Download - Strahlen des Lichts
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<strong>Strahlen</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Lichts</strong><br />
Wintersonnenwende 20. Jahrgang 2011-4<br />
« ein urteilsfähiger Intellekt « ein fühlen<strong>des</strong> Herz « ein gesunder Körper «<br />
Eine Zeitschrift der christlichen Esoterik<br />
für Freunde der Rosenkreuzerlehren
Liebe Freunde,<br />
2 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
Editorial Inhalt<br />
Licht für das Gemüt,<br />
Liebe für das Herz,<br />
Begreifen für den Verstand.<br />
Diese drei Dinge sind die Nahrung für unser Wachstum<br />
in diesem Leben.<br />
Mit unseren Artikeln in dieser kleinen Zeitschrift<br />
„<strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong>“ sind wir bemüht, diesen drei Impulses<br />
gerecht zu werden.<br />
Wir möchten allen auf diesem Wege danken, die uns<br />
dies mit ihren Artikeln, Beiträgen, Ideen und Spenden<br />
ermöglicht haben.<br />
Unser Wunsch ist, dass diese Zeitschrift auch in Zukunft<br />
gern gelesen wird und jeder für sich wichtige Impulse<br />
entnehmen kann, die ihn anspornen sich intensiver mit<br />
der „Rosenkreuzerlehre“ zu beschäftigen, um seinen<br />
„eigenen persönlichen Weg“ leichter gehen zu können.<br />
Bitte unterstützen Sie uns auch weiterhin und nehmen<br />
Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie das innere Bedürfnis<br />
haben, gemeinsam mit uns an diesem Werk zu arbeiten.<br />
Wir wünschen Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit<br />
und einen erfolgreichen Jahresanfang.<br />
Das Göttliche wohnt in unserem Herzen. Wünschen<br />
wir uns, dass es in uns geboren wird und wir unsere<br />
gesamte bisherige Erfahrung und Erkenntnis dazu<br />
nutzen, es zu hegen und zu pflegen.<br />
Ihr Redaktionsteam<br />
02 Editorial<br />
Impressum<br />
03 Chymische Hochzeit<br />
10 Heilungsdaten<br />
10 Gedankensplitter<br />
11 Wortzeichnungen zum<br />
Tierkreis<br />
17 Farbe und Musik im neuen<br />
Zeitalter<br />
23 Essen Sie sich gesund<br />
25 Gott, die Quelle und das<br />
Ziel <strong>des</strong> Daseins<br />
27 Biographie Max Heindel<br />
37 Esoterische Bibelinterpretation<br />
40 RCF Intern<br />
Impressum:<br />
RCF Rosenkreuzer Freun<strong>des</strong>kreis, Redaktion<br />
<strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> Licht, c/o Werner Chlouba,<br />
Humboldtstraße 39, 30890 Barsinghausen,<br />
Tel. 05105 84380, Mail: info@rosen-kreuzer.<br />
eu, www.rosen-kreuzer.eu, Spendenkonto:<br />
Nr. 211 469 00 BLZ 694 900 00 Volksbank Villingen,<br />
IBAN DE 19 6949 0000 0021 1469 00,<br />
BIC-Code: GENO DE 61 VS1, Namentliche<br />
Artikel werden vom Verfasser verantwortet,<br />
Fotos: www.pixelio.de, www.picspack.de, Die<br />
Zeitschrift <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> wird kostenlos<br />
an alle interessierten Freun<strong>des</strong> der Rosenkreuzerlehren<br />
verteilt. Zur Unterstützung der<br />
Vervielfältigung und <strong>des</strong> Versands, bitten wir<br />
um Spenden an obige Adresse oder Überweisung<br />
auf unser Spendenkonto.<br />
Titelfoto: Jetti Kuhlemann / pixelio.de
Chymische Hochzeit<br />
<strong>des</strong> Christiani Rosencreutz anno 1459 – A.D. 1616<br />
Als ich aus meiner Zelle in den Wald<br />
kam, war mir, als wenn der ganze<br />
Himmel und alle Elemente sich zur<br />
Hochzeit geschmückt hätten. Die<br />
Vögel sangen, wie mir schien, lieblicher<br />
denn zuvor. Die junge Hirschkuh<br />
sprang so freudig daher, dass<br />
sie mein altes Herz erfreute und<br />
mich zum Singen anregte. Ich fing<br />
<strong>des</strong>halb auch gleich mit lauter Stimme<br />
an:<br />
Freu dich du liebes Vögelein,<br />
Deinen Schöpfer hoch zu loben:<br />
Deine Stimme erheb nun hell und<br />
fein,<br />
Dein Gott ist hoch erhoben,<br />
Deine Speise hat er dir bereit,<br />
Gibt dirs zu recht bequemer Zeit,<br />
Daran lass du dich genügen.<br />
Was willst du doch unlustig sein,<br />
Was willst über Gott dich zürnen,<br />
Dass er dich heißt ein Vögelein<br />
sein, Willst dir den Kopf verwirren,<br />
Dass er dich nicht als Menschen<br />
2. Tag<br />
(frei in die Umgangssprache übersetzt<br />
von Werner Chlouba)<br />
gemacht,<br />
O schweig er hatt es wohl bedacht,<br />
Daran lass du dich genügen.<br />
Was mach ich armer Erdenwurm,<br />
Wenn ich mit Gott wollt rechten,<br />
Dass ich so in den Himmel stürm,<br />
Mit gewaltig großer Kunst zerfechten,<br />
Gott will sich ja nicht zwingen<br />
lassen,<br />
Wer hier nichts taugt, mach sich<br />
darvon,<br />
O Mensch lass dich genügen.<br />
Das er dich nicht zum Kaiser gemacht,<br />
Das soll dich nicht kränken,<br />
Seinen Namen hast du vielleicht<br />
veracht,<br />
Des war wohl sein Bedenken:<br />
Die Augen Gottes heller sein,<br />
Er sieht dir gar ins Herz hinein,<br />
Gott wirst du nicht betrügen.<br />
Dies sang ich nun aus tiefstem Her-<br />
zen, bei meinem Gang durch den<br />
Wald, dass es überall erschallte<br />
und das Echo in den Bergen die<br />
letzten Worte wiederholte. Als ich<br />
aus dem Wald herauskam, sah ich<br />
eine schöne grüne Heide, auf der<br />
drei hohe schöne Zedernbäume<br />
standen. Die großen Bäume warfen<br />
wie erwünscht Schatten, worüber<br />
ich mich sehr freute. Obwohl<br />
ich noch nicht weit gegangen war,<br />
war ich doch so müde, dass ich ein<br />
Verlangen spürte mich unter die<br />
Bäume zu legen, um ein wenig zu<br />
ruhen. Als ich aber näher kam, sah<br />
ich ein Hinweisschild an einem der<br />
Bäume befestigt. Der darauf geschriebene<br />
Text war mit zierlichen<br />
Buchstaben geschrieben, den ich<br />
mehrmals las:<br />
Hospes salve: si quid tibi forsitan<br />
de nuptiis Regis auditum.<br />
Verba haec perpende.<br />
Quatuor viarum optionem<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 3
per nos tibi sponsus offert,<br />
per quas omnes, modo non<br />
in devias delabaris ad regiam<br />
eius aulam pervenire possis.<br />
Prima brevis est, sed periculosa,<br />
et quae te in varios<br />
scopulos deducet, ex quibus<br />
vix te expedire licebit.<br />
Altera longior, quae circumducet<br />
te, non abducet, plana<br />
ea est, et facilis, si te Magnetis<br />
auxilio, neque ad dextrum,<br />
neque sinistrum abduci patieris.<br />
Tertia vere Regia est, quae<br />
per varias Regis nostri delicias<br />
et spectacula viam tibi<br />
reddet jucundam.<br />
Sed quod vix mille simo<br />
hactenus obtigit.<br />
Per quartam nemini hominum<br />
licebit ad Regiam per venire,<br />
utpote, quae consumens, et<br />
non nisi corporibus incorruptibilibus<br />
conveniens est.<br />
Elige nunc ex tribus quam velis,<br />
et in ea constans permane.<br />
Scito autem quamcunque ingressus<br />
fueris: ab immutabili<br />
Fato tibi ita de stinatum, nec<br />
nisi cum maximo vitae periculo<br />
regredi fas esse.<br />
Haec sunt quae te scivisse<br />
voluimus: sed heus cave<br />
ignores, quanto cum periculo<br />
te huic viae commiseris,<br />
nam si te vel minimi delicti<br />
contra Regis nostri leges<br />
nosti obnoxium: quaeso dum<br />
adhuc licet per eandem viam,<br />
qua accessisti, domum te<br />
confer quam citissime.<br />
4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
(Gott behüte Dich, Gast! Sollte Dir<br />
jemals die Nachricht von der Hochzeit<br />
<strong>des</strong> Königs zu Ohren kommen,<br />
so erwäge die folgenden Worte:<br />
Es gibt vier Wege, die der Bräutigam<br />
Dir durch uns zur Auswahl bietet.<br />
Auf allen vier Wegen kannst Du<br />
das Schloss <strong>des</strong> Königs erreichen,<br />
aber nur dann, wenn Du nicht vom<br />
Wege abkommst.<br />
Der erste Weg ist kurz, aber gefährlich,<br />
er ist voller Abgründe, in denen<br />
Du leicht zerschmettert werden<br />
kannst.<br />
Der zweite ist länger, weil er Dich<br />
zwar über Umwege, aber nicht auf<br />
Abwege führt. Er ist eben und bequem<br />
zu gehen, wenn Du Dich, mit<br />
Hilfe eines Kompasses, weder nach<br />
links, noch nach rechts, ablenken<br />
lässt.<br />
Der dritte ist der wahrhaft königliche<br />
Weg, denn er erquickt durch allerlei<br />
fürstliche Freuden und Schauspiele.<br />
Allerdings ist er bis heute kaum<br />
einem unter Tausenden geglückt.<br />
Dem vierten Weg entlang ist es<br />
keinem Sterblichen möglich, das<br />
Ziel zu erreichen, denn er ist von<br />
verzehrender Kraft, und nur unverwüstliche<br />
Körper können ihn durchstehen.<br />
So wähle nun, welchen von den drei<br />
Wegen Du betreten willst, und weiche<br />
dann nicht mehr davon ab.<br />
Bedenke auch, dass der Weg, den<br />
Du betreten wirst, Dir durch das unabweisbare<br />
Schicksal vorbestimmt<br />
ist. Weiterhin ist es Dir bei Gefahr<br />
für Dein Leben verboten, auch nur<br />
einen Schritt zurückzugehen.<br />
Das ist es, was wir Dich wissen<br />
lassen wollen. Schlägst Du diese<br />
ernste Warnung in den Wind,<br />
dann wirst Du inmitten der größten<br />
Gefahren jammernd und klagend<br />
Deinen Weg gehen. Wenn Du Dich<br />
aber auch nur <strong>des</strong> kleinsten Vergehens<br />
gegen die Gesetze unseres<br />
Königs schuldig erweist, dann kehre<br />
lieber um, solange es noch möglich<br />
ist und eile auf demselben Weg, auf<br />
dem Du gekommen bist, nach Hause<br />
zurück!)<br />
Als ich diese Schrift gelesen hatte,<br />
war alle Freude in mir schon wieder<br />
dahin. Obwohl ich zuvor fröhlich gesungen<br />
hatte, fing ich nun inniglich<br />
an zu weinen. Die drei Wege sah ich<br />
nun vor mir und wusste, dass mir erlaubt<br />
ist bald einen davon zu wählen.<br />
Ich machte mir große Sorgen.<br />
Falls ich den steinigen und felsigen<br />
Weg betrete, könnte ich jämmerlich<br />
fallen und eventuell sterben und<br />
falls ich den langen Weg gehen würde,<br />
könnte ich auf Abwege geraten<br />
oder es könnte mir etwas zustoßen.<br />
Die Hoffnung, dass ich unter Tausenden<br />
auserwählt sein sollte, den<br />
königlichen Weg gehen zu dürfen,<br />
verwarf ich schnell.<br />
Den vierten Weg sah ich ebenfalls<br />
vor mir, aber er war so mit Feuer<br />
und Dampf umgeben, dass ich ihn<br />
überhaupt nicht betreten dürfte. Ich<br />
konnte mich einfach nicht entscheiden,<br />
welchen Weg ich nehmen oder<br />
ob ich doch lieber wieder umkehren<br />
sollte. Auch dachte ich an meine Unwürdigkeit,<br />
aber ich tröstete mich,<br />
da ich doch im Traum aus dem Turm<br />
kam. Doch auf den Traum dürfte<br />
ich mich nun auch nicht verlassen.<br />
Durch das viele Für und Wider der<br />
Gedanken fühlte ich mich matt und<br />
bekam Hunger und Durst.<br />
Ich holte mein Brot heraus und<br />
schnitt es auf. Doch eine schneeweiße<br />
Taube, die ich bisher nicht<br />
bemerkt hatte, kam von dem Baum<br />
zu mir geflogen und wollte, wie sie<br />
es wohl gewohnt war, heimlich etwas<br />
nehmen.<br />
Ich teilte meine Speise gern mit ihr,<br />
was sie auch annahm und fühlte<br />
mich durch ihre Schönheit ein wenig<br />
erquickt.<br />
Dies sah ihr Feind, ein schwarzer<br />
Rabe, der sogleich auf die Taube<br />
zugeschossen kam. Der Rabe begehrte<br />
nur die Bissen der Taube und<br />
wollte meine, die ich ihm reichte,<br />
nicht annehmen. Die Taube konnte
sich nicht wehren und floh.<br />
Beide Vögel flogen nun gegen Mittag.<br />
Dies betrübte und erzürnte<br />
mich dermaßen, dass ich unbedacht<br />
und gegen meinen Willen fast eine<br />
Ackerlänge dem Raben nacheilte.<br />
Ich konnte den Raben vertreiben<br />
und erlöste so die Taube.<br />
Jetzt bemerkte ich, dass ich unbesonnen<br />
gehandelt hatte und mich<br />
bereits auf einem der Wege befand,<br />
den ich nun wegen der angedrohten<br />
Strafe nicht mehr verlassen dürfte.<br />
Ich hätte mich noch trösten können,<br />
doch viel mir das Schlimmste auf:<br />
Meine Wegzehrung hatte ich unter<br />
dem Baum liegen lassen und konnte<br />
sie nun nicht mehr holen, denn sobald<br />
ich zurück wollte, blies ein so<br />
starker Wind, der mich beinahe umwarf.<br />
Ging ich aber den Weg weiter,<br />
bemerkte ich ihn nicht. Ich schloss<br />
daraus, dass ich mich nicht gegen<br />
den Wind legen sollte, denn es<br />
könnte mein Leben kosten.<br />
Geduldig nahm ich mein Kreuz auf<br />
mich und machte mich auf den Weg<br />
Ich beschloss nun alles zu tun, um<br />
noch vor Einbruch der Nacht anzukommen.<br />
Der Weg hatte viele Abzweigungen.<br />
Ich holte <strong>des</strong>halb meinen Kompass<br />
heraus und versuchte keinen Schritt<br />
von der Mittagslinie zu weichen. Der<br />
Weg war sehr beschwerlich und<br />
häufig kaum passierbar, so dass ich<br />
oft zweifelte.<br />
Unterwegs dachte ich ständig an die<br />
Taube und den Raben, konnte aber<br />
die Bedeutung nicht verstehen.<br />
Schließlich sah ich in der Ferne auf<br />
einem hohen Berg ein schönes Portal.<br />
Ich eilte nun direkt auf dieses<br />
Portal zu, obwohl es sehr weit<br />
vom Wege ablag, denn die Sonne<br />
war bereits hinter den Bergen verschwunden<br />
und ich sah nirgendwo<br />
eine Unterkunftsstätte.<br />
Ich schreibe das alleine Gott zu,<br />
denn er hätte mich ja auch auf dem<br />
Weg weitergehen lassen und mir<br />
die Augen verschließen können, so<br />
dass ich das Portal nicht gesehen<br />
hätte.<br />
Wie gesagt, eilte ich nun direkt auf<br />
das Portal zu und erreichte es gerade<br />
noch bei Tageslicht, um es betrachten<br />
zu können.<br />
Es war ein überaus schönes und königliches<br />
Portal, darin viele herrliche<br />
Bilder und Zeichen gehauen waren,<br />
die, wie ich später erfuhr, eine besondere<br />
Bedeutung hatten.<br />
Ganz oben war eine ziemlich große<br />
Tafel angebracht, auf der die folgenden<br />
Worte geschrieben waren:<br />
Procul hinc,<br />
procul ite Prophani<br />
Bleibt fern von hier, so ihr unwürdig<br />
seid!<br />
Es stand aber noch mehr auf der<br />
Tafel, was mir aber streng verboten<br />
wurde zu erzählen.<br />
So bald ich ankam, erschien jemand<br />
in einem himmelblauen Kleid, den<br />
ich freundlich begrüßte. Er bedankte<br />
sich und forderte aber sogleich<br />
meinen Einladungsbrief.<br />
Oh wie froh war ich, dass ich ihn<br />
dabei hatte, denn ich hätte in auch<br />
vergessen können. Wie ich von ihm<br />
erfuhr, hatten einige andere die Einladung<br />
nicht dabei.<br />
Ich zeigte ihm nun die Einladung.<br />
Er war darüber nicht nur zufrieden,<br />
sondern erwies mir mit den folgenden<br />
Worten besondere Ehre,<br />
was mich sehr verwunderte:<br />
„Geht hinein mein Bruder, Ihr seid<br />
mir ein lieber Gast“.<br />
Anschließend fragte er mich nach<br />
meinem Namen und ich antwortete<br />
ihm: „Ich bin ein Bruder <strong>des</strong> Roten<br />
Rosenkreuzes“.<br />
Verwunderte und gleichzeitig erfreut<br />
fragte er mich: „Mein Bruder,<br />
habt ihr etwas dabei, womit ihr<br />
dieses Siegel kaufen könnt?“. Ich<br />
antworte ihm, dass mein Vermögen<br />
sehr klein wäre, falls er aber<br />
an mir etwas sehen würde, was er<br />
haben möchte, so solle er es sich<br />
nehmen. Er wollte meine Flasche<br />
mit Wasser haben, die ich ihm auch<br />
übergab. Daraufhin übergab er mir<br />
ein goldenes Siegel, auf dem nur<br />
zwei Buchstaben standen:<br />
S.C.<br />
Sanctitate Constantia;<br />
Sponsus Charus;<br />
Spes Charitas;<br />
Hoffnung und Liebe<br />
Er ermahnte mich noch, dass es<br />
mir gut tun würde, wenn ich ihn in<br />
Erinnerung behalten würde. Daraufhin<br />
fragte ich ihn, wieviel vor<br />
mir schon in das Portal hineingegangen<br />
wären und er nannte sie<br />
mir. Schließlich gab er mir einen<br />
verschlossenen Brief für den anderen<br />
Türhüter.<br />
Weil ich mich nun etwas länger bei<br />
ihm aufgehalten hatte, brach bereits<br />
die Nacht herein. Aus diesem<br />
Grund wurde auf dem Portal eine<br />
große Pechpfanne entzündet, damit,<br />
falls sich noch jemand auf dem<br />
Weg befand, er herzueilen könnte.<br />
Der Weg, der direkt zum Schloss<br />
führte, war von beiden Seiten von<br />
Mauern begrenzt und mit schönen<br />
Bäumen bepflanzt, welche verschiedene<br />
Früchte trugen. Auch<br />
standen an beiden Seiten drei Bäume,<br />
an denen Laternen hingen.<br />
Diese wurden von einer schönen<br />
Jungfrau, die ebenfalls ein blaues<br />
Kleid trug, mit einer herrlichen Fackel<br />
angezündet. Dies war so herrlich<br />
und meisterlich anzusehen, so<br />
dass ich mich länger als nötig aufgehalten<br />
hatte.<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 5
Nach ausreichendem Bericht und<br />
nützlichen Hinweisen schied ich<br />
schließlich von dem ersten Türhüter.<br />
Auf dem Weg zur nächsten Pforte<br />
hätte ich gern gewusst, was in dem<br />
Brief stehen mochte. Da ich aber<br />
dem Türhüter nichts böses zutrauen<br />
durfte, musste ich meine Neugierde<br />
im Zaum halten, bis ich zur<br />
nächsten Pforte angekommen war.<br />
Diese zweite Pforte war gleich der<br />
anderen Pforten, aber verziert mit<br />
verschiedenen Bildern und geheimnisvollen<br />
Bedeutungen.<br />
Auf einer angebrachten Tafel stand:<br />
Date et dabitur vobis<br />
Gebt und Euch wird gegeben<br />
werden<br />
Unter dieser Pforte lag an einer<br />
Kette ein grausamer Löwe, der sich<br />
sogleich aufrichtete, als er mich<br />
sah und mich mit lautem Brüllen<br />
begehrte.<br />
Hiervon erwachte der andere Türhüter,<br />
der auf einem Marmorstein<br />
lag und dann zu mir sagte, dass ich<br />
ohne Furcht und Sorge sein solle.<br />
Er trieb sogleich den Löwen hinter<br />
sich und nahm den Brief entgegen,<br />
den ich ihm mit zitternder Hand<br />
überreichte.<br />
Nachdem er den Brief gelesen hatte<br />
sprach er mich mit großer Ehrerbietung<br />
an:<br />
„Willkommen in Gottes Namen, Du<br />
bist der Mensch, den ich schon lange<br />
habe kennenlernen wollen“.<br />
Er zog auch ein Siegel hervor und<br />
fragte mich, ob ich es einlösen<br />
könnte. Da ich aber nichts mehr<br />
hatte, als mein Salz, bot ich ihm<br />
6 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
dies an, welches er auch dankbar<br />
annahm.<br />
Auf diesem Siegel standen ebenfalls<br />
nur zwei Buchstaben:<br />
S.M.<br />
Studio Merentis<br />
Sal huMor<br />
Sponsa Mittendus<br />
Sal Mineralis<br />
Sal Menstrualis<br />
Das reinigende Salz<br />
Als ich mit dem Türhüter sprechen<br />
wollte, begann im Schloss eine Glocke<br />
zu leuten.<br />
Der Türhüter ermahnte mich, dass<br />
ich mich beeilen solle, sonst wäre<br />
alle meine bisherige Mühe und Arbeit<br />
vergebens, denn man fing oben<br />
schon an die Lichter zu löschen.<br />
In meiner Eile vergaß ich mich voller<br />
Angst von dem Türhüter zu verabschieden,<br />
denn es war höchste Zeit.<br />
Ich konnte gar nicht so schnell laufen<br />
wie die Jungfrau bei mir war und<br />
die Lichter gelöscht wurden. Sie<br />
leuchtete mir noch mit ihrer Fackel,<br />
sonst hätte ich den Weg nicht mehr<br />
gesehen.<br />
Die Tür wurde so schnell geschlossen,<br />
dass ich Mühe hatte mit ihr<br />
gemeinsam hinein zu kommen.<br />
Ein Stück von meinem Rock wurde<br />
dabei engeklemmt, welches ich<br />
zurücklassen musste. Weder ich<br />
noch welche, die vor dem Tor riefen,<br />
konnten den Türhüter dazu bewegen,<br />
die Tür wieder zu öffnen.<br />
Er hatte bereits die Schlüssel der<br />
Jungfrau übergeben, welche ihn in<br />
den Hof mitnahm.<br />
Nun betrachtete ich abermals das<br />
Tor. Es war so wundervoll, dass<br />
es sicher auf der Welt kein zweites<br />
gab.<br />
Neben der Tür waren zwei Säulen.<br />
Auf der einen Säule war eine fröhliche<br />
Figur mit der Beschriftung:<br />
Congratulor<br />
Ich freue mich für Dich<br />
Die Figur auf der anderen Säule war<br />
traurig und verbarg ihr Gesicht. Darunter<br />
standen die Worte:<br />
Condoleo<br />
Ich leide mit Dir<br />
Viele weitere solcher dunklen und<br />
geheimnisvollen Bilder und Sprüche<br />
waren daran, welche die gescheitesten<br />
auf Erden nicht hätten<br />
auslegen können. So Gott will, werde<br />
ich demnächst diese veröffentlichen.<br />
An dieser Pforte musste ich abermals<br />
meinen Namen nennen, der<br />
dann, unter den bereits eingetragenen<br />
Namen, in ein Pergamentbüchlein<br />
geschrieben wurde. Dieses<br />
Büchlein wurde anschließend dem<br />
Bräutigam geschickt.<br />
Nun wurde mir das richtige Gastsiegel<br />
übergeben. Es war etwas kleiner<br />
als die anderen, aber viel schwerer.<br />
Darauf standen die Buchstaben:<br />
S.P.N.<br />
Salus Per Naturam<br />
Sponsi Praesentandus Nuptiis<br />
Dieser ist bei der Hochzeit der Gast<br />
<strong>des</strong> Bräutigams<br />
Jetzt erhielt ich ein neues Paar<br />
Schuhe, denn der Boden <strong>des</strong><br />
Schlosses bestand aus hellem Marmor.<br />
Meine alten Schuhe durfte ich,<br />
wenn ich wollte, einem der Armen<br />
geben, die fein und ordentlich so<br />
häufig am Tor saßen. Ich schenkte<br />
sie daraufhin einem alten Mann.<br />
Anschließend führte mich ein Knabe<br />
mit zwei Fackeln in ein kleines Zimmer<br />
und bat mich auf einer Bank<br />
Platz zu nehmen, was ich auch tat.<br />
Dann wurden die Fackeln in den<br />
Boden in zwei Löcher gesteckt und<br />
man ließ mich allein.<br />
Bald darauf hörte ich ein Geräusch,
konnte aber nichts sehen. Einige<br />
Männer fielen über mich her. Da ich<br />
aber nichts sehen konnte, musste<br />
ich es über mich ergehen lassen<br />
und abwarten, was sie mit mir tun<br />
wollten.<br />
Als ich bemerkte, dass es Barbiere<br />
waren, bat ich sie mich nicht so hart<br />
anzufassen, denn ich wäre ja bereit<br />
es geschehen zu lassen. Daraufhin<br />
ließ man mich los und einer, den<br />
ich nicht sehen konnte, schor mir<br />
fein säuberlich das Haar mitten auf<br />
dem Kopf. Er ließ aber an der Stirn,<br />
Ohren und Augen mein langes eisgraues<br />
Haar stehen.<br />
Ich muss bekennen, dass ich durch<br />
diesen stürmischen Beginn fast<br />
den Mut verlor. Da ich nichts sehen<br />
konnte und heftig angefasst wurde,<br />
glaubte ich, dass Gott mich so wegen<br />
meiner Unbescheidenheit fallen<br />
gelassen hatte.<br />
Die unsichtbaren Barbiere hoben<br />
das abgeschnittene Haar sorgfältig<br />
auf und brachten es weg.<br />
Als die beiden Knaben wieder her-<br />
einkamen, lachten sie über mich,<br />
dass ich mich so gefürchtet hatte.<br />
Kaum hatten sie begonnen mit mir<br />
zu sprechen, läutete eine kleine Glocke.<br />
Die beiden Knaben berichteten<br />
mir, dass wir uns nun alle versammeln<br />
sollten und forderten mich auf<br />
ihnen zu folgen. Sie leuchteten mir<br />
den Weg durch die vielen Gänge,<br />
Türen und Windungen bis in einen<br />
großen Saal.<br />
In diesem Saal war bereits eine<br />
große Anzahl von Gästen. Kaiser,<br />
König, ich sah Fürsten und Herren,<br />
Edle und Bürger, Reiche und Arme<br />
und auch allerlei Gesindel, was<br />
mich sehr verwunderte<br />
Mir kamen die Gedanken, warum<br />
ich so ein großer Narr gewesen bin<br />
und dass ich auf dieser Reise mir<br />
solche Sorgen gemacht hatte, wo<br />
doch hier wohlbekannte Personen<br />
waren, von denen ich nichts gehalten<br />
habe. „Alle sind sie hier und ich<br />
mit all meinem Bitten und Beten bin<br />
fast der Letzte gewesen.“ Dies alles<br />
und noch mehr flüsterte mir der Teufel<br />
ein, dem ich doch die Tür gewiesen<br />
hatte.<br />
Einige meiner Bekannten sprachen<br />
mich hin und wider an: „Nun Bruder<br />
Rosenkreuz, Sie auch hier?“ „Ja“ ,<br />
antwortete ich, „meine Brüder, die<br />
Gnade Gottes hat auch mir hier hereingeholfen“.<br />
Darüber lachten sie und spotteten,<br />
dass auch für so eine unbedeutende<br />
Sache die Hilfe Gottes nötig wäre.<br />
Ich fragte auch jeden, wie der Weg<br />
hierher gewesen wäre und fast alle<br />
schilderten mir, dass sie über Felsen<br />
haben klettern müssen.<br />
Nun fingen viele Trompeten, die wir<br />
nicht sehen konnten, an das Signal<br />
zu blasen, am Tisch Platz zu nehmen.<br />
Jeder setzte sich so hoch wie<br />
möglich an den Tisch, wie er glaubte<br />
nach seinem Rang sitzen zu müssen,<br />
so dass mir und anderen armen<br />
Personen kaum ein Platz am<br />
unteren Ende <strong>des</strong> Tisches blieb.<br />
Die beiden Knaben kamen herein<br />
und einer von ihnen sprach so schöne<br />
und herrliche Gebete, die mein<br />
Herz erfreuten. Doch etliche der<br />
hohen Herren achten nicht darauf,<br />
sondern lachten, winkten einander<br />
zu, bissen in ihren Hut und vieles<br />
mehr.<br />
Nach dem Gebet wurde das Essen<br />
aufgetragen. Obwohl man keinen<br />
der Bediensteten sah, wurde doch<br />
alles so ordentlich angerichtet, als<br />
wenn jeder Gast seinen eigenen<br />
Diener hätte.<br />
Nachdem sich meine Bekannten ein<br />
wenig gestärkt und ihnen der Wein<br />
die Hemmungen genommen hatte,<br />
begann ein Prahlen und Hervortun.<br />
Der eine wollte dies probieren und<br />
der andere jenes, wobei die Unbedeutesten<br />
die Lautesten waren.<br />
Wenn ich zurückblicke, was für<br />
Übernatürliches und Unmögliches<br />
ich damals gehört hatte, wird mir<br />
immer noch anders.<br />
Am Ende blieben sie auch nicht<br />
mehr gemäß ihrer Rangordnung sitzen.<br />
Hier und da mischte sich auch<br />
ein Schleimer zwischen die Herren<br />
und prahlte mit solchen Taten, die<br />
weder Samson noch Herkules mit<br />
all ihrer Stärke nicht geschafft hätten.<br />
Der eine wollte den Atlas von<br />
seiner Last befreien und ein anderer<br />
wollte den dreiköpfigen Zerberus<br />
wieder aus der Hölle ziehen.<br />
Jeder hatte seine eigenen Ansichten<br />
und die großen Herren waren<br />
auch nicht so dumm, diesem<br />
Geschwätz zu glauben.<br />
Einige der Schlimmsten waren so<br />
verwegen, dass, obwohl ihnen ab<br />
und zu auf die Finger geklopft wurde,<br />
sie sich nichts daraus machten,<br />
sondern wenn es einer schaffte<br />
Aufmerksamkeit zu erlangen, es<br />
ihm darauf nachtaten. Ich beobachtete<br />
einen, der hörte die Himmel<br />
rauschen und einen anderen, der<br />
konnte Platos Gedanken sehen.<br />
Außerdem einen dritten der sich<br />
anmaßte die Atome <strong>des</strong> Demokrit<br />
zählen zu können. Etliche waren<br />
dabei, die hatten das Perpetuum<br />
Mobile erfunden.<br />
Wie ich fand, waren einige darunter<br />
mit einem guten Verstand, die<br />
sich aber zu ihrem eigenen Schaden<br />
zuviel zumuteten. Schließlich<br />
war dann auch einer, der wollte uns<br />
weismachen, er würde die hier sehen<br />
können, die uns bedienen würden.<br />
Sicher hätte er uns noch mehr<br />
aufgetischt, wenn ihm nicht einer<br />
der unsichtbaren Bediensteten einen<br />
kräftigen Schlag auf seinen<br />
verlogenen Mund gegeben hätte.<br />
Daraufhin schwieg er sofort wie ein<br />
Mäuschen und auch viele um ihn<br />
herum.<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 7
Bei Allem gefiel mir aber sehr gut,<br />
dass alle, von denen ich etwas gehalten<br />
hatte, sehr zurückhaltend<br />
waren und nicht dazu laut sprachen,<br />
denn sie hielten sich für unwissende<br />
Menschen, denen die<br />
Naturgeheimnisse zu hoch und sie<br />
zu gering waren.<br />
In diesem ganzen Tumult hätte<br />
ich den Tag verflucht, an dem ich<br />
hierher gekommen war, denn ich<br />
musste mit Schmerzen zusehen,<br />
wie lockere und leichtfertige Menschen<br />
am oberen Ende der Tafel<br />
saßen und ich an meinem bescheidenen<br />
Platz ebenfalls nicht in Ruhe<br />
gelassen wurde und mich einer der<br />
Bösewichte höhnisch einen gescheckten<br />
Narren nannte.<br />
Ich wusste zu dieser Zeit noch<br />
nicht, dass noch ein weiteres Tor<br />
existiert, durch das wir gehen mussten<br />
und ich meinte, ich müsste die<br />
ganze Hochzeit über diesen Spott,<br />
Verachtung und Unwürdigkeit ertragen.<br />
Das war sicher nicht, was<br />
ich dem Bräutigam und der Braut<br />
schuldig war. Sie hätten meiner<br />
Meinung nach einen anderen Narren<br />
und nicht mich zu dieser Hochzeit<br />
holen sollen.<br />
Hier siehst Du wie ungeduldig einfältige<br />
Herzen durch die Ungleichheit<br />
in dieser Welt werden können.<br />
Dies war sicher ein Teil meines<br />
Hinkens, von dem ich träumte und<br />
bereits berichtete.<br />
Je länger es dauerte, um so<br />
mehr nahm das Geschrei zu. Einige<br />
rühmten sich unwahrer und<br />
erdachter Visionen und wollten uns<br />
greuliche und erlogene Träume erzählen.<br />
Neben mir saß aber ein feiner und<br />
stiller Mann, der nur manchmal etwas<br />
von feinen Dingen sprach. Nun<br />
sprach er zu mir: „Siehe mein Bru-<br />
8 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
der, wenn jetzt einer käme, der die<br />
verstockten Leute auf den rechten<br />
Weg bringen wollte, würde man ihm<br />
zuhören“? „Nein, ich glaube nicht“,<br />
antwortete ich. Er sprach weiter: „So<br />
will nun die Welt mit Gewalt betrogen<br />
werden und hört nicht auf die,<br />
die es gut mit ihr meinen. Siehst<br />
Du dort den Schmeichler, wie er mit<br />
abartigen Gesten und närrischen<br />
Gedanken die Aufmerksamkeit auf<br />
sich zieht und dort neckt einer mit<br />
unverständlichen Worten die Leute.<br />
Doch glaube mir, es wird die Zeit<br />
kommen, dass man diesen Lügnern<br />
die Maske abnehmen wird und aller<br />
Welt zeigen, welche Betrüger darunter<br />
sind. Vielleicht werden dann<br />
einige geachtet, die bisher übersehen<br />
wurden“.<br />
Während er zu mir sprach und das<br />
Geschrei dabei immer länger und<br />
ärger wurde, begann leise im Saal<br />
eine so feine und schöne Musik, wie<br />
ich sie in meinem Leben noch nie<br />
gehört hatte.<br />
Aus diesem Grund schwiegen alle<br />
in Erwartung, was nun geschehen<br />
würde.<br />
Die Musik von allen erdenklichen<br />
Saiteninstrumenten war so harmonisch<br />
aufeinander abgestimmt,<br />
dass ich mich selbst vergaß und so<br />
über eine halbe Stunde unbeweglich<br />
dasaß, dass mein Tischnachbar<br />
sich über mich wunderte.<br />
Die gesamte Zeit über sprach von<br />
uns keiner ein Wort, denn sobald<br />
einer seinen Mund auftun wollte,<br />
erhielt er einen Schlag auf seinen<br />
Mund, wobei niemand wusste woher<br />
er kam.<br />
Ich dachte so bei mir, da wir keinen<br />
der Musikanten sehen konnten, es<br />
wäre schön, wenn ich wenigstens<br />
die benutzten Instrumente sehen<br />
könnte.<br />
Nach einer halben Stunde hörte die<br />
Musik plötzlich auf und wir konnten<br />
eine Zeitlang nichts sehen noch hören.<br />
Dann erhob sich vor der Tür<br />
<strong>des</strong> Saales ein großes Getöse und<br />
der Schall von Posaunen, Trompeten<br />
und Pauken. Alles war so meisterlich,<br />
als wollte der römische Kaiser<br />
einziehen.<br />
Als sich die Tür von selbst öffnete,<br />
ertönte der Posaunenschall so laut,<br />
dass wir ihn kaum ertragen konnten.<br />
Ich beobachtete in der Zwischenzeit,<br />
wie sich tausend kleine Lichter<br />
in korrekter Ordnung in den Saal bewegten,<br />
was uns sehr beeindruckte.<br />
Dann traten die schon bereits<br />
bekannten Knaben mit Fackeln in<br />
den Saal und leuchteten einem vergoldeten<br />
Triumphsessel, der sich<br />
selbstständig fortbewegte. Auf diesem<br />
Triumphsessel saß eine schöne<br />
Jungfrau. Ich meinte, es wäre die<br />
Jungfrau, die bereits bei meiner Ankunft<br />
im Hof die Lichter angezündet<br />
und gelöscht hatte und waren die<br />
beiden Knaben auch ihre Diener,<br />
die von ihr an die Bäume postiert<br />
wurden?. Sie trug nun nicht wie zuvor<br />
ein blaues Kleid, sondern ein<br />
glänzen<strong>des</strong> schneeweißes Kleid,<br />
welches golden schimmerte und<br />
so strahlte, das wir kaum wagten<br />
zu schauen. Die beiden Knaben<br />
waren ebenso gekleidet, nur etwas<br />
schlichter.<br />
Sobald sie in der Mitte <strong>des</strong> Saales<br />
ankam, stieg sie vom Sessel herab<br />
und alle Lichter verneigten sich vor<br />
ihr. Wir standen alle von unseren<br />
Sitzen auf, blieben aber an unserem<br />
Platz stehen.<br />
Nachdem sie und dann wir uns gegenseitig<br />
verneigt hatten, fing sie an<br />
zu sprechen:<br />
„Der König, mein gnädigster Herr,<br />
ist bereits in der Nähe, ebenso seine<br />
allerliebste Braut an seiner Seite.<br />
Sie erwarten Euch mit großer Freude<br />
und bieten jedem einzelnen von<br />
Euch ihre Gnade. Sie wünschen<br />
Euch aus vollem Herzen, dass für<br />
die kommende Hochzeit Eure Stimmung<br />
freudig und nicht durch ein<br />
Leid getrübt sein wird“.<br />
Daraufhin verneigte sie sich gemeinsam<br />
mit allen Lichtern und
sprach dann weiter:<br />
„Wie ihr schon in der Einladung gelesen<br />
habt, soll kein Mensch hier erscheinen,<br />
der nicht bereits die schönen<br />
Gaben Gottes empfängt. Auch<br />
wen die Sehnsucht treibt wie es sein<br />
sollte, möchte nicht glauben, dass<br />
man so verwegen sein darf, ohne<br />
diese Gaben und ohne lange Vorbereitung<br />
auf diese Hochzeit, hier<br />
zu erscheinen. Wer alles ordentlich<br />
vorbereitet hat, bei dem wird auch<br />
alles gut gehen. Es erfreut sie, dass<br />
in so schwerer Zeit doch so viele<br />
Leute gefunden wurden. Manche<br />
Menschen sind noch so verwegen<br />
und ändern nicht ihre Grobheit. Sie<br />
dringen in Orte ein, in die man sie<br />
nicht gerufen hat. Damit sich nun<br />
kein Spitzbube und kein Schalk hier<br />
einfindet der gemeinsam mit den<br />
anderen hierher kommt und ohne<br />
es zu verbergen eine reine Hochzeit<br />
haben will, so soll am morgigen Tag<br />
jeder auf der Waage, gemäß seinen<br />
Eigenschaften, gewogen werden.<br />
Wenn nun doch jemand unter Euch<br />
ist, dem man nicht vertrauen kann,<br />
so verlasse er uns, denn wenn er<br />
länger dabeibleibt, ist alle Gnade<br />
verloren. Wer nun Gewissensbisse<br />
hat, der solle im Saale bleiben und<br />
wird morgen befreit. Er soll aber<br />
nicht mehr hierher wieder kommen.<br />
Wer aber voller Zuversicht ist, der<br />
solle jetzt seinem Diener folgen, der<br />
ihm das Schlafgemach zeigen wird.<br />
Sicher wird der gut ruhen, der die<br />
Waage nicht scheut, wenn doch,<br />
wird er sicher nicht schlafen können.<br />
Die anderen bleiben besser hier,<br />
denn wer gegen sich handelt, dem<br />
wäre besser, er wäre bereits weg.<br />
Wir hoffen für jeden das Beste.“<br />
Sobald sie ihre Rede beendet hatte,<br />
verneigte sie sich wieder und<br />
sprang mit Freude auf ihren Sessel.<br />
Die Trompeten fingen nun wieder an<br />
zu blasen und mancher stieß trotzdem<br />
einen schweren Seufzer aus.<br />
Die Lichter begleiteten, wie von unsichtbarer<br />
Hand geführt, die Jungfrau<br />
hinaus. Die meisten aber von<br />
ihnen blieben hier im Raum und je<strong>des</strong><br />
gesellte sich zu einem von uns.<br />
In solcher Verwirrung, in der wir<br />
uns befanden, war es nicht möglich<br />
unsere schweren Gedanken<br />
und Gebärden auszutauschten.<br />
Die meisten aber von uns wollten<br />
das Wiegen abwarten und hofften,<br />
falls es nicht gut ausgehen sollte,<br />
dass sie doch in Frieden abreisen<br />
könnten.<br />
Ich hatte mich bald besonnen<br />
und da mich mein Gewissen von<br />
meinem Unverstand und meiner<br />
Unwürdigkeit überzeugte, nahm ich<br />
mir vor, hier im Saal mit den anderen<br />
zu bleiben. Ich wollte lieber mit<br />
dem bisherigen gemeinsamen Mahl<br />
zufrieden sein, als die zukünftige<br />
Niederlage und Gefahr zu erwarten.<br />
Nachdem nun die meisten, von<br />
einem Licht, jeder in ein anderes<br />
Schlafgemach geführt wurde, blieben<br />
neun von uns zurück. Unter<br />
ihnen war mein Tischnachbar mit<br />
dem ich mich gut unterhalten hatte.<br />
Unsere Lichter blieben in unserer<br />
Nähe.<br />
Nach ungefähr einer Stunde kamen<br />
die Knaben mit einem Bündel<br />
Stricke und fragten uns, ob wir entschlossen<br />
wären dazubleiben. Als<br />
wir alle bejahten, wurde jeder an<br />
einem Platz angebunden. Die Lichter<br />
und die Knaben verließen uns<br />
danach und wir waren nun im Dunkeln<br />
allein. Da fingen manche an zu<br />
schwitzen und zu weinen und auch<br />
ich konnte die Tränen nicht bei mir<br />
halten.<br />
Obwohl es uns nicht verboten war<br />
miteinander zu sprechen, so redete<br />
doch keiner in seinem Schmerz und<br />
Kummer.<br />
Sie Stricke waren so kunstvoll gebunden,<br />
dass niemand sie aufschneiden<br />
noch von seinen Füßen<br />
lösen konnte. Auch tröstete mich<br />
nicht der Gedanke, dass vielen,<br />
die in ihr Gemach geführt wurden,<br />
große Schmach bevorstand und wir<br />
alle unsere Vermessenheit in dieser<br />
Nacht abbüßen konnten.<br />
Obwohl einige von uns ihre Augen<br />
nicht schließen konnten, schlief ich<br />
schließlich erschöpft ein. Im Schlaf<br />
hatte ich einen Traum, sicher hatte<br />
er nicht viel zu bedeuten, aber<br />
ich will ihn trotzdem erzählen. Ich<br />
träumte, ich befände mich auf<br />
einem hohen Berg. Vor mir war ein<br />
großes und weites Tal. In diesem<br />
Tal sah ich sehr viele Menschen.<br />
Jeder von ihnen hatte am Kopf einen<br />
Faden, mit dem er am Himmel<br />
befestigt war. Einige von ihnen hingen<br />
in unterschiedlichen Höhen und<br />
etliche standen noch auf der Erde.<br />
Ein alter Mann mit einer Schere flog<br />
nun herum und schnitt ab und zu einen<br />
Faden ab. Die, die sich nahe<br />
dem Boden befanden, erlitten kaum<br />
Schaden, fiel aber einer aus großer<br />
Höhe, erschüttete sogar die Erde.<br />
Einige hatten dass Glück, dass der<br />
Faden nachgelassen wurde und sie<br />
den Erdboden erreichten, bevor der<br />
Faden abgeschnitten wurde. Bei<br />
solchem Gepurzel hatte ich meine<br />
Freude, vor allem, wenn sich einer,<br />
hoch in den Lüften der Hochzeit<br />
entzogen hatte, nun schändlich herunterfiel<br />
und dabei auch noch einige<br />
Nachbarn mit sich nahm. Auch<br />
freute ich mir für die, die sich immer<br />
auf der Erde aufgehalten hatten,<br />
weggehen konnten, ohne dass ihre<br />
Nächsten es bemerkten.<br />
Doch plötzlich stieß mich ein Mitgefangener<br />
unversehens an, dass ich<br />
erwachte, was mir gar nicht gefiel.<br />
Ich dachte über meinen Traum<br />
nach und erzählte ihn dann meinem<br />
Tischnachbarn, der auf der anderen<br />
Seite neben mir lag. Ihm gefiel<br />
der Traum ebenfalls und meinte<br />
darin würde sich vielleicht eine Hilfe<br />
verstecken. Mit dieser Unterhaltung<br />
vertrieben wir uns die restliche<br />
Nacht und erwarteten mit Sehnsucht<br />
den kommenden Tag.<br />
***<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 9
Heilungsdaten<br />
Dezember - März 2011/2012<br />
„Ich will dem Durstigen geben von der<br />
Quelle <strong>des</strong> lebendigen Wassers<br />
umsonst“<br />
Monat<br />
Dez 04. 12. 19. 25.<br />
Jan 01. 08. 15. 21. 28.<br />
Feb 04. 11. 17. 24.<br />
März 03. 09. 16. 23. 30.<br />
Gemeinsamer Heilungsdienst<br />
Jede Woche, wenn der Mond in ein kardinales Zeichen<br />
tritt, versammeln sich auf der ganzen Welt die<br />
Freunde <strong>des</strong> RCF (Rosicrucian Fellowship), um<br />
durch ernsthaftes Beten geistige Heilkraft vom Vater<br />
zu erbitten.<br />
Wenn auch Du Dich daran beteiligen möchtest,<br />
versuche Dich an den Heilungstagen um 18.30 Uhr<br />
(19.30 Sommerzeit) an einem geeigneten Ort zu<br />
entspannen und konzentriere Dich mit aller Kraft<br />
Deiner Gedanken in Gemeinschaft mit allen Freunden<br />
auf das Göttliche in Dir.<br />
10 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
Seit Jahrhunderten haben die „Rosenkreuzer“<br />
sich zum Ziel gesetzt, den Körper zu heilen,<br />
damit er einen gesunden Verstand und eine<br />
reine Liebe beherbergen möge, denn es kann<br />
niemand unter den Bedingungen eines neuen<br />
Himmels und einer neuen Erde leben, der nicht<br />
den dazu passenden Körper aufgebaut hat, der<br />
das „Hochzeitskleid“ genannt wird.<br />
Dies ist der Grund unserer Heilungstätigkeit<br />
und es ist die Bedeutung unseres Leitwortes:<br />
Ein urteilsfähiger Verstand<br />
ein fühlen<strong>des</strong> Herz<br />
ein gesunder Körper<br />
Jeder der Heilungen unterstützt, soll dies<br />
kostenlos ohne Entgelt tun und dabei allen<br />
nach seinen besten Fähigkeiten dienen. Auch<br />
Christus gab seinen Jüngern die zwei Gebote:<br />
„Predigt das Evangelium (der kommenden<br />
Zeit) und heilt die Kranken.“<br />
In unserem Körper haben wir zwölferlei Salze,<br />
die für uns sehr lebenswichtig sind. Sie entsprechen<br />
auch den zwölf Zeichen <strong>des</strong> Tierkreises.<br />
Es sind keine mineralischen Salze wie man<br />
gewöhnlich annimmt, sondern „Pflanzen“,<br />
denn das Mineral hat keinen Lebensleib. Wir<br />
müssen uns <strong>des</strong>halb diese Salze aus dem Pflanzenreich<br />
beschaffen, denn nur durch sie ist eine<br />
Assimilation möglich. Erhitzen wir die Pflanzen,<br />
zerstören wir in ihnen den Lebensleib und<br />
es bleiben nur die mineralischen Teile übrig.<br />
Wenn wir aber die Salze in unserem Körper<br />
ergänzen wollen, müssen wir sie von ungekochten<br />
Pflanzen nehmen.<br />
Die richtige Lebensweise ist weder Fasten<br />
noch Schmausen, sondern dem Körper jene<br />
Elemente zu geben, die notwendig sind, um ihn<br />
als Instrument <strong>des</strong> Geistes bei guter Gesundheit,<br />
Kraft und Leistungsfähigkeit zu erhalten.<br />
Der Leib ist der „Tempel Gottes“ und es ist<br />
eine große Sünde, ihn zu verunreinigen, zu zerstören<br />
oder in irgendeiner Art zu verstümmeln.<br />
(Gedankensplitter von Max Heindel aus dem Buch „Okkulte<br />
Prinzipien der Gesundheit und Heilung“. Erältlich über den<br />
Buchhandel ISBN 3-906414-16-7 oder unserem RCF-Onlineshop<br />
www.shop.rosen-kreuzer.eu)
„Wortzeichnungen“ zum Tierkreis<br />
Beatrix Liebe<br />
Jungfrau<br />
Zeit zum Ernten<br />
Wenn um Weihnachten das Zeichen<br />
Jungfrau am östlichen Horizont aufgeht,<br />
ist es stimmig, von den Eigenschaften<br />
dieses Tierkreiszeichens<br />
zu lesen. Ebenso stimmig ist der<br />
größte Teil dieses Textes im Sonnenstand<br />
der Jungfrau entstanden.<br />
Damit hoffe ich, dass meine Wortbilder<br />
viele von ihren Eigenarten für<br />
euch einfangen konnten, so wie ich<br />
sie in diesem Jahr erleben durfte.<br />
Meine letzten Ergänzungen schreibe<br />
ich in der warmen Herbstsonne<br />
<strong>des</strong> Oktober, in der Schwingung von<br />
Waage, und hoffe, dass mir diese<br />
Sonnenkraft hilft, zu einem ausgewogenen<br />
Ergebnis zu kommen. Da<br />
momentan Saturn durch dieses Zeichen<br />
wandert, will ich gleich vorweg<br />
meine beschränkten Möglichkeiten<br />
eingestehen. Sicher kann ich euch<br />
nicht mehr als ein paar winzige<br />
Puzzleteile zum Verständnis dieses<br />
Archetypen anbieten, mit der Hoffnung,<br />
dass sie ein wenig zusammenpassen<br />
und ihr das große Bild<br />
erahnen könnt.<br />
Dieser Artikel ist nicht zum Lernen<br />
gedacht, denn dafür ist es sinnvoller,<br />
sich auf den roten Faden von<br />
kurzen knappen Schlüsselworten<br />
zu stützen, wie ihr sie auf meinen<br />
Karten findet. Hier an dieser Stelle<br />
beginne ich zu malen, dem ein oder<br />
anderen Schlüsselwort einen Zierbuchstaben<br />
voranzustellen oder auf<br />
die Parallelen zwischen Sternzeicheneigenschaften<br />
und Natur hinzuweisen.<br />
Nur beim Zeichen Fische<br />
ist uns in noch überwältigenderer Art<br />
bewusst, wie wenig wir vom wahren<br />
Wesen eines solchen Archetypus<br />
erfassen können, der sich in der Unendlichkeit<br />
<strong>des</strong> Raums verliert.<br />
Das Sternzeichen Jungfrau ist wenigstens<br />
so gnädig, sich in erster<br />
Linie auf die Fülle der menschlich<br />
erfassbaren Ordnungen zu konzentrieren,<br />
auch wenn der göttliche<br />
Atem sie ebenso durchströmt wie<br />
alle anderen Zeichen, worauf die<br />
enge Beziehung zur Wintersonnenwende<br />
hinweist. Aber da uns<br />
nach einem tätigen Sommer die<br />
Gewohnheit, uns um alle möglichen<br />
menschlichen Angelegenheiten zu<br />
kümmern, momentan noch sehr<br />
vertraut ist, gewährt uns ihre Art und<br />
die Schwingung dieser Zeit einen<br />
langsamen Übergang in die stark<br />
geistig ausgerichtete Phase <strong>des</strong><br />
Winterhalbjahres.<br />
Wie in jedem Jahr, bricht der Sommer<br />
bei uns ganz plötzlich ab. Auf<br />
einmal ist deutlich, dass nicht mehr<br />
viele Tomaten am Strauch ausreifen<br />
werden und wir die letzten, wie immer,<br />
in einem dunklen Karton nachreifen<br />
lassen müssen, um sie rot genießen<br />
zu können. Davon sind wir<br />
aber noch ein wenig entfernt und<br />
hoffen jeden Tag auf einen warmen<br />
Sonnentag, der das Pflücken von<br />
frischen, am Strauch gereiften Tomaten<br />
ermöglicht.<br />
Zunächst sind wir in der Jungfrau-<br />
Zeit also noch damit beschäftigt<br />
zu ernten und möglichst effektiv<br />
aufzubewahren, was uns die Natur<br />
in diesem Sommer geschenkt<br />
hat. Handwerklich begabt und mit<br />
einem gewissen Sinn für praktische<br />
Lösungen, haben Jungfrau-Menschen<br />
keine Mühe, sich vielfältige<br />
Konservierungsmethoden und Aufbewahrungsorte<br />
einfallen zu lassen<br />
bzw. sortieren schnell aus, welche<br />
für das ein oder andere Gemüse<br />
und Obst sowie die örtlichen Gegebenheiten<br />
geeignet wären.<br />
Die Rosen haben noch etliche<br />
Knospen angesetzt, von denen<br />
viele nicht mehr aufgehen werden.<br />
Für die sorgfältige Vorbereitung<br />
dieser schönen Blüten werden<br />
die Nächte bei uns im Voralpenland<br />
schon zu kühl und nur noch<br />
einzelne Tage sind warm genug.<br />
Denn das Erdzeichen Jungfrau<br />
zeigt sich nun kalt und trocken, wo<br />
vorher noch die intensive Wärme<br />
von Löwe keinen Gedanken an ein<br />
Ende <strong>des</strong> Sommers aufkommen<br />
ließ. Dafür haben diese Rosen, die<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 11
dann im Oktober noch in Blüte stehen,<br />
einen besonders reinen und<br />
erlesenen Charme, der jede von<br />
ihnen zu einer Besonderheit macht,<br />
einer „Jungfrau“ eben.<br />
Im September gibt es die ersten<br />
Phasen von stabilem, trockenem,<br />
aber nicht mehr so warmem Wetter,<br />
ebenso wie die Emotionen in Jungfrau<br />
abkühlen und uns ihr nüchterner<br />
Verstand auf den Boden der<br />
Realitäten herunterholt. Die deutlich<br />
mildere Herbstsonne lädt ein,<br />
so viel Zeit wie möglich draußen<br />
zu verbringen, um sich wohltuend<br />
von ihr aufladen und wärmen zu<br />
lassen. So verbinden wir mit dieser<br />
nicht mehr ganz so feurigen Sonne<br />
auch den Gedanken an ihre positive<br />
Wirkung für unsere Gesundheit<br />
und genießen es bewusst, dass<br />
uns die Sonnentage einen leichteren<br />
Kontakt zu unseren Nachbarn<br />
und Freunden gewähren, wenn wir<br />
uns beim Ernten zu einem kleinen<br />
Plausch über den Gartenzaun lehnen,<br />
der manchmal auch nur eine<br />
Balkonbrüstung ist.<br />
Noch ist das meiste Laub der<br />
Bäume grün, aber die Hagebutten<br />
leuchten schon intensiv rot auf<br />
den Wildrosenbüschen. Wer diese<br />
Früchte für den Winter nützen will,<br />
muss sich fleißig ans Sammeln<br />
machen und mit ein wenig Arbeitsaufwand<br />
rechnen, ehe er ihre wohltuende<br />
Wirkung genießen kann.<br />
Steht für diese Aufgabe die ausdauernde<br />
Geduld einer harmonischen<br />
Jungfrau-Betonung zur Verfügung,<br />
wird das keine wirklichen Schwierigkeiten<br />
bereiten. Mit einem gewissen<br />
Sinn für die kleinen Anzeichen<br />
<strong>des</strong> Übergangs in eine neue Jahreszeit,<br />
kann Jungfrau recht wirklichkeitsnah<br />
„mitten im Sommer“ an<br />
den Winter denken. Aufmerksam<br />
notiert sie so kleine Details wie,<br />
dass der Ahorn seine ersten Blätter<br />
manchmal schon abgeworfen<br />
hat und da und dort beginnt, gelbe<br />
12 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
Lichter in das Grün zu setzen. Diese<br />
ersten Zeichen der Umstellung<br />
entgehen der schnellen Auffassung<br />
und guten Beobachtungsgabe der<br />
Jungfrau nicht, auch wenn sie sich<br />
von anderen Erfordernissen ebenso<br />
schnell wieder ablenken lässt.<br />
Wer den Morgen schätzt, sieht die<br />
ersten Frühnebel aufziehen, die<br />
schneeweiß auf den Wiesen liegen.<br />
Ernüchternd und feucht legen sie<br />
sich auf unser vom Sommer noch<br />
beschwingtes Gemüt. Auch mir<br />
geht es beim Schreiben dieser Zeilen<br />
ähnlich: Wo ich eben noch voller<br />
Begeisterung Wortbilder malen<br />
konnte, kommt mir der Gedanke,<br />
ob es überhaupt Sinn macht, noch<br />
mehr Text zu produzieren, wenn an<br />
das VLB täglich im Schnitt 950 neue<br />
Titel gemeldet werden. Welche Autoren<br />
schreiben da für welche Leser?<br />
Gibt es noch irgendein Thema,<br />
über das nicht schon geschrieben<br />
wurde? – Nun, dieser Artikel ist kein<br />
Buch (will es vielleicht mal werden –<br />
nur noch sehr vielleicht), sodass ich<br />
das monströse „Verzeichnis der lieferbaren<br />
Bücher“ vermutlich damit<br />
nicht belasten werde.<br />
Zurück zum Frühnebel, der sich<br />
in den Septemberwochen noch<br />
häufiger zeigen wird: Das Gras<br />
ist feucht vom Tau und böte Gele-<br />
Foto: Maren Beßler / pixelio.de
genheit zu einer kleinen privaten<br />
Kneippkur – völlig rezept- und kostenfrei,<br />
wenn wir in der Lage sind,<br />
unsere Bequemlichkeit mit dem Gedanken<br />
an unsere verbesserte Gesundheit<br />
in die Flucht zu schlagen.<br />
Der Gedanke an ihre Gesundheit ist<br />
für viele „Jungfrauen“ der Antrieb,<br />
auf die eine oder andere Annehmlichkeit<br />
im Konsumentenleben eines<br />
modernen Menschen zu verzichten<br />
oder gar entgegen den eigentlichen<br />
Neigungen ihre Zeit mit Bewegung<br />
und Sport zu verbringen. Eine wahre<br />
„Jungfrau“ hat allerdings noch viele<br />
„Rezepte“ zur Verbesserung ihrer<br />
Gesundheit auf Lager, sodass wir<br />
uns den morgendlichen Ausflug in<br />
die Wiese vielleicht sparen können.<br />
Außerdem begegnet man jetzt<br />
überall den feinen Fäden und zierlich<br />
kunstvollen Netzen unserer<br />
Spinnen, die auf ihre Art die geflügelten<br />
kleinen Wesen „ernten“, die<br />
ein glückliches Sommerleben hinter<br />
sich haben. Selbst bescheiden<br />
und anspruchslos, im Hintergrund<br />
jedoch ständig tätig, zeigen die<br />
Spinnen im Altweibersommer ihre<br />
flinke Geschicklichkeit. Die zarten<br />
Gewebe halten nicht lange, weil die<br />
großen Wesen auf dieser Erde immer<br />
wieder rücksichtslos an den Fäden<br />
reißen. Es ist also sehr sinnvoll,<br />
dass sie ausdauernd und schnell<br />
wieder nacharbeiten können, was<br />
so grob zerstört wurde. Und wer<br />
es mit oder ohne Tautreten schafft,<br />
am Morgen den Sonnenaufgang zu<br />
bewundern, kann die glitzernden<br />
Tautropfen auch in diesen „Spitzendecken<br />
der Natur“ hängen sehen,<br />
wo sie im Sonnenlicht schillern und<br />
glitzern.<br />
Alles, was wir um diese Jahreszeit in<br />
der Natur sehen und erleben, ist uns<br />
nicht mehr selbstverständlich, sondern<br />
klingt bereits nach Abschied,<br />
sodass wir genauer hinsehen und<br />
fast analytisch betrachten, was die<br />
einzelnen Dinge uns mit dem vergangenen<br />
Sommer geschenkt haben.<br />
Dieses rückwärts gerichtete<br />
Betrachten, Zählen, Auswerten und<br />
Sortieren entspricht ganz stark dem<br />
Zeichen Jungfrau, das den ersten<br />
oder unteren Halbkreis im natür-<br />
lichen Tierkreis abschließt. Die Natur<br />
hat den oberirdischen Teil ihrer<br />
Entwicklung gelebt, vom ersten<br />
Spross in Widder bis zur Reife und<br />
Vollendung ihrer tätigen Betriebsamkeit<br />
in Jungfrau, die anzeigt,<br />
dass weiteres Wachstum nicht mehr<br />
äußerlich sichtbar sein wird.<br />
Auch im Rhythmus <strong>des</strong> Jahreslaufs<br />
spüren wir diesen Einfluss,<br />
denn die turbulenten Aktivitäten<br />
<strong>des</strong> Sommers finden langsam ein<br />
Ende. Nachdem wir von einem Fest<br />
zum nächsten geeilt, die Fahrräder<br />
kaum zur Ruhe gekommen sind<br />
und die Ba<strong>des</strong>achen direkt von der<br />
Trockenleine wieder in die Tasche<br />
gesteckt wurden, werden die Zeiten<br />
zwischen diesen Aktivitäten jetzt<br />
länger. Wie Leuchtkäfer im Dunkeln<br />
heben sich die Sonnentage, die wir<br />
gemütlich oder tätig in der Natur<br />
verbringen dürfen, deutlich ab. Wir<br />
genießen die Ausflüge an den einzelnen<br />
strahlend schönen Herbsttagen,<br />
die nun viel früher ein Ende<br />
finden.<br />
Mit diesem neuen Bewusstsein für<br />
ein sich abzeichnen<strong>des</strong> Ende nach<br />
außen gerichteter Aktivitäten betrachten<br />
wir unser Leben und sortieren<br />
aus: „Die guten ins Töpfchen,<br />
die schlechten ins Kröpfchen“, um<br />
mit Aschenputtel zu sprechen. Ehe<br />
es auf den Ball darf um den Prinzen<br />
zu sehen, muss es fleißig die Erbsen<br />
auslesen, sein Leben, seine<br />
Angelegenheiten reinigen. Das ergibt<br />
eine Reinheit, die nicht der Art<br />
kindlicher Unschuld entspricht, sondern<br />
durch ganz bewusste Auseinandersetzung<br />
mit all den Dingen,<br />
die unser Leben berühren, erreicht<br />
wird. Auch wenn die Herausforderungen<br />
scheinbar von außen aufgesetzt<br />
sind (die Stiefmutter kippt<br />
die Erbsen in die Asche und stellt<br />
die unmögliche Bedingung), geht es<br />
an dieser Stelle in unserem Leben<br />
um die Bereitschaft zur Auseinandersetzung<br />
mit allem, was unser<br />
Leben unnötig beschwert und uns<br />
durch seinen Ballast von unserem<br />
wahren Weg zur Vollkommenheit<br />
ablenkt. Auch wenn wir noch endlos<br />
von diesem Ziel entfernt scheinen,<br />
begegnen wir bei dieser wichtigen<br />
Station auf unserem Weg dem The-<br />
ma doch zum ersten Mal bewusst,<br />
denn Jungfrau wird von Merkur, der<br />
Planetenenergie der Vernunft und<br />
Logik regiert. Ihr Gegenzeichen<br />
sind die Fische, deren Träume und<br />
Visionen uns stützen und schützen<br />
werden, wenn wir vor dem scharfsinnigen<br />
und realitätsbewussten<br />
Geist der Jungfrau-Schwingung<br />
nicht bestehen können.<br />
Schreiben wir also Listen, erstellen<br />
wir Statistiken, vertiefen wir uns<br />
in die Sammlung aller Details, um<br />
schließlich mit einem dicken Rotstift<br />
herauszustreichen, was sich<br />
als sinnlos erwiesen hat oder unnötigen<br />
Aufwand erfordert, der dem<br />
wesentlichen Ziel unseres Weges<br />
nicht gerecht wird. Ohne dieses<br />
Sammeln und Sortieren fehlt uns<br />
das Bewusstsein für die logischen,<br />
kausalen Zusammenhänge, die<br />
sich in erster Linie aus dem Rückblick<br />
ergeben. Methodisch und<br />
systematisch zusammengestellt,<br />
bilden sie die Basis für unsere Entscheidungen,<br />
die wir dann letztendlich<br />
aus dem Bauch heraus<br />
treffen, weil wir bei der Fülle an Daten<br />
und Informationen längst den<br />
großen Überblick verloren haben<br />
– zutiefst menschlich. Ohne diese<br />
Basis würden sich unsere Bauchentscheidungen<br />
jedoch als weniger<br />
zuverlässig erweisen, denn wir hätten<br />
uns auf die Fühlseite unseres<br />
Wesens reduziert, die zwar im<br />
Oppositionszeichen Fische seine<br />
Vollendung sucht, sich aber ohne<br />
Grundlage in den Wolkenschlössern<br />
unserer Träume verliert. Ist es<br />
bei dieser, für die meisten nachvollziehbaren,<br />
Verbindung nicht konsequent,<br />
dass dem Zeichen Jungfrau<br />
die Verdauungsorgane zugeordnet<br />
sind? Nach neuesten Erkenntnissen<br />
ist unser Darm dicht mit Nervenzellen<br />
besetzt, die unseren<br />
Gehirnzellen erstaunlich ähnlich<br />
sind, ja entsprechen. Zwischen ihnen<br />
und den Gehirnzellen findet ein<br />
ständiger Austausch statt, wobei<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 13
mehr Informationen nach oben fließen<br />
als umgekehrt.<br />
Wir müssen nach unserer Geburt<br />
aus der Einheit der geistigen Welten<br />
in der Materie zunächst teilen und<br />
kritisch unterscheiden lernen, um<br />
soweit möglich bewusst zu verstehen,<br />
was unser logischer Verstand<br />
erfassen kann. Das üben wir im Abschnitt<br />
<strong>des</strong> ersten Quadranten über<br />
die Methode der ganz und gar körperlichen,<br />
für das Ich dieser Welt<br />
greifbaren, Erfahrungen.<br />
Mit dem zweiten Quadranten wenden<br />
wir uns dem Du der gefühlten<br />
Beziehungen zu. Wir erleben auf<br />
der sehr persönlichen Ebene unseres<br />
Unterbewusstseins intensive<br />
menschliche Gefühle, die unsere<br />
Psyche formen und prägen. Für den<br />
Übergang auf die Ebene <strong>des</strong> bewussten<br />
Verstehens von einem so<br />
wichtigen Thema wie den menschlichen<br />
Beziehungen, der willentlichen<br />
Auseinandersetzung mit der<br />
Suche nach einer neuen Einheit,<br />
14 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
benötigen wir die vorbereitende<br />
Schwingung <strong>des</strong> Zeichens Jungfrau.<br />
Wir müssen unsere eigenen<br />
Gefühle erkennen und analysieren<br />
können, wenn wir harmonisch mit<br />
einem Partner zusammenleben wollen.<br />
Ansonsten bilden verwegene<br />
Fehlinterpretationen jede Menge<br />
Anlässe für Streit und Verletzungen.<br />
Das erste Merkur-Zeichen Zwillinge<br />
schließt den ersten Quadranten ab<br />
und öffnet uns durch seinen Einfluss<br />
die Möglichkeiten der Sprache<br />
und eines spielerischen, kindlichen<br />
Miteinanders. Das zweite Merkurzeichen<br />
Jungfrau hilft uns, Ordnung<br />
in die Wechselbäder der Gefühle zu<br />
bringen, denen wir uns mit der Öffnung<br />
für das Du ausgesetzt haben.<br />
Die Qualität der Merkurkräfte ist gereift<br />
und nun in der Lage, Gefühle<br />
in Worte zu fassen, erklärend in die<br />
Tiefen <strong>des</strong> menschlichen Miteinanders<br />
vorzudringen. Mit Hilfe der<br />
Sprache sind wir einigermaßen in<br />
der Lage, vermittelnd in die Gestaltung<br />
unserer Beziehungen einzugreifen.<br />
Wenn wir dazu nicht in der Lage<br />
sind, weil wir nicht den Mut finden,<br />
uns solchen Wahrheiten zu stellen,<br />
erhalten wir mehr oder weniger<br />
deutliche Signale von unserem Kör-<br />
per. Er versucht mit uns in Bildern<br />
zu sprechen, auszudrücken, „was<br />
wir hinuntergeschluckt haben“ oder<br />
zu korrigieren, was wir unkontrolliert<br />
„ausgespuckt“ haben, weshalb die<br />
Themen von Gesundheit und Krankheit<br />
stimmig in das sechste Haus<br />
mit seiner Jungfrau-Schwingung<br />
passen und auch dem Bewusstsein<br />
<strong>des</strong> Zeichens für Gesundheit und<br />
Ernährung entsprechen.<br />
Wenn manche dieser „Jungfrauen“<br />
alles perfekt gelöst zu haben scheinen,<br />
alle Anweisungen von Ärzten<br />
und Therapeuten strikt befolgen<br />
und sich akribisch darum bemühen,<br />
ein möglichst gesun<strong>des</strong> Leben<br />
zu führen, aber dennoch nicht die<br />
gewünschten Erfolge verzeichnen<br />
können, weist das darauf hin, dass<br />
sie dazu tendieren, Merkur und ihrem<br />
logischen Verstand die Alleinherrschaft<br />
zu überlassen und ihre<br />
Gefühle wegzuschließen. Die Verbindung<br />
zum „Bauchhirn“ scheint<br />
unterbrochen. Ich empfinde diesen<br />
Stolperstein als eine der größten Herausforderungen<br />
im Zeichen Jungfrau.<br />
Wenn die nach menschlichem<br />
Ermessen angestrebte Perfektion<br />
einer Lösung Vorrang vor dem warmen<br />
Mitgefühl intensiver Zuneigung<br />
hat und damit das Gleichgewicht<br />
zwischen zwei Polen unseres Seins<br />
gestört ist, leidet unsere Seele und<br />
der Körper kann trotz aller vernünftigen<br />
Bemühungen nicht gesund<br />
werden. Insofern verlangt Jungfrau<br />
die analytische Konfrontation mit<br />
den bislang verdrängten oder zurückgestellten<br />
Werten und Gefühlen<br />
in unserem Leben.<br />
Der von dieser Schwingung gewählte<br />
Weg zu den tiefer liegenden Inhalten<br />
führt über die Betrachtung von<br />
Details, die uns in Tausend kleinen<br />
Bildern Hinweise auf die größeren<br />
Zusammenhänge geben, wenn wir<br />
uns die Mühe machen, sie in eine<br />
sinnvolle Reihe zu stellen.<br />
Die Auswertung unserer bisherigen<br />
Lebenserfahrungen verlangt in verstärktem<br />
Maße (und das bedeutet<br />
oft wahren Mut), dass wir bereit sind,<br />
beweglich und anpassungsfähig auf<br />
die notwendigen Änderungen zu
eagieren. Auch für dieses Erdzeichen<br />
ist es keine leichte Aufgabe,<br />
alle Sicherheitsvorkehrungen hinter<br />
sich zu lassen und einen neuen,<br />
unbekannten Weg einzuschlagen.<br />
Wo jedoch ein Stier genau weiß,<br />
was er haben und halten möchte,<br />
und einem Steinbock deutlich klar<br />
ist, was er anstrebt, kann sich die<br />
so viel beweglichere Jungfrau leider<br />
oft nicht entscheiden, ob denn nun<br />
wirklich alle notwendigen Informationen<br />
als Basis für den nächsten<br />
Schritt gesammelt sind. Und so<br />
bleibt sie oftmals in den Vorbereitungen<br />
stecken, bis äußere Ereignisse<br />
mit entsprechendem Druck<br />
einen Entschluss vorantreiben.<br />
Betrachtet man sich die Tage der<br />
Jungfrau-Zeit, kann man ähnliche<br />
Verhältnisse entdecken. Zunächst<br />
wird das Gefühl von Sommer so lan-<br />
ge als möglich aufrechterhalten. Die<br />
Tage sind oft noch kräftig warm, die<br />
Temperaturen in den Nächten noch<br />
nicht so extrem abgekühlt. Also<br />
können wir uns dem Anschein von<br />
Sommer noch problemlos hingeben,<br />
bis wir die erste wirklich kalte Nacht<br />
erleben, mit der dann auch der Morgennebel<br />
auftaucht. Und jetzt ist uns<br />
plötzlich klar, dass unsere Erntezeit<br />
nicht mehr lange gehen wird und<br />
wir die letzten Vorräte für den Winter<br />
schleunigst einbringen müssen.<br />
Denn bald schwingt „Waage“ durch<br />
die Luft, und die Blätter beginnen<br />
sich zu färben und zu fallen.<br />
Bis dahin setzen wir jedoch erfinderisch<br />
noch unser ganzes Geschick<br />
ein, um all das für den Winter zu<br />
konservieren, was wir zu benötigen<br />
meinen. Da mit den kühleren<br />
Außentemperaturen bzw. dem<br />
ständigen Schwanken zwischen<br />
heißen Sonnenstunden und kalten<br />
Winden oder Abendtemperaturen<br />
auch unsere „Erkältungen“ auf dem<br />
Programm stehen, verwundert es<br />
nicht, dass von Jungfrau geprägte<br />
Menschen oft eine Begabung für<br />
das Sammeln, Zubereiten und Anwenden<br />
von Heilmitteln für unsere<br />
alltäglichen kleinen Beschwerden<br />
haben. Ihre sorgfältige und methodische<br />
Art unterstützt sie bei dieser<br />
Arbeit, ihr analytischer Geist zeigt<br />
ihnen die Verbindung zwischen<br />
Missbehagen und Heilmittel und<br />
ihre einfühlsame Pflege rundet die<br />
Behandlung ab. Intelligent und<br />
praktisch haben sie ein System für<br />
die Aufbewahrung und Konservierung<br />
ihrer Heilmittel entwickelt, die<br />
getrocknet und als Cremes, Tinkturen<br />
und Essenzen den Winter<br />
überdauern können. Methodisch<br />
geordnet abgelegt, können sie<br />
bei Bedarf darauf zugreifen und<br />
über die detailliert notierten Eigenschaften<br />
der jeweiligen Pflanzen<br />
auswählen, was das zutreffendste<br />
Mittel im aktuellen Fall wäre. Sie<br />
haben den Sommer genützt, um<br />
sich gut vorbereitet den Herausforderungen<br />
<strong>des</strong> Winterhalbjahres<br />
stellen zu können. Wenn im Laufe<br />
<strong>des</strong> September die Sonnenkräfte<br />
immer zurückhaltender wärmen,<br />
ist die bescheidene und stille Arbeit<br />
dieser Jungfrau-Menschen längst<br />
getan. – Die Verbindung zu den<br />
Pflanzen gibt uns übrigens wieder<br />
einen Hinweis auf das Gegenzeichen<br />
Fische.<br />
Wie schon angedeutet, spüren wir<br />
die Jungfrau-Schwingung auch<br />
im Lebensbereich <strong>des</strong> 6. Hauses.<br />
Seine Hauptthemen sind soziale<br />
Einordnung, unsere Arbeit als Erwerbsgrundlage<br />
sowie Gesundheit<br />
und Ernährung. Wenn wir unsere<br />
Entwicklung in Siebenjahresschritten<br />
betrachten, die jeweils durch<br />
die Häuserthemen beschrieben<br />
werden, haben wir mit dem 6. Haus<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 15
im Alter zwischen 35 und 42 Jahren<br />
den ersten Punkt erreicht, von<br />
dem aus wir zurückblicken. Bis<br />
jetzt war jeder Tag in unserem Leben<br />
Tätigkeit und geprägt von <strong>des</strong>sen<br />
Notwendigkeiten. Ruhephasen<br />
waren nur nötig, wenn wir unsere<br />
Kräfte zu arg verausgabt haben.<br />
Unter dem Einfluss vom Jungfrau-<br />
Haus stellen wir in Frage, welchem<br />
tieferen Sinn all diese Tätigkeiten<br />
dienen, ob sie ihn überhaupt enthalten,<br />
und ob wir sie weiterführen<br />
oder einen neuen Kurs einschlagen<br />
wollen. Die notwendige Krise <strong>des</strong><br />
in Frage Stellens aller gewohnten<br />
Abläufe lässt uns geduldig und<br />
akribisch Listen über Listen mit Für<br />
und Wider aufstellen, um über eine<br />
ausreichende Grundlage für die<br />
Entscheidung zu unserem nächsten<br />
Schritt zu verfügen.<br />
Erst wenn wir die innere Ordnung<br />
unserer Gedanken und Gefühle<br />
durch dieses Ernten und Auswerten<br />
der bisherigen Erfahrungen<br />
hergestellt haben, sind wir fähig,<br />
uns auf ein sinnvolles Miteinander<br />
einzulassen. Deshalb betrifft das<br />
6. Haus auch die Ordnungen <strong>des</strong><br />
menschlichen Miteinanders. Wir<br />
versuchen, die nach unseren Vorstellungen<br />
notwendigen Strukturen<br />
für eine funktionierende menschliche<br />
Gesellschaft zu finden. Zu<br />
einem großen Teil findet diese erste<br />
ernsthafte Gemeinsamkeit mit dem<br />
Eintritt in unsere Arbeitswelt statt.<br />
„Der Ernst <strong>des</strong> Lebens beginnt.“,<br />
wie einem zu dieser Zeit nur allzu<br />
gern vorgehalten wird. Wir verbringen<br />
einen sehr großen Teil unseres<br />
Lebens bei der Arbeit. Hier können<br />
wir auf relativ neutralem Boden<br />
üben, was sich später in den festen<br />
Beziehungen unseres Lebens bewähren<br />
muss.<br />
Recht bald nachdem wir in die Arbeitswelt<br />
eintreten, bemerken wir,<br />
dass es nicht nur um das Erbringen<br />
der gewünschten Leistungen<br />
in möglichst optimaler Form geht.<br />
16 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
Vielmehr spüren wir sehr bald, wie<br />
sehr diese Leistungen von unserer<br />
Stimmung, vom Verhältnis zu unserer<br />
Arbeit abhängen. Verrichten<br />
wir sie gerne und mit Freude,<br />
scheint sie sich fast von alleine zu<br />
erledigen. Also müssen wir auch in<br />
diesem Bereich Denken und Fühlen<br />
miteinander zu verbinden lernen.<br />
Um über den entsprechenden<br />
Schwung in unserer Arbeitswelt zu<br />
verfügen, müssen wir uns bewusst<br />
mit der Gestaltung unseres Arbeitsumfel<strong>des</strong><br />
befassen. Das beginnt<br />
mit der Wahl einer geeigneten Ausbildung<br />
und bleibt ein beständiges<br />
Thema, solange wir mit äußeren<br />
Einflüssen, sprich der Zusammenarbeit<br />
mit Kollegen und Vorgesetzten<br />
oder Mitarbeitern in diesem<br />
Bereich konfrontiert sind. Da wir<br />
heute unsere Tätigkeiten häufiger<br />
wechseln, ist es uns leichter möglich,<br />
immer wieder neu zu prüfen, ob<br />
wir an der richtigen Stelle sind und<br />
je nach Ergebnis entsprechende<br />
Anpassungen vorzunehmen. Diese<br />
veränderte berufliche Situation gibt<br />
uns aber auch vermehrte Chancen,<br />
unsere wirkliche Berufung auf einen<br />
zweiten, dritten oder vierten Ansatz<br />
zu verwirklichen.<br />
Und wenn ich nun die vorausgehenden<br />
Zeilen betrachte, stelle ich<br />
fest, dass Vieles nicht gesagt, viele<br />
Bilder nicht aufgegriffen wurden. Ich<br />
werde also auch hier in einem zweiten,<br />
dritten oder vierten Ansatz versuchen<br />
zu ergänzen, was immer mir<br />
möglich ist. – Denn jetzt schwingt<br />
schon „Waage“ durch die Luft, mein<br />
„Hollerbaum“ hat bereits viele seiner<br />
Blätter verloren und Dunkelheit<br />
steht am Anfang und Ende der so<br />
schönen, sonnigen Herbsttage. Dafür<br />
habe ich in diesem Herbst einen<br />
neuen Stern an meinem Himmel<br />
entdeckt! Er heißt Carina Jasmin,<br />
und dieses erste Enkelkind hat „natürlich“<br />
das bezauberndste Lächeln,<br />
das man sich vorstellen kann, obwohl<br />
der Start in ein Erdenleben<br />
auch in solch fortschrittlichen Zeiten<br />
nicht ganz einfach ist.<br />
… und weil Waage für die ewige<br />
Suche nach dem Gleichgewicht<br />
steht: Gerade als ich diese ab-<br />
schließenden Zeilen zu Papier gebracht<br />
hatte, wurde direkt vor dem<br />
Gartenzaun meine kleine Katze<br />
Fanni tot gefahren, die ich in den<br />
acht Wochen, die sie bei mir sein<br />
durfte, lieben und schätzen gelernt<br />
habe. Leben und Sterben begleiten<br />
uns Hand in Hand durch dieses Erdenleben,<br />
während der Jahreslauf<br />
uns vom Kreis der Wiedergeburten<br />
erzählt.<br />
AstroLogik<br />
Beatrix Liebe<br />
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Der Kosmische Gesang der Geburt<br />
Die Winter-Sonnenwende beginnt<br />
am 21. Dezember und erreicht den<br />
Höhepunkt ihrer geistigen Kraft<br />
und Macht um die Mitternacht <strong>des</strong><br />
24. Dezembers – ein rein kalendarisches<br />
Datum, das in der christlich<br />
orientierten Welt als die „HEILIGE<br />
NACHT“ eingegangen ist. Für die<br />
orthodoxe Christenheit ist es eine<br />
Huldigung an das Christuskind, geboren<br />
in der kleinen Stadt Bethlehem.<br />
Der mystische Christ nimmt in dieser<br />
Nacht eine dreifache Verehrung<br />
und Weihung wahr: Er huldigt<br />
der Geburt <strong>des</strong> Christuskin<strong>des</strong> zu<br />
Bethlehem, und er bekundet seinen<br />
Dank für das zu leuchten beginnende<br />
Christus-Licht in ihm selbst.<br />
Strebt er in seinem Leben nach den<br />
höchsten Idealen, so gewinnt dieses<br />
Christus-Licht im weiteren Jahresverlauf<br />
immer mehr an Kraft und<br />
Ausstrahlung. Doch das Allerwichtigste<br />
dieser Nacht ist sein Zeugnis<br />
der Hochachtung gegenüber dem<br />
Farbe und Musik im<br />
Neuen Zeitalter<br />
Corinne Heline<br />
Die Winter-Sonnenwende<br />
SCHUBERT‘s AVE MARIA<br />
Richard Wagner‘s LOHENGRIN<br />
Copyright 1964 New Age Press, Inc.<br />
Übersetzung: Hannelore Jurthe<br />
in Seiner Glorie und Herrlichkeit<br />
erstrahlenden Geist Christi, dem<br />
höchsten Eingeweihten der erzengelischen<br />
Heerscharen, dem Herrn<br />
und Erlöser dieses Erdplaneten. Zu<br />
dieser seltsam anmutenden nächtlichen<br />
Zeit dringt ER in das Herz <strong>des</strong><br />
Planeten, um Sein Werk der Regeneration<br />
und Wiederherstellung zu<br />
erfüllen, damit diese Erde erneut auf<br />
ihren einstigen hohen Stand gehoben<br />
werden kann.<br />
Bei seinem jährlichen Herabsteigen<br />
berührt Christus zur Zeit <strong>des</strong><br />
Herbst-Äquinoktiums die physische<br />
Umhüllung, den Empfindungsleib<br />
<strong>des</strong> Erdplaneten und durchdringt<br />
in den darauf folgenden Tagen und<br />
Wochen je<strong>des</strong> seiner Atome mit der<br />
wunder-wirkenden Magie Seiner<br />
Liebe, Seines Lichtes und Seiner<br />
Kraft.<br />
Wenn ER dann zur Mitternachts-<br />
Stunde das Herz <strong>des</strong> Planeten erreicht<br />
(und wäre es dann möglich,<br />
IHN vom Außenraum her zu sehen),<br />
so nähme man einen hell leuchtenden<br />
Ball wahr, umgeben von einem<br />
überirdisch anmutenden Glorienschein,<br />
den nur die Liebe und die<br />
Macht Christi hervorzurufen vermag.<br />
Mit dem mitternächtlichen Glockenschlag<br />
dieser Heiligen Zeit<br />
geschieht es, dass ein eigenartiger,<br />
wunderbarer Frieden und eine<br />
Ruhe die Erde überzieht - der Augenblick,<br />
an dem Christus diesen<br />
Planeten Erde und alle auf ihm lebenden<br />
Wesenheiten mit Seinem<br />
allumfassenden Geist umgibt.<br />
Aus sich selbst heraus gießt ER<br />
Seinen universalen Segen der Liebe<br />
und <strong>des</strong> guten Willens. In dieser<br />
magischen Stunde umgeben tatsächlich<br />
Heerscharen von Engeln<br />
und Erzengeln diesen Erdplaneten<br />
mit einem triumphierenden Gesang,<br />
ihre göttlichen Wohltaten und<br />
ihren Segen über ihn ausschüttend<br />
und unzählige Male intoniert Christus<br />
Sein alles überwältigen<strong>des</strong><br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 17
Versprechen:<br />
„Ich bin bei Euch alle Tage bis<br />
an der Welt Ende“<br />
Stimme der Schöpfung<br />
Musik ist die harmonische Stimme<br />
der Schöpfung – ein Echo der inneren<br />
Welt. Für jeweils einen Tag ist<br />
eine Note <strong>des</strong> göttlichen Akkords<br />
dafür vorgesehen, im ganzen Universum<br />
zu erklingen.<br />
MAZZINI<br />
(Guiseppe Mazzini, 1805 – 1872,<br />
schrieb u.a. politische Artikel und<br />
Essays – H. Jurthe)<br />
Ein Teil der mystischen Zeremonien<br />
der Winter-Sonnenwende<br />
stellt die Erdeinweihung dar, in deren<br />
Verlauf der Mensch über den<br />
erhabenen Ritus der Reinigung –<br />
jenen Kampf <strong>des</strong> Geistes über die<br />
Materie – belehrt wird. Für den Eingeweihten<br />
bedeutet dies die Überwindung<br />
<strong>des</strong> letzten Fein<strong>des</strong>, <strong>des</strong><br />
To<strong>des</strong> und eine neue Geburt in der<br />
Glorie <strong>des</strong> Unsterblichen Lebens.<br />
Wem diese unvergleichlich erhabene<br />
Erfahrung zu teil wird, ist<br />
dazu ausersehen mit anderen Erleuchteten<br />
an der Vergeistigung<br />
der Atome dieses Erdplaneten mitzuwirken.<br />
Auch dieses Werk ist ein<br />
Teil der Feierlichkeiten der Winter-<br />
Sonnenwende.<br />
Der Prozess der Vergeistigung wird<br />
überwiegend durch den Ton hervorgerufen.<br />
Christus selbst fügte<br />
durch Sein Machtwort die Schlüsselnote<br />
diesem Großen Werk hinzu.<br />
Die Intonation entspricht den<br />
Worten <strong>des</strong> Johannes-Evangeliums<br />
„und alle Dinge wurden durch<br />
dasselbe (das Wort) gemacht“.<br />
Mit anderen Worten: Es war der<br />
vom Sonnengeist (Christus) aus-<br />
18 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
gegangene musikalische Ton, der<br />
all die Welten <strong>des</strong> Sonnensystems<br />
erschuf, zu denen unser Erdplanet<br />
gehört. So wurde ER wahrlich zum<br />
Herrn und Erlöser dieser Erde - vor<br />
IHM hat ein jeder die Knie zu beugen.<br />
Seine Schlüsselnote gestaltete<br />
unser Planetensystem und folglich<br />
ist auch unser evolutionäres Leben<br />
an Sein Wesen gebunden, und zwar<br />
im engsten Sinne:<br />
„In IHM leben wir<br />
und haben wir unser Sein“.<br />
Giuseppe Mazzini<br />
Die vier Heiligen Jahreszeiten betonen<br />
diesen planetarischen Gesang.<br />
Die Töne <strong>des</strong> Frühlings-Äquinoktiums<br />
und der Sommer-Sonnenwende<br />
sind in ihrer Funktion „ausatmend“<br />
– ihre Eigenschaft ist von<br />
ausstrahlender und aufbauender<br />
Natur. Die Töne <strong>des</strong> Herbst-Äquinoktiums<br />
und der Winter-Sonnenwende<br />
hingegen sind „einatmend“<br />
in ihrer Wirkung – sie haben erhaltenden<br />
und entfaltenden Charakter.<br />
Die von einer solchen Stärke erfüllte<br />
Intonation oder das Wort ertönt<br />
in kosmischer Weise in diesen<br />
Zeiträumen. Es harmonisiert und erhebt<br />
je<strong>des</strong> Atom unseres Planeten,<br />
begleitet von einem solch außergewöhnlichen<br />
starken Lichtausbruch,<br />
dass die ganze Welt davon<br />
ist in einen herrlichen <strong>Strahlen</strong>kranz<br />
eingeschlossen ist – ein Licht, das<br />
niemals auf festem Boden oder den<br />
Meeren seinen Niederschlag findet.<br />
Unzählige Heerscharen hoher<br />
himmlischer Wesenheiten vereinigen<br />
sich mit einer stattlichen Anzahl<br />
strahlender Engel und Erzengel zu<br />
einem majestätischen Chor mit unserem<br />
Herrn und wirken so lange<br />
auf je<strong>des</strong> lebende Wesen ein, auf<br />
jeden Baum <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong>, selbst auf<br />
jede noch so winzige Pflanze, bis<br />
sie sich unter der hohen Ekstase<br />
von Musik und Licht zu beugen beginnen.<br />
Es gibt zahllose Legenden, die von<br />
der Einflussnahme spiritueller Kräfte<br />
auf das Tierreich in dieser gnadenreichen<br />
Zeit erzählen. Sie gründen<br />
auf der Tatsache, dass Tiere extrem<br />
feinfühlig auf Vorgänge der inneren<br />
Ebenen reagieren.<br />
Zu diesen Zeiten standen die Tempeltore<br />
schon immer weit offen und<br />
gewährten jenen Menschen den<br />
Zugang, die sich darum bemühten,<br />
in Berührung mit dem Großen<br />
Licht der Welt zu kommen. Voraussetzung<br />
dafür war allerdings, das<br />
Bewusstseins im Leben so zu konzentrieren,<br />
um je<strong>des</strong> Körperatom<br />
mit dem Rhythmus <strong>des</strong> Christusgesanges<br />
in Einklang zu bringen.<br />
Da der erfolgreich nach oben Strebende<br />
immer mehr in dem Ewigen<br />
Licht aufgeht, gelingt es ihm, einige<br />
der Worte <strong>des</strong> planetarischen Gesangs<br />
zu erfassen und er lauscht<br />
dem erhabenen, auf diesen Erdplaneten<br />
abgestimmten musikalischen<br />
Mantram, <strong>des</strong>sen Klang das<br />
menschliche Gehör vernimmt:<br />
„Ich bin der Weg,<br />
die Wahrheit und das Leben“.<br />
Während der Weihnachtszeit wird
dieses Hohe Lied in die Weite der<br />
Sternenwelten von unzähligen<br />
himmlischen Heerscharen hinausgetragen,<br />
wo ihr triumphierender<br />
Gesang verstärkt wird durch die<br />
Stimmen jener Wesenheiten, die<br />
unserer menschlichen Lebenswoge<br />
angehören und die sich in diesem<br />
hohen Zustand <strong>des</strong> Bewusstseins<br />
befinden.<br />
Der letzte noch zu überwindende<br />
Feind ist der Tod – eine Tatsache,<br />
die schon immer Bestandteil innerer<br />
Tempellehren war - das Ziel der Suche<br />
und Erforschung <strong>des</strong> Menschen<br />
in der Initiation der Winter-Sonnenwende.<br />
Aus der Aureole (Heiligenschein)<br />
Seiner transzendenten Glorie beugt<br />
sich der Meister – selbst ein Vorbild<br />
göttlichen Lebens - in dieser geheiligten<br />
Zeit zu uns herab und gibt uns<br />
ein Zeichen <strong>des</strong> Vorwärtsschreitens<br />
auf dem erleuchteten Weg. Der<br />
ganze Erdball ertönt von dem weither<br />
widerhallenden Echo der Musik,<br />
wiedergegeben in Seinen Worten,<br />
die alle einmal an unser Ohr dringen<br />
werden, sobald wir uns selbst zu<br />
dieser hohen Auszeichnung durchgerungen<br />
haben:<br />
„Wohlgetan du guter und getreuer<br />
Knecht, gehe ein zu den<br />
Freuden Deines Herrn“.<br />
Die Heilende Kraft in SCHUBERT‘s „AVE MARIA“<br />
Musik ist die Sprache der Himmelswelt,<br />
die Form gehört der<br />
physischen Welt an, die Farbe der<br />
Astralwelt (Empfindungswelt) und<br />
der Ton ist in der nächst höheren<br />
Bewusstseinsebene – die Welt der<br />
Gedanken – zu finden.<br />
Musik hat die Fähigkeit und die<br />
Macht, den menschlichen Geist<br />
tiefer zu berühren als jede andere<br />
Kunst – ihn empor zu heben in jene<br />
spirituelle Welt, der er entstammt.<br />
Musik erweckt ein geistiges Heimweh.<br />
„Mir deucht es, dass ich niemals<br />
zum Scherzen aufgelegt bin“, sagt<br />
Jessica in einer tiefsinnigen Liebesszene,<br />
worauf ihr Geliebter,<br />
Lorenzo, antwortet: „Der Grund ist,<br />
dass Deine Seele und Dein Sinn zu<br />
wachsam, zu angespannt sind“.<br />
In diesen einfachen Zeilen weist<br />
Shakespeare auf eine esoterische<br />
Tatsache hin, die ein mehr oder<br />
weniger nachvollziehbares Experiment<br />
unterstreicht: Ein Gefühl der<br />
Traurigkeit, der Melancholie, überkommt<br />
denjenigen, der über unseren<br />
augenblicklichen Zustand im<br />
Lichte der musikalischen Vertrautheit<br />
nachdenkt, was die eigentliche,<br />
realen Welt betrifft wie auch den<br />
Ursprung und Geburtsort unseres<br />
ewiges Selbst, von dem es vorübergehend<br />
so weit entfernt ist – im Exil.<br />
Gewisse große Komponisten wurden<br />
von Zeit zu Zeit in einen erhöhten<br />
Geisteszustand versetzt, um mit<br />
den jenseitigen höher gelegenen<br />
Regionen kommunizieren zu können.<br />
Der Grund dafür war, zu hören,<br />
was unter „UNSTERBLICHE<br />
MUSIK“ zu verstehen ist, denn nur<br />
eine solche Musik wird allein so<br />
lange Bestand haben wie der Erd-<br />
Walter Scott (1771 - 1832)<br />
Schuberts Ave Maria basiert auf Walter<br />
Scotts Gedicht „Lady of the Lake“<br />
planet selbst. Eine ganze Reihe<br />
weihnachtlicher Musik gehört dieser<br />
Kategorie an. Mannigfache<br />
Weihnachtslieder sind direkte Transkriptionen<br />
(Übertragungen) der<br />
Jubel– und Lobgesänge der Engel,<br />
und obwohl diese bereits dem frühen<br />
Christentum und dem Mittelalter<br />
entstammen, so wird doch ihre<br />
inspirierende Schönheit mit großer<br />
Sicherheit auch die folgenden Jahrhundert<br />
überdauern.<br />
Die Musik der Engel trägt eine dynamische<br />
Heilkraft in sich – was in<br />
Schubert‘s „Ave Maria“ - zur Wahrheit<br />
wurde, und was sich in einem<br />
Fall im zweiten Weltkrieg zugetragen<br />
hat:<br />
Ein junger Soldat wurde auf dem<br />
Schlachtfeld in Sizilien verwundet.<br />
Sein Zustand war kritisch. Bei seiner<br />
Ankunft in einem Hospital in<br />
England wurde festgestellt, dass<br />
sein Verstan<strong>des</strong>- und Gemütszustand<br />
vollständig umwölkt war und<br />
die vorliegenden geistigen Beein-<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 19
trächtigungen schienen unüberwindbar<br />
zu sein. Trotz aller Zweifel<br />
waren Ärzte und Psychologen der<br />
Ansicht, dass, wenn man den Patienten<br />
zum Weinen bringen könnte,<br />
dieser Zustand zu beheben wäre<br />
– aber jeder Versuch ihrerseits, ihn<br />
dazu zu bewegen, war umsonst.<br />
Später, in einem amerikanischen<br />
Krankenhaus, führte ein vollkommen<br />
unerwartetes Ereignis zum<br />
gewünschten Ergebnis: Der Patient<br />
wurde in Handschellen von zwei<br />
Pflegern zu einem Konzert begleitet,<br />
wo er dem Einfluss eines Instrumentes<br />
ausgesetzt ward, das eine<br />
Kombination von Ton- und Musikschwingungen<br />
hervor zauberte. Die<br />
Begleitpersonen waren genötigt,<br />
ihm den Kopf hoch und die Augenlider<br />
offen zu halten, damit er den<br />
Ablauf auf der Leinwand verfolgen<br />
konnte. Als der Film jedoch anlief,<br />
verursachte <strong>des</strong>sen magischer<br />
Einfluss, dass sich seine steifen<br />
Muskeln, dass sich seine steifen<br />
Muskeln -wie auch der ganze<br />
Körper- allmählich zu entspannen<br />
begannen. Dann geschah etwas<br />
Wunderbares, ja geradezu Übernatürliches:<br />
Die ausgefallene Farb-<br />
Ton-Wiedergabe von Schubert‘s<br />
„AVE MARIA“ überflutete die Leinwand<br />
und der junge Mann begann<br />
zu weinen. Zwanzig Minuten lang<br />
flossen seine Tränen ohne Unterlass.<br />
Zurückgebracht in sein Bett<br />
schlief er neun Stunden lang ohne<br />
Hilfe von Schlafmitteln. Obwohl er<br />
seit der Verletzung seines Sprachvermögens<br />
unfähig war, sich zu<br />
artikulieren und auch in keiner Weise<br />
für sich selbst sorgen konnte,<br />
ward er danach wieder bei vollem<br />
Verstand und sagte ganz natürlich:<br />
“Ich bin gerade aufgewacht“ -<br />
und er war es.<br />
Das „AVE MARIA“ von Schubert ist<br />
eine Transkription <strong>des</strong> wohltuenden<br />
jungfräulich-musikalischen Seelenmusters.<br />
Es vibriert zu der Schlüsselnote<br />
jener Heiligen, deren Für-<br />
20 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
sorge und Dienst der Menschheit<br />
gilt, bezogen auf Gesundung und<br />
Regeneration. In dieser herrlichen<br />
Musik <strong>des</strong> Komponisten wird ihre liebende,<br />
heilende Kraft ausgegossen.<br />
Keiner kann einer derartigen Musik<br />
lauschen, ohne von der Woge ihrer<br />
spirituellen Harmonie erfasst zu<br />
werden. Und ist sich jemand der<br />
Möglichkeit dieser heilenden Kraft<br />
bewusst, d.h. weiß er um ihre Wirkung,<br />
vermag er daraus reichen Segen<br />
zum Wohle der Wiederherstellung<br />
seiner Gesundheit zu ziehen.<br />
Franz Schubert‘s Schlüsselnote ist<br />
eine Mischung von zartem transparentem<br />
Weiß und Silber.<br />
WAGNER‘S „LOHENGRIN“<br />
Die Winter-Sonnenwende könnte<br />
genau genommen als eine Zeit bezeichnet<br />
werden, die dem Kommen<br />
<strong>des</strong> GROßEN LICHTES entgegensieht.<br />
Soweit man sich in die Vergangenheit<br />
zurück zu denken vermag, wurde<br />
diese Jahreszeit immer schon<br />
von einem Ritual begleitet, der sogenannten<br />
„Wacht <strong>des</strong> Lichtes“:<br />
Lichter wurden angezündet, die<br />
Menschen versammelten sich und<br />
verharrten kniend in Verehrung <strong>des</strong><br />
Lichtes. Die ersten Feiern fanden in<br />
Höhlen oder auf Anhöhen statt, später<br />
wurden sie in die Tempel verlegt.<br />
Wo auch immer, stets gab es Lichter<br />
und eine Mitternachtswache der<br />
Anbetung.<br />
Mit dem Heraufdämmern der Zivilisation<br />
versammelten die Hohenpriester<br />
ihre Jünger um sich herum<br />
und unterrichteten sie insgeheim<br />
über das Kommen jenes GROßEN<br />
LICHTES – versinnbildlicht in dem<br />
EINEN, der als das LICHT DER<br />
WELT vorgesehen war. Jahrhundert<br />
um Jahrhundert hat sich jenes<br />
geheime Wissen wie ein goldener<br />
Faden durch Volkssagen und religiöse<br />
Bekenntnisse gezogen - jede<br />
Zivilisation traf Vorbereitungen für<br />
Franz Schubert - * 31.1.1797 in Wien - +<br />
19.11.1828 in Wien<br />
das Kommen <strong>des</strong> HÖCHSTEN<br />
LICHTES und brachte es mit der<br />
Feier der Winter-Sonnenwende in<br />
Verbindung.<br />
Veranlasst durch das Kommen<br />
CHRISTI, wurde diese Feier zur<br />
reinen Christmesse. Seine Verkörperung<br />
war das größte und bedeutendste<br />
aller Weltereignisse. Es war<br />
derartig wichtig, dass die Zeitrechnung<br />
noch heute in „v. Chr.“ (vor<br />
CHRISTI) und „n. Chr.“ (nach CHRI-<br />
STI) getrennt wird.<br />
In der Nacht der ersten Christmesse<br />
wurde der Christusstrahl auf die<br />
Erde konzentriert, bis der ganze<br />
Planet leuchtete, während<strong>des</strong>sen<br />
Scharen himmlischer Wesen durch<br />
die geistigen und physischen Ebenen<br />
schwebten und das Kommen<br />
<strong>des</strong> WELTERLÖSERS verkündeten.<br />
In dieser Heiligen Nacht übernahm<br />
der strahlende Engel GABRIEL<br />
die Obhut für unsere Erdensphäre<br />
mit all ihren Tätigkeiten im Winterviertel<br />
<strong>des</strong> Jahres. Gabriel ist<br />
jener Engel, dem in erster Linie<br />
die Mütter und Kinder unterstellt<br />
sind.<br />
In dieser gesegneten Nacht sen-
dener und die Heilige Jungfrau ihren<br />
lichten Segen auf die werdenden<br />
Mütter und auf jene ICH‘s herab, die<br />
sich im Laufe <strong>des</strong> kommenden Jahres<br />
inkarnieren. Für die Betroffenen<br />
ist es wahrlich eine ganz eigenartige,<br />
magische Nacht, die ganz besonders<br />
ihnen gewidmet ist.<br />
Auch in der Heiligen Nacht öffnen<br />
sich die Tore der Mysterien-Tempel<br />
für diejenigen, die würdig sind, dort<br />
eintreten zu dürfen. Der Christliche<br />
Mysterien-Tempel befindet sich in<br />
den Äthern über dem Heiligen Land.<br />
Dort kommen noch heute Maria,<br />
Josef und die ersten Jünger zusammen<br />
und gießen ihren Segen<br />
über die Menschen aus. Sämtliche<br />
geistige Organisationen, Bewegungen<br />
und Kirchen, überhaupt alle<br />
Menschen, die diese Stunden in<br />
andächtigem Gebet und Meditation<br />
verbringen, empfangen den Segen<br />
der göttlichen Energien, die von diesem<br />
Mysterien-Tempel in der Höhe<br />
ausgehen und in die Erde hineinströmen.<br />
Es ist jener Augenblick, in dem es<br />
dem würdigen Aspiranten ermöglicht<br />
wird, in die Gegenwart Christi<br />
einzutreten – einen Moment lang<br />
empor gehoben zu werden und eins<br />
zu sein mit dem LICHT der WELT.<br />
Nach diesem erhabenen, transzendenten<br />
Erlebnis hat sich der Kandidat<br />
in einen anderen Menschen<br />
verwandelt.<br />
Die Persönlichkeit wurde überwunden,<br />
geblieben ist die göttliche<br />
Selbstheit, jetzt trägt er den Stempel<br />
Christi - Seine wahre Signatur.<br />
Sollte ihm jemand auf die eine Wange<br />
schlagen, dann würde er ihm<br />
auch die andere hinhalten. Bittet<br />
ihn einer um seinen Mantel, so gibt<br />
er ihm auch seine Jacke – wird er<br />
darum gebeten, er möge eine Meile<br />
mit jemanden gehen, so würde<br />
er zwei mit ihm wandern. Seine<br />
ganze Lebensausrichtung besteht<br />
im liebendem, selbstlosen Dienst,<br />
wo immer es nötig erscheint, denn<br />
im Augenblick <strong>des</strong> EINSSEINS mit<br />
Christus hat er die Heiligkeit allen<br />
Lebens erfahren: Wenn Einer verletzt<br />
wird, gleicherweise Alle verletzt<br />
werden und wenn man dem Einen<br />
dient, tut man dasselbe auch für alle<br />
Anderen.<br />
Er hat seinen Blickwinkel vom Endlichen<br />
zum Unendlichen umgestellt,<br />
vom Zeitlichen zum Ewigen und in<br />
der Ekstase seiner Seele fand er<br />
alles SEIN in dem EINEN und das<br />
EINSSEIN mit dem ALL.<br />
Die herrliche Legende über LO-<br />
HENGRIN könnte auch „DIE AN-<br />
KUNFT DES LICHTES“ genannt<br />
werden. Lohengrin ist ein typisches<br />
Beispiel für jene mitfühlenden,<br />
wiedergeborenen ICH‘S, die sich<br />
vollständig dem Dienst an ihren<br />
Mitmenschen widmen. Diese fortgeschrittenen<br />
Seelen entsagen oftmals<br />
einem wohlverdientem himmlischen<br />
Dasein, um in den astralen<br />
Bereichen aktiv tätig zu sein, um<br />
ihren jüngeren Brüdern und Schwestern<br />
in ihrem großen Schmerz der<br />
erdgebundenen Reinigung beizustehen.<br />
Ein Wesen, das diese hohe Stufe<br />
erreicht hat, wird sich bemühen, die<br />
Wege der Menschen zu prüfen, um<br />
einen Aspiranten zu den Mysterien<br />
führen zu können.<br />
Solch eine Seele verkörpert ELSA<br />
in der Lohengrin-Legende. Sie hat<br />
einen hohen Bewusstseinszustand<br />
erreicht und den Grad der bewussten<br />
Unsichtbaren Helferschaft<br />
erworben. Sie besitzt die Fähigkeit,<br />
den Intervall <strong>des</strong> Übergangs<br />
zwischen Schlaf und dem Zurückkehren<br />
ins Wachbewusstsein zu<br />
überbrücken und kann <strong>des</strong>halb<br />
eine Erinnerung ihrer Erfahrungen<br />
in den inneren Welten mit ins Diesseits<br />
herüber bringen. In den Stunden<br />
<strong>des</strong> Schlafes wird sie von ihrem<br />
Lehrer, dem wundervollen weißen<br />
Ritter LOHENGRIN, unterrichtet.<br />
Elsas Eintritt in den Tempel, begleitet<br />
von dem Ritter, stellt den<br />
Übergang eines erleuchteten Aspiranten<br />
in die große Halle der Mysterien<br />
dar, um in der Gegenwart<br />
<strong>des</strong> GROSSEN LICHTES – CHRI-<br />
STUS – zu verweilen. Lohengrins<br />
Hilfe ermöglicht Elsa, den Tempel<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 21
zu betreten, doch sie zögert einen<br />
Augenblick vor der subtilen, nicht<br />
leicht durchschaubaren Prüfung,<br />
in der sie beweisen muss, dass<br />
sie würdig ist, seinen Namen, sein<br />
Seelenwesen und seinen wahren<br />
geistigen Stand zu erkennen.<br />
In der Tat haben viele diesen hohen<br />
geistigen Grad erreicht, waren<br />
aber nicht imstande weiterzugehen.<br />
Viele große eingeweihte Lehrer<br />
sind zur Erde herabgestiegen,<br />
um verleumdet und betrogen zu<br />
werden.<br />
Der Dichter drückt diese tragische<br />
Tatsache mit den passenden Worten<br />
aus: „Für Sokrates den Gifttrank,<br />
für CHRISTUS Gethsemane“<br />
und im Neuen Testament heißt es:<br />
„ER kam in sein Eigentum und die<br />
Seinen nahmen ihn nicht auf“.<br />
Die Tragik und der Schmerz dieser<br />
Erkenntnis, all Seine Trauer<br />
und Sehnsucht, werden durch<br />
Lohengrin in der unbeschreiblich<br />
schönen Wagner‘schen Musik <strong>des</strong><br />
Schwanengesangs ausgedrückt.<br />
Und trotz <strong>des</strong> Versagens der<br />
Menschheit, hat jeder zur Erde herabgestiegene<br />
geistige Lehrer versprochen,<br />
zu einer günstigeren Zeit<br />
zurückzukehren, denn die Fehler<br />
und Schwächen eines Lebens können<br />
die Stufen, die Quelle der Stärke<br />
und Aspiration in einem anderen<br />
Leben sein.<br />
Richard Wagner erklärte selbst,<br />
dass Elsa sich eines Tages durch<br />
Wiedergeburt auf dieselbe Ebene<br />
wie Lohengrin emporheben wird.<br />
Jahr für Jahr zur Zeit der Winter-<br />
Sonnenwende, wenn sich das<br />
LICHT und die LIEBE Christi vom<br />
Mittelpunkt der Erde her ergießt,<br />
wird unser Planet gereinigt und<br />
empor gehoben. Im Laufe der Zeit<br />
werden seine Schwingungen so<br />
22 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
beschleunigt, dass der Mensch Abstand<br />
nimmt von solch grausamen<br />
Machenschaften wie Kriege, Terror<br />
etc. - keiner wird mehr gewaltsam<br />
gefoltert oder umgebracht werden.<br />
Einmal wird dieser freudige Tag<br />
kommen, dann gibt es zwischen<br />
Nationen und Rassen keine Trennungen<br />
mehr. Die Menschheit wird<br />
in einer universellen Bruderschaft<br />
vereint sein, Schmerzen und Krankheiten<br />
sind verschwunden und das,<br />
was als „Tod“ bezeichnet wird, vermag<br />
keinen Kummer mehr zu bereiten,<br />
denn „alles dieses wird nicht<br />
mehr sein“, wie es Johannes in seiner<br />
Vision sah. Es ist der angekündigte<br />
NEUE TAG, der das zweite<br />
Kommen CHRISTI prophezeit.<br />
Scharen von Engeln und Erzengeln<br />
steigen um die heilige Weihnachtszeit<br />
zur Erde herab und preisen den<br />
NEUEN TAG, der da kommen soll.<br />
Die Schlüsselnote unseres Planeten<br />
ist abgestimmt auf ihren weihnachtlichen<br />
Lobgesang:<br />
„Ehre sei Gott in der Höhe,<br />
Frieden auf Erden<br />
und den Menschen ein Wohlgefallen“.<br />
Diese Durchflutung der Äther in jedem<br />
Jahr mit ihrem Chorgesang<br />
bringt das Wunder der Vollendung<br />
der Reife immer näher. Und inmitten<br />
dieser Magie der Farben und<br />
Schönheit, der Glückseligkeit und<br />
<strong>des</strong> Gesanges, klingt die triumphierende<br />
Weise <strong>des</strong> HERRN:<br />
„ICH bin gekommen,<br />
auf dass sie Leben haben mögen<br />
Und sie werden es in reicherem<br />
Maße haben“
Essen Sie sich gesund!<br />
Vegetarisches<br />
Bio-Weihnachtsmenü<br />
Wie wäre es mit einem vegetarischen Bio-Weihnachtsmenü im Kreise der Familie?<br />
Unser Vorschlag:<br />
Vorspeise: „Warmer Ziegenfrischkäse auf Salaten mit Vinaigrette“<br />
Hauptspeise: „Gefüllter Gemüsestrudel mit Mozzarella“<br />
Dessert: „Gebratene Früchte mit Honig“<br />
Foto: © Worths PR<br />
Das vegetarische<br />
Rezept<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 23
Vegetarisches<br />
Bio-Weihnachtsmenü<br />
Das vegetarische<br />
Rezept<br />
Vorspeise<br />
Warmer Ziegenfrischkäse auf<br />
Salaten mit Vinaigrette<br />
Zutaten:<br />
1 kleiner Kopf Endivien-Salat<br />
1 kleiner Kopf Radicchio<br />
einige Radieschen<br />
2 Zwiebeln<br />
100 g Sprossenmischung<br />
(Rettich-, Mungbohnen-, Alfalfasprossen)<br />
125 g Baguette<br />
1 Knoblauchzehe<br />
6 EL Öl<br />
6 kleine Ziegenfrischkäse à 30 g<br />
2 EL Weinessig<br />
Salz<br />
Pfeffer aus der Mühle<br />
Zubereitung:<br />
Die Salate putzen, waschen und in<br />
mundgerechte Stücke schneiden,<br />
Radieschen putzen, waschen und<br />
vierteln, Zwiebeln schälen und in<br />
Ringe schneiden. Die Salatzutaten<br />
auf Tellern anrichten und mit<br />
Sprossen bestreuen. Baguette<br />
schräg in Scheiben schneiden.<br />
Knoblauchzehe abziehen und<br />
fein würfeln. 3 EL Öl in einer Pfanne<br />
erhitzen, den Knoblauch darin<br />
kurz andünsten, die Brotscheiben<br />
zugeben und von beiden Seiten<br />
schön knusprig rösten. Die Ziegenkäse<br />
in der Mikrowelle oder<br />
im Backofen leicht erwärmen und<br />
auf dem Salat anrichten. Mit Öl<br />
und Weinessig beträufeln und mit<br />
dem gerösteten Knoblauchbrot<br />
servieren.<br />
Quelle: www.Weihnachtsmenue.de<br />
24 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
Hauptspeise<br />
Gefüllter Gemüsestrudel<br />
mit Mozzarella<br />
Zutaten:<br />
200 g Weizenmehl<br />
3 EL Öl<br />
1/8 l Wasser<br />
1/2 TL Salz<br />
1 kleine Stange Lauch<br />
1 Zwiebel<br />
1 Knoblauchzehe<br />
2 Zucchinis<br />
1 rote Paprika<br />
250 g Broccoli<br />
3 Möhren<br />
200 g Champignons<br />
1 Bund Petersilie<br />
3 EL Öl<br />
1/2 Zottarella Rolle leicht (125 g)<br />
2 Eier<br />
100 g Crème fraîche<br />
2 EL Semmelbrösel<br />
Salz<br />
Pfeffer<br />
Muskat<br />
Zubereitung:<br />
Mehl, Öl, Wasser und Salz zu<br />
einem glatten Teig verkneten und<br />
diesen 20 Minuten ruhen lassen.<br />
Inzwischen das Gemüse putzen<br />
und waschen. Die Lauchstange<br />
ganz lassen, die Zwiebel und<br />
Knoblauchzehe abziehen und<br />
ganz fein würfeln. Zucchini und<br />
Paprika in kleine Stücke schneiden,<br />
Broccoliröschen halbieren,<br />
Möhren grob raspeln, die Champignons<br />
in Scheiben schneiden.<br />
Petersilie fein wiegen. Das Gemüse<br />
in 3 EL Öl kurz andünsten, in<br />
eine Schüssel geben und abkühlen<br />
lassen. Den leichten Zottarella<br />
in feine Würfel schneiden. Eier,<br />
Crème fraîche, Zottarella und<br />
Semmelbrösel verrühren, zu dem<br />
Gemüse geben und damit leicht<br />
vermengen. Kräftig mit Salz, Pfeffer,<br />
Muskat und Petersilie würzen.<br />
Den Strudelteig auf einem mit<br />
Mehl bestaubtem Tuch circa 30 x<br />
40 cm groß ausrollen. Die Gemüsemasse<br />
darauf verteilen, dabei<br />
die Lauchstange in die Mitte legen.<br />
Den Teig mit dem Tuch aufrollen<br />
und auf ein mit Backpapier<br />
belegtes Backblech setzen. Bei<br />
180° ca. 40 Minuten backen.<br />
Dessert<br />
Gebratene Früchte mit Honig<br />
Zutaten:<br />
1/2 Ananas<br />
2 Bananen<br />
2 Orangen<br />
1 EL Pistazien<br />
4 EL Öl<br />
3 EL Honig<br />
Zubereitung:<br />
Ananas schälen, in Scheiben<br />
schneiden und das harte Mittelstück<br />
ausstechen. Bananen schälen,<br />
in jeweils 3 Stücke schneiden<br />
und diese längs halbieren. Die<br />
Orangen schälen und in Scheiben<br />
schneiden. Die Pistazien fein hacken.<br />
Das Öl in einer Pfanne erhitzen<br />
und die Früchte von allen<br />
Seiten schön anbraten, dabei mit<br />
Honig beträufeln. Mit gehackten<br />
Pistazien bestreut servieren.<br />
Gesamt pro Person: 842 kcal<br />
(3525 kJ), 27,9 g Eiweiß, 47,2 g<br />
Fett, 75,0 g Kohlenhydrate (6,3<br />
BE)
Foto: Gerd Altmann/Shapes: AllSilhouettes.com / pixelio.de<br />
Gott, die Quelle und das Ziel <strong>des</strong> Daseins<br />
Erneut stehen wir an der Schwelle eines neuen Jahres, einer Zeit, in der es allgemein üblich ist, aus<br />
unserem Streben Entschlüsse werden zu lassen. Da die Studenten der Rosenkreuzerlehren für die Sache<br />
<strong>des</strong> Seelenwachstums besonders interessiert sein sollten, so denke ich, dass die folgende Betrachtungen<br />
zu dieser Zeit vielleicht von Nutzen sein könnten.<br />
Das Wort „Frömmigkeit“ ist in den Gedanken vieler Menschen verknüpft mit einem langen Gesicht<br />
und einem heuchlerischen Sinn, so dass weltlich gesinnte Menschen gewöhnlich argwöhnisch sind gegen<br />
diejenigen, die sich den Anschein von Frömmigkeit geben. Aber das ist natürlich nicht das wahre<br />
Kennzeichen! Der wirklich fromme Mensch ist kein Freudenzerstörer. Er ist nicht träge in Geschäften.<br />
Er erfüllt seine Pflichten voll und ganz. Zuhause oder im Beruf ist er mit dem Herzen bei seiner Arbeit.<br />
Er ist ein würdiges Beispiel der Treue und wird gewöhnlich von allen, die ihn kennen, geachtet, denn<br />
seine Handlungen sprechen lauter als Worte und verlangen Anerkennung. Er ist gewissenhaft im Umgang<br />
mit seinen Mitmenschen, bestrebt, allen nur Liebe zu geben und immer bereit und eifrig, anderen<br />
zu helfen. Er ist in der Tat ein Vorbild auf allen Lebensgebieten.<br />
Aber dieses Leben weltlicher Rechtschaffenheit ist an sich noch kein Beweis für Frömmigkeit. Es gibt<br />
viele prächtige Menschen in der Welt, die aus ethischen Gründen ein musterhaftes Leben führen und<br />
deren Verhalten allen, die sie kennen, Achtung abzwingt. Sie sind auch wohltätig und stehen, ihrer<br />
Stellung entsprechend, bei allen guten Werken an erster Stelle. Jedoch wie gesagt, dies ist kein Beweis.<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 25
Der Prüfstein <strong>des</strong> Unterschie<strong>des</strong> zwischen den nur vorbildlich lebenden und den Gott zugewandten<br />
Menschen zeigt sich in den Mußestunden, wenn die Pflicht für den Augenblick erledigt ist. Hier erkennt<br />
man, dass die Wege <strong>des</strong> weltlichen und frommen Menschen sich scheiden, denn in dieser Zeit<br />
wendet sich der weltlich gesinnte der Erholung durch Vergnügen und Belustigung zu, um seine Kraft<br />
daran auszulassen. Oder vielleicht hat er ein Hobby, je nach Neigungen und seinen Mitteln. Es mag<br />
einfach Spiel und Sport sein, vielleicht auch Gesang und Musik, Theater, Gesellschaften oder irgend<br />
etwas anderes, was die Zeit angenehm vergehen lässt.<br />
Aber der fromme Mensch ist wie der Stahl, der vom Magneten berührt ist und gewaltsam von der Polrichtung<br />
abgelenkt wurde. Wenn sein Herz einmal von dem Magneten der Liebe Gottes berührt wurde,<br />
so wird es durch die Pflicht abgelenkt, hin zu den Angelegenheiten der Welt, die berechtigte Aufmerksamkeit<br />
verlangen. Der Gott zugewandte Mensch scheut sich nicht vor weltlichen Pflichten, vielmehr<br />
erfüllt er sie besser und gewissenhafter als vor der Zeit seiner Hingabe an Gott. Zugleich fühlt er<br />
unbewusst das Sehnen, in Gedanken zur Vereinigung mit dem Vater zurückzukehren, analog der Art<br />
einer magnetischen Stahlnadel, die im Norden abgelenkt wurde und die in der Richtung auf den Pol<br />
einen Druck ausübt. Im Augenblick, wo die Pflicht nicht mehr ruft und der Druck vorläufig aufhört,<br />
wenden sich <strong>des</strong> frommen Menschen Gedanken automatisch dem Göttlichen zu. Die Fahrt in öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln zum oder vom Arbeitsplatz ist eine Gelegenheit für solche Meditation. Die Zeit,<br />
in der man auf jemanden wartet, wird in derselben Weise nutzbar gemacht. Kurz, der fromme Mensch<br />
hat niemals einen Augenblick <strong>des</strong> Freiseins von weltlichen Angelegenheiten, ohne das seine Gedanken<br />
nicht sofort seiner Quelle und seinem Ziel - nämlich „Gott“ zuwenden.<br />
Wir haben von Menschen gehört, die Jura studieren, während sie in den öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
vom und zum Geschäft fuhren. Andere haben Sprachen gelernt durch Ausnutzung der kurzen Augenblicke,<br />
die andere mit müßigen, ziellosen, herumflatternden Gedanken ausfüllen. Lasst uns eine Lehre<br />
von ihnen lernen und lasst uns während <strong>des</strong> kommenden Jahres die Gewohnheit pflegen, dass wir<br />
unsere Gedanken während all‘ der verstreuten kurzen Augenblicke, die wir haben, zu Gott hinwenden.<br />
Wenn wir dies in Treue üben, werden wir finden, dass wir auf dem Pfad <strong>des</strong> Seelenswachstums viel<br />
schneller vorankommen.<br />
(Max Heindel Studentenbrief Nr. 86 - Januar 1918)<br />
26 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4
Max Heindel<br />
Biografie<br />
von Ger Westenberg<br />
Teil 14<br />
AUGUSTA FOSS HEINDEL<br />
ALS NACHFOLGERIN VON<br />
MAX HEINDEL<br />
Frau Augusta Foss Heindel<br />
Man kann die Wellen <strong>des</strong> Meeres mit<br />
den Mensch vergleichen. Wenn sich<br />
eine Welle auflöst und wegfließt,<br />
strömt eine andere mit ihrer Kraft<br />
heran. Bei den Menschen gibt es<br />
ebenfalls immer welche, die an die<br />
Stellen anderer treten, so dass die<br />
Arbeit weitergeführt werden kann.<br />
Dabei ist es unwesentlich, ob jemand<br />
bedeutend oder unbedeutend<br />
ist. So erging es auch Frau Heindel.<br />
Nach dem Tod ihres Mannes erhielt<br />
sie die Führung der Weltzentrale in<br />
Oceanside und Herr Alfred Adams<br />
half ihr bei der Bewältigung dieser<br />
Aufgabe.<br />
Im November 1918 war Heindel<br />
nach San Diego gegangen, um<br />
seiner Frau durch eine Notariatsurkunde<br />
die Urheberrechte der Bücher<br />
und Abbildung überschreiben<br />
zu lassen. Als sein Testament nach<br />
seinem Tod offiziell anerkannt wurde,<br />
erwies es sich, dass er das Land<br />
gekauft hatte, bevor die Gemeinschaft<br />
die Rechtsfähigkeit erhielt.<br />
In dem Schriftstück war vermerkt,<br />
dass er der Verwalter <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong><br />
war. Als die Akte dann erörtert und<br />
das Testament anerkannt wurde,<br />
erklärte der Richter, dass das Gelände<br />
auf Grund <strong>des</strong> Tatbestan<strong>des</strong><br />
Frau Heindel als Erbin zustehe, weil<br />
es im Testament keinen Vermerk<br />
über eine eventuelle Rechtsfähigkeit<br />
gab.<br />
Im Frühjahr von 1919 kamen mehrere<br />
hilfsbereite Persönlichkeiten<br />
nach Mount Ecclesia. Das Mitglied<br />
<strong>des</strong> New Yorker Zentrums, Bauingenieur<br />
W. J. Darrow, betätigte sich<br />
im Büro und in der Abteilung der<br />
Monatshefte, und er half beim Bau<br />
eines Komposttanks.<br />
Frau Netty Lyttle aus Seattle arbeitete<br />
zunächst in den Küchen und<br />
wurde später esoterische Sekretärin.<br />
Frau Mary B. Roberts aus New York<br />
übernahm die Haushaltsabteilung.<br />
Frau Margaret Wolff bekam die Leitung<br />
der Heilungsabteilung. Nach<br />
ihrem Tod übernahm Frau Roberts<br />
dieses Amt.<br />
Ein junger Mann, Joseph Hoheisel,<br />
Mitglied aus Chicago und guter Automechaniker,<br />
war der einzige, der<br />
die Paige fahren und lenken konnte.<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 27
Herr Sam Erret leitete jahrelang<br />
die Druckerei, deren Gebrauchsfähigkeit<br />
seiner rettenden Tätigkeit<br />
zu verdanken war. Die neu eingerichtete<br />
Buchbindeanlage, insbesondere<br />
die Falt- und Bindemaschine,<br />
verursachte Probleme. Bis<br />
zur Ankunft von Herrn Erret war in<br />
Oceanside niemand in der Lage,<br />
mit dem komplizierten Mechanismus<br />
derartiger Maschinen umzugehen.<br />
Nach Herrn Errets Eintreffen<br />
wurde Ordnung geschaffen, und er<br />
war es, der die Betriebsanlagen in<br />
gebrauchsfähigem Zustand hielt.<br />
Das weiße, Smart genante Hündchen,<br />
das Heindels 1913 gekauft<br />
hatten, um die Kaninchen aus dem<br />
Gemüsegarten fern zu halten, und<br />
das später von Frau Kitty Skidmore<br />
Cowen, die als Mitglied die Sommerschule<br />
besuchte, mitgenommen<br />
worden war, wurde Ende März<br />
1919 nach Oceanside zurückgebracht.<br />
Frau Cowens Ehemann<br />
war inzwischen gestorben, und sie<br />
kam in die Weltzentrale, um hier<br />
dauernd zu verbleiben – und sie<br />
brachte Smart mit.<br />
Das Hündchen verbrachte seine<br />
Zeit in den Zimmern von Frau Cowen<br />
und Frau Heindel. Er blieb seinem<br />
ersten Frauchen immer treu,<br />
insbesondere nach einem Erlebnis,<br />
das er hatte, als Frau Cowen<br />
einige Wochen abwesend war. Ein<br />
Nachbar besaß eine Bulldogge,<br />
die angeleint in seinem Garten<br />
lag. Smart fiel sie an, um ihr etwas<br />
Hundefutter zu entwenden. Als der<br />
große Hund den kleinen Smart erwischt<br />
hatte, wurde der arme kleine<br />
Schlucker schrecklich von ihm<br />
zugerichtet. Blutig gebissen wurde<br />
er danach in Frau Heindels Zimmer<br />
28 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
gebracht. Eine Krankenschwester,<br />
die zu Besuch war, half die Wunden<br />
<strong>des</strong> armen Tieres zu verbinden und<br />
seine gebrochenen Hinterbeine zu<br />
richten. Danach wurde Smart von<br />
Frau Heindel versorgt. Er lag nachts<br />
in einem Korb, der neben ihrem Bett<br />
stand. Eines Tages lief der Hund<br />
auf seinen beiden Vorderbeinen in<br />
ihrem Zimmer herum – es war ein<br />
hervorragen<strong>des</strong> Kunststück. Smart<br />
blieb einige Jahren bei ihr, plötzlich<br />
aber war er verschwunden.<br />
In November 1919 konnte wiederum<br />
ein Buch erstellt werden. Es war die<br />
neugefasste Schrift „Vereinfachte<br />
Wissenschaftliche Astrologie“.<br />
Das von Heindels gekaufte Land<br />
umfasste etwa 16 ha und hatte keine<br />
Verbindung zur Hauptstrasse.<br />
Um 1920 kam ein neuer Landbesitzer<br />
als Nachbar, der in Geldnot war.<br />
Er verkaufte ein genau zwischen<br />
dem Weg und dem Fellowshipgelände<br />
liegen<strong>des</strong> Grundstück seines<br />
Lan<strong>des</strong>. Auf diese Weise bekam die<br />
Gemeinschaft eine durchgehende<br />
Grenze bis zur „Highway to the<br />
Stars“, die zum weltberühmten Observatorium<br />
Mount Palomar führt.<br />
Nach dem Ankauf dieses Streifen<br />
Lan<strong>des</strong>, wurde Frau Heindel von<br />
einigen Vorstandsmitglieder gebeten,<br />
aus ihrem Besitz rund 16 ha<br />
Der Heilungstempel oder Ecclesia<br />
Land der Fellowship zu schenken.<br />
Obwohl ihr Anwalt davon abriet,<br />
stimmte sie zu.<br />
In Mai 1920 erschien Max Heindel<br />
seiner Frau und teilte ihr mit, dass<br />
es nach den Vorstellungen <strong>des</strong> Lehrers<br />
Zeit werde, eine Ecclesia, einen<br />
Tempel, zu bauen. Schon während<br />
Max Heindels irdischer Lebenszeit<br />
hatten die Studenten einen Fonds<br />
für den Bau eines Tempels eingerichtet.<br />
Nachdem einige tausend<br />
Dollars eingegangen waren, spendeten<br />
die meisten dann nichts mehr.<br />
Als aber die Nachricht von Max<br />
Heindels Bitte im Mai bekannt wurde,<br />
floss das Geld wieder herein.<br />
Daraufhin wurde der New Yorker<br />
Architekt Lester Cramer gebeten,<br />
Architekt L. Cramer
nach Oceanside zu kommen. Er<br />
war schon einige Jahren vorher auf<br />
Mount Ecclesia gewesen und hatte<br />
nach Anweisungen von Max Heindel<br />
die Zeichnungen für den Tempel angefertigt.<br />
Am Dienstag, den 29. Juni 1920,<br />
trafen früh am Morgen die ersten<br />
aus San Diego, Los Angeles und<br />
selbst dem entfernten Sacramento<br />
mit dem Auto kommenden Besucher<br />
ein. Manche Gäste waren schon für<br />
Sonntag und Montag angekündigt.<br />
Da nicht genügend Wohnraum verfügbar<br />
war, wurden die Besucher in<br />
Zelten untergebracht.<br />
Insgesamt waren es 65 Personen,<br />
die sich um 11.45 Uhr auf „Ecclesia<br />
Point“ versammelten, um den<br />
Boden für den Tempel zu weihen.<br />
Nach dem Singen <strong>des</strong> Eröffnungslie<strong>des</strong><br />
gab Frau Heindel eine kurze<br />
Einleitung, in der sie auf die Heiligkeit<br />
dieses Schrittes hinwies.<br />
Pünktlich um 12.00 Uhr folgten die<br />
Jünger, Prüflinge und Studenten der<br />
Bitte Frau Heindels und begannen<br />
mit den ersten Spatenstichen.<br />
Nach dieser Zeremonie sprach Frau<br />
Heindel über den Bau <strong>des</strong> Heilungstempels,<br />
der als physisches Symbol<br />
<strong>des</strong> wahren geistigen Tempels zu<br />
errichten sei.<br />
Nachdem der Boden geweiht worden<br />
war, wurden in den darauffolgenden<br />
Wochen Gräben ausgehoben,<br />
in die das Betonfundament<br />
gegossen wurde, das durch eingefüllten<br />
Kies, Sand und Wasser in der<br />
Mischmaschine gemischt worden<br />
war.<br />
Knapp einen Monat später wurde<br />
am Geburtstag Max Heindels, den<br />
23. Juli, pünktlich um 12.00 Uhr,<br />
der Grundstein <strong>des</strong> Tempels gelegt.<br />
In diesen, aus Zement geformten,<br />
Eckstein wurde ein Kasten mit den<br />
Schriften der Fellowship eingemauert.<br />
Den Stein selbst hatte Max<br />
Heindel schon am 26. November<br />
1914 geweiht. Bei dieser Gelegen-<br />
heit sagte Frau Heindel dem Sinne<br />
nach:<br />
„Liebe Freunde,<br />
heute sind wir zusammengekommen,<br />
um das weiterzuführen, was<br />
unser Leiter, Max Heindel, am 26<br />
November 1914 begonnen hatte.<br />
Damals kamen wir zusammen, um<br />
die Steine anzufertigen, von denen<br />
wir heute einen als Eckstein legen.<br />
Der Tempel ist ein physisches Symbol,<br />
das uns, wenn wir ihn betreten,<br />
eine Vorstellung von dem geben<br />
soll, was wir versuchen, als Arbeiter<br />
in Gottes Tempel, zu verwirklichen.<br />
Wir kennen den symbolischen Gebrauch<br />
der Werkzeuge, um mit ihnen<br />
zu mauern. Im Irdischen wird<br />
der Maurer als jemand beschrieben,<br />
der Zement anrührt, Steine setzt<br />
und mit Werkzeugen arbeitet, die<br />
zu seinem Gewerbe gehören. So<br />
kommt ein Gebäude zustande.<br />
Wir sind ebenfalls richtige Maurer,<br />
die jedoch anderes Material verwenden.<br />
Wir bauen mit der Materie, die<br />
uns die Älteren Brüder schenkten<br />
und deren Aufzeichnungen wir soeben<br />
diesem Archivkasten anvertraut<br />
haben, nämlich die ausgezeichnete<br />
Botschaft, die uns die Älteren<br />
Brüder mittels <strong>des</strong> großen Geistes<br />
gaben, <strong>des</strong>sen Geburtstages wir<br />
heute gedenken. Der Geist, der am<br />
23. Juli 1865 geboren wurde und<br />
der beauftragt war, der Welt einen<br />
weiteren Einblick in die Lehre Christi<br />
zu vermitteln, als er der Menschheit<br />
jemals vorher geschenkt worden ist.<br />
Es ist eine Religion, die der Grundstein<br />
<strong>des</strong> neuen Wassermannzeitalters<br />
werden soll. Dieser Botschafter<br />
erzählte uns außerdem, dass<br />
dieses der letzte physische Tempel<br />
ist, der im Auftrag der Ältere Brüder<br />
errichtet wird.<br />
Die Menschheit soll das Entwicklungsstadium<br />
erreichen, welches<br />
sie im wahren Tempel anbeten<br />
kann. Sie arbeitet daran, sich darauf<br />
vorzubereiten. Der Tempel Gottes,<br />
der sich ewig im Himmel befindet<br />
und von liebenden Herzen und<br />
durch die Heiligung unseres niedrigen<br />
Selbst entsteht, nicht aber mit<br />
den Händen aus Stein, Beton und<br />
Kalkmörtel geformt wird, weiht uns<br />
zu lebenden Steinen. Es ist ein Privileg,<br />
einer der Arbeiter zu sein, der<br />
die lebendigen Steine gewählt hat,<br />
um den letzten Geboten Christi zu<br />
folgen, das Evangelium zu verkündigen<br />
und die Kranken zu heilen.<br />
Dieses letzte Gebot ist schon viele<br />
Jahre von der Menschheit vergessen<br />
worden. Wir Menschen haben<br />
das Evangelium verkündigt, haben<br />
dadurch aber nur die erste Hälfte<br />
<strong>des</strong> Gebotes, das Christus seinen<br />
Jüngern gab, erfüllt, denn wir haben<br />
versäumt, die Kranken zu heilen.<br />
Es erfolgte die Trennung von Wissenschaft<br />
und Religion. Diese Trennung<br />
verursachte den heutigen<br />
Materialismus. Diesen Bruch zu beseitigen<br />
und Wissenschaft und Religion<br />
wieder zu vereinigen, ist das,<br />
was wir Arbeiter und Nachfolger der<br />
Lehre der Rosicrucian Fellowship<br />
versuchen zustande zu bringen.<br />
Wir bauen den Grundstein eines<br />
großen, künftigen Werkes. Die wenigen<br />
von uns, die jetzt hier sind,<br />
erkennen kaum, was dies für die<br />
Menschheit bedeutet. Der Inhalt<br />
<strong>des</strong> Kastens wird weiterhin bestehen,<br />
auch wenn wir bereits unseren<br />
physischen Körper verlassen haben<br />
und die Schwingungen, die wir<br />
in dieses Gebäude einbauen, werden<br />
bis ans Ende der Welt strömen.<br />
Man sagt, dass die gesamte Stadt<br />
gereinigt und geändert wurde, als<br />
Salomon den Tempel in Jerusalem<br />
baute. Wir werden durch den Einfluss<br />
von Saturn in kristallisierter<br />
Umgebung gehalten. Es ist für uns<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 29
aber notwendig, unsere Lektionen<br />
zu lernen, da wir uns in der kristallisierten<br />
Welt befinden und <strong>des</strong>halb<br />
fühlbaren Zement verwenden müssen.<br />
Mit diesem Werk erreichen wir<br />
eine Entwicklungsstufe, in der es<br />
nicht mehr erforderlich ist, länger<br />
zu kämpfen, denn das Fundament<br />
ist nun gegossen.<br />
Heute haben wir diesen Grundstein<br />
gelegt, der mit seinem Inhalt<br />
unendlich viele Jahre erhalten bleiben<br />
soll.<br />
Gehen wir nun von hier, um neue,<br />
bessere und reinere Körper zu erhalten,<br />
mit deren Hilfe die unendlich<br />
feierliche Lehre vom Rosenkreuz<br />
in der Welt verbreitet werden<br />
kann.<br />
Wir sind hier, da wir in diesem<br />
großen Arbeitsfeld Christi zu Arbeitern<br />
erwählt wurden. Wir sind<br />
hier, um die unsichtbaren Tempel<br />
vorzubereiten, wobei wir den sichtbaren<br />
Tempel nur als Arbeitszentrum<br />
zu verwenden haben. Unsere<br />
physischen Körper haben wir noch<br />
nicht abgelegt und dennoch bereiten<br />
wir uns vor, Christus begegnen<br />
zu können, denn Er versprach, dass<br />
wir Ihm bei seiner Wiederkunft ‚in<br />
der Luft begegnen werden’. Durch<br />
das Weben <strong>des</strong> ‚Goldenen Hochzeitsklei<strong>des</strong>’<br />
vergeistigen wir den<br />
Lebensleib, in dem wir alle Christus<br />
bei seiner Wiederkunft begegnen<br />
können.<br />
Lasst uns mit einem Gebet darum<br />
bitten, durch große Kraft, Reinheit<br />
und Verständnis geeignete Werkzeuge<br />
zu sein, dieses Werk weiter<br />
zu gestalten und diese Botschaft<br />
der Gemeinschaft an die Menschheit<br />
weiterzugeben, wenn wir eine<br />
30 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
Interieur <strong>des</strong> Heilungstempels<br />
Kelle Zement in die Erde werfen, um<br />
den Stein fest zu fügen. Bedenken<br />
wir auch dabei, dass Christus der<br />
wahre Eckstein ist.“<br />
Beim Bau <strong>des</strong> Tempels war Rollo<br />
Smith auch wieder anwesend. Da<br />
während der Bautätigkeit ständig<br />
Spenden eintrafen und die Löhne<br />
für die Maurer stets sofort ausbezahlt<br />
werden konnten, kam die<br />
Arbeit schnell voran. Das Ziel war,<br />
den Tempel vor Ende <strong>des</strong> zweiten<br />
Dezennium (18 April 1920) fertig zu<br />
stellen.<br />
Um die zusätzlichen Arbeitskräfte<br />
unterzubringen, wurden Armeezelte<br />
gekauft. Da diese Zelte den ganzen<br />
Winter bewohnbar sein sollten, wurden<br />
sie mit Türen und Lattenrosten<br />
versehen.<br />
Zur gleichen Zeit wurden Kurse<br />
durchgeführt. Frau Arline D. Cramer<br />
veranstaltete einen Einführungskurs<br />
in die Rosenkreuzer-Philosophie<br />
und Frau Margaret Wolff einen in<br />
Astrodiagnose. Auch gab es Lektionen<br />
in Astrologie und Ausdrucksweisen.<br />
In den Echoes von November wurde<br />
mitgeteilt , dass in der Druckerei<br />
und der Bindewerkstadt 5500 Exemplare<br />
<strong>des</strong> Buches „Die Weltanschauung<br />
der Rosenkreuzer“, 5000<br />
Exemplare „Vereinfachte Wissen-<br />
schaftliche Astrologie“ und 4000 Exemplare<br />
„Das Gewebe <strong>des</strong> Schicksals“<br />
fertiggestellt worden waren.<br />
Die monatlichen Lektionen, die Max<br />
Heindel seinen Studenten zugesandt<br />
hatte, erschienen, so weit sie<br />
1920 fertig gestellt worden waren,<br />
in Buchform mit den Titeln: „Das<br />
Gewebe <strong>des</strong> Schicksals“ und „Die<br />
mystische Auslegung von Weihnachten“,<br />
und „Freimaurerei und<br />
Katholizismus“.<br />
Finanziell gesehen war 1920 ein<br />
schwieriges Jahr, denn im Vergleich<br />
mit 1918 waren die Preise dreimal<br />
so hoch. Beispielweise kostete<br />
1918 ein Buchumschlag 7 Cent, und<br />
Papier 11,5 Cent/p. 1920 kostete<br />
ein Buchumschlag 20 Cent und ein<br />
Papier 31,5 Cent/p.<br />
Am Abend <strong>des</strong> 24. Dezember kamen<br />
die Jünger und Prüflinge, um<br />
22.30 Uhr zur Einweihung <strong>des</strong> Tempels<br />
und der Durchführung <strong>des</strong> Vollmonddienstes<br />
im Tempel zusammen.<br />
Während die Mitglieder und<br />
Besucher zum Tempel gingen, sang<br />
der Chor um 23.45 Uhr „Kommt alle<br />
zusammen“.<br />
Frau Frances Ray spielte auf dem<br />
kleinen Harmonium aus Parsifal,<br />
„Den Marsch der Ritter aus dem<br />
Gral“. Für eine Pfeifenorgel war<br />
bisher nicht genügend Geld vor-
handen gewesen. Danach sangen<br />
die Anwesenden „Stille Nacht“ mit<br />
den Worten, die Max Heindel zu<br />
dieser Melodie gestaltet hatte. Anschließend<br />
folgte die Lesung der<br />
biblischen Weihnachtsgeschichte.<br />
Während dieses Vortrages wurden<br />
Dias auf den oberhalb <strong>des</strong> Harmoniums<br />
vorhandenen Bildschirm projiziert.<br />
Es waren zum größten Teil<br />
Reproduktionen großer Meister.<br />
Danach sang Frau Louise D’Artell<br />
mit einer reichen und vollen Altstimme<br />
„Öffne die Pforte <strong>des</strong> Tempels“.<br />
Diesem Gesang folgte eine Ansprache<br />
von Frau Heindel über das Ziel<br />
<strong>des</strong> Werkes und die Notwendigkeit<br />
persönlicher Hingabe. Nach einer<br />
prächtigen Auswahl musikalischer<br />
Flötendarbietungen von Herrn D.<br />
More gaben sich alle Anwesenden<br />
dem stillen Gebet hin, das durch ein<br />
Zithersolo von Eugene Miller angekündigt<br />
worden war. Gegen Ende<br />
<strong>des</strong> Gottesdienstes sangen alle<br />
„Oh little town of Bethlehem“, woraufhin<br />
Frau Heindel das Schlusswort<br />
sprach und die Teilnehmer<br />
unter dem Nachspiel auf der Orgel<br />
schweigend den Tempel verließen.<br />
Der Auftrag für Herstellung und Einbau<br />
der Fenster war bereits im September<br />
erteilt, jedoch nicht rechtzeitig<br />
ausgeführt worden. Einige Tage<br />
nach Weihnachten war es dann so<br />
weit. Die prächtig gefärbten Glasge-<br />
Rose Cross Lodge<br />
mälde wurden eingesetzt und in der<br />
Mitte die Deckenbeleuchtung montiert.<br />
Der Künstler Camille Lambert sandte<br />
aus Lille in Frankreich zwölf Ölgemälde<br />
nach Mount Ecclesia, die<br />
oben an die zwölf Glasgemälde gehängt<br />
wurden. Diese Gemälde sind<br />
Darstellungen der zwölf Zeichen<br />
<strong>des</strong> Tierkreises. Das über dem Altar<br />
hängende Zeichen Löwe ist ein glühender<br />
Sonnenaufgang mit einem<br />
wachsam äugenden, würdevoll liegenden<br />
Löwen. Das Zeichen Stier,<br />
Taurus, stellt einen Bullen dar, der<br />
im Frühling im blühenden Obstgarten<br />
grast. Das Zeichen Aquarius,<br />
Wassermann, hängt über dem Eingang.<br />
Alle Bankreihen wurden in reinem<br />
Weiß gestrichen. Die äußere Seite<br />
und die Seite im Mittelgang wurden<br />
mit einem goldenen Tierkreiszeichen<br />
verziert. Jeder hereinkommende<br />
Prüfling oder Jünger sollte<br />
sich in die Bank setzen, die mit<br />
seinem Sonnenzeichen übereinstimmt.<br />
Der große Armstuhl, in dem<br />
derjenige sitzt, der den Vortrag hält,<br />
hat oben an der Stuhllehne ein goldenes<br />
Zeichen <strong>des</strong> Sternzeichens<br />
Löwe. Der Linoleumbelag ist grün,<br />
während das Podium mit braunem<br />
Teppich belegt wurde.<br />
Einige Männer, die beim Bauen geholfen<br />
hatten, waren über Mount<br />
Ecclesia so begeistert, dass sie in<br />
der Weltzentrale bleiben wollten.<br />
Für die Mitarbeiter und auch für die<br />
Gäste bestand großer Schlafraummangel,<br />
es war jedoch kein Geld<br />
für einen Umbau vorhanden. Von<br />
den Baugerüsten der Ecclesia war<br />
noch Abfallholz übrig. Es wurde beschlossen,<br />
auf das Häuschen, „Ecclesia<br />
Cottage“ genannt, wo früher<br />
die Familie Grell gewohnt hatte, ein<br />
weiteres Geschoss zu bauen. Boden<br />
und Fundament waren dafür<br />
solide genug.<br />
Diese Etage aus Holz wurde an<br />
der Innenseite mit Hartfaserplatten<br />
verkleidet und an der Außenseite<br />
mit Dachschindeln gedeckt,<br />
die den größten Teil der benutzten<br />
Latten bedeckten. Danach wurde<br />
die Wasserleitung gelegt. Durch<br />
diesen Umbau erhielt das Gebäude<br />
unten fünf Schlafräume für Herren<br />
und oben sieben Schlafräume für<br />
Frauen.<br />
Inzwischen konnte die Arbeit am<br />
Tempel fortgesetzt werden. Das<br />
Problem, weitere Unterkunftsmöglichkeiten<br />
zu schaffen, blieb weiterhin.<br />
Da die Zahl der Mitarbeiter<br />
zunahm, musste auch für sie etwas<br />
geschehen, um angemessene Unterkunftsmöglichkeiten<br />
zu beschaffen.<br />
Abermals wurde Herr Lester<br />
Cramer um Abhilfe gebeten. Er entwarf<br />
ein modernes Etagengebäude<br />
mit zwanzig Zimmern, acht von<br />
ihnen mit einem eigenen Bad. Der<br />
Bau eines derartigen Gästehauses<br />
war äußerst kostspielig. Anfangs<br />
war man besorgt, ihn nicht ausführen<br />
zu können. Glücklicherweise<br />
war die Bank in Oceanside bereit,<br />
7.000 Dollar zu leihen, die inner-<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 31
halb von zwei Jahren zurückzuzahlen<br />
waren.<br />
Im Juli 1922 starb in Los Angeles<br />
Frau Maria Lange im Alter von achtundsechzig<br />
Jahren. Auf Grund ihrer<br />
Gesundheit war sie Anfang <strong>des</strong><br />
Jahres 1920 nach Mount Ecclesia<br />
gekommen, wo sie bis zu ihrem<br />
Tod als Haushälterin tätig war. Am<br />
Dienstag, den 7. August 1923 um,<br />
6.24 Uhr, wurde der Boden westlich<br />
von Ecclesia Cottage geweiht. Das<br />
10,67 x 25 Meter große Gebäude,<br />
das während <strong>des</strong> Bauens als<br />
„Schlafraum“, später als „Gäste-<br />
haus“ bezeichnet und schließlich<br />
„Rose Cross Lodge“ genannt worden<br />
war, wurde in einfachen, sogenannten<br />
„Missionsstil“ erstellt. Es<br />
hatte ebenfalls eine Etage und war<br />
aus Hohlziegel gebaut, die an der<br />
Innen- und Außenseite befestigt<br />
wurden. Die Gesamtkosten betrugen<br />
15.000 Dollar. Im ersten Stock<br />
wurde ein Sonnenzimmer eingerichtet,<br />
das aufgrund seiner Größe<br />
bei Zusammenkünften als Konferenzraum<br />
diente. Früher war hierfür<br />
der Speisesaal benutzt worden,<br />
was sich als störend für diejenigen<br />
erwiesen hatte, die in den Küchen<br />
arbeiteten.<br />
In dieser Zeit wurde Mount Ecclesia<br />
bereits von der “San Diego Gas<br />
and Electric Company” mit Elektrizität<br />
sowie Gas und Wasser beliefert,<br />
so dass die Schwierigkeiten<br />
auf diesem Gebiet der Vergangenheit<br />
angehörten. Auch die Eislieferfirma,<br />
die Gemüsehändler und<br />
die Bäcker waren nunmehr bereit,<br />
Mount Ecclesia mit ihren Waren<br />
zu beliefern. Eine große Verbesserung<br />
war schließlich auch die<br />
Pflasterung der an Mount Ecclesia<br />
32 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
entlang verlaufenden Hauptstraße.<br />
Im Jahre 1923 verkaufte einer der<br />
Nachbarn ein kleines, an der Ostseite<br />
<strong>des</strong> Mount Ecclesia-Gelän<strong>des</strong><br />
gelegenes Grundstück. Um Mount<br />
Ecclesia an dieser Seite gegen<br />
heranrückende Nachbarn zu schützen,<br />
wurde für einen sehr geringen<br />
Preis ein prächtiges Eukalyptuswäldchen<br />
von etwa 20 Ar angekauft.<br />
Zur selben Zeit wurde nordwestlich<br />
<strong>des</strong> Tempels für die Ehepaare Swigert<br />
und Wilson ein Doppelhaus mit<br />
je drei Zimmern und darunter einer<br />
Garage erstellt. Es bekam den Namen<br />
„Tempel Cottage“. Herr Swigert<br />
und seine Frau Perl kamen aus Yakima,<br />
Washington. Herr Schwigert<br />
wurde Generaldirektor, während<br />
seine Frau in der Heilungsabteilung<br />
mitarbeitete.<br />
Einige Monate vorher waren Herr<br />
und Frau Wilson angekommen. Harry<br />
Wilson arbeitete in der Finanzabteilung<br />
und Frau Vera Wilson wurde<br />
Zentralsekretärin. Nach dem Tod<br />
von Herrn Swigert im Jahre 1929<br />
wurde <strong>des</strong>sen Stelle von Herrn Wilson<br />
übernommen, die er bis zu seinem<br />
Tod im Jahre 1939 verwaltete.<br />
1923 begann Frau Linda West, Mitglied<br />
<strong>des</strong> Long Beach Zentrums,<br />
für die Fellowship Bücher in Brailleschrift<br />
zu schreiben, die blinden und<br />
schwer sehbehinderten Menschen<br />
in Amerika kostenlos zur Lesung<br />
angeboten wurden.<br />
1924 wurde eine neue Druckpresse<br />
angeschafft. Es war eine Stonemetzpresse,<br />
mit der vor allem die<br />
„Rays from the Rose Cross“ gedruckt<br />
werden sollten.<br />
Im selben Jahr 1924 schrieb Herr<br />
Charles D. Cooper einen Brief an<br />
die Weltzentrale, dem ein Scheck<br />
von 100 Dollar eingefügt worden<br />
war. Herr Cooper beabsichtigte, mit<br />
dieser Spende einen Fonds für eine<br />
in den Tempel einzubauende Orgel<br />
einzurichten. Der Empfang dieses<br />
Briefes wurde im Monatsheft vom<br />
November mit der Bitte <strong>des</strong> Autors<br />
erwähnt, dass weitere Mitglieder<br />
und Freunde diesen Fond aufstocken<br />
möchten.<br />
Ein Jahr später, im September 1925,<br />
reiste Frau Heindel in die nördlichen,<br />
westlichen und östlichen Staaten,<br />
um in zwanzig Großstädten Vorträge<br />
zu halten. Kurz vor ihrer Abreise<br />
erschien ihr Max Heindel und sagte<br />
ihr, dass mit dem Bau eines Kindergartens<br />
begonnen werden sollte,<br />
sobald das finanziell möglich wäre,<br />
so dass dieser noch vor 1930 in Gebrauch<br />
genommen werden könnte.<br />
1925 wurde Mount Ecclesia wieder<br />
ein Gebiet hinzugefügt. Es grenzte<br />
an das 1923 gekaufte Grundstück<br />
mit den Eukalyptusbäumen.<br />
Auf Bitten einiger Interessenten<br />
wurde in demselben Jahr ein Ergänzungskurs<br />
zur Einführung in die Rosenkreuzerlehre<br />
zusammengestellt,<br />
dem einige Jahren später noch sieben<br />
weitere Lektionen hinzugefügt<br />
wurden.<br />
In den vorhergegangenen Jahren<br />
war schon damit begonnen worden,<br />
die Lektionen von Max Heindel,<br />
die monatlich den Studenten zugeschickt<br />
wurden, in fünf Büchern zu<br />
veröffentlichen und zwar: „Das Gewebe<br />
<strong>des</strong> Schicksals“ (1920), „Lehren<br />
eines Eingeweihten“ (1927),<br />
„Nachlese eines Mystikers“ (1922),<br />
„Die Mysterien der Grossen Opern“<br />
(1921), „Freimaurerei und Katholizismus“<br />
(1914) und „Die Mystische<br />
Auslegung von Weihnachten“<br />
(1920).<br />
Im Monatsheft von Januar 1926<br />
wurde mitgeteilt, dass die „Briefe<br />
an Studenten“ als Buch erschienen<br />
sei sowie eine 24-seitige Broschüre<br />
von Frau Heindel, „Evolution vom<br />
Standpunkt der Rosenkreuzer“.<br />
Im Frühjahr 1926 schenkte Herr E.<br />
W. Ogden der Weltzentrale Kakteen,<br />
die von Herrn Charles Swigert<br />
in Pasadena gekauft worden waren<br />
und in ein Beet gepflanzt wurden.
Der Kindergarten, später West Hall genannt<br />
Anlässlich der Tatsache, dass<br />
Heindel seiner Frau im August 1925<br />
mit dem Auftrag erschienen war, einen<br />
Kindergarten zu bauen, sobald<br />
es finanziell möglich sei, bemühte<br />
man sich, diesen Plan auszuführen.<br />
Eine Spende <strong>des</strong> Ehepaares J. C.<br />
Jenssen ermöglichte dann den Bau.<br />
1926 wurde der Kindergarten eingeweiht,<br />
mit Platz für zwanzig Kinder<br />
zwischen vier und sieben Jahren.<br />
Anfangs war das Interesse so groß,<br />
dass eine Warteliste ergestellt werden<br />
musste. Als dann jedoch in den<br />
dreißiger Jahren die Krisenzeit begann,<br />
nahm das Interesse ab, so<br />
dass der Kindergarten aus diesem<br />
Grund am 31 März 1931 geschlossen<br />
werden musste.<br />
Kurz nach der Eröffnung <strong>des</strong> Kinder-<br />
Theodore und Corinne Heline<br />
gartens fuhr Frau Heindel für zehn<br />
Monate fort, um bis zum 21. Juli<br />
1927 in mehreren amerikanischen<br />
Zentren Vorträge zu halten und Kurse<br />
durchzuführen.<br />
Im Frühling von 1927 wurden zwei<br />
Häuschen gebaut, um Studenten,<br />
die während der Sommerschulen<br />
nach Mount Ecclesia kamen, billigere<br />
Unterkünfte zu bieten, als es in<br />
der Rose Cross Lodge möglich war.<br />
Diese Häuschen wurden an einem<br />
Einzelpfad erstellt, der von Ecclesia<br />
Drive abzweigte und um den Garten<br />
herumführte. Damals gab es einschließlich<br />
aller kleinen und großen<br />
Gebäude, die seit der Gründung gebaut<br />
worden waren, zweiunddreißig<br />
Gebäude.<br />
Eines der Mitglieder, Herr J. C.<br />
Stroebel, Direktor der Radiostation<br />
W.W.V.A. in West-Verginia, bot der<br />
Fellowship im Frühling 1928 Gratis-<br />
Sendezeiten an, um die Lehre auf diese<br />
Weise in großem Umfang publik<br />
zu machen. Der Präsident <strong>des</strong> New<br />
Yorker Zentrums, Herr Theodore<br />
Heline, hielt von 15. bis 19. April, jeweils<br />
um 12.00 Uhr, einen Funkvortrag.<br />
Es war derselbe Herr Heline,<br />
der später das weibliche Mitglied<br />
Corinne Smith Dunklee heiratete.<br />
Während Heindels Leben schrieb<br />
diese junge Frau im Monatsheft<br />
ausgezeichnete Bibelartikel. Auf<br />
Empfehlung Max Heindels hat sie<br />
später mit Hilfe ihres Mannes einen<br />
gegliederten Bibelkurs zusammengestellt,<br />
der in Buchform erschien.<br />
Am 23. Juli 1965 wurde auf Mount<br />
Ecclesia im Gedenken an Max<br />
Heindel, der einhundert Jahre vorher<br />
das Licht der Welt erblickt hatte,<br />
ein Bankett gegeben. Bei dieser<br />
Veranstaltung huldigte Frau Heline<br />
Max Heindel. Im größten Teil ihres<br />
Vortrags führt sie aus:<br />
„Liebe Freunde, mein Herz singt<br />
heute, da ich bei dieser Angelegenheit<br />
bei Ihnen sein kann, um dem<br />
geliebten Max Heindel meine bescheiden<br />
Ehre zu geben. Ich will Ihnen<br />
von dem ersten Tag erzählen,<br />
an dem ich diesem fantastischen<br />
Mann begegnete. Um dies zu tun,<br />
muss ich erst mein eigenes Leben<br />
in kurzen Zügen anführen. Vielleicht<br />
hören sie schon an meiner<br />
Stimme, dass ich im fernen Süden<br />
geboren und aufgewachsen bin. Ich<br />
war einziges Kind, und in meiner<br />
Jugend liebte ich meine Mutter. Sie<br />
war immer meine schöne Elfenprinzessin.<br />
Da sie sehr schwach war,<br />
fürchtete ich stets, sie eines Tages<br />
zu verlieren. Daher fasste ich den<br />
Entschluss, mir selbst das Leben<br />
zu nehmen und ihr zu folgen, falls<br />
sie verscheiden würde. Sie verstehen<br />
schon, dass ich damals nichts<br />
von Wiedergeburt und dem Gesetz<br />
von Ursache und Wirkung wusste.<br />
Ich suchte nach Antworten auf Fragen,<br />
die ich nicht formulieren konnte.<br />
Ich wusste nicht genau, wonach<br />
ich suchte und hatte dabei keine<br />
Ahnung, wo die Antwort zu finden<br />
wäre. Wie sie wissen, ist der Süden<br />
sehr strenggläubig und konservativ.<br />
Aber ich wusste mit Bestimmtheit,<br />
dass irgendwo eine richtigere Ant-<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 33
wort auf die Fragen über Leben und<br />
Tod zu finden sein müsste, als sie<br />
die Orthodoxie gab. Ich hatte mich<br />
fest entschieden, diese Antwort<br />
zu finden. Während<strong>des</strong>sen wurde<br />
meine Mutter immer schwächer,<br />
und ich war ständig ängstlich, sie<br />
zu verlieren. Einige Monaten vor ihrer<br />
letzten Krankheit rief mich eine<br />
Freundin an und erzählte mir, dass<br />
sie ein prächtiges neues Buch gefunden<br />
habe und davon überzeugt<br />
sei, dass es genau das enthalte,<br />
wonach ich immer gesucht hätte.<br />
Noch am selben Mittag ging ich zu<br />
ihr. Dieses Buch war, wie Sie wahrscheinlich<br />
vermuten, „Die Weltanschauung<br />
der Rosenkreuzer“.<br />
Aus dem Bild <strong>des</strong> ‚Rosenkreuzes‘<br />
sah und las ich, dass wir durch unser<br />
eigenes persönliches Leben<br />
lernen müssten, die sieben roten<br />
Rosen in eine weiße Rose zu verwandeln.<br />
Nun wusste ich, dass<br />
ich mich endlich selbst gefunden<br />
hatte. An diesem Abend, bevor ich<br />
schlafen ging, war bereits die Bestellung<br />
für dieses großartige Buch<br />
im Briefkasten, auf dem Weg nach<br />
Oceanside. Ich zählte die Tage,<br />
bis es zugesandt wurde. In dieser<br />
Zeit kam der Arzt und sagte mir,<br />
das meine Mutter einer ernsthaften<br />
Operation zu unterziehen sei. Ich<br />
lebte jetzt jeden Tag mit diesem<br />
Buch. Vor dem Schlafengehen<br />
legte ich es unter mein Kopfkissen,<br />
denn es schien für mich auf<br />
eine sonderbare Weise der einzige<br />
Trost zu sein, den mir die Welt bieten<br />
konnte. Nach der Operation<br />
sagte der Arzt meiner Mutter, dass<br />
es keine Hoffnung mehr gebe und<br />
dass sie nur noch einige Monate zu<br />
Leben hätte.<br />
34 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
Ich blieb meinem Buch immer treu.<br />
Dann kam mir eines Tages ein neuer,<br />
fremder Gedanke. Sollte ich mir<br />
das Leben nehmen und meiner Mutter<br />
folgen, wie ich es immer vorhatte,<br />
oder sollte ich nach Oceanside<br />
gehen und mein Leben der Arbeit<br />
Max Heindels widmen? Die Frage<br />
bekam eine Antwort, durch die ich<br />
beschloss, nach Oceanside zu fahren.<br />
Zehn Tage nach dem Tode<br />
meiner Mutter befand ich mich, das<br />
Buch ‚Die Weltanschauung der Rosenkreuzer‘<br />
unter meinem Arm, im<br />
Zug auf dem Weg nach Kalifornien,<br />
zu Max Heindel, der für meinen<br />
Kummer die einzige Stütze auf der<br />
Erde zu sein schien.<br />
Oh, ich wünschte, dass ich ihn genau<br />
beschreiben könnte, als ich<br />
ihm in den ersten Tagen hier auf<br />
Mount Ecclesia begegnete! Er kam<br />
mit ausgestrecktem Armen auf mich<br />
zu und sein anziehen<strong>des</strong> Gesicht<br />
strahlte voller Zärtlichkeit, Sympathie<br />
und Mitleid. Sie sollten wissen,<br />
dass ich vorher keinen persönlichen<br />
Kontakt zu ihm gehabt hatte. Ich<br />
kannte ihn nur durch sein Buch. Sie<br />
können sich meine Überraschung<br />
und mein Erstaunen vorstellen, als<br />
er meine Hände in die seine nahm<br />
und zärtlich sagte: ‚Mein Kind, ich<br />
bin tagsüber und auch nachts, während<br />
dieser erschütternden Prüfung,<br />
die du gerade überstanden hast, oft<br />
bei dir gewesen. Ich wusste, dass<br />
du zu mir kommen wür<strong>des</strong>t, wenn<br />
alles vorbei sein würde. Nun gehörst<br />
du immer zu meiner Arbeit!‘<br />
Dies, Freunde, war ein wichtiger<br />
Tag in meinem Leben. Es war der<br />
Tag, von dem an ich mich ganz<br />
dem geistigen Leben und der Lehre<br />
vom Rosenkreuz widmete. Es war<br />
für mich das besonders Richtige,<br />
diesen Mann zu kennen und unter<br />
seiner Führung und Aufsicht ausgebildet<br />
zu werden. Diese fünf Jahre<br />
habe ich immer als die schönsten<br />
und geistig fruchtbarsten meines<br />
Leben angesehen. Ich möchte im<br />
Stande sein, Ihnen diesen prächtigen<br />
Mann so zu beschreiben, wie<br />
ich ihn gekannt habe. Wenn ich an<br />
seine vielen, bewundernswerten Eigenschaft<br />
denke, ist es möglicherweise<br />
seine vollkommene Demut,<br />
was ich am meisten an ihm schätzte.<br />
Obgleich er immer dort, wo es möglich<br />
war, helfend und dienstlich sein<br />
wollte, hielt er stets die Person Max<br />
Heindel im Hintergrund. Oftmals,<br />
wenn ich seine ganze Hingabe an<br />
ein einfaches Leben betrachtete,<br />
dachte ich an die Worte Christi: ‚Von<br />
mir selbst bin ich nichts, es ist der<br />
Vater der das Wirken tut!‘<br />
Liebe Freunde, ich glaube, dass<br />
Max Heindel die vollkommene Vereinigung<br />
<strong>des</strong> Mystischen und Praktischen<br />
veranschaulichte. Die niedersten<br />
und einfachsten Dienste<br />
leistete er voll und gab sich dabei<br />
liebenswert und frohgemut. Wenn<br />
es notwendig war, ging er nach unten<br />
in den Stall, die Kuh zu melken,<br />
denn, wie sie wissen, hatten wir in<br />
dieser Zeit auf Mount Ecclesia einen<br />
Stall und eine Kuh. Er entnahm<br />
Honig aus den Bienenwaben, denn<br />
wir hatten auch Bienen. Er stieg<br />
auf die Telefonmasten, um einen<br />
gebrochenen Draht zu richten. Er<br />
pflanzte auf dem Gelände Blumen,<br />
grub, schaufelte und holte Gemüse.<br />
Er erledigte alle einfache Dinge mit<br />
gleichem Interesse und gleicher Begeisterung,<br />
als wenn er ins Büro, in<br />
den Schulungsraum oder den Hörsaal<br />
ging, um dort die Fülle seiner<br />
großen Weisheit zu verbreiten oder<br />
vielleicht seinem Lehrer zu begegnen,<br />
der seine bedeutungsvolle Arbeit<br />
in ihm leitete.<br />
Im Allgemeinen war es seine Gewohnheit,<br />
am Samstagabend in der<br />
Bibliothek eine „Frage und Antwort“-<br />
Zusammenkunft durchzuführen. Da<br />
stand ein die gesamte Länge <strong>des</strong><br />
Zimmers einnehmender Tisch, an<br />
dem sich Studenten einfanden, um<br />
Fragen an Max Heindel zu richten,<br />
die er beantwortete. Jedem Student<br />
war es erlaubt, schriftlich ein Frage<br />
zu stellen. Herr Heindel sammelte<br />
sie und beantwortete eine nach<br />
der anderen. Genaues Betrachten
zeigte mir, dass er immer intuitiv<br />
wusste, wer welche Frage gestellt<br />
hatte. Er sprach dann ständig zu<br />
demjenigen, von dem die Frage<br />
gekommen war. Bei den denkwürdigen<br />
Zusammenkünften, denen ich<br />
beiwohnte, habe ich niemals einen<br />
Fehler hinsichtlich der Identität <strong>des</strong><br />
Fragestellers erlebt. Max Heindel<br />
war immer vorsichtig und gewissenhaft.<br />
Er ging niemals zur nächsten<br />
Frage über, wenn er nicht sicher war,<br />
dass derjenige, der die gerade zu<br />
beantwortende Frage gestellt hatte,<br />
mit der Antwort ganz zufrieden war.<br />
Während dieser tiefgreifenden, erleuchtenden<br />
Zusammenkünfte war<br />
es, dass ich zum ersten Mal Einsicht<br />
in die wichtige Bedeutung bekam,<br />
die Farbe und Musik einnehmen<br />
werden, um die Welt auf das kommende<br />
neue Zeitalter vorzubereiten.<br />
Max Heindel hatte angekündigt,<br />
dass für diese Frage- und Antwort-<br />
Zusammenkünfte eine Stunde gewidmet<br />
werden sollte. Diese Stunde<br />
erstreckte sich oft bis zu zwei, zweieinhalb,<br />
manchmal drei Stunden. Es<br />
waren derartig anregende Stunden,<br />
dass die Zeit wie im Flug zu vergehen<br />
schien.<br />
Freunde, ich wünschte, dass ich im<br />
Stande wäre, ihnen zu erzählen,<br />
was Mount Ecclesia für Max Heindel,<br />
wie ich ihn gekannt habe, bedeutete<br />
und wie er diesen Ort liebte. Er<br />
kannte die erhabe Bestimmung, für<br />
die dieses Werk vorgesehen und<br />
errichtet worden ist. Zu seiner Zeit<br />
stand unter dem beleuchteten Rosenkreuz,<br />
das sich auf dem Gelände<br />
befindet, eine Bank. Max Heindel<br />
hatte die Gewohnheit, dort jeden<br />
Abend vor dem Zu-Bett-Gehen einige<br />
Minuten bis zu einer Stunde meditierend<br />
oder betend zu sitzen und<br />
über diesem heiligen Grundstück in<br />
Danksagung, Liebe und Segen auf<br />
alle auszustrahlen, die hier wohnten<br />
und dem Werk so treu dienten.<br />
Ich wünschte, das ich das Leuchten<br />
auf seinem anziehenden Gesicht<br />
beschreiben könnte, wenn er<br />
mit tiefem Respekt und Hingabe<br />
auf das beleuchtete Rosenkreuz<br />
blickte, das ihm so viel bedeutete.<br />
Es langweilte ihn niemals, uns von<br />
den strahlenden Dingen zu erzählen,<br />
die über Mount Ecclesia lebten.<br />
Oft sprach er über das Wundermittel,<br />
<strong>des</strong>sen Formel die Brüder vom<br />
Rosenkreuz bewachten, und das<br />
die Jünger einst würdig für Heilung<br />
und Tröstung sein würden, sie an<br />
allen, die aus der gesamten Welt<br />
an diesen Ort kommen werden, anwenden<br />
zu dürfen.<br />
Er erzählte uns auch von seinen<br />
Träumen und Gedanken vom Bauen<br />
eines prächtigen griechischen<br />
Theaters im Tal unter der Kapelle,<br />
in dem Aufführungen von Spielen<br />
mit geistiger Botschaft und esoterischen<br />
Wahrheiten, wie das Wirken<br />
von Shakespeare und anderen<br />
inspirierten Klassikern, stattfinden<br />
könnten.<br />
Auch sah er Zeiten, in denen Mount<br />
Ecclesia ein eigenes, prächtiges<br />
Orchester haben würde, das von<br />
Studenten, die in der Weltzentrale<br />
leben, zusammengestellt würde.<br />
Und er dachte daran, dass in diesem<br />
Theater außerdem Werke der<br />
Meisterkomponisten Beethoven und<br />
Wagner aufgeführt werden sollten,<br />
da er wisse, das sie hohe, musikalische<br />
Eingeweihte waren. Er sagte,<br />
hier möge einst Einweihungsmusik<br />
unterrichtet werden.<br />
Max Heindel sprach gern über die<br />
Älteren Brüder, wie sie durch studieren<br />
<strong>des</strong> Gedächtnisses der Natur im<br />
Stande seien, in vergangene Jahrhunderte<br />
zurückzublicken und den<br />
Zustand wahrzunehmen, in dem<br />
sich die Welt heute befindet. Wie<br />
Sie wissen, diente das alles dazu,<br />
das Buch ‚Die Weltanschauung der<br />
Rosenkreuzer‚ bekannt zu machen.“<br />
1928 war das im Tempel benutzte<br />
Harmonium auf Grund seines Alters<br />
kaum mehr bespielbar. Der<br />
sogenannte „Orgelfonds“, der von<br />
Herrn Charles D. Cooper im November<br />
1924 eingerichtet worden<br />
war, enthielt 3.800 Dollar, so dass<br />
entschieden wurde, eine neue Orgel<br />
zu kaufen. Anfang März wurde<br />
unter Beratung der Organistin<br />
Frances Ray bei „Artcraft Organ<br />
Co.“ in Santa Monica für 4.000 Dollar<br />
eine Orgel gekauft. Es dauerte<br />
vier Wochen, bis sie an Ort und<br />
Stelle zusammengebaut wurde.<br />
Am Karfreitag, dem 6. April 1928,<br />
war sie endlich fertig und konnte<br />
geweiht werden.<br />
Im August 1928 erschien das Buch<br />
„Astrodiagnose“, ein Führer zur<br />
Heilung, das von Max Heindel und<br />
seiner Frau geschrieben wurde.<br />
Max Heindel wurde <strong>des</strong>halb auch<br />
als Autor genannt, weil das Werk<br />
aus vielen seiner diagnostischen<br />
Materialien zusammengestellt<br />
worden war. Seine Frau ergänzte<br />
dieses Wissen mit ihrer Kenntnis<br />
und durch Horoskope, die sie zu<br />
diesem Zweck benutzte.<br />
Das Buch „Die Weltanschauung<br />
der Rosenkreuzer“, welches nach<br />
seinem Erscheinen bald über die<br />
Grenzen Amerikas hinaus bekannt<br />
wurde, erschien, wie auch die anderen<br />
Schriften der Fellowship, im<br />
Laufe der Jahre in verschiedenen<br />
Sprachen. Das hatte zur Folge,<br />
dass auf Mount Ecclesia regelmäßig<br />
Anträge für schriftliche Kurse<br />
zum Einarbeiten in die Lehre und<br />
die Astrologie eingingen, die in den<br />
jeweiligen Lan<strong>des</strong>sprachen der<br />
Antragsteller oder Antragstellerin<br />
erstellt sein sollten. Um das zu ermöglichen,<br />
wurden ausländische<br />
Sekretäre eingestellt. 1925 waren<br />
es bereits fünf Personen.<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 35
Korrespondenzkurse<br />
<strong>des</strong> RCF Rosenkreuzer Freun<strong>des</strong>kreises<br />
36 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
Einführungskurs (12 Lektionen)<br />
.Dieser Einführungskurs ist für alle Interessenten, die sich ernsthaft mit<br />
den Grundlagen der Rosenkreuzerlehren nach Max Heindel beschäftigen<br />
möchten. Alle weiterführenden Kurse können erst nach Abschluss<br />
dieses Kurses studiert werden. Die behandelten Themen beruhen auf<br />
Auszügen aus dem Buch „Kosmo-Konzeption“ von Max Heindel.<br />
Ergänzugskurs „Rosenkreuzer Philosophie“ (40 Lektionen)<br />
Mit diesem Korrespondenzkurs möchten wir Ihnen ausgewählte Themen<br />
der Rosenkreuzer Philosophie zur Reflektion anbieten und gleichzeitig<br />
die Möglichkeit geben, sich mit einem persönlichen Studienbetreuer gedanklich<br />
auszutauschen.<br />
Esoterische Bibelinterpretation (28 Lektionen)<br />
Dieser Korrespondenzkurs bietet Ihnen die Gelegenheit, sich mit interessanten<br />
Themen der Bibel kritisch auseinander zu setzen und sie aus<br />
anderen Blickwinkeln zu betrachten. Er soll ihnen den Zugang zur Bibel<br />
erleichtern und ein Verständnis für die esoterischen Zusammenhänge<br />
wecken.<br />
Esoterische Astrologie (35 Lektionen)<br />
Der Astrologiekurs “<strong>Strahlen</strong> vom Sternlicht” vermittelt einen Einblick in<br />
die Zusammenhänge der Astrologie. Er ist sehr schwer und arbeitsintensiv!<br />
Es wäre sinnvoll, bereits die anderen Kurse absolviert bzw. sich in<br />
die Rosenkreuzer Philosophie intensiv eingearbeitet zu haben. Ihr persönlicher<br />
Studienbetreuer unterstützt Sie selbstverständlich und begleitet<br />
Sie während <strong>des</strong> Studiums<br />
Anmeldungen zu den Kursen: Im Internet: www.rosen-kreuzer.eu oder E-Mail: info@rosen-kreuzer.eu
Foto: Katharina Wieland Müller / pixelio.de<br />
Gott Allmächtiger,<br />
Der Du Himmel und Erde gewirkt hast<br />
Und der Du den Menschen so vieles Gutes<br />
gegeben,<br />
Gib mir in deiner Gnade<br />
Rechten Glauben und guten Willen,<br />
Weisheit, Einsicht und Kraft,<br />
Dem Bösen zu widerstehen<br />
Und ihm zu wehren<br />
Und deinen Willen wirksam zu tun.<br />
Aus dem Wessobrunner Gebet (9. Jahrhundert)<br />
Esoterische<br />
Bibelinterpretation<br />
Gott der Eine<br />
Gott ist Eins. Durch Schlussfolgerungen<br />
kommt auch die äußere<br />
Wissenschaft zu dieser esoterisch<br />
gesicherten Erkenntnis.<br />
Der bedeutende Philosoph Johann<br />
Gottfried Herder schrieb bereits<br />
1774:<br />
„Je weiterhin es sich in Untersuchung<br />
der ältesten Weltgeschichte,<br />
ihrer Völkerwanderung, Sprachen,<br />
Sitten, Erfindungen und Traditionen<br />
aufklärt, <strong>des</strong>to wahrscheinlicher<br />
wird mit jeder neuen Entdeckung<br />
auch der Ursprung <strong>des</strong> ganzen Geschlechts<br />
von Einem.“ (1)<br />
Wenn sich Gott der Eine in der Natur<br />
offenbart oder zeigt, ist er dreifaltig.<br />
Es gibt das Schöpferische<br />
Prinzip, das Bewahrende Prinzip<br />
und das Prinzip der Zerstörung erschaffener<br />
Formen.<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 37
Die Formen werden solange bewahrt,<br />
wie sie nützlich sind. Dann<br />
werden sie aufgelöst, so dass die<br />
Substanzen, aus denen sie bestehen,<br />
für die Bildung neuer Formen<br />
verwendet werden können.<br />
Das trinitarische Prinzip Gottes,<br />
Gottes Trinität, ist in den verschiedenen<br />
Religionen unterschiedlich<br />
bezeichnet worden.<br />
In der westlichen Welt ist Christus<br />
der zweite Aspekt, das vereinigende,<br />
bewahrende Prinzip. Er<br />
kam als Lehrer der Liebe und der<br />
allumfassenden Brüderlichkeit. In<br />
seinem Erdenleben hat er darauf<br />
hingewiesen, dass die Schöpfung<br />
zu einer noch höheren Stufe <strong>des</strong><br />
Seins gelangen wird, wenn das<br />
von ihm gegründete Reich dem Vater<br />
übergeben und alle in ihm eins<br />
sein werden.<br />
(1) Johann Gottfried Herder, „Auch eine<br />
Philosophie der Geschichte zur Bildung<br />
der Menschheit“, Stuttgart 1990,<br />
Seite 1<br />
38 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
Der Ursprung der Bibel<br />
Zu euch, Brüder und Schwestern,<br />
konnte ich bisher nicht reden wie<br />
zu Menschen, die von Gottes Geist<br />
erfüllt sind. Ich musste euch behandeln<br />
wie Menschen, die sich von<br />
ihrer selbstsüchtigen Natur leiten<br />
lassen und im Glauben noch Kinder<br />
sind.<br />
Darum gab ich euch Milch, nicht<br />
feste Nahrung, weil ihr die noch<br />
nicht vertragen konntet. Auch jetzt<br />
könnt ihr das noch nicht;<br />
denn ihr steht immer noch im Bann<br />
eurer selbstsüchtigen Natur. Ihr rivalisiert<br />
miteinander und streitet<br />
euch. Das beweist doch, dass ihr<br />
nicht aus dem Geist Gottes lebt,<br />
sondern eurer selbstsüchtigen Natur<br />
folgt und so handelt wie alle anderen<br />
Menschen auch!<br />
(1. Korinther 3, 1 - 3)<br />
Denn es steht geschrieben, dass<br />
Abraham zwei Söhne hatte: einen<br />
von der Magd, den andern von der<br />
Freien.<br />
Aber der von der Magd war, ist nach<br />
dem Fleisch geboren; der aber von<br />
der Freien ist durch die Verheißung<br />
geboren.<br />
Die Worte bedeuten etwas. Denn<br />
das sind zwei Testamente: eins von<br />
dem Berge Sinai, dass zur Knechtschaft<br />
gebiert, welches ist die Hagar;<br />
denn Hagar heißt in Arabien der<br />
Berg Sinai und kommt überein mit<br />
Jerusalem, das zu dieser Zeit ist<br />
und dienstbar ist mit seinen Kindern.<br />
Aber das Jerusalem, das droben ist,<br />
das ist die Freie; die ist unser aller<br />
Mutter.<br />
(Galater 4, 22 - 26)<br />
Die Bibel enthält viele wertvolle esoterische<br />
Wahrheiten. In ihren allgemein<br />
vorhandenen Lesarten ist sie<br />
allerdings nicht das einzige, wahre,<br />
unfehlbare inspirierte Wort Gottes.<br />
Ihre Wahrheiten sind oft unter Einschaltungen<br />
verborgen oder werden<br />
durch Nichtbeachtung verschiedener<br />
Teile, die als „apokryph“ (2) gelten,<br />
verdunkelt. Will man sie finden<br />
und selbst zu wahrer Erkenntnis<br />
gelangen, ist es erforderlich, ohne<br />
vorgefasste Meinung an das Bibelstudium<br />
heranzugehen.<br />
Die Heiligen Schriften wurden ursprünglich<br />
in Hebräisch geschrieben.<br />
Diese Sprache ermöglicht es,<br />
Verborgenes verborgen zu halten.<br />
Ihre Wörter, insbesondere die alten<br />
Stils, fließen ineinander über. Sie<br />
sind nicht, wie es in der deutschen<br />
Sprache der Fall ist, voneinander<br />
getrennt. Die Vokale wurden beim<br />
Schreiben ausgelassen. So hängt<br />
sehr viel davon ab, wo und wie sie<br />
beim Lesen eingesetzt werden. Außerdem<br />
kann eine kleine Umstellung<br />
die Bedeutung nahezu jeden<br />
Satzes fast völlig verändern.<br />
Die großen Esoteriker, die den
Zohar niederlegten, gaben dem<br />
Gesichtspunkt, kein offenes Buch<br />
Gottes zu schreiben, den besonderen<br />
Ausschlag.<br />
Der Zohar ist ein Teil der jüdischen<br />
Kabbala. (3) Er wurde im 13. Jahrhundert<br />
in Spanien durch den kabbalistischen<br />
Schriftsteller Moses de<br />
Leon eingeführt. De Leon schrieb<br />
ihn Simon Ben Yohai, einem jüdischen<br />
Lehrer <strong>des</strong> zweiten Jahrhunderts<br />
zu.<br />
In der Form <strong>des</strong> Kommentars zu<br />
den fünf Büchern Mose, der Thora,<br />
enthält er eine vollständige kabbalistische<br />
Gottesweisheit, eine kabbalistische<br />
Theosophie. In ihr wird von<br />
Gott, der Schöpfung, dem Weltall,<br />
der Seele, der Sünde, der Erlösung<br />
und so weiter gesprochen. Der Inhalt<br />
besagt, dass dieses Buch das<br />
Werk vieler Autoren, Perioden und<br />
Zivilisationen ist.<br />
Aus folgendem Zitat der Thora wird<br />
ersichtlich, dass ihre Geheimnisse<br />
nicht von allen Menschen verstanden<br />
werden sollten:<br />
„Wehe dem Menschen, der in der<br />
Thora, dem Gesetz, nur einfache<br />
Worte und Berichte sieht! Denn<br />
wenn sie in Wahrheit nur solche<br />
enthielte, könnten wir sogar heute<br />
eine Thora zusammenstellen, die<br />
bewundernswerter wäre. Aber so ist<br />
es nicht. Je<strong>des</strong> Wort der Thora enthält<br />
eine hohe Bedeutung und ein<br />
erhabenes Mysterium. ...<br />
Die Darlegungen der Thora sind ihr<br />
Kleid. Wehe dem, der dieses Kleid<br />
für die Thora selbst hält! ...<br />
Der Einfältige bemerkt einzig und allein<br />
die Gewänder und Berichte der<br />
Thora. Er kennt nichts anderes. Er<br />
sieht nicht, was sich unter dem Kleid<br />
verbirgt. Der Unterrichtete beach-<br />
tet nicht die Kleidung, sondern den<br />
Körper, den sie einhüllt“<br />
Die Thora, hebräisch „Lehre“ oder<br />
„Gesetz“, war zum Vorlesen in der<br />
Synagoge auf Pergamentrollen,<br />
den Thora-Rollen, geschrieben worden.<br />
In die aus ihr zitierten Worte,<br />
die von der überirdischen Weisheit<br />
bedeutender Intelligenzen inspiriert<br />
wurden, sind die sinnbildlichen Bedeutungen<br />
unmißverständlich mit<br />
einbezogen worden.<br />
Paulus weist eindeutig darauf hin,<br />
dass beispielsweise die Geschichte<br />
von den beiden Söhnen, die Abraham<br />
von Sara und Hagar hatte, rein<br />
allegorisch ist. (Galater 4, 22 bis<br />
26).<br />
Jesus befolgte das Gebot <strong>des</strong><br />
Schweigens. Wenn er die Volksmenge<br />
mit esoterischen Wahrheiten<br />
in Berührung brachte, sprach er<br />
in Gleichnissen. Danach erklärte<br />
er seinen Jüngern vertraulich den<br />
darin enthaltenen geheimen Sinn.<br />
Außerdem legte er ihnen mehrfach<br />
ans Herz, nichts über solche persönlichen<br />
Belehrungen verlauten zu<br />
lassen.<br />
Paulus gab den „Säuglingen im<br />
Glauben“ „Milch“, die einfacheren<br />
Lehren, und behielt das „Fleisch“,<br />
die tieferen Wahrheiten, für die<br />
„Starken“, für diejenigen, die fähig<br />
sind, sie zu verstehen und aufzunehmen.<br />
(1. Korinther 3, 1 bis 3).<br />
Vom Alten Testament ist nicht eine<br />
einzige Zeile der hebräischen Originalschriften<br />
vorhanden. Um das<br />
Jahr 280 vor Christus entstand die<br />
Septuaguinta, eine Übersetzung<br />
ins Griechische. Es war die einzige<br />
Bibel, die vor Christi Geburt in Gebrauch<br />
war.<br />
Schon zur Zeit Christi herrschten<br />
erhebliche Meinungsverschiedenheiten<br />
darüber, was als Original<br />
anzusehen sei und was eingefügt<br />
worden ist. Erst nach Rückkehr aus<br />
der Babylonischen Gefangenschaft<br />
begannen die Schreiber, die einzelnen<br />
Schriften zusammen zu fassen.<br />
Der Talmud (4) erschien ungefähr<br />
500 nach Christus und brachte<br />
den ersten Text. Er ähnelt den gegenwärtigen<br />
Niederschriften. Allerdings,<br />
vollkommen kann er nicht<br />
sein.<br />
Später wurden von der Masoretenschule,<br />
die von 500 bis ungefähr<br />
800 nach Christus hauptsächlich<br />
in Tiberias bestanden hatte, einige<br />
hebräische Schriften gesammelt<br />
und zusammen mit dem Talmud bearbeitet.<br />
In großem und sorgfältigen Bemühen<br />
wurde ein hebräisches Altes<br />
Testament herausgebracht, das in<br />
der gegenwärtigen Zeit dem Original<br />
am nächsten kommt.<br />
Die Thora ist, das wurde schon erwähnt,<br />
nur für die Eingeweihten geschrieben<br />
worden und kann nur von<br />
ihnen verstanden werden. Es wird<br />
jedoch keine Mühe gescheut, allen<br />
Menschen, die ein inneres Recht<br />
auf sie haben, das heißt, innerlich<br />
reif für sie sind, die erforderliche<br />
Aufklärung zur rechten Zeit zu geben.<br />
Demjenigen, der dieses Recht<br />
erworben hat, wird die Wahrheit offenbart.<br />
2011-4 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 39
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40 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2011-4<br />
(2) Apokryphen, griechisch „verborgene Schriften“, sind im hellenistischen<br />
Sprachgebrauch vor allem geheim gehaltene heilige Bücher der Mysterienreligionen.<br />
Im jüdischen und christlichen Sprachgebrauch sind es nicht vollwertige,<br />
doch den anerkannten biblischen Büchern nach Anlage und Inhalt<br />
ähnliche Schriften. In der alten Kirche waren sie vom öffentlichen Gebrauch<br />
ausgeschlossen.<br />
(3) Unter Kabbala(h) wurden ursprünglich die nicht-mosaischen heiligen Bücher<br />
und auch die mündlich überlieferte Lehre verstanden. Seit dem 12.<br />
Jahrhundert ist dieses Wort der Name der allmählich zu einer eigenen Schule<br />
und Literatur gewordenen Geheimlehre der Juden geworden, deren Elemente<br />
schon im persisch-mazedonischen Zeitalter sichtbar geworden waren<br />
und deren Grundlage die orientalische Emanationslehre ist. Das älteste<br />
kosmogenische Buch der Kabbala ist das Buch Jesira aus dem 7. Jahrhundert.<br />
Dieses Buch Jesira beschreibt die Erschaffung <strong>des</strong> Universums durch<br />
Analogie mit zweiundzwanzig Buchstaben <strong>des</strong> hebräischen Alphabets.<br />
(4) Der Talmud, hebräisch „Lernen“, „Lehre“, ist das nach-biblische Hauptwerk<br />
<strong>des</strong> Judentums. Er entstand in mehr-hundertjähriger mündlicher und<br />
schriftlicher Überlieferung und wurde um 500 nach Christus abgeschlossen.<br />
Er besteht aus einer hebräisch geschriebenen Rechtssammlung und der<br />
auf ihr aufbauenden, aramäisch verfassten Diskussion und Kommentierung.<br />
Auf etwa 5900 Folioseiten mit zweieinhalb Millionen Wörtern kommen ungefähr<br />
2500 Autoren zu Wort. Bis in die neuere Zeit diente dieses Werk dem<br />
Judentum als Enzyklopädie allen Wissens in Geschichte, Medizin, Astronomie,<br />
Landwirtschaft, Handel und so weiter und zuzeiten als eine Grundlage<br />
allgemeiner jüdischer Erziehung und Bildung. Zusammen mit der hebräischen<br />
Bibel und dem Gebetbuch bleibt der Talmud ein grundlegen<strong>des</strong> Buch<br />
religiöser, historischer und geisteswissenschaftlicher Bedeutung, dem das<br />
Judentum und die Forschung heute wieder ihr Interesse zuwenden.