WILLI_2010_11 Jagdfieber - Kraichtaler Jäger (Auszug S 23-28)
WILLI_2010_11 Jagdfieber - Kraichtaler Jäger (Auszug S 23-28)
WILLI_2010_11 Jagdfieber - Kraichtaler Jäger (Auszug S 23-28)
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das stadtmagazin<br />
Der <strong>WILLI</strong><br />
TERMINator<br />
Hier ist was los!<br />
Veranstaltungstipps Vera<br />
und Termine. Bald in Bruchsal!<br />
Kurz-Parken<br />
mit dem<br />
Bruchsal<br />
Park-Abo!<br />
15<br />
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Schutzgebühr 1,- EURO<br />
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November <strong>2010</strong><br />
Ausgabe 164<br />
Mit Theaterzeitung<br />
<strong>11</strong>
no comment<br />
Sandy, die Parkidee, die eine Bruchsaler Werbeagentur ausgetüftelt hatte, bekam 2007 beim europaweiten<br />
Wettbewerb “LEBENDIGE STADT” eine Anerkennung als „besonders pfi ffi ge Idee”. Neben<br />
Städten wie Amsterdam, Innsbruck, München, Wiesbaden und Graz stand sie beim Wettbewerb<br />
zum Thema “Sensibles Parken in der Stadt” neben Großprojekten wie Parkhäuser unter Zubringer-<br />
Brücken, vollautomatischen Anwohnertiefgaragen und anderen millionenschweren Stadtplanungslösungen<br />
bescheiden dabei. Um wenig später wie der “Prophet im eigenen Land” in den Schubladen<br />
der Bruchsaler Stadtverwaltung zu verschwinden. Das, obwohl sich manche Stadträte (insbes.<br />
Matthias Holoch) früh für die Idee stark gemacht hatten, Kollegen anderer Fraktionen dafür gewinnen<br />
konnten und selbst kritischen Mitarbeitern in der Verwaltung SANDY gefi el, fand die Idee einfach<br />
nicht den Weg ans Licht der Öff entlichkeit.<br />
Der Mensch lebt nicht<br />
vom Brot allein<br />
(Aber vor der Bäckerei halten will er schon)<br />
Was haben sich die Vertreter von Verwaltung, Politik und Handel jahrelang die Köpfe übers<br />
Parken in der Stadt heiß geredet. Das Parkproblem galt schlechthin als Generalursache für<br />
die Probleme des Handels.<br />
Jetzt scheint ein Neustart zu gelingen. Nicht allein wegen des Parkens. Parken allein macht<br />
nicht glücklich. Aber an dem Beispiel dokumentiert sich eine positive Stimmung, die bei<br />
der Entscheidung über das Parkkonzept zu erkennen war. Die Ampeln stehen off ensichtlich<br />
auf Grün. Kein Gemeckere, keine Refl exe, eher Tipps, Unterstützung und Vertrauen<br />
in eine Idee bei der Abstimmung im Gemeinderat. Ein Votum nicht nur für das Zulassen<br />
neuer Ideen, sondern auch für die Gestaltungskraft einer OB Petzold-Schick und den von<br />
ihr nach Bruchsal geholten Stadtplaner Professor Ayrle.<br />
Mit dem neuen Parkkonzept hat Ayrle (der mit dem gelben Rathaus) „nachgelegt“. Bereit,<br />
für Ideen auch kritisiert zu werden, hat er eine jahrelang in den Schubladen der Verwaltung<br />
dümpelnde Idee auf den Weg gebracht. Zuerst hat er für die prämiierte Park-Idee, die in<br />
keinem Stadtplaner-Lehrbuch steht, das Feuerchen neu entfacht, dann aber vorallem nicht<br />
lang gefackelt. Das macht den Unterschied!<br />
Eingebunden in ein Gesamtkonzept, schaff t genau diese Ergänzung den sympathischen<br />
Mehrwert. Mit der Kurzparklösung, die so einfach wie bestechend ist, lässt sich nicht<br />
nur Parken, sondern auch werben. Und deshalb ist es schon fast mehr ein Marketinginstrument,<br />
das dem Umland signalisiert: „Willkommen in Bruchsal“. Eine Uhr kann eben<br />
nicht nur ein Kurzparkinstrument sein, sondern richtig eingesetzt, mit dem gewünschten<br />
Sympathiewert belohnt werden. Dass ein Stadtplaner auch in Marketingkategorien denken<br />
kann, ist hiermit angekommen.<br />
Das Bruchsaler Park-Konzept wird genau damit einmalig! Mit etwas Glück kommen auch<br />
andere Planer und schaun mal, was die kleinstädtischen Park-Pioniere da so machen. Ayrles<br />
Mut könnte belohnt werden. Und wenn nicht, dann gibt’s ein wenig Hohn und Spott (s.o.)<br />
Das muss man aushalten, wenn man die Welt neu erfi nden will. Ohne Pioniergeist würden<br />
wir noch in Höhlen wohnen. Nur Lösungen, die mit dem Mut und dem Vertrauen in eine<br />
Sache durchgesetzt werden, bringen weiter. Stillstand ist… naja, wissen wir doch alle.<br />
Nun ja, Bruchsal hat vielleicht das Parken neu erfunden, aber wenn nicht, vor allem ein<br />
Signal gesetzt: wir wollen beige und braun aus dem Kopf bekommen.<br />
Und wer jetzt noch über das „Gelbe vom Ayrle“ diskutieren will, der soll doch einfach daran<br />
denken, dass es ohne ihn grau bliebe. Und vielleicht gelingt nicht nur dem Bruchsaler<br />
Stadtplaner, sondern anderen ein weiterer Wurf, weil sie entdecken, dass Mitdenken lohnt<br />
und Mut belohnt wird.<br />
Der Mensch lebt nämlich nicht vom Brot allein. Er will auch Anerkennung.<br />
U. Konrad<br />
Pioniergeistgegnerverhinderer<br />
Schloss<br />
Stutensee<br />
Erziehungshilfe<br />
und Orientierung<br />
12<br />
Leerstand<br />
41.000 Quadratmeter<br />
warten auf<br />
neue Verwendung<br />
18<br />
Waidmanns<br />
Heil<br />
<strong>WILLI</strong> auf<br />
der Jagd<br />
<strong>23</strong><br />
Baby-<br />
Galerie<br />
Schnulleralarm<br />
30<br />
Powershopping<br />
Eröff nung der<br />
Rathausgalerie in<br />
Bruchsal<br />
58<br />
Terminator<br />
Der <strong>WILLI</strong>-<br />
Veranstaltungskalender<br />
85<br />
Inhalt<br />
Titelbild T<br />
Neues N Parken<br />
in i der Stadt.<br />
<strong>WILLI</strong> <strong>2010</strong><br />
3
Text: Annette Mandel und Martin<br />
Stock, Bilder: A. Mandel, M. Stock,<br />
R. Göbel und R. Bräuning<br />
November – für viele Menschen beginnt jetzt der triste Monat,<br />
dem man viel Potenzial für Depressionen nachsagt aber auch<br />
für gemütliche Kuschelstunden auf dem Sofa. Ein Monat für<br />
lange Spaziergänge war der November noch nie. Zu nass, zu<br />
kalt, zu grau.<br />
Es gibt Menschen, deren Herzen<br />
höher schlagen, wenn der<br />
November naht. Menschen,<br />
die es nun mit aller Macht nach<br />
draußen drängt, in die Natur, am<br />
besten zu Zeiten, wo vernünftige<br />
Zeitgenossen im Bett liegen. Es<br />
sind die <strong>Jäger</strong>, die jetzt nächtens<br />
bei Vollmond im Wald sind, das<br />
Wild beobachten und manchmal<br />
auch schießen. Die Jagdsaison<br />
erreicht ihren Höhepunkt. <strong>WILLI</strong><br />
hat sich mit Jörg Friedmann, An-<br />
walt und <strong>Jäger</strong> aus Leidenschaft<br />
über das Thema unterhalten.<br />
Kann man einfach so auf<br />
die Jagd?<br />
Wer auf die Jagd gehen möchte,<br />
braucht einen Jagdschein.<br />
Das klingt ein bisschen nach<br />
Führerschein, ist auch ungefähr<br />
genauso teuer aber wesentlich<br />
umfangreicher. Den Jagdschein<br />
kann man im Alter von 18<br />
Jahren machen. Es gibt auch die<br />
Möglichkeit, die Prüfung für den<br />
sogenannten ‚Jugendjagdschein’<br />
abzulegen. Das geht schon mit<br />
Endlich<br />
November<br />
Halali<br />
15 – jagen darf man aber erst<br />
mit 16 und auch dann nur in<br />
Begleitung eines jagderfahrenen<br />
<strong>WILLI</strong> <strong>2010</strong><br />
<strong>23</strong>
Halali<br />
MÄNNERAUSFLUG: Robert geht gerne mit Papa<br />
Rüdiger Bräuning in den Wald.<br />
<strong>Jäger</strong><br />
und<br />
Heger<br />
„Es ist des <strong>Jäger</strong>s Ehrenschild,<br />
dass er stets hegt und beschützt<br />
sein Wild.“ So will es eine ungeschriebene<br />
Regel unter <strong>Jäger</strong>n.<br />
„Wer Wild erlegen will, muss auch<br />
auf die Tiere achten und auf Wald<br />
und Flur, in denen die Tiere zu<br />
Hause sind“, sagt Jörg Friedmann<br />
und zitiert noch einen weiteren<br />
Spruch: „Waidmännisch jagt wie<br />
sich’s gehört, wer Schöpfer und<br />
Geschöpfe ehrt.“ Deswegen sind<br />
die <strong>Jäger</strong> darauf bedacht, den<br />
24 <strong>WILLI</strong> <strong>2010</strong><br />
Tierbestand ihres Reviers möglichst<br />
genau zu kennen und den<br />
Wald zu schützen. In strengen<br />
Wintern wird das Wild gefüttert,<br />
um es über die kalte Jahreszeit<br />
zu bringen. An prägnanten<br />
Stellen bekommen die Wildtiere<br />
Salzlecksteine, die ihnen<br />
helfen ihren Mineralhaushalt<br />
zu stabilisieren. „Die <strong>Jäger</strong> säen<br />
Wildblumenwiesen an, die die<br />
Kinderstube der Rehe schützen,<br />
aber auch für Bienen reichlich<br />
Nahrung bieten“, sagt Rudolf<br />
Manz, Biotophegeobmann und<br />
Jugendwart der <strong>Jäger</strong>vereinigung<br />
Bruchsal. Er berät die <strong>Jäger</strong><br />
Schöpfer und<br />
Geschöpfe ehren<br />
bei der Anlage von Biotopen wie<br />
Teichen und Hecken oder bei der<br />
Wildackereinsaat.<br />
Erwachsenen. Mit Erreichen der<br />
Volljährigkeit wird der Jugendjagdschein<br />
automatisch in<br />
einen „normalen“ Jagdschein<br />
umgewandelt. Der Weg zum<br />
„grünen Abitur“ ist langwierig:<br />
120 Stunden dauert ein Vorbereitungskurs,<br />
den man entweder<br />
über sechs Monate verteilt in ei-<br />
Langer Weg zum<br />
„Grünen Abitur“<br />
nem <strong>Jäger</strong>kurs absolviert oder in<br />
komprimierter Form in kommerziellen<br />
Jagdschulen. Am Ende<br />
steht die <strong>Jäger</strong>prüfung beim<br />
Landesjagdverband, der viermal<br />
im Jahr Prüfungen abnimmt. Bis<br />
zu 1.200 Prüflinge pro Jahr gibt<br />
es in Baden-Württemberg. Der<br />
Jagdschein kann in allen Bundesländern<br />
erworben werden,<br />
allerdings mit zum Teil unterschiedlichen<br />
Prüfungsfragen, je<br />
nach regionalen Schwerpunkten.<br />
Diese richten sich nach dem<br />
jagbaren Wild. Die eigentliche<br />
Prüfung setzt sich aus drei Teilen<br />
zusammen:<br />
<strong>Jäger</strong> wollen in Einklang mit der<br />
Natur leben. „Die Nähe zur Natur<br />
ist einer der Gründe, warum ich<br />
<strong>Jäger</strong> bin“, sagt Rüdiger Bräuning,<br />
ein <strong>Kraichtaler</strong> <strong>Jäger</strong>. Der <strong>Jäger</strong><br />
muss bei manchen Tierarten<br />
r den natürlichen Feind erset<br />
zen, damit sie nicht überhand<br />
nehmen und großen Schaden<br />
in der Landwirtschaft anrichten.<br />
Die Bauern verlangen deswegen<br />
auch Schadenersatz, wenn zum<br />
Beispiel die Schwarzkittel ihre<br />
Felder verwüsten.<br />
„Das Reh ist die Frau vom Hirsch“<br />
– Damit solche falschen Ansichten<br />
sich nicht verfestigen, dafür<br />
1. Schießübung für die<br />
Waffenhandhabung.<br />
2. schriftliche Prüfung über<br />
verschiedene jagdrelevante<br />
Themen und<br />
3. praktische Prüfung draußen<br />
im Revier.<br />
Die Kosten liegen zwischen 1.200<br />
und 2.000 Euro incl. Material.<br />
Während der ersten Jahre sollte<br />
ein <strong>Jäger</strong> Erfahrungen sammeln<br />
und möglichst gemeinsam mit<br />
anderen auf die Jagd gehen. Ein<br />
eigenes Revier pachten kann<br />
ohnehin nur der, der mindestens<br />
drei Jahre lang in Besitz einer<br />
gültigen Jagderlaubnis ist. Ganz<br />
wichtig ist auch das polizeiliche<br />
Führungszeugnis, ohne welches<br />
der Jagdschein nicht ausgestellt<br />
Zuverlässigkeit als<br />
oberstes Gebot<br />
wird. Nach ihm wird maßgeblich<br />
die Zuverlässigkeit eines<br />
Jagdscheininhabers beurteilt,<br />
spätestens alle drei Jahre. Wer als<br />
unzuverlässig gilt, verliert den<br />
weiter »»»<br />
geht Rudolf Manz auch in die<br />
Schulen und Kindergärten. „Lernort<br />
Natur“ heißt das Programm.<br />
Manz nimmt entweder Tierprä-<br />
„Das Reh ist die<br />
Frau vom Hirsch“<br />
pparate<br />
und Anschauungsmaterial<br />
mmit<br />
ins Klassenzimmer oder die<br />
KKinder<br />
begleiten ihn in den Wald<br />
ooder<br />
ins offene Feld. Hier kann<br />
eer<br />
den interessiert lauschen-<br />
dden<br />
Kindern die Natur und die<br />
Tierwelt nahe bringen. „Es ist<br />
ganz wichtig, dass die Kinder<br />
das Leben der Wildtiere kennen<br />
lernen“, sagt er. „Sie erleben es ja<br />
selbst auf dem Land kaum mehr<br />
und kennen die natürlichen<br />
Zusammenhänge nicht.“
Der kürzeste <strong>Jäger</strong>witz<br />
Treffen sich zwei <strong>Jäger</strong><br />
– Beide tot!<br />
ERBSTÜCK: So schön verzierte Gewehre findet man selten.<br />
Jagdschein und muss seine Waffen<br />
abgeben. Grundsätzlich gilt<br />
als unzuverlässig, wer beispielsweise<br />
innerhalb der letzten fünf<br />
Jahre wegen Trunkenheit am<br />
Steuer oder wegen Steuerhinterziehung<br />
zu einer Geldstrafe<br />
von mindestens 60 Tagessätzen<br />
verurteilt wurde. Damit ist der<br />
Tatbestand der Unzuverlässigkeit<br />
wesentlich schneller erreicht als<br />
der einer Vorstrafe.<br />
Überhaupt die Waffen. Ein<br />
gerade in letzter Zeit häufig und<br />
kontrovers diskutiertes Thema.<br />
Ein <strong>Jäger</strong> hat die Erlaubnis, zwei<br />
Kurzwaffen und unbegrenzt viele<br />
Langwaffen zu besitzen, Durch<br />
sich häufende Amokläufe wird<br />
immer wieder eine Verschärfung<br />
des Waffenrechts gefordert.<br />
Nachtsichtgeräte<br />
verboten<br />
Bündnis 90 / Die Grünen verlangte<br />
kürzlich gar das Verbot aller<br />
Waffen in Privathaushalten. „Das<br />
ist in der Praxis nicht umsetzbar“,<br />
sagt Friedmann aus seiner<br />
Erfahrung. „Wir <strong>Jäger</strong> gehen<br />
hauptsächlich in den späten<br />
Abend- oder in den frühen Mor-<br />
genstunden auf die Jagd. Sollen<br />
wir etwa um Mitternacht aufs<br />
Polizeirevier gehen, um uns dort<br />
unser Gewehr aushändigen zu<br />
lassen?“ Außerdem gälten schon<br />
jetzt sehr strenge Waffenaufbewahrungsregelungen<br />
und es<br />
gäbe auch verdachtsunabhängige<br />
Kontrollen, ob die Waffen gemäß<br />
Gesetz aufbewahrt würden.<br />
Wenn alle Voraussetzungen<br />
erfüllt sind, die Prüfungen<br />
bestanden und die Jagdausrüstung<br />
angeschafft ist, selbst dann<br />
kann ein <strong>Jäger</strong> nicht einfach<br />
in den Wald stiefeln und das<br />
erstbeste Stück Wild abschießen,<br />
was ihm vor die Flinte oder<br />
die Büchse läuft. Was ein <strong>Jäger</strong><br />
wann, wie schießen darf, ist<br />
genau geregelt. In der Schonzeit<br />
von Februar bis Ende April darf<br />
gar nicht geschossen werden.<br />
Mit „Aufgehen der Bockjagd“<br />
am 1. Mai ist das Schießen zwar<br />
wieder erlaubt, aber auch nur<br />
weiter »»»<br />
»Durch die Lappen gehen«<br />
In früheren Jahrhunderten<br />
wurden für die Treibjagd<br />
Waldbereiche mit Leinen<br />
abgesperrt, an denen bunte<br />
Lappen hingen. Diese Leinen<br />
sollten den Tieren den Fluchtweg<br />
abschneiden. Wenn es<br />
nun das Wild schaffte, unter<br />
den Leinen mit den Lappen<br />
durchzuschlüpfen, dann<br />
war es „durch die Lappen<br />
gegangen“.<br />
JAGDKAMERADEN: Peter Wolff, Bertwin Ley, Rolf Göbel , Diethard Ritzler.<br />
<strong>WILLI</strong> <strong>2010</strong><br />
25
Halali<br />
auf bestimmte Tiere. Es darf kein<br />
Tier mit Jungen dabei sein. Das<br />
zu berücksichtigen erfordert viel<br />
Erfahrung und ein sehr geübtes<br />
Auge. „Dabei helfen gute Ferngläser“,<br />
sagt Friedmann; „aber<br />
bitte keine Nachtsichtgeräte,<br />
die sind nämlich verboten. Ganz<br />
allgemein gilt, dass Disziplin und<br />
Vorsicht für den <strong>Jäger</strong> dringend<br />
notwendig sind, auf der Jagd im<br />
Revier ebenso wie im Umgang<br />
mit Waffen.<br />
Lebensstil und<br />
Leidenschaft<br />
Jagen eine elitäre Sportart!?<br />
Bei der Jagd kommen Bauunternehmer<br />
und Architekt zusammen;<br />
Rechtsanwalt und Richter;<br />
Arzt und Pharmavertreter – ein<br />
geschlossener Kreis, der Tiere<br />
abschießt und sich nicht nur<br />
zum Jagen trifft. Hier werden<br />
Geschäfte gemacht wie auf dem<br />
Golfplatz – So ist oft des Volkes<br />
Meinung über die Jagdgenossen<br />
und deren Leidenschaft. Doch<br />
bei genauerem Hinsehen ergibt<br />
sich ein anderes Bild: Jagd ist ein<br />
(zeit)aufwändiges Hobby; Le-<br />
bensstil und –haltung zugleich;<br />
Mühe und Leidenschaft. Als<br />
„elitäre Sportart für einen kleinen<br />
Zirkel“ sieht Friedmann die Jagd<br />
auf „keinen Fall – zumindest nicht<br />
bei uns im Kraichgau.“ „Bei uns<br />
<strong>Jäger</strong>n sind alle Bevölkerungsschichten<br />
vertreten“, sagt er.<br />
Das Vorurteil stamme noch aus<br />
historischer Zeit, als die Jagd ein<br />
königliches Privileg war und auf<br />
Wilderei die Todesstrafe stand.<br />
Für viele sei heute die Jagd ein<br />
Hobby, ja sogar Lebensinhalt. „Es<br />
ist die Freude an der Natur, nicht<br />
die Lust am Töten, die den <strong>Jäger</strong><br />
in den Wald lockt“, sagt Friedmann.<br />
Auch Rüdiger Bräuning,<br />
ein <strong>Jäger</strong> aus dem Nachbarrevier<br />
sieht die „Faszination Jagd“ in der<br />
Nähe zum Lebenskreislauf. „Wir<br />
beobachten wie die Kitze und<br />
die Frischlinge nach wenigen<br />
Tagen oder gar nur Stunden ihre<br />
ersten Schritte machen“, sagt er.<br />
„Wir erleben die Wildtiere mit<br />
ihrer vollen Kraft und wir sehen<br />
sie am Ende.“ Packend sei auch,<br />
welche Umsicht man walten<br />
lassen müsse, um ein Tier zu<br />
erlegen. „Das könne man schon<br />
„<strong>Jagdfieber</strong>“ nennen“, sagt er, „<br />
aber positiv.“<br />
AUSNAHMEERSCHEINUNG? Heike Stricker ist Mitglied bei der<br />
<strong>Jäger</strong>vereinigung Bruchsal.<br />
26 <strong>WILLI</strong> <strong>2010</strong><br />
SAUEREI: Schwarzkittel (Wildschweine)<br />
haben die Maisfelder verwüstet.<br />
Profil Jörg Friedmann<br />
„Schon mein Großvater und mein Vater waren <strong>Jäger</strong>, die<br />
mich als Kind regelmäßig in den Wald mitgenommen<br />
haben“, sagt Jörg Friedmann, Jahrgang 1971, Anwalt in der<br />
gleichnamigen Kanzlei in Bruchsal. „Die Freude am Jagen<br />
liegt in der Familie.“ Friedmann<br />
machte bereits 1986 den Jagdschein,<br />
damals als Jüngster<br />
in Baden-Württemberg und<br />
geht seither mit Leidenschaft<br />
auf die Jagd, hauptsächlich im<br />
eigenen Revier, das er mit einem<br />
anderen <strong>Jäger</strong> zusammen<br />
gepachtet hat. Seit 2004 ist er<br />
Justiziar des Landesjagdverbandes<br />
Baden-Württemberg. Besonders fasziniert ihn an<br />
der Jagd „das Erlebnis mit der Natur in ihrer unberührten<br />
Form, soweit dies in unserer Kulturlandschaft überhaupt<br />
möglich ist. Außerdem ist es eine Auseinandersetzung mit<br />
dem Leben, da der <strong>Jäger</strong> permanent mit dem Kreislauf des<br />
Lebens befasst ist.“ Aktuell arbeitet Friedmann an einem<br />
Fachbuch über Jagdrecht.
Es ist garnicht so schwer ein Wildgericht auf den Teller zu zaubern. Wild bekommt<br />
man beim „<strong>Jäger</strong> seines Vertrauens“. Adressen erhält man in den Rathäusern der<br />
Kommunen oder bei der <strong>Jäger</strong>vereinigung Bruchsal (www.jaeger-bruchsal.de).<br />
Rehrückenfi lets (vier Personen)<br />
Zubereitung<br />
Das Fleisch abspülen und trockentupfen. Salzen und pfeffern. Das<br />
Filet in 3 cm dicke Medaillons aufschneiden. Die Medaillons in<br />
Butterschmalz max. 1 1/2 bis 2 min auf jeder Seite anbraten. Auf<br />
einen Teller geben und mit Alufolie abgedeckt in den auf 50 °C<br />
vorgeheizten Backofen stellen, bis die Sauce fertig ist.<br />
Für die Sauche 1 Zwiebel schälen und ganz fein würfeln, In der<br />
Pfanne mit dem restlichen Bratenfett andünsten. 1/8 l Rotwein<br />
und 1 Glas Wildfond angießen. Außerdem 2 Eßlöffel Preiselbeeren<br />
dazugeben., aufkochen und bei starker Hitze reduzieren. Wenn<br />
die Sauche die gewünschte Konsistenz erreicht hat, etwas Sahne<br />
unterziehen und mit Salz und Pfeffer würzen. Die Medaillons aus<br />
dem Ofen nehmen, auf Tellern anrichten und mit der Sauce überziehen.<br />
Nach Geschmack noch etwas Preiselbeeren dazugeben.<br />
Dazu schmecken Knopfspätzle.<br />
Feuertopf aus geschnetzeltem<br />
Wildfl eisch (vier bis sechs Personen)<br />
Zubereitung<br />
Das Wildfleisch in feine Scheibchen schneiden und in einer Schüssel<br />
mit 1 Tl Paprika, 1 Eßl Öl, Pfeffer und etwas Weinbrand vermengen<br />
und möglichst eine Stunde ziehen lassen. Das marinierte<br />
Fleisch in einem breiten Topf rasch anbraten und beiseite stellen.<br />
Die Zwiebeln schälen. Speck und Zwiebeln in dünne Streifen<br />
schneiden. Die gekochten Kartoffeln pellen und ebenfalls in nicht<br />
zu große Würfel schneiden. Die Bohnen und den Mais abtropfen<br />
lassen. In einem weiteren Topf etwas Butterschmalz erhitzen und<br />
darin den Speck und die Zwiebeln anschwitzen. Das Tomatenmark<br />
dazugeben und gut verrühren. Die Bratensauce angießen,<br />
die Kartoffeln und das Fleisch<br />
in die Sauce geben, mit Muskat,<br />
Cayenne-Pfeffer, Knoblauch und<br />
Salz würzen.<br />
Alles einmal gut aufkochen lassen.<br />
Mit Salbeiblättchen garnieren<br />
und möglichst heiß in einem<br />
Steinguttopf servieren.<br />
Zutaten<br />
• 500 g mürbes Fleisch vom Reh<br />
und/oder anderen Wildarten<br />
• 1 Tl Paprika edelsüß<br />
• 1 Eßl Öl<br />
• Pfeffer<br />
• Weinbrand<br />
• 100 g Bauchspeck<br />
• 2 Zwiebeln<br />
• 1 kleine Dose rote Bohnen<br />
• 1 Dose Zuckermais<br />
• etwas Butterschmalz<br />
• 2 Eßl Tomatenmark<br />
• 500 g gekochte Kartoffeln<br />
• Muskat, Cayenne-Pfeffer,<br />
Knoblauch, Salz,<br />
• ¼ l Bratensauce<br />
• Salbeiblätter<br />
Zutaten<br />
• 1 küchenfertiges Filet<br />
vom Jungreh, ca. 800 g<br />
• 1 Zwiebel<br />
• 1 /8 l Rotwein<br />
• 1 Glas Wildfond (400g)<br />
• 2 Eßl. Preiselbeeren<br />
• Salz, Pfeffer<br />
• Sahne<br />
• Butterschmalz<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
»Zur Strecke bringen«<br />
Das geschossene Wild bei<br />
einer Jagd wird die „Strecke“<br />
genannt. Früher wurden<br />
die geschossenen Tiere der<br />
Reihe nach nebeneinander<br />
hingelegt, das war „die Strecke“.<br />
Wenn Tiere zur Strecke<br />
gebracht waren, dann waren<br />
sie erledigt. Heute wird keine<br />
Strecke mehr ausgelegt aus<br />
hygienischen Gründen und<br />
wegen der Verderblichkeit<br />
des Wildfleisches.<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<strong>WILLI</strong> <strong>2010</strong><br />
© <strong>WILLI</strong> <strong>2010</strong><br />
27
Halali<br />
<strong>28</strong> <strong>WILLI</strong> <strong>2010</strong><br />
Plötzlich taucht aus der Dunkelheit<br />
des Waldes ein Schatten<br />
auf und huscht über die Straße.<br />
Ein Keiler stürzt in überhasteter<br />
Flucht aus einem Maisfeld oder<br />
Rehe jagen im Galopp über die<br />
Fahrbahn. Diese Szenen sind<br />
auch in der <strong>WILLI</strong>-Region immer<br />
wieder zu erleben. Alle zweieinhalb<br />
Minuten stößt auf deutschen<br />
Straßen ein Autofahrer<br />
mit einem Wildtier zusammen –<br />
so weiß es die amtliche Polizeistatistik.<br />
Hier einige Tipps, um das Wild<br />
zu schonen, selbst unverletzt zu<br />
bleiben und den gravierenden<br />
Blechschaden am Auto zu<br />
vermeiden.<br />
Besondere Aufmerksamkeit<br />
ist geboten, wenn<br />
das Verkehrsschild<br />
„Wildwechsel“ eine<br />
Risikostrecke<br />
signalisiert.<br />
Dann heißt es<br />
Tempo runter,<br />
besonders<br />
konzentriert<br />
fahren und den Wald-<br />
und Straßenrand<br />
beobachten. Auch<br />
die unmittelbare<br />
Umgebung gibt Hinweise<br />
auf Gefahren.<br />
Maisäcker neben der<br />
Straße können Wildschweine<br />
verbergen; im Wald wechseln oft<br />
Fuchs, Hase oder Reh unerwartet<br />
über die Straße; Erntemaschinen<br />
können Wildtiere aufscheuchen,<br />
die dann unkontrolliert flüchten.<br />
Gefährliche Zeiten sind die<br />
Morgen- und die Abenddämmerung,<br />
wenn die Tiere auf ihren<br />
Wechseln unterwegs sind. Jetzt<br />
im Herbst sind die Tiere besonders<br />
aktiv.<br />
Immer gilt: Ein Tier kommt selten<br />
allein. Stets auf nachfolgende<br />
Tiere achten!<br />
In der Dunkelheit sollte man mit<br />
Fernlicht fahren, um eine weite<br />
Sichtstrecke zu haben. Die Augen<br />
der Tiere wirken wie Rückstrahler<br />
und leuchten am Straßenrand.<br />
Bei Wild auf der Straße, bremsen,<br />
Fernlicht abblenden und<br />
hupen; so werden die Tiere nicht<br />
geblendet, aber verscheucht. Ist<br />
der Aufprall nicht zu vermeiden,<br />
dann Lenkrad festhalten und<br />
nicht unkontrolliert ausweichen.<br />
Ein Frontalzusammenstoß ist<br />
besser zu überstehen als seitlich<br />
auf einen Baum zu prallen oder<br />
ein Überschlag in den Straßengraben.<br />
Wenn’s tatsächlich gekracht hat,<br />
ist zuerst die Unfallstelle abzusichern,<br />
dann sind die Verletzten<br />
zu versorgen und das Wild von<br />
der Fahrbahn zu schaffen (Einmalhandschuhe<br />
verwenden!).<br />
In jedem Fall ist die Polizei zu<br />
verständigen (Notruf <strong>11</strong>0), auch<br />
wenn kein Fahrzeug- oder Personenschaden<br />
vorliegt.<br />
<strong>Jäger</strong>vereinigung Bruchsal<br />
Die <strong>Jäger</strong> der Region sind in<br />
der <strong>Jäger</strong>vereinigung Bruchsal<br />
e. V. organisiert. Sie ist in fünf<br />
Hegeringe aufgeteilt, besteht<br />
bereits seit 85 Jahren und hat<br />
520 Mitglieder. Zum Vereinsgebiet<br />
mit einer Gesamtfläche von<br />
zirka 30.000 Hektar gehören 61<br />
gemeinschaftliche Jagdbezirke<br />
sowie ein Eigenjagdbezirk. Der<br />
Waldanteil beträgt durchschnittlich<br />
22 Prozent. Hauptwildart<br />
sind die Rehe. Aber auch das<br />
Achtung!<br />
Wild<br />
aus dem Schwarzwald<br />
Im Weier <strong>11</strong> A · 76646 Bruchsal · Telefon 07257 930555<br />
Schwarzwild hat sich durch<br />
verstärkten Maisanbau stark vermehrt;<br />
begünstigt durch warme<br />
und schneearme Winter. Das<br />
Jagdgebiet der <strong>Jäger</strong>vereinigung<br />
teilt sich in drei Abschnitte auf,<br />
die jeweils besondere Eigenheiten<br />
aufweisen:<br />
Rheinniederung mit Altrheinarmen<br />
und den Baggerseen,<br />
Hardt mit sandigen Böden und<br />
demzufolge ausgedehnten<br />
flachen Kiefernwäldern und<br />
das Hügelland des Kraichgaus<br />
mit einer sehr abwechslungsreichen<br />
Landschaft und intensiver<br />
Landwirtschaft. Hier gibt es oft<br />
das Problem der Wildschäden auf<br />
den Feldern, in den Weinbergen<br />
und in den Obstanlagen. Alle<br />
drei Landschaftstypen stellen<br />
unterschiedliche Anforderungen<br />
an die Jagd und an die Hege.<br />
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