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Der Schwächste fliegt - Friedrich-Schiller-Universität Jena

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Auflösungserscheinungen<br />

Wikipedia ist ein nützliches Werkzeug,<br />

um sich innerhalb von kurzer<br />

Zeit Unmengen an Halbwissen anzueignen.<br />

So lässt sich beispielsweise in<br />

dem Eintrag zu Katatonie finden, dass es<br />

sich dabei um ein „psychomotorisches<br />

Syndrom“ handelt, das unter anderem<br />

eine „Starre des ganzen Leibes“ bedeuten<br />

kann. Wer sich allerdings in den letzten<br />

Wochen mit der Arbeit der studentischen<br />

Interessenvertretung beschäftigt hat, wird<br />

sich möglicherweise fragen, warum sich<br />

auf dieser Seite kein Querverweis zum<br />

Stura der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong><br />

findet: Seit Wochen plagt sich das Gremium<br />

mit internen Problemen.<br />

Im Februar trat Mathilde Schäfer von ihrem<br />

Amt als Stura-Vorstand zurück – aus<br />

persönlichen Gründen. Die Satzung verlangt<br />

nun, dass innerhalb von zwei Monaten<br />

Vorlesungszeit ein neuer Vorstand<br />

gewählt wird. Was in der Theorie einfach<br />

klingt, gestaltete sich in der Realität als<br />

schier unlösbare Aufgabe für den Stura.<br />

Insgesamt dauerte die Wahl sieben Wochen<br />

– die vorlesungsfreie Zeit nicht mitgerechnet.<br />

Stura-Vorstand David Schinkel<br />

schätzt, dass es etwa 20 Wahlgänge<br />

gebraucht hat, bis sich das Gremium auf<br />

einen neuen Vorstand, Claudia-Corina<br />

Giese, einigen konnte.<br />

Bei den Wahlen waren nur wenige Stura-<br />

Mitglieder anwesend: „Ein Drittel fehlte<br />

ständig“, berichtet David. Momentan<br />

befinden sich 29 gewählte Mitglieder<br />

im Stura, die Hälfte davon muss für<br />

eine Wahl anwesend sein. Wenn nun<br />

ein Drittel nahezu permanent fehle und<br />

<strong>Der</strong> Stura plagt sich mit der Vorstandswahl herum<br />

dann noch ein paar Krankheitsfälle dazukämen,<br />

werde es schwierig, erklärt<br />

David und fügt hinzu: „Ich glaube, dass<br />

so viele Leute so selten kommen, liegt<br />

daran, dass sie sich vor der Wahl nicht<br />

überlegen, wie viel Arbeit das tatsächlich<br />

ist.“<br />

Neben der spärlichen Anwesenheit sah<br />

sich das Gremium mit einem weiteren<br />

Problem konfrontiert: den Jusos. Die<br />

seien zwar die meiste Zeit anwesend<br />

gewesen, hätten aber laut David die<br />

Wahl die ganze Zeit über blockiert. Diese<br />

„Blockade“ ging von einer geschlossenen<br />

Enthaltung oder Ablehnung bis<br />

hin zum Vorschlagen von Kandidaten,<br />

nur um sie dann doch nicht zu wählen.<br />

Von einigen wurde sogar die Selbstauflösung<br />

des Gremiums gefordert. „Ich<br />

kann nicht nachvollziehen, was die Jusos<br />

damit bezwecken wollen. Für mich<br />

hat das nichts mehr mit Demokratie zu<br />

tun“, sagt David.<br />

Marc Emmerich, der für die Jusos im<br />

Stura sitzt, verteidigt das Verhalten der<br />

Mitglieder: Zunächst seien die Juso-Stimmen<br />

nicht wirklich ausschlaggebend für<br />

die Wahl gewesen. Außerdem hätten<br />

sie nicht grundsätzlich jeden Bewerber<br />

abgelehnt, sondern das an einzelnen<br />

Punkten entschieden. So seien beispielsweise<br />

verschiedene Mitglieder für sie<br />

„unwählbar“ geworden, weil sie in Betracht<br />

gezogen hätten, ein Referat gegen<br />

Linksextremismus zu gründen. Er sieht<br />

das Problem an einer anderen Stelle:<br />

„Meiner Meinung nach ist der Stura momentan<br />

nicht mehr arbeitsfähig. Es findet<br />

keine offene Diskussion über inhaltliche<br />

Themen mehr statt.“ In den letzten Wochen<br />

sei es nur darum gegangen, um<br />

jeden Preis einen dritten Vorstand zu<br />

wählen.<br />

Die Forderung nach einer Selbstauflösung<br />

sollte deshalb überhaupt erst einmal<br />

zu einer Diskussion führen. Die kam<br />

aber nicht zustande: Zwar wurde die Debatte<br />

um die Arbeitsfähigkeit des Sturas<br />

als Tagesordnungspunkt aufgenommen,<br />

aber nach der letztendlich erfolgreichen<br />

Wahl des dritten Vorstands wieder gestrichen<br />

– auch weil nur einer der Jusos erschienen<br />

war. Diese Entscheidung kann<br />

Marc nicht verstehen: Arbeitsfähigkeit<br />

sei für ihn nicht erreicht, nur weil alle<br />

Posten formal besetzt seien. Dass Debatten<br />

wie diese regelmäßig abgeschmettert<br />

würden, sieht er als Zeichen dafür,<br />

dass der Stura mehr und mehr zu einem<br />

reinen Verwaltungsgremium geworden<br />

ist: „Es gibt zwar immer wieder Einzelakteure,<br />

die sich einbringen, aber das sind<br />

dann vielleicht vier von siebzehn auf einer<br />

Sitzung. Da muss sich grundsätzlich<br />

etwas ändern.“<br />

<strong>Der</strong> Stura sieht sich derweil schon mit<br />

dem nächsten Kraftakt konfrontiert.<br />

Denn mittlerweile ist auch Christin Penz<br />

als Vorstand zurückgetreten. Sollte die<br />

nächste Wahl ähnlich lange andauern,<br />

könnte theoretisch die Schiedskommission<br />

die Auflösung des Gremiums veranlassen.<br />

Marc Zimmer und<br />

Philipp Böhm<br />

Uni<br />

Vorstandswahlblockade<br />

leicht<br />

gemacht.<br />

FOTO:<br />

KATHARINA SCHMIDT<br />

7

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