Kapitel 1 - Die letzten Helden

Kapitel 1 - Die letzten Helden Kapitel 1 - Die letzten Helden

dieletztenhelden.com
von dieletztenhelden.com Mehr von diesem Publisher
29.10.2013 Aufrufe

schlaftrunken auf, blieb aber gelassen. »Es ist nicht besonders höflich, eure Gäste aus dem Schlaf zu reißen«, sagte Silberstern schläfrig. Dem Aufseher wurde heiß und mulmig. »Euer Haar, es ist weiß«, stammelte der Mönch entsetzt. »Sicher. Entschuldigt, dass es nicht den schönen Teint Eurer Glatze besitzt«, gab Graf Silberstern etwas blasiert zurück. »Ich... ich... bitte vielmals um Entschuldigung«, sagte der Mönch demütig. »Aber bitte sagt mir nur noch eines, werter Herr: Wart Ihr die ganze Zeit über in Eurem Zimmer?« Silberstern wirkte verwundert. »Wo soll ich sonst gewesen sein? Habt Ihr etwas dagegen, wenn ich meinen wertvollen, knapp bemessenen Schlaf jetzt weiter auskoste?« Reumütig bewegte sich der Mönch rückwärts aus dem Zimmer und verbeugte sich dabei mehrmals. »Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Meine Augen müssen mir einen Streich gespielt haben.« * Graf Falkenfels saß auf einem Felsvorsprung vor seiner Burg. Wenn er, wie heute, keinen Schlaf finden konnte, wanderte er oft zu diesem Platz, um wachende Blicke über die still daliegende Stadt zu werfen. Das Gemäuer befand sich auf einem hohen Plateau, hinter dem ein riesiger Felsen aufragte. Große Meister der Steinmetzkunst hatten in längst vergangenen Tagen das Abbild eines riesigen Falken in den Stein gemeißelt. Er war das Wahrzeichen von Falkenfels. Die Grafschaft machte jetzt, 90

in der Kälte der Nacht, einen ruhigen Eindruck. Die Sterne am Himmel tauchten alles in blaues, kaltes Licht. Der Graf beäugte die Stadt heute mit besonders wachsamen Blicken, denn irgendetwas war anders als sonst. Kein Laut ertönte, kein Wolf heulte oder jagte mit seinem Rudel durch die Wälder. Es war gerade die Paarungszeit der Wölfe, deshalb schien es mehr als ungewöhnlich, dass kein Geheul zu vernehmen war. Selbst die Bäume wagten es nicht, sich im Wind zu wiegen. Eine große Bedrohung schien Falkenfels heimgesucht zu haben. Die Augen des Grafen erfassten jetzt einen kleinen Wald, in dem er ein gelblich flackerndes Licht erblickte. Eine Täuschung? Nein. Es bewegte sich, tanzte beinahe, wie ein lockendes Irrlicht, das sich seine Opfer suchte. Schließlich verharrte es auf einer kleinen Lichtung, die sich zwischen den massiven Tannenbäumen auftat. Der Graf griff instinktiv an seine Seite. Er trug weder Schwert noch Schild. Auch seine Rüstung hatte er nicht angelegt. Furchtlos stand er auf und rutschte den Bergabhang hinunter. Der Hang war steil, Graf Falkenfels rutschte bisweilen mehr, als dass er festen Trittes lief. Schließlich begann eine wilde Schlitterpartie, und trotz der soliden Stiefel, die er trug, spürte der Graf jede Unebenheit stark an seinem Körper. Ein kleiner Fehler, die kleinste Unachtsamkeit konnte dazu führen, dass er sich überschlug, und bei diesem Tempo würde er sich dabei wohl jeden einzelnen Knochen brechen. Über und über mit Staub bedeckt, erreichte er den Boden. Seine Hände wiesen Abschürfungen auf. »Du wirst auch nicht jünger«, sagte er leise zu sich und klopfte seine Kleider ab, während er langsam auf den Wald zuschritt. Von hier unten besehen wirkte 91

schlaftrunken auf, blieb aber gelassen. »Es ist nicht besonders<br />

höflich, eure Gäste aus dem Schlaf zu reißen«, sagte Silberstern<br />

schläfrig.<br />

Dem Aufseher wurde heiß und mulmig. »Euer Haar, es ist<br />

weiß«, stammelte der Mönch entsetzt.<br />

»Sicher. Entschuldigt, dass es nicht den schönen Teint Eurer<br />

Glatze besitzt«, gab Graf Silberstern etwas blasiert zurück.<br />

»Ich... ich... bitte vielmals um Entschuldigung«, sagte der<br />

Mönch demütig. »Aber bitte sagt mir nur noch eines, werter<br />

Herr: Wart Ihr die ganze Zeit über in Eurem Zimmer?«<br />

Silberstern wirkte verwundert. »Wo soll ich sonst gewesen<br />

sein? Habt Ihr etwas dagegen, wenn ich meinen wertvollen,<br />

knapp bemessenen Schlaf jetzt weiter auskoste?«<br />

Reumütig bewegte sich der Mönch rückwärts aus dem Zimmer<br />

und verbeugte sich dabei mehrmals. »Ich bitte vielmals um<br />

Entschuldigung. Meine Augen müssen mir einen Streich gespielt<br />

haben.«<br />

*<br />

Graf Falkenfels saß auf einem Felsvorsprung vor seiner Burg.<br />

Wenn er, wie heute, keinen Schlaf finden konnte, wanderte er oft<br />

zu diesem Platz, um wachende Blicke über die still daliegende<br />

Stadt zu werfen. Das Gemäuer befand sich auf einem hohen<br />

Plateau, hinter dem ein riesiger Felsen aufragte. Große Meister<br />

der Steinmetzkunst hatten in längst vergangenen Tagen das<br />

Abbild eines riesigen Falken in den Stein gemeißelt. Er war<br />

das Wahrzeichen von Falkenfels. <strong>Die</strong> Grafschaft machte jetzt,<br />

90

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!