sPielzeiT 13/14 - Badisches Staatstheater Karlsruhe
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lieBes PUBliKUm,<br />
„Der Liebe heute fehlt jede Transzendenz“, so schreibt der<br />
Philosoph Byung-Chul Han in seinem Buch Agonie des eros.<br />
„Die Liebe hat vor allem angenehme Gefühle zu erzeugen. Sie<br />
ist keine Handlung, keine narration, kein Drama mehr, sondern<br />
eine folgenlose Emotion und Erregung. Sie ist frei von der negativität<br />
der Verletzung, des Überfalls oder des Absturzes. Das<br />
Begehren des Anderen weicht dem Komfort des Gleichen.“<br />
Wir Theaterleute werden oft gefragt, um was es in einem Stück<br />
denn eigentlich gehe: „Um Liebe!“, können wir in einer Spielzeit<br />
antworten, die Von grenzen und wegen erzählt. Kein Gefühl bringt<br />
uns so sehr an Grenzen – und führt uns auf individuellen Wegen<br />
über sie hinaus. rio reiser beschwört in seinen Liedern die notwendigkeit<br />
zur Weltveränderung und die Liebe, die uns dazu die<br />
Macht gibt. In Kabale und liebe soll sich die gerade erfundene bürgerliche<br />
Liebe den Grenzen der elterlichen Machtpolitik unterordnen;<br />
nur der gemeinsame Liebesfreitod erscheint als ein Ausweg.<br />
endstation sehnsucht ist die Tragödie einer Frau, die den Mann<br />
ihrer Schwester begehrt, obwohl dieser sie verachtet. In seinem<br />
sommernachtstraum hebt Shakespeare durch einen Zauber für<br />
eine nacht alle Grenzen der Liebe auf, damit sie am nächsten Tag<br />
und bis ans Lebensende wieder in Takt sein können. Die doppelt<br />
verbotene Liebe eines Hitlerjungen zu einem jüdischen Schulfreund<br />
ist das Drama von maienschlager. In gas i & ii von Georg<br />
Kaiser, dem aus seiner Kriegserfahrung entstandenem Menschheitsdrama<br />
um ökologische, ökonomische und soziale Verantwortung,<br />
ist die Liebe der letzte nicht berechenbare Faktor. Hermann<br />
Hesse ahnt mit seinem letzten Roman das glasperlenspiel den<br />
Kulturzustand jenseits der Leidenschaft voraus, der nichts neues<br />
mehr entdeckt, sondern nur noch mit dem Alten, Immergleichen<br />
spielt. Die Uraufführung der Theaterfassung von Martin Nimz und<br />
Konstantin Küspert zeigt unser philosophisches Theater erstmals<br />
im KLEInEn HAUS. Dort bringen 100 <strong>Karlsruhe</strong>r 100 dokumente<br />
ihres Lebens auf die Bühne, vom Liebesbrief bis zur Scheidungsurkunde,<br />
im großen VOLKSTHEATER-Projekt der Saison.<br />
102 SCHAUSPIEL<br />
Ein gealtertes Liebespaar diskutiert eine letzte nacht miteinander:<br />
Die Uraufführung von irgendwann in der nacht der<br />
88-jährigen Etel Adnan ist der Prolog zu einem zweijährigen<br />
Rechercheprojekt mit dem Titel The Art of Ageing, in dem wir<br />
mit dem nationaltheater im rumänischen Temeswar und sechs<br />
weiteren europäischen Partnertheatern zusammenarbeiten.<br />
Über die ewige Liebe zum Fußball und die Kunst des Aufhörens<br />
erzählt Aus – das leben nach dem spiel, der dokumentarische<br />
Abend über ehemalige Fußballer zur Eröffnung der Saison im<br />
STUDIO. Wenn der Weltraum die letzte Grenze ist, dann überschreitet<br />
sie natanaël Lienhard in seinem neuen Liederabend.<br />
richtfest und Benefiz bringen komödiantisch auf den Punkt,<br />
wie in ihre guten Absichten verliebte Menschen an ihre Grenzen<br />
kommen, ob sie gemeinsam ein Mehrgenerationenwohnhaus<br />
bauen oder eine Spendenaktion für eine Schule in Afrika<br />
organisieren wollen. rechtsmaterial wird erkunden, an welche<br />
Grenzen der Rechtsstaat in seiner Auseinandersetzung<br />
mit dem Rechtsterrorismus gelangt. Unser neuer Dramaturg<br />
Konstantin Küspert recherchiert zusammen mit dem Regisseur<br />
Jan-Christoph Gockel. Revolution oder Rückzug ins Private,<br />
diese Alternative gilt für die Menschen in der ukrainischen Uraufführung<br />
Hohe Auflösung nicht mehr.<br />
Neu im Ensemble begrüssen wir Florentine Krafft, die aus dem<br />
Studio Chemnitz der Zürcher Hochschule der Künste zu uns<br />
kommt. Seien Sie willkommen an dem Ort, wo es für jede Grenze<br />
einen Weg gibt und für jede Liebe ein Drama – immer noch<br />
und immer wieder im Theater.<br />
Ihr<br />
jan linders<br />
Schauspieldirektor