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Der Schwächste fliegt - Friedrich-Schiller-Universität Jena

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Titel<br />

<strong>Der</strong><br />

Master-Prototyp.<br />

FOTO: JUKKA VUOK-<br />

KO / FLICKR.COM<br />

6<br />

Den ersten beißen die Hunde<br />

<strong>Der</strong> Selbsterfahrungsbericht einer Masterstudentin<br />

Den gemeinen <strong>Jena</strong>er Masterstudenten<br />

erkennt man momentan<br />

noch an den langen Ohren und den ungewöhnlich<br />

großen Schneidezähnen.<br />

Wir sind die Generation der Bildungsversuchskaninchen<br />

und Bologna-Pioniere.<br />

Man sperrt uns in enge Käfige<br />

aus Regeln und Fristen und spornt uns<br />

ständig an, unser akademisches Laufrad<br />

noch schneller zu drehen. Dabei werden<br />

Aufbau und Strukturen der neuen<br />

Masterstudiengänge an uns getestet, um<br />

sich für den erwarteten Ansturm neuer<br />

Masterstudenten in den kommenden<br />

Semestern zu wappnen. Nun hat dieser<br />

Versuchskaninchenstatus Vor- und<br />

Nachteile.<br />

An Letzteren hatte ich in meinem ersten<br />

Mastersemester an der Uni <strong>Jena</strong><br />

immens zu knabbern. Denn wenn der<br />

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Regelrahmen steht, die Inhalte jedoch<br />

noch nicht so richtig, sieht man sich<br />

einem gewissen Chaos ausgesetzt. Da<br />

kommt es schon einmal vor, dass sich<br />

ein Teil eines insgesamt nur neunköpfigen<br />

Masterstudiengangs ohne jegliche<br />

Vorkenntnisse in einem eher fachfremden<br />

Hauptseminar wiederfindet. Dieses<br />

hatte sich wohl mehr fälschlich als beabsichtigt,<br />

vielleicht aber auch einfach<br />

„versuchsweise“ in die Kategorie der<br />

Pflichtmodule auf Friedolin eingeschlichen.<br />

Die Nadel im Heuhaufen<br />

Ein entscheidendes Kriterium für die<br />

Wahl des Studiengangs in <strong>Jena</strong> war unter<br />

anderem das besonders große und<br />

breitgefächerte Angebot. Die Aussicht<br />

auf ein Studium, dessen Inhalte man<br />

stark nach den eigenen Interessensschwerpunkten<br />

ausrichten kann, war<br />

verlockend. Tatsächlich konnte man<br />

allerdings nur aus vier Modulen im<br />

Hauptfach wählen, die sich teilweise<br />

inhaltlich oder zeitlich überschnitten.<br />

Verglichen mit den vierzehn Seminaren<br />

des gleichen Fachs für Magisterstudenten<br />

kann man dabei von einem eher<br />

geringen Spektrum sprechen. Auch das<br />

angepriesene üppige Angebot an Ergänzungsfächern<br />

wurde eher zu einer<br />

Suche nach der Nadel im Heuhaufen.<br />

Einige der teilnehmenden Lehrstühle<br />

und Institute hatten bis zur Einführung<br />

des Masters schlichtweg vergessen, ihre<br />

Veranstaltungen für Masterstudenten zu<br />

öffnen. Es erforderte eine ausführliche<br />

Lektüre des Vorlesungsverzeichnisses,<br />

um die vereinzelten Master-Modulbezeichnungen<br />

zu finden, die einem die<br />

Lizenz erteilen, eine Veranstaltung zu<br />

belegen.<br />

In meinem zweiten Mastersemester<br />

konnten diese und ähnliche Probleme<br />

allerdings im Rahmen einer Masterversammlung<br />

behoben werden. Zu<br />

den Vorteilen des Masterstudiums in<br />

der Ruhe vor dem Ansturm zählt die<br />

geringe Größe der Studiengänge. Das<br />

Betreuungsverhältnis zwischen Professoren<br />

und Studenten ist derzeit noch<br />

optimal und man begegnet uns mit einer<br />

Mischung aus Mitleid und Verständnis.<br />

Das Studienangebot wurde für uns<br />

enorm erweitert und die Bereitschaft<br />

der Fachbetreuer zu persönlichen Rücksprachen<br />

erleichtert uns den Weg durch<br />

den Regel-Dschungel.<br />

Bei der momentanen Situation handelt<br />

es sich allerdings noch um eine Art<br />

Übergangslösung. Für die Zukunft ist<br />

die Einführung von speziell auf Masterstudenten<br />

zugeschnittenen Seminaren<br />

geplant. Sofern dadurch das Angebot<br />

nicht erneut zu stark eingeschränkt<br />

wird, bleibt als letztes Problem eigentlich<br />

nur noch Friedolin.<br />

Doch obwohl die vollständige Erfassung<br />

der Masterstudenten auf Friedolin wohl<br />

noch ein Weilchen auf sich warten lassen<br />

wird, fehlt aus meiner Sicht nicht<br />

mehr viel, um die Kaninchenohren<br />

als Erkennungsmerkmal gegen das mit<br />

Stolz zur Schau getragene Einstandsgeschenk-T-Shirt<br />

im zeitlosen Studentenparadies-Giftgrün<br />

zu tauschen.<br />

Sarah Striedl

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