betrieb tatsächlich<br />

errichtet oder erworben hat. Dabei würde ausreichend berücksichtigt, dass die Gemeinden i.d.R. bereits über<br />

sehr lange Zeit (z.T. mehrere Jahrzehnte) über ihre Betriebe verfügen. Die vielfach lange Zeit dürfte jedoch wiederum<br />

bewirken, dass es voraussichtlich sehr aufwändig oder in manchen Fällen sogar kaum machbar ist, die<br />

Anschaffungskosten zum in der Vergangenheit liegenden tatsächlichen Zeitpunkt des Erwerbs eines gemeindlichen<br />

Betriebes zu ermitteln und bis zum örtlich festgelegten Konsolidierungszeitpunkt fortzuführen. Gegen einen<br />

solchen Zeitpunkt sprechen auch die Erfahrungen aus der Einführung des NKF, denn deshalb wurde von vornherein<br />

nicht die Ermittlung der tatsächlichen und weit in der Vergangenheit liegenden Anschaffungskosten der gemeindlichen<br />

Vermögensgegenstände für die Bilanzierung verlangt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1091


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

5.2.2.3.2 Der Abschlussstichtag des ersten Gesamtabschlusses<br />

Als letzte Möglichkeit für den Zeitpunkt des Erwerbsstichtages bliebe unter Beachtung der gesetzlichen Festlegung<br />

des letztmöglichen Abschlussstichtages für den ersten Gesamtabschluss der Gemeinde (31. Dezember<br />

2010 nach § 2 NKFEG) und in Anlehnung an handelsrechtliche Vorschriften, den gesetzlich bestimmten Abschlussstichtag<br />

31. Dezember 2010 als „fiktiven“ Erwerbsstichtag anzusehen. Dies würde mit sich bringen, dass<br />

die Anforderungen der Vorschrift über die Aufstellung des ersten gemeindlichen Gesamtabschlusses (vgl. § 2<br />

NKFEG <strong>NRW</strong>) nicht in vollem Umfang erfüllt werden könnten.<br />

Die Gesamtergebnisrechnung würde nicht konsolidiert und würde wegen der notwendigen Anpassung einen<br />

geschätzten Ausgleichsposten enthalten. Die Gesamtkapitalflussrechnung müsste in einem solchen Fall entfallen.<br />

Deshalb wäre die Darstellung der Ertrags- und der Finanzgesamtlage der Gemeinde als unzureichend zu bewerten,<br />

denn sie würde mit den Zielsetzungen des NKF, insbesondere mit dem Ziel „Aktualität“ nicht in Einklang<br />

stehen. Deshalb bleibt auch fraglich, ob eine solche Vorgehensweise für einzelne Gemeinden wirklich zur Erleichterung<br />

der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses beitragen würde.<br />

5.2.3 Ausnahmen von der Neubewertungspflicht für die Erstkonsolidierung<br />

Nach der Vorschrift des § 308 HGB sind Ausnahmen von der einheitlichen Bewertung möglich, z. B. wegen der<br />

Besonderheiten einzelner Geschäftszweige. In der Vorschrift werden dazu nur die Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen<br />

ausdrücklich erwähnt. Ob in analoger Anwendung für den gemeindlichen Bereich auch besondere<br />

Bereiche der gemeindlichen Aufgabenerfüllung in Betracht kommen können, wenn bei den Betrieben<br />

wesentliche Abweichungen bestehen, muss im Einzelfall entschieden werden, z. B. für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen.<br />

Eine allgemeine Regelung, dass in den Fällen, in denen für Posten der Bilanz und der Ergebnisrechnung<br />

unterschiedliche Vorschriften für die Gemeinde und die gemeindlichen Betriebe bestehen, und diese<br />

Sachlage für die Aufstellung des Gesamtabschlusses unerheblich ist, besteht nicht. Sie dürfte den Zwecken und<br />

Zielen des gemeindlichen Gesamtabschlusses sowie der damit verbundenen Einheitstheorie zuwiderlaufen.<br />

Unter Beachtung des Grundsatzes der Wesentlichkeit können aber in besonderen Einzelfällen örtliche Besonderheiten<br />

bei bestimmten gemeindlichen Betrieben bestehen, aufgrund dessen es vertretbar ist, die im Jahresabschluss<br />

des betreffenden Betriebes angewandten Bewertungsmethoden für die Erstkonsolidierung beizubehalten.<br />

Die im Jahresabschluss des betreffenden Betriebes angesetzten Werte für Vermögensgegenstände und Schulden<br />

dürfen dann in den ersten Gesamtabschluss übernommen werden, ohne sie zuvor z. B. hinsichtlich stiller<br />

Reserven überprüft zu haben. Sofern eine solche Sachlage bei der Gemeinde besteht, sind von ihr dazu entsprechende<br />

Angaben im Gesamtanhang zu machen.<br />

6. Die Vorschriften für den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

6.1 Die Gesamtübersicht über die Vorschriften<br />

Die Vorschriften über den gemeindlichen Gesamtabschluss sollen gewährleisten, dass jährlich die Vermögens-,<br />

Finanz- und Ertragslage der Gemeinde insgesamt so dargestellt wird, als ob es sich bei der Gemeinde um eine<br />

einzige wirtschaftliche Einheit handeln würde. Die Gemeinde soll dabei auch hinsichtlich ihrer Aufgabenerfüllung,<br />

unabhängig von den organisatorischen Gegebenheiten, als Gesamtheit gezeigt werden. Für die Bestimmungen<br />

über den gemeindlichen Gesamtabschluss ist deshalb ein gesonderter Teil in der Gemeindeordnung und entsprechend<br />

in der Gemeindehaushaltsverordnung geschaffen worden.<br />

Die Einordnung des gesonderten 12. Teils “Gesamtabschluss“ nach den Vorschriften über die Haushaltswirtschaft<br />

(8. Teil) und den Vorschriften über die wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigung (11. Teil) stellt<br />

GEMEINDEORDNUNG 1092


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

sicher, dass im gemeindlichen Gesamtabschluss die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen in den<br />

Vordergrund gestellt wird und die Informationsdefizite der Einzelabschlüsse der gemeindlichen Betriebe beseitigt<br />

werden sollen (vgl. Abbildung).<br />

Die Vorschriften im 12. Teil der Gemeindeordnung<br />

12. Teil<br />

Gesamtabschluss<br />

GEMEINDEORDNUNG 1093<br />

§ 116 Gesamtabschluss<br />

§ 117 Beteiligungsbericht<br />

§ 118 Vorlage- und Auskunftspflichten<br />

Abbildung 213 „Die Vorschriften im 12. Teil der Gemeindeordnung“<br />

Die Adressaten des Gesamtabschlusses sollen aufgrund der Informationen die wirtschaftliche Gesamtlage der<br />

Gemeinde beurteilen und sowie analysieren können, ob die Gemeinde in der Lage ist, ihre Aufgaben durch die<br />

gemeindliche Verwaltung und die gemeindlichen Betriebe zu erfüllen.<br />

6.2 Die Vorschriften im Einzelnen<br />

Der 12. Teil der Gemeindeordnung enthält daher grundlegende, nachfolgend vorgestellte Vorschriften zum gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss, die durch die Vorschriften des siebten Abschnitts der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

„Gesamtabschluss“ näher bestimmt werden (vgl. §§ 49 bis 52 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

- § 116 Gesamtabschluss<br />

Die Vorschrift bestimmt den Inhalt und den Zweck des Gesamtabschlusses näher. Sie ist der handelsrechtlichen<br />

Vorschrift für den Konzernabschluss (§ 290 HGB) nachgebildet worden. Durch den Gesamtabschluss<br />

wird die Qualität der Rechenschaft über die Aufgabenerledigung der Gemeinde im abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

wesentlich erhöht. Er trägt gleichzeitig zu einer Verbesserung der Steuerungsmöglichkeiten bei. Die<br />

Funktion des Gesamtabschlusses besteht in der Vermittlung des den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden<br />

Bildes der gesamten Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde. Die weiteren<br />

Voraussetzungen und Gestaltungsmöglichkeiten des Gesamtabschlusses sowie die Vorgaben für die Umsetzung<br />

der Konsolidierung sind in den §§ 49 bis 52 des siebten Abschnitts der Gemeindehaushaltsverordnung<br />

<strong>NRW</strong> näher bestimmt.<br />

- § 117 Beteiligungsbericht<br />

Aufgrund zahlreicher Ausgliederungen und Beteiligungen weisen die Gemeinden heute vielfach konzernähnliche<br />

Strukturen auf. Der Beteiligungsbericht soll daher den Blick der Gemeinde vom Gesamtabschluss auf<br />

die einzelnen verselbstständigten Aufgabenbereiche (gemeindliche Betriebe) lenken. Daher muss der Bericht<br />

auch Angaben über alle gemeindlichen Betriebe umfassen, unabhängig davon, ob diese in den Konsolidierungskreis<br />

für den gemeindlichen Gesamtabschluss einzubeziehen sind. Dazu dürfte es nicht ausreichend<br />

sein, lediglich in tabellarischer Form die Ziele der gemeindlichen Betriebe, die Erfüllung des öffentlichen<br />

Zwecks, die Beteiligungsverhältnisse, die Entwicklung der Bilanzen und der Gewinn- und Verlustrechnungen,<br />

die Leistungen der gemeindlichen Betriebe, die wesentlichen Finanz- und Leistungsbeziehungen u.a. anzugeben<br />

und zu erläutern.<br />

Der Beteiligungsbericht soll aber auch vertiefte und notwendige Erkenntnisse für die produktorientierte Gesamtsteuerung<br />

der Gemeinde ermöglichen. Dies erfordert eine aufgabenbezogene Darstellung und Gliederung<br />

im Beteiligungsbericht, mindestens anhand der für die Verwaltung verbindlichen Produktbereiche (vgl. §<br />

4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Damit würde eine Gesamtübersicht über die Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben durch<br />

die gemeindlichen Betriebe außerhalb der Verwaltung erreicht, unabhängig davon, von welchem Betrieb die<br />

einzelne gemeindliche Aufgabe erledigt wird. Entsprechend gegliederte Informationen erlauben eine bessere


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Einschätzung und differenzierte Beurteilung der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde sowie ihrer<br />

Chancen und Risiken, bezogen auf die stetige Aufgabenerfüllung der Gemeinde, ausgewiesen in den einzelnen<br />

gemeindlichen Produktbereichen.<br />

- § 118 Vorlage- und Auskunftspflichten<br />

Auf der Grundlage, dass der Gesamtabschluss die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der<br />

Gemeinde zusammen mit der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der in den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

einbezogenen gemeindlichen Betriebe so darzustellen hat, als ob die Gemeinde mit ihren Betrieben<br />

eine wirtschaftliche Einheit wäre, ist es für die Aufstellung eines solchen Gesamtabschlusses zwingend erforderlich,<br />

auch die dafür notwendigen Informationen und Unterlagen von den beteiligten gemeindlichen Betrieben<br />

zu erhalten. Dabei werden nach dem Grundsatz der gemeindlichen Einheit an den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde keine höheren Anforderungen gestellt, als an ihren Einzelabschluss. Außerdem baut die Vorschrift<br />

auf der Regelung in § 113 GO <strong>NRW</strong> auf, nach der zur Vertretung der Gemeinde in Unternehmen und<br />

Einrichtungen die erforderlichen Vorgaben getroffen werden, um die notwendige Vernetzung zwischen mittelbarer<br />

und unmittelbarer gemeindlicher Verwaltung sicherzustellen.<br />

7. Die Anwendung von allgemeinen Grundsätzen<br />

7.1 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung (GoK)<br />

Die Aufstellung des Gesamtabschlusses ist unter Beachtung der GoB vorzunehmen. Zum privatrechtlichen Konzernabschluss<br />

nach dem Handelsrecht haben sich aber noch die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung<br />

(GoK) entwickelt. Die GoK ergänzen die für den Gesamtabschluss einschlägigen Vorschriften sowie<br />

die GoB. Die folgenden GoK sollen beim gemeindlichen Gesamtabschluss beachtet werden (vgl. Abbildung).<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung (GoK)<br />

- Grundsatz der Fiktion der rechtlichen Einheit (Einheitstheorie).<br />

- Grundsatz der Einheitlichkeit (der Abschlussstichtage, der Währung, des Ausweises.<br />

- Grundsatz der Vollständigkeit (des Konsolidierungskreises).<br />

- Grundsatz der Einheitlichkeit der Bilanzierung und Bewertung.<br />

- Grundsatz der Stetigkeit der Konsolidierungsmethoden (zeitlich und sachlich).<br />

- Grundsatz der Eliminierung konzerninterner Beziehungen.<br />

- Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit.<br />

Abbildung 214 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung (GoK)“<br />

Diese Grundsätze sollen im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses gewährleisten, dass die Zusammenfassung<br />

der Jahresabschlüsse der einbezogenen Betriebe unter Anwendung der maßgeblichen Einheitstheorie<br />

erfolgt und der Gesamtabschluss ein Bild über die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde vermittelt, als<br />

wäre die gemeindliche Verwaltung zusammen mit den Betrieben der Gemeinde eine wirtschaftliche Einheit. Dar-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1094


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

über hinaus kommen durch die Verweise auf gemeindliche Vorschriften über den Jahresabschluss auch die<br />

haushaltsrechtlichen Grundsätze beim gemeindlichen Gesamtabschluss zur Anwendung.<br />

7.2 Ausgewählte deutsche Rechnungslegungsstandards<br />

Im gemeindlichen Gesamtabschluss ist nach der Vorschrift die geforderte Gesamtkapitalflussrechnung unter<br />

Beachtung des Deutschen Rechnungslegungsstandards Nr. 2 (DRS 2) in der vom Bundesministerium der Justiz<br />

(BMJ) nach § 342 Absatz 2 HGB bekannt gemachten Form aufzustellen. Neben diesem Rechnungslegungsstandard<br />

bestehen noch weitere Standards, die für die inhaltliche Gestaltung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

genutzt werden können (vgl. Abbildung).<br />

NUMMER<br />

DRS 3<br />

DRS 4<br />

DRS 5<br />

DRS 7<br />

DRS 8<br />

DRS 12<br />

DRS 13<br />

DRS 14<br />

DRS 15<br />

DRS 19<br />

Ausgewählte deutsche Rechnungslegungsstandards<br />

Segmentberichterstattung<br />

GEMEINDEORDNUNG 1095<br />

BEZEICHNUNG<br />

Unternehmenserwerbe im Konzernabschluss<br />

Risikoberichterstattung<br />

Konzerneigenkapital und Konzernergebnis<br />

Bilanzierung von Anteilen an assoziierten Unternehmen im Konzernabschluss<br />

Immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens<br />

Grundsatz der Stetigkeit und Berichtigung von Fehlern<br />

Währungsumrechnung<br />

Lageberichterstattung<br />

Pflicht zur Konzernrechnungslegung und Abgrenzung des<br />

Konsolidierungskreises<br />

Abbildung 215 „Ausgewählte deutsche Rechnungslegungsstandards“<br />

Zu beachten ist, dass die Rechnungslegungsstandards ständig weiter entwickelt werden, um deren Aktualität und<br />

Anwendbarkeit im privatrechtlichen Bereich zu sichern. Die verabschiedeten Standards sowie ihre Änderungen<br />

werden vom Bundesministerium der Justiz im Bundesanzeiger bekannt gemacht.<br />

7.3 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sollen dazu dienen, die Anwendung der haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften, in Form von gesetzlichen Einzelvorschriften, zu verstärken und zu vervollständigen. Folgende allgemeine<br />

Grundsätze gelten als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (vgl. Abbildung).


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)<br />

- Grundsatz der Vollständigkeit.<br />

- Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit.<br />

- Grundsatz der Verständlichkeit.<br />

- Grundsatz der Aktualität.<br />

- Grundsatz der Relevanz.<br />

- Grundsatz der Stetigkeit.<br />

- Grundsatz des Nachweises der Recht- und Ordnungsmäßigkeit.<br />

Abbildung 216 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)“<br />

Bei der Anwendung der GoB ist zu beachten, dass die Inhalte dieser Grundsätze vielfach bereits zu gesetzlichen<br />

Regelungen (gesetzlich bestimmten Grundsätzen) geworden sind. Außerdem werden die GoB als Beurteilungsmaßstäbe<br />

für die örtliche Entscheidung benötigt, ob der Gesamtabschluss der Gemeinde ordnungsgemäß ist,<br />

denn er muss sowohl formell als auch materiell den haushaltsrechtlichen Anforderungen entsprechen. Außerdem<br />

bilden die GoB einen Bestandteil der Generalnorm, denn der gemeindliche Gesamtabschluss muss unter Beachtung<br />

der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der<br />

Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde vermitteln (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>). Durch<br />

die GoB wird der Gemeinde kein bestimmtes Buchführungssystem für den Gesamtabschluss vorgeschrieben.<br />

7.4 Weitere wichtige Grundsätze<br />

Neben den o.a. Grundsätzen sind weitere wichtige Grundsätze entwickelt worden, die nicht gesetzlich konkretisiert<br />

worden sind. Jeder dieser Grundsätze soll sicherstellen, dass ein sachverständiger Dritter sich in einer angemessenen<br />

Zeit einen Überblick über die Aufzeichnung von Buchungsvorfällen und der Vermögens- und Schuldenpositionen<br />

verschaffen kann. Diese weiteren wichtigen Grundsätze, die auch bei der Gemeinde zur Anwendung<br />

kommen sollen, werden nachfolgend vorgestellt (vgl. Abbildung).<br />

ART DER GRUNDSÄTZE<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

DV-gestützter<br />

Buchführungssysteme (GoBS)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Datenverarbeitung (GoDV)<br />

Weitere wichtige Grundsätze<br />

GEMEINDEORDNUNG 1096<br />

INHALTE UND ZWECKE<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sollen sicherzustellen,<br />

dass die Buchungen und sonstigen Aufzeichnungen vollständig,<br />

richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden, wenn<br />

die Buchführung mithilfe automatisierter Datenverarbeitung erfolgt<br />

(vgl. § 27 Absatz 5 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Datenverarbeitung wurden zur<br />

Erfüllung der ordnungsmäßigen Buchführung und Bilanzierung bei<br />

einer DV-Buchführung entwickelt und umfassen im Wesentlichen


ART DER GRUNDSÄTZE<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Inventur (GoI)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Bilanzierung (GoBi)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Lageberichterstattung (GoL)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Abschlussprüfungen (GoA)<br />

Grundsätze<br />

ordnungsmäßiger<br />

Kapitalflussrechnung (GoKfr)<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Weitere wichtige Grundsätze<br />

GEMEINDEORDNUNG 1097<br />

INHALTE UND ZWECKE<br />

die Sicherheit, die Funktionserfüllung und die Dokumentation.<br />

Die Grundsätze beziehen sich auf die Erstellung des Inventars und<br />

sollen sicherstellen, dass in der Inventur eine vollständige Erfassung<br />

des Vermögens und der Schulden erfolgt (vgl. § 91 GO <strong>NRW</strong><br />

i.V.m. § 28 und 29 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze der Aktivierung, Passivierung und Bewertung werden<br />

weiter detailliert. Dazu gehören auch die Grundsätze für die<br />

Bilanzgliederung (vgl. z.B. § 41 bis 43 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze spezifizieren die Anforderungen für die durch den<br />

Lagebericht vorzunehmende Informationsvermittlung (vgl. § 48<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Grundsätze finden hinsichtlich der jährlichen Abschlussprüfung<br />

Anwendung. Diese beinhalten u.a. Festlegungen zu den Prüfungshandlungen.<br />

Außerdem bestehen noch weitere Ergänzungen dieser<br />

Grundsätze durch die „Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung<br />

bei Abschlussprüfungen“ sowie die „Grundsätze für die ordnungsmäßige<br />

Erteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen“.<br />

Die Grundsätze finden bei der Aufstellung der gemeindlichen Gesamtkapitalflussrechnung<br />

Anwendung und sollen zu einer sachgerechten<br />

Erstellung beitragen (vgl. § 51 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Abbildung 217 „Weitere wichtige Grundsätze“<br />

Die Auslegung der GoB durch Rechtsprechung und Literatur sorgt zudem mittelbar für eine dynamische Anpassung<br />

des Rechts über das gemeindliche Rechnungswesen an die aktuellen nationalen und internationalen Entwicklungen.<br />

Die Grundsätze werden dann weiterentwickelt, wenn aus neuen Sachverhalten heraus dafür ein<br />

Erfordernis besteht.<br />

8. Der zulässige Verzicht auf einen Gesamtabschluss<br />

Die Vorschrift des § 116 GO <strong>NRW</strong> enthält keine gesonderte Regelungen, die es der Gemeinde ermöglichen, auf<br />

die Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses zu verzichten oder einzelne Ausnahmebestimmungen<br />

oder Kriterien, bei deren Vorliegen die Gemeinde im Einzelfall von der Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

befreit ist. Gleichwohl können bei einzelnen Gemeinden besondere Fallgestaltungen im Rahmen<br />

ihrer Beteiligungen vorliegen, die dazu führen, dass für die Gemeinde die Aufstellung eines Gesamtabschlusses<br />

entbehrlich wird (vgl. Abbildung).<br />

Der zulässige Verzicht auf einen Gesamtabschluss<br />

- Die Gemeinde (Gemeindliche Verwaltung als Muttereinheit) verfügt über keinen voll zu konsolidierenden Betrieb,<br />

der eine Tochtereinheit der Gemeinde darstellt, sodass ein erforderliches Mutter-Tochter-Verhältnis als<br />

Voraussetzung für die Aufstellung des Gesamtabschlusses nicht vorliegt.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Der zulässige Verzicht auf einen Gesamtabschluss<br />

- Die Gemeinde (Muttereinheit) verfügt über voll zu konsolidierende Betriebe, ihre Tochtereinheiten sind aber<br />

wegen der insgesamt bestehenden untergeordneten Bedeutung alle nicht voll zu konsolidieren.<br />

- Die Gemeinde verfügt nur über Betriebe bzw. Beteiligungen, bei denen die Equity-Methode zur Anwendung<br />

kommt.<br />

- Die Gemeinde verfügt nur über Betriebe bzw. Beteiligungen, die nach der Anschaffungswert-Methode in der<br />

Gesamtbilanz anzusetzen sind.<br />

Abbildung 218 „Der zulässige Verzicht auf einen Gesamtabschluss“<br />

In den Fällen, in denen die Gemeinde zwar über mehrere Betriebe, aber über keinen voll zu konsolidieren Betrieb<br />

verfügt, und kein Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen der gemeindlichen Verwaltung und mindestens einem Betrieb<br />

der Gemeinde besteht, kann das Fehlen dieser Voraussetzung nicht dadurch geheilt werden, dass die betreffende<br />

Gemeinde über Betriebe verfügt, bei denen die Equity-Methode zur Anwendung kommt.<br />

Bei einem zulässigen Verzicht auf die Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses erlischt jedoch nicht<br />

die in dieser Vorschrift enthaltene ausdrückliche Pflicht zur Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses.<br />

Vielmehr ist dann vom Rechnungsprüfungsausschuss zu prüfen, ob örtlich die Voraussetzungen für einen Verzicht<br />

auf die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses vorliegen. Er hat dabei die örtlichen Abwägungen<br />

zu prüfen und festzustellen, ob das daraus entstandene Ergebnis zutreffend ist. Eine solche Prüfung ist zu<br />

jedem Abschlussstichtag vorzunehmen, zu dem kein Gesamtabschluss von der Gemeinde aufgestellt wird.<br />

9. Vom Gesamtabschluss zur Gesamtsteuerung<br />

9.1 Die gemeindlichen Gegebenheiten<br />

Die Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben einschließlich der Verpflichtung der Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft<br />

so zu planen und zu führen, dass die stetige Aufgabenerfüllung gesichert ist (vgl. § 3 und § 75 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Diese Vorgaben erfordern einen Überblick über die wirtschaftliche Gesamtlage und ein darauf ausgerichtetes<br />

Handeln der Verantwortlichen in der Gemeinde. Die auf den gesetzlich vorgesehenen Gesamtabschluss<br />

aufbauende Gesamtsteuerung ist dabei jedoch nicht als eine Addition von Verwaltungsprozessen anzusehen,<br />

sondern stellt ein verantwortliches ganzheitliches gemeindebezogenes Verwaltungsmanagement dar, das im<br />

Rahmen einer Stetigkeit fortlaufend bestehen muss. Dabei kann es örtlich sachlich sinnvoll sein, mehrere Gesamtabschlüsse<br />

in einer Zeitreihe verfügbar zu haben. Die Gemeinde sollte gleichwohl bereits mit ihrem ersten<br />

Gesamtabschluss sich über die Ziele und Zwecke ihrer örtlichen Gesamtsteuerung Klarheit verschaffen und von<br />

Anfang an - wie zukünftig auch - für eine Weiterentwicklung offen sein.<br />

Mit einer Gesamtsteuerung als Managementaufgabe können die gemeindlichen Geschäftsteile „Verwaltung“ und<br />

„Betriebe“ als eine Gesamtheit betrachtet und der gemeindliche Gesamtabschluss als aussagekräftige und steuerungsrelevante<br />

Informationsbasis genutzt werden, um als Gemeinde zukunftsorientiert und wirtschaftlich handeln<br />

zu können. Die gemeindliche Gesamtsteuerung geht daher über die heutige Haushaltssteuerung, die auf die<br />

gemeindliche Verwaltung und die damit verbundene örtliche Haushaltswirtschaft ausgerichtet ist, wesentlich hinaus.<br />

Sie schließt auch die gemeindliche Beteiligungsverwaltung mit ein, die vielfach, bezogen auf die Betriebe der<br />

Gemeinde, lediglich auf die Erfüllung der gesetzlich bestimmten Pflichten und auf die Erlangung weiterer Informationen<br />

ausgerichtet ist, wenn dazu ein örtlicher Bedarf oder Anlass besteht..<br />

Zur Umsetzung einer Gesamtsteuerung durch die Gemeinde muss der Rat der Gemeinde als oberstes Leitungsorgan<br />

im Rahmen und Sinne seiner Allzuständigkeit nicht nur auf die gemeindliche Verwaltung, sondern gleich-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1098


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

ermaßen auch auf die Betriebe der Gemeinde als verselbstständigte Aufgabenbereiche einwirken. Er muss dafür<br />

Sorge tragen, dass die für die Erledigung der gemeindlichen Aufgaben notwendige Steuerungskultur geschaffen<br />

und sachgerechte Steuerungsinstrumente eingesetzt und genutzt werden können (vgl. § 41 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Eine entsprechende Verpflichtung trifft auch den Bürgermeister als Vorsitzenden des Rates und als Verantwortlichen<br />

für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten gemeindlichen Verwaltung (vgl. § 40<br />

Absatz 2 Satz 4 und § 62 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

9.2 Die örtliche Managemententwicklung<br />

Im Rahmen der örtlichen Verantwortlichkeiten sollte durch die Gemeinde ein strategisches Management mit einer<br />

strategischen Gesamtplanung entwickelt und unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten eigenverantwortlich<br />

ausgestaltet werden. Diese Aufgaben erfordern u.a. die örtliche Auswahl und Festlegung von Strategieund<br />

Produktfeldern sowie von messbaren Leistungs- und Finanzzielen mit zeitlichen Abgrenzungen. Außerdem<br />

ist ein entsprechendes gemeindebezogenes unterjähriges Berichtswesen einzurichten. Die gemeindliche Verwaltung<br />

und die Betriebe der Gemeinde sollten unter Berücksichtigung der dezentralen Ressourcenverantwortung<br />

und der produktorientierten Haushaltswirtschaft in die örtliche Gesamtsteuerung einbezogen werden, damit die<br />

Weiterentwicklung der mit Unterstützung eines operativen Managements erfolgreich sein kann.<br />

Diese Zielsetzungen bedürfen vielerorts einer Änderung in der Verwaltungskultur und eines neuen Zusammenwirkens<br />

zwischen der gemeindlichen Verwaltung und den Betrieben der Gemeinde. Ein gemeinsames Liquiditätsund<br />

Cash-Management, ein Zins- und Schuldenmanagement, eine gemeinsame Investitionsplanung, aber auch<br />

ein umfassendes Risikomanagement können in diesem Sinne für die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt in<br />

der wirtschaftlichen Einheit bzw. der Gesamtheit „Gemeinde“ hilfreich sein. Unter Berücksichtigung der örtlichen<br />

Gegebenheiten bedarf es dazu ggf. auch verbindlicher Regelungen, um in der Gemeinde insgesamt ein wirtschaftliches<br />

Verwaltungshandeln und eine ordnungsmäßige Geschäftsführung der Verantwortlichen zu sichern.<br />

Vor diesem Hintergrund ist auch die Analyse des haushaltswirtschaftlichen Handelns der Gemeinde ständig gefordert.<br />

Es gilt, sich den veränderten Bedingungen anzupassen, um Fehleinschätzungen zu vermeiden und adäquates<br />

wirtschaftliches Handeln zu fördern. Die Jahresabschlüsse und der Gesamtabschluss können als stichtagsbezogene<br />

Abbilder der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde eine sachgerechte Beurteilung der Zielerreichung<br />

ermöglichen.<br />

9.3 Die örtliche Gesamtplanung<br />

Die gemeindliche Gesamtsteuerung unterliegt einer ständig steigenden Aktualität und benötigt daher nicht nur Ist-<br />

Daten aus den erstellten Jahresabschlüssen der gemeindlichen Verwaltung und der Betriebe der Gemeinde,<br />

sondern zusätzlich auch Plandaten, um zukunftsbezogene Entscheidungen leichter treffen zu können. Sie erfordert<br />

daher eine laufende und zeitnahe Beurteilung der Verwaltungs- und Geschäftstätigkeit, um entscheidungsrelevante<br />

Schritte einleiten zu können. Es müssen aber auch Sondereffekte, die sich aus allgemeinen Rahmenbedingungen<br />

ergeben, für die örtliche Gesamtsteuerung relativiert werden. Es ist deshalb für die örtliche Gesamtsteuerung<br />

eine zukunftsbezogene Planung unverzichtbar,<br />

In einer solchen Gesamtplanung sollte die Haushaltsplanung der gemeindlichen Verwaltung mit den Wirtschaftsplänen<br />

der gemeindlichen Betriebe zusammengeführt werden. Es können daraus umsetzbare und messbare<br />

Ziele sowie abgegrenzte Handlungsfelder entstehen, die entsprechend zu koordinieren sind. Die örtliche Gesamtplanung<br />

sollte sich dabei nicht nur auf das nächste Haushaltsjahr bzw. Geschäftsjahr erstrecken. Die bestehende<br />

Zeitreihe der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinde kann als Grundlage für den örtlichen<br />

Planungskorridor genutzt werden (vgl. § 84 GO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1099


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde hat ihrer Haushaltsplanung die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung und damit einen fünfjährigen<br />

Planungszeitraum zugrunde zu legen, der vom laufenden Haushaltsjahr ausgeht und in den das Haushaltsjahr<br />

als erstes Planungsjahr sowie drei weitere Planungsjahre eingebunden sind. Dadurch muss die Gemeinde<br />

ihre voraussichtlichen wirtschaftlichen Verhältnisse und ihre Leistungskraft nicht allein für das Haushaltsjahr als<br />

kurzfristigen Zeitraum, sondern für den gesamten Planungszeitraum offen legen. Sie muss dabei auch aufzeigen,<br />

wie sie die stetige Aufgabenerfüllung in Zukunft sichert.<br />

Im Rahmen ihrer jährlichen Haushaltssatzung müssen dem Rat der Gemeinde nicht nur der Haushaltsplan der<br />

gemeindlichen Verwaltung, sondern auch sachgerechte als Anlagen dazu vorgelegt werden (vgl. § 1 Absatz 2<br />

Nummer 8 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Übersicht über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde und ihre Entwicklung ist<br />

jedoch nicht vollständig, wenn nicht die Haushaltsplanung der Gemeinde und die Wirtschaftspläne der gemeindlichen<br />

Betriebe beigefügt werden, die einen solchen Plan aufstellen müssen, in geeigneter Weise zu einem Gesamtbild<br />

zusammengeführt wird (vgl. § 108 Absatz 3 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Bereits aufgrund der örtlichen Vielzahl solcher Einzelpläne ist es geboten, aus der gemeindlichen Gesamtsicht<br />

heraus einen haushaltsplanerischen Zusammenhang auch zwischen den Planungsunterlagen der Verwaltung<br />

und der Betriebe herzustellen. Die dem Haushaltsplan als gesonderte Unterlage beizufügende "Übersicht über<br />

die Wirtschaftslage und die voraussichtliche Entwicklung" der von der Planungsvorgabe betroffenen Betriebe<br />

dürfte i.d.R. keine zusammengefasste Planung darstellen. Eine Gesamtplanung ist aber wegen des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses geboten, auch wenn für die Gesamtergebnisrechnung bisher kein Plan-/Ist-Vergleich<br />

vorgesehen ist.<br />

Für eine Gesamtplanung muss zudem örtlich entschieden werden, ob diese produktorientiert oder organisatorisch<br />

aufgebaut wird. Mit dieser Kenntnis können die einzelnen Fachbereiche innerhalb der gemeindlichen Verwaltung<br />

ihren Beitrag und die Beiträge der gemeindlichen Betriebe koordinieren und zur "gesamten" Haushaltsplanung,<br />

notwendige Analysen zur Beurteilung von Chancen und Risiken vornehmen und sachgerechte Daten zur Verfügung<br />

stellen. Dadurch kann eine Grundlage für eine Gesamtplanung der Gemeinde entstehen und in einem ausreichenden<br />

Maße abgesichert werden. Die Betriebe der Gemeinde müssen als „Zulieferer“ entsprechend verpflichtet<br />

werden.<br />

Durch eine sachgerechte Zusammenführung der einzelnen Planungen zu einer Gesamtplanung wird es dann<br />

möglich, die gesamte Ergebnisstruktur der Gemeinde sowie ihre finanziellen Abhängigkeiten zu ermitteln. Es<br />

können aber auch die Chancen und Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde besser eingeschätzt<br />

und die künftige wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde zutreffender ermittelt und belastbar dargestellt<br />

werden.<br />

9.4 Die Gesamtsteuerung bei fehlendem Gesamtabschluss<br />

Im örtlichen Einzelfall können zu einem Abschlussstichtag bei der Gemeinde ggf. besondere Umstände vorliegen,<br />

die dazu führen, dass für das abgelaufene Haushaltsjahr bzw. Geschäftsjahr der Gemeinde die Aufstellung des<br />

gemeindlichen Gesamtabschlusses entbehrlich wird. Eine solche Gegebenheit unterbricht nicht nur die Zeitreihe<br />

der jährlichen Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses, sondern kann sich auch in erheblichem Maße<br />

auf die gemeindliche Gesamtsteuerung auswirken.<br />

Diese örtliche Sachlage bedingt gleichwohl nicht, dass die Gemeinde deshalb auf die Fortsetzung ihrer Gesamtsteuerung<br />

verzichten kann. Bei einer Betrachtung der gemeindlichen Verwaltung und der gemeindlichen Betriebe<br />

als wirtschaftliche Einheit und einem entsprechenden Handeln der Verantwortlichen in der Gemeinde besteht aus<br />

Gründen der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde und ihrer Weiterentwicklung fortwährend ein sinnvoller<br />

Bedarf und Anlass für eine laufende Gesamtsteuerung der Gemeinde.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1100


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

12. Teil GO <strong>NRW</strong><br />

Aus diesen Gegebenheiten lässt sich daher ableiten, dass nicht auf eine gemeindliche Gesamtsteuerung verzichtet<br />

werden soll, auch wenn nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften für die Gemeinde zum Abschlussstichtag<br />

eines Haushaltsjahres keine Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses besteht. In den Fällen des Ver-<br />

zichts auf einen gemeindlichen Gesamtabschluss ist es für die Gemeinde gleichwohl sachlich notwendig, sich ein<br />

Bild bzw. einen Überblick über ihre wirtschaftliche Gesamtlage zu verschaffen. Der gemeindliche Jahresabschluss<br />

kann in solchen Fällen eine Ausgangsgrundlage für die örtliche Gesamtsteuerung bieten, wenn die Jahresabschlüsse<br />

der einzelnen gemeindlichen Betriebe dabei nicht unbeachtet bleiben.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 1101


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 116<br />

Gesamtabschluss<br />

(1) 1 Die Gemeinde hat in jedem Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag 31. Dezember einen Gesamtabschluss<br />

unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen. 2 Er besteht aus der Gesamtergebnisrechnung,<br />

der Gesamtbilanz und dem Gesamtanhang und ist um einen Gesamtlagebericht zu ergänzen. 3 Der<br />

Rat bestätigt den geprüften Gesamtabschluss durch Beschluss. 4 § 96 findet entsprechende Anwendung.<br />

(2) 1 Zu dem Gesamtabschluss hat die Gemeinde ihren Jahresabschluss nach § 95 und die Jahresabschlüsse des<br />

gleichen Geschäftsjahres aller verselbstständigten Aufgabenbereiche in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher<br />

Form zu konsolidieren. 2 Auf den Gesamtabschluss sind, soweit seine Eigenart keine Abweichung erfordert,<br />

§ 88 und § 91 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.<br />

(3) 1 In den Gesamtabschluss müssen verselbstständigte Aufgabenbereiche nach Absatz 2 nicht einbezogen<br />

werden, wenn sie für die Verpflichtung, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung sind.<br />

2 Dies ist im Gesamtanhang darzustellen.<br />

(4) Am Schluss des Gesamtlageberichtes sind für die Mitglieder des Verwaltungsvorstands nach § 70, soweit<br />

dieser nicht zu bilden ist, für den Bürgermeister und den Kämmerer, sowie für die Ratsmitglieder, auch wenn die<br />

Personen im Haushaltsjahr ausgeschieden sind, anzugeben:<br />

1. der Familienname mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen,<br />

2. der ausgeübte Beruf,<br />

3. die Mitgliedschaften in Aufsichtsräten und anderen Kontrollgremien i.S.d. § 125 Abs. 1 Satz 3 des Aktiengesetzes,<br />

4. die Mitgliedschaft in Organen von verselbstständigten Aufgabenbereichen der Gemeinde in öffentlichrechtlicher<br />

oder privatrechtlicher Form,<br />

5. die Mitgliedschaft in Organen sonstiger privatrechtlicher Unternehmen.<br />

(5) 1 Der Gesamtabschluss ist innerhalb der ersten neun Monate nach dem Abschlussstichtag aufzustellen. 2 § 95<br />

Absatz 3 findet für die Aufstellung des Gesamtabschlusses entsprechende Anwendung.<br />

(6) 1 Der Gesamtabschluss ist vom Rechnungsprüfungsausschuss dahingehend zu prüfen, ob er ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde<br />

unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt. 2 Die Prüfung des Gesamtabschlusses<br />

erstreckt sich darauf, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen und sonstigen<br />

ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind. 3 Der Gesamtlagebericht ist darauf zu prüfen, ob er mit<br />

dem Gesamtabschluss in Einklang steht und ob seine sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der<br />

Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde erwecken. 4 § 101 Abs. 2 bis 8 gilt entsprechend.<br />

(7) In die Prüfung nach Absatz 6 müssen die Jahresabschlüsse der verselbstständigten Aufgabenbereiche nicht<br />

einbezogen werden, wenn diese nach gesetzlichen Vorschriften geprüft worden sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1102


Erläuterungen zu § 116:<br />

I. Allgemeines<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

1. Die Zwecke des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Gemeinde soll jährlich einen Gesamtabschluss aufstellen, damit der Gesamtüberblick über ihre Vermögens-,<br />

Schulden-, Finanz- und Ertragsgesamtlage gewährleistet und dauerhaft gesichert wird. Der gemeindliche Gesamtabschluss<br />

dient aber auch dazu, den negativen Folgen auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft aus der<br />

Verschiebung von gemeindlichen Aufgaben in Betriebe der Gemeinde entgegen zu wirken. Als gemeindlicher<br />

Betrieb gilt dabei eine organisatorisch selbstständige Wirtschaftseinheit der Gemeinde, die kaufmännische oder<br />

wirtschaftliche Interessen verfolgt, und zwar unabhängig von ihrer öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen<br />

Rechtsform. Durch den Gesamtabschluss der Gemeinde soll die Qualität der Rechenschaft über die Aufgabenerledigung<br />

der Gemeinde im abgelaufenen Haushaltsjahr wesentlich erhöht werden. Außerdem soll der gemeindliche<br />

Gesamtabschluss zu einer Verbesserung der Steuerungsmöglichkeiten der Gemeinde beitragen. In diesem<br />

Zusammenhang werden durch die Vorschrift die Inhalte und Zwecke des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

näher bestimmt.<br />

Die Funktion des gemeindlichen Gesamtabschlusses besteht in der Vermittlung des den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechenden Bildes der gesamten Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde.<br />

Die weiteren Voraussetzungen und Gestaltungsmöglichkeiten des Gesamtabschlusses sowie die Vorgaben<br />

für die Umsetzung der Konsolidierung sind unter Einbeziehung der §§ 117 und 118 GO <strong>NRW</strong> in den §§ 49 bis 52<br />

des siebten Abschnitts der Gemeindehaushaltsverordnung <strong>NRW</strong> näher bestimmt worden. Der Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde dient der Information über die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde und ersetzt nicht die einzelnen<br />

Jahresabschlüsse der Gemeinde und ihrer Betriebe.<br />

Bei den getroffenen Festlegungen ist wesentlich, dass durch die rechnerische Zusammenfassung der Gemeinde<br />

mit ihren Betrieben die Fiktion einer wirtschaftlichen Einheit aus gemeindlicher Verwaltung und Betrieben der<br />

Gemeinde, aber keine eigenständige Rechtspersönlichkeit entsteht. Als Betrieb gilt dabei eine organisatorisch<br />

selbstständige Wirtschaftseinheit der Gemeinde, die kaufmännische oder wirtschaftliche Interessen verfolgt, und<br />

zwar unabhängig von ihrer Rechtsform. Der gemeindliche Gesamtabschluss hat dabei keine Zahlungsbemessungsfunktion,<br />

z.B. für die Berechnung von Ausschüttungen oder Verlustabdeckungen und ist auch keine Grundlage<br />

für Zwecke der Besteuerung.<br />

1.2 Die örtliche Prüfung vor der Feststellung<br />

Zum Budgetrecht des Rates der Gemeinde, den Rahmen und die Bedingungen zur Ausführung der jährlichen<br />

gemeindlichen Haushaltswirtschaft zu bestimmen, gehört es, nach Ablauf des Haushaltsjahres das Ergebnis der<br />

gesamten gemeindlichen Haushaltswirtschaft in Form des Gesamtabschlusses zu bestätigen. Dieses Recht beinhaltet<br />

aber auch die Pflicht des Rates, vor der Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses eine Prüfung<br />

in der Sache durchzuführen. In dieser Prüfung müssen die Prüfungsergebnisse der Jahresabschlüsse der gemeindlichen<br />

Verwaltung und der Betriebe der Gemeinde berücksichtigt werden, weil der gemeindliche Gesamtabschluss<br />

auf diesen Jahresabschlüssen aufbaut.<br />

Die Prüfung des Gesamtabschlusses obliegt dabei dem Rechnungsprüfungsausschuss, einem Pflichtausschuss<br />

des Rates (vgl. § 57 i.V.m. den § 59 GO <strong>NRW</strong>). Er ist gegenüber dem Rat berichtspflichtig und hat deshalb über<br />

die Art und den Umfang der Prüfung sowie über das Ergebnis der Prüfung einen Prüfungsbericht mit einem Bestätigungsvermerk<br />

oder der Vermerk über seine Versagung zu erstellen. Die Gesamtabschlussprüfung stellt da-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1103


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

bei vorrangig eine gemeindeinterne und verwaltungstechnische Kontrolle dar. Sie dient als vorbereitende Maßnahme<br />

für die Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses auch der Beschlussfassung durch den Rat.<br />

Das Ziel der gemeindlichen Gesamtabschlussprüfung ist ein Urteil des Rechnungsprüfungsausschusses darüber,<br />

ob und mit welchem Ergebnis der Auftrag des Rates die Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr entsprechend<br />

seinen Beschlüssen auszuführen, erledigt wurde. Der Nachweis darüber wird dadurch erbracht, dass<br />

der gemeindliche Gesamtabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung vermittelt und festgestellt wird, dass die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Satzungen<br />

und die sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind.<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Gesamtabschlussprüfung gilt es, relevante Prüfungsaussagen mit hinreichender<br />

Sicherheit unter Beachtung des Grundsatzes der Wesentlichkeit und des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit treffen<br />

zu können. Auch soll im Rahmen der Gesamtabschlussprüfung eine zukunftsorientierte Beurteilung der<br />

Chancen und Risiken für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde vorgenommen werden. In die<br />

gemeindliche Gesamtabschlussprüfung sollen daher auch qualitative sowie zukunftsbezogene, aber auch prozessorientierte<br />

Einflussfaktoren, die sich auf die Gemeinde auswirken, einbezogen und beurteilt werden. Eine<br />

lückenlose Prüfung sollte nur dann beabsichtigt werden, wenn das Ziel der Abschlussprüfung nicht anders erreicht<br />

werden kann. Die Abschlussprüfung ist ihrem Wesen nach nicht darauf ausgerichtet, einzelne Tatbestände<br />

und Verstöße gegen außerhalb der Ausführung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft und Buchführung liegende<br />

Vorgaben aufzudecken und festzustellen.<br />

1.3 Keine gesonderte überörtliche Prüfung<br />

Die gesamte Haushaltswirtschaft der Gemeinde unterliegt der überörtlichen Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt.<br />

Diese Prüfung stellt dabei eine Aufsichtsprüfung dar (vgl. § 105 GO <strong>NRW</strong>). Sie unterscheidet sich<br />

zudem von der örtlichen Rechnungsprüfung dadurch, dass sie von einer außerhalb der Gemeindeverwaltung<br />

stehenden Stelle durchgeführt wird, während die örtliche Rechnungsprüfung i.d.R. durch eine gemeindeeigene<br />

Stelle vorzunehmen ist (vgl. § 102 GO <strong>NRW</strong>). In diese Prüfung kann der gemeindliche Gesamtabschluss soweit<br />

einbezogen werden, wenn ein entsprechendes sachliches Erfordernis besteht oder die Beurteilung der Haushaltswirtschaft<br />

besondere Informationen aus dem gemeindlichen Gesamtabschluss benötigt. Er wird dadurch<br />

jedoch nicht zum eigenständigen Prüfungsgegenstand der überörtlichen Prüfung, deren Berechtigung und Zuständigkeit<br />

auf der Vorschrift des § 105 GO <strong>NRW</strong> beruht.<br />

2. Die Adressaten des Gesamtabschlusses<br />

2.1 Die Ausgangslage<br />

Die gemeindliche Haushaltswirtschaft und die Aufgabenerfüllung der Gemeinde lassen sich nach den gemeindlichen<br />

Zielen und nach der Transparenz über die örtliche Umsetzung sowie nach den Adressaten beurteilen. Als<br />

Adressaten sind dabei Gruppen und/oder Personen anzusehen, die durch das haushaltswirtschaftliche Handeln<br />

der Gemeinde beeinflusst werden oder die ein besonderes Interesse an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

haben. Die Adressaten können Ansprüche auf gemeindliche Leistungen haben, z.B. im Rahmen der sozialen<br />

Sicherung, in Geschäftsbeziehungen mit der Gemeinde stehen, z. B. Kreditgeber, oder in ihren ortsbezogenen<br />

Lebensverhältnissen den Finanzbedarf für die gemeindliche Aufgabenerfüllung unmittelbar erfahren, z. B. als<br />

Grundsteuerpflichtige. Der Adressatenkreis besteht dabei aus einer unbestimmten Zahl von Interessengruppen<br />

und Personen mit unterschiedlichen Informationsbedürfnissen und Transparenzansprüchen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1104


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Interessen der Adressaten sind aber für die Gemeinde so gewichtig, dass diese in die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

einbezogen werden müssen. Deren Bedeutung für die Gemeinde zeigt sich z. B. daran, dass die<br />

Adressaten an der Aufstellung der gemeindlichen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen mitwirken können und die<br />

haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinde ständig zur Einsichtnahme verfügbar sein müssen. Die Gemeinde<br />

hat dabei zu beachten, dass dafür besondere gesetzliche Vorgaben bestehen (vgl. §§ 80, 95 und 116 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Wichtige Adressatengruppen werden nachfolgend näher vorgestellt (vgl. Abbildung).<br />

ADRESSATENKREIS<br />

Der Rat<br />

der Gemeinde<br />

Der Bürgermeister<br />

der Gemeinde<br />

Die Beschäftigten<br />

der Gemeinde<br />

Die Betriebe<br />

der Gemeinde<br />

Die Adressaten des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

GEMEINDEORDNUNG 1105<br />

INFORMATIONSINTERESSEN<br />

Die Informationen über die gemeindliche Haushaltswirtschaft sind<br />

von der Haushaltsplanung bis zum gemeindlichen Jahresabschluss<br />

und dem Gesamtabschluss eine Grundlage für die Steuerung<br />

der Gemeinde durch den Rat als Träger der Gemeindeverwaltung<br />

(vgl. § 40 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Er ist als gemeindliches<br />

Vertretungsorgan für alle Angelegenheiten der Gemeinde<br />

grundsätzlich zuständig (vgl. § 41 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Dieses gemeindliche Organ nutzt dabei als Gremium auch die<br />

haushaltswirtschaftlichen Informationen gegenüber anderen Adressatengruppen,<br />

z. B. die Daten des gemeindlichen Jahresabschlusses,<br />

um bei Nachfragen der Bürgerinnen und Bürger sowie<br />

gegenüber anderen Dritten ggf. im Sinne einer Rechenschaft<br />

sachgerechte Angaben machen zu können. Das Informationsinteresse<br />

des Rates wird aber auch durch die Kontrollaufgabe über die<br />

gemeindliche Verwaltung begründet (vgl. § 55 GO <strong>NRW</strong>). Es<br />

richtet sich auch auf das erzielbare Jahresergebnis aus und dient<br />

aber auch dazu, eine Bilanzpolitik unter Berücksichtigung der<br />

wirtschaftlichen Lage umsetzen zu können.<br />

Im Rahmen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ist der Bürgermeister<br />

ein wichtiger Adressat, denn einerseits ist er verantwortlich<br />

für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs<br />

der gesamten Verwaltung der Gemeinde und leitet und verteilt die<br />

Geschäfte (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits bedarf es<br />

im Rahmen des jährlichen Jahresabschlusses der Entscheidung<br />

der Ratsmitglieder über seine Entlastung wegen der Ausführung<br />

der gemeindlichen Haushaltswirtschaft (vgl. § 96 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Dadurch besteht beim Bürgermeister ein erhebliches Informationsbedürfnis,<br />

das sich zudem unmittelbar und mittelbar auf<br />

seine Managemententscheidungen auswirken dürfte. Sein Informationsinteresse<br />

richtet sich daher auch auf das erzielbare Jahresergebnis<br />

aus und dient aber auch dazu, eine eigenständige<br />

Bilanzpolitik unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage<br />

umsetzen zu können.<br />

Die Beschäftigten der Gemeinde verfolgen ihre Interessen insbesondere<br />

über ihre gewählten Vertreter und sind gleichzeitig an die<br />

Vorgaben der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gebunden.<br />

Daher besteht i.d.R. vielfach ein Bedarf der Beschäftigten an<br />

Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde sowie<br />

über deren Risiken und Chancen, um persönliche Entscheidungen<br />

im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis treffen zu können.<br />

Insbesondere in den Fällen der defizitären Haushaltslage einer<br />

Gemeinde dürfte sich das Informationsinteresse der Beschäftigten<br />

ändern, da diese einerseits durch gesetzliche Vorgaben und örtliche<br />

Regelungen in der Ausführung der oftmals im Rahmen der<br />

Beschlüsse des Rates in der eigenverantwortlichen Bewirtschaftung<br />

des Haushalts beschränkt werden und andererseits oftmals<br />

ihre persönlichen Entwicklungen betroffen sehen.<br />

Die gemeindlichen Betriebe stellen ebenfalls Adressaten für die<br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft dar, denn vielfach bestehen


ADRESSATENKREIS<br />

Die Bürgerinnen und Bürger<br />

der Gemeinde<br />

Die Aufsichtsbehörde<br />

der Gemeinde<br />

Die Kreditgeber<br />

der Gemeinde<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Adressaten des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

GEMEINDEORDNUNG 1106<br />

INFORMATIONSINTERESSEN<br />

umfangreiche Finanzbeziehungen zwischen der gemeindlichen<br />

Verwaltung und den Betrieben der Gemeinde. Ihre Tätigkeit im<br />

Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung führt zudem dazu,<br />

die Betriebe als ein eigenständiger Adressatenkreis anzusehen<br />

und zu behandeln. Außerdem bilden die Betriebe bei besonderen<br />

haushaltswirtschaftlichen Gegebenheiten, z.B. im Rahmen der<br />

Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses nach § 116<br />

GO <strong>NRW</strong>, noch gesonderte Interessengruppen gegenüber der<br />

gemeindlichen Verwaltung.<br />

Für die gemeindliche Haushaltswirtschaft sind die Bürgerinnen und<br />

Bürger als ein Teil der Bevölkerung in der Gemeinde eine wichtige<br />

Adressatengruppe, denn diese sind zu den Gemeindewahlen<br />

wahlberechtigt (vgl. § 21 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Gegenüber den<br />

Einwohnern und Abgabepflichtigen, die z.B. nach § 80 Absatz 3<br />

GO <strong>NRW</strong> Einwendungen gegen die gemeindliche Haushaltssatzung<br />

erheben können, ist der Unterschied von nicht erheblicher<br />

Bedeutung. Ein Einwohner ist die Person, die in der Gemeinde<br />

wohnt (vgl. § 21 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die Abgabepflichtigen können<br />

dabei Grundbesitzer und Gewerbetreibende sein, die ihren<br />

Wohnsitz aber nicht in der Gemeinde haben müssen. Die Bürgerinnen<br />

und Bürger bestimmen dagegen über ihre Wahlberechtigung<br />

nach den §§ 7 und 8 KWahlG die Zusammensetzung des<br />

Rates der Gemeinde, der für alle Angelegenheiten der Gemeinde<br />

und damit auch für die gemeindliche Haushaltswirtschaft grundsätzlich<br />

zuständig ist (vgl. § 41 Absatz 1 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Nach der Gemeindeordnung soll die Aufsicht des Landes die<br />

Gemeinde in ihren Rechten schützen und die Erfüllung der Pflichten<br />

sichern (vgl. § 11 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde hat daher<br />

die Aufgabe die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung der Gemeinde<br />

zu überwachen. Die Einbeziehung der Aufsichtsbehörde in die<br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft wird durch eine Vielzahl von<br />

Bestimmungen festgelegt, z.B. durch die Anzeige des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses nach § 116 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz<br />

2 GO <strong>NRW</strong>. Besonders aber in den Fällen einer defizitären Haushaltslage<br />

der Gemeinde, die ggf. zur Verringerung der allgemeinen<br />

Rücklage und damit ggf. zu einem Haushaltssicherungskonzept<br />

führt, ist die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde gefordert (vgl. § 76<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Aufsichtsbehörde der Gemeinde gehört<br />

daher zu den wichtigsten Adressaten des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

als Teil der Haushaltswirtschaft der Gemeinde. Sie<br />

hat jedoch zu berücksichtigen, dass der gemeindliche Gesamtabschluss<br />

nicht Gegenstand der überörtlichen Prüfung nach § 105<br />

GO <strong>NRW</strong> ist.<br />

Die Gemeinde darf im Rahmen ihrer Investitionstätigkeit Kredite<br />

aufnehmen, wenn die daraus übernommenen Verpflichtungen mit<br />

der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde in Einklang stehen<br />

(vgl. § 86 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Sie kann auch zur Sicherung<br />

der rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen Kredite zur Liquiditätssicherung<br />

bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten<br />

Höchstbetrag aufnehmen, soweit dafür keine anderen Mittel zur<br />

Verfügung stehen (vgl. § 89 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>). Die Banken und<br />

Sparkassen sowie die Kreditinstitute sind daher ein potentielles<br />

Interessente an Informationen über die wirtschaftliche Lage der<br />

Gemeinde, über ihre Haushaltsplanung sowie über den gemeindlichen<br />

Jahresabschluss und die künftigen Risiken und Chancen.<br />

Dieses Interesse ist noch dadurch verstärkt worden, dass die<br />

Banken als Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet<br />

sind, ihre Kunden, also auch die Gemeinde, anhand der gesetzlich<br />

vorgegebenen Kriterien zu klassifizieren und diese Einstufung<br />

Auswirkungen auf die Bankleistungen gegenüber der Gemeinde


ADRESSATENKREIS<br />

Die Geschäftspartner<br />

der Gemeinde<br />

Die sonstige<br />

Öffentlichkeit<br />

3. Die Unterrichtung des Rates<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Adressaten des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

hat.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1107<br />

INFORMATIONSINTERESSEN<br />

Die Geschäftspartner der Gemeinde, zu denen nicht nur die Lieferanten,<br />

sondern auch die Bürgerinnen und Bürger als Kunden zu<br />

zählen sind, erbringen Leistungen für die Gemeinde oder nehmen<br />

gemeindliche Leistungen in Anspruch. Bereits der gemeindliche<br />

Haushaltsplan kann dabei unter Berücksichtigung seiner Produktorientierung<br />

einen Einblick in das Leistungsspektrum der Gemeinde<br />

bieten. Die Lieferanten als Geschäftspartner der Gemeinde haben<br />

daher regelmäßiges Interesse an Informationen über die wirtschaftlichen<br />

Lage der Gemeinde und den künftigen Risiken und<br />

Chancen. Sie richten dabei ihren Blick vielfach auch auf den Zahlungsverkehr<br />

der Gemeinde, um feststellen zu können, ob und in<br />

welchen Umfang sie ggf. statusmäßig wie kurzfristige Kapitalgeber<br />

fungieren müssen.<br />

Die Öffentlichkeit als Adressat der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

beinhaltet in dieser Form auch einige der bereits zuvor<br />

benannten Interessengruppen, z.B. die Bürgerinnen und Bürger.<br />

Sie umfasst insgesamt jedoch eine unbestimmbare Zahl von<br />

Interessengruppen und Personen, die sich jeweils auch aus spezifischen<br />

Interessen heraus sich über das haushaltswirtschaftliche<br />

Handeln der Gemeinde und die sich daraus ergebenden finanziellen<br />

Wirkungen informieren wollen.<br />

Abbildung 219 „Die Adressaten des gemeindlichen Gesamtabschlusses“<br />

Die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses und seine Bestätigung durch den Rat sind gesetzlich<br />

bestimmten Fristen unterworfen worden (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>). Die in diesem gesetzlichen Rahmen festgelegten<br />

Aufstellungsfristen stellen dabei nicht nur eine Grenze für den Abschluss der örtlichen Arbeiten dar. Mit diesen<br />

Fristen wird auch bezweckt, dass im Rahmen des jährlich wiederkehrenden Haushaltskreislaufs der Rat der Gemeinde<br />

frühzeitig durch einen aktuellen Gesamtabschluss über die weitere Entwicklung der Gemeinde informiert<br />

wird. Diese Gegebenheiten hat die Gemeinde zu beachten, wenn aus zwingenden örtlichen und sachlogischen<br />

Gründen die gesetzten Fristen überschritten werden müssen. In diesen Fällen obliegt dem Bürgermeister die<br />

Unterrichtungspflicht, denn er hat den Rat der Gemeinde über alle wichtigen Gemeindeangelegenheiten zu unterrichten<br />

(vgl. § 62 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

4. Der Verzicht auf einen Gesamtabschluss<br />

Die Vorschrift enthält keine gesonderte Ausnahmeregelung, die es ermöglicht, dass die Gemeinde generell von<br />

der Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses befreit ist. Bei einzelnen Gemeinden kann ein Verzicht<br />

aber möglich sein, wenn die Gemeinde über keinen voll zu konsolidieren Betrieb verfügt. In diesen Fällen besteht<br />

bei der Gemeinde kein Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen der gemeindlichen Verwaltung und einem der Betriebe<br />

der Gemeinde als wichtigste Voraussetzung für einen gemeindlichen Gesamtabschluss. Das Fehlen dieser<br />

Voraussetzung kann nicht dadurch geheilt werden, dass die betreffende Gemeinde über Betriebe verfügt, die<br />

nach der Equity-Methode zu konsolidieren sind. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist von der Gemeinde zu<br />

jedem neuen Abschlussstichtag zu prüfen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

In den Verzichtsfällen entsteht zudem eine besondere Unterrichtungspflicht gegenüber dem Rat, denn dieser soll<br />

in jedem Haushaltsjahr den gemeindlichen Gesamtabschluss bestätigen. Er wird aber durch den Verzicht auf die<br />

Aufstellung des Gesamtabschlusses von seiner Aufgabe befreit. Gleichwohl erlischt in diesen Fällen des Ver-<br />

zichts nicht die grundsätzliche Prüfungspflicht für den gemeindlichen Gesamtabschluss. Die Prüfungspflicht ist<br />

dann nur darauf ausgerichtet, ob örtlich die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Aufstellung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses vorliegen. Mit dem festgestellten Prüfungsergebnis kann dann der notwendigen Unterrichtspflicht<br />

gegenüber dem Rat sachlich und verfahrensmäßig - entsprechend der ansonsten notwendigen Zuleitung<br />

des Entwurfs des Gesamtabschlusses an den Rat - nachgekommen werden.<br />

Ein Verzicht auf die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses ist jedoch nicht über die Experimentierklausel<br />

möglich (vgl. § 129 GO <strong>NRW</strong>). Nach dieser Vorschrift kann zur Erprobung neuer Steuerungsmodelle und<br />

zur Weiterentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung im Einzelfall eine zeitlich begrenzte Ausnahme von<br />

organisations- und haushaltsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung zugelassen werden. Die Zulassung<br />

einer Ausnahme von der Vorgabe des § 116 GO <strong>NRW</strong> würde eine geeignete Alternative erfordern, um dem<br />

Zweck der Vorschrift zu genügen und die Erfüllung des Gesetzesauftrages sicherzustellen.<br />

Ein alleiniger Verzicht auf die Umsetzung einer gesetzlichen Vorgabe dürfte nicht geeignet sein und auch kein<br />

neues Steuerungsmodell im Sinne der Vorschrift darstellen, aber auch nicht zur Weiterentwicklung der kommunalen<br />

Selbstverwaltung beitragen. Unter der Annahme, dass die Nutzung der Experimentierklausel möglich wäre,<br />

würde eine zugelassene Ausnahme nur befristet in die Zukunft wirken. Aus der Vorschrift der Gemeindeordnung<br />

lässt sich jedenfalls keine mehrjährige Rückwirkung ableiten. Die bereits bestehende gesetzliche Verpflichtung,<br />

einen Gesamtabschluss bezogen auf die Abschlussstichtage 31. Dezember 2010 und 31. Dezember 2011 aufstellen,<br />

lässt sich auch mit der Experimentierklausel nicht umgehen.<br />

5. Die Prüfung bei Entbehrlichkeit des Gesamtabschlusses<br />

Die Vorschrift des § 116 GO <strong>NRW</strong> enthält keine gesonderte Ausnahmeregelung, die es ermöglicht, dass die Gemeinde<br />

generell von der Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses befreit ist. Bei einzelnen Gemeinden<br />

können besondere Fallgestaltungen im Rahmen ihrer Beteiligungen vorliegen, die dazu führen, dass für die<br />

Gemeinde die Aufstellung eines Gesamtabschlusses zum Abschlussstichtag entbehrlich wird. Ein solcher Sachverhalt<br />

liegt z. B. vor, wenn die Gemeinde über keinen voll zu konsolidieren Betrieb verfügt. In solchen Fällen fehlt<br />

es an der wichtigsten Voraussetzung für einen gemeindlichen Gesamtabschluss, dass ein Mutter-Tochter-<br />

Verhältnis zwischen der gemeindlichen Verwaltung und mindestens einem Betrieb der Gemeinde besteht. Das<br />

Fehlen dieser Voraussetzung kann nicht dadurch geheilt werden, dass die betreffende Gemeinde über Betriebe<br />

verfügt, die nach der Equity-Methode zu konsolidieren wären.<br />

Die Gemeinde kann in solchen Fällen auf die Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses zwar verzichten,<br />

jedoch erlischt nicht die in dieser Vorschrift enthaltene ausdrückliche Prüfungspflicht. Sie ist bei einem nicht<br />

erforderlichen Gesamtabschluss von der örtlichen Rechnungsprüfung in der Art und Weise auszuüben, dass<br />

geprüft wird, ob örtlich die Voraussetzungen dafür vorliegen. Sofern im Rahmen der örtlichen Prüfung jedoch<br />

festgestellt wird, dass für die Gemeinde eine Verpflichtung zur Aufstellung eines örtlichen Gesamtabschlusses<br />

besteht, ist vom Bürgermeister das Notwendige dazu zu veranlassen. Ein solcher Verzicht wirkt nur für den betreffenden<br />

Abschlussstichtag. Von der Gemeinde ist zu jedem nachfolgenden Abschlussstichtag erneut zu beurteilen,<br />

ob eine Pflicht zur Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses besteht. Ebenso ist das Ergebnis<br />

einer solchen örtlichen Abwägung und Entscheidung von der örtlichen Rechnungsprüfung zu prüfen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1108


II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Gesamtabschluss):<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1 Zu Satz 1 (Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung des Gesamtabschlusses):<br />

1.1.1 Das Verfahren zur Bestätigung des Gesamtabschlusses<br />

Nach dieser Vorschrift hat die Gemeinde in jedem Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag 31. Dezember einen<br />

Gesamtabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen. Der Entwurf des<br />

Gesamtabschlusses wird vom Kämmerer aufgestellt, dem Bürgermeister zur Bestätigung zugeleitet und nach<br />

seiner Prüfung vom Rat bestätigt (vgl. § 116 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Der Bestätigung des Gesamtabschlusses der<br />

Gemeinde gehen mehrere Verfahrensschritte, die terminlich bestimmt sein müssen, voraus. Die nachfolgende<br />

Übersicht zeigt den Verfahrensablauf schematisch auf (vgl. Abbildung).<br />

Das Aufstellungsverfahren beim Gesamtabschluss<br />

AUFSTELLUNGSSCHRITT<br />

Aufstellung des Entwurfes<br />

Zuleitung des Entwurfes<br />

Prüfung<br />

des Gesamtabschlusses<br />

Beratung und Bestätigung<br />

des Gesamtabschlusses<br />

Anzeige<br />

des Gesamtabschlusses<br />

Bekanntmachung<br />

des Gesamtabschlusses<br />

Verfügbarhalten<br />

des Gesamtabschlusses<br />

1.1.2 Die Zwecke des Gesamtabschlusses<br />

GEMEINDEORDNUNG 1109<br />

ZUSTÄNDIGKEITEN<br />

durch den Kämmerer und Bestätigung durch den<br />

Bürgermeister (§ 116 Absatz 5 i.V.m. § 95 Absatz 3<br />

GO <strong>NRW</strong>).<br />

an den Rat (§ 116 i.V.m. § 95 Absatz 3 Satz 2 GO<br />

<strong>NRW</strong>; soll innerhalb von neun Monaten nach Ablauf<br />

des Haushaltsjahres erfolgen).<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss (§ 116<br />

Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>) Welcher Bestätigungsvermerk<br />

liegt vor? (§ 101 Absatz 4 und 5 GO <strong>NRW</strong>).<br />

durch den Rat (§ 116 Absatz 1GO <strong>NRW</strong>; bis spätestens<br />

31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden<br />

Jahres), Entlastung des Bürgermeisters (§<br />

116 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz 1 Satz 4 GO <strong>NRW</strong>).<br />

bei der Aufsichtsbehörde (§ 116 Absatz 1 i.V.m. § 96<br />

Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

(§ 116 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>; soll<br />

verfügbar gehalten werden).<br />

(§ 116 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>; er<br />

soll bis zur Bestätigung des folgenden Gesamtabschlusses<br />

verfügbar gehalten werden).<br />

Abbildung 220 „Das Aufstellungsverfahren beim Gesamtabschluss“<br />

In der Haushaltswirtschaft der Gemeinde kommt dem Gesamtabschluss - wie im kaufmännischen Rechnungswesen<br />

der Konzernabschluss - eine große Bedeutung zu. Er gibt Rechenschaft über die gesamte Aufgabenerledi-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

gung und die wirtschaftliche Gesamtentwicklung der Gemeinde unter Einbeziehung ihrer Betriebe als verselbstständigte<br />

Aufgabenbereiche. Die Gemeinde ist daher verpflichtet, jährlich zum Abschlussstichtag 31. Dezember<br />

des Haushaltsjahres einen Gesamtabschluss unter Beachtung der GoB aufzustellen. Der gemeindliche Gesamt-<br />

abschluss soll ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und<br />

Finanzgesamtlage der Gemeinde vermitteln.<br />

In den Gesamtabschluss der Gemeinde sind deshalb in der Gesamtbilanz die Vermögensgegenstände, Schulden<br />

und Rechnungsabgrenzungsposten der gemeindlichen Verwaltung sowie der in den Konsolidierungskreis einbezogenen<br />

Betriebe der Gemeinde anzusetzen. In die Gesamtergebnisrechnung sind die Erträge und Aufwendungen<br />

vollständig aufzunehmen. Die Bilanzierungspflichten richten sich dabei unter Beachtung der GoB nach den<br />

für den Jahreabschluss der Gemeinde geltenden Vorschriften, einschließlich der zulässigen Bilanzierungswahlrechte<br />

und Bilanzierungsverbote.<br />

1.1.3 Die Grundsätze für den ordnungsgemäßen Gesamtabschluss<br />

1.1.3.1 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung<br />

Die Aufstellung des Gesamtabschlusses ist unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

vorzunehmen. Zum handelsrechtlichen Konzernabschluss haben sich noch die Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Konzernrechnungslegung (GoK) entwickelt. Diese Grundsätze sollen auch beim Gesamtabschluss der Gemeinde<br />

zur Anwendung kommen. Die einzelnen Grundsätze sind nachfolgend aufgeführt (vgl. Abbildung).<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung<br />

- Grundsatz der Fiktion der rechtlichen Einheit (Einheitstheorie).<br />

- Grundsatz der Einheitlichkeit (der Abschlussstichtage, der Währung, des Ausweises.<br />

- Grundsatz der Vollständigkeit (des Konsolidierungskreises).<br />

- Grundsatz der Einheitlichkeit der Bilanzierung und Bewertung.<br />

- Grundsatz der Stetigkeit der Konsolidierungsmethoden (zeitlich und sachlich).<br />

- Grundsatz der Eliminierung konzerninterner Beziehungen.<br />

- Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit.<br />

Abbildung 221 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung“<br />

Diese Grundsätze sollen im Rahmen der Aufstellung des Gesamtabschlusses der Gemeinde gewährleisten, dass<br />

die Zusammenfassung der Jahresabschlüsse der gemeindlichen Verwaltung und der Betriebe der Gemeinde<br />

unter Anwendung der maßgeblichen Einheitstheorie erfolgt und der Gesamtabschluss ein Bild über die wirtschaftliche<br />

Gesamtlage der Gemeinde vermittelt, als wäre die gemeindliche Verwaltung zusammen mit den Betrieben<br />

der Gemeinde eine einzige wirtschaftliche Einheit („Fiktion der wirtschaftlichen Einheit“).<br />

Die GoK ergänzen in diesem Sinne die für den Gesamtabschluss einschlägigen haushaltsrechtlichen und handelsrechtlichen<br />

Vorschriften einschließlich der GoB. Zu den GoK gehören auch die Deutschen Rechnungsle-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1110


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

gungsstandards. Diese Standards gelten als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung auch für den Gesamtabschluss,<br />

wenn sie vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) nach § 342 Absatz 2 HGB bekannt gemacht worden<br />

sind. Die Gemeinden müssen daraus den DRS 2 der Aufstellung der Kapitalflussrechnung zugrunde legen (vgl. §<br />

51 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Bei der örtlichen Aufstellung des Gesamtabschlusses kann es notwendig werden, zwischen konkurrierenden<br />

Sachverhalten eine Abwägung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung vorzunehmen, weil sich aus den<br />

Konsolidierungspflichten, -wahlrechten und -verboten i.V.m. den zu beachtenden Grundsätzen ggf. Zielkonflikte<br />

für die Gemeinde ergeben können. Die vernünftige Beurteilung beinhaltet dabei die Prüfung von Chancen und<br />

Risiken unter Beachtung des Vorsichtsprinzips, des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und des Grundsatzes der<br />

Wesentlichkeit. Sie muss in sich schlüssig und willkürfrei sein, sodass das Ergebnis aus objektiven Gegebenheiten<br />

logisch ableitbar ist. Unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit muss zudem zwischen den Kosten der Rechnungslegung<br />

und dem Informationszuwachs ein angemessenes Verhältnis bestehen.<br />

1.1.3.2 Der Grundsatz „Fiktion der wirtschaftlichen Einheit“<br />

Die gesetzlichen Festlegungen von Zielen und Zwecken des gemeindlichen Gesamtabschlusses sollen zu einem<br />

Überblick über die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde führen. Dadurch soll<br />

ein haushaltswirtschaftlich zutreffendes Ergebnis der gesamten jahresbezogenen Tätigkeit (Aufgabenerfüllung)<br />

der Gemeinde ermöglicht und dargestellt werden. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben soll die Gemeinde als<br />

eine einzige wirtschaftliche Einheit gelten, bei der die Geschäfts- und Verwaltungstätigkeit der gemeindlichen<br />

Verwaltung und der Betriebe der Gemeinde zusammengefasst und darstellt werden, ohne dass dafür eine eigenständige<br />

rechtliche Einheit zu schaffen ist. Es bedarf dazu der einheitlichen Anwendung von Ansatz-, Bewertungs-<br />

und Ausweisregeln sowie der Abgrenzung und Eliminierung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen<br />

den Beteiligten. Der gemeindliche Gesamtabschluss macht dabei die Jahresabschlüsse der gemeindlichen Verwaltung<br />

und der gemeindlichen Betriebe nicht überflüssig.<br />

Diese Gegebenheiten führen dazu, dass dem gemeindlichen Gesamtabschluss die „Fiktion der wirtschaftlichen<br />

Einheit“ zugrunde zu legen ist. Das Vorliegen einer faktischen wirtschaftlichen Einheit kann dabei i.d.R. nicht<br />

angenommen werden, denn viele gemeindliche Betriebe des Vollkonsolidierungskreises führen zwar gemeindliche<br />

Aufgaben durch, doch diese in rechtlich selbstständiger Form. Sie können vergleichsweise wie ein Fachbereich<br />

oder eine Abteilung der gemeindlichen Verwaltung betrachtet werden. Einer solchen Betrachtung bedarf es<br />

beim gemeindlichen Gesamtabschluss, sodass die Einheitstheorie in Form der „Fiktion der wirtschaftlichen Einheit“<br />

eine zutreffende und sachgerechte rechnungslegende Form für die Gemeinde darstellt und entsprechend<br />

umzusetzen ist.<br />

Zur Herstellung einer „wirtschaftlichen Einheit“ zwischen den Betrieben der Gemeinde und der gemeindlichen<br />

Verwaltung genügt es aber nicht, die einzelnen Jahresabschlüsse mathematisch zusammenzurechnen. Vielmehr<br />

ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der gemeindlichen Verwaltung und den<br />

Betrieben der Gemeinde sowie zwischen den Betrieben ein haushaltswirtschaftliches Ergebnis zu ermitteln, das<br />

in wirtschaftlicher Hinsicht der Aufgabenerfüllung der Gemeinde entspricht. Die daraus entstandene Vermögensund<br />

Schuldengesamtlage ist im gemeindlichen Gesamtabschluss zutreffend darzustellen und zu vermitteln.<br />

1.1.3.3 Der Grundsatz der Wesentlichkeit<br />

Der Grundsatz der Wesentlichkeit konkretisiert den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit insoweit, als er bestimmt,<br />

dass aus der Anwendung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit nur dann Vereinfachungen der Rechnungslegung<br />

begründet werden können, wenn sich hieraus keine Informationsnachteile für die Adressaten des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses ergeben. Er kann dabei quantitativ in einem bestimmten Wert als auch qualitativ in<br />

GEMEINDEORDNUNG 1111


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

einer Eigenschaft zur Anwendung kommen. Im Rahmen des Gesamtabschlusses der Gemeinde ist die Wesentlichkeitsgrenze<br />

aus der Bedeutung des jeweiligen örtlichen Sachverhaltes abzuleiten.<br />

Die Anwendung der Wesentlichkeit ist aber auch davon abhängig, wie sich die wirtschaftlichen Entscheidungen<br />

und die daraus entstehenden Informationen sich auf die Adressaten des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

auswirken. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass mehrere Abweichungen für sich allein betrachtet als unwesentlich<br />

anzusehen sind, zusammen aber durchaus als wesentlich zu bewerten sind. Im Zweifelsfall ist erforderlich,<br />

zutreffende Informationen über die Abweichung zu erhalten, sodass ggf. für die notwendig gewordene Entscheidung<br />

eine überschlägige Ermittlung erforderlich werden kann. Die im Rahmen des Gesamtabschlusses zu<br />

gebenden Informationen sind dann als wesentlich anzusehen, wenn durch ihr Weglassen oder ihre fehlerhafte<br />

oder unvollständige Darstellung die auf der Basis des Gesamtabschlusses getroffenen wirtschaftlichen Entscheidungen<br />

der Abschlussadressaten beeinflussen können.<br />

Eine Relevanz ist daher z. B. anzunehmen, wenn die Informationen dadurch die Adressaten beeinflussen, dass<br />

sie ihnen bei der Beurteilung von vergangenen, aktuellen oder zukünftigen Ereignissen helfen oder ihre Beurteilung<br />

bestätigten oder korrigieren. Entscheidungsrelevante Informationen sollen deshalb im gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

ausgewiesen werden. Der gemeindliche Gesamtabschluss ist nur verständlich und akzeptabel<br />

und seine Informationen bedeutsam, wenn alle wesentlichen Informationen gegeben werden. Der Grundsatz ist<br />

daher von der Gemeinde im Einzelfall bei auftretenden Abweichungen vom Regelfall unter Berücksichtigung der<br />

örtlichen Verhältnisse anzuwenden. Er beinhaltet jedoch nicht zwangsläufig, dass eine haushaltsrechtliche Vorschrift<br />

nicht angewendet werden muss, wenn der Verzicht darauf nur eine geringe Auswirkung auf die Aussagekraft,<br />

z.B. von Ergebnissen im gemeindlichen Jahresabschluss, hat.<br />

1.1.3.4 Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit<br />

Dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit kommt bei der örtlichen Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

aufgrund seiner Informationsfunktion eine große Bedeutung zu. Im gemeindlichen Gesamtabschluss müssen<br />

zwar grundsätzlich alle Bilanzierungssachverhalte (einzeln) erfasst werden, jedoch muss unter dem Aspekt der<br />

Wirtschaftlichkeit zwischen den Kosten der Rechnungslegung und dem Informationszuwachs bzw. dem Nutzen<br />

ein angemessenes Verhältnis bestehen. Der Aufwand, der im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

erforderlich ist, muss in angemessener Relation zu den zu erwartenden Ergebnissen stehen.<br />

Zulässige Vereinfachungen sollten daher bereits bei der Planung der Aufstellung berücksichtigt werden. Die Entscheidung,<br />

ob eine Unwirtschaftlichkeit bei der Aufbereitung einzelner Sachverhalte gegeben ist, muss örtlich<br />

unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände und der aus der Entscheidung entstehenden Auswirkungen<br />

entschieden werden, denn allgemeine Rahmenbedingungen bestehen nicht.<br />

Bei der Beurteilung ist aber auch auf die einzelne zu beachtende Vorschrift abzustellen, sodass ggf. ein Konflikt<br />

mit einer anderen Vorschrift entstehen kann. Ein solcher Konflikt ist im Rahmen einer Abwägung und Beachtung<br />

der Aufgabe des gemeindlichen Gesamtabschlusses, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild<br />

der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde zu vermitteln, zu lösen. In diesem<br />

Zusammenhang muss auch beurteilt werden, ob das im Vergleich zur Vollständigkeit entstehende Abweichungsrisiko<br />

im Sinne der Aufgabe bzw. Informationsfunktion des gemeindlichen Gesamtabschlusses tragfähig ist.<br />

Im Rahmen der Anwendung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit findet als Prüfungsgrundsatz auch der<br />

Grundsatz der Wesentlichkeit eine entsprechende Anwendung. Es ist von der Gemeinde abzuwägen, ob durch<br />

den aus Wirtschaftlichkeitsgründen geringeren Aufwand möglicherweise Informationen weggelassen werden oder<br />

eine fehlerhafte Darstellung entsteht, durch die zu treffende wirtschaftliche Entscheidungen der Adressaten des<br />

gemeindlichen Gesamtabschlusses beeinflusst werden können. Im Zweifelsfall ist es für die Gemeinde erforderlich,<br />

zutreffende Informationen über Abweichungen zu geben, z. B. im Gesamtanhang, sodass für die notwendig<br />

gewordenen Entscheidungen ggf. eine überschlägige Ermittlung erforderlich werden kann.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1112


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

1.1.3.5 Der Grundsatz der untergeordneten Bedeutung<br />

Im gemeindlichen Haushaltsrecht ist bestimmt worden, dass gemeindliche Betriebe nicht in den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde einzubeziehen sind, wenn sie die für die Erfüllung der Verpflichtung der Gemeinde, ein<br />

den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung sind. Diese Regelung konkretisiert damit den für<br />

den gemeindlichen Gesamtabschluss allgemein geltenden Grundsatz der Wesentlichkeit. Für die Entscheidung<br />

der Gemeinde, ob dieser Grundsatz zur Anwendung kommen kann, sind ausschließlich die örtlichen Verhältnisse<br />

zu betrachten, denn die untergeordnete Bedeutung eines gemeindlichen Betriebes für den Gesamtabschluss der<br />

Gemeinde ist von dem Gesamtbild der jeweils relevanten Umstände vor Ort abhängig.<br />

An einen möglichen Verzicht der Einbeziehung eines gemeindlichen Betriebes in den Gesamtabschluss der Gemeinde<br />

sind strenge Anforderungen zu stellen. Es muss bei der Anwendung des Grundsatzes bzw. der Inanspruchnahme<br />

der gesetzlichen Befreiungsregelung immer sowohl die Vermögenslage, die Schuldenlage, die<br />

Ertragslage sowie die Finanzlage der Gemeinde betroffen sein. Im Einzelfall kann auch die örtliche Aufgabenerfüllung<br />

von Bedeutung sein. Sie darf daher bei der Beurteilung der untergeordneten Bedeutung eines gemeindlichen<br />

Betriebes nicht unberücksichtigt bleiben. Ob die Voraussetzungen für eine Nichteinbeziehung eines gemeindlichen<br />

Betriebes in den Gesamtabschluss sachlich vor Ort gegeben sind, muss von der Gemeinde unter<br />

Beachtung der einschlägigen gemeinderechtlichen Vorschriften und unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse<br />

geprüft und entschieden werden.<br />

Für die Anwendung des Begriffes „Untergeordnete Bedeutung“ im Rahmen der Abgrenzung und Bestimmung des<br />

örtlichen Konsolidierungskreises gilt daher, dass eine untergeordnete Bedeutung eines gemeindlichen Betriebes<br />

nicht bereits dann gegeben ist, wenn von der Gemeinde nur ein geringer Anteil an einem solchen Betrieb gehalten<br />

wird. Ein einzelner gemeindlicher Betrieb kann isoliert für sich betrachtet von untergeordneter Bedeutung für<br />

die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde sein, eine Vielzahl davon kann dann aber in der Gesamtheit durchaus<br />

Bedeutung erlangen und ihr Einfluss auf die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage wesentlich<br />

sein. Bei einem Verzicht auf die Einbeziehung von mehreren gemeindlichen Betrieben in den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde muss daher die Betrachtung der einzelnen betroffenen Betriebe von untergeordneter Bedeutung<br />

durch eine Gesamtbetrachtung aller betroffenen Betriebe ergänzt werden. Eine solche Betrachtung kann<br />

ggf. dazu führen, dass die betreffenden gemeindlichen Betriebe in ihrer Gesamtheit in den Gesamtabschluss der<br />

Gemeinde einzubeziehen sind.<br />

Der Grundsatz der untergeordneten Bedeutung ist auch bei der Equity-Methode unmittelbar anzuwenden, wenn<br />

ein oder mehrere gemeindliche Betriebe zusammen für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechenden Bildes der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde von untergeordneter<br />

Bedeutung sind (vgl. § 311 Abs. 2 HGB). Diese handelsrechtliche Vorschrift besteht zusätzlich zur Regelung<br />

der haushaltsrechtlichen Vorschrift. Die haushaltsrechtliche Vorschrift trennt dabei nicht zwischen der Vollkonsolidierung<br />

und der Anwendung der Equity-Methode, sondern ist auch den Gesamtabschluss insgesamt ausgerichtet.<br />

Aus dem Nebeneinander der Vorschriften kann daher nicht geschlossen werden, dass sich der Grundsatz<br />

in der haushaltsrechtlichen Vorschrift nur auf gemeindliche Betriebe bezieht, die voll zu konsolidieren sind.<br />

1.1.3.6 Der Verzicht auf den Grundsatz „Fiktion der rechtlichen Einheit“<br />

Dem Einheitsgedanken im gemeindlichen Bereich wird durch die Konsolidierung der Jahresabschlüsse der gemeindlichen<br />

Kernverwaltung und der Betriebe der Gemeinde in der Fiktion der wirtschaftlichen Einheit in ausreichendem<br />

Maße Rechnung getragen. Es bedarf daher nicht zwingend zusätzlich noch der Fiktion der rechtlichen<br />

Einheit „Gemeinde“, denn deren Schaffung wird durch das Nebeneinander von öffentlich- rechtlichen und privat-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1113


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

rechtlichen Betrieben in sinnvoller Weise erheblich erschwert. Insbesondere auch deshalb, weil im Rahmen einer<br />

Fiktion der rechtlichen Einheit die gemeindlichen Betriebe und die gemeindliche Verwaltung fiktiv als rechtlich<br />

unselbstständige Einheiten der Gemeinde zu behandeln wären und die Gemeinde als eine einzige Einheit keine<br />

Rechtspersönlichkeit bzw. kein rechtliches Gebilde darstellen würde. Unter diesen Gesichtspunkten und wegen<br />

der rechtlichen Verhältnisse bzw. dem Nebeneinander von öffentlichem und privatem Recht sowie von Bundesund<br />

Landesrecht soll die „Fiktion der rechtlichen Einheit“ nicht zur Anwendung kommen.<br />

Sofern aber der Grundsatz der „Fiktion der rechtlichen Einheit“ in vollem Umfang auch beim gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

zur Anwendung kommen würde, wäre ein strenger Maßstab an die Umsetzung der „Einheitlichkeit“<br />

und an den Umgang mit Ansatz-, Bewertungs- und Ausweissachverhalten anzulegen. Die gemeindlichen<br />

Betriebe müssten dann z. B. für mögliche Überleitungen aus ihren Jahresabschlüssen streng nach den Vorgaben<br />

für den Jahresabschluss der gemeindlichen Verwaltung vorgehen, um die rechtliche Einheit auch tatsächlich zu<br />

erreichen. Die „Fiktion der rechtlichen Einheit“ wirkt sich auf den gemeindlichen Gesamtabschluss mindestens<br />

jedoch mittelbar aus. Diese Wirkungen zeigen sich z. B. durch die Eliminierung bzw. Aufrechnung von „internen“<br />

Beziehungen zwischen den Betrieben und der gemeindlichen Verwaltung oder zwischen den Betrieben, z. B. aus<br />

Lieferungen und Leistungen. Der Verzicht auf den Grundsatz der „Fiktion der rechtlichen Einheit“ dürfte deshalb<br />

die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses erleichtern.<br />

1.1.3.7 Die sachgerechte Anwendung der Grundsätze<br />

Die sachgerechte Anwendung der Grundsätze bei der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses führt<br />

unter Beachtung ihrer qualitativen Merkmale grundsätzlich zu einer wirklichkeitsgetreuen Darstellung der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde. Soweit sich die örtlichen Entscheidungen an<br />

diesen Grundsätzen orientieren, entstehen relevante, verlässliche und verständliche Informationen über die wirtschaftliche<br />

Gesamtlage der Gemeinde. Um dieses Ziel sicherzustellen, sind z. B. die Gliederungsvorschriften zur<br />

gemeindlichen Bilanz konkretisiert worden. Insbesondere sind der Grundsatz der Klarheit und der Grundsatz der<br />

Übersichtlichkeit zu beachten (vgl. § 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Bewertungsvorschriften in den §§ 32 bis 36, 42 und<br />

43 GemHVO <strong>NRW</strong> prägen dabei das Vorsichtsprinzip weiter aus. Diese Vorschriften finden auch auf den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss grundsätzlich Anwendung.<br />

1.1.4 Der Gesamtabschluss bei fehlender Vollkonsolidierung<br />

Die Gemeinde hat in jedem Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag 31. Dezember einen Gesamtabschluss unter<br />

Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen. Zu dieser gemeindlichen Verpflichtung<br />

enthält die Vorschrift keine gesonderten Ausnahmeregelungen. Deshalb müsste die Gemeinde auch dann einen<br />

Gesamtabschluss aufstellen, wenn sie über keinen voll zu konsolidieren Betrieb verfügt. In solchen Fällen würde<br />

dann der gemeindliche Gesamtabschluss aus dem Jahresabschluss der gemeindlichen Verwaltung und den<br />

Jahresabschlüssen der gemeindlichen Betriebe, die nach der Equity-Methode zu konsolidieren sind, entstehen.<br />

Diese Verkürzung würde jedoch grundsätzlich nicht mit dem Sinn und Zweck des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

in Einklang stehen.<br />

Die Gemeinde soll ihren Jahresabschluss und die Jahresabschlüsse des gleichen Geschäftsjahres aller gemeindlicher<br />

Betriebe in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form zum gemeindlichen Gesamtabschluss konsolidieren.<br />

Die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses setzt aber voraus, dass neben der gemeindlichen<br />

Verwaltung mindestens noch ein weiterer gemeindlicher Betrieb besteht, der voll zu konsolidieren ist. Diese allgemeine<br />

Voraussetzung kann nicht durch einen gemeindlichen Betrieb erfüllt werden, auf den die Equity-Methode<br />

anzuwenden ist. Diese Methode ist nicht auf die Vorgehensweise der Vollkonsolidierung ausgerichtet, sondern<br />

dadurch charakterisiert, dass der Wertansatz für den gemeindlichen Betrieb entsprechend der Entwicklung des<br />

anteiligen bilanziellen Eigenkapitals des Betriebes fortgeschrieben wird. Anders als bei der Vollkonsolidierung<br />

GEMEINDEORDNUNG 1114


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

werden daher das Vermögen, die Schulden sowie die Aufwendungen und Erträge des assoziierten gemeindlichen<br />

Betriebes nicht in den gemeindlichen Gesamtabschluss übernommen. Aus dieser Sachlage kann abgeleitet werden,<br />

dass von der Gemeinde kein Gesamtabschluss aufzustellen ist, wenn sie zum Abschlussstichtag über keinen<br />

Betrieb verfügt, der voll zu konsolidieren ist.<br />

1.1.5 Der Gesamtabschluss bei Betrieben von untergeordneter Bedeutung<br />

Ein Verzicht auf einen gemeindlichen Gesamtabschluss kann für die Gemeinde in Betracht kommen, wenn sie<br />

nur über gemeindliche Betriebe von untergeordneter Bedeutung verfügt. Sofern für mehrere gemeindliche Betriebe<br />

zweifelhaft ist, ob diese für die Gemeinde von untergeordneter Bedeutung sind, ist die untergeordnete Bedeutung<br />

nicht einzeln für jeden Betrieb, sondern insgesamt für alle betroffenen Betriebe festzustellen. Ein einzelner<br />

Betrieb kann für sich genommen von untergeordneter Bedeutung für die Gemeinde sein, eine Vielzahl davon<br />

können jedoch in ihrer Gesamtheit durchaus eine wirtschaftliche Bedeutung der Gemeinde haben.<br />

Die dafür notwendige Prüfung muss sehr sorgfältig vorgenommen werden. Bei der Entscheidung über die untergeordnete<br />

Bedeutung von mehreren gemeindlichen Betrieben darf zudem das Informationsinteresse der Adressaten<br />

des Gesamtabschlusses nicht außer Betracht bleiben. Die Entscheidung darüber muss daher in Eigenverantwortung<br />

der Gemeinde unter sachgerechter Abwägung der örtlichen Verhältnisse getroffen werden.<br />

1.2 Zu Satz 2 (Bestandteile des Gesamtabschlusses):<br />

1.2.1 Die einzelnen Bestandteile und Anlagen<br />

Die Vorschrift legt die Bestandteile des Gesamtabschlusses der Gemeinde, der jährlich zu erstellen ist, fest. Er<br />

besteht aus der Gesamtergebnisrechnung, der Gesamtbilanz und dem Gesamtanhang. Der gemeindliche Gesamtabschluss<br />

ist zudem um einen Gesamtlagebericht zu ergänzen. Die nähere Ausgestaltung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses wird in der Gemeindehaushaltsverordnung bestimmt. Die Vorschrift in § 49 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> benennt dazu nochmals die Bestandteile des gemeindlichen Gesamtabschlusses und legt durch die in<br />

Absatz 3 dieser Vorschrift enthaltenen Verweise einen Rahmen für deren Anwendung fest.<br />

Für die Gesamtergebnisrechnung wird auf den § 38 GemHVO <strong>NRW</strong> (Ergebnisrechnung) und für die Gesamtbilanz<br />

auf den § 41 GemHVO <strong>NRW</strong> (Bilanz) verwiesen. Dadurch wird deutlich, dass der gemeindliche Gesamtabschluss<br />

nicht nur materiell, sondern auch formell auf den Strukturen, die für den gemeindlichen Jahresabschluss<br />

gelten, aufbaut. Diese Sachlage gilt auch für den Gesamtanhang und den Gesamtlagebericht, auch wenn dafür<br />

eigene Vorschriften geschaffen worden sind (vgl. § 51 GemHVO <strong>NRW</strong>). Dem gemeindlichen Gesamtabschluss ist<br />

außerdem ein Beteiligungsbericht der Gemeinde beizufügen (vgl. § 117 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Entsprechend der<br />

benannten Vorschriften sind daher dem Gesamtabschluss auch die darin bestimmten Anlagen beizufügen.<br />

1.2.1.1 Die Gesamtergebnisrechnung<br />

Die Gesamtergebnisrechnung ist aus der gemeindlichen Ergebnisrechnung abgeleitet und an die Besonderheiten<br />

des Gesamtabschlusses angepasst worden. In der Gesamtergebnisrechnung sind für die gemeindlichen und<br />

betrieblichen Ertrags- und Aufwandsarten jeweils Jahressummen auszuweisen (vgl. § 49 Absatz 2 i.V.m § 38<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Struktur der gemeindlichen Gesamtergebnisrechnung wird nachfolgend aufgezeigt (vgl.<br />

Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1115


ERGEBNISBEREICHE<br />

Ordentliche<br />

Gesamterträge<br />

Ordentliche<br />

Gesamtaufwendungen<br />

Ordentliches<br />

Gesamtergebnis<br />

Gesamtfinanzergebnis<br />

Gesamtergebnis<br />

der laufenden<br />

Geschäftstätigkeit<br />

Außerordentliches<br />

Gesamtergebnis<br />

Gesamtjahresergebnis<br />

Nachrichtlich:<br />

Verrechnung mit der<br />

allgemeinen Rücklage<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Struktur der Gesamtergebnisrechnung<br />

GEMEINDEORDNUNG 1116<br />

ERGEBNIS- UND AUFWANDSARTEN<br />

Steuern und ähnliche Abgaben<br />

Zuwendungen und allgemeine Umlagen<br />

Sonstige Transfererträge<br />

Öffentlich-rechtliche Leistungsentgelte<br />

Privatrechtliche Leistungsentgelte<br />

Kostenerstattungen und Kostenumlagen<br />

Sonstige ordentliche Erträge<br />

Aktivierte Eigenleistungen<br />

Bestandsveränderungen<br />

Personalaufwendungen<br />

Versorgungsaufwendungen<br />

Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen<br />

Bilanzielle Abschreibungen<br />

Transferaufwendungen<br />

Sonstige ordentliche Aufwendungen<br />

Saldo aus<br />

Summe der ordentlichen Gesamterträge<br />

Summe der ordentlichen Gesamtaufwendungen<br />

Saldo aus<br />

Finanzerträge<br />

Erträge aus assoziierten Beteiligungen<br />

Finanzaufwendungen<br />

Aufwendungen aus assoziierten Beteiligungen<br />

Summe aus<br />

Ordentlichem Gesamtergebnis<br />

Gesamtfinanzergebnis<br />

Saldo aus<br />

Außerordentlichen Erträge<br />

Außerordentlichen Aufwendungen<br />

Summe aus<br />

Gesamtergebnis der laufenden<br />

Geschäftstätigkeit<br />

Außerordentlichem Gesamtergebnis<br />

Saldo<br />

aus Erträgen und Aufwendungen bei<br />

Vermögensgegenständen<br />

aus Erträgen und Aufwendungen bei<br />

Finanzanlagen<br />

Abbildung 222 „Die Struktur der gemeindlichen Gesamtergebnisrechnung“<br />

Für die gesamte Aufgabenerfüllung der Gemeinde sollen dadurch das tatsächliche Ressourcenaufkommen und<br />

der tatsächliche Ressourcenverbrauch im abgelaufenen Haushaltsjahr abgebildet werden. Zur Vervollständigung<br />

des Gesamtbildes über die Haushaltswirtschaft des Jahres ist es erforderlich, aus der Ergebnisrechnung im gemeindlichen<br />

Jahresabschluss auch die Verrechnungen von Erträgen und Aufwendungen mit der allgemeinen<br />

Rücklage nachrichtlich zu übernehmen, mindestens in Form des Verrechnungssaldos (vgl. § 38 i.V.m. § 43 Ab-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

satz 3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Angabe des Verrechnungssaldos dürfte dabei als ausreichend anzusehen sein. In<br />

welchem Umfang ggf. gleichartige bedeutende Geschäftsvorfälle auch bei den gemeindlichen Betrieben entstehen<br />

und in gleicher Weise in der Gesamtergebnisrechnung nachrichtlich anzugeben sind, muss sich erst unter<br />

Berücksichtigung des Grundsatzes der Wesentlichkeit in der gemeindlichen Praxis erweisen.<br />

1.2.1.2 Die Gesamtbilanz<br />

Die Gesamtbilanz ist der Konzernbilanz nachgebildet. Die Bilanz ist als Gegenüberstellung von Vermögen und<br />

Finanzierungsmitteln der Gemeinde zum Abschlussstichtag ein wesentlicher Bestandteil des doppischen Rechnungssystems<br />

(vgl. § 49 Absatz 2 i.V.m. § 41 GemHVO <strong>NRW</strong>). Die Gesamtbilanzen der Gemeinden müssen<br />

einheitlich gegliedert sein. Daher ist festgelegt worden, dass die Bilanzbereiche „Anlagevermögen“, „Umlaufvermögen“,<br />

„Eigenkapital“, Schulden“ und „Rechnungsabgrenzungsposten“ mit den dazugehörigen Posten in jede<br />

gemeindliche Gesamtbilanz gehören. Die Gesamtbilanz ist dabei von der Gemeinde in eine Aktivseite und eine<br />

Passivseite zu unterteilen. Die Gliederung der beiden Seiten der Bilanz soll dabei nach Fristigkeiten erfolgen.<br />

Auf der Aktivseite der Bilanz wird das Vermögen der Gemeinde mit den zum Abschlussstichtag ermittelten Werten<br />

angesetzt und es wird zwischen Anlagevermögen (langfristig) und Umlaufvermögen (kurzfristig) unterschieden.<br />

Damit wird die Mittelverwendung der Gemeinde dokumentiert. Auf der Passivseite werden zuerst das Eigenkapital<br />

und dann das Fremdkapital gezeigt. Auch auf dieser Seite gilt das Prinzip der Fristigkeit, denn die allgemeine<br />

Rücklage steht vor der Ausgleichsrücklage (im Eigenkapital) und die Kredite für Investitionen stehen vor<br />

den Krediten zur Liquiditätssicherung. Dadurch wird die Mittelherkunft bzw. die Finanzierung des Vermögens<br />

offengelegt und dokumentiert.<br />

Die Aufgliederung der gemeindlichen Gesamtbilanz kann von der Gemeinde je nach Bedeutung einzelner Posten<br />

durch „davon-Vermerke“ weiter untergliedert werden, wenn dies in Bezug auf ihre Aufgabenerfüllung sachgerecht<br />

und in Bezug auf das Gesamtbild der gemeindlichen Bilanz vertretbar ist. Sie soll umfassend Auskunft über das<br />

gesamte Vermögen und sämtliche Schulden der Gemeinde geben. Dieses ermöglicht es der Gemeinde, noch<br />

besser als bisher Erkenntnisse über die bisherige Entwicklung der Gemeinde zu erlangen und diese für die Zukunft<br />

zu nutzen. Die Struktur der gemeindlichen Bilanz wird nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Die Struktur der gemeindlichen Gesamtbilanz<br />

AKTIVA<br />

1. Anlagevermögen<br />

1.1 Immaterielle Vermögensgegenstände<br />

1.2 Sachanlagen<br />

1.2.1 Unbebaute Grundstücke und grund-<br />

stücksgleiche Rechte<br />

(örtlich weiter zu untergliedern)<br />

1.2.2 Bebaute Grundstücke u. grund-<br />

stücksgleiche Rechte<br />

(örtlich weiter zu untergliedern)<br />

1.2.3 Infrastrukturvermögen<br />

1.2.3.1 Grund und Boden des Infrastruktur-<br />

vermögens<br />

1.2.3.2 Bauten des Infrastrukturvermögens<br />

(örtlich weiter zu untergliedern)<br />

1.2.4 Bauten auf fremden Grund und Boden<br />

1.2.5 Kunstgegenstände, Kulturdenkmäler<br />

1.2.6 Maschinen und technische Anlagen,<br />

Fahrzeuge<br />

1.2.7 Betriebs- und Geschäftsausstattung<br />

1.2.8 Geleistete Anzahlungen und<br />

Anlagen im Bau<br />

1.3 Finanzanlagen<br />

GEMEINDEORDNUNG 1117<br />

PASSIVA<br />

1. Eigenkapital<br />

1.1 Allgemeine Rücklage<br />

1.2 Sonderrücklagen<br />

1.3 Ausgleichsrücklage<br />

1.4 Ergebnisvorträge<br />

1.5 Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag<br />

1.6 Ausgleichsposten für die Anteile anderer<br />

Gesellschafter<br />

1.7 Gesamtbilanzgewinn/Gesamtbilanzverlust<br />

2. Sonderposten<br />

2.1 Sonderposten für Zuwendungen<br />

2.2 Sonderposten für Beiträge<br />

2.3 Sonderposten für den Gebührenausgleich<br />

2.4 Sonstige Sonderposten<br />

3. Rückstellungen<br />

3.1 Pensionsrückstellungen<br />

3.2 Rückstellungen für Deponien und Altlasten<br />

3.3 Instandhaltungsrückstellungen<br />

3.4 Steuerrückstellungen<br />

3.5 Sonstige Rückstellungen


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Struktur der gemeindlichen Gesamtbilanz<br />

AKTIVA<br />

1.3.1 Anteile an verbundenen Unternehmen<br />

1.3.2 Anteile an assoziierten Unternehmen<br />

1.3.3 Übrige Beteiligungen<br />

1.3.4 Sondervermögen<br />

1.3.5 Wertpapiere des Anlagevermögens<br />

1.3.6 Ausleihungen<br />

2. Umlaufvermögen<br />

2.1 Vorräte<br />

2.1.1 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Waren<br />

2.1.2 Geleistete Anzahlungen<br />

2.2 Forderungen und sonstige<br />

Vermögensgegenstände<br />

2.2.1 Forderungen<br />

2.2.2 Sonstige Vermögensgegenstände<br />

2.3 Wertpapiere des Umlaufvermögens<br />

2.4 Liquide Mittel<br />

3. Aktive Rechnungsabgrenzung<br />

4. Nicht durch Eigenkapital gedeckter<br />

Fehlbetrag<br />

GEMEINDEORDNUNG 1118<br />

PASSIVA<br />

4. Verbindlichkeiten<br />

4.1 Anleihen<br />

4.2 Verbindlichkeiten aus Krediten für<br />

Investitionen<br />

4.3 Verbindlichkeiten aus Krediten zur<br />

Liquiditätssicherung<br />

4.4 Verbindlichkeiten aus Vorgängen, die<br />

Kreditaufnahmen wirtschaftlich<br />

gleichkommen<br />

4.5 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und<br />

Leistungen<br />

4.6 Sonstige Verbindlichkeiten<br />

4.7 Erhaltene Anzahlungen<br />

5. Passive Rechnungsabgrenzung<br />

Abbildung 223 „Die Struktur der gemeindlichen Gesamtbilanz“<br />

Die Bezifferung der Aktiv- und Passivposten in der gemeindlichen Gesamtbilanz ist von der Gemeinde unter Berücksichtigung<br />

der örtlichen Gegebenheiten eigenverantwortlich in fachlicher und technischer Hinsicht festzulegen<br />

ist. Nach dem Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit müssen zudem die Bezeichnungen der einzelnen<br />

Bilanzposten klar und verständlich und es müssen jeweils die begrifflichen Inhalte erkennbar und nachvollziehbar<br />

sein. Auch muss jeder Bilanzposten mit einer eigenen Ziffer gekennzeichnet werden und mit dem dazugehörigen<br />

Wertansatz (in Ziffern ausgedrückter Betrag) in einer eigenen Zeile stehen. Entsprechend der Fristigkeit müssen<br />

die Bilanzposten in sinnvoller Weise aufeinanderfolgen und untereinander gesetzt sein.<br />

1.2.1.3 Der Gesamtanhang<br />

Im gemeindlichen Gesamtanhang finden sich die erforderlichen zusätzlichen Erläuterungen zum Gesamtabschluss,<br />

z. B. die Darstellung der nicht in den Gesamtabschluss einbezogenen Betriebe der Gemeinde. In Anlehnung<br />

an die Vorschriften über das kaufmännische Rechnungswesen enthält daher der Gesamtanhang die besonderen<br />

Erläuterungen zu einzelnen Bilanzpositionen, die neben der Beschreibung eine Ergänzung, Korrektur und<br />

Entlastung von Bilanz bezwecken und deren Interpretation unterstützen sollen (vgl. § 49 Absatz 2 i.V.m. § 44<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>). In den gemeindlichen Gesamtanhang gehören deshalb insbesondere auch Erläuterungen zu<br />

den verwendeten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Gleichzeitig sind im Gesamtanhang die Zusatzinformationen<br />

anzugeben, die für die Beurteilung der Bilanz der Gemeinde eine besondere Bedeutung haben und zu<br />

einem besseren Verständnis einzelner Sachverhalte führen.<br />

Die erforderlichen Informationen sollen im sachlichen Zusammenhang mit den Teilen der Gesamtergebnisrechnung<br />

und der Gesamtbilanz sowie ihren Untergliederungen stehen. Um das zu vermittelnde Bild der Vermögensund<br />

Schuldenlage der Gemeinde klar und verständlich darzustellen, soll dem Gesamtanhang ein Gesamtanlagenspiegel<br />

beigefügt werden. Bei der Erarbeitung ist aber auch der spätere Adressatenkreis (Rat, Bürgerinnen<br />

und Bürger) zu berücksichtigen. Das nachfolgende Schema soll eine mögliche Gliederung des gemeindlichen<br />

Gesamtanhangs aufzeigen (vgl. Abbildung).


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gestaltung des gemeindlichen Gesamtanhangs<br />

1 Allgemeine Angaben<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

Bilanzierungs- und<br />

Bewertungsmethoden<br />

Erläuterungen<br />

zur Gesamtbilanz<br />

Erläuterungen<br />

zur Gesamtergebnisrechnung<br />

Erläuterungen<br />

zur Kapitalflussrechnung<br />

Sonstige Angaben<br />

Hinweise<br />

auf sonstige Unterlagen<br />

Hinweise<br />

auf Verantwortliche<br />

9 Weitere Besonderheiten<br />

GEMEINDEORDNUNG 1119<br />

Einführung, Erläuterungspflichten, gesetzliche<br />

und örtliche Vorschriften u.a.<br />

Angaben zu genutzten Ansatzwahlrechten<br />

und Bewertungswahlrechten u.a.<br />

gegliedert nach Anlage- und Umlaufvermögen,<br />

Eigenkapital und Fremdkapital<br />

u.a.<br />

gegliedert nach Arten der Erträge und der<br />

Aufwendungen<br />

gegliedert nach Arten des Cashflow in den<br />

drei Bereichen<br />

z. B. nicht bilanzierungsfähige Sachverhalte,<br />

aber wirtschaftliche Bedeutung haben<br />

z. B. Gesamtanlagenspiegel u.a., wenn<br />

nicht bereits unter den vorherigen Abschnitten<br />

, oder Gesamteigenkapitalspiegel<br />

z. B. auf Nennung der Verantwortlichen<br />

am Schluss des Lageberichts nach § 116<br />

Absatz 4 GO <strong>NRW</strong><br />

Wichtige örtliche Sachverhalte, die nicht<br />

bereits anzugeben waren<br />

Abbildung 224 „Die Gestaltung des gemeindlichen Gesamtanhangs“<br />

Für die äußere Gestaltung des Gesamtanhangs, seinen Aufbau und Umfang sind jedoch keine besonderen<br />

Formvorgaben vorgesehen. Die von der Gemeinde bestimmte grundlegende Gliederungsstruktur für den Gesamtanhang<br />

sollte möglichst jährlich beibehalten werden, um die Nachvollziehbarkeit durch Dritte als Adressaten<br />

der Rechnungslegung zu erleichtern. Bei der Erarbeitung und Gestaltung des Gesamtanhangs ist zudem der<br />

Adressatenkreis des Gesamtabschlusses (Rat, Bürgerinnen und Bürger, Aufsichtsbehörde) zu berücksichtigen.<br />

1.2.1.4 Der Gesamtlagebericht<br />

Der gemeindliche Gesamtabschluss ist um einen Gesamtlagebericht zu ergänzen, in dem der Geschäftsablauf<br />

und die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde darzustellen und zu erläutern sind (vgl. § 51 Absatz 1 GemH-<br />

VO <strong>NRW</strong>). Die Inhalte des gemeindlichen Gesamtlageberichts sind danach so zu fassen, dass der Bericht ein<br />

den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde vermitteln kann. Er ist dadurch auf den Gesamtabschluss der Gemeinde ausgerichtet, denn<br />

dieser Abschluss bietet die Möglichkeit, sachgerechte Informationen über die wirtschaftlichen Gesamtverhältnisse<br />

der Gemeinde (aus der Verwaltung und den gemeindlichen Betrieben) in einem Zahlenwerk zusammenzufassen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Dieser integrierten Gesamtsicht soll auch der Gesamtlagebericht Rechnung tragen. Das nachfolgende Schema<br />

soll mögliche thematische Inhalte des Gesamtlageberichts aufzeigen (vgl. Abbildung).<br />

Die Gestaltung des gemeindlichen Gesamtlageberichts<br />

ABSCHNITT<br />

Rahmenbedingungen<br />

der gemeindlichen<br />

Verwaltungstätigkeit<br />

Ergebnisüberblick<br />

und Rechenschaft<br />

Steuerung und<br />

Produktorientierung<br />

Überblick<br />

über die<br />

wirtschaftliche<br />

Gesamtlage<br />

Wichtige Vorgänge<br />

und Nachträge<br />

Chancen<br />

Risiken<br />

Örtliche<br />

Besonderheiten<br />

Verantwortlichkeiten<br />

Anlagen<br />

GEMEINDEORDNUNG 1120<br />

INHALTE<br />

Allgemeine örtliche Verhältnisse und Besonderheiten.<br />

Überblick über die wichtigen Ergebnisse des Gesamtabschlusses<br />

und Rechenschaft über die gesamte Haushaltswirtschaft der<br />

Gemeinde einschließlich der Einhaltung der öffentlichen Zwecksetzung<br />

durch die gemeindlichen Betriebe.<br />

Ausgewogene und umfassende, dem Umfang der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung entsprechende Analyse der produktorientierten<br />

Haushaltswirtschaft von Kernverwaltung und Betrieben<br />

unter Einbeziehung der Ziele und Kennzahlen.<br />

Ausgewogene und umfassende, dem Umfang der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung entsprechende Analyse der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde<br />

unter Einbeziehung der produktorientierten Ziele und Leistungskennzahlen,<br />

ggf. Angaben über eine Krise.<br />

Bericht über Vorgänge von besonderer Bedeutung, auch solcher,<br />

die nach Schluss des Haushaltsjahres eingetreten sind,<br />

und deren Wirkungen auf die Haushaltswirtschaft von gemeindlicher<br />

Verwaltung und Betrieben.<br />

Chancen für die künftige Gesamtentwicklung der Gemeinde mit<br />

Angabe der zugrunde liegenden Annahmen.<br />

Risiken für die künftige Gesamtentwicklung der Gemeinde mit<br />

Angabe der zu Grunde liegende Annahmen, ggf. auch der Gegenmaßnahmen<br />

und der Risikoüberwachung.<br />

Umsetzung eines Sanierungskonzeptes zur Wiedererreichung<br />

und dauerhaften Sicherung des Haushaltsausgleichs und/oder<br />

zum Aufbau von Eigenkapital (Beseitigung der Überschuldung),<br />

z. B. bei der gemeindlichen Verwaltung.<br />

Angaben zu den Mitgliedern des Verwaltungsvorstands und<br />

Bürgermeister und Kämmerer sowie zu den Ratsmitgliedern<br />

nach § 95 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>, ggf. auch zur Geschäftsführung<br />

der gemeindlichen Betriebe des Vollkonsolidierungskreises.<br />

z. B. Gesamtergebnisse im Zeitvergleich, Kennzahlen im Zeitvergleich,<br />

Prognosen im Zeitvergleich.<br />

Abbildung 225 „Die Gestaltung des gemeindlichen Gesamtlageberichts“<br />

Den Informationsbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger und des Rates sowie der Aufsichtsbehörde der Gemeinde<br />

ist dabei in ausreichendem Maße Rechnung zu tragen. Es können zur Konkretisierung und Ausgestaltung<br />

des gemeindlichen Gesamtlageberichtes auch Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Berichterstattung der ge-


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§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

meindlichen Betriebe genutzt werden. Diese Kenntnisse sind dann auf die Bedürfnisse einer Berichterstattung<br />

über das vergangene und zukünftige Handeln der Gemeinde zu übertragen und sachgerecht weiter zu entwickeln.<br />

Zudem kann die Analyse der zum Abschlussstichtag vorliegenden wirtschaftlichen Gesamtlage der Ge-<br />

meinde mithilfe betriebswirtschaftlicher Kennzahlen erfolgen. Es bleibt der Gemeinde aber überlassen, mit welchen<br />

Kennzahlen sie arbeiten will, um ihre wirtschaftliche Gesamtlage zu beurteilen bzw. beurteilen zu lassen.<br />

Für die äußere Gestaltung des Gesamtlageberichts, seinen Aufbau und Umfang sind dabei jedoch keine besonderen<br />

Formvorgaben vorgegeben worden. Die Fülle der Informationen verlangt aber eine grundlegende Strukturierung.<br />

Die Gliederung des Gesamtlageberichts in einzelne Elemente muss deshalb dazu beitragen, dass der<br />

Bericht seine Aufgabe erfüllen kann. Die Inhalte des Lageberichts sollen daher möglichst systematisch aufgebaut<br />

und für die Adressaten transparent und nachvollziehbar gemacht werden.<br />

1.2.1.5 Der Beteiligungsbericht<br />

Unter Einbeziehung des § 117 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> hat die Gemeinde ihren Beteiligungsbericht, in dem sie<br />

ihre wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigung, bezogen auf ihre einzelnen Betriebe, erläutert, dem Gesamtabschluss<br />

beizufügen. Der Beteiligungsbericht soll daher den Blick der Gemeinde vom Gesamtabschluss auf<br />

die einzelnen gemeindlichen Betriebe lenken. Er umfasst deshalb Angaben über jeden Betrieb der Gemeinde,<br />

unabhängig davon, ob der Betrieb in den Konsolidierungskreis für den gemeindlichen Gesamtabschluss einzubeziehen<br />

ist. Die Lage jedes einzelnen gemeindlichen Betriebes steht daher im Blickpunkt der Berichterstattung und<br />

nicht die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde zum Stichtag des Gesamtabschlusses. Der Bericht ermöglicht<br />

dadurch vertiefte und notwendige Erkenntnisse für die Gesamtsteuerung der Gemeinde.<br />

Der gemeindliche Beteiligungsbericht muss daher bestimmte Informationen über die gemeindlichen Betriebe<br />

enthalten, um eine differenzierte Betrachtung zu gewährleisten, z. B. über Ziele und Leistungen, die Erfüllung<br />

des öffentlichen Zwecks. Er darf außerdem nicht als ein Werk betrachtet werden, dass jedes Jahr als neue Aufgabe<br />

zu erledigen ist. Die Fortführung der Aufgabenerledigung durch die gemeindlichen Betriebe erfordert, dass<br />

durch den Aufbau einer Zeitreihe im Beteiligungsbericht auch eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse gesichert und<br />

die Entwicklung der gemeindlichen Betriebe transparent gemacht wird. Der Beteiligungsbericht ist daher von der<br />

Gemeinde jährlich, bezogen auf den Abschlussstichtag des Gesamtabschlusses, fortzuschreiben.<br />

1.2.2 Die Gesamtabschlussunterlagen<br />

1.2.2.1 Die haushaltsrechtlichen Gesamtabschlussunterlagen<br />

Nach den einschlägigen haushaltsrechtlichen Vorschriften hat die Gemeinde ihrer Aufsichtsbehörde die nachfolgend<br />

aufgeführten Gesamtabschlussunterlagen vorzulegen. Die in der Übersicht aufgeführten Unterlagen sind für<br />

die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Schulden-, Ertrags-<br />

und Finanzgesamtlage der Gemeinde unverzichtbar und ermöglichen einen aktuellen Überblick über die<br />

wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde (vgl. Abbildung).<br />

Gesamtergebnisrechnung<br />

Die gemeindlichen Gesamtabschlussunterlagen<br />

BESTANDTEILE DES GESAMTABSCHLUSSES<br />

GEMEINDEORDNUNG 1121<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 49 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>


Gesamtbilanz<br />

Gesamtanhang<br />

Gesamtlagebericht<br />

Beteiligungsbericht<br />

Gesamtkapitalflussrechnung<br />

Gesamtverbindlichkeitenspiegel<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die gemeindlichen Gesamtabschlussunterlagen<br />

GEMEINDEORDNUNG 1122<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 49 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 49 Absatz 1 und § 51 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

ANLAGEN ZUM GESAMTABSCHLUSS<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 49 Absatz 2 und § 51 Absatz 1 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong><br />

§ 117 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 49 Absatz 2 und § 52 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 51 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong> i.V.m. § 49 Absatz 2 und § 47 GemHVO <strong>NRW</strong><br />

Abbildung 226 „Die gemeindlichen Gesamtabschlussunterlagen“<br />

1.2.2.2 Ergänzende Gesamtabschlussunterlagen<br />

1.2.2.2.1 Die Übersicht über den gemeindlichen Konsolidierungskreis<br />

Den Adressaten des gemeindlichen Gesamtabschlusses muss ein Überblick über den Konsolidierungskreis der<br />

Gemeinde gegeben werden, damit für diese auch auf einfache Art nachvollziehbar wird, welche gemeindlichen<br />

Betriebe in den Gesamtabschluss der Gemeinde einbezogen worden sind. Die Übersicht über die gesamte Beteiligungsstruktur<br />

einer Gemeinde, die dem Beteiligungsbericht unter Angabe der Höhe der Anteile der Gemeinde<br />

an jedem Betrieb (in Prozent) beizufügen ist, geht über dieses Erfordernis hinaus (vgl. § 52 Absatz 1 Nummer 3<br />

GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Der aufzustellende Beteiligungsbericht soll Angaben über alle Betriebe der Gemeinde enthalten, unabhängig<br />

davon, ob diese in den Gesamtabschluss der Gemeinde einzubeziehen sind. Für einen Überblick über die in die<br />

Vollkonsolidierung im gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogenen Betriebe ist ein einfacher Überblick ausreichend.<br />

Durch einen Auszug aus der Übersicht über die gemeindliche Beteiligungsstruktur kann die notwendige<br />

Übersicht über den tatsächlichen Konsolidierungskreis der Gemeinde geschaffen werden.<br />

1.2.2.2.2 Der Gesamteigenkapitalspiegel<br />

Im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses ist es sachgerecht, diesem auch einen Gesamteigenkapitalspiegel<br />

beizufügen. Durch einen solchen Eigenkapitalspiegel sollen die Adressaten des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses detaillierte Informationen über alle Veränderungen des Gesamteigenkapitals der<br />

Gemeinde, bezogen auf die einzelnen Eigenkapitalposten, in systematischer Form erhalten. In diesem Zusammenhang<br />

sind die wesentlichen Geschäftsvorfälle, die sich auf die einzelnen Eigenkapitalposten im Gesamtabschluss<br />

auswirken, mit ihren Wertgrößen differenziert darzustellen und zu beschreiben.<br />

Die Ausgestaltung des gemeindlichen Gesamteigenkapitalspiegels kann dabei nach dem örtlichen Bedarf der<br />

Gemeinde und in sinnvoller Anwendung der Vorgaben der IAS 1.96 bis 101 für kapitalmarktorientierte Mutterun-


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§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

ternehmen sowie an dem Deutschen Rechnungslegungsstandard Nr. 7 (DRS 7) für nicht kapitalmarktorientierte<br />

Mutterunternehmen vorgenommen werden.<br />

1.2.2.2.3 Der Gesamtanlagenspiegel<br />

Die Gemeinde hat im Zusammenhang mit der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses nicht die ausdrückliche<br />

Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtanlagenspiegels, denn die Vorschrift des § 49 Absatz 3 GemHVO<br />

<strong>NRW</strong> enthält keinen Verweis auf die Vorschrift des § 45 GemHVO <strong>NRW</strong> als Regelung über den gemeindlichen<br />

Anlagenspiegel. Im Sinne der Informationsfunktion des gemeindlichen Gesamtabschlusses ist es jedoch sachgerecht,<br />

diesem Abschluss einen Gesamtanlagenspiegel beizufügen.<br />

Ein Gesamtanlagenspiegel entsteht dabei regelmäßig aus den Anlagenspiegeln der in den Gesamtabschluss<br />

einbezogenen gemeindlichen Betriebe. Deren Daten sollen unter Beachtung der Grundsätze, die für den Anlagenspiegel<br />

der Gemeinde als Muttereinheit gelten, zusammengefasst werden. Die Gemeinde hat in diesem<br />

Rahmen eigenverantwortlich festzulegen, welche gesamtabschlussbezogenen Anlagenzugänge und Anlagenabgänge<br />

sie darin erfasst. Sie kann sich dabei z. B. auf wesentliche oder bedeutende Vorgänge beschränken.<br />

1.3 Zu Satz 3 (Bestätigung des Gesamtabschlusses durch den Rat):<br />

1.3.1 Die Beratung und Entscheidung<br />

Nach der Vorschrift hat der Rat der Gemeinde den geprüften Gesamtabschluss durch Beschluss zu bestätigen<br />

und nicht - wie den Jahresabschluss der Gemeinde – festzustellen. Diese Besonderheit ist wegen der in den<br />

Gesamtabschluss einbezogenen gemeindlichen Betriebe, deren festgestellte Jahresabschlüsse dadurch konsolidiert<br />

werden und wegen der besonderen Informationsfunktion über die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde,<br />

sachgerecht und angemessen. Die Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses stellt eine Erklärung des<br />

Rates der Gemeinde dar, dass der ihm zugeleitete Gesamtabschluss den gesetzlichen Anforderungen entspricht,<br />

das erreichte Gesamtergebnis der gesamten gemeindlichen Haushaltswirtschaft im abgelaufenen Haushaltsjahr<br />

entspricht und die Auswirkungen daraus auf das Vermögen und die Schulden der Gemeinde sowie die Chancen<br />

und Risiken für die künftige Gesamtentwicklung der Gemeinde zutreffend dargestellt sind.<br />

Dem Rat der Gemeinde und den zuständigen Ausschüssen müssen mindestens alle haushaltsrechtlich bestimmten<br />

Gesamtabschlussunterlagen zur Beratung vorgelegt werden, um die Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

durch den Rat zu ermöglichen. Diese Unterlagen sind auch für die Vermittlung eines den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde<br />

gegenüber der Öffentlichkeit unverzichtbar. Sie ermöglichen den Interessenten einen aktuellen Überblick<br />

über die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde.<br />

Eine Bürgerbeteiligung der Gemeinde am haushaltswirtschaftlichen Geschehen geht grundsätzlich jedoch nicht<br />

soweit, dass die Bürger beantragen können, anstelle des Rates selbst über den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

entscheiden zu können oder der Rat diese Handhabung beschließen könnte (vgl. § 26 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Für<br />

den gemeindlichen Gesamtabschluss ist gesetzlich ein besonderes Aufstellungsverfahren gesetzlich bestimmt<br />

worden, das mit der Bestätigung des Gesamtabschlusses durch den Rat endet. Der gemeindliche Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde ist daher als Gegenstand eines Bürgerbegehrens oder eines Bürgerentscheids für unzulässig<br />

erklärt worden (vgl. § 26 Absatz 2 Nummer 4 GO <strong>NRW</strong>). Eine solche Unzulässigkeit kann gleichzeitig auch<br />

für die Entscheidung der Ratsmitglieder über die Entlastung des Bürgermeisters angenommen werden, denn das<br />

Entscheidungsrecht steht den einzelnen Mitgliedern des Rates und nicht dem Rat als Gremium zu.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1123


1.3.2 Der Gegenstand des Bestätigungsbeschlusses<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Gegenstand des Bestätigungsbeschlusses des Rates der Gemeinde über den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

ist der ihm vom Bürgermeister zugeleitete Entwurf. Sofern seitens des Rates keine Bedenken gegen<br />

diese Vorlage bestehen, kann er den gemeindlichen Gesamtabschluss unter Berücksichtigung des erzielten Prüfungsergebnisses<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses durch Beschluss bestätigen. Ein Änderungsbedarf, der<br />

sich möglicherweise aus der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses oder aus der Beratung des Rates<br />

über den Gesamtabschluss noch ergeben hat, muss nicht dazu führen, dass vor der Beschlussfassung des Rates<br />

der gemeindliche Gesamtabschluss in entsprechender Weise zu überarbeiten ist.<br />

Bei einem Änderungsbedarf, der sich klar und eindeutig bestimmen lässt, kann es als ausreichend angesehen<br />

werden, wenn im Ratsbeschluss über die Bestätigung eine oder mehrere Maßgaben für die Vornahme der Änderungen<br />

des Gesamtabschlusses im Sinne des Rates enthalten sind. Es entsteht dadurch ein Auftrag des Rates<br />

an die gemeindliche Verwaltung, bei dem es dann dem Bürgermeister obliegt, für die Erledigung dieses Auftrages<br />

Sorge zu tragen und vor der Bekanntmachung den Gesamtabschluss in die vom Rat beschlossene Form zu bringen.<br />

Erst nach Erledigung dieses Auftrages liegt eine Fassung des Gesamtabschlusses der Gemeinde vor, die<br />

zum Gegenstand der Anzeige an die Aufsichtsbehörde und der gesetzlich vorgesehenen Bekanntmachung gemacht<br />

werden kann.<br />

1.3.3 Die Mitwirkung von Verfahrensbeteiligten<br />

1.3.3.1 Die Mitwirkung des Bürgermeisters<br />

Für die Mitwirkung des Bürgermeisters am Bestätigungsbeschluss des Rates der Gemeinde über den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss ist örtlich zu beurteilen, ob diese Mitwirkung sachlich geboten ist. Einerseits ist die Vorschrift<br />

des § 40 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> zu beachten, nach der der Bürgermeister ein Mitglied im Rat der Gemeinde<br />

kraft Gesetzes ist und ihm ein Stimmrecht zusteht. Andererseits schränkt die Vorschrift die Rechte des Bürgermeisters<br />

nur für den Fall wieder ein, dass die Ratsmitglieder über seine Entlastung entscheiden, denn in der Sache<br />

gilt er dann als befangen. Durch die Vorschrift wird daher der Bürgermeister nicht ausdrücklich von der Teilnahme<br />

an der Abstimmung über die Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses ausgeschlossen.<br />

In der Sache „Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses“ dürfte es jedoch aus Verfahrensgründen<br />

heraus geboten sein, dass der Bürgermeister auf die Ausübung des ihm nach § 40 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> zustehenden<br />

Stimmrechtes verzichtet. Nach § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> hat der Bürgermeister den ihm vom Kämmerer vorgelegten<br />

Entwurf des gemeindlichen Gesamtabschlusses zu bestätigen, bevor er diesen dem Rat zuleitet. Der<br />

Bürgermeister kommt dieser Pflicht durch seine Unterzeichnung des Entwurfs nach und übernimmt damit die<br />

verwaltungsmäßige Verantwortung, denn er ist verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs<br />

der gesamten Verwaltung (vgl. § 62 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Außerdem steht dem Bürgermeister in diesem<br />

Zusammenhang neben seiner Verantwortung für den gemeindlichen Gesamtabschluss auch ein Änderungsrecht<br />

bezogen auf den Entwurf des Kämmerers zu.<br />

1.3.3.2 Die Mitwirkung des Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

Für die Mitwirkung des Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses am Bestätigungsbeschluss des Rates<br />

der Gemeinde über den gemeindlichen Gesamtabschluss ist örtlich zu beurteilen, ob diese Mitwirkung sachlich<br />

geboten ist. Einerseits ist der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses ein Mitglied im Rat der Gemeinde<br />

und ihm steht daher ein Stimmrecht zu. Andererseits schränkt die Vorschrift des § 31 die Rechte von Ratsmitgliedern<br />

nur für den Fall ein, dass die in der Vorschrift genannten Ausschließungsgründe vorliegen, sodass die<br />

betreffenden Ratsmitglieder dann in der Sache als befangen gelten. In keiner Vorschrift der Gemeindeordnung<br />

GEMEINDEORDNUNG 1124


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

wird aber der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses ausdrücklich von der Teilnahme an der Abstimmung<br />

über die Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses ausgeschlossen.<br />

In der Sache „Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses“ dürfte es jedoch aus Verfahrensgründen<br />

heraus geboten sein, dass der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses auf die Ausübung seines ihm<br />

zustehenden Stimmrechtes verzichtet. Nach § 101 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> hat der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

nach der Prüfung des ihm vom Rat übergebenen Entwurf des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

den dazugehörigen Bestätigungsvermerk zu unterzeichnen, bevor er den geprüften Entwurf wieder<br />

dem Rat zurückgibt. Diese Pflicht ist ausdrücklich in der Vorschrift bestimmt worden. Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

übernimmt durch seine Unterzeichnung die Verantwortung für das Ergebnis der<br />

Abschlussprüfung, denn der Ausschuss ist gesetzlich für diese Prüfung zuständig (vgl. § 59 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.4 Zu Satz 4 (Anwendung des § 96 GO <strong>NRW</strong>):<br />

1.4.01 Allgemeine Grundlagen<br />

Die in der Vorschrift enthaltene Verweisung auf die haushaltsrechtlichen Vorgaben in § 96 GO <strong>NRW</strong> soll ergänzend<br />

zu den Regelungen über die Aufstellung und die Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses sicherstellen,<br />

dass die Behandlung des Gesamtabschlusses der Gemeinde entsprechend den Vorgaben zum gemeindlichen<br />

Jahresabschluss zu erfolgen hat (vgl. Abbildung).<br />

Die Anwendung des § 96 GO <strong>NRW</strong> auf den Gesamtabschluss<br />

- Frist zur Bestätigung des Gesamtabschlusses (bis spätestens 31. Dezember des auf<br />

das Haushaltsjahr folgenden Jahres).<br />

- Bestätigung des Gesamtabschlusses durch den Rat der Gemeinde.<br />

- Behandlung des Gesamtergebnisses.<br />

- Entlastung des Bürgermeisters durch die Ratsmitglieder.<br />

- Anzeige des Gesamtabschlusses bei der Aufsichtsbehörde.<br />

- Öffentliche Bekanntmachung des Gesamtabschlusses.<br />

- Verfügbarhalten des Gesamtabschlusses zur Einsichtnahme.<br />

Abbildung 227 „Die Anwendung des § 96 GO <strong>NRW</strong> auf den Gesamtabschluss“<br />

Mit dem Gebot zur Anwendung der Vorschrift soll u.a. sichergestellt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger<br />

und die Aufsichtsbehörde über den gemeindlichen Gesamtabschluss informiert werden. Der Gesamtabschluss<br />

muss deshalb so gestaltet sein, dass er auch für diese Zwecke geeignet ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1125


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

1.4.1 Die Frist der Bestätigung des Gesamtabschlusses<br />

Die Verweisung auf die Vorschrift des § 96 GO <strong>NRW</strong> beinhaltet eine Fristsetzung für die Bestätigung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses durch den Rat der Gemeinde bis spätestens 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr<br />

folgenden Jahres. Der Kämmerer muss danach innerhalb von neun Monaten nach dem Abschlussstichtag<br />

den Gesamtabschluss aufstellen und vom Bürgermeister bestätigen lassen. Der Bürgermeister leitet den<br />

aufgestellten Gesamtabschluss dem Rat zu. Der Rechnungsprüfungsausschuss hat dabei die Aufgabe, den Entwurf<br />

des Gesamtabschlusses zu prüfen, damit der Rat einen geprüften Gesamtabschluss bestätigen kann.<br />

Die zeitliche Begrenzung in dieser Vorschrift soll dabei gewährleisten, dass der zeitliche Unterschied zwischen<br />

dem Abschlussstichtag und der Bestätigung des Gesamtabschlusses noch vertretbar bleibt. Es soll auch ermöglicht<br />

werden, dass Auswirkungen und Erkenntnisse aus diesem Abschluss auf die künftige Haushaltswirtschaft<br />

und das Beteiligungsmanagement der Gemeinde unverzüglich umgesetzt werden können. Außerdem sollen die<br />

Bürgerinnen und Bürger und die Aufsichtsbehörde über den Gesamtabschluss zeitgerecht informiert werden. Der<br />

Gesamtabschluss muss deshalb auch für eine Unterrichtung der Bürgerinnen und Bürger sowie zur Anzeige an<br />

die Aufsichtsbehörde geeignet sein.<br />

1.4.2 Die Bestätigung des Gesamtabschlusses<br />

1.4.2.1 Allgemeine Sachlage<br />

Der Verweis in der Vorschrift soll u.a. sicherstellen, dass der Rat der Gemeinde sich in vergleichbarer Weise wie<br />

mit dem gemeindlichen Jahresabschluss auch mit dem gemeindlichen Gesamtabschluss befasst. Der Rat der<br />

Gemeinde hat nach Abschluss des Haushaltsjahres die gemeindliche Haushaltswirtschaft und die wirtschaftliche<br />

Betätigung der Gemeinde, soweit diese sich wirtschaftlich im Gesamtabschluss der Gemeinde auswirken, zu<br />

überprüfen und über das Ergebnis einen Beschluss zu fassen bzw. den gemeindlichen Gesamtabschluss zu<br />

bestätigen. Der jährliche Abschlussstichtag für den gemeindlichen Gesamtabschluss stellt dabei keinen willkürlichen<br />

Schnitt durch das gemeindliche Verwaltungshandeln und die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde dar.<br />

Die für den Rat der Gemeinde vorzunehmende Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses obliegt dabei<br />

dem Rechnungsprüfungsausschuss als Pflichtausschuss des Rates (vgl. § 57 Absatz 2 i.V.m. § 59 Absatz 3 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Daran schließt sich die Beratung über die Inhalte und Prüfung des Gesamtabschlusses an, die mit der<br />

Bestätigung des Gesamtabschlusses und der Entscheidung über die Verwendung des Gesamtergebnisses endet.<br />

Sofern vom Rat die Bestätigung des Gesamtabschlusses verweigert wird, sind wie bei der Feststellung des gemeindlichen<br />

Jahresabschlusses die Gründe dafür gegenüber dem Bürgermeister anzugeben.<br />

1.4.2.2 Der Beschluss des Rates<br />

Die Pflicht der Gemeinde, für jedes Haushaltsjahr einen Gesamtabschluss aufzustellen, wird dadurch abgeschlossen,<br />

dass der Rat der Gemeinde im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeit einen entsprechenden<br />

Beschluss fasst, denn er kann diese Aufgabe nicht übertragen (vgl. § 41 Absatz 1 Buchstabe j GO <strong>NRW</strong>). Der<br />

Bürgermeister hat dabei dafür Sorge zu tragen, dass der gemeindliche Gesamtabschluss fristgerecht vom Rat<br />

bestätigt wird. Diese Rechte und Pflichten kann der Bürgermeister aufgrund seiner Stellung innerhalb der Gemeinde<br />

durchsetzen. Als Mitglied und Vorsitzender des Rates (Mitglied kraft Gesetzes) muss er dafür sorgen,<br />

dass ein Beschluss über den gemeindlichen Gesamtabschluss im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gefasst<br />

wird (vgl. § 40 Absatz 2 Satz 3 GO <strong>NRW</strong>). Dem Bürgermeister steht dabei nicht das Recht zu, die Tagesordnung<br />

und die Beratungen so zu gestalten, dass ein Beschluss des Rates über den Entwurf des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses auf unbestimmte Zeit verschoben wird.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1126


1.4.3 Die Behandlung des Gesamtergebnisses<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

1.4.3.1 Die Verrechnung mit der allgemeinen Rücklage<br />

Der Rat der Gemeinde soll im Rahmen seiner Bestätigung des Gesamtabschlusses beschließen, wie der in der<br />

Gesamtergebnisrechnung enthaltene und in der Gesamtbilanz ausgewiesene Gesamtüberschuss verwendet oder<br />

der Gesamtfehlbetrag gedeckt werden soll. Die tatsächliche Möglichkeit für eine Verwendung besteht jedoch nur<br />

darin, dass der Gesamtüberschuss oder der Gesamtfehlbetrag mit dem Gesamteigenkapital, in Form des Bilanzpostens<br />

„Allgemeine Rücklage“, verrechnet wird, denn eine Alternative besteht nicht.<br />

Die Verrechnung eines Gesamtfehlbetrages mit dieser Rücklage führt dabei nicht zu aufsichtsrechtlichen Konsequenzen,<br />

wie diese bei einer entsprechenden Verrechnung des Jahresfehlbetrages im Einzelabschluss der Gemeinde<br />

gesetzlich vorgesehen sind. Auf den gemeindlichen Gesamtabschluss findet weder die Vorschrift des §<br />

75 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> noch des § 76 GO <strong>NRW</strong> eine entsprechende Anwendung. Die Verrechnung des Gesamtjahresergebnisses<br />

mit der allgemeinen Rücklage zieht daher auch keine aufsichtsrechtlichen Konsequenzen oder<br />

Pflichten der Gemeinde gegenüber der Aufsichtsbehörde nach sich.<br />

1.4.3.2 Keine Verrechnung mit der Ausgleichsrücklage<br />

Für die Verrechnung des Gesamtüberschusses oder des Gesamtfehlbetrages aus dem gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

steht die Ausgleichsrücklage nach § 75 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> nicht zur Verfügung. Diese besondere<br />

bilanzielle Rücklage im Einzelabschluss der Gemeinde wird unverändert in die gemeindliche Gesamtbilanz übernommen.<br />

Dieser Bilanzposten kann nicht mit Bilanzposten aus den Einzelabschlüssen der gemeindlichen Betriebe<br />

zusammengefasst werden, weil ein solcher Eigenkapitalposten in deren Bilanzen nicht anzusetzen ist.<br />

Die Ausgleichsrücklage im gemeindlichen Jahresabschluss steht unmittelbar mit der gesetzlichen Vorgabe des<br />

jährlichen Haushaltsausgleichs, bezogen auf die gemeindliche Verwaltung, in Verbindung. Die Ausgleichsrücklage<br />

stellt daher beim Gesamtabschluss eine zweckbezogene Sonderrücklage im Gesamteigenkapital dar, die wie<br />

andere zweckbezogene Sonderrücklagen nicht für die zweckfreie Verrechnung des Gesamtjahresergebnisses der<br />

Gemeinde zur Verfügung stehen.<br />

1.4.3.3 Die Verrechnung in der Gesamtbilanz<br />

Der Bürgermeister kann im Rahmen seiner Bestätigung des Gesamtabschlusses bzw. vor der Beschlussfassung<br />

über die Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses durch den Rat der Gemeinde im Rahmen seiner<br />

Vorlage eine Empfehlung über die Behandlung des Gesamtergebnisses abgeben. Sofern ausreichend sicher ist,<br />

dass der Rat nicht von der vorgeschlagenen Gesamtergebnisverwendung abweicht, bestehen keine Bedenken,<br />

den Vorschlag bereits in der Gesamtbilanz dieses Gesamtabschlusses umzusetzen. Es ist dann in der Gesamtbilanz<br />

statt eines Gesamtjahresergebnisses (Überschuss oder Fehlbetrag) einen „Gesamtbilanzgewinn“ oder „Gesamtbilanzverlust“<br />

auszuweisen.<br />

1.4.4 Die Entlastung des Bürgermeisters<br />

Im Zusammenhang mit der Bestätigung des Gesamtabschlusses durch den Rat der Gemeinde entscheiden die<br />

Ratsmitglieder auch über die Entlastung des Bürgermeisters. Diese Entlastung ist eine Festlegung der Ratsmitglieder<br />

dahingehend, dass aufgrund des vorgelegten Gesamtabschlusses und der vorgenommenen Prüfung<br />

keine Einwendungen gegen die im Haushaltsjahr ausgeübte Geschäftstätigkeit des Bürgermeisters, bezogen auf<br />

GEMEINDEORDNUNG 1127


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

die gemeindliche Verwaltung und die Betriebe der Gemeinde, erhoben werden. Innerhalb seiner Verantwortung<br />

für die gemeindliche Verwaltung trägt der Bürgermeister auch eine Verantwortung für die gemeindlichen Betriebe.<br />

Die gemeindliche Verwaltung ist einerseits die Muttereinheit gegenüber ihren Betrieben als Tochtereinheiten.<br />

Andererseits sind die Betriebe nur zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben zulässig, sodass die Verantwortung<br />

des Bürgermeisters im Grundsatz auch auf deren Existenz und deren Tätigkeit im Sinne der Ziele und Zwecke<br />

der Gemeinde umfassend erstreckt.<br />

In diesem Zusammenhang ist die Vorschrift des § 40 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> zu beachten, nach der der Bürgermeister<br />

kraft Gesetzes ein Mitglied im Rat der Gemeinde ist und ihm ein Stimmrecht zu steht. Die Vorschrift schränkt<br />

aber gleichzeitig die Stimmrechte des Bürgermeisters wieder ein. Der Bürgermeister gilt, wenn die Ratsmitglieder<br />

durch Beschluss über seine Entlastung entscheiden, in der Sache als befangen. Durch die Vorschrift wird daher<br />

der Bürgermeister ausdrücklich von der Teilnahme an der Abstimmung über seine Entlastung ausgeschlossen.<br />

Im Rahmen ihrer Beratungen über den gemeindlichen Gesamtabschluss und ihrer Entscheidung über die Entlastung<br />

des Bürgermeisters haben daher die Ratsmitglieder die im Haushaltsjahr ausgeübte Geschäftstätigkeit des<br />

Bürgermeisters, bezogen auf die gemeindliche Verwaltung und die Betriebe der Gemeinde, zu würdigen. Eine<br />

sorgfältige Beurteilung der örtlichen Gegebenheiten ist insbesondere dann notwendig, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat.<br />

Diese Sorgfalt besteht auch, wenn der Bestätigungsvermerk aufgrund von Beanstandungen versagt worden ist<br />

oder der Bestätigungsvermerk deshalb versagt wurde, weil der Ausschuss nicht in der Lage war, eine Beurteilung<br />

über den gemeindlichen Gesamtabschluss vorzunehmen. Auf diese besonderen Sorgfaltspflichten kann auch<br />

dann nicht verzichtet werden, wenn bereits zuvor durch eine Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungsprüfungsausschuss<br />

als zuständige Prüfungsinstanz und der gemeindlichen Verwaltung versucht wurde, die im Gesamtabschluss<br />

aufgetretenen Fehler zu beseitigen. Dem Bürgermeister wird aber grundsätzlich ein Anspruch auf<br />

seine Entlastung zugestanden, wenn die gemeindliche Geschäftstätigkeit im abgelaufenen Haushaltsjahr ordnungsgemäß<br />

geführt worden ist. Die Entlastung des Bürgermeisters kann vorbehaltlos oder mit Vorbehalten ausgesprochen<br />

werden. Sie kann aber auch verweigert werden.<br />

1.4.5 Die Unterzeichnung des bestätigten Gesamtabschlusses<br />

In der Vorschrift über die Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses in Form der Beschlussfassung<br />

durch den Rat der Gemeinde ist nicht ausdrücklich geregelt, dass der Gesamtabschluss nach seiner Bestätigung<br />

durch den Rat auch zu unterzeichnen ist. Ausgehend davon, dass über die vom Rat gefassten Beschlüsse, also<br />

auch über die Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses, eine Niederschrift zu fertigen und diese u.a.<br />

vom Bürgermeister zu unterzeichnen ist, stellt sich die Frage nach einer eigenständigen Unterzeichnung des<br />

Gesamtabschlusses durch den Bürgermeister.<br />

Eine solche Unterzeichnung muss als sachgerecht und erforderlich angesehen werden, weil bereits die Anzeige<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses an die Aufsichtsbehörde konkrete Informationen darüber erfordert, dass<br />

der Gesamtabschluss in seiner vorgelegten Form auch vom Rat der Gemeinde gebilligt wurde. Die weitere Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

durch die öffentliche Bekanntmachung und die Einsichtnahme in den Gesamtabschluss<br />

bis zur Feststellung des folgenden Gesamtabschlusses (vgl. § 96 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>) sind weitere sachliche<br />

Gründe für die Vornahme einer eigenständigen Unterzeichnung des Werkes „Gesamtabschluss“.<br />

Die Vornahme der Unterzeichnung des gemeindlichen Gesamtabschlusses stellt dabei eine funktionale und keine<br />

persönliche Rechtshandlung des Bürgermeisters der Gemeinde als Vorsitzender des Rates der Gemeinde dar<br />

(vgl. § 40 Absatz 2 Satz 4 GO <strong>NRW</strong>). Andererseits hat der Bürgermeister auch die Pflicht, die Beschlüsse des<br />

Rates auszuführen (vgl. § 62 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Er erfüllt daher mit seiner Unterzeichnung eine öffentlich-rechtliche<br />

Verpflichtung und bringt damit zum Ausdruck, dass dieser aus seiner Verantwortung als Vorsitzender<br />

des Rates der Gemeinde heraus richtig und vollständig ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1128


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Unterzeichnung des Bürgermeisters beinhaltet aber auch eine Vollständigkeitserklärung dahingehend, dass<br />

der gemeindliche Gesamtabschluss alle Bestandteile und Anlagen zur Erfüllung seiner Aufgabe enthält, die dafür<br />

vorgeschrieben bzw. notwendig sind. Der Bürgermeister hat bei seiner Unterzeichnung zudem darauf zu achten,<br />

dass er den gemeindlichen Gesamtabschluss anschließend unverzüglich der Aufsichtsbehörde anzeigt (vgl. § 96<br />

Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>).<br />

1.46 Die Anzeige des Gesamtabschlusses bei der Aufsichtsbehörde<br />

1.4.6.1 Die Anzeigepflicht der Gemeinde<br />

Aus der ausschlaggebenden Bedeutung der Art und des Ausmaßes der Erfüllung der kommunalen Aufgaben, die<br />

im Gesamtabschluss gezeigt wird, ergibt sich die Pflicht der Gemeinde, den vom Rat bestätigten Gesamtabschluss<br />

der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen. Es besteht aber auch die Notwendigkeit für die Aufsichtsbehörde,<br />

sich jeweils zum Ende eines Haushaltsjahres einen Überblick über die gesamte wirtschaftliche<br />

Lage der Gemeinde zu verschaffen. Die mit dem Gesamtabschluss der Aufsichtsbehörde der Gemeinde vorzulegenden<br />

Unterlagen sind für eine Gesamtübersicht über die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde, die auch die Aufsichtsbehörde haben sollte, unverzichtbar.<br />

Die Gemeinde hat in den Fällen, in denen der Rat der Gemeinde seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Bestätigung<br />

des Gesamtabschlusses bis zu dem in § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> festgelegten Termin nicht nachkommt, und<br />

deshalb der gemeindliche Gesamtabschluss nicht angezeigt werden kann, die Aufsichtsbehörde unverzüglich<br />

darüber zu unterrichten. In dem Bericht an die Aufsichtsbehörde hat die Gemeinde die Gründe für das Versäumnis<br />

anzugeben sowie aufzuzeigen, welcher Verfahrensstand zur Bestätigung des Gesamtabschlusses besteht.<br />

Sie hat auch anzugeben, wann die Bestätigung durch den Rat vorgesehen ist und bis zu welchem Zeitpunkt die<br />

Anzeige bei der Aufsichtsbehörde nachgeholt wird. Die Aufsichtsbehörde sollte in jedem Anzeigeverfahren auch<br />

eine Rückäußerung an die Gemeinde geben und darin ihre aufsichtsrechtliche Einschätzung aufzeigen.<br />

1.4.6.2 Die aufsichtsrechtliche Prüfung<br />

1.4.6.2.1 Allgemeine Prüfungsgesichtspunkte<br />

Die Aufsichtsbehörde hat aber den ihr nach § 116 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> angezeigten Gesamtabschluss<br />

mit seinen Anlagen grundsätzlich dahingehend zu prüfen, ob dieser formal und inhaltlich den einschlägigen<br />

Rechtsvorschriften entspricht. Der eigentlichen Abschlussanalyse soll daher eine formelle Prüfung vorausgehen,<br />

bei der auf die Ordnungsmäßigkeit des vom Rat bestätigten Gesamtsabschlusses abzustellen ist. Die<br />

Aufsichtsbehörde hat nicht nur die Vollständigkeit der vorgelegten Abschlussunterlagen, sondern auch das Vorliegen<br />

einer ausreichenden inhaltlichen Bestimmtheit und Aussagekraft dieser Unterlagen zu prüfen, denn der<br />

gemeindliche Gesamtabschluss hat unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den<br />

tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde zu vermitteln.<br />

Die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde erfordert zudem, auch das Verfahren der Aufstellung des Gesamtabschlusses<br />

der Gemeinde zu kennen, um ggf. erkannte Rechtsverstöße mit den verfügbaren Mitteln beanstanden zu können.<br />

1.4.6.2.2 Die Prüfung bei eingeschränkten oder anderen Bestätigungsvermerken<br />

Im Rahmen der Anzeige des Gesamtabschlusses hat die Aufsichtsbehörde auch zu berücksichtigen, ob und wie<br />

bei der Entscheidung über die Bestätigung des Gesamtabschlusses und der Entlastung des Bürgermeisters das<br />

Ergebnis der Prüfung des Rechnungsprüfungsausschusses berücksichtigt worden ist, soweit dieser Ausschuss<br />

GEMEINDEORDNUNG 1129


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

keinen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat. Insbesondere dann, wenn Verstöße gegen haushaltsrechtliche<br />

Vorschriften vorliegen, müssen Ursache und Wirkung von der Gemeinde auch gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde<br />

transparent gemacht werden.<br />

Bei einem eingeschränkten oder einem anderen Bestätigungsvermerk des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

muss auch die Tragweite der Einschränkung oder Versagung begründet und erkennbar sein. Der Ausschuss<br />

muss die Bedeutung von Mängeln und mögliche nicht beurteilbare Bereiche zum Ausdruck bringen, sodass die<br />

von ihm gemachten Einschränkungen von der Aufsichtsbehörde gewichtet und gewürdigt werden können. In<br />

solchen Fällen ist ggf. auch die Stellungnahme des Bürgermeisters und/oder des Kämmerers zum Prüfungsbericht<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses zu berücksichtigen, wenn eine solche im Rahmen der Aufstellung und<br />

Feststellung des Jahresabschlusses abgegeben wurde.<br />

Insbesondere in den Fällen, in denen der Rechnungsprüfungsausschuss einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk<br />

erteilt hat, der Bestätigungsvermerk aufgrund von Beanstandungen versagt worden ist oder der Bestätigungsvermerk<br />

deshalb versagt wurde, weil der Ausschuss nicht in der Lage war, eine Beurteilung vorzunehmen,<br />

bedarf es für die aufsichtsrechtliche Beurteilung auch einer Beteiligung des Kämmerers und des Bürgermeisters.<br />

Eine Beteiligung des Bürgermeisters und/oder des Kämmerers sollte auch dann erfolgen, wenn bereits zuvor<br />

durch eine Zusammenarbeit im Gesamtabschluss einige aufgetretene Fehler, die der Vermittlung eines den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der<br />

Gemeinde entgegenstanden, beseitigt worden sind.<br />

1.4.6.3 Die Anzeige bei einem Verzicht des Gesamtabschlusses<br />

Die Vorschrift enthält keine gesonderte Ausnahmeregelung, die es ermöglicht, dass die Gemeinde generell von<br />

der Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses befreit ist. Bei einzelnen Gemeinden kann ein Verzicht<br />

aber möglich sein, wenn die Gemeinde über keinen voll zu konsolidieren Betrieb verfügt, denn dann liegt die<br />

wichtigste Voraussetzung für einen gemeindlichen Gesamtabschluss, dass ein Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen<br />

der Kernverwaltung der Gemeinde und einem ihrer Betriebe besteht, nicht vor. Das Fehlen dieser Voraussetzung<br />

kann nicht dadurch geheilt werden, dass die betreffende Gemeinde über Betriebe verfügt, die nach der<br />

Equity-Methode zu konsolidieren wären.<br />

In solchen Fällen entfällt nicht die Anzeigepflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde der Gemeinde, denn diese soll<br />

den in jedem Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag 31. Dezember i.d.R. aufzustellenden gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

vorgelegt bekommen. Vielmehr muss bei einem zulässigen Verzicht auf die Aufstellung eines<br />

gemeindlichen Gesamtabschlusses auch darüber in Kenntnis gesetzt werden. In den Fällen des Verzichts auf die<br />

Aufstellung des Gesamtabschlusses erlischt auch nicht die grundsätzliche Prüfungspflicht, sondern diese ist dann<br />

darauf ausgerichtet, ob örtlich die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Aufstellung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses vorliegen. In diesem Sinne sollte die Anzeigepflicht sachlich und verfahrensmäßig darauf<br />

ausgerichtet sein, dass der Aufsichtsbehörde eine geprüfte Verzichtserklärung im Rahmen des vorgesehenen<br />

Anzeigeverfahrens von der Gemeinde vorgelegt wird. Die Aufsichtsbehörde sollte in jedem Anzeigeverfahren<br />

auch eine Rückäußerung an die Gemeinde geben und darin ihre aufsichtsrechtliche Einschätzung aufzeigen.<br />

1.4.7 Die Bekanntmachung des Gesamtabschlusses<br />

1.4.7.1 Allgemeine Voraussetzungen<br />

Durch den Verweis auf § 96 GO <strong>NRW</strong> besteht für die Gemeinde die Pflicht, ihren Gesamtabschluss öffentlich<br />

bekannt zu machen und danach bis zur Bestätigung des folgenden Gesamtabschlusses zur Einsichtnahme verfügbar<br />

zu halten. Damit sollen die Einwohner und Abgabepflichtigen bürgerfreundlich und bürgernah über den<br />

GEMEINDEORDNUNG 1130


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Gesamtabschluss des abgelaufenen Haushaltsjahres informiert werden. In diesem Zusammenhang ist die Bekanntmachungsverordnung<br />

zu beachten, die inhaltliche Vorgaben und Verfahrensvorgaben zur Durchführung der<br />

Bekanntmachung von gemeindlichen Satzungen enthält. Der gemeindliche Gesamtabschluss unterliegt hinsichtlich<br />

seiner Veröffentlichung ebenfalls dieser Verordnung.<br />

Die Bürgerinnen und Bürger sind einerseits Adressaten des gemeindlichen Handelns und sollen andererseits die<br />

Arbeit von Rat und Verwaltung der Gemeinde unterstützen. Daher besteht ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit<br />

an Informationen über die gesamte wirtschaftliche Lage der Gemeinde. Aus diesem Grund soll der gemeindliche<br />

Gesamtabschluss bis zur Bestätigung des folgenden Gesamtabschlusses zur Einsichtnahme verfügbar<br />

gehalten werden. Damit wird dem Grundsatz der Öffentlichkeit Rechnung getragen, der sich durch die gesamte<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde zieht. Bei der Bekanntmachung des Gesamtabschlusses durch die<br />

Gemeinde ist zudem die Bekanntmachungsverordnung zu beachten, die Regelungen zu den Formen und dem<br />

Vollzug einer Bekanntmachung durch die Gemeinde enthält.<br />

Die Gemeinde muss dabei dafür Sorge tragen, dass die bereitgestellten haushaltswirtschaftlichen Informationen<br />

barrierefrei verfügbar sind und der Zugang dazu nicht eingeschränkt ist, sodass z. B. für Menschen mit Behinderungen<br />

ggf. Hindernisse für ihre Teilhabe am haushaltswirtschaftlichen Geschehen bzw. an den Entscheidungsprozessen<br />

dazu bestehen (vgl. z. B.: Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung Nordrhein-Westfalen - BITV<br />

<strong>NRW</strong>). Außerdem darf die Bekanntmachung nicht so ausgestaltet werden, dass diese auf ein unvertretbares Maß<br />

reduziert ist und damit dem Zweck der Beteiligung der Öffentlichkeit an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

entgegen gewirkt wird.<br />

1.4.7.2 Die Zwecke der Bekanntmachung des Gesamtabschlusses<br />

Die Bekanntmachung des Gesamtabschlusses erfüllt als Information an die Einwohner und Abgabepflichtigen<br />

aber nur dann ihren Zweck, wenn darin auch die wichtigsten Ergebnisse aus der Gesamtergebnisrechnung und<br />

aus der Gesamtbilanz öffentlich gemacht werden. Es ist dazu aber nicht erforderlich, den gesamten gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss mit seinen Anlagen zum Inhalt der Bekanntmachung, z.B. im Amtsblatt der Gemeinde, zu<br />

machen. Die Bekanntmachungsverordnung lässt es zu, dass bestimmte Materialien, die zum gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

gehören, stattdessen zu jedermanns Einsicht an einer bestimmten Stelle der gemeindlichen Verwaltung<br />

ausgelegt werden (vgl. § 3 Absatz 2 BekanntmVO).<br />

Die Einwohner und Abgabepflichtigen können sich dann entsprechend ihrem Bedarf weitere Kenntnisse über den<br />

gemeindlichen Gesamtabschluss und damit über die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde verschaffen. Es<br />

bleibt der Gemeinde überlassen, ob sie den Jahresabschluss in herkömmlicher Weise als Druckwerk oder im<br />

Internet verfügbar macht oder in sonstiger Weise ihre Einwohner und Abgabepflichtigen über ihre wirtschaftliche<br />

Lage und das Ergebnis des abgelaufenen Haushaltsjahres informiert. Sie sollte in ihrer Bekanntmachung ggf.<br />

bereits die betreffende Internetseite angeben. Diese besondere Vorschrift über den Zugang zu amtlichen Unterlagen<br />

der Gemeinde lässt die Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen (IFG <strong>NRW</strong>) unberührt.<br />

Bei einem Verfügbarhalten des gemeindlichen Gesamtabschlusses im Internet sollte in der örtlichen<br />

Bekanntmachung des Gesamtabschlusses darauf hingewiesen und dazu die einschlägige Internetadresse angegeben<br />

werden.<br />

1.4.7.3 Der Vollzug der Bekanntmachung<br />

Die öffentliche Bekanntmachung des Gesamtabschlusses ist mit Ablauf des Erscheinungstages des Amtsblattes<br />

oder der Zeitung vollzogen. Erfolgt die Bekanntmachung in mehreren Zeitungen, ist die Bekanntmachung mit<br />

Ablauf des Tages der zuletzt erschienenen Zeitung vollzogen (vgl. § 6 BekanntmVO). Die Öffentlichkeit kann<br />

nicht innerhalb einer bestimmten Auslegungsfrist von dem vom Rat bestätigten Gesamtabschluss Kenntnis neh-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1131


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

men. Sie soll sich vielmehr im Rahmen des langfristigen Verfügbarhaltens des Gesamtabschlusses und der Einsichtnahme<br />

informieren. Auch bei diesem Verfügbarhalten des Gesamtabschlusses ist die Bekanntmachung mit<br />

Ablauf des Erscheinungstages vollzogen.<br />

1.4.7.4 Der Verzicht auf die Bekanntmachung<br />

Bei einzelnen Gemeinden kann ein Verzicht auf die Bekanntmachung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

dadurch möglich sein, dass die Gemeinde über keinen voll zu konsolidieren Betrieb verfügt, denn dann liegt die<br />

wichtigste Voraussetzung für einen gemeindlichen Gesamtabschluss, dass ein Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen<br />

der Kernverwaltung der Gemeinde und einem ihrer Betriebe besteht, nicht vor. Das Fehlen dieser Voraussetzung<br />

kann nicht dadurch geheilt werden, dass die betreffende Gemeinde über Betriebe verfügt, die nach der<br />

Equity-Methode zu konsolidieren wären. Der Wegfall ist in jedem Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag 31.<br />

Dezember, zu dem kein gemeindlicher Gesamtabschluss aufzustellen ist, erneut zu prüfen.<br />

In den Fällen eines zulässigen Verzichts auf die Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses müssen<br />

die Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft über diese besondere gemeindliche Sachlage in Kenntnis<br />

gesetzt werden. Die Gemeinde hat dazu eigenverantwortlich zu entscheiden, ob sie diesen örtlichen Sachverhalt<br />

gesondert bekannt macht. Es ist aber auch als vertretbar anzusehen, den Verzicht auf die Aufstellung eines gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses in die Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses einzubeziehen,<br />

denn durch die beiden gemeindlichen Abschlüsse wird regelmäßig der gleiche Adressatenkreis angesprochen.<br />

1.4.8 Unmittelbare Informationen über die Gesamtabschlussprüfung<br />

1.4.8.1 Keine Bekanntgabepflicht für den Prüfungsbericht<br />

Für die Bekanntmachung des Gesamtabschlusses ist zu berücksichtigen, dass wie der Rat auch die Bürgerinnen<br />

und Bürger als Adressaten aus der Gesamtabschlussprüfung nach § 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong> konkrete Empfehlungen<br />

zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, der Ordnungsmäßigkeit und der Funktionsfähigkeit des Verwaltungshandelns<br />

der Gemeinde verlangen, damit für sie entscheidungsrelevante Informationen zur Verfügung stehen.<br />

Aus dieser weiten Zielvorgabe für die Gesamtabschlussprüfung entsteht jedoch keine gesonderte Pflicht für<br />

die Gemeinde, den Bürgerinnen und Bürgern den Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses in vollem<br />

Umfang verfügbar zu machen.<br />

Bei der Entscheidung der Gemeinde, ob und ggf. in welchem Umfang ein Prüfungsbericht über den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss der Öffentlichkeit allgemein zugänglich gemacht werden soll, ist zu berücksichtigen, dass<br />

nur der Rat der Gemeinde der Adressat des Prüfungsberichtes ist. Der Rat hat den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

mit der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses beauftragt und sollte daher über eine Veröffentlichung<br />

des Berichtes entscheiden. Es sollte dafür ein Bedarf bestehen. Zudem ist zu beachten, dass der Rat in<br />

öffentlicher Sitzung über das Ergebnis der Abschlussprüfung berät und seine Bestätigung des Gesamtabschlusses<br />

unter Einbeziehung des Prüfungsergebnisses vornimmt. Mit dieser öffentlichen Tätigkeit des Rates dürfte<br />

bereits eine ausreichende Information für die Öffentlichkeit über die Art und den Umfang der durchgeführten Prüfung<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses gewährleistet sein.<br />

1.4.8.2 Informationen über das Prüfungsergebnis<br />

Das Prüfungsergebnis der Gesamtabschlussprüfung sollte dem o.a. Adressatenkreis verfügbar gemacht werden,<br />

der im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung des Gesamtabschlusses informiert werden möchte oder sich<br />

informiert. Da das Prüfungsergebnis nach § 116 Absatz 6 i.V.m. § 101 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> in einem Bestätigungs-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1132


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

vermerk zusammenzufassen ist, bietet es sich an, diesen Bestätigungsvermerk dem der Aufsichtsbehörde nach §<br />

116 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong> anzuzeigenden Gesamtabschluss sowie der Bekanntmachung<br />

des Gesamtabschlusses nach § 116 Absatz 1 i.V.m. 96 Absatz 2 Satz 2 GO <strong>NRW</strong> beizufügen. Damit wird<br />

dem Informationsbedürfnis des oben genannten Adressatenkreises in ausreichendem Umfang genüge getan.<br />

1.4.9 Das Verfügbarhalten des Gesamtabschlusses der Gemeinde<br />

1.4.9.1 Die Zwecke des Verfügbarhaltens<br />

Die haushaltsrechtliche Vorgabe des Verfügbarhaltens des gemeindlichen Gesamtabschlusses setzt das bürgerfreundliche<br />

Verfahren über die Informationen aus der gemeindlichen Haushaltsplanung und dem Jahresabschluss<br />

fort, denn es besteht ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über die aus der Haushaltswirtschaft<br />

entstandene aktuelle wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde. Die Interessenbekundung im Rahmen<br />

des Verfügbarhaltens des gemeindlichen Gesamtabschlusses ermöglicht der gemeindlichen Verwaltung, mithilfe<br />

dieser Bürgerbeteiligung die künftigen haushaltswirtschaftlichen Gesamtziele und Gesamtleistungen besser zu<br />

bestimmen und zu messen sowie die Wirkungen des gesamten Handelns der Gemeinde zu beurteilen. Die Offenlegung<br />

von Daten des gemeindlichen Gesamtabschlusses und ein längerfristiges Verfügbarhalten können daher<br />

zur Verbesserung der Qualität der gemeindlichen Haushaltswirtschaft beitragen.<br />

Die Bürgerinnen und Bürger verlangen regelmäßig mehr Transparenz über haushaltswirtschaftliche Daten und<br />

neue Zugänge zu den gemeindlichen Haushaltsinformationen, denn diese nehmen die Leistungen der Gemeinde<br />

in Anspruch und nutzen die gemeindlichen Einrichtungen. Aufseiten vieler Bürgerinnen und Bürger besteht daher<br />

ein großes und berechtigtes Informationsinteresse am gesamten haushaltswirtschaftlichen Handeln der Gemeinde.<br />

Diesen Gegebenheiten soll die Gemeinde durch ein umfassendes, verständliches und zugängliches örtliches<br />

Informationsangebot über ihre Haushaltswirtschaft und damit auch über den gemeindlichen Gesamtabschluss in<br />

ausreichendem Maße Rechnung getragen werden.<br />

Die Gemeinde hat einerseits gegenüber den Bürgerinnen und Bürger die allgemeine gesetzliche Verpflichtung, ihr<br />

Vermögen und ihre Einkünfte so zu verwalten, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben (vgl. § 10 Satz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>) und andererseits hat sie das Wohl ihrer Einwohner zu fördern (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Abhängig<br />

von den tatsächlichen örtlichen Informationsbedürfnissen wird durch die Einsichtnahme in die haushaltswirtschaftlichen<br />

Unterlagen der Gemeinde vielfach das Interesse der Einsichtnehmende jedoch nicht ausreichend<br />

befriedigt. Oftmals wird von diesen Personen zudem eine Freigabe weiterer Informationen und Daten zur eigenen<br />

Verwendung gefordert, um eigene Interpretationen vornehmen zu können und durch die gemeindliche Verwaltung<br />

hergestellte Zusammenhänge zu hinterfragen.<br />

Unter Beachtung des Datenschutzes kann es grundsätzlich zu einem offenen Umgang mit geeigneten Verwaltungsdaten<br />

im Sinne der für die Bürgerinnen und Bürger zu erbringenden Dienstleistungen kommen. Vielfach gilt<br />

es dabei für die Interessierten, einen schnellen und einfachen Überblick über die gemeindliche Haushaltswirtschaft<br />

und den daraus entstandenen Gesamtabschluss zu bekommen. Für die Entwicklung einer Zusammenarbeit<br />

zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, dem Rat der Gemeinde und der gemeindlichen Verwaltung bedarf<br />

es aber einer klaren Willensbekundung aller Beteiligten.<br />

1.4.9.2 Der Zeitraum des Verfügbarhaltens<br />

Der Gesamtabschluss ist nach seiner öffentlichen Bekanntmachung bis zur Bestätigung des folgenden Gesamtabschlusses<br />

zur Einsichtnahme verfügbar zu halten und nicht nur an wenigen Tagen auszulegen. Insgesamt<br />

gesehen steht den Bürgerinnen und Bürgern der Jahresabschluss damit in einem Zeitraum zu Verfügung, in dem<br />

das weitere haushaltswirtschaftliche Handeln der gemeindlichen Verwaltung auf dem erstellten Gesamtab-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1133


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

schluss aufbaut. Durch das nachfolgende Beispiel soll deutlich werden, dass der gemeindliche Gesamtabschluss<br />

solange verfügbar zu halten ist, wie noch kein weiterer bestätigter Gesamtabschluss besteht (vgl. Abbildung).<br />

Der Zeitraum des Verfügbarhaltens des Gesamtabschlusses 2013<br />

AUFGABE<br />

Aufstellung und Zuleitung<br />

des Entwurfs des Gesamtabschlusses an den Rat<br />

Prüfung des Entwurfs des Gesamtabschlusses<br />

durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

Bestätigung des Gesamtabschlusses<br />

durch den Rat<br />

Anzeige des Gesamtabschlusses<br />

an die Aufsichtsbehörde<br />

Bekanntmachung<br />

des Gesamtabschlusses<br />

Verfügbarhalten des Gesamtabschlusses<br />

bis zur Feststellung des folgenden<br />

Gesamtabschlusses<br />

GEMEINDEORDNUNG 1134<br />

DATUM<br />

Bis zum 30. September 2014<br />

Örtliche Fristsetzung<br />

Bis zum 31. Dezember 2014<br />

Nach Bestätigung durch den Rat<br />

Nach Bestätigung durch den Rat<br />

Bis zum 31. Dezember 2015<br />

Abbildung 228 „Der Zeitraum des Verfügbarhaltens des Gesamtabschlusses 2013“<br />

Den Bürgerinnen und Bürgern steht der gemeindliche Gesamtabschluss damit in einem Zeitraum zu Verfügung,<br />

in dem das weitere haushaltswirtschaftliche Handeln der Gemeinde i.d.R. auch auf dem erstellten Gesamtabschluss<br />

aufbaut. Mit der öffentlichen Bereitstellung und dem Einsichtsrecht in diese „Basis“ für das künftige gemeindliche<br />

Handeln wird dem Grundsatz der Öffentlichkeit ausreichend Rechnung getragen, der sich durch das<br />

gesamte gemeindliche Haushaltsverfahren zieht. Es bleibt aber der Gemeinde überlassen, ob sie den bestätigten<br />

Gesamtabschluss in herkömmlicher Weise als Druckwerk bereithält oder im Internet verfügbar macht.<br />

Die Gemeinde muss dabei dafür Sorge tragen, dass die bereitgestellten haushaltswirtschaftlichen Informationen<br />

barrierefrei verfügbar sind und der Zugang dazu nicht eingeschränkt ist, sodass z. B. für Menschen mit Behinderungen<br />

ggf. Hindernisse für ihre Teilhabe am haushaltswirtschaftlichen Geschehen bzw. an den Entscheidungsprozessen<br />

dazu bestehen (vgl. z. B. die „Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung Nordrhein-Westfalen -<br />

BITV <strong>NRW</strong>“). Außerdem darf die gesetzliche Frist nicht so ausgestaltet werden, dass diese auf ein unvertretbares<br />

Maß reduziert ist und damit dem Zweck der Beteiligung der Öffentlichkeit an der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

entgegen gewirkt wird.<br />

Die rechtlichen Festlegungen zur Einsichtnahme in die haushaltswirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinde bilden<br />

dabei den Rahmen für das Handeln der Gemeinde, den sie selbstständig und eigenverantwortlich auszufüllen<br />

hat. Sie hat das Recht bzw. ihr obliegt die Pflicht, unter Berücksichtigung der Interessen und Möglichkeiten der<br />

Adressaten ihrer Haushaltswirtschaft die Formen und Orte der Einsichtnahme in die haushaltswirtschaftlichen<br />

Unterlagen festzulegen. Dabei kann die Gemeinde selbstverständlich auch Prioritäten setzen.


1.4.9.3 Das Verfügbarhalten im Internet<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gemeinde soll nach dem Grundsatz der Öffentlichkeit ihren Gesamtabschluss möglichst in verschiedenen<br />

Medienformen öffentlich zur Einsichtnahme bereitstellen. Mit der Veröffentlichung von Haushaltsunterlagen im<br />

Internet kann ein wichtiger Beitrag zur Transparenz über die gemeindliche Haushaltswirtschaft geleistet werden.<br />

Sie ist eine zeitgemäße Form, die auch dazu beitragen kann, dem Bürger den Zugang zum Gesamtabschluss der<br />

Gemeinde zu erleichtern.<br />

Der vom Rat der Gemeinde bestätigte und veröffentlichte Gesamtabschluss der Gemeinde unterliegt grundsätzlich<br />

nicht dem personenbezogenen Datenschutz. Mit dem Abschluss wird gegenüber den Bürgern der Nachweis<br />

über das haushaltsmäßige und wirtschaftliche Handeln der Gemeinde im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

im Haushaltsjahr bzw. Geschäftsjahr erbracht. Die Gemeinde sollte beim Verfügbarhalten des Gesamtabschlusses<br />

im Internet bereits bei dessen örtlicher Bekanntmachung darauf hinweisen und dazu die einschlägige<br />

Internetadresse angeben.<br />

Die Gemeinde muss beim ihrem Informationsangebot über den gemeindlichen Jahresabschluss im Internet (Verfügbarhalten<br />

im Internet), aber auch bei ihren sonstigen Online-Auftritten und -Angeboten sowie bei den von ihr<br />

zur Verfügung gestellten Programmoberflächen im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung berücksichtigen,<br />

dass deren technische Gestaltung auch die Nutzung durch Menschen mit Behinderung ermöglicht (vgl. § 1<br />

i.V.m. § 10 BGG <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde muss daher nach bestem Bemühen die Erstellung eines barrierefreien<br />

Angebotes vornehmen und bestimmte Aspekte dabei berücksichtigen (vgl. Abbildung).<br />

ASPEKTE<br />

Verantwortung<br />

Auffindbarkeit<br />

Zugänglichkeit<br />

Nutzbarkeit<br />

Bedienbarkeit<br />

Verständlichkeit<br />

Lesbarkeit<br />

Kostenfreiheit<br />

Belegbarkeit<br />

Aspekte für das Verfügbarhalten im Internet<br />

GEMEINDEORDNUNG 1135<br />

INHALTE<br />

Veröffentlichung nur auf Internetseiten, die in der Verantwortung der Gemeinde<br />

liegen.<br />

Gestaltung der Internetseiten zur Wahrnehmung der gezeigten Elemente.<br />

Zulassung eines uneingeschränkten Nutzerkreises.<br />

Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Nutzerinnen und Nutzer.<br />

Sicherstellung der Bedienbarkeit und der einfachen Navigation.<br />

Sicherstellung der Verständlichkeit der Informationen und der Funktionalität<br />

der Bedienung.<br />

Einsatz der natürlichen Sprache, in Größe, Form und Zeichen, z.B. auch<br />

die Gebärdensprache.<br />

Zulassung des kostenfreien Lesens und Ausdruckens.<br />

Angaben zur Einsichtnahme des Jahresabschlusses in Papierform.<br />

Abbildung 229 „Aspekte für das Verfügbarhalten im Internet“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Inhalte und das Erscheinungsbild des gemeindlichen Jahresabschlusses im Internet sind daher so zu gestalten,<br />

dass sie für alle Interessierten wahrnehmbar sind (vgl. § 2 BITV <strong>NRW</strong>). Als Barrierefreiheit wird dabei die<br />

Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der von der Gemeinde gestalteten Lebensbereiche für alle Men-<br />

schen angesehen, sodass der Zugang und die Nutzung für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen<br />

Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe möglich sein müssen. Zu den zu gestalteten<br />

Lebensbereichen gehören nicht nur bauliche Anlagen und technische Gebrauchsgegenstände, sondern<br />

auch die Systeme der Informationsverarbeitung.<br />

Für Internetauftritte und Internetangebote sowie andere grafische Programmoberflächen der Informationstechnik<br />

von Behörden der Bundesverwaltung, die öffentlich zugänglich sind, sind durch eine Verordnung des Bundes<br />

besondere Anforderungen bestimmt worden. Die „Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik<br />

nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung - BITV 2.0) ist im<br />

Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (vgl. BGBl. I S. 1843). Die Gemeinde unterliegt nicht dieser Verordnung.<br />

Sie kann die Verordnung aber als Hilfestellung für die Gestaltung ihrer eigenen Angebote nutzen.<br />

2. Zu Absatz 2 (Konsolidierungskreis für den Gesamtabschluss):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Konsolidierung der Jahresabschlüsse):<br />

2.1.1 Die wirtschaftliche Einheit „Gemeinde“<br />

Nach dieser Vorschrift hat die Gemeinde ihren Jahresabschluss (gemeindliche Verwaltung) und die Jahresabschlüsse<br />

des gleichen Geschäftsjahres aller gemeindlichen Betriebe als verselbstständigte Aufgabenbereiche in<br />

öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form zu einem Gesamtabschluss zu konsolidieren (Fiktion der wirtschaftlichen<br />

Einheit). Unter dem Begriff „Wirtschaftliche Einheit“ wird dabei regelmäßig eine organisatorische<br />

Gesamtheit von Personen und/oder Sachen verstanden, bei denen die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit<br />

auf Dauer ausgelegt ist und eine eigene Zielsetzung verfolgt wird. Im gemeindlichen Gesamtabschluss kann die<br />

Fiktion der wirtschaftlichen Einheit als gegeben angesehen werden, denn die Gemeinde ist öffentlich-rechtlich der<br />

„Inhaber“ ihrer Verwaltung und alleine oder zusammen mit Dritten der öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche<br />

„Inhaber“ ihrer Betriebe.<br />

Die gemeindliche Verwaltung soll daher mit den gemeindlichen Betrieben zusammengefasst werden, damit im<br />

gemeindlichen Gesamtabschluss die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde so dargestellt<br />

wird, als ob es sich bei der Gemeinde um eine einzige wirtschaftliche Einheit handelt. Außerdem soll der<br />

gemeindliche Gesamtabschluss einen aus dem Jahresabschluss der gemeindlichen Verwaltung und den Jahresabschlüssen<br />

der Betriebe der Gemeinde abgeleiteten eigenständigen Abschluss darstellen (Einheitstheorie).<br />

Diese Vorgabe setzt für die Einbeziehung der Betriebe in den gemeindlichen Gesamtabschluss generell ein Mutter-Tochter-Verhältnis<br />

zwischen der gemeindlichen Verwaltung und den Betrieben voraus. Es ist nicht von der<br />

Rechts- oder Organisationsform der einzelnen Betriebe abhängig.<br />

Die beschriebene „Generalnorm“ hat dabei erhebliche Bedeutung, auch wenn sie nicht ausdrücklich in einer einzigen<br />

Vorschrift enthalten ist. Vielmehr ist sie in vielen Einzelvorschriften enthalten, die im Rahmen der Aufstellung,<br />

Prüfung und Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses zur Anwendung kommen. Der gemeindliche<br />

Gesamtabschluss stellt daher einen aus den Jahresabschlüssen der Kernverwaltung und der in den Gesamtabschluss<br />

einbezogenen gemeindlichen Betriebe abgeleiteten eigenständigen Abschluss der gesamten wirtschaftlichen<br />

Einheit „Gemeinde“ dar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dann die verselbstständigten Aufgabenbereiche<br />

nicht in den gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogen werden müssen, wenn sie für die Verpflichtung,<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1136


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Vor diesem Hintergrund sind deshalb auftretende örtliche Zweifelsfragen bei der Aufstellung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses immer unter Beachtung dieser Generalnorm zu lösen, d. h. bildlich gesehen, ist die einzelne<br />

Frage unter dem Gesichtspunkt zu klären, als ob die gemeindliche Verwaltung um die gemeindlichen Betriebe<br />

erweitert worden wäre. Diese Sachlage bringt es z. B. mit sich, dass die Leistungsbeziehungen innerhalb des<br />

„Konzerns Gemeinde“ eliminiert werden müssen. Wegen der öffentlich-rechtlichen Verhältnisse bei den Gemeinden<br />

kann es im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses jedoch keine Fiktion der rechtlichen Einheit<br />

geben. Anders als im privatwirtschaftlichen Bereich kommt es bei den Gemeinden auch faktisch nicht zu einem<br />

tatsächlichen rechtlichen Verbund.<br />

2.1.2 Die Bezeichnung der gemeindlichen Aufgabenbereiche<br />

2.1.2.1 Der Begriff „Verselbstständigte Aufgabenbereiche“<br />

Für die Organisationseinheiten der Gemeinde außerhalb der gemeindlichen Verwaltung, die grundsätzlich in den<br />

gemeindlichen Gesamtabschluss einzubeziehen sind, ist in den haushaltsrechtlichen Vorschriften der Begriff<br />

„Verselbstständigte Aufgabenbereiche“ gebildet worden, der zweckmäßig und sachlich auf die gesamte gemeindliche<br />

Aufgabenerfüllung zu beziehen ist. Die Aufgabe des gemeindlichen Gesamtabschlusses, ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild über die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde zu vermitteln, erfordert,<br />

den haushaltsrechtlichen Begriff „Verselbstständigte Aufgabenbereiche“ weit auszulegen und unabhängig<br />

davon zu betrachten, ob die Verwaltung und die Betriebe der Gemeinde im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

eine wirtschaftliche, nicht wirtschaftliche oder eine hoheitliche Aufgabe erfüllen.<br />

Für die Einbeziehung von gemeindlichen Aufgabenbereichen in einer eigenständigen Organisationsform in den<br />

Gesamtabschluss der Gemeinde ist es außerdem unerheblich, ob vor der Gründung oder Errichtung eines gemeindlichen<br />

Betriebes bereits eine gesonderte Organisationseinheit in der gemeindlichen Verwaltung bestand, in<br />

der die an den gemeindlichen Betrieb übertragene Aufgabe zuvor erledigt wurde. Der Begriff „verselbstständigte<br />

Aufgabenbereiche“ ist zudem auch nicht nur nach der Vorschrift über die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde<br />

zu bewerten, auch wenn er auch in dieser Vorschrift seinen Ausgang findet (vgl. § 107 GO <strong>NRW</strong>). Es bietet sich<br />

deshalb an, den Begriff „Verselbstständigte Aufgabenbereiche“ durch den Begriff „Betrieb“ zuersetzen.<br />

2.1.2.2 Der Begriff „Betrieb“<br />

Zur Vereinfachung in der Anwendung der haushaltsrechtlichen Vorschriften wird statt des Begriffes „Verselbstständigte<br />

Aufgabenbereiche“ der Begriff „Betrieb“ für die außerhalb der gemeindlichen Verwaltung bestehenden<br />

Einheiten der Gemeinde benutzt. Als Betrieb gelten dabei alle Organisationseinheiten der Gemeinde, unabhängig<br />

von ihrer Rechtsform. Ein gemeindlicher Betrieb in diesem Sinne stellt eine Wirtschaftseinheit der Gemeinde dar,<br />

in der Dienstleistungen oder Produkte für Dritte zur örtlichen Bedarfsdeckung im Rahmen der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung bereitgestellt werden.<br />

Die gemeindlichen Organisationseinheiten können als gemeindliche Betriebe wirtschaftlich und organisatorisch<br />

selbstständig und auch rechtlich selbstständig sein. Die Betriebe können zudem in öffentlich-rechtlicher oder<br />

privatrechtlicher Form bestehen. Mit dieser inhaltlichen Abgrenzung des Begriffs „Betrieb“ können alle Organisationseinheiten<br />

der Gemeinde außerhalb der gemeindlichen Verwaltung erfasst werden, die zur Aufgabenerledigung<br />

der Gemeinde beitragen und als Tochtereinheiten bzw. Konsolidierungseinheiten oder als assoziierte Betriebe<br />

für den gemeindlichen Gesamtabschluss von Bedeutung sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1137


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

2.1.3 Die Zusammensetzung des Konsolidierungskreises<br />

2.1.3.1 Die gemeindliche Ausgangslage<br />

Das gemeindewirtschaftliche Handeln wird durch gemeinderechtliche und durch gesellschaftsrechtliche Vorschriften<br />

geprägt. Als Gemeindewirtschaftsrecht bildet es einen eigenständigen Teilbereich in der Gemeindeordnung<br />

(vgl. 11. Teil der GO <strong>NRW</strong>). Dieser Teilbereich enthält insbesondere Bestimmungen zur Zulässigkeit der wirtschaftlichen<br />

Betätigung der Gemeinde, durch die auch eine Abgrenzung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher<br />

Betätigung erfolgt (vgl. § 107 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Normierung der öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Organisationsformen, die für die wirtschaftliche<br />

und nicht-wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde zur Verfügung stehen sowie die Voraussetzungen, unter denen<br />

privatrechtliche organisierte gemeindliche Betriebe möglich sind, wird dort näher bestimmt (vgl. § 108 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Diese Vorgaben für die Errichtung von gemeindlichen Betrieben bestimmen auch die örtliche Zusammensetzung<br />

des Konsolidierungskreises der Gemeinde mit. Die Einbeziehung in den Konsolidierungskreis ist dabei<br />

nicht von der Rechts- oder Organisationsform der einzelnen Betriebe abhängig.<br />

In diesem Zusammenhang steht auch der gemeindliche Gesamtabschluss, für den in der Vorschrift bestimmt<br />

worden ist, welche gemeindlichen Betriebe mit ihren Jahresabschlüssen in den Gesamtabschluss der Gemeinde<br />

einzubeziehen sind. Dabei wird der Grundsatz der Vollständigkeit beachtet, denn zum gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

sollen neben der gemeindlichen Verwaltung alle Betriebe der Gemeinde in öffentlich-rechtlicher oder<br />

privatrechtlicher Form zusammengeführt werden. Unter dem gesetzlichen Begriff „Verselbstständigte Aufgabenbereiche“<br />

sind dabei organisatorisch abgegrenzte gemeindliche Aufgaben zu verstehen, die nicht in der gemeindlichen<br />

Verwaltung, sondern in den öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestalteten Betrieben der Gemeinde<br />

erledigt werden. Die Aufgaben der Gemeinde werden daher im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

wieder zu einem Gesamtbild zusammengeführt.<br />

2.1.3.2 Die Abgrenzung des Konsolidierungskreises<br />

Für den gemeindlichen Gesamtabschluss wird der Konsolidierungskreis vergleichbar mit dem Handelsrecht abgegrenzt.<br />

Es sind die gemeindlichen Betriebe in den Gesamtabschluss einzubeziehen, die unter der einheitlichen<br />

Leitung der Gemeinde stehen oder auf die die Gemeinde einen beherrschenden Einfluss hat. Diese Betriebe<br />

müssen für die Erfüllung der Aufgabe des gemeindlichen Gesamtabschlusses, ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde zu vermitteln,<br />

von Bedeutung sein.<br />

Beim gemeindlichen Konsolidierungskreis ist außerdem zu berücksichtigen, dass dieser in Zukunft auch Veränderungen<br />

unterliegen kann, z. B. wenn durch eine Veräußerung ein gemeindlicher Betrieb aufgegeben wird, der<br />

dann aus dem gemeindlichen Konsolidierungskreis ausscheidet. Die Errichtung oder der Erwerb neuer gemeindlicher<br />

Betriebe verändert ebenfalls den gemeindlichen Konsolidierungskreis, wenn diese Betriebe in den Gesamtabschluss<br />

einzubeziehen sind. Die möglichen Konsolidierungseinheiten der Gemeinde werden nachfolgend aufgezeigt<br />

(vgl. Abbildung).<br />

Die Konsolidierungseinheiten<br />

Mit dem Jahresabschluss der gemeindlichen Kernverwaltung<br />

sind zu konsolidieren, die Jahresabschlüsse<br />

- der gemeindlichen Betriebe, die mit der Gemeinde eine Rechtseinheit bilden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1138


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Konsolidierungseinheiten<br />

Mit dem Jahresabschluss der gemeindlichen Kernverwaltung<br />

sind zu konsolidieren, die Jahresabschlüsse<br />

- der gemeindlichen Betriebe und Vermögensmassen mit Nennkapital, an denen die Gemeinde<br />

eine Beteiligung hält.<br />

- der Anstalten, die von der Gemeinde auf der Grundlage rechtlicher Vorschriften als Anstalt des<br />

öffentlichen Rechts (AÖR) alleine oder zusammen mit anderen Gemeinden oder sonstigen Dritten<br />

getragen werden.<br />

- der Zweckverbände, in denen die Gemeinde Mitglied ist.<br />

- der rechtlich selbstständigen kommunalen Stiftungen, bei denen die Gemeinde Stifter ist.<br />

- der sonstigen rechtlich selbstständigen Aufgabenträger, deren finanzielle Existenz aufgrund<br />

rechtlicher Verpflichtungen wesentlich durch die Gemeinde gesichert wird, sodass ein Abhängigkeitsverhältnis<br />

zur Gemeinde besteht (institutionelle Finanzunterstützung).<br />

Abbildung 230 „Die Konsolidierungseinheiten“<br />

Zu jedem Abschlussstichtag ist daher von der Gemeinde der für den davorliegenden Gesamtabschluss gebildete<br />

Konsolidierungskreis zu überprüfen und ggf. anzupassen. Die Betriebe gewerblicher Art (BgA) als ausschließliche<br />

steuerrechtliche Betriebsform sowie die gemeindlichen Regiebetriebe als Teile der gemeindlichen Verwaltung<br />

stellen zwar Betriebsformen dar. Diese Einheiten sind aber nicht in den Konsolidierungskreis für den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss einzubeziehen, weil sie keine eigenständigen gemeinderechtlichen Organisationsformen<br />

darstellen.<br />

2.1.3.3 Die Sparkassen und der Konsolidierungskreis<br />

2.1.3.3.1 Keine Einbeziehung der Sparkassen<br />

Eine Besonderheit stellen die Sparkassen in der Rechtsform einer landesrechtlichen Anstalt öffentlichen Rechts<br />

in der Trägerschaft der Gemeinde dar (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 1 SpkG <strong>NRW</strong>). Der Landesgesetzgeber hat erstmals<br />

im Sparkassengesetz vom 18.11.2008 (GV. <strong>NRW</strong>. S. 696) entschieden, dass die gemeindlichen Sparkassen<br />

nicht im Jahresabschluss der Gemeinden anzusetzen sind (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 2 SpkG <strong>NRW</strong>). In der Begründung<br />

zum NKFG vom 16.11.2004 ist dieser Wille des Landesgesetzgebers bereits zum Ausdruck gebracht<br />

worden, dass die gemeindlichen Sparkassen nicht zu bilanzieren sind und daher auch nicht in den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss einbezogen werden sollen. Die damalige Willensbekundung des Gesetzgebers folgte einer<br />

Entscheidung der Länder im Rahmen der Bemühungen um eine Reform des gemeindlichen Haushaltsrechts.<br />

Dieser Festlegung steht nicht entgegen, dass die Sparkassen als wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinden<br />

eingestuft werden und daher als eine Vermögensmasse der Gemeinden zu betrachten sind, die in den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss einbezogen werden müsste (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 1 SpkG <strong>NRW</strong>). Das o.a. gesetzliche<br />

Verbot lässt es aber gleichwohl nicht zu, eine Sparkasse in der Trägerschaft der Gemeinde in den Konsolidierungskreis<br />

für ihren gemeindlichen Gesamtabschluss aufzunehmen. In diesem Zusammenhang erfordert es das<br />

Transparenzgebot, dass die Gemeinde entsprechende Angaben im Gesamtanhang zu machen, wenn sie Trägerin<br />

einer Sparkasse ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1139


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

2.1.3.3.2 Keine Einbeziehung der Beteiligungen der Sparkassen<br />

Die gemeindlichen Sparkassen besitzen vielfach Unternehmen und weitere Beteiligungen. Die Festlegung des<br />

Gesetzgebers, die Sparkassen nicht in den Gesamtabschluss einzubeziehen, umfasst in seinem Sinne nicht nur<br />

die originäre öffentlich-rechtliche Anstalt „Sparkasse“, sondern auch deren Unternehmen und Beteiligungen sowie<br />

die sonstigen Anteilsverhältnisse der Sparkasse. Unter Berücksichtigung dieser Verhältnisse und der Aufgabe<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses soll nicht nur die originäre öffentlich-rechtliche Anstalt „Sparkasse“ nicht<br />

in den Gesamtabschluss der Gemeinde einbezogen werden, sondern die gesamte „Gruppe“ Sparkasse. Der<br />

Konsolidierungskreis für den gemeindlichen Gesamtabschluss umfasst daher nicht die Sparkasse einschließlich<br />

der ihr zugehörigen Betriebe und sonstigen Beteiligungen.<br />

In den Fällen, in denen die Gemeinde jedoch selbst unmittelbar oder mittelbar über einen gemeindlichen Betrieb<br />

an einem Unternehmen der Sparkasse beteiligt ist, muss dieser gemeindliche Anteil von der Gemeinde unter<br />

Anwendung der zutreffenden Konsolidierungsmethode in ihren Gesamtabschluss einbezogen werden. Diese<br />

Einbeziehung entspricht der Aufgabe des gemeindlichen Gesamtabschlusses und steht dem Willen des Landesgesetzgebers<br />

nicht entgegen.<br />

2.1.3.3.3 Die Sparkassenzweckverbände und der Konsolidierungskreis<br />

Aus dem Verbot der Einbeziehung der Sparkassen in den Konsolidierungskreis für den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

ist jedoch nicht der Schluss zu ziehen, dass dadurch auch die Mitgliedschaft der Gemeinde in einem<br />

Sparkassenzweckverband nicht in den Gesamtabschluss einzubeziehen ist. Die gemeindlichen Zweckverbände,<br />

zu denen auch Sparkassenzweckverbände gehören, stellen eine öffentlich-rechtliche Organisationsform dar,<br />

deren Wert je nach Einfluss der Mitglieder in der gemeindlichen Gesamtbilanz wie ein verbundenes Unternehmen<br />

oder eine Beteiligung anzusetzen und grundsätzlich in den Gesamtabschluss einzubeziehen sind.<br />

Für die Einbeziehung in den gemeindlichen Gesamtabschluss ist wie bei den wirtschaftlichen oder nicht wirtschaftlichen<br />

Tochtereinheiten der Gemeinde nicht die gewählte Organisationsform ausschlaggebend, sondern die<br />

von der Gemeinde für den einzelnen Betrieb bestimmte öffentliche Zwecksetzung. Ob und in welcher Form ein<br />

Sparkassenzweckverband in den gemeindlichen Gesamtabschluss einzubeziehen ist, hängt daher örtlich u.a.<br />

auch von der wirtschaftlichen Bedeutung der einzelnen Mitgliedschaft der Gemeinde in einem Sparkassenzweckverband<br />

ab. Grundsätzlich ist daher ein Sparkassenzweckverband in den Konsolidierungskreis einzubeziehen.<br />

Das Ansatzverbot für die von ihm getragene Sparkasse bewirkt aber einen Ansatz des Zweckverbandes mit dem<br />

Erinnerungswert. Diese Sachlage ist bei den örtlichen Konsolidierungsarbeiten von der Gemeinde zu beachten.<br />

2.1.3.4 Die gemeindlichen Betriebe als Teilkonzerne<br />

Im Rahmen der Bestimmung des gemeindlichen Konsolidierungskreises, in den die gemeindliche Verwaltung als<br />

Muttereinheit und die Betriebe der Gemeinde als Tochtereinheiten einbezogen werden, kann der Sachverhalt<br />

bekannt werden, dass ein gemeindlicher Betrieb in einer Rechtsform des privaten Rechts bereits nach den handelsrechtlichen<br />

Vorschriften ein Mutterunternehmen darstellt und deshalb zur Aufstellung eines handelsrechtlichen<br />

Konzernabschlusses verpflichtet ist (vgl. §§ 290 ff. HGB). In einem solchen Fall kommt es auf die Rechtsform<br />

der Tochterunternehmen dieses gemeindlichen Betriebes nicht an.<br />

Der eigenständige handelsrechtliche Konzernabschluss ist dann als Abschluss dieses gemeindlichen Betriebes<br />

zu behandeln und haushaltsrechtlich als „Teilkonzernabschluss“ im Rahmen des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

in die Konsolidierung einzubeziehen. Diese Vorgehensweise ermöglicht, auf eine gesonderte Konsolidierung<br />

der einzelnen Jahresabschlüsse der konzernangehörigen gemeindlichen Betriebe zu verzichten. Aus<br />

GEMEINDEORDNUNG 1140


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Transparenz- und Informationsgründen sollte der handelsrechtliche Konzernabschluss dann dahingehend gekennzeichnet<br />

werden, dass er gemeindebezogen einen „Teilkonzernabschluss“ darstellt.<br />

Ein gemeindlicher Betrieb, der handelsrechtlich ein Mutterunternehmen darstellt, bliebe dabei gleichzeitig eine<br />

Tochtereinheit in seinem Verhältnis zur gemeindlichen Verwaltung als Muttereinheit und würde ein gemeindlicher<br />

„Teilkonzern“ im Gesamtabschluss sein. Diese Sachlage muss für die Adressaten beider Abschlüsse durch besondere<br />

Angaben unmittelbar erkennbar und nachvollziehbar sein. Die zulässige Einbeziehung eines „Teilkonzernabschlusses“<br />

in den gemeindlichen Gesamtabschluss erfordert aber auch die Beachtung folgender Voraussetzungen<br />

(vgl. Abbildung).<br />

Die Voraussetzungen bei Einbeziehung eines „Teilkonzernabschlusses“<br />

- Es wird ein vollständiger handelsrechtlicher Konzernabschluss eines gemeindlichen Betriebes<br />

aufgestellt.<br />

- Die Kapitalverflechtungen und Leistungsbeziehungen zwischen den im Teilkonzern voll zu konsolidierenden<br />

Betrieben und der gemeindlichen Kernverwaltung müssen aufgedeckt und berücksichtigt<br />

werden.<br />

- Die Kapitalverflechtungen und Leistungsbeziehungen zwischen den im Teilkonzern voll zu konsolidierenden<br />

Betrieben und anderen voll zu konsolidierenden gemeindlichen Betrieben müssen aufgedeckt<br />

und berücksichtigt werden.<br />

- Änderungen der Konsolidierungsstruktur im Vergleich zum Abschluss der gemeindlichen Kernverwaltung<br />

müssen berücksichtigt werden.<br />

- Im handelsrechtlichen Konzern aufgedeckte stille Reserven müssen auf Ebene des gemeindlichen<br />

„Teilkonzerns“ fortgeschrieben werden.<br />

Abbildung 231 „Die Voraussetzungen bei Einbeziehung eines „Teilkonzernabschlusses“<br />

Die örtlichen Gegebenheiten führen jedoch weder dazu, dass auf den handelsrechtlichen Konzernabschluss noch<br />

auf den gemeindlichen Gesamtabschluss verzichtet werden kann. Die Ziele und Zwecke ermöglichen aber der<br />

Gemeinde, in den gemeindlichen Gesamtabschluss nicht jeden gemeindlichen Betrieb einzubeziehen, der dem<br />

handelsrechtlich geprägten „Konzern“ angehört, sondern nur das Mutterunternehmen als gemeindlicher Betrieb<br />

mit seinem Konzernabschluss entsprechend zu berücksichtigen. Das Handelsrecht enthält dazu eine ausdrückliche<br />

Regelung in diesem Sinne (vgl. § 312 Absatz 6 HGB). Der gemeindliche Gesamtabschluss ist dann in einem<br />

solchen Fall nach einem Stufenkonzept - vergleichbar dem handelsrechtlichen Konzept – aufzubauen.<br />

2.1.3.5 Die Besonderheiten bei finanziellen Abhängigkeitsverhältnissen<br />

Die sonstigen rechtlich selbstständigen Aufgabenträger außerhalb der Gemeinde, deren finanzielle Existenz<br />

aufgrund rechtlicher Verpflichtungen wesentlich durch die Gemeinde gesichert wird, sollen in den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss einbezogen werden. Diese Sachlage erfordert eine erweiterte Betrachtung. Im Rahmen der<br />

IMK-Arbeiten in 2003 war es nicht beabsichtigt, jeden Aufgabenträger, der einen Zuschuss der Gemeinde erhält,<br />

aufgrund einer gemeindlichen Finanzleistung in den Gesamtabschluss der Gemeinde einzubeziehen. Ein Aufgabenträger,<br />

der einen Zuschuss zu seiner Einrichtung von der Gemeinde erhält, z. B. zu einem Kindergarten, soll<br />

deshalb nicht allein dadurch vollkonsolidierungspflichtig sein, denn vielfach werden von der Gemeinde die Zuschüsse<br />

wegen der Trägerschaft einer Einrichtung zur Durchführung gemeindlicher Aufgaben gewährt.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1141


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die ausschlaggebende Voraussetzung für die Einbeziehung eines Dritten als Aufgabenträger in den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss soll aber ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis von der Gemeinde sein. Ein solches<br />

Verhältnis kann nur dann als gegeben im Sinne der Konsolidierung angesehen werden, wenn die finanziellen<br />

Beziehungen zwischen der Gemeinde und dem Aufgabenträger darin bestehen, die Durchführung einer gemeindlichen<br />

zweckbezogenen Aufgabe durch einen bestimmten Aufgabenträger als örtliche Institution durchführen zu<br />

lassen und dauerhaft zu erhalten und zu sichern. Aus dem bestehenden Verhältnis zwischen der Gemeinde und<br />

dem Aufgabenträger muss daher erkennbar und nachvollziehbar sein, dass ein institutionelles (finanzielles) Abhängigkeitsverhältnis<br />

des Aufgabenträgers von der Gemeinde besteht. Die jährlichen Finanzleistungen der Gemeinde<br />

an den Aufgabenträger sollen deshalb so hoch sein, dass diese als Erträge des Aufgabenträgers seine<br />

Aufwendungen überwiegend decken. Sie müssen aber auch eine Bedeutung für die Gemeinde haben bzw. für die<br />

Gemeinde erheblich sein. Außerdem müssen auch die sonstigen Voraussetzungen für die Einbeziehung in den<br />

gemeindlichen Gesamtabschluss erfüllt werden.<br />

In die örtliche Betrachtung und Bewertung ist auch einzubeziehen, ob die finanzielle Abhängigkeit eines sonstigen<br />

rechtlich selbstständigen Aufgabenträgers von der Gemeinde bei seiner laufenden Geschäftstätigkeit oder aus<br />

seiner Investitionstätigkeit und/oder Finanzierungstätigkeit heraus besteht. Bei einer ausschließlichen finanziellen<br />

Abhängigkeit aus der laufenden Geschäftstätigkeit des Aufgabenträgers heraus dürfte aufgrund der aufwandswirksamen<br />

Finanzleistungen der Gemeinde, die auch in die Gesamtergebnisrechnung einfließen, i.d.R. eine vollständige<br />

Einbeziehung des Aufgabenträgers in den gemeindlichen Gesamtabschluss nur in Betracht kommen,<br />

wenn zusätzlich eine besondere Bedeutung des Aufgabenträgers hinsichtlich der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

besteht. Einer entsprechenden Bedeutung bedarf es auch dann, wenn eine finanzielle Abhängigkeit aus der<br />

Investitionstätigkeit und/oder der Finanzierungstätigkeit des Aufgabenträgers heraus besteht und die Gemeinde<br />

ihre finanziellen Investitionsleistungen als Rechnungsabgrenzungsposten bilanzieren kann oder der wirtschaftlicher<br />

Eigentümer der angeschafften Vermögensgegenstände geworden ist.<br />

Aus diesen Gegebenheiten heraus lässt sich für eine Einbeziehung in den gemeindlichen Gesamtabschluss ableiten,<br />

dass bei einem fremden Aufgabenträger, der als Institution finanziell von der Gemeinde abhängig ist, die<br />

Gemeinde auch in dessen Entscheidungsgremien vertreten sein soll. Sofern dieses vor Ort nicht gegeben ist,<br />

spricht dieses Indiz, unabhängig von der finanziellen Größenordnung der gemeindlichen Zuschüsse für die laufende<br />

Geschäftstätigkeit, dafür, dass dieser Aufgabenträger aus der "Gesamtabschlusssicht" der Gemeinde von<br />

untergeordneter Bedeutung ist. Eine solche Abgrenzung muss in Einklang mit den sonstigen örtlichen Verhältnissen<br />

stehen, die zu einem Verzicht auf die Einbeziehung gemeindlicher Betriebe oder anderer Dritter in den gemeindlichen<br />

Konsolidierungskreis führen. Sie muss mit diesen Gegebenheiten aber nicht identisch sein.<br />

2.1.3.6 Die Eckpunkte für den gemeindlichen Konsolidierungskreis<br />

Die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses erfordert von der Gemeinde die Beachtung einer Vielzahl<br />

von Eckpunkten, um unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen örtlichen Verhältnisse die wirtschaftliche Gesamtheit<br />

zutreffend herzustellen und abzubilden (vgl. Abbildung).<br />

Die Eckpunkte für den gemeindlichen Konsolidierungskreis<br />

ECKPUNKTE<br />

Vollständigkeitsgrundsatz<br />

Weltabschlussprinzip<br />

GEMEINDEORDNUNG 1142<br />

INHALTE<br />

Die gemeindliche Verwaltung und die Betriebe der Gemeinde<br />

in öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Form sind<br />

zusammenzufassen.<br />

In den gemeindlichen Gesamtabschluss sind grundsätzlich<br />

alle Betriebe der Gemeinde einzubeziehen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Eckpunkte für den gemeindlichen Konsolidierungskreis<br />

ECKPUNKTE<br />

Vollkonsolidierung<br />

Equity-Konsolidierung<br />

Finanzanlagevermögen<br />

Sparkassen<br />

und ihre Beteiligungen<br />

Betriebe als Teilkonzerne<br />

Untergeordnete Bedeutung<br />

Finanzielle Abhängigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 1143<br />

INHALTE<br />

Betriebe, die unter der einheitlichen Leitung der Gemeinde<br />

stehen oder auf die sie einen beherrschenden Einfluss<br />

ausübt (§ 50 Absatz 1 und 2 GemHVO <strong>NRW</strong>) werden im<br />

Rahmen der Vollkonsolidierung in den Gesamtabschluss<br />

einbezogen.<br />

Betriebe unter einem maßgeblichen Einfluss der Gemeinde<br />

werden „at Equity“ in den Gesamtabschluss einbezogen.<br />

Alle übrigen Betriebe werden unter der Gesamtbilanzposition<br />

„Finanzanlagevermögen“ ausgewiesen.<br />

Die Sparkassen werden aufgrund des gesetzlichen Bilanzierungsverbotes<br />

und ihre Beteiligungen aufgrund einer Konvention<br />

nicht in den Gesamtabschluss einbezogen.<br />

Unter Beachtung der Abschlussvoraussetzungen und der<br />

Durchführung daraus folgender Arbeitsschritte kann ein<br />

handelsrechtlicher Konzernabschluss als Abschluss eines<br />

gemeindlichen Betriebes in den Gesamtabschluss einbezogen<br />

werden.<br />

Die Betriebe, die für die Vermittlung eines den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde<br />

von untergeordneter Bedeutung sind, müssen nicht in den<br />

Gesamtabschluss einbezogen werden.<br />

Bei den sonstigen rechtlich selbstständigen Aufgabenträgern,<br />

deren finanzielle Existenz aufgrund rechtlicher Verpflichtungen<br />

wesentlich durch die Gemeinde gesichert wird,<br />

sodass ein Abhängigkeitsverhältnis zur Gemeinde besteht<br />

(institutionelle Finanzunterstützung), muss die Erheblichkeit<br />

und Bedeutung für den Gesamtabschluss festgestellt werden.<br />

Abbildung 232 „Die Eckpunkte für den gemeindlichen Konsolidierungskreis“<br />

2.1.3.7 Die Veränderungen des Konsolidierungskreises<br />

Der Konsolidierungskreis für den gemeindlichen Gesamtabschluss kann in Zukunft sachlichen Veränderungen<br />

unterliegen, wenn z. B. durch eine Veräußerung ein gemeindlicher Betrieb aufgegeben wird, sodass dieser dann<br />

aus dem gemeindlichen Konsolidierungskreis ausscheidet. Auch durch die Errichtung oder den Erwerb neuer<br />

Betriebe durch die Gemeinde verändert sich der gemeindliche Konsolidierungskreis. Zum folgenden Abschlussstichtag<br />

sind dann die entsprechenden Veränderungen vorzunehmen, z. B. die neuen Betriebe in die gemeindliche<br />

Konsolidierung einzubeziehen. Die Gemeinde hat zu jedem Abschlussstichtag ihren Konsolidierungskreis zu<br />

überprüfen und ggf. anzupassen.<br />

Die Gemeinde hat in solchen Fällen im Gesamtanhang sachgerechte Angaben darüber zu machen und ggf. in<br />

zeitlicher Hinsicht eine Vergleichbarkeit herzustellen. Sie ist insbesondere dann berichtspflichtig, wenn die aufge-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

tretenen Änderungen bei ihren Beteiligungen wesentlich sind und das vom gemeindlichen Gesamtabschluss zu<br />

vermittelnde Bild der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde beeinträchtigt werden könnte. Einige Messgrößen<br />

oder Anhaltspunkte dafür können aus dem Vergleich des Einzelabschlusses zum gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

gewonnen werden, sodass die Anwendung des Grundsatzes der Wesentlichkeit konkretisiert wird.<br />

2.1.4 Einbeziehung der Jahresabschlüsse des gleichen Geschäftsjahres<br />

2.1.4.1 Der einheitliche Abschlussstichtag<br />

Der gemeindliche Gesamtabschluss setzt sich aus dem Jahresabschluss der Gemeinde nach § 95 GO <strong>NRW</strong> und<br />

den Jahresabschlüssen des gleichen Geschäftsjahres aller gemeindlichen Betriebe in öffentlich-rechtlicher oder<br />

privatrechtlicher Form zusammen. Die Aufgabe des gemeindlichen Gesamtabschlusses, die Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzlage der einbezogenen Betriebe so darzustellen, als ob die Gemeinde mit ihren Betrieben<br />

insgesamt eine einzige wirtschaftliche Einheit wäre, erfordert, dass die Jahresabschlüsse der am Gesamtabschluss<br />

Beteiligten grundsätzlich bezogen auf den gleichen Abschlussstichtag aufgestellt werden. Die Einheitlichkeit<br />

des Abschlussstichtages ist ein wichtiger Tatbestand, um einem möglichst aussagefähigen gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss aufzustellen.<br />

Der Abschlussstichtag für den gemeindlichen Gesamtabschluss wird durch den Jahresabschluss der gemeindlichen<br />

Verwaltung bestimmt und ist der 31. Dezember eines jeden Jahres als Abschlussstichtag für das gemeindliche<br />

Haushaltsjahr. Bei dieser Festlegung des Abschlussstichtages ist berücksichtigt worden, dass für die gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft das Kalenderjahr das Haushaltsjahr und für viele gemeindliche Betriebe das Kalenderjahr<br />

das Geschäftsjahr darstellt (vgl. § 78 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong> und § 12 EigVO <strong>NRW</strong>). Gleichwohl besteht<br />

bei einzelnen Betrieben ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr, weil z. B. die betrieblichen Bedürfnisse<br />

dieses erfordern. Diese Abweichung stellt jedoch kein grundsätzliches Hindernis für die Einbeziehung des<br />

betreffenden Betriebes in den Gesamtabschluss dar. Es können dadurch zur Abgrenzung ggf. Anpassungsarbeiten<br />

durch den betroffenen Betrieb erforderlich werden oder ein gesonderter Zwischenabschluss aufzustellen sein.<br />

2.1.4.2 Die Aufstellung eines Zwischenabschlusses<br />

2.1.4.2.1 Die zeitliche Abgrenzung<br />

Im NKF soll die wirtschaftliche Einheit der Gemeinde mit ihren Betrieben u.a. dadurch erreicht werden, dass auch<br />

die gemeindlichen Betriebe, die ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr haben, vom Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde nicht ausgeschlossen werden. Ein abweichendes Geschäftsjahr eines gemeindlichen<br />

Betriebes kann zu Problemen bei der Durchführung der Konsolidierung durch die Gemeinde führen. Es erschwert<br />

z. B. die „internen“ Aufrechnungen zwischen der gemeindlichen Verwaltung und diesen Betrieben der Gemeinde,<br />

oder macht sie nicht möglich. Durch einen gesonderten Zwischenabschluss zum Abschlussstichtag des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses wird bei diesen Betrieben versucht, abweichend von ihrem Geschäftsjahr einen Zeitraum<br />

zu schaffen, der dem Haushaltsjahr der Gemeinde entspricht, und für den von der Gemeinde ein Gesamtabschluss<br />

aufzustellen ist.<br />

Aus einem solchen Zwischenabschluss ergeben sich keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit<br />

des gemeindlichen Betriebes. In den Fällen, in denen bei einem gemeindlichen Betrieb das abweichende<br />

Geschäftsjahr in der Zeit vom 30. September bis zum 31. Dezember endet, weil z. B. die betrieblichen<br />

Bedürfnisse dies erfordern, wird unterstellt, dass durch besondere konsolidierungstechnische Buchungen<br />

die notwendigen Eliminierungen „interner“ Vorgänge für den Gesamtabschluss erreicht werden können. Ob eine<br />

solche Eliminierung noch gelingt, wenn der Abschlussstichtag des Betriebes der 31. Juli ist, ist sehr zweifelhaft,<br />

sodass die betrieblichen Verhältnisse besser durch einen Zwischenabschluss abgebildet werden sollten.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1144


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch Landesrecht können die rechtlich selbstständigen gemeindlichen Betriebe nicht verpflichtet werden, ihren<br />

Jahresabschluss bezogen auf den Abschlussstichtag der gemeindlichen Verwaltung aufzustellen, auch wenn<br />

diese zum Vollkonsolidierungskreis für den gemeindlichen Gesamtabschluss gehören. Bei erheblichen zeitlichen<br />

Abweichungen kann daher nur eine qualitative Abschlussaussage durch einen Zwischenabschluss durch den<br />

betreffenden Betrieb erreicht werden, der zeitraumbezogen mit den Abschlüssen der übrigen gemeindlichen<br />

Betriebe als gleichwertig gelten kann. Eine gesonderte haushaltsrechtliche Vorschrift über einen aufzustellenden<br />

Zwischenabschluss durch einen Betrieb besteht nicht. Die Einbeziehung eines gemeindlichen Betriebes in den<br />

gemeindlichen Gesamtabschluss über einen Zwischenabschluss muss von der Gemeinde örtlich eingeschätzt<br />

und entschieden werden, auch wenn der Betrieb ein um weniger als drei Monate vom Haushaltsjahr der Gemeinde<br />

abweichendes Geschäftsjahr hat.<br />

Das Ergebnis einer örtlichen Abwägung kann daher auch darin bestehen, dass ein Betrieb keinen Zwischenabschluss<br />

aufzustellen hat. Die Gemeinde geht in solchen Fällen i.d.R. davon aus, dass ein Verzicht zu keiner Beeinträchtigung<br />

des durch den Gesamtabschluss zu vermittelnden Bildes über die wirtschaftliche Gesamtlage der<br />

Gemeinde führt. Beim Vorliegen einer solchen Sachlage müssen jedoch die betrieblichen Vorgänge von besonderer<br />

Bedeutung für die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde, die zwischen<br />

dem Abschlussstichtag des gemeindlichen Betriebes und dem Abschlussstichtag des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

eingetreten sind, in der Gesamtbilanz und der Gesamtergebnisrechnung berücksichtigt oder im Gesamtanhang<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses angegeben werden.<br />

2.1.4.2.2 Die Pflicht zur Aufstellung<br />

In den gemeindlichen Gesamtabschluss sollen auch die Jahresabschlüsse der gemeindlichen Betriebe einbezogen<br />

werden, deren Abschlussstichtage um mehr als drei Monate vor dem Abschlussstichtag 31. Dezember liegen.<br />

Diese Betriebe sollen einen gesonderten Zwischenabschluss, bezogen auf den Abschlussstichtag des Gesamtabschlusses,<br />

aufstellen, um trotz der unterschiedlichen Geschäftsjahre die notwendige Übereinstimmung für<br />

den gemeindlichen Gesamtabschluss zu erreichen. Die erhebliche Zeitdifferenz zwischen den Abschlussstichtagen<br />

wird in diesen Fällen dadurch überbrückt, dass der Jahresabschluss des betreffenden gemeindlichen Betriebes<br />

auf den Abschlussstichtag des Gesamtabschlusses fortgeschrieben wird.<br />

Von gemeindlichen Betrieben, deren Geschäftsjahr zu einem Zeitpunkt endet, bei dem eine erhebliche Zeitdifferenz<br />

zum Abschlussstichtag des gemeindlichen Gesamtabschlusses besteht, z. bei einem Abschlussstichtag 31.<br />

Juli, soll von der Gemeinde von dem jeweiligen Betrieb ein Zwischenabschluss als Fortschreibung seines Jahresabschlusses<br />

verlangt werden. Dadurch wird ein auf den Abschlussstichtag und den Zeitraum des Gesamtabschlusses<br />

ausgerichteter gleicher „Abrechnungszeitraum“ geschaffen und gewährleistet. An den Inhalt eines<br />

Zwischenabschlusses sind dabei die gleichen Qualitäts- und Quantitätsanforderungen zu stellen, wie an den<br />

originären Jahresabschluss. Diese Vorgabe besteht deshalb, weil ein betrieblicher Zwischenabschluss auf dem<br />

jeweiligen tatsächlichen betrieblichen Jahresabschluss aufgebaut wird. Er ist dadurch ordnungsgemäß aus den<br />

Büchern und sonstigen Unterlagen des betreffenden gemeindlichen Betriebes zu entwickeln, enthält jedoch nur<br />

eine entsprechende zeitanteilige Gewinn- und Verlust-Rechnung des Betriebes.<br />

2.1.4.2.3 Die Prüfungspflicht<br />

Ein Zwischenabschluss stellt keinen unterjährigen Jahresabschluss des betreffenden Betriebes der Gemeinde<br />

dar. Seine Ableitung bzw. Aufstellung dient ausschließlich der Erstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses.<br />

Der Zwischenabschluss eines gemeindlichen Betriebes unterliegt deshalb auch nicht der Pflicht zur Jahresabschlussprüfung<br />

beim betreffenden Betrieb. Vielmehr unterliegt ein Zwischenabschluss wegen seiner gesamtabschlussbezogenen<br />

Aufstellung der Prüfungspflicht des Abschlussprüfers des gemeindlichen Gesamtabschlusses.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1145


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat daher die Prüfungsverantwortung nicht nur für den aufgestellten gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss, sondern für alle die dem Gesamtabschluss zugrunde liegenden Abschlüsse, die nicht<br />

nach anderen Vorschriften geprüft worden sind.<br />

2.1.4.3 Die Angleichungsmaßnahmen bei einem Verzicht<br />

Bei der örtlichen Entscheidung der Gemeinde über einen Verzicht eines Zwischenabschlusses durch einen gemeindlichen<br />

Betrieb ist immer zu berücksichtigen, ob es möglich ist, durch besondere konsolidierungstechnische<br />

Buchungen wichtige betriebliche Vorgänge aus der Zeit zwischen dem Abschlussstichtag des betrieblichen Jahresabschlusses<br />

und dem Abschlussstichtag des gemeindlichen Gesamtabschlusses, in der Gesamtbilanz und der<br />

Gesamtergebnisrechnung der Gemeinde zu berücksichtigen. Dabei müssen die betrieblichen Vorgänge bedeutend<br />

für den gemeindlichen Betrieb und den Gesamtabschluss der Gemeinde sein. Die Entscheidung darüber<br />

kann unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wesentlichkeit mithilfe der Summe der „betrieblichen“ Geschäftsvorfälle<br />

bestimmt werden, die für die Frage der Berücksichtigung im gemeindlichen Gesamtabschluss in<br />

Betracht kommen.<br />

In bestimmten Fällen kann auch die zeitliche Hauptgeschäftstätigkeit eines Betriebes dafür ausschlaggebend<br />

sein, dass der betriebliche Abschlussstichtag regelmäßig nach dem Abschlussstichtag der Gemeinde liegt, z. B.<br />

bei Betrieben mit Saisongeschäften. In jedem Fall müssen die notwendigen Eliminierungen „interner“ Vorgänge<br />

erreicht werden, damit ein gemeindlicher Betrieb auf einen Zwischenabschluss verzichten kann. Durch die Gemeinde<br />

muss dabei gewährleistet werden, dass bei ihrem Gesamtabschluss keine Informationslücke über die<br />

wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde entsteht. Sie muss außerdem dazu beitragen, Missbräuche auszuschließen.<br />

In einer Zusammenarbeit zwischen den Betrieben der Gemeinde und der gemeindlichen Verwaltung<br />

muss erreicht werden, dass die betrieblichen Jahresabschlüsse mit vom Gesamtabschluss abweichendem Zeitbezug<br />

gleichwohl miteinander sachgerecht konsolidiert werden können.<br />

2.1.5 Die Daten im betrieblichen Jahresabschluss<br />

2.1.5.1 Die Anwendung des § 266 HGB (Abbildung der Bilanzen)<br />

Die gemeindlichen Betriebe haben ihre Bilanz in Kontoform aufzustellen (vgl. 266 HGB). In der betrieblichen Bilanz<br />

der einzelnen gemeindlichen Betriebe sollen daher folgende Posten ausgewiesen sein (vgl. Abbildung).<br />

AKTIVA<br />

A. Anlagevermögen,<br />

I. Immaterielle Vermögensgegenstände,<br />

II. Sachanlagen,<br />

III. Finanzanlagen,<br />

B. Umlaufvermögen,<br />

I. Vorräte,<br />

II. Forderungen und sonstige<br />

Vermögensgegenstände,<br />

III. Wertpapiere,<br />

IV. Kassenbestand, Bundesbankguthaben,<br />

Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks,<br />

C. Rechnungsabgrenzungsposten<br />

Die Struktur der Bilanz nach § 266 HGB<br />

GEMEINDEORDNUNG 1146<br />

PASSIVA<br />

A. Eigenkapital:<br />

I. Gezeichnetes Kapital;<br />

II. Kapitalrücklage;<br />

III. Gewinnrücklagen:<br />

IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag;<br />

V. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.<br />

B. Rückstellungen:<br />

C. Verbindlichkeiten:<br />

D. Rechnungsabgrenzungsposten.<br />

Abbildung 233 „Die Struktur der Bilanz nach § 266 HGB“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften haben auf der Aktivseite ihrer Bilanz die in Absatz 2 und auf<br />

der Passivseite die in Absatz 3 bezeichneten Posten gesondert und in der vorgeschriebenen Reihenfolge auszuweisen<br />

(vgl. § 267 Absatz 3 HGB). Kleine Kapitalgesellschaften brauchen dagegen nur eine verkürzte Bilanz<br />

aufzustellen, in die nur die in den Absätzen 2 und 3 der Vorschrift mit Buchstaben und römischen Zahlen bezeichneten<br />

Posten gesondert und in der vorgeschriebenen Reihenfolge aufgenommen werden müssen (vgl. §<br />

267 Absatz 1 HGB). Diese reduzierte Darstellung der betrieblichen Bilanz kann unabhängig von der Größe der<br />

gemeindlichen Betriebe im Beteiligungsbericht für jeden Betrieb abgebildet werden, wenn nicht eine für die Jahresabschlussanalyse<br />

aufgestellte Strukturbilanz ausreichend ist.<br />

2.1.5.2 Die Anwendung des § 276 HGB (Abbildung der Gewinn- und Verlustrechnungen)<br />

2.1.5.2.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die Vorschrift lässt zu, dass für die Abbildung der Gewinn- und Verlustrechnungen der gemeindlichen Betriebe<br />

die Erleichterungen nach § 276 HGB in Anspruch genommen werden können. Nach dieser handelsrechtlichen<br />

Vorschrift dürfen kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften die Posten nach § 275 Absatz 2 Nummer 1 bis 5<br />

oder Absatz 3 Nummer 1 bis 3 und 6 HGB zu einem Posten unter der Bezeichnung "Rohergebnis" zusammenfassen.<br />

Kleine Kapitalgesellschaften brauchen außerdem die in § 277 Absatz 4 Satz 2 und 3 HGB verlangten<br />

Erläuterungen zu den Posten "außerordentliche Erträge" und "außerordentliche Aufwendungen" nicht zu machen.<br />

Bei der Aufstellung der Gewinn- und Verlustrechnungen der gemeindlichen Betriebe ist noch zu beachten, ob und<br />

bei welchem Betrieb das Gesamtkostenverfahren oder das Umsatzkostenverfahren zur Anwendung kommt. Bei<br />

der Auswahl des Verfahrens kommen als Kriterien regelmäßig deren Aussagefähigkeit, die Transparenz und die<br />

Vergleichbarkeit sowie das Informationsinteresse der Adressaten des betrieblichen Jahresabschlusses in Betracht.<br />

Zu berücksichtigen ist aber auch, ob von der Gemeinde ein Gesamtabschluss aufzustellen ist.<br />

2.1.5.2.2 Die Gliederung beim Gesamtkostenverfahren<br />

Das Gesamtkostenverfahren (GKV) ist leistungsbezogen und weist alle Herstellungskosten des gemeindlichen<br />

Betriebes unabhängig davon aus, ob die betriebliche Gesamtleistung (Produkte und sonstige Leistungen) auch<br />

am Markt abgesetzt worden sind. Die Gegenüberstellung der gesamten Produktionskosten und der Gesamtleistung<br />

führt z. B. dazu, dass der Ausweis der Umsatzerlöse um Bestandsveränderungen und aktivierte Eigenleistungen<br />

erweitert werden muss. Der entstandene Aufwand wird dabei nach den wichtigsten Aufwandsarten verteilt.<br />

Nach § 276 Absatz 2 HGB sind bei Anwendung des Gesamtkostenverfahrens in der Gewinn- und Verlust-<br />

Rechnung der einzelnen gemeindlichen Betriebe eine Vielzahl von Posten auszuweisen (vgl. Abbildung).<br />

Die Gliederung der GuV beim Gesamtkostenverfahren<br />

1. Umsatzerlöse<br />

2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen<br />

3. andere aktivierte Eigenleistungen<br />

4. sonstige betriebliche Erträge<br />

5. Materialaufwand:<br />

a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren<br />

b) Aufwendungen für bezogene Leistungen<br />

6. Personalaufwand:<br />

a) Löhne und Gehälter<br />

b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung,<br />

davon für Altersversorgung<br />

7. Abschreibungen:<br />

a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen<br />

sowie auf aktivierte Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung<br />

GEMEINDEORDNUNG 1147


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Gliederung der GuV beim Gesamtkostenverfahren<br />

des Geschäftsbetriebs<br />

b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft<br />

üblichen Abschreibungen überschreiten<br />

8. sonstige betriebliche Aufwendungen<br />

9. Erträge aus Beteiligungen,<br />

davon aus verbundenen Unternehmen<br />

10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens,<br />

davon aus verbundenen Unternehmen<br />

11. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge,<br />

davon aus verbundenen Unternehmen<br />

12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens<br />

13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen,<br />

davon an verbundene Unternehmen<br />

14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit<br />

15. außerordentliche Erträge<br />

16. außerordentliche Aufwendungen<br />

17. außerordentliches Ergebnis<br />

18. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag<br />

19. sonstige Steuern<br />

20. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag<br />

Abbildung 234 „Die Gliederung der GuV beim Gesamtkostenverfahren“<br />

Eine reduzierte Darstellung der Gewinn- und Verlustrechnungen darf die erwünschten Informationen nicht beeinträchtigen.<br />

Sie muss auch für die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses geeignet sein.<br />

2.1.5.2.3 Die Gliederung beim Umsatzkostenverfahren<br />

Das Umsatzkostenverfahren (UKV) in der Gewinn- und Verlust-Rechnung ist grundsätzlich umsatzbezogen. Bei<br />

der Anwendung dieses Verfahrens durch die gemeindlichen Betriebe ist eine Vielzahl von Posten in der betrieblichen<br />

Gewinn- und Verlust-Rechnung auszuweisen (vgl. Abbildung).<br />

Die Gliederung der GuV beim Umsatzkostenverfahren<br />

1. Umsatzerlöse<br />

2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen<br />

3. Bruttoergebnis vom Umsatz<br />

4. Vertriebskosten<br />

5. allgemeine Verwaltungskosten<br />

6. sonstige betriebliche Erträge<br />

7. sonstige betriebliche Aufwendungen<br />

8. Erträge aus Beteiligungen,<br />

davon aus verbundenen Unternehmen<br />

9. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens,<br />

davon aus verbundenen Unternehmen<br />

10. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge,<br />

davon aus verbundenen Unternehmen<br />

11. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens<br />

12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen,<br />

davon an verbundene Unternehmen<br />

13. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit<br />

14. außerordentliche Erträge<br />

15. außerordentliche Aufwendungen<br />

16. außerordentliches Ergebnis<br />

17. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag<br />

18. sonstige Steuern<br />

19. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.<br />

Abbildung 235 „Die Gliederung der GuV beim Umsatzkostenverfahren“<br />

GEMEINDEORDNUNG 1148


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Herstellungskosten werden dabei abhängig davon ausgewiesen, in welchem Umfang die betrieblichen Produkte<br />

und Leistungen am Markt abgesetzt worden sind und unabhängig davon, in welchem Wirtschaftsjahr die<br />

Herstellungskosten für den gemeindlichen Betrieb entstanden sind. Die Herstellungskosten der nicht verkauften<br />

betrieblichen Erzeugnisse werden deshalb nicht in der Gewinn- und Verlust-Rechnung des Betriebes, sondern in<br />

der Bilanz als Halb- oder Fertigfabrikate angesetzt. Der entstandene Aufwand wird dabei nach den betrieblichen<br />

Arbeitsbereichen verteilt. Eine reduzierte Darstellung der Gewinn- und Verlustrechnungen der Unternehmen und<br />

Einrichtungen darf die erwünschten Informationen nicht beeinträchtigen.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Verweis auf § 88 und § 91 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>):<br />

2.2.1 Der Verweis auf § 88 GO <strong>NRW</strong><br />

Für den Gesamtabschluss der Gemeinde sollen grundsätzlich die Vorschriften und Sonderregelungen für den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss gelten, soweit die Eigenart des gemeindlichen Gesamtabschlusses keine Abweichung<br />

notwendig macht, die zusätzliche oder besondere Regelungen erfordert. Durch die ausdrückliche Verweisung<br />

in der Vorschrift auf § 88 GO <strong>NRW</strong> sollen die Regelungen über die im gemeindlichen Jahresabschluss auszuweisenden<br />

Rückstellungen der Gemeinde auch für den gemeindlichen Gesamtabschluss gelten. Zum vollständigen<br />

Ressourcenverbrauch der Gemeinde gehört auch die Bildung von Rückstellungen für Verpflichtungen,<br />

deren Eintritt dem Grunde nach zu erwarten ist, deren Höhe und Fälligkeitstermin jedoch noch ungewiss, aber<br />

dennoch ausreichend sicher sind, die wirtschaftliche Ursache aber bereits eingetreten ist.<br />

Durch die Bildung von Rückstellungen durch die Gemeinde werden die gemeindlichen Aufwendungen der Verursachungsperiode<br />

zugerechnet, obwohl die entsprechenden Leistungen der Gemeinde erst zu einem späteren<br />

Zeitpunkt erfolgen. Diese Vorgaben setzen im jeweiligen Haushaltsjahr ein „verpflichtendes Ereignis“ der Gemeinde<br />

gegenüber Dritten (Außenverpflichtung) oder gegenüber sich selbst (Innenverpflichtung) voraus. Ein<br />

solches gemeindliches Ereignis schafft eine rechtliche oder faktische Verpflichtung für die Gemeinde, aufgrund<br />

dessen sie keine rechtliche Alternative zur Erfüllung der Verpflichtung hat, sodass von ihr Rückstellungen zu<br />

bilden und zu bilanzieren sind.<br />

2.2.2 Der Verweis auf § 91 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong><br />

Für den Gesamtabschluss der Gemeinde sollen grundsätzlich die Vorschriften und Sonderregelungen für den<br />

gemeindlichen Jahresabschluss gelten, soweit die Eigenart des gemeindlichen Gesamtabschlusses keine Abweichung<br />

notwendig macht, die zusätzliche oder besondere Regelungen erfordert. Durch die ausdrückliche Verweisung<br />

in der Vorschrift auf § 91 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong> sollen die Regelungen über die im gemeindlichen Jahresabschluss<br />

auszuweisenden Wertansätze für Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten der Gemeinde auch für<br />

den gemeindlichen Gesamtabschluss gelten.<br />

Im Jahresabschluss der Gemeinde kommt der Bilanz eine große Bedeutung zu. Sie gibt umfassend Auskunft<br />

über das Vermögen und die Schulden der Gemeinde. Grundsätzlich sind darin das Vermögen und die Schulden<br />

der Gemeinde nach der zivilen Rechtslage zu bilanzieren, sodass Forderungen beim Anspruchsberechtigten zu<br />

aktivieren und Verbindlichkeiten beim Schuldner zu passivieren sind. Die Eignung eines Vermögensgegenstandes<br />

oder einer Verbindlichkeit, dem Grunde nach in der gemeindlichen Bilanz angesetzt werden zu können, wird<br />

mit dem Begriff „Bilanzierungsfähigkeit“ umschrieben. Das gemeindliche Vermögen ist auf der Aktivseite der Bilanz<br />

anzusetzen. Es wird deshalb auch der Begriff „Aktivierungsfähigkeit“ dafür verwendet. In entsprechender<br />

Weise findet der Begriff „Passiervierungsfähigkeit“ für die auf der Passivseite der gemeindlichen Bilanz anzusetzenden<br />

gemeindlichen Verpflichtungen Anwendung.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1149


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

3. Zu Absatz 3 (Keine Einbeziehung von Betrieben bei untergeordneter Bedeutung):<br />

3.1 Zu Satz 1 (Verzicht auf die Einbeziehung von gemeindlichen Betrieben):<br />

3.1.1 Die Inhalte der Vorschrift<br />

Im gemeindlichen Haushaltsrecht ist bestimmt worden, dass gemeindliche Betriebe nicht in den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde einzubeziehen sind, wenn sie die für die Erfüllung der Verpflichtung der Gemeinde, ein<br />

den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung sind. Diese Abgrenzung berücksichtigt einerseits<br />

die Art der Verbindung zwischen der gemeindlichen Verwaltung und den Betrieben der Gemeinde, aber auch die<br />

Intensität der gemeindlichen Einflussnahme auf den gemeindlichen Betrieb.<br />

Ein Betrieb der Gemeinde ist nur dann von untergeordneter Bedeutung, wenn der gemeindliche Gesamtabschluss<br />

beim Verzicht auf die Einbeziehung des Betriebes kein wesentlich anderes Bild der Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde ergibt, als wenn der Betrieb in den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

einbezogen worden wäre. In den Fällen, in denen mehrere gemeindliche Betriebe von untergeordneter<br />

Bedeutung sind, sind diese nur dann nicht in den Gesamtabschluss der Gemeinde einzubeziehen, wenn diese<br />

Betriebe insgesamt von untergeordneter Bedeutung sind.<br />

Die Vorschrift konkretisiert damit den für den gemeindlichen Gesamtabschluss allgemein geltenden Grundsatz<br />

der Wesentlichkeit. Sie enthält aber weder eine Definition des Begriffes „Untergeordnete Bedeutung“ noch benennt<br />

sie allgemeine Messgrößen oder Kennzahlen zur örtlichen Handhabung dieser Abgrenzung. Für die örtliche<br />

Prüfung und Entscheidung der Gemeinde, ob diese Vorschrift vor Ort zur Anwendung kommen kann, bestehen<br />

nur einige allgemein anwendbare Kriterien. Im Einzelfall könnte die Anwendung allgemeiner Kriterien problematisch<br />

sein, weil die untergeordnete Bedeutung eines gemeindlichen Betriebes für den Gesamtabschluss der<br />

Gemeinde insbesondere von den örtlichen Verhältnissen in der Gemeinde und dem Gesamtbild der relevanten<br />

Umstände vor Ort abhängig ist.<br />

Die Jahresabschlüsse der gemeindlichen Betriebe in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen oder in Formen<br />

des privaten Rechts sollen nicht allein wegen der gemeindlichen Besitzverhältnisse zu einem Gesamtabschluss<br />

vollkonsolidiert werden. Bei der Prüfung der untergeordneten Bedeutung ist aber vom Status des einzelnen gemeindlichen<br />

Betriebes auszugehen. Eine untergeordnete Bedeutung eines gemeindlichen Betriebes kann daher<br />

bestehen, wenn der Betrieb eine Tochtereinheit (Vollkonsolidierung) oder einen assoziierten Betrieb (Equity-<br />

Methode) oder eine einfache Beteiligung (Anschaffungswertprinzip) der Gemeinde darstellt. Die Vorschrift setzt<br />

daher in einem ersten Schritt eine Abgrenzung des Konsolidierungskreises voraus, um danach die Bedeutung der<br />

einzelnen gemeindlichen Betriebe zu gewichten. Auf diese Weise verhindert die Vorschrift im Rahmen der Aufstellung<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses einen nicht vertretbaren Aufwand bei der Gemeinde.<br />

3.1.2 Der Begriff „Untergeordnete Bedeutung“<br />

3.1.2.1 Die Inhalte und Zwecke<br />

Die Gemeinde hat im Rahmen ihrer Beurteilung, ob und wie ein gemeindlicher Betrieb in den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde einzubeziehen ist, eine Abgrenzung mithilfe des Begriffs „Untergeordnete Bedeutung“ aus Sicht<br />

des Gesamtabschlusses der Gemeinde vorzunehmen. Dieser Begriff drückt den Grundsatz der Wesentlichkeit im<br />

Gefüge des gemeindlichen Gesamtabschlusses aus und konkretisiert ihn. Nach dem Grundsatz der Wesentlichkeit<br />

ist eine Information im gemeindlichen Gesamtabschluss wesentlich, wenn durch ihr Weglassen oder ihre<br />

fehlerhafte Darstellung wirtschaftliche Entscheidungen beeinflusst werden können. Andererseits darf die Gemein-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1150


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

de keinen gemeindlichen Betrieb in ihren Gesamtabschluss einbeziehen, bei dem die Kriterien für eine untergeordnete<br />

Bedeutung vorliegen.<br />

Grundsätzlich sind daher an einen möglichen Verzicht der Einbeziehung eines gemeindlichen Betriebes in den<br />

Gesamtabschluss der Gemeinde strenge Anforderungen zu stellen. Es muss bei der Inanspruchnahme der gesetzlichen<br />

Befreiungsregelung immer sowohl die Vermögenslage, die Schuldenlage, die Ertragslage sowie die<br />

Finanzlage der Gemeinde betroffen sein. Dabei kommt es aber auch auf die Geschäftstätigkeit des gemeindlichen<br />

Betriebes und seine Beziehungen zu den anderen gemeindlichen Betrieben sowie seinen Status im Rahmen<br />

der gemeindlichen Aufgabenerfüllung an. Die Entscheidung der Gemeinde unterliegt dem Stetigkeitsgebot,<br />

sodass die örtliche Entscheidung langfristig auszurichten und beizubehalten ist, soweit die Voraussetzungen<br />

dafür vorliegen.<br />

Für die Anwendung des Begriffes „Untergeordnete Bedeutung“ im Rahmen der Abgrenzung und Bestimmung des<br />

örtlichen Konsolidierungskreises gilt z. B., dass eine untergeordnete Bedeutung eines gemeindlichen Betriebes<br />

nicht bereits dann gegeben ist, wenn von der Gemeinde nur ein geringer Anteil an einem solchen Betrieb gehalten<br />

wird. Der Beteiligungsanteil der Gemeinde an einem Betrieb kann lediglich einen ersten Einstieg in die Prüfung<br />

bieten, welche Bedeutung dem Betrieb tatsächlich in Bezug auf den Gesamtabschluss die Abbildung der<br />

wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde zukommt. Ein geringer Beteiligungsumfang der Gemeinde an einem<br />

gemeindlichen Betrieb kann z. B. zur Folge haben, dass die Durchsetzung der Geschäftspolitik der Gemeinde in<br />

einem solchen Betrieb nicht mehr möglich ist und ein „Control“-Verhältnis nicht mehr ausgeübt werden kann.<br />

Die untergeordnete Bedeutung eines gemeindlichen Betriebes für den Gesamtabschluss der Gemeinde ist ins<br />

besondere von den örtlichen Verhältnissen in der Gemeinde und dem Gesamtbild der relevanten Umstände abhängig.<br />

So sind z. B. in die Beurteilung eines gemeindlichen Betriebes mit Tochtereinheiten diese auch in die<br />

Betrachtung einzubeziehen. Die örtliche Beurteilung muss daher ein Gesamtbild aller Umstände schaffen und ist<br />

daher entsprechend aufzubauen und zu dokumentieren. Von der Gemeinde muss unter Beachtung der einschlägigen<br />

gemeinderechtlichen Vorschriften und unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse geprüft und entschieden<br />

werden, ob die Voraussetzungen für die Nichteinbeziehung eines gemeindlichen Betriebes in den Gesamtabschluss<br />

vor Ort sachlich gegeben sind.<br />

3.1.2.2 Die Beurteilung der untergeordneten Bedeutung eines Betriebes<br />

Die Beurteilung der untergeordneten Bedeutung ist auf den einzelnen gemeindlichen Betrieb sowie auf das Gesamtbild<br />

aller Umstände und nicht auf die starren Zahlen des jeweiligen Beteiligungsverhältnisses der Gemeinde<br />

abzustellen. Die Bedeutung eines einzelnen Betriebes kann zudem nur im Zusammenhang mit der gesamten<br />

Geschäftstätigkeit der Gemeinde als „Konzern“, bezogen auf den Abschlussstichtag, bewertet werden. Deshalb<br />

ist die untergeordnete Bedeutung eines Betriebes nicht allein über das Verhältnis der betreffenden Bilanzsummen<br />

zu beurteilen.<br />

Von der Gemeinde muss vielmehr im Einzelnen die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage des zu<br />

beurteilenden gemeindlichen Betriebes im Verhältnis zum gemeindlichen Gesamtabschluss gemessen werden,<br />

damit die Einflüsse der Konsolidierung des betreffenden Betriebes auf das gemeindliche Gesamtergebnis bewertet<br />

werden können. Auch kann im Einzelfall die Aufgabenerfüllung von Bedeutung sein und darf daher bei der<br />

Beurteilung der untergeordneten Bedeutung eines gemeindlichen Betriebes nicht unberücksichtigt bleiben.<br />

Für die vorzunehmende Beurteilung können verschiedene Messgrößen in Betracht kommen, z.B. die Bilanzsumme,<br />

der Wert des Anlagevermögens, der Umfang der Verbindlichkeiten sowie der Rückstellungen, aber auch die<br />

Summe der Erträge sowie der Aufwendungen, das erzielte Jahresergebnis oder der Beitrag zur gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung im Sinne der Gesamtsteuerung der Gemeinde. Die zu ermittelnden Verhältniszahlen sollten<br />

GEMEINDEORDNUNG 1151


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

sich im Bereich zwischen 0 bis 3 % der Gesamtbilanzsumme der Gemeinde bewegen, um von der allgemeinen<br />

Gesamtlage her, von einer untergeordneten Bedeutung ausgehen zu können.<br />

Diese Gegebenheiten müssen aber nicht in jedem Einzelfall zutreffend sein. Sofern besondere Messgrößen oder<br />

Kennzahlen im Rahmen der Beurteilung genutzt werden, gilt es, zwischen den ausgewählten Wert- bzw. Messgrößen<br />

eine Beziehung herzustellen und die Ergebnisse um eine qualitative Beurteilung unter Berücksichtigung<br />

aller örtlichen Umstände zu ergänzen. Nur eine Gesamtbetrachtung ermöglicht eine örtliche Feststellung, ob ggf.<br />

eine untergeordnete Bedeutung eines gemeindlichen Betriebes vorliegt. Diese Sachlage zeigt, dass bei der örtlichen<br />

Prüfung und Beurteilung der Frage der untergeordneten Bedeutung von der Gemeinde unterschiedliche<br />

Aspekte zu berücksichtigen sind. Mögliche Messgrößen werden nachfolgend aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Die Messgrößen zur Feststellung der untergeordneten Bedeutung<br />

Vermögensstand<br />

Schuldenstand<br />

Ertragslage<br />

Finanzlage<br />

Aufgabenerfüllung<br />

Geschäftstätigkeit<br />

Status<br />

GEMEINDEORDNUNG 1152<br />

Das Verhältnis zwischen dem Anlagevermögen des Betriebes in seiner<br />

Abschlussbilanz und der Gesamtbilanzsumme der Gemeinde.<br />

Das Verhältnis zwischen den Verbindlichkeiten des Betriebes in seiner<br />

Abschlussbilanz und der Gesamtbilanzsumme der Gemeinde.<br />

Die Summe der ordentlichen Erträge in der „Ergebnisrechnung“ (GuV)<br />

im Verhältnis zur Summe der ordentlichen Erträge in der Gesamtergebnisrechnung.<br />

Den Casflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit, den Casflow aus der<br />

Investitionstätigkeit sowie den Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit.<br />

Der einzelne Beitrag zur Aufgabenerfüllung der Gemeinde in Bezug auf<br />

das gesamte gemeindliche Aufgabenspektrum.<br />

Die Geschäftstätigkeit des gemeindlichen Betriebes und seine Beziehungen<br />

zu den anderen gemeindlichen Betrieben und zur Kernverwaltung<br />

der Gemeinde.<br />

Der Status des einzelnen Betriebes im Rahmen der gemeindlichen<br />

Aufgabenerfüllung.<br />

Abbildung 236 „Die Messgrößen zur Feststellung der untergeordneten Bedeutung“<br />

Es sollten für die örtliche Beurteilung von der Gemeinde aber auch weitere oder andere Vergleichsgrößen und<br />

Kennzahlen als quantitative und qualitative Messgrößen herangezogen werden, wenn diese eine zutreffendere<br />

Betrachtung der Bedeutung eines gemeindlichen Betriebes ermöglichen. Einen Einstieg in die Beurteilung der<br />

untergeordneten Bedeutung eines Betriebes (1. Stufe) kann dabei das gemeindliche Beteiligungsverhältnis bei<br />

einem betroffenen Betrieb darstellen (vgl. Abbildung).<br />

Beispiele für Beteiligungsverhältnisse von untergeordneter Bedeutung<br />

Gemeindlicher<br />

Betrieb<br />

Gewerbepark GmbH<br />

Stammkapital<br />

Euro<br />

Anteilsbetrag<br />

Euro<br />

Anteilsverhältnis<br />

%<br />

67.500 1.500 0,022


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§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Beispiele für Beteiligungsverhältnisse von untergeordneter Bedeutung<br />

Lokalradio GmbH<br />

Marketing GmbH<br />

Windkraft GmbH<br />

GEMEINDEORDNUNG 1153<br />

50.000 1.000 0,02<br />

92.500 5.000 0,054<br />

450.000 15.000 0,033<br />

Abbildung 237 „Beispiele für Beteiligungsverhältnisse von untergeordneter Bedeutung“<br />

Im Falle des Verzichts auf die Einbeziehung eines gemeindlichen Betriebes in den Gesamtabschluss können ggf.<br />

wesentliche Verpflichtungen oder Risiken der Gemeinde nicht im gemeindlichen Gesamtabschluss abgebildet<br />

werden, z. B. bei Projektgesellschaften. In solchen Fällen kann daher eine Einbeziehung in den Gesamtabschluss<br />

gleichwohl geboten sein. Ebenso sollte eine Einbeziehung in den gemeindlichen Gesamtabschluss erfolgen,<br />

wenn sonst wesentliche Vermögensteile der Gemeinde im Gesamtabschluss unberücksichtigt bleiben. In der<br />

örtlichen Beurteilung ist zudem zu berücksichtigen, ob „konzerninterne“ Beziehungen mit dem ggf. nicht in den<br />

Gesamtabschluss einzubeziehenden Betrieb bestehen.<br />

Bei der Entscheidung über die untergeordnete Bedeutung von gemeindlichen Betrieben darf das Informationsinteresse<br />

der Adressaten des Gesamtabschlusses der Gemeinde nicht außer Betracht bleiben. Die Entscheidung<br />

über die Einbeziehung eines gemeindlichen Betriebes in den Gesamtabschluss ist daher insgesamt unter Betrachtung<br />

der örtlichen Verhältnisse sowie bei auftretenden Abweichungen von den o.a. Messgrößen im Einzelfall<br />

zu beurteilen und vorzunehmen, wenn nicht andere gewichtige Gründe dagegen stehen.<br />

3.1.2.3 Die Beurteilung der untergeordneten Bedeutung mehrerer Betriebe<br />

Bei einem Verzicht auf die Einbeziehung von mehreren gemeindlichen Betrieben in den Gesamtabschluss der<br />

Gemeinde muss die Betrachtung der einzelnen betroffenen Betriebe von untergeordneter Bedeutung durch eine<br />

Gesamtbetrachtung aller betroffenen Betriebe ergänzt werden. Ein einzelner gemeindlicher Betrieb kann isoliert<br />

für sich betrachtet von untergeordneter Bedeutung für die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde sein, eine<br />

Vielzahl davon kann dann aber in der Gesamtheit durchaus Bedeutung erlangen und ihr Einfluss auf die Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage wesentlich sein, sodass diese gemeindlichen Betriebe in ihrer<br />

Gesamtheit in den Gesamtabschluss der Gemeinde einzubeziehen sind.<br />

Die untergeordnete Bedeutung mehrerer gemeindlicher Betriebe darf – wie bei einem einzelnen Betrieb - nicht<br />

allein an den Verhältnissen der Bilanzsummen gemessen werden. Es ist vielmehr geboten, unter Einbeziehung<br />

qualitativer Messgrößen die jeweiligen „Gesamtverhältnisse“ bezogen die Vermögensgesamtlage, die Schuldengesamtlage,<br />

die Ertragsgesamtlage und Finanzgesamtlage der Gemeinde in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen<br />

und zu beurteilen. Es bieten sich für die örtliche Beurteilung insbesondere Verhältniszahlen an, die sich im<br />

Bereich zwischen 0 bis 3 % der jeweils zu bildenden Summen bewegen sollten. Bei Überschreitungen der Messgrößen<br />

in den artenbezogenen Betrachtungen kann in Zweifelsfällen auch eine Durchschnittsbildung als Hilfsgröße<br />

zu einer angemessenen Entscheidung im Zusammenhang mit der Aufgabe des gemeindlichen Gesamtabschlusses,<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu vermitteln, beitragen.<br />

In der gemeindlichen Praxis dürfte es vielfach sachgerecht sein, bei der Beurteilung der untergeordneten Bedeutung<br />

mehrerer gemeindlicher Betriebe auch die durch diese Betriebe zu erbringenden Beiträge für die gemeindliche<br />

Aufgabenerfüllung in der Beurteilung zu berücksichtigen. Die notwendige Prüfung dazu muss sehr sorgfältig<br />

vorgenommen werden. Insbesondere dann, wenn örtlich davon ausgegangen wird, dass alle vorhandenen ge-


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

meindlichen Betriebe von untergeordneter Bedeutung seien und deshalb auch ein Verzicht auf die Aufstellung<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses insgesamt in Betracht kommen könnte. Bei der gemeindlichen Beurteilung<br />

muss die Einbeziehung aller Kriterien sichergestellt werden. Ob die Voraussetzungen für die Nichteinbeziehung<br />

mehrerer gemeindlicher Betriebe in den Gesamtabschluss sachlich gegeben sind, muss dabei von der Gemeinde<br />

unter Beachtung der einschlägigen gemeinderechtlichen Vorschriften und unter Berücksichtigung der<br />

örtlichen Verhältnisse geprüft und entschieden werden.<br />

3.1.2.4 Die Berücksichtigung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />

In die Prüfung, ob ein oder mehrere gemeindliche Betriebe von untergeordneter Bedeutung im Rahmen der Aufstellung<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses sind, ist auch zu berücksichtigen, welchen Beitrag der einzelne<br />

Betrieb für die gemeindliche Aufgabenerfüllung in Bezug auf das gesamte Aufgabenspektrum erbringt. Sofern<br />

mehrere gemeindliche Betriebe oder ein Betrieb mit Tochtereinheiten als von untergeordneter Bedeutung eingestuft<br />

werden und auf ihre Einbeziehung in den gemeindlichen Gesamtabschluss verzichtet werden soll, bedarf es<br />

zuvor einer besonderen Prüfung. Es muss beurteilt werden, ob durch einen solchen Verzicht nicht das Bild der<br />

gemeindlichen Aufgabenerfüllung in Bezug auf die Darstellung der gesamten wirtschaftlichen Lage der Gemeinde<br />

verfälscht wird bzw. ob der Verzicht mit dem gemeindlichen Aufgabenspektrum noch in Einklang steht.<br />

Bei dieser Gesamtbetrachtung soll von der Gemeinde berücksichtigt werden, dass die Gesamtsteuerung der<br />

Gemeinde nicht allein auf dem Gesamtabschluss aufbaut, sondern auch auf den von der Gemeinde zu erfüllenden<br />

Aufgaben. Im Zusammenhang mit dem gemeindlichen Gesamtabschluss muss daher einer Verfälschung des<br />

Bildes der gemeindlichen Aufgabenerfüllung entgegen gewirkt werden. Ggf. muss deshalb in Betracht gezogen<br />

werden, dass gleichwohl bestimmte gemeindliche Betriebe, die nach anderen Kriterien als von untergeordneter<br />

Bedeutung zu bewerten sind, in den gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogen werden.<br />

In den Fällen, in denen gleichwohl auf die förmliche Einbeziehung der nicht so bedeutenden gemeindlichen Betriebe<br />

in den Gesamtabschluss der Gemeinde verzichtet wird, muss durch zusätzliche Erläuterungen im Gesamtanhang<br />

gewährleistet werden, dass dieser Tatbestand nicht zu einer Verfälschung des durch den gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss zu vermittelnden Bildes und/oder zu einem Informationsverlust für die Adressaten des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses führt.<br />

3.1.2.5 Die untergeordnete Bedeutung bei der Equity-Methode<br />

Die unmittelbare Anwendung des § 311 HGB bei der Konsolidierung nach der Equity-Methode lässt einen Verzicht<br />

auf die Einbeziehung von gemeindlichen Betrieben in den Gesamtabschluss der Gemeinde zu, wenn ein<br />

oder mehrere Betriebe zusammen für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden<br />

Bildes der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde von untergeordneter Bedeutung<br />

sind (vgl. § 311 Absatz 2 HGB). Diese handelsrechtliche Vorschrift besteht zusätzlich zur haushaltsrechtlichen<br />

Regelung. Eine gegenseitige Beeinträchtigung besteht dadurch nicht.<br />

Die gemeindliche Vorschrift lässt einen Verzicht der Einbeziehung eines gemeindlichen Betriebes in den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde zu, wenn dieser für die Verpflichtung der Gemeinde, mit ihrem Gesamtabschluss<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung ist. Zudem ist die gemeinderechtliche<br />

Vorschrift unabhängig von der anzuwendenden Konsolidierungsmethode, sodass es in diesem Sinne einer Anwendung<br />

der HGB-Vorschrift nicht in jedem Einzelfall bedarf. Aus diesem Nebeneinander der Vorschriften kann<br />

jedoch nicht geschlossen werden, dass sich die Vorschrift des § 116 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> nur auf gemeindliche<br />

Betriebe bezieht, die voll zu konsolidieren sind.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1154


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

3.1.2.6 Die Wirkungen der untergeordneten Bedeutung<br />

Die Entscheidung der Gemeinde, dass ein gemeindlicher Betrieb wegen seiner tatsächlichen untergeordneten<br />

Bedeutung nicht in ihren Gesamtabschluss einzubeziehen ist, führt zum Verzicht auf die Vollkonsolidierung dieses<br />

Betriebes im Rahmen der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses. Sie führt jedoch nicht zu einem<br />

Ansatzverzicht des entsprechenden Beteiligungswertes des Betriebes in der gemeindlichen Gesamtbilanz.<br />

In den Fällen, in denen gemeindliche Betriebe wegen ihrer untergeordneten Bedeutung nicht nach der Vorschrift<br />

des § 50 GemHVO <strong>NRW</strong> zu konsolidieren sind, werden diese Betriebe nach dem Anschaffungswertprinzip und<br />

damit mit ihren fortgeführten Anschaffungskosten in den gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogen (At-Cost-<br />

Konsolidierung) bzw. in der gemeindlichen Gesamtbilanz angesetzt. Dieser Sachverhalt bedeutet z. B., dass<br />

Beteiligungserträge sich nicht auf den Beteiligungsbuchwert auswirken, sondern nur in der Ergebnisrechnung der<br />

Gemeinde als Muttereinheit zu erfassen sind.<br />

3.1.3 Der Zusammenhang zu § 311 HGB<br />

Die haushaltsrechtliche Vorschrift ermöglicht für sämtliche gemeindlichen Betriebe in öffentlich-rechtlicher oder<br />

privatrechtlicher Form, dass diese nicht in den Gesamtabschluss der Gemeinde einzubeziehen sind, wenn ein<br />

oder mehrere Betriebe zusammen für die Verpflichtung der Gemeinde, mit ihrem Gesamtabschluss ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der<br />

Gemeinde zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung sind.<br />

Zusätzlich zu dieser Vorschrift besteht im Zusammenhang mit der Anwendung der Equity-Methode nach § 311<br />

Absatz 2 HGB eine gesonderte handelsrechtliche Regelung über die untergeordnete Bedeutung von Betrieben,<br />

die über die Regelung in der haushaltsrechtlichen Vorschrift unmittelbar zur Anwendung kommt. Diese HGB-<br />

Vorschrift ersetzt weder die GO-Vorschrift für den Bereich der Konsolidierung nach der Equity-Methode, noch<br />

schränkt die handelsrechtliche Vorschrift die Regelung in § 116 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> dahingehend ein, dass die<br />

GO-Vorschrift sich nur auf gemeindliche Betriebe bezieht, die als Tochtereinheit der gemeindlichen Kernverwaltung<br />

und daher in Form der Vollkonsolidierung (vgl. §§ 300 bis 309 HGB) in den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

einbezogen werden.<br />

Bei einem Verzicht auf die Einbeziehung von untergeordneten gemeindlichen Betrieben in öffentlich-rechtlicher<br />

oder privatrechtlicher Form in den gemeindlichen Gesamtabschluss bedarf es dann im Rahmen der Equity-<br />

Methode keiner gesonderten Anwendung des § 311 Absatz 2 HGB. Die Festlegung der Gemeinde, dass ein<br />

gemeindlicher Betrieb von untergeordneter Bedeutung für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde ist, hat daher<br />

zur Folge, dass dieser Betrieb weder in die Vollkonsolidierung noch in die Konsolidierung nach der Equity-<br />

Methode eingeht, sondern mit den fortgeführten Anschaffungskosten in der Gesamtbilanz anzusetzen ist.<br />

3.2 Zu Satz 2 (Erläuterungspflichten im Gesamtanhang):<br />

Die Vorschrift verpflichtet die Gemeinde, im Gesamtanhang darzustellen und zu erläutern, welche ihrer Betriebe<br />

wegen einer untergeordneten Bedeutung nicht in den gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogen worden sind.<br />

Dies sind wichtige Angaben, die für die Aufgabe des gemeindlichen Gesamtabschlusses, ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde zu<br />

vermitteln, notwendig sind. Ohne diese Angaben könnte das abzugebende Bild beeinträchtigt sein.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1155


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Im Gesamtanhang kann, ausgehend von der Übersicht über alle Betriebe der Gemeinde im Beteiligungsbericht<br />

nach § 117 GO <strong>NRW</strong>, ein Überblick über die gemeindlichen Betriebe von untergeordneter Bedeutung geschaffen<br />

werden. In welcher Art und Weise sowie in welchem Umfang die Gemeinde örtlich über die Abgrenzung der Be-<br />

triebe von untergeordneter Bedeutung im Gesamtanhang informiert, muss unter Berücksichtigung der gegebenen<br />

örtlichen Verhältnisse abgewogen und von der Gemeinde eigenverantwortlich festgelegt werden. Die Erläuterungen<br />

im Gesamtanhang zu den getroffenen Entscheidungen über die untergeordnete Bedeutung von gemeindlichen<br />

Betrieben müssen nachvollziehbar und auf die Adressaten des Gesamtabschlusses ausgerichtet sein.<br />

4. Zu Absatz 4 (Angabe der Verantwortlichen im Gesamtlagebericht):<br />

4.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Nach der Vorschrift haben die Mitglieder des Verwaltungsvorstands der Gemeinde (vgl. § 70 GO <strong>NRW</strong>), soweit<br />

dieser nicht zu bilden ist, der Bürgermeister und der Kämmerer sowie die Ratsmitglieder am Schluss des Gesamtlageberichtes<br />

ausgewählte Angaben über ihre persönlichen Verhältnisse zu machen. Die Angabepflichten<br />

bestehen auch für die Personen, die im Haushaltsjahr ausgeschieden sind bzw. ihre Tätigkeit aufgegeben haben.<br />

Für die Auswahl des Personenkreises ist dabei entscheidend, dass diese Schlüsselpositionen und Verantwortlichkeiten<br />

in der Gemeinde innehaben bzw. innegehabt haben. Sie haben oder hatten durch ihre Stellung einen<br />

maßgeblichen Einfluss auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft und damit auf die Vermögens- und Schuldenlage<br />

sowie die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde.<br />

Die gesetzlich bestimmten Angaben sind von dem festgelegten Personenkreis jeweils bezogen auf den jährlichen<br />

Stichtag des gemeindlichen Gesamtabschlusses und nicht bezogen auf den Zeitpunkt der Bestätigung des Entwurfs<br />

des Gesamtabschlusses durch den Bürgermeister oder den Zeitpunkt der Bestätigung des Gesamtabschlusses<br />

durch den Rat zu machen. Unter die Angabepflichten fallen insbesondere personenbezogene Mandate,<br />

die von dem benannten Personenkreis in vielfältiger Form ausgeübt werden, z. B. Aufsichtsratsmandate, Beiratsmandate,<br />

Geschäftsführer- oder Vorstandstätigkeiten, Mitgliedschaften in einer Gesellschafterversammlung<br />

oder einer Verbandsversammlung, Mitgliedschaften im Verwaltungsräten, Mitgliedschaften im Kreditausschuss<br />

von Sparkassen, Mitgliedschaften im Kuratorium von Stiftungen.<br />

Aus Transparenzgründen sollten dabei auch Mandate benannt werden, die aus der beruflichen Funktion heraus<br />

entstanden sind, die bei der Gemeinde ausgeübt wird. Das Innehaben eines solchen Mandates muss dabei nicht<br />

unmittelbar als Vertreter der Gemeinde bestehen. Es sollten auch Mandate aufgrund berufsfachlicher Zusammenschlüsse<br />

angegeben werden, die neben dem Hauptberuf bestehen. In diesem Zusammenhang sollten auch<br />

Funktionen in Institutionen angegeben werden, wenn deren finanzielle Existenz aufgrund rechtlicher Verpflichtungen<br />

wesentlich durch die Gemeinde gesichert wird (institutionelle Finanzunterstützung), z. B. die Mitgliedschaft<br />

oder der Vorsitz im Aufsichtsrat oder auch die Vorstandstätigkeit in einem Verein.<br />

Über die in der Vorschrift bestimmten Pflichtangaben wird auf mögliche typische Interessenkonflikte der Verantwortlichen<br />

hingewiesen, die im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit stehen und dafür von Bedeutung<br />

sind. Mit den Angaben soll die berufliche Belastung der verantwortlichen Personen aufgezeigt und deren Kompetenz<br />

erkennbar gemacht werden. Ein Verzicht auf diese Angaben ist nicht zulässig. Auch besteht keine Schutzklausel,<br />

nach der in besonderen Fällen lediglich nur eingeschränkte Angaben gemacht werden dürfen, außer das<br />

Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder würde gefährdet.<br />

Zu jedem Gesamtabschluss der Gemeinde sind daher am Schluss des Gesamtlageberichtes von jedem Einzelnen<br />

aus dem in der Vorschrift benannten Personenkreis unter Nennung des Namens individualisierte Angaben zu<br />

machen, um Auskunft über die persönlichen Verhältnisse in Bezug auf die Haushaltswirtschaft der Gemeinde zu<br />

geben. Die persönlichen Angaben dienen dazu, den Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft gegenüber,<br />

die Verantwortlichkeiten für den Jahresabschluss der Gemeinde hervorzuheben und dabei eine ausrei-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1156


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

chende Auskunft über die persönlichen Verhältnisse in Bezug auf mögliche Interessenkonflikte im Zusammenhang<br />

mit der Gemeinde zu geben (vgl. Abbildung).<br />

Die Angabepflichten der Verantwortlichen in der Gemeinde<br />

ANGABEPFLICHTEN<br />

- Familienname mit mindestens einem ausgeschriebenen<br />

Vornamen<br />

- der ausgeübte Beruf<br />

- die Mitgliedschaften in Aufsichtsräten und<br />

anderen Kontrollgremien i.S.d. § 125 Abs. 1<br />

Satz 3 des Aktiengesetzes<br />

- die Mitgliedschaft in Organen von verselbstständigten<br />

Aufgabenbereichen der Gemeinde<br />

in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher<br />

Form<br />

- die Mitgliedschaft in Organen sonstiger privatrechtlicher<br />

Unternehmen<br />

GEMEINDEORDNUNG 1157<br />

BEISPIELE FÜR MANDATE<br />

………..<br />

………..<br />

- die Mitgliedschaften in Aufsichtsräten und<br />

anderen Kontrollgremien von Aktiengesellschaften<br />

und anderen Gesellschaften,<br />

- Beirat bei Aktiengesellschaften<br />

- Mitglied der Gesellschafterversammlung<br />

(Gesellschafterausschuss), z. B. bei gemeindlichen<br />

Betrieben der Abfallbeseitigung,<br />

Abwasserbeseitigung, Energieversorgung,<br />

Stadtentwicklung, Stadtmarketing,<br />

Verkehrsinfrastruktur, Verkehrsbetrieb,<br />

Wasserversorgung, Wirtschaftsförderung,<br />

- Mitglied der Verbandsversammlung,<br />

- Mitglied des Verwaltungsrats,<br />

- Mitglied in besonderen Ausschüssen,<br />

- Mitglied einer Kommission,<br />

- Mitglied eines Fachbeirates,<br />

- Mitglied der Geschäftsführung<br />

- Mitglied im Beirat von Versicherungsgesellschaften,<br />

- Mitglied im Stiftungsrat, Beirat oder Kuratorium<br />

von Stiftungen<br />

Abbildung 238 „Die Angabepflichten der Verantwortlichen in der Gemeinde“<br />

Angabepflichtig im gemeindlichen Gesamtlagebericht sind dagegen nicht das Innehaben von Aktien und damit die<br />

grundsätzliche Zugehörigkeit zur Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft. Auch wenn die versammelten<br />

Aktionäre als Verbund dieses Organ bilden, ist dieses Gremium nicht personenbezogen wie die anderen Organe<br />

der Aktiengesellschaft, die allesamt nach Namen gebildet werden. Die Verbindung der einzelnen Personen (Aktionäre)<br />

zur Hauptversammlung wird nur durch das Innehaben von Aktien und nicht durch Namen, Ämter oder<br />

Funktionen bestimmt.<br />

Weitere über die Pflichtangaben hinausgehende Angaben, z. B. Angaben über die Höhe der Entgelte für die<br />

Tätigkeit in Organen, werden im Zusammenhang mit dem im Gesamtlagebericht zu machenden Angaben nicht<br />

gefordert. Die Angaben hängen nicht vom pflichtgemäßen Ermessen der betreffenden Personen ab, denn es<br />

kommt nicht darauf an, ob dieser Teil der gemeindlichen Berichterstattung zum Verständnis des Gesamtabschlusses<br />

notwendig ist. Die zu machenden Angaben sind daher aus dem Blickwinkel der Adressaten des Jahresabschlusses<br />

und nicht aus dem Blickwinkel der Organmitglieder zu betrachten und zu prüfen.


4.2 Die Auskünfte der Mitglieder des Rates<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Nach der derzeitigen Rechtslage sind die Mitglieder des Rates und der Ausschüsse verpflichtet, Auskünfte über<br />

ihre wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse zu geben, soweit das für die Ausübung ihres Mandats von<br />

Bedeutung sein kann. Dabei können Name, Anschrift, der ausgeübte Beruf sowie andere vergütete und ehrenamtliche<br />

Tätigkeiten veröffentlicht werden (vgl. § 43 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>). Die Pflicht zu persönlichen Angaben, die<br />

öffentlich gemacht werden dürfen, wird durch die o.a. Vorschriften für den Bereich der gemeindlichen Haushaltswirtschaft<br />

näher bestimmt. Dadurch wird die notwendige Transparenz über mögliche Verflechtungen der Verantwortlichen<br />

in der Gemeinde mit Dritten gewährleistet, die Auswirkungen auf das haushaltswirtschaftliche Handeln<br />

der Gemeinde haben können.<br />

4.3 Die Auskünfte über die Geschäftsführung der Gemeinde<br />

Für die Gemeinde besteht die gesetzliche Verpflichtung, am Schluss des Gesamtlageberichtes ausgewählte<br />

Angaben über diese Verantwortlichen in der Gemeinde zu machen, um auf mögliche typische Interessenkonflikte<br />

hinzuweisen, die im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit stehen und dafür von Bedeutung sind (vgl. §<br />

116 Absatz 4 GO <strong>NRW</strong>). Diese Angabepflichten bieten sich als Anlass an, im Lagebericht auch Aussagen über<br />

die ordnungsgemäße Geschäftsführung dieser Verantwortlichen zu machen.<br />

Zu solchen Auskünften gehören u.a. auch Angaben über eine ausreichende Informationsversorgung und die<br />

Erfüllung der Berichtspflichten sowie Kontrollen im Sinne eines wirtschaftlichen Verwaltungshandelns zum Wohle<br />

der Gemeinde. Es können Angaben über die Arbeitsweise der Organe und über Führungspraktiken, ggf. unter<br />

Benennung gesetzlicher Standards, gemacht werden. Es bedarf nur entsprechender Angaben über die Arbeit des<br />

gesamten Gremiums und nicht einer personenbezogenen Zuordnung auf seine Mitglieder, soweit die gesetzlich<br />

vorgesehenen Gremien der Gemeinde die Verantwortung tragen. Zudem müssen nicht die sachlichen Beratungsinhalte<br />

von Sitzungen und Beratungen zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht werden.<br />

Den Angaben über das tatsächliche Zusammenwirken nicht nur zwischen dem Rat der Gemeinde, der gemeindlichen<br />

Verwaltung und den gemeindlichen Betrieben, sondern auch zwischen dem Rat und seinen Ausschüssen<br />

sowie dem Bürgermeister und dem Verwaltungsvorstand kommt eine besondere Bedeutung zu. Unter Berücksichtigung<br />

der örtlichen Gegebenheiten bedarf es dazu ggf. auch verbindlicher Regelungen vor Ort, um Informationen<br />

aus dem gemeindlichen Bereich sicherzustellen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der gemeindliche Gesamtlagebericht<br />

kein Marketinginstrument darstellt.<br />

5. Zu Absatz 5 (Aufstellung des Entwurfs des Gesamtabschlusses):<br />

5.1 Zu Satz 1 (Aufstellungsfrist):<br />

5.1.1 Die zeitliche Einordnung<br />

Nach der Vorschrift ist der Gesamtabschluss ist innerhalb der ersten neun Monate nach dem Abschlussstichtag<br />

(31. Dezember) aufzustellen. Er baut auf dem Jahresabschluss der gemeindlichen Verwaltung und den Jahresabschlüssen<br />

der in den Gesamtabschluss einzubeziehenden gemeindlichen Betriebe auf. Die neunmonatige Frist<br />

für die Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen Gesamtabschlusses an den Rat der Gemeinde dient dazu, den<br />

Abschluss technisch vorzubereiten und im Rahmen der Aufstellung die erforderlichen Entscheidungen aus Sicht<br />

und in Verantwortung der gemeindlichen Verwaltung zu treffen. Außerdem hat der Rat einen Anspruch darauf,<br />

möglichst zeitnah an das Ende des Haushaltsjahres über das Ergebnis und den Vollzug der gesamten Geschäftstätigkeit<br />

der Gemeinde und der gemeindlichen Betriebe im abgelaufenen Haushaltsjahr sowie über den Stand des<br />

Vermögens und der Schulden informiert zu werden.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1158


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Durch eine fristgerechte Zuleitung kommt der Bürgermeister seiner Pflicht nach, den Rat über alle wichtigen Angelegenheiten<br />

der Gemeindeverwaltung zu unterrichten (vgl. § 55 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Die gesetzliche Fristvorgabe<br />

soll daher den Bedürfnissen des Rates Rechnung tragen, damit der Rat seiner Kontrollfunktion nachkommen<br />

kann. Sie soll aber ebenfalls der Verwaltung der Gemeinde Rechnung tragen, die wirtschaftlichen Entscheidungen<br />

zeitnah zu treffen. Dafür müssen die Ist-Ergebnisse aus dem Handeln der Gemeinde und der Betriebe im<br />

vergangenen Haushaltsjahr sowie die daraus resultierenden Wertansätze der gemeindlichen Gesamtbilanz<br />

schnellstmöglich ermittelt werden.<br />

Die Fristvorgabe trägt damit auch zur Bedeutung und Wertigkeit des gemeindlichen Gesamtabschlusses sowie<br />

zur Tragfähigkeit der Entscheidung über die Entlastung des Bürgermeisters bei. Die Fristbestimmung in dieser<br />

Vorschrift berücksichtigt, dass i.d.R. nur geprüfte Jahresabschlüsse der Betriebe in den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

einbezogen werden sollen. Für die Jahresabschlüsse bestehen abhängig von der Rechtsform folgende<br />

Fristen (vgl. Abbildung).<br />

EINHEIT<br />

Gemeindliche<br />

Verwaltung<br />

Gemeindliche<br />

Eigenbetriebe<br />

Gemeindliche<br />

Kapitalgesellschaften<br />

Gemeindliche<br />

Betriebe<br />

in Form einer<br />

GmbH<br />

Gemeindliche<br />

Betriebe<br />

in Form einer<br />

Aktiengesellschaft<br />

Die Aufstellungs- und Feststellungstermine von Abschlüssen<br />

ANFORDERUNGEN BEIM JAHRESABSCHLUSS<br />

AUFSTELLUNGSFRIST<br />

Einzelabschluss<br />

innerhalb von<br />

drei Monaten<br />

nach Ablauf<br />

des Haushaltsjahres<br />

Einzelabschluss<br />

bis zum Ablauf<br />

von drei Monaten<br />

nach Ende<br />

des Wirtschaftsjahres<br />

Einzelabschluss<br />

innerhalb der<br />

ersten drei Monate<br />

des Geschäftsjahres<br />

für das vergangene<br />

Geschäftsjahr<br />

Einzelabschluss<br />

innerhalb der<br />

ersten drei Monate<br />

des Geschäftsjahres<br />

für das vergangene<br />

Geschäftsjahr<br />

Einzelabschluss<br />

innerhalb der<br />

ersten drei Monate<br />

des Geschäftsjahres<br />

für das vergangene<br />

Geschäftsjahr<br />

GEMEINDEORDNUNG 1159<br />

FESTSTELLUNGSFRIST<br />

Bis spätestens<br />

31. Dezember<br />

des dem Haushaltsjahr<br />

folgenden Jahres<br />

Innerhalb<br />

eines Jahres<br />

nach Ende<br />

des Wirtschaftsjahres<br />

Spätestens vor Ablauf<br />

des zwölften Monats<br />

des dem<br />

Abschlussstichtag<br />

folgenden<br />

Geschäftsjahres<br />

und Vorlagefrist<br />

beim Bundesanzeiger<br />

Bis zum Ablauf der<br />

ersten acht Monate<br />

nach dem<br />

Geschäftsjahr,<br />

und Vorlagefrist<br />

beim Bundesanzeiger<br />

Keine Frist für den<br />

Geschäftsführer und<br />

den Aufsichtsrat<br />

oder die<br />

Hauptversammlung,<br />

jedoch Vorlagefrist<br />

beim Bundesanzeiger<br />

VORSCHRIFTEN<br />

§ 95 Absatz 3<br />

und<br />

§ 96 Absatz 1<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

§ 26 Absatz 1 und 2<br />

EigVO<br />

§ 264 Absatz 1<br />

und<br />

§ 325 Absatz 1<br />

HGB<br />

§ 264 Absatz 1<br />

und<br />

§ 325 Absatz 1<br />

HGB<br />

§ 42a Absatz 2<br />

GmbHG<br />

§ 242, § 264 Absatz 1<br />

und<br />

§ 325 Absatz 1<br />

HGB<br />

§§ 172 und 173<br />

AktG


EINHEIT<br />

Gemeindliche<br />

Verwaltung<br />

Gemeindliche<br />

Betriebe<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Aufstellungs- und Feststellungstermine von Abschlüssen<br />

ANFORDERUNGEN BEIM GESAMTABSCHLUSS<br />

AUFSTELLUNGSFRIST<br />

Gesamtabschluss<br />

innerhalb von<br />

neun Monaten<br />

nach Ablauf<br />

des Haushaltsjahres<br />

Konzernabschluss<br />

innerhalb der<br />

ersten fünf Monate<br />

des Konzerngeschäftsjahres<br />

für das vergangene<br />

Konzerngeschäftsjahr<br />

GEMEINDEORDNUNG 1160<br />

FESTSTELLUNGSFRIST<br />

Bis spätestens<br />

31. Dezember<br />

des dem Haushaltsjahr<br />

folgenden Jahres<br />

Spätestens vor Ablauf<br />

des zwölften Monats<br />

des dem<br />

Abschlussstichtag<br />

folgenden<br />

Geschäftsjahres<br />

und Vorlagefrist<br />

beim Bundesanzeiger<br />

Abbildung 239 „Die Aufstellung- und Feststellungstermine von Abschlüssen“<br />

VORSCHRIFTEN<br />

§ 116 Absatz 1 und 5<br />

i.V.m.<br />

§ 96 Absatz 1<br />

GO <strong>NRW</strong><br />

§ 290 Absatz 1<br />

und<br />

§ 325 Absatz 1 und 3<br />

HGB<br />

Zur Fristwahrung müssen der Gemeinde die notwendigen Unterlagen und Informationen über die Abschlüsse der<br />

gemeindlichen Betriebe rechtzeitig vorliegen. Sofern ein gemeindlicher Betrieb zur Aufstellung eines Konzernabschlusses<br />

verpflichtet ist, muss dieser Abschluss ebenfalls kurzfristig wie die betrieblichen Jahresabschlüsse<br />

nach HGB-Vorschriften aufgestellt werden. Die Abschlüsse werden anschließend von den gesetzlich bestimmten<br />

Abschlussprüfern vor der Feststellung geprüft. In den örtlichen Zeitplan zur Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

sind die Fristen der gemeindlichen Betriebe über die Aufstellung und Feststellung einzubeziehen.<br />

Nachfolgende werden daher einige Eckpunkte für den örtlichen Zeitplan für den gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

aufgezeigt (vgl. Abbildung).<br />

Die Eckpunkte für den örtlichen Zeitplan<br />

- Termin für die Gesamtabschlussrichtlinie einschließlich Änderungen und Ergänzungen<br />

- Termin für die Durchführung der letzten Zahlungen und Buchungen<br />

- Termin für die Saldenabstimmungen<br />

- Termin für festgestellte Jahresabschlüsse und Gemeindebilanzen II<br />

- Termin für ergänzende Informationen und Berichte, z.B. für den Gesamtlagebericht<br />

- Termin für die Durchführung der konsolidierungsvorbereitenden Maßnahmen<br />

- Termin für die Durchführung der Konsolidierung<br />

- Termin für die Vorlage des aufgestellten Gesamtabschlusses an den Bürgermeister<br />

- Termin für die Zuleitung an den Rat der Gemeinde


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Eckpunkte für den örtlichen Zeitplan<br />

- Termin für die Bestätigung des Gesamtabschlusses durch den Rat<br />

- Termin für die Anzeige an die Aufsicht und die öffentliche Bekanntmachung<br />

Abbildung 240 „Die Eckpunkte für den örtlichen Zeitplan“<br />

Für die örtliche Prüfung bei der Gemeinde ist es zulässig, bereits während der Aufstellungsphase des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses eine begleitende Abschlussprüfung einzuleiten. Gleichzeitig sollte aber auch eine laufende<br />

Überwachung erfolgen, um die gesetzlich bestimmten Termine einhalten zu können. Dafür bietet sich die<br />

Aufstellung eines eigenen Terminplans für den gemeindlichen Gesamtabschluss an, der jährlich, ggf. auch unterjährig,<br />

kalendermäßig zu aktualisieren ist.<br />

5.1.2 Die zeitgerechte Aufstellung<br />

Die Aufstellung des Gesamtabschlusses der Gemeinde nach Ablauf des Haushaltsjahres darf von den Verantwortlichen<br />

in der Gemeinde nicht unangemessen verzögert werden. Es besteht die Gefahr, dass die durch den<br />

Gesamtabschluss zu gebenden Informationen über die gesamte Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres<br />

sowie die Vermittlung eines Bildes über die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde sonst ihre Bedeutung<br />

für die Adressaten des gemeindlichen Gesamtabschlusses verlieren. Zur Klärung der örtlichen Sachlage<br />

sollte daher sachverständig abgewogen und beurteilt werden, welche Daten der Gemeinde vorliegen oder Aspekte<br />

bekannt sein müssen, damit ein gemeindlicher Gesamtabschluss aufgestellt werden kann.<br />

Grundsätzlich gilt dabei, dass der Gemeinde nicht alle Daten vorliegen oder alle Aspekte vollständig bekannt<br />

sein, damit mit der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses begonnen werden kann. Es kommt wie<br />

beim Jahresabschluss der Gemeinde auch beim Gesamtabschluss auf die notwendigen Entscheidungsgrundlagen,<br />

den Nutzen für die Adressaten und die Verlässlichkeit der vorliegenden Informationen an. Diese Gegebenheiten<br />

müssen den möglichen Entscheidungsprozessen der Verantwortlichen in der Gemeinde und der Adressaten<br />

gerecht werden können.<br />

Die Erweiterung und Vervollständigung sowie die Verbesserung der notwendigen Geschäftsunterlagen der Gemeinde<br />

bleibt dabei ein wichtiges Ziel im Zeitablauf der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses. Die<br />

Gemeinde darf daher nicht in ein allgemeines Abwarten auf noch mögliche Informationen eintreten, z. B. aus<br />

ihren Betrieben. Eine solche Vorgehensweise ist auch vorübergehend nicht im Sinne der Ziele und Zwecke des<br />

gemeindlichen Gesamtabschlusses vertretbar.<br />

5.2 Zu Satz 2 (Verweis auf § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>):<br />

5.2.1 Die Aufstellung durch den Kämmerer<br />

Für die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses sind die Vorschriften über die Aufstellung des Jahresabschlusses<br />

der Gemeinde entsprechend anzuwenden. Die Verweisung in dieser Vorschrift soll dieses sicherstellen.<br />

Der Kämmerer hat daher in Anwendung des § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> den Entwurf des Gesamtabschlusses<br />

der Gemeinde aufzustellen. Er hat dabei die Generalnorm in Absatz 6 dieser Vorschrift zu beachten, nach der<br />

der Gesamtabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde<br />

GEMEINDEORDNUNG 1161


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

vermitteln muss. Dieses Gebot kann nur unter Beachtung des Vollständigkeitsgebots nur dann erfüllt werden,<br />

wenn der Entwurf des gemeindlichen Gesamtabschlusses alle vorgesehenen Bestandteile und Anlagen umfasst.<br />

Nach der Fertigstellung des Entwurfs des gemeindlichen Gesamtabschlusses hat der Kämmerer diesen zu unterzeichnen<br />

und dem Bürgermeister zur Bestätigung vorzulegen. Er hat bei der Aufstellung des Entwurfs des Gesamtabschlusses<br />

der Gemeinde zu beachten, dass der Bürgermeister den von ihm bestätigten Entwurf innerhalb<br />

von neun Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres dem Rat zur Bestätigung zuzuleiten hat. Das gesamte Aufstellungsverfahren<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses erfordert daher eine klare Aufgabenverteilung und<br />

Terminplanung. Es ist deshalb von der Gemeinde örtlich festzulegen, wer welche Abschlussarbeiten bis zu welchem<br />

Termin zu erbringen hat. Dabei ist ein Zusammenhang mit den für den Jahresabschluss notwendigen Abstimmungsarbeiten<br />

und den zu klärenden Sachverhalten herzustellen.<br />

5.2.2 Die Bestätigung durch den Bürgermeister<br />

5.2.2.1 Die Inhalte der Bestätigung<br />

Der Bürgermeister hat den vom Kämmerer aufgestellten und ihm vorgelegten Entwurf des Gesamtabschlusses zu<br />

bestätigen. Für diese Bestätigung ist aber keine bestimmte Form vorgeschrieben. Außerdem hat der Bürgermeister<br />

im Rahmen seiner Tätigkeit das Recht, von dem ihm vom Kämmerer vorgelegten Entwurf abzuweichen. Er<br />

kann eigenverantwortlich entscheiden, ob aus seiner Sicht ein Bedarf für Änderungen des Entwurfs des Gesamtabschlusses<br />

besteht und in welchem Umfang diese Änderungen vorgenommen werden sollen. Der Bürgermeister<br />

kann aber zum Entwurf auch Einschränkungen machen oder weitere Hinweise geben.<br />

Eine Abstimmung mit dem Kämmerer ist bei einem Änderungsbedarf sinnvoll und sachgerecht, aber nicht verpflichtend.<br />

Die Vornahme der Bestätigung des Entwurfs des Gesamtabschlusses stellt eine funktionale und keine<br />

persönliche Rechtshandlung des Bürgermeisters der Gemeinde dar. Soweit der Bürgermeister diese gesetzliche<br />

Pflicht aus persönlichen Gründen nicht wahrnehmen kann, ist in einem solchen Falle die Bestätigung des Entwurfs<br />

des Gesamtabschlusses unter Beachtung der geltenden Vertretungsregelungen durch den dann Vertretungsberechtigten<br />

vorzunehmen (vgl. § 68 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Die Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses durch den Bürgermeister kommt dadurch zum Ausdruck,<br />

dass dieser den ihm vorgelegten Entwurf in Form einer eigenhändigen Unterschrift unter Angabe des Datums zu<br />

unterzeichnen hat. Er erfüllt mit seiner Bestätigung eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung und bringt damit zum<br />

Ausdruck, dass der Entwurf aus seiner Verantwortung heraus richtig und vollständig ist, sofern er dazu keine<br />

besonderen Einschränkungen macht oder Hinweise gibt.<br />

Seine Unterzeichnung beinhaltet daher eine Vollständigkeitserklärung dahingehend, dass der Entwurf des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses alle Bestandteile und Anlagen zur Erfüllung seiner Aufgabe enthält, die dafür<br />

vorgeschrieben bzw. notwendig sind. Der Bürgermeister hat bei der Erteilung seiner Bestätigung darauf zu achten,<br />

dass er den von ihm bestätigten Entwurf des gemeindlichen Gesamtabschlusses innerhalb von neun Monaten<br />

nach dem Abschlussstichtag dem Rat zur Prüfung und Bestätigung zuzuleiten hat. Mit seiner Unterschrift und<br />

dem Datum wird daher die Einhaltung der rechtlichen Vorgabe nachgewiesen.<br />

5.2.2.2 Die Informationspflichten des Bürgermeisters<br />

Der Bürgermeister hat das Recht, vom dem ihm vom Kämmerer vorgelegten Entwurf des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

abzuweichen, bevor er diese dem Rat der Gemeinde zuleitet. Weicht der Bürgermeister von<br />

dem ihm vorgelegten Entwurf ab, hat er vor der Zuleitung des Entwurfs an den Rat der Gemeinde den Kämmerer<br />

über seine abweichende Auffassung zu informieren und ihm die sich daraus ergebenden oder bereits von ihm<br />

GEMEINDEORDNUNG 1162


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

vorgenommenen Änderungen des Entwurfs offen zu legen. Dem Kämmerer steht in diesem Falle das Recht zu,<br />

eine Stellungnahme zu dem durch den Bürgermeister geänderten Entwurf des Gesamtabschlusses abzugeben.<br />

Die Befugnis des Bürgermeisters, Änderungen an dem ihm vom Kämmerer vorgelegten Entwurf des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses vornehmen zu dürfen, geht jedoch nicht so weit, dass er wegen des möglicherweise<br />

weitreichenden Umfangs seiner für notwendig angesehenen Änderungen eigenständig einen neuen Entwurf des<br />

gemeindlichen Gesamtabschlusses aufstellen darf. Das Recht zur Aufstellung des Entwurfs des Gesamtabschlusses<br />

der Gemeinde steht gesetzlich nur dem Kämmerer und nicht dem Bürgermeister zu. Sofern wegen der<br />

Änderungen der Entwurfsfassung noch Differenzen zwischen dem Kämmerer und dem Bürgermeister bestehen<br />

bleiben, sind diese im Rahmen der Beratungen des Rates zur Bestätigung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

möglichst auszuräumen.<br />

5.2.3 Die Wirkungen der Unterzeichnungen<br />

Mit ihren Unterschriften auf dem von ihnen aufgestellten und bestätigten Entwurfs des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

erfüllen der Kämmerer und der Bürgermeister eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung und haben damit<br />

ausreichend ihre Verantwortung als Nachweis im Sinne der Vorschrift dokumentiert. Sie bringen damit zum Ausdruck,<br />

dass der von ihnen aufgestellte Entwurf des Gesamtabschlusses aus ihrer Verantwortung heraus richtig<br />

und vollständig ist. Außerdem wird das Ergebnis des gesamten wirtschaftlichen Handelns der Gemeinde im abgelaufenen<br />

Haushaltsjahr nach festgelegten haushaltsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Regeln aufzeigt.<br />

Der gemeindliche Gesamtabschluss muss daher unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde vermitteln, sofern der Kämmerer und/oder der Bürgermeister dazu keine besonderen<br />

Einschränkungen machen oder Hinweise geben. Die Verpflichtung zur Unterzeichnung des Entwurfs beinhaltet<br />

dabei nicht, dass der Kämmerer und der Bürgermeister sämtliche Bestandteile und Anlagen des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses einzeln zu unterzeichnen haben. Der Gesamtabschluss ist vielmehr buchtechnisch so zusammenzufassen,<br />

dass erkennbar und nachvollziehbar wird, dass sich die Unterschriften des Kämmerers und<br />

des Bürgermeisters auf die Gesamtheit aller Teile beziehen.<br />

5.2.4 Die Zuleitung an den Rat<br />

Der Bürgermeister hat in Anwendung des § 95 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong> den Entwurf des Gesamtabschlusses an den<br />

Rat zu Bestätigung zuzuleiten. Durch den gemeindlichen Gesamtabschluss legt der Bürgermeister deshalb Rechenschaft<br />

gegenüber dem Rat ab und legt dar, wie er seinen Auftrag ausgeführt hat, zu welchem Ergebnis die<br />

gesamte Haushaltswirtschaft im Verlaufe des Haushaltsjahres geführt hat, welche Auswirkungen sich daraus auf<br />

das gesamte Vermögen und die gesamten Schulden der Gemeinde ergeben und welche Chancen und Risiken<br />

sich insgesamt für die künftige Gesamtentwicklung der Gemeinde ergeben. Die Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses an den Rat dient daher dazu, dem Rat die Informationen für seine gesetzlich<br />

vorgesehene Beschlussfassung zukommen zu lassen. Sie bedeutet jedoch nicht, dass der Rat den Entwurf (des<br />

Gesamtabschlusses) unmittelbar festzustellen hat. Vielmehr nimmt der Rat den Entwurf im Rahmen der Zuleitung<br />

nur entgegen, um ihm dem Rechnungsprüfungsausschuss zur Prüfung weiterzuleiten.<br />

Nach Durchführung der gesetzlich vorgesehenen Prüfung hat der Rat die Feststellung des ihm vom Bürgermeister<br />

vorgelegten Gesamtabschlusses vornehmen. Andererseits dient die Zuleitung der gemeindlichen Gesamtabschlussunterlagen<br />

an den Rat auch dazu, den Ratsmitgliedern die nötigen Informationen über die gesamte gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft zu geben, damit diese die ihnen zustehende eigene Mitwirkung bei der Bestätigung<br />

des Gesamtabschlusses ausüben können. Der Bürgermeister, der die Zuleitung des Entwurfs des Gesamt-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1163


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

abschlusses an den Rat veranlasst, kann im Rahmen seiner Vorlage bereits darlegen, wie von ihm die gesamte<br />

gemeindliche Haushaltswirtschaft entsprechend dem Auftrag des Rates ordnungsgemäß ausgeführt wurde.<br />

5.2.5 Der Vollzug der Zuleitung<br />

5.2.5.1 Die Ratsbeteiligung vor der Prüfung<br />

Der Adressat der Zuleitung des vom Bürgermeister bestätigten Entwurfs des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

mit seinen Anlagen ist der Rat der Gemeinde, als Kollegialorgan, das seine Beschlüsse in Sitzungen fasst (Sitzungsprinzip)<br />

und nicht das einzelne Ratsmitglied. Die Zuleitung des bestätigten Entwurfs des Gesamtabschlusses<br />

mit seinen Anlagen an den Rat der Gemeinde wird in der gemeindlichen Praxis i.d.R. dadurch vollzogen,<br />

dass durch den Bürgermeister ein entsprechender Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung der nächsten<br />

Sitzung des Rates gesetzt wird, denn er hat die Ratssitzungen einzuberufen (vgl. § 47 Absatz 1 S. 1 GO <strong>NRW</strong>)<br />

und die Tagesordnung in eigener Verantwortung festzulegen (vgl. § 48 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Im Rahmen der beschlussfähigen<br />

Zusammenkunft des Rates (Sitzung) kann dann die Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses als erledigt betrachtet werden.<br />

Für die weiteren Beratungen bzw. die Verweisung an den Rechnungsprüfungsausschuss ist es wichtig, dass<br />

jedes Ratsmitglied über ausreichende Beratungsunterlagen über die abgeschlossene gesamte gemeindliche<br />

Haushaltswirtschaft verfügen kann, denn ihm stehen hinsichtlich der Beschlussfassung eigene Mitwirkungsrechte<br />

zu. Es muss daher gewährleistet werden, dass der Rat der Gemeinde nach der Prüfung sachgerecht die Bestätigung<br />

des ihm vorgelegten Gesamtabschlusses mit seinen Anlagen treffen kann.<br />

In den Fällen, in denen der Kämmerer von der ihm gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, eine<br />

abweichende Stellungnahme zu dem vom Bürgermeister bestätigten Entwurf des Gesamtabschlusses abzugeben,<br />

ist der Bürgermeister verpflichtet, diese Stellungnahme mit dem Entwurf des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

dem Rat vorzulegen. In der betreffenden Ratssitzung besteht dann für Bürgermeister und auch für den<br />

Kämmerer ein Rederecht, sodass die Ergebnisse aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr und die damit verbundene<br />

Zielerreichung sowie die Chancen und Risiken für die wirtschaftliche Gesamtentwicklung der Gemeinde ggf.<br />

aus unterschiedlichen Sichten dargestellt werden.<br />

5.2.5.2 Die Ratsbeteiligung nach der Prüfung<br />

Der vom Bürgermeister bestätigte Entwurf des gemeindlichen Gesamtabschlusses mit seinen Anlagen ist dem<br />

Rat der Gemeinde zur Bestätigung zuzuleiten. Der Adressat der Vorlage ist damit grundsätzlich der Rat als Kollegialorgan.<br />

Aus dem Zusammenspiel dieser Regelung mit der haushaltsrechtlichen Regelung, das der Rat den<br />

vom Rechnungsprüfungsausschuss geprüften Gesamtabschluss zu bestätigen hat (vgl. Absatz 1 der Vorschrift),<br />

kann abgeleitet werden, dass die Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen Gesamtabschlusses an den Rat<br />

auch dann als vollzogen anzusehen ist, wenn der Entwurf unmittelbar dem Rechnungsprüfungsausschuss übergeben<br />

und gleichzeitig der Rat in einer Vorlage darüber unterrichtet wird. Eine solche Vorgehensweise ist als<br />

sachgerecht im Sinne der Bestätigung des Gesamtabschlusses durch den Rat anzusehen, denn dem Rat werden<br />

keine Rechte vorenthalten, noch wird er bei einem solchen Verfahren ausgeschlossen.<br />

Der Rat kann im Wege der Unterrichtung das Gesamtjahresergebnis sowie Eckwerte der wirtschaftlichen Lage<br />

der Gemeinde zur Kenntnis nehmen, wie es auch bei einer Zuleitung an den Rat bzw. über den Rat an den<br />

Rechnungsprüfungsausschuss möglich ist. Solche Eckwerte können z.B. Daten aus der Ergebnisrechnung, der<br />

Finanzrechnung und der Bilanz sein, wobei die Ratsvorlage auch wichtige mit den Bestandteilen des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses in Verbindung stehende wesentliche Feststellungen enthalten sollte, z. B. Informationen<br />

aus dem Gesamtanhang sowie Einschätzungen aus dem Gesamtlagebericht (vgl. §§ 37 ff. GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1164


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die unmittelbare Übergabe des zu prüfenden Gesamtabschlusses an den Rechnungsprüfungsausschuss ist auch<br />

deshalb vertretbar, weil die Beteiligung anderer Ausschüsse des Rates, z.B. des Finanzausschusses, nicht die<br />

vorherige Beteiligung des Rates erfordert. Die Verkürzung des Verfahrensweges führt daher materiell zu keinen<br />

Einschnitten der Rechte noch der Zwecke, auf die die haushaltsrechtlichen Vorschriften ausgerichtet sind. In die<br />

örtliche Abwägung, ob eine direkte Übergabe des Entwurfs des gemeindlichen Gesamtabschlusses an den<br />

Rechnungsprüfungsausschuss erfolgen soll, müssen daher die genannten Gegebenheiten, aber auch die Einhaltung<br />

der gesetzlich bestimmten Frist für die Bestätigung des Gesamtabschlusses, bis spätestens 31. Dezember<br />

des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres, einbezogen werden.<br />

Eine unmittelbare Übergabe des Entwurfs an die örtliche Rechnungsprüfung ist jedoch nicht zulässig. Diese<br />

Sachlage gilt auch dann, wenn der Rechnungsprüfungsausschuss gleichzeitig unterrichtet wird. Es bedarf immer<br />

eines Prüfungsauftrages, der jedoch nicht von der gemeindlichen Verwaltung erteilt werden kann, weil ihr Handeln<br />

auch Gegenstand der Abschlussprüfung ist. Die Zuleitung des Entwurfs des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

an den Rat ist als vollzogen anzusehen, wenn der Entwurf unmittelbar dem Rechnungsprüfungsausschuss<br />

übergeben und gleichzeitig der Rat unterrichtet wird.<br />

6. Zu Absatz 6 (Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses):<br />

6.1 Zu Satz 1 (Zwecke der Prüfung des Gesamtabschlusses):<br />

6.1.1 Allgemeine Sachlage<br />

Die Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses obliegt dem Rechnungsprüfungsausschuss des Rates der<br />

Gemeinde, der sich dazu der örtlichen Rechnungsprüfung bedient (vgl. § 59 GO <strong>NRW</strong>). Der Gesamtabschluss ist<br />

daher nicht noch ein eigenständiger Gegenstand der überörtlichen Prüfung nach § 105 GO <strong>NRW</strong>. Der Inhalt der<br />

Prüfung des Gesamtabschlusses sowie die Darstellung des Ergebnisses dieser Prüfung werden in dieser Vorschrift<br />

näher bestimmt. Es wird dazu unter Bezugnahme auf den örtlichen Prüfungsgegenstand klargestellt, dass<br />

in einem Bestätigungsvermerk das Ergebnis der Prüfung zusammengefasst und beurteilt wird, ob der Gesamtabschluss<br />

den rechtlichen Bestimmungen entspricht und dieser unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und<br />

Finanzgesamtlage der Gemeinde vermittelt.<br />

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat bei der Gesamtabschlussprüfung zu beachten, dass der Rat der Gemeinde<br />

bis zum 31. Dezember des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres den Gesamtabschluss zu bestätigen hat (vgl.<br />

§ 116 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>). Er hat daher den Ablauf seiner Prüfung entsprechend zu gestalten.<br />

Durch diese Zielbestimmung bekommt die Prüfung des Gesamtabschlusses durch den Rechnungsprüfungsausschuss<br />

eine Kontroll-, Informations- und Beglaubigungsfunktion. Diese Vorschrift stellt zudem einen allgemeinen<br />

Rechnungslegungsgrundsatz dar, der als Generalnorm die Vorlage eines den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechenden Bildes der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde unter Beachtung der Generalnorm für den<br />

Gesamtabschluss gewährleisten soll.<br />

Die Generalnorm enthält dazu die Vorgabe, dass der gemeindliche Gesamtabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde unter<br />

Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung abgeben muss. Außerdem dient die Generalnorm als<br />

Leitlinie, um örtliche Konsolidierungssachverhalte und Besonderheiten zu klären. In diesem Zusammenhang ist z.<br />

B. der Grundsatz der Wesentlichkeit immer dann anzuwenden, wenn dadurch der Einblick in die Vermögens-,<br />

Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde verbessert wird. Der notwendige Abwägungsprozess<br />

ist dabei vom Rechnungsprüfungsausschuss unter Berücksichtigung der vorliegenden örtlichen Gegebenheiten<br />

vorzunehmen.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1165


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Bei der Erstellung des Bestätigungsvermerks als Ergebnis der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

hat der Rechnungsprüfungsausschuss zu berücksichtigen, dass auch die Jahresabschlüsse der gemeindlichen<br />

Verwaltung und der Betriebe der Gemeinde geprüft sind. Die Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

kann erst dann als abgeschlossen angesehen werden, wenn auch die Prüfung der Jahresabschlüsse, auf die der<br />

Gesamtabschluss aufgebaut ist, mit Bestätigungsvermerken abgeschlossen worden ist. Der Bestätigungsvermerk<br />

für den gemeindlichen Gesamtabschluss sollte daher erst nach diesem Zeitpunkt aufgestellt werden. Es dürfte<br />

sonst ein erhebliches Risiko für das Prüfungsurteil aus der Abschlussprüfung bestehen.<br />

6.1.2 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />

6.1.2.1 Das Regelsystem der Grundsätze<br />

Das gemeindliche Haushaltsrecht stellt wie das Handelsrecht die GoB in einen Zusammenhang mit den gesetzlichen<br />

Vorschriften über den Jahresabschluss der Gemeinde. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind<br />

ein gesetzlich verankertes Regelungssystem, stehen jedoch nicht über dem Gesetz. Sie können sich als unbestimmter<br />

Rechtsbegriff nur im Rahmen der gesetzlichen Regelungen unter Beachtung von Sinn und Zweck des<br />

Gesetzes oder einzelner Vorschriften entwickeln.<br />

Als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ist daher jedes Verfahren und jede Methode anzuerkennen, die<br />

dazu führen, dass gesetzliche Regelungen im Einzelfall ihrem Sinn und Zweck entsprechend angewandt werden.<br />

Folgende allgemeine Grundsätze gelten als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (vgl. Abbildung).<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)<br />

GRUNDSATZ<br />

Grundsatz<br />

der Vollständigkeit<br />

Grundsatz<br />

der Richtigkeit<br />

und Willkürfreiheit<br />

Grundsatz<br />

der Verständlichkeit<br />

Grundsatz<br />

der Aktualität<br />

GEMEINDEORDNUNG 1166<br />

INHALTE DES GRUNDSATZES<br />

In der Buchführung sind alle Geschäftsvorfälle sowie die Vermögens-<br />

und Schuldenlage vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet<br />

zu erfassen und zu dokumentieren. Daraus folgt das Erfordernis<br />

des systematischen Aufbaus der Buchführung unter Aufstellung<br />

eines Kontenplans, das Prinzip der vollständigen und verständlichen<br />

Aufzeichnung sowie das Belegprinzip, d. h. die Grundlage für<br />

die Richtigkeit der Buchung bildet den Buchungsbeleg mit der<br />

Festlegung „Keine Buchung ohne Beleg.“ Dazu zählt auch die<br />

Einhaltung der vorgesehenen Aufbewahrungsfristen.<br />

Die Aufzeichnungen über die Geschäftsvorfälle durch die Gemeinde<br />

müssen die Realität möglichst genau abbilden, sodass die Informationen<br />

daraus begründbar und nachvollziehbar sowie objektiv richtig<br />

und willkürfrei sind. Sie müssen sich in ihren Aussagen mit den<br />

zugrunde liegenden Dokumenten decken und der Buchführungspflichtige<br />

bestätigen kann, dass die Buchführung eine getreue<br />

Dokumentation seiner Geschäftsvorfälle nach den rechtlichen<br />

Bestimmungen und den GoB erfolgt.<br />

Die Informationen des Rechnungswesens sind für den Rat und die<br />

Bürger als Öffentlichkeit so aufzubereiten und verfügbar zu machen,<br />

dass die wesentlichen Informationen über die Vermögens-<br />

und Schuldenlage klar ersichtlich und verständlich sind.<br />

Es ist ein enger zeitlicher Bezug zwischen dem Zeitraum, über den<br />

Rechenschaft gegeben wird, und der Veröffentlichung der Rechenschaft<br />

herzustellen.


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)<br />

GRUNDSATZ<br />

Grundsatz<br />

der Relevanz<br />

Grundsatz<br />

der Stetigkeit<br />

Grundsatz<br />

des Nachweises<br />

der Recht- und<br />

Ordnungsmäßigkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 1167<br />

INHALTE DES GRUNDSATZES<br />

Das Rechnungswesen muss die Informationen bieten, die zur<br />

Rechenschaft notwendig sind, sich jedoch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit<br />

und Verständlichkeit auf die relevanten Daten beschränken.<br />

Dabei soll der Aufwand der Informationsbeschaffung in<br />

einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen der Informationsbereitstellung<br />

stehen.<br />

Die Grundlagen des Rechnungswesens, insbesondere die Methoden<br />

für Ansatz und Bewertung des Vermögens, sollen in der Regel<br />

unverändert bleiben, sodass eine Stetigkeit im Zeitablauf erreicht<br />

wird. Notwendige Anpassungen sind besonders kenntlich zu machen.<br />

Im Jahresabschluss ist über die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde zutreffend Rechenschaft abzulegen.<br />

Abbildung 241 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)“<br />

Die GoB sollen sicherstellen, dass ein sachverständiger Dritter sich in einer angemessenen Zeit einen Überblick<br />

über die Aufzeichnung von Buchungsvorfällen und die Aufzeichnung von Vermögens- und Schuldenpositionen<br />

verschaffen kann und Manipulationsmöglichkeiten verhindert werden, aber auch, dass diesem Dritten ein qualifizierter<br />

Einblick in die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde möglich ist. In der praktischen<br />

Anwendung können sich aber ggf. Zielkonflikte ergeben. Dann ist es bei der örtlichen Ausgestaltung des<br />

Rechnungswesens notwendig, zwischen konkurrierenden Sachverhalten unter Beachtung der o.a. Grundsätze<br />

eine Abwägung vorzunehmen. Bedarf es dabei einer Auslegung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung,<br />

sind dazu i.d.R. die juristischen Auslegungskriterien heranzuziehen.<br />

6.1.2.2 Die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze<br />

Für den gemeindlichen Gesamtabschluss spielen auch die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze eine wichtige<br />

Rolle. Jeder dieser Grundsätze soll sicherstellen, dass ein sachverständiger Dritter sich in einer angemessenen<br />

Zeit einen Überblick über die Aufzeichnung von gemeindlichen Geschäftsvorfällen und die Aufzeichnung von<br />

Vermögens- und Schuldenpositionen verschaffen kann. Durch die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze<br />

sollen auch Manipulationsmöglichkeiten verhindert werden. Sie lassen sich in folgende Grundsätze untergliedern<br />

(vgl. Abbildung).<br />

Die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze<br />

GRUPPE<br />

Allgemein<br />

geltende Grundsätze<br />

Bilanzierungsgrundsätze<br />

ZUGEORDNETE GRUNDSÄTZE<br />

- Grundsatz der Bilanzidentität;<br />

- Grundsatz der Bilanzkontinuität,<br />

- Grundsatz der Wesentlichkeit,<br />

- Grundsatz der Wirtschaftlichkeit,<br />

- Aktivierungsgrundsatz,


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze<br />

GRUPPE<br />

Bewertungsgrundsätze<br />

GEMEINDEORDNUNG 1168<br />

ZUGEORDNETE GRUNDSÄTZE<br />

- Passivierungsgrundsatz,<br />

- Grundsatz der Vollständigkeit,<br />

- Grundsatz des Saldierungsverbots,<br />

- Grundsatz der Pagatorik,<br />

- Grundsatz der stichtagsbezogenen Bewertung,<br />

- Grundsatz der Einzelbewertung<br />

- Grundsatz der Vorsicht, auch als<br />

- Realisationsprinzip,<br />

- Imparitätsprinzip,<br />

- Niederstwertprinzip,<br />

- Höchstwertprinzip,<br />

- Grundsatz der Bewertungsstetigkeit.<br />

Abbildung 242 „Die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze“<br />

Es soll aber durch die Grundsätze auch erreicht werden, dass diesem Dritten ein qualifizierter Einblick in die<br />

Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde möglich ist. Zudem sorgt die Auslegung<br />

der GoB durch Rechtsprechung und Literatur mittelbar für eine dynamische Anpassung des Rechts über das<br />

gemeindliche Rechnungswesen an die aktuellen nationalen und internationalen Entwicklungen.<br />

6.1.2.3 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung<br />

Handelsrechtlich haben sich zum Konzernabschluss die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung<br />

(GoK) entwickelt, die auch beim Gesamtabschluss der Gemeinde zu beachten sind. Diese Grundsätze sollen im<br />

Rahmen des Gesamtabschlusses gewährleisten, dass die Zusammenfassung der Jahresabschlüsse der einbezogenen<br />

Betriebe unter Anwendung der maßgeblichen Einheitstheorie erfolgt und der Gesamtabschluss ein Bild<br />

über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde vermittelt, als wäre die gemeindliche Verwaltung zusammen mit den<br />

einbezogenen Betrieben der Gemeinde eine einzige wirtschaftliche Einheit (vgl. Abbildung).<br />

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung<br />

- Grundsatz der Fiktion der rechtlichen Einheit (Einheitstheorie)<br />

- Grundsatz der Einheitlichkeit (der Abschlussstichtage, der Währung, des Ausweises<br />

- Grundsatz der Vollständigkeit (des Konsolidierungskreises)<br />

- Grundsatz der Einheitlichkeit der Bilanzierung und Bewertung<br />

- Grundsatz der Stetigkeit der Konsolidierungsmethoden (zeitlich und sachlich)<br />

- Grundsatz der Eliminierung konzerninterner Beziehungen<br />

- Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit<br />

Abbildung 243 „Die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung“


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Die GoK ergänzen in diesem Sinne die für den gemeindlichen Gesamtabschluss einschlägigen Vorschriften sowie<br />

die von der Gemeinde anzuwendenden Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Über diese Grundsätze<br />

hinaus kommen durch die Verweise auf gemeindliche Vorschriften über den Jahresabschluss auch haushaltsrechtliche<br />

Grundsätze zur Anwendung.<br />

6.1.3 Die „Generalnorm“<br />

6.1.3.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Regelung in der Vorschrift, dass der gemeindliche Gesamtabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde vermitteln muss,<br />

stellt die „Generalnorm“ für die Aufstellung und Feststellung des Gesamtabschlusses der Gemeinde dar. Unter<br />

Berücksichtigung dieser Norm sind Zweifelsfragen bei der Auslegung und Anwendung von haushaltsrechtlichen<br />

Einzelvorschriften zu klären. Sie ersetzt dadurch aber nicht die einzelnen Bestimmungen.<br />

Die Norm kann im Einzelfall vielmehr bewirken, dass die Gemeinde im Gesamtanhang nach § 51 Absatz 2<br />

GemHVO <strong>NRW</strong> weitere Informationen über wichtige örtliche Sachverhalte geben muss, damit der gemeindliche<br />

Gesamtabschluss die von ihm gesetzlich geforderte Aussagekraft hinsichtlich der Vermögens-, Schulden-, Ertrags-<br />

und Finanzgesamtlage der Gemeinde als Bild der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde erreicht.<br />

Dabei gilt, dass bei diesen vier Bereichen keine Rangfolge besteht und der gemeindliche Gesamtabschluss deshalb<br />

für diese vier Bereiche gleichwertig ein entsprechendes Bild der jeweiligen Lage vermitteln muss. Die Gemeinde<br />

hat dafür Sorge zu tragen, dass möglichst keiner dieser Bereiche zugunsten anderer Bereiche vernachlässigt<br />

wird.<br />

6.1.3.2 Der Begriff „Vermögensgesamtlage“<br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Vermögensgesamtlage“, für<br />

den es keine gesetzliche Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, an der kaufmännischen Auslegung<br />

und damit an den Regelungen für die Vermögensgegenstände, die auf der Aktivseite der gemeindlichen<br />

Gesamtbilanz anzusetzen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im allgemeinen Wirtschaftsleben ein Wirtschaftsgut<br />

dadurch als Vermögensgegenstand charakterisiert wird, das mit ihm ein wirtschaftlicher Wert vorliegt,<br />

das Wirtschaftsgut selbstständig nutzungsfähig und bewertbar ist. Die auf der Aktivseite der gemeindlichen Gesamtbilanz<br />

angesetzten Vermögensgegenstände dienen daher dazu, dass die Gesamtbilanz damit ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögensgesamtlage der Gemeinde vermitteln kann. Ergänzende<br />

Angaben zum Vermögen der Gemeinde enthält der Gesamtanhang nach § 51 Absatz 2 GemHVO <strong>NRW</strong>.<br />

6.1.3.3 Der Begriff „Schuldengesamtlage“<br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Schuldengesamtlage“, für den<br />

es keine gesetzliche Definitionen und keine einheitliche Begriffsbestimmungen gibt, an der kaufmännischen Auslegung.<br />

Es ist dabei zu berücksichtigen, dass im allgemeinen Wirtschaftsleben, ausgehend von der Gesamtbilanz<br />

der Begriff „Schuldengesamtlage“ dadurch abgegrenzt wird, dass nicht das Eigenkapital und die Sonderposten<br />

sowie die passive Rechnungsabgrenzung dazu zu zählen sind. Die auf der Passivseite der gemeindlichen Gesamtbilanz<br />

angesetzten Verbindlichkeiten dienen daher dazu, dass die Gesamtbilanz damit ein den tatsächlichen<br />

Verhältnissen entsprechendes Bild der Schuldengesamtlage der Gemeinde vermitteln kann.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1169


6.1.3.4 Der Begriff „Ertragsgesamtlage“<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Ertragsgesamtlage“, für den es<br />

keine gesetzliche Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, an der kaufmännischen Auslegung<br />

und damit an den Regelungen über die gemeindliche Gesamtergebnisrechnung, denn dieses Werk stellt eine<br />

zeitraumbezogene Rechnung dar, in der das Zustandekommen des Erfolgs der Gemeinde nach Arten, Höhe und<br />

Quellen abgebildet wird.<br />

Die Gesamtergebnisrechnung ist unter Beachtung des Grundsatzes der Ergebnisspaltung aufgebaut, sodass die<br />

ordentlichen und die außerordentlichen Ergebniskomponenten darin getrennt voneinander aufgezeigt werden.<br />

Dadurch werden Informationen darüber geliefert, in welchem Umfang und aus welchem Anlass sich das Eigenkapital<br />

der Gemeinde innerhalb eines Haushaltsjahres verändert hat. Die Ertragslage weist daher das Gesamtergebnis<br />

des abgelaufenen Haushaltsjahres der Gemeinde aus.<br />

6.1.3.5 Der Begriff „Finanzgesamtlage“<br />

Das Haushaltsrecht für Gemeinden orientiert sich bei der Auslegung des Begriffs „Finanzgesamtlage“, für den es<br />

keine gesetzliche Definition und keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, an der kaufmännischen Auslegung<br />

und damit an den Regelungen über die Kapitalflussrechnung nach DRS 2. Dieses ermöglicht eine zeitraumbezogene<br />

Rechnung zur Bestimmung des Finanzmittelfonds, denn im Rahmen des Gesamtabschlusses der Gemeinde<br />

wird die gemeindliche Finanzgesamtlage auf der Grundlage der Veränderungen des Finanzmittelfonds beurteilt.<br />

Der gemeindliche Gesamtabschluss wird mit einer Gesamtkapitalflussrechnung zusätzlich zur Gesamtbilanz<br />

und Gesamtergebnisrechnung seiner Aufgabe besser gerecht.<br />

Die dazu die geforderte Gesamtkapitalflussrechnung (vgl. § 51 Absatz 3 GemHVO <strong>NRW</strong> ist nach der Vorschrift<br />

unter Beachtung des Deutschen Rechnungslegungsstandards Nr. 2 (DRS 2) in der vom Bundesministerium der<br />

Justiz (BMJ) nach § 342 Absatz 2 HGB bekannt gemachten Form aufzustellen. Nach diesem Rechnungslegungsstandard<br />

stellt die Kapitalflussrechnung zeitbezogen die Zahlungsströme der wirtschaftlichen Gesamtheit „Gemeinde“<br />

dar, die zur Veränderung des Zahlungsmittelbestandes führen, und gibt Auskunft darüber, wie die Kernverwaltung<br />

der Gemeinde zusammen mit ihren Betrieben, soweit diese in den Gesamtabschluss einbezogen<br />

sind, die finanziellen Mittel erwirtschaftet.<br />

6.1.4 Die Prüfung bei Entbehrlichkeit des Gesamtabschlusses<br />

Die Vorschrift des § 116 GO <strong>NRW</strong> enthält keine gesonderte Ausnahmeregelung, die es ermöglicht, dass die Gemeinde<br />

generell von der Aufstellung eines gemeindlichen Gesamtabschlusses befreit ist. Bei einzelnen Gemeinden<br />

können besondere Fallgestaltungen im Rahmen ihrer Beteiligungen vorliegen, die dazu führen, dass für die<br />

Gemeinde die Aufstellung eines Gesamtabschlusses entbehrlich wird. Ein solcher Sachverhalt liegt z.B. vor,<br />

wenn die Gemeinde über keinen voll zu konsolidieren Betrieb verfügt, denn dann liegt die wichtigste Voraussetzung<br />

für einen gemeindlichen Gesamtabschluss, dass ein Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen der Kernverwaltung<br />

der Gemeinde und einem ihrer Betriebe besteht, nicht vor.<br />

Das Fehlen dieser Voraussetzung kann nicht dadurch geheilt werden, dass die betreffende Gemeinde über Betriebe<br />

verfügt, die nach der Equity-Methode zu konsolidieren wären. In solchen Fällen erlischt jedoch nicht die in<br />

dieser Vorschrift enthaltene ausdrückliche Pflicht zur Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses. Vielmehr<br />

ist sie dann vom Rechnungsprüfungsausschuss in der Art und Weise auszuüben, dass zu prüfen ist, ob örtlich die<br />

Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses vorliegen. Er hat<br />

dabei die örtliche Abwägung zu prüfen und festzustellen, ob das daraus entstandene Ergebnis zutreffend ist.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1170


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

6.2 Zu Satz 2 (Recht- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung):<br />

Nach der Vorschrift erstreckt sich die Prüfung des Gesamtabschlusses darauf, ob die gesetzlichen Vorschriften<br />

und die sie ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind. Die<br />

Prüfung der von der Gemeinde zu beachtenden rechtlichen Vorschriften stellt daher eine reine Recht- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung<br />

im Rahmen der gemeindlichen Gesamtabschlussprüfung dar. Diese Vorgabe ändert<br />

sich auch nicht durch das Prüfungsziel, ob der Gesamtabschluss der Gemeinde ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde unter Beachtung<br />

der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergibt. Die Prüfung der Einhaltung der haushaltsrechtlichen<br />

Bestimmungen im Rahmen der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses bezieht sich auf die Vorschriften<br />

über die Rechnungslegung bzw. der Konsolidierung, solange es noch keine verbindlichen Vorgaben<br />

über eine Gesamtplanung und haushaltsmäßige Ausführung auf der Ebene des Gesamtabschlusses gibt, die mit<br />

dem Gesamtabschluss abgerechnet wird.<br />

6.3 Zu Satz 3 (Prüfung des Gesamtlageberichtes):<br />

Der Gesamtlagebericht ist daraufhin zu prüfen, ob er mit dem gemeindlichen Gesamtabschluss in Einklang steht<br />

und ob seine sonstigen Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und<br />

Finanzgesamtlage der Gemeinde erwecken. Die Angaben im Gesamtlagebericht dürfen nicht keine falsche Vorstellung<br />

von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde erwecken. Außerdem<br />

muss im Gesamtlagebericht auch zu den künftigen Chancen und Risiken der Gemeinde Auskunft gegeben werden,<br />

die der Prüfer einzuschätzen hat. Dabei kann er die „Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung“<br />

als Beurteilungsmaßstäbe heranziehen. Der jährliche Gesamtlagebericht der Gemeinde hat daher eine umfassende<br />

und vielfältige Ergänzungsfunktion zum gemeindlichen Gesamtabschluss. Seine Aussagen müssen daher<br />

klar, sorgfältig abgewogen und zeitnah sein.<br />

Bei seiner Aufstellung sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung (GoL) zu beachten. Für die<br />

äußere Gestaltung des Gesamtlageberichts, seinen Aufbau und Umfang sind jedoch keine besonderen Formvorgaben<br />

vorgegeben worden. Die Fülle der Informationen verlangt aber eine grundlegende Strukturierung. Auch die<br />

Gliederung des Gesamtlageberichts muss mit ihren einzelnen Elementen dazu beitragen, dass der Gesamtlagebericht<br />

der Gemeinde im Zusammenhang mit dem gemeindlichen Gesamtabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde vermittelt.<br />

Die Prüfungshandlungen sind nach den gleichen Grundsätzen vorzunehmen, wie sie bei der Prüfung der<br />

Bestandteile des gemeindlichen Gesamtabschlusses zur Anwendung kommen.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Beteiligungsbericht der Gemeinde kein Prüfungsgegenstand<br />

ist, auch wenn dieser Bericht dem gemeindlichen Gesamtabschluss als Anlage beizufügen ist (vgl. § 117 GO<br />

<strong>NRW</strong>). Diese Nichteinbeziehung des gemeindlichen Beteiligungsberichtes in die Prüfung des Gesamtabschlusses<br />

der Gemeinde nach § 116 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong> lässt sich aus den Absätzen 1 und 6 des § 116 GO <strong>NRW</strong> ableiten,<br />

denn diese benennen ausdrücklich die in die Gesamtabschlussprüfungen einzubeziehenden Teile, zu denen nicht<br />

der Beteiligungsbericht gehört.<br />

6.4 Zu Satz 4 (Verweis auf § 101 Absatz 2 bis 8 GO <strong>NRW</strong>):<br />

6.4.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Verweisung in der Vorschrift auf § 101 Absatz 2 bis 8 GO <strong>NRW</strong> stellt klar, dass die Regelungen über die<br />

Prüfung des Jahresabschlusses auf den Gesamtabschluss entsprechend anzuwenden sind. Von der Möglichkeit<br />

GEMEINDEORDNUNG 1171


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

der Stellungnahme des Bürgermeisters (vgl. § 101 Absatz 2 GO <strong>NRW</strong>) über die Beurteilung des Prüfungsergebnisses<br />

mit Bestätigungsvermerk (vgl. § 101 Absatz 3 - 5 GO <strong>NRW</strong>) sowie des Lageberichtes und der Chancen<br />

und Risiken der Gemeinde (vgl. § 101 Absatz 6 GO <strong>NRW</strong>) bis zur Festlegung, dass sich der Rechnungsprü-<br />

fungsausschuss zur Durchführung der Prüfung der örtlichen Rechnungsprüfung bedienen soll, soll eine entsprechende<br />

Anwendung der Prüfungshandlungen bestehen.<br />

6.4.2 Die Inhalte des Bestätigungsvermerks für den Gesamtabschluss<br />

Über Art und Umfang der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses sowie über das Ergebnis der Prüfung<br />

ist ein Prüfungsbericht durch den Rechnungsprüfungsausschuss zu erstellen (vgl. § 101 GO <strong>NRW</strong>). Dieser hat<br />

das Ergebnis der Prüfung in einem Bestätigungsvermerk zusammenzufassen. Der Bestätigungsvermerk soll<br />

dabei den Gegenstand, die Art und den Umfang der Prüfung beschreiben. Es sind dabei die angewandten Rechnungslegungsgrundsätze<br />

und Prüfungsgrundsätze anzugeben. Der abzugebende Bestätigungsvermerk soll aber<br />

auch eine Beurteilung des Prüfungsergebnisses enthalten.<br />

Durch die Tenorierung entstehen fachliche Grundsätze und Klarstellungen, damit detaillierte Aussagen im Bestätigungsvermerk<br />

gemacht werden und dieser das getroffene Gesamturteil wieder spiegelt, denn der Inhalt des<br />

Bestätigungsvermerks wird durch das Ziel der Gesamtabschlussprüfung bestimmt. Der Bestätigungsvermerk<br />

entfaltet eine rechtliche Wirkung dadurch, dass erst nach seiner Erstellung und Unterzeichnung gilt die Gesamtabschlussprüfung<br />

als abgeschlossen und der gemeindliche Gesamtabschluss als geprüft. Erst danach kann der<br />

gemeindliche Gesamtabschluss vom Rat der Gemeinde bestätigt werden.<br />

Die Beurteilung des Prüfungsergebnisses soll zudem allgemein verständlich und problemorientiert unter Berücksichtigung<br />

des Umstandes erfolgen, dass Rat und Verwaltungsvorstand der Gemeinde den Gesamtabschluss zu<br />

verantworten haben. In diesem Zusammenhang ist auch auf Risiken, die die stetige Aufgabenerfüllung und die<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde insgesamt gefährden, gesondert einzugehen. Die Vorschrift benennt dazu vier<br />

Möglichkeiten der Tenorierung des Bestätigungsvermerks. Der Rechnungsprüfungsausschuss kann einerseits<br />

einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilen. Der Ausschuss kann aber in besonderen Einzelfällen<br />

auch erklären, dass sich im Rahmen seiner Prüfung außerstande sieht, ein Urteil über den vorliegenden Gesamtabschluss<br />

abzugeben (vgl. Abbildung).<br />

Die Möglichkeiten der Tenorierung des Bestätigungsvermerks<br />

Aus dem Bestätigungsvermerk des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

muss sich deshalb zweifelsfrei ergeben<br />

- ob der einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk oder<br />

- einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt oder<br />

- den Bestätigungsvermerk aufgrund von Beanstandungen versagt oder<br />

- der Bestätigungsvermerk deshalb versagt wird, weil sich der Ausschuss als Prüfungsgremium<br />

nicht in der Lage ist, eine Beurteilung vorzunehmen.<br />

Abbildung 244 „Die Möglichkeiten der Tenorierung des Bestätigungsvermerks“<br />

In den Fällen, in denen Beanstandungen ausgesprochen werden, ist der Bestätigungsvermerk einzuschränken<br />

oder zu versagen. Ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk darf nur erteilt werden, wenn der geprüfte Jahresabschluss<br />

unter Beachtung der vom Prüfer vorgenommenen, in ihrer Tragweite erkennbaren Einschränkung ein den<br />

GEMEINDEORDNUNG 1172


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

tatsächlichen Verhältnissen im Wesentlichen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde vermittelt.<br />

In besonderen Einzelfällen, in denen die Beanstandungen so erheblich sind, dass kein den tatsächlichen Verhältnissen<br />

entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde mehr<br />

vermittelt wird, ist der Bestätigungsvermerk durch den Abschlussprüfer zu versagen. Der Bestätigungsvermerk ist<br />

auch dann zu versagen, wenn der Prüfer nach Ausschöpfung aller angemessenen Möglichkeiten zur Klärung des<br />

Sachverhaltes nicht in der Lage ist, eine Beurteilung über den Prüfungsgegenstand abzugeben. Die Versagung<br />

ist dann in einem gesonderten Vermerk, der nicht als Bestätigungsvermerk zu bezeichnen ist, aufzunehmen. Die<br />

Einschränkung oder Versagung ist zu begründen.<br />

6.4.3 Die Ausgestaltung des Bestätigungsvermerks<br />

Der Bestätigungsvermerk ist vom Rechnungsprüfungsausschuss sachverhaltsabhängig im Rahmen seiner Abschlussprüfung<br />

zu gestalten und von seinem Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses zu unterzeichnen.<br />

Die „Grundsätze für die ordnungsmäßige Erteilung von Bestätigungsvermerken“, die bei den Wirtschaftsprüfern<br />

zur Anwendung kommen, können für den gemeindlichen Bestätigungsvermerk als Beurteilungsmaßstäbe<br />

herangezogen werden.<br />

In den Fällen, in denen der Bestätigungsvermerk in eigener Verantwortung von der Gemeinde gestaltet wird,<br />

sollte dieser nicht bei jedem neuen Jahresabschluss eine neue Form erhalten. Es bietet sich deshalb für den<br />

Bestätigungsvermerk eine Grundgliederung aus Überschrift, Einleitung und Sachverhaltsdarstellung sowie einer<br />

daran anschließenden Beurteilung an. Der Prüfer kann auch zu einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk<br />

Hinweise auf Umstände aufnehmen, auf die er in besonderer Weise aufmerksam machen will, die aber sein positives<br />

Prüfungsurteil über den gemeindlichen Gesamtabschluss nicht einschränken.<br />

Dem Rechnungsprüfungsausschuss müssen auch nicht alle auftragsbezogenen Bestätigungsvermerke von Dritten<br />

vorgelegt werden. Es ist vielmehr ausreichend, wenn die für die Prüfung des Gesamtabschlusses verantwortliche<br />

Stelle einen darauf bezogenen Bestätigungsvermerk verfasst und diesen dem Rechnungsprüfungsausschuss<br />

vorgelegt, der die Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße Prüfung des Gesamtabschlusses der<br />

Gemeinde trägt. Bei der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses kann sich der Rechnungsprüfungsausschuss<br />

auf den ihm vorgelegten Bestätigungsvermerk der örtlichen Rechnungsprüfung stützen. Er kann diesen<br />

Bestätigungsvermerk durch eine entsprechende Ergänzung zu seinem eigenen Bestätigungsvermerk machen.<br />

Diese Vorgabe gilt entsprechend für die örtliche Rechnungsprüfung, wenn sie für ihre Prüfung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses einen Dritten beauftragt hat (vgl. § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong>). Es liegt jedoch immer in der<br />

Verantwortung des jeweiligen Auftraggebers, ob er den ihm vom Abschlussprüfer vorgelegten Bestätigungsvermerk<br />

in vollem Umfang übernimmt oder diesen ergänzt, ändert oder ihm auch eine eigene Form gibt. Ein uneingeschränkter<br />

Bestätigungsvermerk kann dabei z.B. folgende Fassung haben (vgl. Abbildung).<br />

Ein Beispiel für einen Bestätigungsvermerk für den Gesamtabschluss<br />

Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers<br />

Der Gesamtabschluss der Gemeinde … für das Haushaltsjahr ..., bestehend aus der Gesamtergebnisrechnung,<br />

der Gesamtbilanz und dem Gesamtanhang, wurde nach § 116 Absatz 6 i.V.m. § 103 Absatz 5<br />

und 6 GO <strong>NRW</strong> unter Einbeziehung des Gesamtlageberichts geprüft. In die Prüfung sind die haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften sowie ergänzende Regelungen der örtlichen Satzungen und sonstige ortsrechtliche<br />

Bestimmungen, soweit sich diese auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft beziehen, einbezogen<br />

worden. Die Prüfung wurde so geplant und durchgeführt, dass Unrichtigkeiten und Verstöße, die sich auf<br />

die Darstellung des durch den Gesamtabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />

GEMEINDEORDNUNG 1173


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

Ein Beispiel für einen Bestätigungsvermerk für den Gesamtabschluss<br />

Buchführung und durch den Gesamtlagebericht zu vermittelnden Bildes der Vermögens-, Schulden-,<br />

Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde … wesentlich auswirken, mit hinreichender Sicherheit<br />

erkannt werden konnten.<br />

Bei der Festlegung der Prüfungshandlungen sind die Kenntnisse über die Geschäfts- und Verwaltungstätigkeit<br />

und über das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld der Gemeinde einschließlich der gemeindlichen<br />

Betriebe sowie die Erwartungen über mögliche Fehler berücksichtigt worden. Im Rahmen der Prüfung<br />

wurden die Nachweise für die Angaben im Gesamtabschluss und Gesamtlagebericht überwiegend auf<br />

der Basis von Stichproben beurteilt. Die Prüfung hat die Beurteilung der Jahresabschlüsse der in den<br />

Gesamtabschluss einbezogenen gemeindlichen Betriebe, der Abgrenzung des Konsolidierungskreises,<br />

der angewandten Bilanzierungs- und Konsolidierungsgrundsätze und Konsolidierungsmethoden sowie<br />

der wesentlichen Einschätzungen des Bürgermeisters der Gemeinde sowie eine Würdigung der Gesamtdarstellung<br />

des Gesamtabschlusses und des Gesamtlageberichts umfasst.<br />

Die Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt.<br />

Nach den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen entspricht der Gesamtabschluss den haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften sowie den ergänzenden Regelungen der örtlichen Satzungen und den sonstigen<br />

ortsrechtlichen Bestimmungen, soweit diese sich auf die gemeindliche Haushaltswirtschaft beziehen. Der<br />

Gesamtabschluss vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den<br />

tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde … einschließlich der gemeindlichen Betriebe.<br />

Der Gesamtlagebericht steht in Einklang mit dem Gesamtabschluss und vermittelt insgesamt auch ein<br />

zutreffendes Bild von der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde einschließlich<br />

der gemeindlichen Betriebe. In diesem Bericht werden die Chancen und Risiken der zukünftigen<br />

wirtschaftlichen Gesamtentwicklung der Gemeinde … zutreffend dargestellt.<br />

Abbildung 245 „Ein Beispiel für einen Bestätigungsvermerk für den Gesamtabschluss“<br />

Dem Rat der Gemeinde kann daher auch ein Bestätigungsvermerk vorgelegt werden, der von mehreren Prüfern<br />

oder Prüfungsstellen nach den Regeln des § 101 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> unterzeichnet wurde. Sie sind aber in einem<br />

solchen Fall gleichwohl zu einer eigenen Prüfung verpflichtet, um zu entscheiden, ob ein vorgelegter Bestätigungsvermerk<br />

in vollem Umfang inhaltlich übernommen, abgeändert oder ergänzt wird. Das Prüfungsergebnis<br />

muss dann auf dem betreffenden Bestätigungsvermerk durch eine entsprechende Ergänzung und eine Unterzeichnung<br />

nach § 101 Absatz 7 GO <strong>NRW</strong> nachvollziehbar und transparent gemacht werden. Die besondere Verpflichtung<br />

der Prüfer und prüfenden Stellen, einen auf ihre Prüfung bezogenen Bestätigungsvermerk zu verfassen,<br />

ist wegen ihrer Verantwortung als Abschlussprüfer des gemeindlichen Jahresabschlusses geboten.<br />

6.4.4 Die Erstellung eines Prüfungsberichtes<br />

Die Vorschrift über die Prüfungsaufgaben des Rechnungsprüfungsausschusses enthält nicht ausdrücklich die<br />

Vorgabe, über Art und Umfang der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses sowie über das Ergebnis der<br />

Prüfung einen Prüfungsbericht zu erstellen wie sie in der Vorschrift des § 101 Absatz 1 S. 5 und 6 enthalten sind.<br />

Die Vorgaben in dieser Vorschrift, dass der Rechnungsprüfungsausschuss über Art und Umfang der Prüfung<br />

sowie über das Ergebnis der Prüfung einen Prüfungsbericht zu erstellen hat und der Bestätigungsvermerk oder<br />

der Vermerk über seine Versagung ist in den Prüfungsbericht aufzunehmen ist, sollte daher bei der Gesamtabschlussprüfung<br />

über den Verweis auf den § 101 GO <strong>NRW</strong> entsprechend zur Anwendung kommen. Der Prüfungsbericht<br />

über die gemeindliche Gesamtabschlussprüfung sollte eine Vielzahl von Prüfungsaussagen zur wirtschaftlichen<br />

Gesamtlage der Gemeinde enthalten.<br />

Der Abschlussprüfer hat daher Art und Umfang der erforderlichen Prüfungshandlungen unter Berücksichtigung<br />

der Gegebenheiten bei der Gemeinde eigenverantwortlich in Kenntnis der Aufgabenerfüllung der Gemeinde und<br />

der Buchführung der Gemeinde nach pflichtgemäßem Ermessen sorgfältig zu bestimmen, sodass Prüfungsaussagen<br />

mit hinreichender Sicherheit getroffen werden können und ein Prüfungsbericht erstellt werden kann. Für<br />

GEMEINDEORDNUNG 1174


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

die Darstellungen im Prüfungsbericht sowie für seine Gestaltung bestehen jedoch keine Vorgaben. Der Prüfungsbericht<br />

ist von der Gemeinde bzw. von den Verantwortlichen für die Gesamtabschlussprüfung nach örtlichen<br />

Bedürfnissen eigenverantwortlich auszugestalten und zu unterzeichnen. Er sollte durch seine besonderen Aussa-<br />

gen und Darstellungen auch eine vorbeugende Wirkung, insbesondere hinsichtlich der aufgedeckten Unregelmäßigkeiten<br />

entfalten und zur Verhinderung von Unregelmäßigkeiten beitragen. Gleichwohl kann er deren künftige<br />

Vermeidung aber nicht garantieren.<br />

6.4.5 Die Informationen über die Gesamtabschlussprüfung<br />

6.4.5.1 Keine pflichtige Bekanntgabe des Prüfungsberichtes<br />

Eine gesonderte Bekanntgabe des Prüfungsberichtes des Rechnungsprüfungsausschusses über den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde ist haushaltsrechtlich nicht festgelegt worden. Aus der Abschlussprüfung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses erwartet der Rat der Gemeinde als Auftraggeber dieser Prüfung und damit als Adressat<br />

des Prüfungsberichtes regelmäßig konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, der Ordnungsmäßigkeit<br />

und der Funktionsfähigkeit des Verwaltungshandelns der Gemeinde, damit für ihn entscheidungsrelevante<br />

Informationen zur Verfügung stehen. Dieser Anspruch wird vielfach aber von den Bürgerinnen<br />

und Bürger der Gemeinde erhoben.<br />

Aus dieser weiten Zielvorgabe für die Gesamtabschlussprüfung entsteht jedoch keine gesonderte Pflicht für die<br />

Gemeinde, den Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses allgemein zu veröffentlichen und dadurch<br />

auch den Bürgerinnen und Bürgern in vollem Umfang verfügbar zu machen. Der Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

sowie das Prüfungsergebnis der Abschlussprüfung werden im Rat in öffentlicher<br />

Sitzung beraten. Der Rat hat dann unter Einbeziehung des Prüfungsergebnisses den Gesamtabschluss zu bestätigen.<br />

Für die Information über die durchgeführte Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses ist damit eine<br />

ausreichende Öffentlichkeit gewährleistet, sodass es keiner gesonderten Veröffentlichung des Berichts bedarf.<br />

6.4.4.5 Die Informationen über das Prüfungsergebnis<br />

Das Prüfungsergebnis dagegen sollte dem Adressatenkreis der gemeindlichen Haushaltswirtschaft verfügbar<br />

gemacht werden, der im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung des Gesamtabschlusses informiert werden<br />

möchte oder sich informiert. Das in einem Bestätigungsvermerk zusammengefasste Prüfungsergebnis kann auch<br />

der Aufsichtsbehörde der Gemeinde zur Kenntnis gegeben und daher den anzuzeigenden Unterlagen beigefügt<br />

werden (vgl. § 116 Absatz 1 i.V.m. § 96 Absatz 2 Satz 1 GO <strong>NRW</strong>). Es bietet sich aber auch an, den Bestätigungsvermerk<br />

der Bekanntmachung des Gesamtabschlusses beizufügen (vgl. § 116 Absatz 1 i.V.m. 96 Absatz 2<br />

Satz 2 GO <strong>NRW</strong>). Dadurch wird den Informationsbedürfnissen in ausreichendem Umfang genüge getan.<br />

7. Zu Absatz 7 (Prüfung der Einzelabschlüsse):<br />

7.1 Der Verzicht auf nochmalige Prüfung der Einzelabschlüsse<br />

Die Vorschrift stellt entsprechend den handelsrechtlichen Vorschriften klar, dass im Rahmen der Prüfung des<br />

gemeindlichen Gesamtabschlusses die geprüften Jahresabschlüsse der gemeindlichen Betriebe nicht noch einmal<br />

vollständig zu prüfen sind. Damit werden Doppelprüfungen durch die Abschlussprüfer vermieden. Dieses<br />

setzt jedoch voraus, dass die Jahresabschlussprüfung des Einzelabschlusses ordnungsgemäß erfolgt und kein<br />

einschränkender Bestätigungsvermerk erteilt worden ist. In diesen Fällen wird der Abschlussprüfer des Gesamtabschluss<br />

nicht grundsätzlich von einer Prüfungspflicht der Einzelabschlüsse der gemeindlichen Betriebe freigestellt,<br />

denn er trägt die Gesamtverantwortung für die Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses.<br />

GEMEINDEORDNUNG 1175


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

In geeigneter Weise ist deshalb eine Überprüfung der Einzelabschlüsse durch den Abschlussprüfer dahingehend<br />

erforderlich, ob die einzelnen Jahresabschlussprüfungen den Vorschriften entsprechen und ob die Vorschriften<br />

für eine Übernahme dieser Abschlüsse in den gemeindlichen Gesamtabschluss beachtet worden sind. Diese<br />

Aufgabe ist vom Abschlussprüfer in eigener Verantwortung und nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmen.<br />

Insgesamt gesehen müssen die dem Abschlussprüfer des gemeindlichen Gesamtabschlusses vorgelegten Jahresabschlüsse<br />

für ihn nachvollziehbar und akzeptabel sein.<br />

Diese Sachlage gilt insbesondere für die Überleitung der HB I in die GB II. Daraus folgt, dass der Abschlussprüfer<br />

des Gesamtabschlusses die Arbeit der Abschlussprüfer der Jahresabschlüsse der gemeindlichen Betriebe zu<br />

überprüfen hat. Das Ergebnis dieser Arbeit ist von ihm zu dokumentieren. In den Fällen, in denen sich jedoch<br />

Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der betrieblichen Jahresabschlüsse ergeben, muss der Abschlussprüfer für<br />

den Gesamtabschluss ggf. zusätzliche Prüfungshandlungen und eventuell unter Berücksichtigung des Grundsatzes<br />

der Wesentlichkeit auch eine Korrektur vornehmen.<br />

In den Fällen, in den der Abschlussprüfer eines einzelnen Jahresabschlusses seinen Bestätigungsvermerk eingeschränkt<br />

oder versagt hat, muss der Abschlussprüfer des Gesamtabschlusses eigene Prüfungsfeststellungen<br />

treffen, ob und ggf. wie weit dadurch die Ordnungsmäßigkeit des gemeindlichen Gesamtabschlusses berührt<br />

wird. Ein solcher Sachverhalt kann ggf. dazu führen, dass auch der Bestätigungsvermerk zum Gesamtabschluss<br />

einzuschränken ist. Für seine Urteilsbildung kann der Abschlussprüfer des Gesamtabschlusses ggf. Prüfungsfeststellungen<br />

bei den gemeindlichen Betrieben treffen, die in den Gesamtabschluss einbezogen werden. Es war<br />

deshalb geboten, durch eine gesetzliche Regelung die Durchsetzung der Rechte der Prüfer, die für eine sorgfältige<br />

Prüfung notwendigen Nachweise und Informationen zu erhalten, auch gegenüber den Abschlussprüfern der<br />

gemeindlichen Betriebe zu gewährleisten (vgl. § 103 Absatz 4 Satz 2 GO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Überprüfung ist Teil der Prüfungstätigkeit des Abschlussprüfers des Gesamtabschlusses, denn es müssen<br />

die möglichen Auswirkungen auf Prüfungsfeststellungen des Abschlussprüfers beurteilt werden. Auch dieser Teil<br />

der Abschlussprüfung ist zu dokumentieren. Der Abschlussprüfer hat in diesen Fällen die Möglichkeit, die Arbeiten<br />

eines anderen Prüfers eigenverantwortlich und aus seiner Sicht als Abschlussprüfer des Gesamtabschlusses<br />

zu verwerten. In welchem Ausmaß und mit welcher Gewichtung eine Verwertung vorgenommen wird, hängt u.a.<br />

auch davon, ob und wie die geprüfte gemeindliche Organisationseinheit in den Gesamtabschuss der Gemeinde<br />

einbezogen wird. Daher ist auch die Dokumentation der Überprüfung durch den Abschlussprüfer des Gesamtabschlusses<br />

von Bedeutung, zumal dieser Prüfer volle Verantwortung für den Bestätigungsvermerk für den Gesamtabschluss<br />

trägt. Dies gilt entsprechend auch für aufgestellte Zwischenabschlüsse.<br />

In diesem Zusammenhang steht auch die Verpflichtung des Abschlussprüfers festzustellen, ob gemeindliche<br />

Betriebe von der Prüfungsbefreiung des § 264 Absatz 3 HGB Gebrauch gemacht haben und entsprechende<br />

Angaben im Gesamtanhang enthalten sind. Er hat in diesen Fällen nicht die Pflicht zur Prüfung, ob die Voraussetzungen<br />

für die handelsrechtliche Erleichterung bei den jeweiligen betreffenden Betrieben der Gemeinde vorgelegen<br />

haben. Eine solche Prüfungsaufgabe würde nicht mit dem Zweck der Anhangsangabe in Einklang stehen<br />

und nicht die Ordnungsmäßigkeit des gemeindlichen Gesamtabschlusses berühren. Andererseits besteht aber für<br />

den Abschlussprüfer eine Hinweispflicht, wenn er erkennt, dass die Voraussetzungen für eine solche Befreiung<br />

nicht vorlagen.<br />

7.2 Die Prüfung der Zwischenabschlüsse<br />

Im gemeindlichen Gesamtabschluss soll die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde zum Abschlussstichtag<br />

gezeigt und die Gemeinde mit ihren Betrieben so dargestellt werden, als ob sie eine Gesamtheit darstellt. Um<br />

dieses zu erreichen, sollen auch gemeindliche Betriebe, die ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr<br />

haben, in den gemeindlichen Gesamtabschluss einbezogen werden. Die für die Einbeziehung in den gemeindli-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1176


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 116 GO <strong>NRW</strong><br />

chen Gesamtabschluss notwendige Übereinstimmung wird dadurch geschaffen, dass der betreffende Betrieb<br />

verpflichtet wird, einen gesonderten Zwischenabschluss, bezogen auf den Abschlussstichtag des Gesamtabschlusses<br />

der Gemeinde, aufzustellen. Der Zwischenabschluss schafft eine stichtagsbezogene Grundlage, die für<br />

die notwendigen Konsolidierungsschritte zwingend erforderlich ist.<br />

Die erhebliche Zeitdifferenz zwischen dem Abschlussstichtag des gemeindlichen Betriebes und dem Abschlussstichtag<br />

des Gesamtabschlusses wird dadurch überbrückt, dass der Jahresabschluss des Betriebes auf den Abschlussstichtag<br />

des Gesamtabschlusses fortzuschreiben ist. Dadurch wird ein auf den Abschlussstichtag und den<br />

Zeitraum des Gesamtabschlusses (Geschäftsjahr der Gemeinde) gleicher „Abrechnungszeitraum“ für den gemeindlichen<br />

Betrieb geschaffen und gewährleistet. Für die Prüfung, ob ein gemeindlicher Betrieb einen Zwischenabschluss<br />

aufzustellen hat, ist dessen Abschlussstichtag ausschlaggebend, denn es ist zu unterscheiden,<br />

ob der Abschlussstichtag zwischen dem 30. September und dem 31. Dezember oder vor dem 30. September<br />

liegt oder ob ggf. im Einzelfall auch ein anderer Abschlussstichtag besteht.<br />

Ein solcher Zwischenabschluss muss zwar orientiert an den Erfordernissen des Jahresabschlusses des betreffenden<br />

Betriebes aufgestellt werden, bei seiner Aufstellung durch den gemeindlichen Betrieb müssen jedoch<br />

bereits die für den gemeindlichen Gesamtabschluss geltenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zur<br />

Anwendung kommen, auch wenn der Zwischenabschluss aus den Büchern des gemeindlichen Betriebes zu<br />

entwickeln ist. Der Zwischenabschluss stellt jedoch keinen unterjährigen Jahresabschluss des betreffenden Betriebes<br />

der Gemeinde dar, denn seine Ableitung bzw. Aufstellung dient ausschließlich der Erstellung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses. Er unterliegt daher auch nicht der Pflicht zur Jahresabschlussprüfung beim<br />

betreffenden Betrieb nach den handelsrechtlichen Vorschriften.<br />

Die Prüfung des Zwischenabschlusses kann aber dem Jahresabschlussprüfer des betreffenden gemeindlichen<br />

Betriebes nach § 103 Absatz 5 GO <strong>NRW</strong> übertragen werden. Wegen seiner gesamtabschlussbezogenen Aufstellung<br />

unterliegt ein solcher Zwischenabschluss vielmehr der Prüfungspflicht des Abschlussprüfers des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses. Der Rechnungsprüfungsausschuss hat daher die Prüfungsverantwortung nicht nur für<br />

den aufgestellten gemeindlichen Gesamtabschluss, sondern für alle die dem Gesamtabschluss zugrunde liegenden<br />

Abschlüsse, die nicht nach anderen Vorschriften geprüft worden sind. Dieses gilt auch dann, wenn ein Zwischenabschluss<br />

vom Jahresabschlussprüfer des betreffenden gemeindlichen Betriebes geprüft worden ist.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 1177


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 117 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 117<br />

Beteiligungsbericht<br />

(1) 1 Die Gemeinde hat einen Beteiligungsbericht zu erstellen, in dem ihre wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche<br />

Betätigung, unabhängig davon, ob verselbstständigte Aufgabenbereiche dem Konsolidierungskreis des Gesamtabschlusses<br />

angehören, zu erläutern ist. 2 Dieser Bericht ist jährlich bezogen auf den Abschlussstichtag des Gesamtabschlusses<br />

fortzuschreiben und dem Gesamtabschluss beizufügen. 3 Der Beteiligungsbericht ist dem Jahresabschluss<br />

nach § 95 beizufügen, wenn kein Gesamtabschluss nach § 116 aufzustellen ist.<br />

(2) 1 Der Beteiligungsbericht ist dem Rat und den Einwohnern zur Kenntnis zu bringen. 2 Die Gemeinde hat zu<br />

diesem Zweck den Bericht zur Einsichtnahme verfügbar zu halten. 3 Auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme ist in<br />

geeigneter Weise öffentlich hinzuweisen.<br />

Erläuterungen zu § 117:<br />

I. Allgemeines<br />

1. Die Zwecke der Vorschrift<br />

Die Gemeinden weisen aufgrund zahlreicher Beteiligungen vielfach konzernähnliche Strukturen auf, um ihre<br />

gemeindlichen Aufgaben zu erfüllen. Der gesetzlich bestimmte Beteiligungsbericht soll daher den Blick der Gemeinde<br />

von ihrem Gesamtabschluss auf die einzelnen gemeindlichen Betriebe lenken (vgl. § 116 GO <strong>NRW</strong>). Der<br />

Bericht muss daher Angaben über alle gemeindlichen Betriebe aus der Gesamtsicht der Gemeinde enthalten, um<br />

die gewünschten Auskünfte geben zu können. Es muss aber von der Gemeinde gewährleistet werden, dass der<br />

gemeindliche Beteiligungsbericht auch die haushaltsrechtlich bestimmten Angaben zu jedem gemeindlichen<br />

Betrieb enthält (vgl. § 52 Absatz 1 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Diese Informationspflicht für den Beteiligungsbericht der Gemeinde besteht unabhängig davon, ob die gemeindlichen<br />

Betriebe in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Rechtsform geführt werden. Bei der Gestaltung der<br />

Inhalte des Beteiligungsberichts ist deshalb nicht allein auf die Vorschriften des 11. Teils der Gemeindeordnung<br />

über die wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigung der Gemeinde abzustellen (vgl. §§ 107 ff. GO <strong>NRW</strong>).<br />

Es kommt auch nicht darauf an, ob und welche gemeindlichen Betriebe in den Konsolidierungskreis für den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde einbezogen werden (vgl. § 50 GemHVO <strong>NRW</strong>).<br />

Abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der Erfordernisse des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses ist es erforderlich, im gemeindlichen Beteiligungsbericht eine Vielzahl von betrieblichen Gegebenheiten<br />

aufzuzeigen. Dazu gehören die Ziele der gemeindlichen Betriebe, die Erfüllung des öffentlichen<br />

Zwecks, die Beteiligungsverhältnisse, die Entwicklung der betrieblichen Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen,<br />

die Leistungen der Beteiligungen, die wesentlichen Finanz- und Leistungsbeziehungen. Sie sollen möglichst<br />

in tabellarischer Form aufgezeigt sowie sachgerecht erläutert werden (vgl. § 52 GemHVO <strong>NRW</strong>). Der Gemeinde<br />

steht es dabei nicht zu, die offenzulegenden Informationen abhängig von der Größe eines gemeindlichen<br />

Betriebes und der von ihm zu erfüllenden Aufgabe auswählen zu können.<br />

2. Kein Verzicht auf den Beteiligungsbericht<br />

Auf die Erstellung eines gemeindlichen Beteiligungsberichts, der jährlich und stichtagsbezogen dem gemeindlichen<br />

Gesamtabschluss beizufügen ist, kann die Gemeinde nicht verzichten. In den Fällen, in denen von der Gemeinde<br />

zum Abschlussstichtag des Haushaltsjahres kein Gesamtabschluss aufzustellen ist, soll der Beteiligungsbericht<br />

dem jeweiligen Jahresabschluss der Gemeinde beigefügt werden (vgl. § 95 GO <strong>NRW</strong>). Diese Handha-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1178


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 117 GO <strong>NRW</strong><br />

bung ist sachgerecht, denn mit dem gemeindlichen Jahresabschluss wird eine Verbindung zum Beteiligungsbericht<br />

der Gemeinde hergestellt. In der Bilanz der Gemeinde sind die gemeindlichen Betriebe angesetzt (vgl. § 41<br />

Absatz 3 Nummer 1.3 GemHVO <strong>NRW</strong>). Außerdem werden in der Ergebnisrechnung und der Finanzrechnung der<br />

Gemeinde die ggf. von ihr im Haushaltsjahr gewährten Finanzzuschüsse an die Betriebe sowie die von den Betrieben<br />

erbrachten Finanzleistungen offengelegt.<br />

3. Keine Prüfung des Beteiligungsberichtes<br />

Der Beteiligungsbericht der Gemeinde ist dem gemeindlichen Gesamtabschluss beizufügen. Dadurch soll der<br />

Bericht die Informationen, die durch den Gesamtabschluss der Gemeinde gegeben werden, vervollständigen. Die<br />

Beifügung führt dabei nicht dazu, dass der Bericht in die Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses einzubeziehen<br />

ist. Er wird aber auch nicht zu einem eigenständigen Prüfungsgegenstand der örtlichen Gesamtabschlussprüfung<br />

der Gemeinde, auch wenn Zusammenhänge zum gemeindlichen Gesamtabschluss bestehen.<br />

Gleichwohl kann es geboten sein, im Rahmen der Prüfung der Bestandteile und Anlagen des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses auch den gemeindlichen Beteiligungsbericht verfügbar zu haben. Im Rahmen der Prüfung<br />

des Gesamtabschlusses können dadurch die Beteiligungsstruktur der Gemeinde und die daraus vorgenommene<br />

Zuordnung der gemeindlichen Betriebe zum Konsolidierungskreis für die Vollkonsolidierung besser nachvollzogen<br />

werden. Bei ggf. erkannten Unstimmigkeiten zwischen dem gemeindlichen Beteiligungsbericht und dem Gesamtabschluss<br />

sollten die Prüfer eine entsprechende Berichtigung veranlassen.<br />

II. Erläuterungen im Einzelnen<br />

1. Zu Absatz 1 (Pflicht zur Erstellung eines Beteiligungsberichtes):<br />

1.1 Zu Satz 1 (Bericht über wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigung):<br />

1.1.1 Allgemeine Grundlagen<br />

Die Gemeinde hat bezogen auf den Abschlussstichtag des gemeindlichen Gesamtabschlusses jährlich einen<br />

Beteiligungsbericht zu erstellen bzw. fortzuschreiben. Sie hat darin ihre wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche<br />

Betätigung zu erläutern. Im gemeindlichen Beteiligungsbericht sind daher alle gemeindlichen Betriebe als Unternehmen<br />

und Einrichtungen im Sinne des § 107 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong> in privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher<br />

Form gesondert anzugeben und zu erläutern. Eine Beschränkung auf die Zugehörigkeit zum Vollkonsolidierungskreis<br />

des Gesamtabschlusses besteht dabei nicht.<br />

Durch den Beteiligungsbericht wird daher die Gesamtübersicht über sämtliche Betriebe der Gemeinde hergestellt<br />

und eine mögliche Informationslücke zum gemeindlichen Gesamtabschluss geschlossen. In den Gesamtabschluss<br />

der Gemeinde werden grundsätzlich alle gemeindlichen Betriebe einbezogen. Diese werden darin aber<br />

dann nur aus der Gesamtsicht der Gemeinde und nicht in ihrer jeweiligen Eigenständigkeit dargestellt. Im Beteiligungsbericht<br />

soll dagegen die Gemeinde ihre gesamte Beteiligungsstruktur in Form eigenständiger Betriebe<br />

aufzeigen, unabhängig davon, ob die Betriebe in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form bestehen. Die<br />

gesetzlich bestimmten wichtigen Informationen im gemeindlichen Beteiligungsbericht werden nachfolgend dargestellt<br />

(vgl. Abbildung).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1179


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 117 GO <strong>NRW</strong><br />

Die Inhalte des gemeindlichen Beteiligungsberichts<br />

Der Beteiligungsbericht der Gemeinde soll Auskunft geben über:<br />

- die Ziele der gemeindlichen Betätigung in Form von Betrieben.<br />

- die Erfüllung des öffentlichen Zwecks durch jeden Betrieb.<br />

- die Beteiligungsverhältnisse zu jedem Betrieb.<br />

- die Entwicklung der Bilanzen und der Gewinn- und Verlustrechnungen der einzelnen<br />

Betriebe.<br />

- die Leistungen der einzelnen Betriebe.<br />

- die wesentlichen Finanz- und Leistungsbeziehungen der Betriebe untereinander und mit<br />

der gemeindlichen Verwaltung.<br />

- der Zusammensetzung der Organe der einzelnen Betriebe.<br />

- den Personalbestand eines jeden Betriebes.<br />

Abbildung 246 „Die Inhalte des gemeindlichen Beteiligungsberichts“<br />

Zur Erstellung des Beteiligungsberichtes muss die Verwaltung der Gemeinde rechtzeitig die notwendigen Informationen<br />

von ihren gemeindlichen Betrieben erhalten. Den Betrieben sind daher durch eine entsprechende Gestaltung<br />

der Satzungen, Gesellschaftsverträge usw. besondere Berichtspflichten aufzuerlegen. Diese Pflichten<br />

kann die Gemeinde von ihren Betrieben fordern, denn es dient auch der Aufstellung des gemeindlichen Gesamtabschlusses<br />

(vgl. §§ 113 und 118 GO <strong>NRW</strong>). Die Gemeinde muss auch bei den gemeindlichen Betrieben ihre<br />

Interessen in einem ausreichenden Maße verfolgen, um die notwendige Vernetzung zwischen mittelbarer und<br />

unmittelbarer gemeindlicher Verwaltung sicherzustellen.<br />

1.1.2 Die Ausrichtung des Beteiligungsberichtes<br />

In einem gemeindlichen Beteiligungsbericht ist die wirtschaftliche Lage jeden einzelnen gemeindlichen Betriebes<br />

in den Blickpunkt zu stellen und nicht die wirtschaftliche Gesamtlage der Gemeinde. Der Beteiligungsbericht<br />

muss daher die haushaltsrechtlich bestimmten Informationen über die gemeindlichen Betriebe enthalten, z. B.<br />

über Ziele und Leistungen, die Erfüllung des öffentlichen Zwecks. Er darf außerdem nicht als ein Werk betrachtet<br />

werden, dass jedes Jahr als neue Aufgabe zu erledigen ist, auch wenn ein neuer Jahresabschluss von den Betrieben<br />

aufzustellen ist. Die Fortführung der gemeindlichen Aufgabenerledigung erfordert dabei, dass der Beteiligungsbericht<br />

durch den Aufbau einer Zeitreihe eine Vergleichbarkeit der jahresbezogenen betrieblichen Ergebnisse<br />

sichert und die voraussichtliche Entwicklung der Betriebe transparent macht.<br />

Der Beteiligungsbericht der Gemeinde ist deshalb jährlich, bezogen auf den Abschlussstichtag des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses, fortzuschreiben. Es ist dabei ggf. gesondert auf Veränderungen der betrieblichen Struktur<br />

der Gemeinde einzugehen, z. B. wenn durch eine Veräußerung ein Betrieb von der Gemeinde aufgegeben wird,<br />

der dann ggf. auch aus dem Konsolidierungskreis ausscheidet. Die Errichtung oder der Erwerb neuer Betriebe ist<br />

ebenfalls, abhängig von der Beteiligungsstruktur und ggf. dem Konsolidierungskreis, berichtspflichtig. Die gemeindliche<br />

Beteiligungsstruktur ist daher in Bezug auf den Konsolidierungskreis zu jedem Abschlussstichtag von<br />

GEMEINDEORDNUNG 1180


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 117 GO <strong>NRW</strong><br />

der Gemeinde zu überprüfen und ggf. anzupassen. Die Änderungen wirken sich dabei auch auf die Berichterstattung<br />

im Beteiligungsbericht aus.<br />

1.1.3 Der Beteiligungsbericht und die Gesamtsteuerung<br />

Der Beteiligungsbericht soll zur Gesamtsteuerung der Gemeinde beitragen und dafür vertiefte und notwendige<br />

Erkenntnisse über die Betriebe ermöglichen. Diese Aufgabe erfordert eine produktorientierte bzw. aufgabenbezogene<br />

Darstellung und Gliederung im Beteiligungsbericht. Dazu ist eine Orientierung anhand der für die gemeindliche<br />

Verwaltung verbindlichen Produktbereiche möglich, in die die gemeindlichen Betriebe schwerpunktmäßig<br />

einzuordnen wären (vgl. § 4 GemHVO <strong>NRW</strong>). Eine solche Ausrichtung würde die Erfüllung der gemeindlichen<br />

Aufgaben durch die gemeindlichen Betriebe in eine Gesamtübersicht stellen, unabhängig davon, von welchen<br />

Betrieben die einzelnen Aufgaben erledigt werden.<br />

Entsprechend gegliederte Informationen im gemeindlichen Beteiligungsbericht dürften dann eine bessere Einschätzung<br />

und eine differenzierte Beurteilung der gesamten wirtschaftlichen Lage der Gemeinde sowie ihrer<br />

Chancen und Risiken erlauben. Die Beurteilung der Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung der Gemeinde in<br />

den einzelnen gemeindlichen Aufgaben- (Produkt-) bereichen würde erleichtert. Den Gemeinden bleibt es dabei<br />

freigestellt, über die gesetzlichen inhaltlichen Anforderungen hinausgehende Informationen in den Beteiligungsbericht<br />

aufzunehmen, der zum Stichtag des Gesamtabschlusses nach § 116 GO <strong>NRW</strong> aufzustellen ist. Diese<br />

Ergänzungen sollten dann dazu beitragen, das Bild über die Aufgabenerledigung durch die gemeindlichen Betriebe<br />

zu verbessern und das Verständnis für die Geschäftsaktivitäten der Gemeinde außerhalb der gemeindlichen<br />

Verwaltung zu fördern.<br />

1.1.4 Die Abbildung der gemeindlichen Beteiligungsstruktur<br />

Die Gemeinde kann die gesetzliche Pflicht, ihre wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigung zu erläutern,<br />

dadurch gut umsetzen, dass sie die textlichen Erläuterungen über ihre wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche<br />

Betätigung durch eine bildhafte Darstellung ihres Betätigungsumfanges ergänzt. Eine solche Übersicht sollte<br />

dann eine Beteiligungsstruktur mit allen gemeindlichen Betrieben aufzeigen. Die vielfach verfügbare Übersicht<br />

über die Beteiligungen in privatrechtlicher Form wäre dazu noch um die gemeindlichen Betriebe in öffentlichrechtlicher<br />

Form zu ergänzen. Es kann dabei sachlich sinnvoll sein, die örtliche Übersicht über die Beteiligungsstruktur<br />

der Gemeinde einerseits in Beteiligungen an gemeindlichen Betrieben in öffentlich-rechtlicher Form und<br />

andererseits in Beteiligungen an gemeindlichen Betrieben in privatrechtlicher Form zu trennen, sofern keine Verflechtungen<br />

in der gemeindlichen Beteiligungsstruktur bestehen. Außerdem dürfte es sich nicht bei jeder Beteiligung<br />

in öffentlich-rechtlicher Form anbieten, diese mit „Anteile jeder Gemeinde in Prozent" - wie bei einer privatrechtlichen<br />

Beteiligung - anzugeben.<br />

Insbesondere bei einer Beteiligung von mehreren Gemeinden an einem Betrieb in öffentlich-rechtlicher Form<br />

kann es erforderlich werden, zusätzliche Erläuterungen zu geben. Der Anlass oder die Grundlage einer solchen<br />

Beteiligung besteht regelmäßig in der Übertragung gemeindlicher Aufgaben und nicht zwingend nur in der Hingabe<br />

von Kapital. Diese Sachlage sollte daher bei der Darstellung derartiger Beteiligungen eine entsprechende<br />

Berücksichtigung finden. Der jeweilige Beteiligungsumfang der Gemeinde kann dabei dadurch ggf. klargestellt<br />

werden, dass zum betreffenden Betrieb mindestens die Anzahl der beteiligten Gemeinden angegeben wird.<br />

Aus einer Übersicht über die gesamte gemeindliche Beteiligungsstruktur lässt sich dann ein Auszug für den Gesamtabschluss<br />

erstellen, um einen Überblick über die in die Konsolidierung einzubeziehenden Betriebe zu erhalten.<br />

Daraus kann dann weiterentwickelt werden, welche gemeindlichen Betriebe dem „Vollkonsolidierungskreis“<br />

angehören und welche Betriebe „At-Equity“ zu konsolidieren sind. Auch die Betriebe, die nicht in den Gesamtabschluss<br />

einbezogen werden, können gesondert dargestellt werden. Die nachfolgende Abbildung zeigt beispielhaft<br />

die privatrechtliche Beteiligungsstruktur einer Stadt auf (Quelle: Organigramm der Stadt Münster).<br />

GEMEINDEORDNUNG 1181


100 %<br />

100 %<br />

92,09 %<br />

45,41%<br />

1 %<br />

10 %<br />

10 %<br />

33,33 %<br />

4,02 %<br />

0,45 %<br />

37,16%<br />

33,33%<br />

NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 117 GO <strong>NRW</strong><br />

Wohn + Stadtbau,<br />

Wohnungsunternehmen der Stadt<br />

Stadthalle GmbH<br />

Zoologischer Garten GmbH<br />

Institut für Biosensorik GmbH<br />

Museum Heimathaus GmbH<br />

Airportparken GmbH<br />

Regionalverkehr GmbH<br />

100%<br />

1,27 %<br />

0,001 %<br />

1 % Pferdemuseum GmbH<br />

100 %<br />

16,67%<br />

100 %<br />

100 %<br />

100%<br />

Einkaufszentrale GmbH<br />

Gewerbepark Lohenheide GmbH<br />

Stadtsparkasse<br />

Gewerbepark GmbH<br />

WRW GmbH (1)<br />

LEG GmbH (2)<br />

Verkehrsdienst<br />

GmbH<br />

Entwicklungsgesellschaft Stadtmitte<br />

GmbH<br />

Theater Grafenhaus GmbH<br />

88,22 %<br />

70 %<br />

AWS Abfallwirtschaft<br />

(Eigenbetrieb)<br />

Stadtmarketing (Eigenbetrieb)<br />

ITVB (Eigenbetrieb)<br />

GEMEINDEORDNUNG 1182<br />

Stadt .........<br />

32,29 %<br />

50 %<br />

50 %<br />

99 %<br />

35,22 %<br />

53,33 %<br />

1,64 %<br />

3,02 %<br />

25 %<br />

50 %<br />

100 %<br />

5,89 %<br />

5,89 %<br />

15 %<br />

20 %<br />

Stadtwerke GmbH<br />

Energiehandelsgesellschaft<br />

mbH<br />

Windkraft GmbH<br />

Fernwärmeversorgung<br />

GmbH<br />

Bauindustrie GmbH<br />

Flughafen GmbH<br />

Intermobil GmbH<br />

Vereinigung ehemaliger<br />

kommunaler Aktionäre<br />

GmbH<br />

Landeseisenbahn GmbH<br />

Lokalradio<br />

GmbH & Co.KG<br />

NDIX GmbH<br />

Verkehrs GmbH<br />

CET GmbH<br />

79 %<br />

Technologiepark GmbH<br />

Wirtschaftsförderung<br />

GmbH<br />

Abbildung 247 „Ein Beispiel einer städtischen Beteiligungsstruktur“<br />

10 %<br />

100 %<br />

100 %<br />

33,33%<br />

33,33%<br />

100 %<br />

100 %<br />

100 %<br />

100 %<br />

AHS GmbH<br />

Parking Services<br />

GmbH<br />

Luftfahrt GmbH<br />

Cargo Services<br />

GmbH<br />

Passenger<br />

GmbH<br />

AS Services<br />

GmbH<br />

Security Services<br />

GmbH<br />

WL Spedition<br />

GmbH<br />

Lokalradio<br />

Betriebsgesellschaft<br />

mbH


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 117 GO <strong>NRW</strong><br />

1.2 Zu Satz 2 (Fortschreibung des Beteiligungsberichtes):<br />

1.2.1 Die Fortschreibung des Beteiligungsberichtes<br />

Der gemeindliche Beteiligungsbericht ist jährlich, bezogen auf den Abschlussstichtag des Gesamtabschlusses<br />

(31. Dezember), fortzuschreiben. Die gemeindliche Pflicht ist sachgerecht, denn durch die jährlichen Abschlüsse<br />

der Gemeinde und ihrer gemeindlichen Betriebe und deren Zusammenführung zu einem Gesamtabschluss wird<br />

zu jedem Abschlussstichtag ein aktuelles Bild der gesamten wirtschaftlichen Lage der Gemeinde ermöglicht. Mit<br />

dem Beteiligungsbericht soll dabei eine differenzierte Darstellung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde durch die<br />

Abbildung der Daten der einzelnen gemeindlichen Betriebe erreicht werden.<br />

Der Beteiligungsbericht der Gemeinde hat daher, aufbauend auf den Jahresabschlüssen der einzelnen gemeindlichen<br />

Betriebe, immer zeitnahe Angaben zu den einzelnen gemeindlichen Betrieben zu enthalten. Die Vorschrift<br />

enthält deshalb eine gesetzliche Pflicht für die Gemeinde, ihren Beteiligungsbericht jährlich fortzuschreiben.<br />

Dadurch wird eine aktuelle Beziehung zwischen den im Bericht gebotenen Informationen und den dahinterstehenden<br />

Aufgaben und Jahresergebnissen der gemeindlichen Betriebe immer wieder neu geschaffen. Die jährliche<br />

Fortschreibung des Beteiligungsberichtes sichert somit die notwendige Aktualität für die Adressaten der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft.<br />

1.2.2 Beteiligungsbericht und Gesamtabschluss<br />

Die Vorschrift legt ausdrücklich fest, dass der Beteiligungsbericht der Gemeinde dem gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

beizufügen ist. Diese besondere Regelung ist Ausdruck dessen, dass eine alleinige Betrachtung der<br />

wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde nicht immer ausreichend ist. Abhängig von den örtlichen Verhältnissen<br />

kann sich eine Informationslücke zwischen den Ergebnissen des gemeindlichen Gesamtabschlusses und der<br />

gesamten wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde ergeben. Eine solche Lücke gilt es<br />

gegenüber den Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft zu vermeiden bzw. zu schließen, denn im<br />

Beteiligungsbericht steht die wirtschaftliche Lage eines jeden einzelnen gemeindlichen Betriebes im Blickpunkt.<br />

Der Bericht vervollständigt daher nicht nur den Gesamtabschluss der Gemeinde, sondern er ermöglicht auch<br />

vertiefte und notwendige Erkenntnisse über die gemeindlichen Betriebe, die für die gemeindliche Gesamtsteuerung<br />

von Bedeutung sein können. Die Beifügung des Beteiligungsberichts zum gemeindlichen Gesamtabschluss<br />

verpflichtet aber nicht die Gemeinde, diese beiden Werke auch buchtechnisch miteinander zu verbinden. Ein<br />

solcher Zusammenschluss lässt sich weder aus der Regelung über die Beifügung des Beteiligungsberichtes zum<br />

Gesamtabschluss noch durch die Prüfungsrelevanz des gemeindlichen Gesamtabschlusses begründen. Die<br />

Pflicht der Gemeinde, den Beteiligungsbericht ihrem Gesamtabschluss beizufügen, lässt die Eigenständigkeit des<br />

Beteiligungsberichts unberührt.<br />

1.3 Zu Satz 3 (Beteiligungsbericht beim Jahresabschluss)<br />

Bei einer Gemeinde kann ein Verzicht auf einen gemeindlichen Gesamtabschluss dadurch möglich sein, dass die<br />

Gemeinde über keinen voll zu konsolidieren Betrieb als Tochtereinheit verfügt. In solchen Fällen liegt daher örtlich<br />

kein Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen der Verwaltung der Gemeinde und einem ihrer Betriebe vor. Ein bestehendes<br />

Mutter-Tochter-Verhältnis ist jedoch die wichtigste Voraussetzung für die Aufstellung eines gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses. Das Fehlen dieser Voraussetzung kann zudem nicht dadurch geheilt werden, dass die Gemeinde<br />

über Betriebe verfügt, die nach der Equity-Methode zu konsolidieren wären. Ein Verzicht auf einen ge-<br />

GEMEINDEORDNUNG 1183


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 117 GO <strong>NRW</strong><br />

meindlichen Gesamtabschluss ist aber auch bei einem bestehenden Mutter-Tochter-Verhältnis möglich, wenn die<br />

gemeindlichen Betriebe lediglich von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. § 116 Absatz 3 GO <strong>NRW</strong>).<br />

In den Fällen, in denen bei der Gemeinde keine Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses besteht, entfällt<br />

gleichwohl nicht die Pflicht der Gemeinde, einen Beteiligungsbericht aufzustellen. Die Gemeinde muss auch in<br />

solchen Fällen eine Einsichtnahme in den gemeindlichen Beteiligungsbericht dem Rat der Gemeinde und den<br />

Bürgerinnen und Bürger ermöglichen. In den Fällen des Verzichts auf einen gemeindlichen Gesamtabschluss ist<br />

es daher nach der Vorschrift sachgerecht vorgesehen, den Beteiligungsbericht dem gemeindlichen Jahresabschluss<br />

beizufügen, um auf diesem Wege die Einsichtnahme zu ermöglichen.<br />

2. Zu Absatz 2 (Veröffentlichung des Beteiligungsberichtes):<br />

2.1 Zu Satz 1 (Informationspflichten der Gemeinde):<br />

Die Vorschrift verpflichtet die Gemeinde, dem Rat und den Einwohnern der Gemeinde den aufgestellten Beteiligungsbericht<br />

zur Kenntnis zu bringen. Diese Informationspflicht soll gewährleisten, dass die Gemeinde den Adressatenkreis<br />

ihrer Haushaltswirtschaft nicht nur über das haushaltswirtschaftliche Geschehen bei der gemeindlichen<br />

Verwaltung unterrichtet, sondern auch über den Umfang ihrer wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen<br />

Betätigung. Der Beteiligungsbericht ist deshalb hinsichtlich seiner öffentlichen Kenntnisnahme in einem Gesamtzusammenhang<br />

mit dem gemeindlichen Gesamtabschluss gestellt worden.<br />

Die gesetzliche Vorgabe schränkt jedoch den Gestaltungsfreiraum der Gemeinde bei ihrem Beteiligungsbericht<br />

nicht ein. Der Bericht muss so gestaltet sein, dass dieser für eine Unterrichtung der Adressaten der gemeindlichen<br />

Haushaltswirtschaft geeignet ist. Mit dem Beteiligungsbericht sollen den Adressaten verlässliche und geeignete<br />

Informationen zur Verfügung gestellt werden. Es sollen die Chancen und Risiken der Gemeinde transparent<br />

gemacht und ein Einblick in die jeweilige betriebliche Vermögens-, Schulden- und Ertragslage ermöglicht werden.<br />

Es gilt daher für die Gemeinde, einen lesbaren und verständlichen Beteiligungsbericht zu erstellen, sodass die<br />

Adressaten bürgerfreundlich und bürgernah über die vielfältigen Formen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung im<br />

abgelaufenen Haushaltsjahr informiert werden. Aus diesem Grund soll der Beteiligungsbericht möglichst zusammen<br />

mit dem Gesamtabschluss, auch in zeitlicher Hinsicht, bekannt gemacht und zur Einsichtnahme verfügbar<br />

gehalten werden. Dadurch wird dem Grundsatz der Öffentlichkeit Rechnung getragen, der sich durch die gesamte<br />

Haushaltswirtschaft der Gemeinde zieht.<br />

Die Bekanntmachung des Gesamtabschlusses erfüllt als Information an die Bürgerinnen und Bürger aber nur<br />

ihren Zweck, wenn den Interessenten anschließend auch ausreichende Informationsmöglichkeiten über das örtliche<br />

Geschehen geboten werden. Es bleibt dabei der Gemeinde überlassen, ob sie in herkömmlicher Weise ein<br />

Druckwerk des Beteiligungsberichtes auslegt, den Beteiligungsbericht im Internet verfügbar macht oder in sonstiger<br />

Weise darüber informiert. Diese besondere Vorschrift über den Zugang zu amtlichen Unterlagen der Gemeinde<br />

lässt dabei die Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes unberührt.<br />

2.2 Zu Satz 2 (Öffentliche Einsichtnahme in den Bericht):<br />

Die Gemeinde muss es den Adressaten der gemeindlichen Haushaltswirtschaft ermöglichen, Einsicht in den<br />

Beteiligungsbericht nehmen zu können. Die Gemeinde hat deshalb ihren Beteiligungsbericht zur Einsichtnahme<br />

verfügbar zu halten. Die Bürgerinnen und Bürger können sich dann entsprechend ihrem Bedarf weitere Kenntnisse<br />

über die wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigung der Gemeinde verschaffen. Es bleibt aber der Gemeinde<br />

überlassen, ob sie den Beteiligungsbericht in herkömmlicher Weise als Druckwerk oder im Internet verfügbar<br />

macht oder in sonstiger Weise ihre Bürgerinnen und Bürger informiert. Diese besondere Vorschrift über<br />

GEMEINDEORDNUNG 1184


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 117 GO <strong>NRW</strong><br />

den Zugang zu amtlichen Unterlagen der Gemeinde lässt die Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes<br />

Nordrhein-Westfalen (IFG <strong>NRW</strong>) unberührt.<br />

Die gesetzliche Vorgabe über die Einsichtnahme in den Beteiligungsbericht muss in einen Zusammenhang mit<br />

dem gemeindlichen Gesamtabschluss gestellt werden, denn der Beteiligungsbericht der Gemeinde ist nach der<br />

Regelung dem Gesamtabschluss der Gemeinde beizufügen. Von daher bedarf es keiner weiteren gesonderten<br />

Regelung über die Einsichtnahme in den gemeindlichen Beteiligungsbericht. Die einschlägigen Regelungen in §<br />

116 Absatz 1 GO <strong>NRW</strong>, die auf die Vorschrift des § 96 GO <strong>NRW</strong> verweisen, kommen bereits unmittelbar zur<br />

Anwendung.<br />

Der Gesamtabschluss der Gemeinde ist daher bis zur Bestätigung des folgenden Gesamtabschlusses zur Einsichtnahme<br />

verfügbar gehalten werden. In dieser Zeit soll auch die Einsichtnahme in den Beteiligungsbericht der<br />

Gemeinde möglich sein. Damit wird dem Grundsatz der Öffentlichkeit ausreichend Rechnung getragen, der sich<br />

durch die gesamte Haushaltswirtschaft der Gemeinde zieht. Die Bürgerinnen und Bürger sind einerseits Adressaten<br />

des gemeindlichen Handelns und sollen andererseits die Arbeit von Rat und Verwaltung der Gemeinde unterstützen.<br />

Es besteht daher ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über die gesamte wirtschaftliche<br />

Lage der Gemeinde, also auch zu den einzelnen gemeindlichen Betrieben.<br />

2.3 Zu Satz 3 (Bekanntgabe der Einsichtnahme):<br />

Die Gemeinde ist durch die Vorschrift verpflichtet, auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme in den gemeindlichen<br />

Beteiligungsbericht ist in geeigneter Weise öffentlich hinzuweisen. Die Informationen über die wirtschaftliche und<br />

nichtwirtschaftliche Betätigung sind regelmäßig nur dann den Bürgerinnen und Bürgern zugänglich, wenn diese<br />

auch über die Möglichkeit der Einsichtnahme in gemeindliche Unterlagen bzw. den Beteiligungsbericht unterrichtet<br />

werden. Erst dann können sich diese entsprechend ihrem Bedarf auch Kenntnisse über die wirtschaftliche und<br />

nichtwirtschaftliche Betätigung der Gemeinde in Form ihrer Betriebe verschaffen.<br />

Das langfristige Verfügbarhalten des Gesamtabschlusses dient dabei dem Informationsinteresse der Bürgerinnen<br />

und Bürger, denn ihr Interesse an haushaltswirtschaftlichen Ergebnissen der Gemeinde besteht nicht nur im zeitlichen<br />

Umfeld der Bekanntgabe des Gesamtabschlusses durch die Gemeinde. Der Beteiligungsbericht kann dabei<br />

in die Bekanntmachung des gemeindlichen Gesamtabschlusses eingebunden werden, denn der Gesamtabschluss<br />

ist bis zur Bestätigung des folgenden Gesamtabschlusses der Gemeinde verfügbar zu halten (vgl. § 116<br />

Absatz 1 i.V.m. § 96 GO <strong>NRW</strong>). Wegen der fachlichen Zusammenhänge zwischen den gemeindlichen Betrieben<br />

im Gesamtabschluss und der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde in Form dieser Betriebe dürfte regelmäßig<br />

für den Gesamtabschluss wie für den Beteiligungsbericht ein gleicher Interessentenkreis bestehen.<br />

In den Fällen, in denen bei der Gemeinde keine Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses besteht, entfällt<br />

gleichwohl nicht die Pflicht der Gemeinde, einen Beteiligungsbericht aufzustellen. Die Gemeinde muss auch in<br />

solchen Fällen eine Einsichtnahme in den gemeindlichen Beteiligungsbericht dem Rat der Gemeinde und den<br />

Bürgerinnen und Bürger ermöglichen. In den Fällen des Verzichts auf einen gemeindlichen Gesamtabschluss ist<br />

es daher als vertretbar und sachgerecht anzusehen, wenn die Bekanntgabe der Einsichtnahme in den Beteiligungsbericht<br />

in die Bekanntmachung des gemeindlichen Jahresabschlusses eingebunden wird.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 1185


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 118 GO <strong>NRW</strong><br />

§ 118<br />

Vorlage- und Auskunftspflichten<br />

Die Gemeinde ist verpflichtet, bei der Ausgestaltung von Gründungsverträgen oder Satzungen für die in § 116<br />

bezeichneten Organisationseinheiten darauf hinzuwirken, dass ihr das Recht eingeräumt wird, von diesen Aufklärung<br />

und Nachweise zu verlangen, die die Aufstellung des Gesamtabschlusses erfordert.<br />

Erläuterungen zu § 118:<br />

1. Die Inhalte der Vorschrift<br />

Nach der Vorschrift muss die Gemeinde bei der Ausgestaltung von Gründungsverträgen oder Satzungen für ihre<br />

gemeindlichen Betriebe ihre Interessen in ausreichendem Maße verfolgen und rechtlich absichern. Insbesondere<br />

aufgrund des gemeindlichen Gesamtabschlusses, der die Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage<br />

der Gemeinde so darzustellen hat, als ob die Gemeinde mit ihren Betrieben eine einzige wirtschaftliche Einheit<br />

wäre, ist eine solche Vorgabe zwingend erforderlich. Der Gemeinde muss es möglich sein, für die Aufstellung<br />

ihres Gesamtabschlusses die notwendigen Informationen und Unterlagen von den gemeindlichen Betrieben vollständig<br />

und zeitgerecht zu erhalten.<br />

Die Vorschrift baut zudem auf der Vorschrift des § 113 GO <strong>NRW</strong> auf, die zur Vertretung der Gemeinde in Unternehmen<br />

und Einrichtungen die erforderlichen Vorgaben im Sinne der gemeindlichen Aufgabenerfüllung enthält.<br />

Es soll dadurch die notwendige Vernetzung zwischen mittelbarer und unmittelbarer gemeindlicher Verwaltung<br />

sichergestellt werden. Außerdem besteht auch ein Zusammenhang mit der Vorschrift des § 108 Absatz 1 GO<br />

<strong>NRW</strong>, die Vorgaben darüber enthält, die von der Gemeinde bei der Gründung oder Beteiligung an einem Unternehmen<br />

in Privatrechtsform zu beachten sind. Die Vertreter der Gemeinde in den gemeindlichen Betrieben haben<br />

dem Rat der Gemeinde zudem über alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung frühzeitig zu unterrichten.<br />

Die gesetzlichen Vorgaben für die Gemeinde dienen auch dem Erhalt der gemeindlichen (öffentlichen) Kontrolle<br />

über die Betriebe der Gemeinde. Sie können außerdem zur Gewährleistung einer Transparenz über das Handeln<br />

der gemeindlichen Betriebe beitragen, die wegen der Gesamtsteuerung der Gemeinde geboten ist. Die rechtlichen<br />

Vorgaben der Vorschrift tragen dann insgesamt zu einer sachgerechten Anbindung der gemeindlichen Betriebe<br />

an die Verwaltung der Gemeinde bei. Sie sollen gleichzeitig unter Beachtung bundesrechtlicher Vorschriften<br />

gewährleisten, dass die gemeindlichen Betriebe unternehmensrechtlich nicht eingeschränkt werden. Die<br />

Gemeinde muss sich in eigener Verantwortung eine ausreichende Grundlage für die Umsetzung schaffen.<br />

2. Die Verpflichtungen der Gemeinde<br />

Mit der Vorschrift wird die Gemeinde verpflichtet, im Rahmen ihrer Möglichkeiten darauf hinzuwirken, dass ihr von<br />

den gemeindlichen Betrieben alle notwendigen Informationen und Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die<br />

für die Aufstellung des Gesamtabschlusses erforderlich sind. Sie soll die notwendigen Kenntnisse erlangen können,<br />

um die Aufstellung des Gesamtabschlusses ordnungsgemäß durchführen zu können und die Richtigkeit der<br />

darin enthaltenen Angaben gewährleisten. Die landesrechtliche Regelung lässt dabei die geltenden handelsrechtlichen<br />

und gesellschaftsrechtlichen Vorschriften unberührt.<br />

Diese Sachlage bedingt auch bei dieser Vorschrift, dass die Gemeinde durch die Landesregelung kein unmittelbares<br />

Eingriffsrecht auf ihre Betriebe hat, soweit die bundesrechtlichen Vorschriften etwas anderes beinhalten.<br />

Sie muss sich aber bei der Ausgestaltung von Gründungsverträgen oder Satzungen für ihre gemeindlichen Betriebe<br />

auch ihre Informationsrechte angemessen sichern. Die Umsetzung bzw. Erfüllung der gesetzlichen Pflicht<br />

GEMEINDEORDNUNG 1186


NEUES KOMMUNALES FINANZMANAGEMENT<br />

§ 118 GO <strong>NRW</strong><br />

durch die Gemeinde dürfte grundsätzlich leichter durchsetzbar sein, je größer die tatsächliche Beteiligung der<br />

Gemeinde an einem ihrer Betriebe ist.<br />

Die Verpflichtung der Gemeinde soll insgesamt gewährleisten, dass die gemeindlichen Betriebe die von der Verwaltung<br />

der Gemeinde für die Aufstellung des Gesamtabschlusses benötigten Informationen tatsächlich zur Verfügung<br />

stellen. Ausgehend davon, dass die gemeindliche Verwaltung als Muttereinheit über den gemeindlichen<br />

Betrieben als Tochtereinheiten steht, hat sie aufgrund eines Beherrschungsverhältnisses die Möglichkeit, in diesem<br />

Rahmen die benötigten Informationen und Nachweise von ihren Betrieben zu verlangen. In der gemeindlichen<br />

Praxis stellt diese gesetzliche Vorgabe oftmals einen „Neuanfang“ in der Beziehung zwischen der gemeindlichen<br />

Verwaltung und den Betrieben dar.<br />

3. Die Auswirkungen auf Abschlussprüfungen<br />

Das Recht der Gemeinde, die notwendige Aufklärung und sachgerechte Nachweise für die Aufstellung des gemeindlichen<br />

Gesamtabschlusses von ihren Betrieben zu verlangen, muss auch den Informationsbedarf des Abschlussprüfers<br />

des gemeindlichen Gesamtabschlusses einschließen. Der Abschlussprüfer hat u.a. die Aufgabe,<br />

Art und Umfang der erforderlichen Prüfungshandlungen sowie die Intensität und die Methoden der Abschlussprüfung<br />

unter Berücksichtigung des Prüfungsgegenstandes und des Zieles der Abschlussprüfung eigenverantwortlich<br />

zu bestimmen. Er muss die Gegebenheiten bei der Gemeinde berücksichtigen und in Kenntnis der Aufgabenerfüllung<br />

der Gemeinde der Gemeinde sowie nach pflichtgemäßem Ermessen seine Prüfungsaussagen zum<br />

Gesamtabschluss mit hinreichender Sicherheit festlegen.<br />

Die Verantwortung des Abschlussprüfers bei der Prüfung des gemeindlichen Gesamtabschlusses bedingt dabei,<br />

dass er auch die Jahresabschlüsse der in den Gesamtabschluss einbezogenen Betriebe und die dazugehörigen<br />

Prüfungsergebnisse beurteilen muss, wenn er die Ergebnisse für seine Prüfungstätigkeit übernehmen und verwerten<br />

will. Diese Rechte erfordern deshalb auch, dass die Gemeinde entsprechende Vorgaben gegenüber ihren<br />

Betrieben macht. Eine unterlassene Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben kann im Rahmen der gemeindlichen<br />

Abschlussprüfung dazu führen, dass für den Abschlussprüfer ein Prüfungshemmnis vorliegen könnte, das sich<br />

ggf. auch auf den von ihm gegenüber der Gemeinde abzugebenden Bestätigungsvermerk auswirken kann.<br />

ΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞΞ<br />

GEMEINDEORDNUNG 1187

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