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Ein Sarg ohne Leiche - Pegasus Spiele

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<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong><br />

<strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Solo- und Gruppenabenteuer<br />

von Bernhard Bihler


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong><br />

Willkommen in Arkham.<br />

Impressum<br />

Autor Bernhard Bihler<br />

Karte Chris Schlicht<br />

Bildredaktion Sabrina Litzbarski<br />

Lektorat Frank Heller<br />

Korrektorat Thorsten Erker,<br />

Christina Wessel-Heller<br />

Satzkontrolle Frank Heller<br />

Design & Layout Christian Hanisch<br />

Chefredaktion Cthulhu Frank Heller<br />

Verlagsleitung Jan Christoph Steines<br />

<strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Teil 1: Das Soloabenteuer<br />

von Bernhard Bihler<br />

Vorwort<br />

„<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>“ ist ein Abenteuer<br />

in zwei Teilen. Teil 1 ist ein Soloabenteuer.<br />

In diesem Soloabenteuer<br />

übernehmen Sie die Rolle des jungen<br />

Studenten Harold Simms. Harold ist<br />

24 Jahre alt und studiert derzeit am<br />

MIT Physik, das in Cambridge bei<br />

Boston gelegen ist. Um Harold Ihren<br />

individuellen Vorstellungen anzupassen,<br />

stehen Ihnen noch 100 Hobbypunkte<br />

zur Verfügung, die Sie frei auf<br />

seine Fertigkeiten verteilen können.<br />

Auf den Charakterbogen wird diesbezüglich<br />

verwiesen. Sie beginnen das<br />

Abenteuer bei Abschnitt 1.<br />

Teil 2 ist ein Gruppenabenteuer,<br />

das an der Stelle beginnt, an der das<br />

Soloabenteuer aufhört. Es sollte also<br />

im Anschluss an das Soloabenteuer<br />

erlebt werden. Da das Gruppenabenteuer Informationen<br />

enthält, deren Kenntnis den Spielspaß des Soloabenteuers<br />

mindern könnte, sollte es erst gelesen werden, nachdem<br />

das Soloabenteuer in seinen Varianten durchgespielt<br />

wurde. Wer plant, das Gruppenabenteuer als <strong>Spiele</strong>r zu<br />

erleben, lässt natürlich vollständig seine Finger davon.<br />

1<br />

Es ist der triste, regnerische Morgen des 14. November<br />

1928 und ein sehr trauriger Anlass hat dich in das verschlafene<br />

Städtchen Arkham in Massachusetts geführt.<br />

Dein Onkel Harvey, ein früher weit gerühmter Orientalist,<br />

der sich vor Jahren hier niedergelassen hatte, ist vor<br />

wenigen Tagen verstorben und nun ist es deine Pfl icht,<br />

ihm die letzte Ehre zu erweisen. Du hattest in den letzten<br />

Jahren zwar nur sehr wenig Kontakt zu dem alten<br />

Herren, aber als dich die Nachricht von seinem Ableben<br />

erreicht hat, kamen in dir viele alte Erinnerungen an den<br />

liebenswerten, schrulligen Büchernarren hoch und dein<br />

Bedauern war tief und aufrichtig.<br />

Nun stehst du auf dem grauen, windschiefen Christchurch-Friedhof<br />

in diesem alten, düsteren Städtchen mit<br />

2 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


© 2006 bei <strong>Pegasus</strong> <strong>Spiele</strong> GmbH unter Lizenz von Chaosium Inc.<br />

Diese Seite darf zum persönlichen Gebrauch fotokopiert werden.<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu<br />

H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Name des Charakters Harold Simms<br />

Name des <strong>Spiele</strong>rs<br />

Beruf Student der Physik<br />

Ausbildung, Titel<br />

Geburtsort<br />

Geisteskrankheiten<br />

Geschlecht m Alter 24<br />

Stabilitätspunkte<br />

Wahnsinn 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22<br />

23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35<br />

36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48<br />

49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61<br />

62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74<br />

75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87<br />

88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99<br />

Fertigkeiten<br />

Ansehen (15%) 45 %<br />

Anthropologie (01%)<br />

Archäologie (01%)<br />

Astronomie (01%)<br />

Ausweichen (GE x 2%) 30 %<br />

Bibliotheksnutzung (25%) 60 %<br />

Biologie (01%)<br />

Buchführung (10%)<br />

Chemie (01%) 50 %<br />

Cthulhu-Mythos (00%)<br />

Elektrische Reparaturen (10%)<br />

Erste Hilfe (30%)<br />

Fahren (20%)<br />

________________<br />

________________<br />

________________<br />

Feilschen (05%)<br />

Fotografie (10%)<br />

Fremdsprache (01%)<br />

________________<br />

________________<br />

________________<br />

________________<br />

Geologie (01%) 30 %<br />

Geschichtskenntnisse (20%)<br />

Gesetzeskenntnisse (05%)<br />

Handwerk (05%)<br />

________________<br />

Horchen (25%)<br />

Attribute und Rettungswürfe<br />

ST 11 GE 15 IN 14 Idee 70<br />

KO 12 ER 14 MA 12 Glück 60<br />

GR 11 gS 60 BI 15 Wissen 75<br />

Maximalstabilität 99 Schadensbonus -<br />

99-Cthulhu-Mythos<br />

Magiepunkte<br />

Bewusstlos 0 1 2<br />

3 4 5 6 7 8<br />

9 10 11 12 13 14<br />

15 16 17 18 19 20<br />

21 22 23 24 25 26<br />

27 28 29 30 31 32<br />

33 34 35 36 37 38<br />

39 40 41 42 43 44<br />

Kampfsportart (01%)<br />

Klettern (ST+GE %)<br />

Kunst (05%)<br />

________________<br />

________________<br />

Mechanische<br />

Reparaturen (20%)<br />

Medizin (05%)<br />

Muttersprache (BI x 05%)<br />

Englisch 80 %<br />

Naturkunde (10%)<br />

Okkultismus (05%)<br />

Orientierung (10%) 40 %<br />

Pharmazie (01%)<br />

Physik (01%) 60 %<br />

Pilot (01%)<br />

________________<br />

________________<br />

Psychoanalyse (01%)<br />

Psychologie (05%)<br />

Reiten (05%)<br />

Schleichen (10%)<br />

Schlosserarbeiten (01%)<br />

Schweres Gerät (01%)<br />

________________<br />

________________<br />

Schwimmen (25%)<br />

Springen (25%)<br />

Spurensuche (10%)<br />

Tarnen (15%)<br />

Überreden (05%) 25 %<br />

Trefferpunkte<br />

Tot -2 -1 0 1 2<br />

3 4 5 6 7 8<br />

9 10 11 12 13 14<br />

15 16 17 18 19 20<br />

21 22 23 24 25 26<br />

27 28 29 30 31 32<br />

33 34 35 36 37 38<br />

39 40 41 42 43 44<br />

Überzeugen (15%) 65 %<br />

Verbergen (10%)<br />

Verborgenes erkennen (25%) 45 %<br />

Verkleiden (01%)<br />

Werfen (25%)<br />

________________<br />

________________<br />

________________<br />

Schusswaffen<br />

Faustfeuerwaffe (20%)<br />

Gewehr (25%)<br />

Maschinengewehr (15%)<br />

Maschinenpistole (15%)<br />

Schrotflinte (30%)<br />

________________<br />

________________<br />

Waffen<br />

Nahkampf % Schaden Hände Rw #Angriffe TP Waffe % Schaden Fehlf. Reichw. #Angriffe Schuss TP<br />

Faustschlag (50%) 1W3+Sb 1 Berührung 1 —<br />

Kopfstoß (10%) 1W4+Sb 2 Berührung 1 —<br />

Fußtritt (25%) 1W6+Sb 0 Berührung 1 —<br />

Ringen (25%) spezial 2 Berührung 1 —


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

seinen fi nsteren Häusern und gebeugten Giebeln und<br />

fragst dich ernsthaft, ob dein Onkel in den letzten Jahren<br />

seines Lebens wirklich so wenig Freunde gehabt hat.<br />

Außer dir sind nur sein Anwalt Dr. Saltonstall, ein zwielichtiger<br />

Kollege von der Miskatonic-Universität namens<br />

Dr. Shalad, der Pastor und zwei gelangweilte Totengräber<br />

anwesend — eine wahrhaft armselige Trauergemeinde<br />

für so einen großen Mann der Wissenschaft!<br />

Dein Blick schweift über das offene Grab, in dem sich<br />

trüb der kalte Regen sammelt, über die stummen, halb<br />

toten Bäume und verwitterten Grabsteine und bleibt<br />

schließlich an dem einfachen Kiefernsarg hängen, der<br />

den Leib deines Onkels enthält und nun seine letzte<br />

Ruhestatt darstellt. Das monotone Genäsel des Pastors<br />

geht beinahe im Prasseln der eisigen Regentropfen unter<br />

und es dauert einen Moment, bis du realisierst, dass<br />

nun der Moment des Abschiednehmens gekommen ist.<br />

Die Totengräber heben den <strong>Sarg</strong> an und schlurfen um die<br />

Grube herum, um deinen Onkel in die Erde zu legen, als<br />

plötzlich der dürrere der beiden <strong>Sarg</strong>träger im klatschnassen<br />

Gras ausrutscht, das Gleichgewicht verliert und in die<br />

offene Grube fällt. Mit einem dumpfen Rumpeln schlägt<br />

der <strong>Sarg</strong> an der Kante des Loches auf, der Deckel springt<br />

ab, doch statt des Leichnams deines verblichenen Oheims<br />

rollen mit lautem Poltern mehrere große Felsbrocken aus<br />

dem offenen <strong>Sarg</strong> und stürzen auf den ungeschickten Totengräber.<br />

Nach einem kurzen Moment der geschockten Stille<br />

stößt Dr. Shalad einen unverständlichen Fluch aus und<br />

wendet sich mit schnellem Schritt ab, während dein ungläubiger<br />

Blick noch immer an dem offenen <strong>Sarg</strong> hängt —<br />

von deinem Onkel fehlt jede Spur! Während der zweite<br />

Totengräber seinem Kollegen aus der Grube hilft und der<br />

schreckensbleiche Pastor noch versucht, die Anwesenden<br />

mit hohlen Plattitüden zu beruhigen, nimmt Anwalt Saltonstall<br />

dich sanft am Arm, drückt sein Bedauern über<br />

das ungeheuerliche Geschehen aus und bittet dich in sein<br />

Büro, um die unerwartete Wendung des Schicksals zu besprechen.<br />

Weiter geht es in Abschnitt 30.<br />

2<br />

Mit einem lang gezogenen Quietschen, das deine Nerven<br />

entzündet und schmerzhaft in deinen Ohren sticht,<br />

schwingt die von der Feuchtigkeit verzogene Haustüre<br />

auf und gibt den Blick auf eine düstere, enge Diele frei.<br />

Zahllose Dämonen und Untiere starren dir von Gemälden,<br />

Statuetten und Wandbehängen entgegen, und aus<br />

einer staubigen Vitrine scheinen die leeren Höhlen alter<br />

Schädel jeder deiner Bewegungen zu folgen. Mit einem<br />

fl auen Gefühl im Magen und schweißnassen Händen betrittst<br />

du vorsichtig dieses Refugium vergangener Zeiten<br />

und unbekannter Welten.<br />

<strong>Ein</strong> frostiger Windhauch streift deine Wange und mit<br />

einem markerschütternden Krachen fällt die Tür ins<br />

Schloss. Bevor du rational darüber nachdenken kannst,<br />

schlägt instinktive Furcht ihre brennenden Krallen in deinen<br />

Magen und du reißt die Tür panisch wieder auf, nur<br />

um sicher zu gehen, dass du nicht in dem schreckenserfüllten<br />

Haus gefangen bist. Mit tiefer Erleichterung stellst<br />

du fest, dass die <strong>Ein</strong>gangstür sich leicht wieder öffnen<br />

lässt und entscheidest, dass wohl nur ein starker Luftzug<br />

für ihr Zufallen verantwortlich war. Sobald du dich wie-<br />

Abschreckend und faszinierend zugleich: indische Gottheiten.<br />

der voll im Griff hast, wendest du dich erneut der Menagerie<br />

von Scheusalen zu.<br />

Auf den zweiten Blick wirken die meisten der abgebildeten<br />

Teufel nur noch halb so Furcht einfl ößend, und es<br />

ist dir dann doch etwas peinlich, dass du so leicht in abergläubische<br />

Furcht verfallen bist. Nach kurzer Inspektion<br />

kommst du zu dem Schluss, dass die hier aufgestellten<br />

Exponate nur Mitbringsel deines Onkels von seinen frühen<br />

Forschungsreisen nach Indien und in den Orient sind<br />

und nicht mit seinen morbiden Forschungen der letzten<br />

Zeit in Zusammenhang stehen. So beschließt du, dein<br />

Glück in den anderen Räumen des Hauses zu versuchen.<br />

Die Tür zur Linken führt in die Küche und zu Abschnitt<br />

40.<br />

Zur Rechten öffnet sich das Wohnzimmer in Ab schnitt<br />

14.<br />

Geradeaus fi ndet sich das Studierzimmer mit Bibliothek<br />

in Abschnitt 24.<br />

Du kannst auch die Treppe hinaufsteigen und in Abschnitt<br />

4 das Schlafzimmer untersuchen.<br />

Unter der Treppe geht es in Abschnitt 65 hinunter in<br />

den Keller.<br />

War der erste Schreck bereits zu viel für deine Nerven,<br />

so kannst du dich wieder ins Freie und zu Abschnitt 45<br />

begeben.<br />

3<br />

Mit steigender Panik wird dir klar, dass du vollkommen<br />

die Orientierung verloren hast. Dein Herz beginnt zu ra-<br />

4 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

sen, deine Brust krampft sich schmerzhaft zusammen,<br />

deine Schläfen pochen, vor deinen Augen malt die Dunkelheit<br />

feurige Kreise und Punkte auf deine Netzhaut.<br />

Immer schneller kriechst und stolperst du durch die Finsternis,<br />

der Atem geht immer schwerer, zum wiederholten<br />

Mal reißt du an deiner Krawatte, doch das Gefühl, gleich<br />

zu ersticken, wird immer stärker.<br />

Nach einer halben Ewigkeit spürst du plötzlich kalte,<br />

geborstene Steinfliesen unter deinen zerschundenen<br />

Händen. Mit einem heiseren Freudenschrei wird dir klar,<br />

dass du aus dem Alptraumlabyrinth wieder näher an die<br />

Zivilisation gekommen bist, und lässt dich völlig entkräftet<br />

auf den Steinboden niedersacken.<br />

Dein hektischer Atem beruhigt sich langsam wieder<br />

und auch das gewaltige Rauschen des Blutes in deinen<br />

Ohren wird leiser, als dein überfordertes Gehirn die leisen<br />

Anzeichen dafür wahrnimmt, dass du nicht mehr allein<br />

bist. Aus der Dunkelheit um dich herum dringt verstohlenes<br />

Hecheln und gieriges Sabbern, das leise Kratzen<br />

von Krallen und das Scharren von Hufen ist ringsum zu<br />

vernehmen.<br />

Die Panik kehrt mit Urgewalt zurück, du springst auf<br />

und stürzt dich kopflos in die erstickende Schwärze. Deine<br />

Flucht dauert nur wenige Herzschläge, bis sich mit<br />

heiserem Bellen mehrere stinkende, kräftige Kreaturen<br />

auf dich stürzen — scharfe Krallen reißen deinen Bauch<br />

auf, dolchartige Fangzähne bohren sich in deinen Nacken<br />

und das Letzte, was du vernimmst, ist das Splittern und<br />

Bersten deiner eigenen Knochen unter den Kiefern der<br />

Kreaturen, die die wahren Herren dieses lichtlosen Labyrinths<br />

sind.<br />

ENDE<br />

4<br />

Du steigst die knarrende Treppe in den ersten Stock hinauf,<br />

steckst kurz den Kopf ins Badezimmer, das außer<br />

Bergen schmutziger Wäsche nichts Interessantes enthält,<br />

und wendest dich schließlich dem Schlafzimmer zu.<br />

Im Halbdunkel — die Fensterläden sind geschlossen —<br />

kannst du nur undeutliche Schemen von Bett, Kleiderschrank<br />

und Lesesessel ausmachen. Du tastest noch nach<br />

dem Lichtschalter, als du eine undeutliche Bewegung<br />

im Sessel bemerkst. Mit einem Schrei der Überraschung<br />

starrst du die unförmige, süßlich riechende Gestalt an,<br />

die sich gerade erhoben hat und dich aus dem Halbdunkel<br />

feindselig anstarrt.<br />

Möchtest du den merkwürdigen <strong>Ein</strong>brecher angreifen,<br />

so schlage Abschnitt 28 auf.<br />

Willst du abwarten, was die Gestalt vorhat, so geht es<br />

in Abschnitt 35 weiter.<br />

5<br />

Die rechte Abzweigung beginnt schon nach wenigen Kurven<br />

langsam, aber stetig weiter nach unten zu führen. Je<br />

weiter du dem Gang folgst, desto feuchter wird er und die<br />

kalten Pfützen werden immer tiefer. Die vereinzelten Seitentunnel<br />

riechen stark nach Moder und Schimmel und<br />

schließlich gibt es kein Fortkommen mehr, als der Tunnel<br />

gänzlich in eiskaltem Wasser endet, das bis zur Decke<br />

steht. Du stößt einen saftigen Fluch aus, kratzt dich an<br />

der Nase und beschließt nach kurzer Überlegung, dein<br />

Glück in einem der Seitentunnel zu versuchen.<br />

Nachdem du mehrfach wieder bis zu den Knien im<br />

eisigen Wasser gestanden hast und frustriert aufgeben<br />

musstest, entdeckst du schließlich zu deiner Überraschung<br />

eine grob behauene Treppe, die nach oben ins<br />

Ungewisse führt.<br />

Willst du die Treppe nach oben steigen, um zu sehen,<br />

wohin sie führt, so gehe zu Abschnitt 44.<br />

Versuchst du dein Glück weiter in den feuchten,<br />

schimmligen Stollen, so lies weiter bei Abschnitt 55.<br />

6<br />

<strong>Ein</strong> lautes Krachen erklingt, als die altersschwache<br />

Schuppentür bei deinem Versuch, sie zu öffnen, unter<br />

deinen Händen zerbricht und in einzelnen, wurmstichigen<br />

Planken zu Boden fällt. Im stygischen Halbdunkel<br />

des kleinen, muffigen Raums dahinter huschen Schatten,<br />

kleinen Tieren gleich, in die entferntesten Winkel<br />

des Schuppens und ein intensiver Geruch von gärender<br />

Fäulnis und schimmligem Sprießen und Wachsen steigt<br />

dir in die Nase. Halb sehend, halb tastend versuchst du<br />

dir einen Überblick über den Inhalt des Schuppens zu<br />

verschaffen, der etliche bizarr anmutende Gerätschaften,<br />

aufgeplatzte Säcke, deren schwärender Inhalt sich über<br />

den Boden ergossen hat und von bleichen Maden und<br />

Würmern wimmelt, und Regale voll altem, rostigem,<br />

verstaubtem Unrat umfasst. Deine vorsichtig forschenden<br />

Finger schließen sich endlich um den kalten, harten<br />

Schaft einer alten Taschenlampe, die erstaunlicherweise<br />

noch zu funktionieren scheint. Du schaltest sie an und<br />

der fahle, gelbliche Lichtkegel nimmt den bedrohlichen<br />

Schatten ihren undeutlich verhüllten Schrecken. Du atmest<br />

einmal tief durch und betrachtest erneut das Innere<br />

des Schuppens, nur um fast enttäuscht festzustellen, dass<br />

er wirklich nur mit alten Gartenwerkzeugen und verdorbenem<br />

Saatgut vollgestellt ist. Falls du die Taschenlampe<br />

mitnehmen möchtest, mache dir bitte eine entsprechende<br />

Notiz. Wenn du den Schuppen doch noch genauer<br />

untersuchen willst, dann lege einen Fertigkeitswurf auf<br />

Verborgenes erkennen ab.<br />

Gelingt dieser, gehe zu Abschnitt 53.<br />

Misslingt er oder möchtest du lieber gleich das Haus<br />

untersuchen, so gehst du in Abschnitt 45 zurück in den<br />

Vorgarten.<br />

7<br />

Du spürst einen kleinen Stich, als die Schwarze Witwe<br />

ihre Giftzähne in deine Haut schlägt. Reflexartig schleuderst<br />

du das kleine Tier weit von dir und stolperst geschockt<br />

nach draußen in den kalten Regen. Mache eine<br />

Kraftprobe mit deiner KO von 12 gegen die POT des Spinnengiftes<br />

von 7.<br />

Gelingt diese, so lies bitte bei Abschnitt 64 weiter.<br />

Misslingt sie, so geht es bei Abschnitt 31 weiter.<br />

8<br />

<strong>Ein</strong>en kurzen Moment überlegst du, welche Antwort du<br />

deinem Onkel geben sollst, bis dein rationaler Verstand<br />

die Oberhand gewinnt. Wie konntest du auch nur einen<br />

kurzen Moment in Erwägung ziehen, dich diesen leichenfressenden<br />

Monstern anzuschließen und deine restliche<br />

Existenz in finsteren Katakomben zu verbringen?<br />

Du richtest dich kerzengerade auf, blickst dem Monstrum,<br />

das einmal dein Onkel war, tief in die Augen und<br />

zischst „Fahr zur Hölle, du Missgeburt!“<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 5


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Harvey taumelt zurück, als hättest du ihn körperlich<br />

geschlagen, blickt dich einen Moment völlig verwirrt an<br />

und dann entgleisen seine Züge in nichtmenschlichem<br />

Zorn — das Monster zeigt endlich sein wahres Gesicht!<br />

„Zerfetzt ihn, meine Brüder!“, faucht er und duckt sich<br />

selbst zum Sprung.<br />

Wenn du Prinns Crux Ansata besitzt, gehe zu Abschnitt<br />

51.<br />

Andernfalls lies weiter in Abschnitt 23.<br />

9<br />

Nachdem du mit entsprechend eindeutigen Worten den<br />

wachhabenden Offi cer O’Bannion in seine Schranken<br />

verwiesen hast, öffnet er dir wortlos und mürrisch die<br />

Tür in den hinteren Teil der Polizeiwache und deutet auf<br />

die letzte Tür auf der rechten Seite des düsteren, muffi gen<br />

Korridors. Stockfl ecken malen ein leicht beunruhigendes<br />

Muster in grauen und grünen Schlieren auf den Putz,<br />

Spinnweben hängen wie altersverblasste Trauerschleier<br />

von der Decke und ein fast stoffl icher Hauch von saurem<br />

Schweiß, kaltem Zigarettenrauch und Gleichgültigkeit<br />

schlägt dir entgegen, als du die Tür mit dem abblätternden<br />

Anstrich öffnest und das Büro von Detective Stuckey<br />

betrittst. Ray Stuckey schreckt aus seinem Mittagsschläfchen<br />

auf. Der verknitterte, abgehalfterte Cop mustert<br />

dich feindselig aus blutunterlaufenen Augen, schiebt<br />

einen abgekauten Zahnstocher von einem Mundwinkel<br />

in den anderen und stößt mit alkoholschwangerem<br />

Atem ein kaum verständliches „Ja,<br />

was is’? Wer sind Sie denn?“ aus. Du<br />

schluckst eine unfreundliche Entgegnung<br />

herunter und sparst dir einen<br />

Kommentar zu seinem Äußeren —<br />

schließlich ist er ja ein „schwer<br />

beschäftigter“ Ermittler —<br />

und trägst so höfl ich wie möglich<br />

dein Anliegen vor.<br />

Er grunzt etwas völlig Unverständliches,<br />

vermutlich einen Fluch<br />

oder eine Beleidigung, wühlt kurz in<br />

einem beeindruckend großen Aktenstapel,<br />

der so aussieht, als würde er<br />

jeden Moment zusammenfallen, und<br />

zieht einen kaffeefl eckigen Aktendeckel<br />

heraus. Nach kurzem Studium Ray Stuckey.<br />

der wenigen Blätter darin räuspert er<br />

sich laut und gibt dir gelangweilt eine Zusammenfassung<br />

des Ermittlungsstandes. Dein Onkel Harvey wurde vor einer<br />

Woche in seinem Haus vom örtlichen Briefträger tot<br />

aufgefunden. Dieser war misstrauisch geworden, nachdem<br />

Harvey seit einer Woche seinen Briefkasten nicht<br />

mehr geleert hatte, und betrat das Haus durch die offene<br />

Haustür. Er fand den Leichnam auf dem Bett liegend vor<br />

und alarmierte die Polizei. Detective Stuckey untersuchte<br />

das Haus und fand keine Anzeichen für ein gewaltsames<br />

<strong>Ein</strong>dringen oder einen Kampf. Der Tote wurde daraufhin<br />

dem Coroner zur <strong>Leiche</strong>nbeschau übergeben. Dieser<br />

vermerkte als offi zielle Todesursache Herzversagen,<br />

eine Obduktion wurde nicht durchgeführt. Die <strong>Leiche</strong><br />

wurde an das Bestattungsunternehmen Eleazar’s Funeral<br />

Home übergeben, Dr. Saltonstall eingeschaltet, um etwaige<br />

Erben ausfi ndig zu machen, und der Fall wurde daraufhin<br />

als abgeschlossen angesehen. Detective Stuckey<br />

wirft die Akte zurück auf den Stapel, kneift mürrisch die<br />

Augen zu und mustert dich feindselig: „Tja, mehr gibt’s<br />

dazu wohl nich’ zu sagen. Hören Sie, Mister, wenn Sie<br />

wissen, was gut für Sie ist, dann vergessen Sie die ganze<br />

Sache einfach. Ihr feiner Onkel hatte nicht gerade den<br />

besten Leumund in dieser Stadt. Die Leute haben sich<br />

ständig das Maul zerrissen über seine morbiden Interessen,<br />

seine nächtlichen Spaziergänge auf den Friedhöfen<br />

und seine ständigen Fragen über alte Beerdigungen und<br />

anderes komisches Zeug. Dann waren da auch noch diese<br />

ganzen seltsamen Besucher, die er nur nachts hatte, und<br />

mehrere Beschwerden über nächtliche Ruhestörungen<br />

und so. Is’ besser, wenn Sie Ihre Angelegenheiten hier<br />

regeln, ihren alten Herren in guter Erinnerung behalten<br />

und schnell wieder verschwinden. So, ich hab’ noch zu<br />

tun, schönen Tag auch! Ach ja, mein herzliches Beileid!“<br />

Mit diesen Worten schiebt Detective Stuckey dich in den<br />

Korridor, und bevor du noch eine wütende Entgegnung<br />

hervorbringen kannst, knallt er dir die Tür vor der Nase<br />

zu. Trotz aller Empörung und gerechtem Zorn musst du<br />

wohl einsehen, dass du hier nicht weiterkommst. Vielleicht<br />

fi ndet Velma für dich ein paar tröstende Worte in<br />

Abschnitt 10.<br />

10<br />

Velma’s Diner ist ein typisches Etablissement der Kategorie<br />

Imbissstube: lange Theke mit Hockern, Sitzecken<br />

entlang der Wände und eine große Auswahl an Pies unter<br />

leicht schmierigen Käseglocken.<br />

Mit einem wohligen Seufzen, dankbar,<br />

endlich wieder im Warmen und<br />

Trockenen zu sein, lässt du dich auf<br />

einem der Hocker nieder und winkst<br />

der ältlichen Bedienung. „<strong>Ein</strong> übles<br />

Wetter, nich’ wahr, Sir? Was darf<br />

ich Ihnen denn bringen? Kaffee und<br />

’n Steak?“, nuschelt Velma um die<br />

Kippe in ihrem Mundwinkel herum<br />

und schenkt dir ein ganz und<br />

gar nicht unfreundliches Lächeln.<br />

„Zum Nachtisch kann ich heute den<br />

Aprikosenkuchen empfehlen, vom<br />

Kirschkuchen würde ich die Finger<br />

lassen, wenn Sie noch etwas älter<br />

werden wollen, der stammt wohl<br />

noch von meiner lieben Mutter, Gott<br />

hab’ sie selig!“ Du entgegnest ihr Lächeln und bestellst<br />

das empfohlene Menü.<br />

Während der Mahlzeit widmest du dich der ausliegenden<br />

Ausgabe des Arkham Advertiser, einer der zwei Lokalzeitungen.<br />

Neben etlichen uninteressanten Artikeln<br />

über das gesellschaftliche Leben der örtlichen Land- und<br />

Stadtbevölkerung fi nden sich aber auch Berichte über<br />

seltsame Lichterscheinungen in Billingtons Wäldern,<br />

Viehverstümmelungen bei Dunwich und verschwundene<br />

<strong>Leiche</strong>n auf den örtlichen Friedhöfen, was vermutlich<br />

auf das Konto von <strong>Leiche</strong>ndieben geht. Die Vorstellung,<br />

dass der Leichnam deines Onkels vielleicht auch von<br />

<strong>Leiche</strong>ndieben entwendet worden sein könnte und nun<br />

möglicherweise von einem skrupellosen Medizinstudenten<br />

im fl ackernden Schein einer Petroleumlampe heimlich<br />

seziert wird, jagt dir Schauder über den Rücken und<br />

lässt dich gänzlich den Appetit verlieren. In was für eine<br />

6 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

Immer wieder willkommen.<br />

Stadt ist Onkel Harvey da nur gezogen? Du begleichst die<br />

Rechnung, lobst Velma noch ob des vorzüglichen Steaks<br />

und überlegst dann konkret, welche Optionen du hast,<br />

um dem Mysterium auf den Grund zu gehen.<br />

Die Polizeiwache kannst du in Abschnitt 21 besuchen.<br />

Das Bestattungsinstitut erwartet dich in Abschnitt 38.<br />

Dr. Shalad empfängt dich in Abschnitt 34.<br />

Das Haus des Onkels fi ndet sich in Abschnitt 45.<br />

11<br />

Der Anblick der alptraumhaften Monstrosität vor dir<br />

ist einfach zu viel für dich und dein gequälter Verstand<br />

entscheidet sich dafür, eine wohlverdiente Auszeit zu<br />

nehmen. Seltsam detachiert, als wärest du jemand ganz<br />

anderes, beobachtest du, <strong>ohne</strong> dass du zu einer Regung<br />

fähig wärest, wie die Kreatur ihre Mahlzeit fallen lässt<br />

und langsam mit ungelenken Bewegungen auf dich zukommt.<br />

Das unförmige Wesen beschnüffelt dich ausgiebig<br />

und öffnet dann weit die sabbertriefenden Kiefer. Du<br />

wunderst dich noch, wie kristallklar<br />

du wahrnimmst, dass in<br />

dem rötlichen Schlund mehrere<br />

der gelblichen Reißzähne bereits<br />

herausgefault zu sein scheinen,<br />

und betrachtest innerlich hysterisch<br />

kichernd, wie sich die brutalen<br />

Fänge mit lautem Schnappen<br />

um deine Kehle schließen<br />

und diese mit einem feuchten<br />

Gurgeln herausreißen. Gnädige<br />

Ohnmacht umfängt endlich<br />

deinen Geist, und so musst du<br />

zumindest nicht mehr mit ansehen,<br />

wie du bei lebendigem Leib<br />

aufgefressen wirst.<br />

ENDE<br />

Dein Onkel Harvey in besseren Zeiten.<br />

12<br />

In der Schublade des Nachttischchens wirst du schließlich<br />

doch noch fündig. Unter benutzten Taschentüchern stößt<br />

du auf einen geladenen Revolver Kaliber .38. Möchtest<br />

du ihn an dich nehmen, so mache dir bitte eine entsprechende<br />

Notiz. Im Kampf beträgt die Trefferchance mit<br />

dieser Waffe 20% und sie richtet 1W10 Punkte Schaden<br />

an. Du darfst zwei Schüsse pro Kampfrunde abgeben; geladen<br />

ist die Waffe aber mit nur vier Patronen, die anderen<br />

beiden Kammern sind leer. Leider fi nden sich keine<br />

weiteren Patronen für den Revolver.<br />

Da es hier nichts weiter zu entdecken gibt, steigst du<br />

wieder die Treppe ins Erdgeschoss hinab und fi ndest dich<br />

in der Diele wieder — in Abschnitt 2.<br />

13<br />

Nach einigen Biegungen bemerkst du voraus das gleichmäßige<br />

Leuchten elektrischen Lichtes. Vorsichtig näherst<br />

du dich der Quelle des Lichts und kannst kaum<br />

deinen Augen trauen, als du ein Mausoleum betrittst. In<br />

der weitläufi gen Gruft stapeln sich massenhaft Bücher<br />

und auf einem steinernen Sarkophag steht eine moderne<br />

Schreibmaschine, hinter der eine graue Monstrosität<br />

kauert, die den auffällig geblümten Morgenmantel deines<br />

Onkels trägt. Nur am Rande nimmst du die anderen hundeartigen<br />

Kreaturen war, die in den düsteren Ecken der<br />

Gruft lauern, zu groß ist deine Bestürzung, als das Wesen<br />

aufblickt und seine Lefzen zu einer höhnischen Karikatur<br />

eines Lächelns verzerrt. Auch wenn seine Züge ihm kaum<br />

noch ähneln, so erkennst du dennoch in den schwefelgelben<br />

Augen deinen geliebten Onkel Harvey wieder! Mach<br />

einen Stabilitätswurf für die gesamte Szenerie. Gelingt er,<br />

verlierst du einen Punkt, andernfalls sind es 6 Punkte. Im<br />

letzteren Fall mach einen Ideenwurf. Misslingt er, schützt<br />

dich dein Hirn vor der Realisierung, welchem Grauen du<br />

gegenüberstehst, und du bleibst ruhig. Gelingt er, heißt<br />

das, dass du kurzzeitig durchdrehst und die Flucht zu Abschnitt<br />

33 ergreifst, wo du dich dann auch wieder fängst.<br />

Bleibst du bei Verstand, hast du die Wahl:<br />

Vertraust du darauf, dass die Kreatur vor dir im Kern<br />

doch noch dein geliebter Onkel ist, so kannst du ruhig<br />

verharren und ihn in Abschnitt 39 ansprechen.<br />

Möchtest du der Monstrosität vor dir ein schnelles<br />

Ende bereiten und unverzüglich angreifen, so lies weiter<br />

in Abschnitt 52.<br />

Suchst du dein Heil in der Flucht, so geht es weiter in<br />

Abschnitt 33.<br />

14<br />

Das Wohnzimmer liegt in ruhigem Dornröschenschlaf<br />

und erinnert dich an glücklichere<br />

Jahre der Kindheit, in denen du oft<br />

den Sommer bei Onkel Harvey verbracht<br />

hast. Auf dem abgewetzten Ledersofa<br />

hast du dann gesessen und seinen Erzählungen<br />

von Lampengeistern, Kalifen und<br />

Riesen gelauscht. Das alte Schaukelpferd<br />

neben dem Kamin hat auch schon deinem<br />

Vater bei seinen kindlichen Ausritten treu<br />

gedient und die verblichenen Fotografi en<br />

auf dem Kaminsims zeigen den alten Herren<br />

in guten Zeiten, an die du dich nur zu<br />

gerne zurückerinnerst.<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 7


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Du verweilst einen Moment in stiller <strong>Ein</strong>kehr. Harvey<br />

hatte immer Verständnis für deine Ambitionen, eine akademische<br />

Laufbahn einzuschlagen, und hat sich deswegen<br />

oft mit deinem Vater gestritten, der unbedingt wollte,<br />

dass du ihm in seinen Fußstapfen als Buchhalter folgst.<br />

Er war dir immer eine Leitfi gur und scheute sich nie,<br />

dir eine helfende Hand zu reichen oder ein freundliches<br />

Wort zu schenken, wenn du glaubtest, mit dem Druck<br />

des Studiums nicht mehr fertig zu werden.<br />

Du wischst diese sentimentalen Gedanken beiseite und<br />

siehst dich im Raum um, ob es etwas zu entdecken gibt,<br />

was dich der Lösung des Rätsels ein Stück näher bringen<br />

könnte. Würfele auf Verborgenes erkennen.<br />

Gelingt der Wurf, so geht es bei Abschnitt 41 weiter.<br />

Misslingt er, so begibst du dich <strong>ohne</strong> etwas Interessantes<br />

entdeckt zu haben wieder in die Diele bei Abschnitt 2.<br />

15<br />

Mit leicht mulmigem Gefühl ziehst du das Tagebuch deines<br />

Onkels aus der Tasche und reichst es Dr. Armitage. Er<br />

nimmt es mit einem Stirnrunzeln entgegen und überfl iegt<br />

die letzten <strong>Ein</strong>träge. Sein Gesichtsausdruck wird immer<br />

ernster, je mehr er darin liest, und von Minute zu Minute<br />

scheint er älter und müder zu werden. Schließlich<br />

schließt er das Buch, reibt sich die Augen und wendet<br />

sich mit einem tiefen Seufzen an dich: „Die Sache scheint<br />

ernster zu sein, als ich dachte. Dr. Simms hatte offensichtlich<br />

Kontakt zu Kreaturen, die man Ghoule nennt.<br />

Diese hundeartigen <strong>Leiche</strong>nfresser werden in mehreren<br />

blasphemischen Manuskripten erwähnt, die auch von<br />

Ihrem Onkel eingesehen wurden. Diese schriftlichen<br />

Quellen sagen, dass die Ghoule unter der Erde leben und<br />

häufi g auf alten Friedhöfen zu fi nden sind, die ihnen sowohl<br />

Lebensraum als auch Nahrungsquellen bieten. Ich<br />

habe Berichte gefunden, die diese abscheulichen Wesen<br />

mit den Katakomben unter dem antiken Rom und dem<br />

frühneuzeitlichen Paris in Verbindung bringen und auch<br />

von menschlichen Kulten erzählen, die diese widerlichen<br />

Nekrophagen verehren und ihnen dienen. Aus den Aufzeichnungen<br />

Ihres Onkels lässt sich schließen, dass diese<br />

Monster auch in Arkham hausen! Sollte der Leichnam<br />

Ihres Onkels in die Hände dieser Abscheulichkeiten gefallen<br />

sein, so ist gar nicht auszudenken, was sie mit ihm<br />

anstellen werden! Sollten Sie wirklich willens sein, sich<br />

mit diesen Wesen anzulegen, um ihnen die sterblichen<br />

Überreste von Dr. Simms abzujagen, so kann ich Ihnen<br />

behilfl ich sein. Was sagen Sie?“<br />

Wenn du Dr. Armitages Hilfe in Anspruch nimmst,<br />

geht es in Abschnitt 17 weiter.<br />

Sollte dir die ganze Sache zu heiß werden, so kannst du<br />

in Abschnitt 59 immer noch den Nachtzug nach Boston<br />

nehmen und die ganze Angelegenheit hinter dir lassen.<br />

16<br />

Du holst die alte Taschenlampe aus deiner Manteltasche<br />

hervor und schaltest sie an. Ihr gelblicher Lichtstrahl ist<br />

zwar schwach und diffus, erhellt aber den engen Tunnel<br />

ausreichend, um sich orientieren zu können. Du schickst<br />

ein stummes Gebet gen Himmel, dass die Batterien der<br />

alten Lampe lange genug halten mögen, um dich wieder<br />

bis zur Oberfl äche zu bringen, und trittst mit klopfendem<br />

Herzen in den modrigen Stollen.<br />

Schon nach kurzem Fußmarsch zweigen die ersten<br />

niedrigen Tunnel vom Hauptstollen ab, und dir wird klar,<br />

dass du es nicht mit einem einzelnen Gang zu tun hast,<br />

sondern mit einem weitverzweigten Netz von Kriechgängen,<br />

das sich labyrinthartig unter einem großen Teil<br />

der Stadt Arkham erstreckt. Um nicht die Orientierung<br />

zu verlieren, meidest du alle Seitengänge und folgst dem<br />

Hauptgang, der leicht abschüssig immer weiter in die<br />

Tiefe führt. Nach einiger Zeit allerdings gabelt sich der<br />

Hauptgang. Du untersuchst die beiden weiterführenden<br />

Stollen gründlich, kannst aber keinerlei Hinweise darauf<br />

fi nden, wohin sie führen. Auch anhand der Spuren im<br />

weichen Boden lässt sich kein Rückschluss darauf ziehen,<br />

welcher Gang mehr frequentiert ist. Du kratzt dich frustriert<br />

hinter dem Ohr, schiebst den Hut in den Nacken und<br />

triffst eine reine Bauchentscheidung.<br />

Gehst du nach links, dann lies bitte in Abschnitt 32<br />

weiter.<br />

Nimmst du den rechten Abzweig, dann schlage bitte<br />

Abschnitt 5 auf.<br />

17<br />

Du nimmst all deinen Mut zusammen, schluckst den dicken<br />

Kloß in deinem Hals herunter und verkündest deine<br />

Zustimmung zu dem waghalsigen Plan. Dr. Armitage lächelt<br />

wohlwollend und entschlossen, geht zu einem kleinen<br />

Kästchen in einem der Bücherregale und entnimmt<br />

diesem ein silbernes Henkelkreuz. „Dieses Kreuz nennt<br />

man Prinns Crux Ansata. Es ist ein mächtiges Artefakt,<br />

das in der Lage ist, die fi nsteren Kreaturen zu vertreiben,<br />

die sich Ihres Onkels bemächtigt<br />

haben. Ich kann Ihnen leider nicht<br />

garantieren, dass seine Macht ausreicht,<br />

um diese Bedrohung zu überwinden,<br />

aber es dürfte die stärkste<br />

Waffe sein, die Sie hier fi nden werden.“<br />

Mit diesen Worten reicht er dir<br />

das kleine Kreuz. Es liegt erstaunlich<br />

schwer in der Hand und seine kalte,<br />

solide Form und die verschlungenen<br />

Symbole darauf geben dir Zuversicht.<br />

Dr. Armitage erklärt dir, wie man das<br />

Artefakt anwendet und bringt dir einen<br />

kurzen Sprechgesang bei, den<br />

du intonieren musst, um die Macht<br />

des Kreuzes zu entfesseln.<br />

Lebensrettendes Arte fakt<br />

„Wenn Sie ihrem Onkel noch hel- oder unnützer Tand?<br />

fen wollen, dann sollten Sie keine<br />

weitere Zeit mehr verlieren. Ich wünsche Ihnen alles erdenklich<br />

Gute und viel Erfolg bei Ihrer Unternehmung.<br />

Bei den alten Ägyptern galt das Henkelkreuz als Zeichen<br />

des Lebens — möge es Ihr Leben schützen!“ Mit diesen<br />

ermutigenden Worten bittet Dr. Armitage dich aus seinem<br />

Büro und drückt noch einmal kräftig zum Abschied<br />

deine schweißnasse Hand. Deine innige Hoffnung ist es,<br />

dass dies kein Abschied für immer ist.<br />

Du kehrst nun in Abschnitt 10 zu Velma zurück, um<br />

deine Nachforschungen zu einem Abschluss zu bringen.<br />

18<br />

Nach einem kurzen Moment des Schweigens lehnt Dr.<br />

Shalad sich vor und blickt dir fest in die Augen. „Ihr Onkel<br />

Harvey war ein guter Mann und mir selbst ein teurer<br />

Freund. Wie Sie sicher wissen, hatte er in den letzten<br />

8 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

Dr. Shalad berichtet von düsteren Geheimnissen<br />

Jahren seiner akademischen Laufbahn seine Studien auf<br />

einen Teilbereich der Orientalistik verlegt, der von vielen<br />

Fachkollegen als sehr kontrovers betrachtet wird. Er<br />

hat sich mit alten Mythen und Kulturen beschäftigt, deren<br />

Wahrheitsgehalt und Existenz in Fachkreisen heftig<br />

umstritten sind, und diese Streitigkeiten haben auch zu<br />

seinem Entschluss geführt, sich nach Arkham zurückzuziehen.<br />

Hier beschäftigte er sich vorrangig mit den Bestattungsriten<br />

untergegangener Kulturen und den Praktiken<br />

dunkler Kulte, die von <strong>Leiche</strong>nraub und dem Diebstahl<br />

von Grabbeigaben bis hin zur Nekrophagie reichten. In<br />

letzter Zeit musste ich mit großer Besorgnis mit ansehen,<br />

wie sich sein wissenschaftliches Forscherinteresse zur<br />

Obsession steigerte. Er war jedoch bereits über den Punkt<br />

hinaus, an dem er noch auf die Stimme der Vernunft gehört<br />

hätte.<br />

Als ich von seinem Tod erfuhr, bestärkte dies nur meine<br />

Sorge, dass seine Studien eine fi nstere Wendung genommen<br />

haben. Die Beerdigung heute Morgen mit dem<br />

leeren <strong>Sarg</strong> voller Steine lässt mich fürchten, dass ihn ein<br />

noch schlimmeres Schicksal als der Tod ereilt hat!“<br />

Hier stockt seine Rede und alle Bemühungen, ihn zum<br />

Weiterreden zu bringen, scheitern. Bevor er dich mit müdem<br />

Blick aus seinem Büro bittet, gibt er dir lediglich den<br />

Ratschlag, die Orne-Bibliothek hier am Campus aufzusuchen,<br />

da dein Onkel hier den Großteil seiner theoretischen<br />

Studien betrieben habe. Als du schon fast zur Türe<br />

hinaus bist, hält er dich noch einmal mit den Worten auf:<br />

„Ich würde Ihnen viel Glück für Ihre Suche nach der<br />

Wahrheit wünschen, glaube aber, dass dies mehr Fluch<br />

als Segen wäre. Wenn Sie einen gut gemeinten Ratschlag<br />

annehmen wollen, so sage ich Ihnen, dass es das Beste<br />

wäre, wenn Sie Ihre Suche aufgeben. Manche Dinge<br />

sollten besser begraben bleiben und jeder Versuch, sie<br />

ans Licht des Tages zu bringen, wird nur unsagbares Leid<br />

verursachen. Leben Sie wohl, mein junger Freund!“ Er<br />

reicht dir zum Abschied die Hand und bittet dich endgültig<br />

aus seinem Büro hinaus. Du stehst auf einem Flur<br />

voll lärmender, fröhlicher Studenten und vor diesem Anblick<br />

vibrierenden, realen Lebens erscheinen dir die gerade<br />

vernommenen Geschichten von dunklen Kulten und<br />

<strong>Leiche</strong>nfressern doch sehr weit hergeholt.<br />

Willst du Dr. Shalads Geschichten dennoch auf ihren<br />

Wahrheitsgehalt überprüfen, so fi ndest du die Orne-Bibliothek<br />

in Abschnitt 46.<br />

Ist dir eher nach einem kräftigen Abendessen, so hat<br />

Velma’s Diner immer noch geöffnet, in Abschnitt 10.<br />

19<br />

Du musst einsehen, dass sich nicht jeder zum Helden eignet.<br />

Nüchtern betrachtet ist es auch einfach Wahnsinn,<br />

im Alleingang durch diese grauenhaften unterirdischen<br />

Tunnel zu stolpern und nur darauf zu warten, von seltsamen<br />

Kreaturen gefressen zu werden. Schweren Herzens<br />

öffnest du die Tür der Krypta und begibst dich auf<br />

schnellstem Weg zum Bahnhof.<br />

Als du endlich mit dem Morgenzug Arkham verlässt,<br />

schwörst du dir, ein paar gute Freunde zusammenzutrommeln<br />

und mit ihnen zur Aufklärung des Verschwindens<br />

der <strong>Leiche</strong> deines Onkels zurückzukehren.<br />

ENDE<br />

20<br />

Nach hartem Ringen gewinnt die größere Stärke und Zähigkeit<br />

der Kreatur die Oberhand. Aus mehreren Wunden<br />

blutend, erlahmen deine Kräfte und du weichst nicht<br />

mehr schnell genug aus, als seine Kiefer zum wiederholten<br />

Male nach dir schnappen und sich um deine Kehle<br />

schließen. Begleitet von einem unerträglichen Schmerz,<br />

der dir durch Mark und Bein fährt, reißt er dir mit einem<br />

feuchten Gurgeln den Hals auf. Heiß spritzt dein Blut<br />

über seine triumphierende Fratze und rinnt seinen bellenden<br />

Schlund hinunter. Kurz bevor dir endgültig die<br />

Sinne schwinden, gilt dein letzter Gedanke deinem geliebten<br />

Onkel Harvey, und die bittere Erkenntnis, versagt<br />

zu haben, wiegt schwerer als der Schmerz.<br />

ENDE<br />

21<br />

Schon von außen macht das niedrige, gedrungene Backsteingebäude<br />

der Polizeistation den beunruhigenden <strong>Ein</strong>druck<br />

eines zum Sprung geduckten Raubtieres. Das Gefühl,<br />

hier nicht willkommen zu sein, verstärkt sich noch,<br />

als dich der vierschrötige, irischstämmige Polizeibeamte,<br />

an den man dich verwiesen hat, herrisch anblafft: „Ja,<br />

was wollen Sie?!?“ Leicht eingeschüchtert stellst du dich<br />

vor, schilderst den Fall des verschwundenen Onkels und<br />

bittest darum, mit dem Kollegen zu sprechen, der den<br />

Fall bearbeitet. Noch bevor du dein Anliegen ganz vorgebracht<br />

hast, wird dir von Offi cer O’Bannion das Wort<br />

abgeschnitten: „Hören Sie mal, Mister. Tut mir ja echt leid<br />

mit Ihrem Onkel, aber so weit uns das Ganze angeht, war<br />

am Ableben ihres Onkels gar nichts merkwürdig. Der alte<br />

Herr wurde vom Briefträger gefunden, nachdem er eine<br />

Woche lang seinen Briefkasten nicht mehr geleert hatte,<br />

und der <strong>Leiche</strong>nbeschauer hat als Todesursache Herzversagen<br />

festgestellt. Wir sind sehr beschäftigte Leute und<br />

haben deshalb nur wenig Zeit, und schon gar keine, um<br />

Fälle zu diskutieren, die gar keine sind. Wenn Sie die <strong>Leiche</strong><br />

Ihres Onkels als gestohlen melden wollen, dann kann<br />

ich gerne ’ne Anzeige aufnehmen, aber ansonsten kann<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 9


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

ich nichts für Sie tun!“<br />

An der heftigen Reaktion des<br />

Wachtmeisters merkst du schnell,<br />

dass er dich nur abwimmeln will und<br />

du mit Freundlichkeit hier nicht weiterkommst.<br />

Falls du auf dein Recht<br />

pochen willst und mit Nachdruck<br />

verlangen willst, den Detective zu<br />

sprechen, der den Fall deines Onkels<br />

bearbeitet, musst du einen Fertigkeitswurf<br />

auf Ansehen, Gesetzeskenntnisse<br />

oder Überzeugen ablegen. Suche<br />

dir eine der Fertigkeiten aus; du hast<br />

insgesamt nur einen Versuch.<br />

Falls der Wurf gelingt, kannst du<br />

mit Detective Stuckey in Abschnitt 9<br />

sprechen.<br />

Andernfalls musst du dir wohl bei<br />

einem Kaffee etwas anderes einfallen<br />

lassen, in Abschnitt 10.<br />

22<br />

Nach einiger Zeit bemerkst du zwi-<br />

schen Schreibtisch und Papierkorb eine ledergebundene<br />

Kladde, die scheinbar bei der Durchsuchung des Arbeitszimmers<br />

heruntergefallen ist und von dem unbekannten<br />

Plünderer übersehen wurde. Du bückst dich, fi schst das<br />

Büchlein aus seinem unfreiwilligen Versteck heraus und<br />

stellst mit Freude fest, dass es sich offensichtlich um das<br />

Tagebuch deines Onkels handelt.<br />

Du machst es dir wieder in einem der Ohrensessel<br />

bequem und studierst die handschriftlichen Aufzeichnungen.<br />

Die Lektüre des Tagebuches erweist sich als<br />

schwieriger als erwartet, da die früher penibel ordentliche<br />

Handschrift deines Onkels gerade in den letzten<br />

<strong>Ein</strong>trägen immer unleserlicher und schlampiger wird.<br />

Der Inhalt seiner Aufzeichnungen lässt Zweifel an seiner<br />

geistigen Gesundheit aufkommen. Er beschreibt seine<br />

Studien über die Begräbnisriten in Neuengland von der<br />

Siedlerzeit bis in die heutigen Tage und entspinnt morbide<br />

Theorien über Kannibalismus und noch abartigere<br />

Praktiken der Menschen dieser Region sowie ihre Kontakte<br />

zu leichenfressenden Ghoulen, hundeartigen Karikaturen<br />

menschlicher Wesen, die auf Friedhöfen hausen<br />

und sich an den Verstorbenen gütlich tun. Er scheint eine<br />

immer stärkere Faszination für diese Legenden zu entwickeln<br />

und behauptet gegen Ende sogar, mit diesen Kreaturen<br />

Kontakt gehabt und mit ihnen Gespräche geführt<br />

zu haben, nachdem er ihre irrsinnige Sprache von Miep-<br />

und Fieplauten erlernt hatte.<br />

In den letzten Monaten seines Lebens sinniert er oft<br />

über das Ende seiner eigenen sterblichen Existenz und<br />

entwirft komplexe Pläne für ein Leben nach dem Tod. Er<br />

scheint keine Angst vor dem Tod zu haben, sondern ihn<br />

sogar herbeizusehnen, wobei er über das Sterben und die<br />

Zeit danach beiläufi g schreibt wie über den Umzug von<br />

einer Stadt in eine andere und nicht wie über den fi nalen<br />

Übertritt in eine jenseitige Existenz. Mit wachsendem<br />

Grauen liest du im letzten <strong>Ein</strong>trag, dass er nochmals mit<br />

den Ghoulen gesprochen hat und diese ihm angekündigt<br />

haben, dass sie ihn nach seinem Tode holen und unter die<br />

Erde bringen werden!<br />

O’Bannion nimmt seine Pfl ichten<br />

sehr ernst.<br />

Entsetzt schlägst du das Buch zu<br />

und springst aus dem Sessel auf. Der<br />

Leichnam deines geliebten Onkels in<br />

den Händen leichenfressender Kreaturen,<br />

die vielleicht gerade in diesem<br />

Moment die Fänge schärfen, um sich<br />

an ihm zu laben — absolut undenkbar<br />

und hirnrissig! Dein Onkel muss<br />

in seinen letzten Tagen geistig umnachtet<br />

gewesen sein. Oder?<br />

Im Arbeitszimmer scheint sonst<br />

nichts Interessantes mehr zu fi nden<br />

zu sein, und so wendest du dich<br />

wieder den anderen Räumlichkeiten<br />

zu. Wenn du das Tagebuch behalten<br />

willst, mache bitte eine entsprechende<br />

Notiz und gehe dann weiter zu<br />

Abschnitt 2.<br />

23<br />

Dein Akt des Widerstandes mag zwar<br />

äußerst heroisch und moralisch einwandfrei<br />

sein, aber wie sagt schon<br />

das Sprichwort: Helden sterben einsam.<br />

Du versuchst noch eine verzweifelte Gegenwehr, aber<br />

die geifernde Meute überwältigt dich schon allein durch<br />

ihre Masse mit Leichtigkeit. Die stinkenden Bestien beißen<br />

sich in deinen Armen und Beinen fest und drücken dich mit<br />

roher Gewalt zu Boden. Durch den rötlichen Schleier von<br />

Schmerzen siehst du Harvey langsam auf dich zukommen<br />

und mit hasserfüllten Tieraugen auf dich herabstarren. Mit<br />

einer schnellen Bewegung stürzt er sich auf deinen wehrlosen<br />

Leib, bricht mit seinen Klauen deine Rippenbögen auf<br />

und vergräbt seine Schnauze tief in deinem Brustkasten.<br />

<strong>Ein</strong> unbeschreiblicher Schmerz fährt durch deinen ganzen<br />

Körper und das Letzte, was deine Augen in dieser Welt sehen,<br />

ist dein zuckendes Herz, das im Rachen deines Onkels<br />

verschwindet. Dann bricht dein Blick.<br />

ENDE<br />

24<br />

Das Arbeitszimmer sieht auf den ersten Blick wie ein<br />

Schlachtfeld aus. Wo einst Bücher standen, klaffen in<br />

den Bücherregalen große Lücken, die Schubladen des<br />

Schreibtisches stehen offen und wurden offensichtlich<br />

durchwühlt und teilweise entleert, an den Wänden zeigen<br />

helle Stellen, wo noch vor kurzem Bilder hingen,<br />

und auf dem dicken Perserteppich liegen zahllose Papiere<br />

und kleine Objekte wahllos verstreut. Du setzt dich<br />

kurz in einen der bequemen Ohrensessel und nimmst die<br />

Verwüstung stumm in dich auf, bis dir ein paar Details<br />

auffallen, die den ersten <strong>Ein</strong>druck einer lieblosen Durchsuchung<br />

durch <strong>Ein</strong>brecher in Frage stellen.<br />

Nur sehr wenige der herumliegenden Objekte sind<br />

beschädigt, wertvolle Antiquitäten stehen nach wie vor<br />

an ihrem Platz, während wertlose Dinge wie Schreibmaschinenpapier<br />

und Tintenfässchen fehlen — und welcher<br />

Dieb stiehlt schon alte Familienfotos von den Wänden?<br />

Deine Verwirrung steigt noch, als du dich den Bücherregalen<br />

zuwendest. Zahlreiche wertvolle Erstausgaben<br />

der Klassiker der Weltliteratur stehen noch unberührt<br />

an ihrem Platz, während alle Wörterbücher und mehrere<br />

Lexika zu fehlen scheinen. Die größte Anzahl an Werken<br />

10 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

fehlt in den Regalfächern, die die okkulten und ethnografi<br />

schen Bücher beherbergten, und alle Ausgaben der<br />

Schriften deines Onkels sind verschwunden.<br />

Du setzt dich an den Schreibtisch und lässt weiter deinen<br />

Blick kritisch über den ganzen Raum und die offensichtlich<br />

gezielte Plünderung schweifen. Du suchst nach<br />

einem Hinweis, der dir Aufschluss darüber liefern könnte,<br />

was sich hier abgespielt hat. Mache einen Fertigkeitswurf<br />

auf Verborgenes erkennen.<br />

Gelingt er, so lies bitte in Abschnitt 22 weiter.<br />

Andernfalls kehrst du in Abschnitt 2 in die Diele zurück,<br />

um deine Untersuchung des Hauses fortzusetzen.<br />

25<br />

Du schleichst vorsichtig auf das fl ackernde Licht zu und<br />

versuchst dich seelisch auf alles Mögliche einzustellen,<br />

das dir gleich begegnen könnte. Als du das Ende des Tunnels<br />

erreichst, schlägt dir ein unbeschreiblich übler Gestank<br />

entgegen und du hörst ein widerwärtiges Schmatzen<br />

und Schlürfen. Du schiebst vorsichtig den Kopf um<br />

die Ecke und wirst im fl ackernden Schein einer einzelnen<br />

Kerze einer bizarren Szene gewahr, die dir das Blut in den<br />

Adern stocken lässt. Inmitten der Gruft siehst du einen<br />

offenen <strong>Sarg</strong>, in dem eine junge Frau im Totenhemd liegt.<br />

Ihr Schädel wurde vorsichtig aufgemeißelt und über die<br />

entblößte Hirnmasse beugt sich eine klobige humanoide<br />

Gestalt, die am Hirn frisst.<br />

Unbeschreibliche Furcht greift nach deinem Herzen und<br />

du versuchst, dich leise wieder zurückzuziehen. Deine Beine<br />

wollen dir aber nicht recht gehorchen,<br />

und so stößt du mit dem Absatz<br />

gegen einen kleinen Stein, der mit<br />

verräterischem Poltern in die Gruft<br />

rollt. Die Gestalt wirbelt mit einem<br />

tiefen Knurren herum und du starrst<br />

in gelbliche, bösartige Augen, die dich<br />

über eine blutverschmierte, hundeartige<br />

Schnauze hinweg, in deren Lefzen<br />

noch kleine Bröckchen grauer<br />

Masse kleben, fi xieren.<br />

Mache einen Stabilitätswurf. Gelingt<br />

er, so verkraftest du den Anblick<br />

erstaunlich gut und verlierst<br />

keine Stabilitätspunkte, andernfalls<br />

kostet dich diese Begegnung 1W6<br />

Punkte.<br />

Ist der Wurf gelungen oder hast<br />

du weniger als 5 Punkte verloren, so<br />

lies bei Abschnitt 37 weiter.<br />

Hat dich der Anblick so schwer erschüttert,<br />

dass du 5 oder mehr Punkte<br />

verloren hast, mache einen Ideenwurf.<br />

Misslingt er, verschließt sich dein Verstand vor dem,<br />

was er wahrgenommen hat, und du kannst ebenfalls zu<br />

Abschnitt 37 gehen.<br />

Andernfalls gehe zu Abschnitt 11.<br />

Leb wohl, schöne Welt.<br />

26<br />

Du rennst und rennst, bis deine Lungen in Flammen<br />

stehen und deine Beine schwerer sind als Blei. Die geifernde<br />

Meute kommt immer näher, in ihrem Bellen und<br />

Fiepen schwingen unmenschliche Blutlust und Gier mit.<br />

Du wirfst einen verzweifelten Blick über deine Schulter,<br />

um einzuschätzen, wie groß dein Vorsprung noch ist,<br />

wendest dich wieder zur Flucht und stellst mit blankem<br />

Entsetzen fest, dass du gerade eine falsche Abzweigung<br />

genommen hast und vor dir der Gang in ein totes Ende<br />

mündet. Es gelingt dir nicht mehr rechtzeitig zu bremsen<br />

und Du rutschst in die lehmige Wand der Sackgasse. Benommen<br />

prallst du zurück und schlägst so hart auf den<br />

Boden auf, dass du japsend in einer kalten Pfütze liegen<br />

bleibst.<br />

Bevor du wieder richtig Luft bekommst, bricht auch<br />

schon die Woge der ekstatisch aufheulenden Monster<br />

über dich herein. Deine schwachen Versuche zur Gegenwehr<br />

werden von der Meute wie nichts weggewischt und<br />

die rasenden <strong>Leiche</strong>nfresser reißen dir raubtierhaft das<br />

Fleisch von den Knochen. In dem fetzenden Mahlstrom<br />

von Krallen und Reißzähnen brüllst du noch lange vor<br />

Schmerz, bis dir schließlich die Kehle herausgerissen<br />

wird und du in gnädige Bewusstlosigkeit fällst, aus der<br />

du nicht mehr aufwachst.<br />

ENDE<br />

27<br />

Irgendwie hat er ja Recht, der gute Onkel, was hat dir<br />

die grausame Welt da oben schon zu bieten, außer Arbeit,<br />

Stress und einem frühen Tod? Du blickst noch einmal tief in<br />

seine freundlichen Augen und triffst deine Entscheidung.<br />

Nach wenigen Wochen hat sich dein rational zweifelnder<br />

Verstand endgültig in tiefste geistige Umnachtung<br />

verabschiedet, und als kurz darauf die ersten Anzeichen<br />

deiner körperlichen Verwandlung eintreten, bist du überglücklich.<br />

Und sind wir mal ehrlich — Fleisch ist doch<br />

nur wirklich delikat, wenn es richtig hautgoût ist, oder?<br />

ENDE<br />

28<br />

Urinstinkte treten auf den Plan, Adrenalin schießt in einer<br />

alles ertränkenden Woge durch deinen Körper, du nimmst<br />

die Fäuste hoch und willst dich gerade auf den <strong>Ein</strong>dringling<br />

stürzen, als er mit einer ruckartigen Bewegung ein metallenes<br />

Objekt aus seiner Manteltasche reißt und mit einem<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 11


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

tierhaften Knurren auf dich richtet. Im letzten Moment<br />

erkennst du das Objekt als Pistole und versuchst, dich zu<br />

Boden zu werfen. Mache einen Wurf auf Ausweichen.<br />

Gelingt er, geht es bei Abschnitt 68 weiter.<br />

Andernfalls lies Abschnitt 69.<br />

29<br />

Nach einem kurzen Moment des Schweigens lehnt sich<br />

Dr. Shalad in seinem Sessel zurück und schließt die Augen,<br />

bevor er antwortet: „Entschuldigen Sie, mein junger<br />

Freund, aber die Beerdigung ihres Onkels hat mich wohl<br />

mehr mitgenommen, als ich gedacht hatte, und jetzt rede<br />

ich schon wirres Zeug. Harvey war mir ein guter Freund<br />

und ich bedauere seinen Verlust sehr. Leider kann ich Ihnen<br />

auch nicht mehr dazu sagen.“<br />

Trotz deines eindeutigen Verdachtes, dass der gute Doktor<br />

mehr weiß, als er dir sagen will, gelingt es dir nicht,<br />

noch mehr aus ihm herauszubekommen. Sobald du deinen<br />

Tee ausgetrunken hast, bittet er dich zu gehen, da er<br />

noch viel zu tun habe. Als er die Tür seines Büros hinter<br />

dir schließt, bleibt das nagende Gefühl, eine gute Gelegenheit<br />

verpasst zu haben, mehr über das merkwürdige<br />

Verschwinden deines Onkels in Erfahrung zu bringen.<br />

Frustriert entscheidest du dich, bei einer Tasse Kaffee<br />

deine Strategie noch einmal zu überdenken. Gehe zurück<br />

zu Velma’s Diner in Abschnitt 10.<br />

30<br />

Dr. Saltonstalls Büro liegt in seinem angestammten Familiensitz<br />

in der Gedney Street, einem alten Herrenhaus mit<br />

Dr. Saltonstall.<br />

der für Arkham typischen Mischung von dunklen, verwinkelten<br />

Ecken und verschlossenem Äußeren, das tief<br />

vergrabene Geheimnisse und blasphemische Wahrheiten<br />

vermuten lässt. Nachdem der alte Herr dir einen Tee hat<br />

bringen lassen und noch einmal sein Bedauern über die<br />

scheußliche und peinliche „Beerdigung“ zum Ausdruck<br />

gebracht hat, kommt er zur Sache:<br />

„Mein Lieber, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ihr<br />

Onkel war mir ein gern gesehener Mandant, fast schon<br />

ein Freund, und an seinem Ableben hatte ich keinerlei<br />

Grund zu zweifeln. Ich bin mir zwar eigentlich sicher,<br />

dass die Polizei ordentlich gearbeitet hat, aber vielleicht<br />

würde es sich l<strong>ohne</strong>n, dort noch einmal nachzufragen<br />

und um den Bericht des <strong>Leiche</strong>nbeschauers zu bitten.<br />

Vermutlich ist das Ganze nur eine höchst peinliche und<br />

ärgerliche Verwechslung beim Bestattungsinstitut, allerdings<br />

kann ich mir nicht recht erklären, warum jemand<br />

Steine in einen <strong>Sarg</strong> füllen sollte, außer um vorzutäuschen,<br />

dass der Verstorbene sich darin befi ndet. Wenn<br />

ich Ihnen bei der Aufklärung dieses ungeheuerlichen<br />

Schlamassels behilfl ich sein kann, so zögern Sie bitte<br />

nicht zu fragen!“<br />

Nach kurzem Überlegen entgegnest du: „Vielen Dank<br />

für Ihr großzügiges Angebot. In der Tat könnten Sie mir<br />

mit ein paar Auskünften behilfl ich sein. Mein Onkel und<br />

ich standen uns früher zwar sehr nahe, doch in den letzten<br />

Jahren hatten wir ob meines Studiums bei Boston<br />

und seines Ruhestands hier in Arkham nur wenig Kontakt.<br />

Können Sie mir bitte Näheres über seine Lebensumstände<br />

in den letzten Jahren sagen und mich an seine<br />

Freunde und Bekannten verweisen?“<br />

Dr. Saltonstall überlegt kurz, zündet sich eine Zigarre<br />

an und antwortet dann: „Nun ja, ich fürchte, dass ich<br />

Ihnen da nur wenig sagen kann. Ihr Onkel lebte sehr zurückgezogen<br />

und war die meiste Zeit mit seinen Studien<br />

beschäftigt. Seine Nachbarn betrachteten ihn wohl als<br />

ein wenig ... exzentrisch, vor allem auch aufgrund seiner<br />

ausgedehnten nächtlichen Spaziergänge auf den örtlichen<br />

Friedhöfen. Meine Geschäftspolitik ist sehr strikt,<br />

indem ich mich nicht in die persönlichen Belange meiner<br />

Mandanten einmische, darum gebe ich auch nicht viel<br />

auf das Gerede der Leute. An Freunden Ihres Onkels ist<br />

mir eigentlich nur einer bekannt, ein Kollege von der<br />

Orientalistischen Fakultät der Miskatonic-Universität. Er<br />

war auch heute auf der Beisetzung. Sein Name ist Dr.<br />

Moamar Shalad; er ist ein türkischer Gastprofessor, der<br />

seit zwei Jahren den Lehrstuhl innehat. Ich kann Ihnen<br />

gerne seine Adresse geben. Vielleicht möchten Sie auch<br />

das Haus Ihres Oheims in Augenschein nehmen? Hier ist<br />

der Zweitschlüssel.“<br />

Du bedankst dich bei dem Anwalt, nimmst Adresse<br />

und Zweitschlüssel an dich und verlässt die Kanzlei. Auf<br />

der Straße angekommen, stellst du fest, dass es immer<br />

noch regnet. Graue Schleier von fallenden, eisigen Tropfen<br />

lassen das düstere Arkham noch abweisender erscheinen<br />

und der schneidende Novemberwind versucht,<br />

dir den Hut vom Kopf zu reißen und deine Glieder bis auf<br />

die Knochen einzufrieren. Nach einem kurzen Moment<br />

der Ratlosigkeit ob des Rätsels, das vor dir liegt, entscheidest<br />

du dich für ein Mittagessen und eine Tasse Kaffee<br />

im nahe gelegenen Velma’s Diner. Dieses fi ndest du in<br />

Abschnitt 10.<br />

12 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

31<br />

Starr vor Schrecken kannst du den Blick kaum von den<br />

zwei feurig-roten Punkten auf deinem Handrücken lösen.<br />

Kalter Schweiß bricht aus, die Glieder krampfen von<br />

brennendem Schmerz, dein Kopf scheint regelrecht zu<br />

platzen und eine nie gekannte Übelkeit, die wie ein glühender<br />

Haken deine <strong>Ein</strong>geweide zerwühlt, zwingt dich in<br />

die Knie. Auf Händen und Füßen kriechst du zum Gartentor<br />

und greifst mit letzter Kraft nach der Klinke.<br />

Das Atmen fällt dir immer schwerer<br />

und deine Brust fühlt sich an, als<br />

würde sie von stählernen Bändern<br />

langsam zerquetscht. Der unerträgliche<br />

Schmerz wächst immer weiter an<br />

und droht, dich deiner Sinne zu berauben.<br />

Keuchend und hustend taumelst<br />

du die Straße entlang, bis dir<br />

die bleischweren Beine den Dienst<br />

versagen und du schwer in eine öligschwarze<br />

Pfütze schlägst. Das Letzte,<br />

was deine trüb werdenden Augen<br />

erblicken, ist der Trauer tragende<br />

Die Schwarze Witwe, ihr<br />

Biss kann tödlich sein.<br />

Himmel, der ob deiner gescheiterten<br />

Suche kalte Tränen vergießt.<br />

ENDE<br />

32<br />

Der linke Tunnel steigt nach wenigen Biegungen leicht an<br />

und es zeigen sich immer mehr Anzeichen menschlicher<br />

Bearbeitung — von alten Tonscherben im Bodenschlamm<br />

bis zu Ziegelsteinen an den Wänden, die immer wieder<br />

zwischen Schlamm und hervorhängenden Wurzeln herausstehen.<br />

Nach wenigen Minuten kannst du voraus<br />

ein schwach fl ackerndes Licht ausmachen, das scheinbar<br />

eine alte Gruft erhellt. Du schaltest deine Taschenlampe<br />

aus, um deine Anwesenheit nicht durch den Lichtkegel<br />

zu verraten, und schleichst so leise wie möglich auf das<br />

Licht zu.<br />

Gehe zu Abschnitt 25.<br />

33<br />

Bevor die Kreatur die Gelegenheit hat, irgendetwas zu<br />

unternehmen, wirbelst du herum und ergreifst in kopfl oser<br />

Panik die Flucht. Mit Bellen und geiferndem Hecheln<br />

setzt sich die Meute der <strong>Leiche</strong>nfresser in Bewegung und<br />

heftet sich an deine Fersen. Die Angst verleiht dir die<br />

sprichwörtlichen Flügel und nach wenigen Biegungen<br />

keimt in dir die Hoffnung auf, dass du die Meute doch<br />

noch abhängen kannst, wenn du nur die richtige Route<br />

zur Oberfl äche wählst. Mache einen schweren Fertigkeitswurf<br />

auf Orientierung, also gegen den halben Wert.<br />

Gelingt er, so lies weiter in Abschnitt 62.<br />

Verlierst du die Orientierung, so schlage Abschnitt<br />

26 auf.<br />

34<br />

Das Büro von Dr. Moamar Shalad zu fi nden, stellt sich<br />

als deutlich schwieriger heraus, als du zunächst angenommen<br />

hattest, obwohl die Adresse, die dir Dr. Saltonstall<br />

gegeben hat, eindeutig auf dem Campus der Miskatonic-Universität<br />

liegt und das Gebäude, in dem sich<br />

sein Büro befi ndet, auch schnell gefunden ist. Die Robert<br />

Carter Memorial Hall ist ein neogotischer Alptraum von<br />

verwinkelten Korridoren, unleserlichen Türschildern<br />

und schnatternden Studenten der Sprach- und Literaturwissenschaften,<br />

die sich ebenfalls nicht in dem Labyrinth<br />

von Klassenzimmern, Auditorien und Dozentenbüros<br />

auszukennen scheinen.<br />

Nachdem du zunächst in eine dissonante Probe der<br />

Miskatonic-Miskies gestolpert bist, zahllose falsche Wegbeschreibungen<br />

von Erstsemestern erhalten hast und<br />

schon fast an dem Punkt angelangt warst, frustriert aufzugeben,<br />

fi ndest du mehr durch Zufall endlich eine Tür<br />

mit dem Schild „Dr. Moamar Shalad, Leiter des Instituts<br />

für Orientalistik“. Auf dein Klopfen hin öffnet dir der<br />

kleine Mann, den du auch schon auf der Beerdigung<br />

deines Onkels gesehen hast, die Tür und bittet dich in<br />

sein vollgestopftes, kleines Büro. Während er dir einen<br />

orientalischen Tee zubereitet, lässt du deinen Blick durch<br />

das Refugium des wortkargen Doktors schweifen. Zwischen<br />

Stapeln und Bergen von Büchern in dir unbekannten<br />

Sprachen fi nden sich allerlei merkwürdige Statuetten<br />

und Gerätschaften, deren Zweck sich dir, trotz aller<br />

Fantasie, nicht offenbaren will. Als du gerade eine abstoßende<br />

Figur eines indisch wirkenden Elefantengottes<br />

näher in Augenschein nehmen willst, wendet sich der<br />

vollbärtige Türke dir zu und streckt dir eine würzig riechende,<br />

dampfende Tasse entgegen mit den Worten: „Auf<br />

Ihre Gesundheit! Bei diesem grauenhaften Wetter können<br />

Sie dringend etwas Warmes gebrauchen.“ Er mustert<br />

dich aufmerksam, während du den Tee schlürfst, fast so,<br />

als suche er etwas Bestimmtes in deinen Gesichtszügen.<br />

Bevor du ihn jedoch darauf ansprechen kannst, kommt<br />

er dir zuvor: „Mein herzliches Beileid für Ihren schmerzlichen<br />

Verlust, die Welt ist ärmer <strong>ohne</strong> Ihren Onkel. Ich<br />

habe etwas Derartiges aber schon fast befürchtet.“<br />

Bei diesen Worten fällt dir beinahe die Tasse aus den<br />

Händen. „Wie meinen Sie das — fast schon befürchtet?<br />

Was ist passiert mit meinem Onkel? Sie scheinen der Erste<br />

zu sein, der Näheres über diese merkwürdigen Vorfälle<br />

weiß. Ich bitte Sie inständig, mir die Wahrheit zu<br />

sagen!“<br />

Dr. Shalad blickt dich schweigend mit halb geschlossenen<br />

Augen über den Rand seiner Tasse hinweg an und<br />

scheint abzuwägen, was er dir erzählen soll. Mache einen<br />

Fertigkeitswurf auf Überzeugen.<br />

Gelingt dieser, so lies bitte weiter bei Abschnitt 18.<br />

Misslingt dieser, so lies bitte weiter bei Abschnitt 29.<br />

35<br />

Vor dir steht ein kleiner, hässlicher Mann mit schmierigen<br />

schwarzen Haaren, der einen unförmigen, viel zu<br />

großen Trenchcoat trägt und dich mit unverhohlener Abscheu<br />

mustert. Seine rechte Hand scheint in der Tasche<br />

seines Mantels ein längliches Objekt zu umfassen und<br />

sein ganzer Körper steht unter Spannung, die jeden Moment<br />

in Gewalt zu explodieren droht. Als er dich endlich<br />

anspricht, fallen dir seine gelblichen, spitz zugefeilten<br />

Zähne auf, zwischen denen undefi nierbare Fasern hängen,<br />

und sein süßlich-faulig stinkender Atem dreht dir<br />

den Magen um.<br />

„So, du bist dann wohl der Neffe. Hör mir gut zu, Jungchen,<br />

es wär’ besser für alle Beteiligten, wenn du schleunigst<br />

deine Beine in die Hand nimmst und nach Boston<br />

zurückläufst. Niemand will dich hier und die Friedhöfe<br />

von Arkham sind voll mit Typen, die niemand mehr woll-<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 13


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

te, kapiert? Dein Onkel ist tot und damit is’ gut, klar?“<br />

Mit diesen Worten drückt sich der Fremde an dir vorbei,<br />

starrt dir noch einmal feindselig in die Augen und<br />

verschwindet die Treppe hinunter. Du wendest dich nach<br />

dieser merkwürdigen Begegnung wieder dem Schlafzimmer<br />

zu. Lies weiter in Abschnitt 47.<br />

36<br />

Gezwungenermaßen bleibst du stehen und verfl uchst die<br />

Tatsache, dass du keine Lichtquelle bei dir hast — aber<br />

wer nimmt schon eine Taschenlampe auf eine Beerdigung<br />

mit? Unsicher schwankst du an der Grenze zwischen totaler<br />

Dunkelheit und dimmem Licht und versuchst, dir<br />

über deine Optionen an diesem Punkt klar zu werden.<br />

Willst du das Risiko eingehen, dich im Dunkeln weiter<br />

voranzutasten, so gehe zu Abschnitt 43.<br />

Möchtest du lieber umkehren und erst noch nach einer<br />

Lichtquelle suchen, so schlage Abschnitt 2 auf.<br />

37<br />

Die Kreatur lässt ihre grausige Mahlzeit fallen, stößt<br />

einen nervenaufreibenden Laut aus, der irgendwo<br />

zwischen Bellen und Fiepen liegt, und duckt sich zum<br />

Sprung. Beim Anblick seiner kräftigen Beinmuskeln wird<br />

dir klar, dass es zur Flucht zu spät ist — du musst dich<br />

dem <strong>Leiche</strong>nfresser stellen.<br />

Hast du Prinns Crux Ansata bei dir, so gehe zu Abschnitt<br />

60.<br />

Besitzt du dieses Artefakt nicht, so musst du dich in<br />

Abschnitt 50 zum Kampf stellen.<br />

38<br />

Eleazar’s Funeral Home liegt im heruntergekommenen Süden<br />

der Stadt, und du bist fast froh, als du nach einem<br />

kurzen Fußmarsch durch verwinkelte Gassen, vorbei an<br />

dunklen Hauseingängen, aus denen sich die fi nsteren Blicke<br />

zwielichtiger Gestalten in deinen Rücken bohren, das<br />

schäbige Bestattungsinstitut vor dir erblickst.<br />

Jasper Eleazar, der anämische Besitzer, öffnet dir persönlich<br />

die Türe und bittet dich in einen dunklen Vorraum,<br />

der stark nach verwelkten Lilien und etwas undefi<br />

nierbar Süßlichem riecht. Seine tief liegenden, trüben<br />

Augen scheinen bereits deine Maße für einen <strong>Sarg</strong> zu<br />

Arkhams Süden ist kein Touristenziel<br />

.<br />

nehmen, als er dich mit hohl klingender Stimme nach<br />

deinem Begehr fragt. Du schluckst einen dicken Kloß<br />

herunter, versuchst, den widerwärtigen Geruch aus deiner<br />

Wahrnehmung zu verbannen und erklärst dem ausgemergelten<br />

Mann, der beinahe wie einer seiner eigenen<br />

Kunden wirkt, wer du bist und was dich zu ihm führt.<br />

Er wirkt fast enttäuscht, als ihm klar wird, dass du nicht<br />

die Vorbereitungen für dein eigenes Ableben besprechen<br />

willst, kommt dann aber rasch zur Sache: „Ich möchte<br />

zunächst einmal meine tiefste Anteilnahme an Ihrem<br />

schmerzlichen Verlust zum Ausdruck bringen, möchte<br />

Ihnen aber gleich versichern, dass die traurige Angelegenheit<br />

nicht unsere Schuld ist. Die sterbliche Hülle Ihres<br />

lieben Dahingeschiedenen wurde uns von der Polizei<br />

übergeben, woraufhin wir, in Absprache mit seinem Anwalt<br />

Dr. Saltonstall, die nötigen Vorbereitungen trafen,<br />

um ihn würdevoll in die ewige Ruhe zu geleiten. Nachdem<br />

er vorbereitet war, wurde er in den <strong>Sarg</strong> gebettet<br />

und in die Aussegnungshalle des Christchurch-Friedhofs<br />

gebracht. Gemäß den Anweisungen in seinem letzten<br />

Willen und Testament wurde er nicht einbalsamiert<br />

und der <strong>Sarg</strong> wurde geschlossen aufgebahrt. Wir haben<br />

selbstverständlich keine Steine in den <strong>Sarg</strong> gelegt und<br />

alle gesetzlichen Bestimmungen wurden peinlich genau<br />

beachtet. Der abscheuliche Diebstahl des Leichnams Ihres<br />

Onkels muss also stattgefunden haben, als er bereits in<br />

der Aussegnungshalle aufgebahrt war. Es tut mir schrecklich<br />

leid, dass der Leichnam verschwunden ist, und ich<br />

hoffe sehr, dass die Schuldigen bald gefunden und ihrer<br />

gerechten Strafe überantwortet werden.“<br />

Lege eine Probe auf Psychologie ab. Gelingt sie, gehe zu<br />

Abschnitt 66. Andernfalls geht es bei Abschnitt 67 weiter.<br />

39<br />

Du rückst deine verrutschte Krawatte zurecht, streichst<br />

dir noch einmal das zerzauste Haar glatt und trittst mit<br />

einen grimassenhaften Lächeln voll ins Licht: „Hallo<br />

Onkel Harvey! Bin ich froh, dich zu sehen, ich dachte<br />

schon, du wärst tot!“ Selbst in deinen Ohren klingt diese<br />

gezwungen freundliche Anrede hohl und falsch, doch<br />

die tierhaften Gesichtszüge des Scheusals vor dir scheinen<br />

sich in wahrer Freude aufzuhellen. Die monströsen<br />

Ghoulbestien an Rande deines Gesichtsfeldes schnüffeln<br />

und wittern misstrauisch in deine<br />

Richtung, das Harvey-Ding wackelt<br />

jedoch mit unsicheren Schritten um<br />

den Sarkophag herum und schließt<br />

dich in die Arme. „Mein geliebter<br />

Neffe, ich wusste, dass du mich fi nden<br />

würdest. Jetzt wird alles wieder<br />

gut und wir können wieder eine<br />

Familie sein!“ Als sich die gummiartigen<br />

Arme um dich schließen und<br />

der süßliche Geruch der Verwesung,<br />

der von ihm ausgeht, in deine Nase<br />

steigt, musst du alle Willenskraft<br />

aufbringen, um dich nicht sofort zu<br />

übergeben.<br />

„Komm, Harold, ich zeige dir meine<br />

Welt und deinen angestammten<br />

Platz darin!“ brabbelt das Ding, das<br />

einmal dein Onkel war. Die lange<br />

rosa Zunge hängt sabbertropfend aus<br />

14 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

seinem reißzahnbestückten Maul heraus, als er mit einer<br />

ausschweifenden Geste auf das schimmelige Mausoleum<br />

und die fi epende Horde seiner Artgenossen deutet.<br />

Willst du sein großzügiges Angebot annehmen, so lies<br />

weiter in Abschnitt 27.<br />

Ist dir nicht wirklich danach, so kannst du versuchen,<br />

in Abschnitt 8 einen anderen Ausweg zu fi nden.<br />

40<br />

Dein Atem stockt, als dir beim Betreten der Küche der<br />

süßlich-faulige Gestank von Verwesung entgegenschlägt<br />

und dir salzige Tränen in die Augen treibt. In der Spüle<br />

und auf jeder freien Stellfl äche stapelt sich dreckiges Geschirr,<br />

undefi nierbare verkrustete Substanzen bedecken<br />

den Tisch und den dunkel-fl eckigen Hackblock. Beim<br />

Anblick der feuchten, härchenbedeckten, breiigen Masse<br />

in den Kochtöpfen auf dem Herd hebt sich unfreiwillig<br />

dein Magen und der bittere Geschmack von Galle breitet<br />

sich in deinem Mund aus.<br />

Nur mit der größten Disziplin und Überwindung hältst<br />

du es lange genug in dieser miasmatischen Atmosphäre<br />

aus, um dich gründlich umzuschauen. Der übelste Geruch<br />

von Verfall und fauliger Verwesung scheint vom<br />

Eisschrank in der Ecke auszugehen. Du streckst die Hand<br />

nach einem der Türgriffe aus und ... zögerst.<br />

Willst du den Eisschrank öffnen,<br />

so lies bitte in Abschnitt 58 weiter.<br />

Hat dir der Anblick der verdreckten<br />

Küche schon gereicht, so kehre<br />

in Abschnitt 2 in die Diele zurück.<br />

41<br />

Auf dem Teppich vor dem Lieblingssessel<br />

von Onkel Harvey fallen dir<br />

merkwürdige Schmutzspuren auf.<br />

Bei näherem Betrachten sehen sie<br />

aus wie Fußabdrücke, die aber merkwürdig<br />

hufartig wirken. Da hier ansonsten<br />

nichts weiter zu fi nden ist,<br />

kehrst du in die Diele bei Abschnitt<br />

2 zurück.<br />

42<br />

43<br />

Du gehst auf die Knie und tastest dich mit den Händen<br />

langsam durch die absolute Dunkelheit vorwärts. Nach<br />

wenigen Minuten werden deine Hände vom eisigen Wasser<br />

der Sickerpfützen taub, durch die du kriechst, aber<br />

die Vorstellung, unvermittelt auf ein Loch im Boden zu<br />

stoßen und Kopf voran ins Ungewisse zu stürzen, lässt<br />

dich die Zähne zusammenbeißen und stur weitermachen.<br />

Die Dunkelheit drückt wie eine gewaltige Faust auf dein<br />

Gemüt und fremdartige Gerüche und verzerrte Geräusche<br />

dringen an dein Ohr, ein schrilles Fiepen und Bellen,<br />

bei dem sich dir die Haare aufstellen und der Magen<br />

zusammenkrampft. Du verlierst langsam das Zeitgefühl<br />

und fragst dich plötzlich in einem Anfall blinder Panik,<br />

ob du überhaupt noch den Weg zurück fi nden könntest.<br />

Du bist dir nicht mehr sicher, welche der Windungen des<br />

Tunnels wirklich Kurven waren und welche Abzweigungen<br />

— das Gewirr von Seitentunneln, Sackgassen und<br />

kleinen Kammern scheint sich ständig zu verändern und<br />

deinen Orientierungssinn zu lähmen. Bevor deine Panik<br />

zu groß wird, mache einen schweren Fertigkeitswurf auf<br />

Orientierung, also gegen den halben Wert.<br />

Gelingt er, so lies weiter in Abschnitt 49.<br />

Verlierst du die Orientierung, schlage Abschnitt 3 auf.<br />

44<br />

Die primitive Treppe führt in mehreren spiralförmigen<br />

Windungen nach oben, bis sie schließlich hinter einer<br />

grauen Engelsstatue in einer dunklen Gruft endet. <strong>Ein</strong><br />

herrlicher kühler Windhauch trägt frische Luft herbei<br />

und unwillkürlich erleichtert sich dein Herz bei der Vorstellung,<br />

dieser fi nsteren, bizarren Unterwelt zu entfl iehen<br />

und den ganzen Schlamassel hinter dir zu lassen.<br />

Unbehagen bereitet dir die Tatsache,<br />

dass die Decke des Tunnels von kei- Der Weg aus dem Abgrund.<br />

nerlei Stützbalken oder anderen Sicherungsvorkehrungen<br />

gehalten wird. Du bist dir auch Du trittst um die Statue herum, schenkst dem stillen<br />

nicht sicher, wie alt die Ausschachtungsarbeiten sind<br />

Mausoleum nur einen oberfl ächlichen Blick, greifst das<br />

und ob der lose Erdtunnel wirklich einsturzsicher ist. Das Gitter, das den <strong>Ein</strong>gang verschließt, und starrst sehn-<br />

stetige Tropfen von einsickerndem Grundwasser, das aus suchtsvoll in den wolkenverhangenen Himmel über dem<br />

den Tiefen des Tunnels hervorhallt, dient auch nicht ge- Christchurch-Friedhof. Es hat aufgehört zu regnen und<br />

rade dazu, deine Zuversicht für einen erfolgreichen Aus- der inzwischen aufgegangene Vollmond taucht den alten<br />

fl ug in erdige Schwärze zu steigern.<br />

Friedhof in sanftes, silbernes Licht.<br />

Schlage bitte Abschnitt 57 auf.<br />

Willst du aufgeben, Arkham entfl iehen und die ganze<br />

Sache auf sich beruhen lassen, so lies weiter in Abschnitt<br />

19.<br />

Reißt du dich zusammen und suchst weiter nach deinem<br />

Onkel, so gehe zu Abschnitt 55.<br />

45<br />

Im strömenden Regen wirkt das kleine Häuschen deines<br />

Onkels am nördlichen Ende der Stadt noch winziger und<br />

altersschwächer, als du es in Erinnerung hattest. Der ein-<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 15


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

same Schrei einer Krähe, die über dem Armenfriedhof<br />

Potter’s Field hinter dem Haus kreist, mischt sich schrill<br />

mit dem Quietschen der Gartentüre. Der saure Geruch<br />

von faulendem Mulch steigt in deine Nase und droht dir<br />

den Atem zu nehmen, als du den kurzen Weg zur Frontveranda<br />

durch den überwucherten Vorgarten beschreitest.<br />

Aus der Nähe sind die Zeichen der Nachlässigkeit und<br />

des Verfalls noch deutlicher zu erkennen: Die Farbe blättert<br />

von den Holzwänden, in denen ein schwarz glänzender<br />

Schwammpilz seine glibberigen Fäden gezogen hat,<br />

die trüben Fensterscheiben sind stumpf vor Schmutz und<br />

reichlich mit den Überresten toter Insekten bedeckt, die<br />

wurmstichige Türe des kleinen Gartenschuppens hängt<br />

mit letzter Kraft an rostigen Angeln. Das ganze Anwesen<br />

scheint unter dem bleiernen Griff des Todes gefangen zu<br />

liegen und im Rauschen des eisigen Regens scheinen die<br />

Stimmen gequälter Seelen mitzuschwingen.<br />

Mit einem Ruck reißt du dich von diesen morbiden Gedanken<br />

und Empfi ndungen los und nimmst das Grundstück<br />

noch einmal genauer in Augenschein.<br />

Wenn du gleich das Haus betreten willst, öffnest du die<br />

Haustür mit dem Zweitschlüssel und betrittst die Diele in<br />

Abschnitt 2.<br />

Möchtest du vorher noch den kleinen Gartenschuppen<br />

inspizieren, so lies bitte in Abschnitt 6 weiter.<br />

Ist dir das Haus doch zu unheimlich, so könnte dir eine<br />

kleine Stärkung in Velma’s Diner vielleicht die nötige<br />

Kraft geben, in Abschnitt 10.<br />

46<br />

Du stellst erfreut fest, dass der Regen etwas nachgelassen<br />

hat und nutzt dies dazu, den Campus der Miskatonic-Universität<br />

aufzusuchen. Am Glockenturm und den<br />

Wohnheimen der Studenten vorbei führt dich dein Weg<br />

zum neogotischen Gebäude der Orne-Bibliothek. Schon<br />

von außen wirkt dieser Tempel des Wissens mit seinen<br />

Schmuckfriesen und mittelalterlichen Buntglasscheiben<br />

wie eine alte gotische Kathedrale. Im Inneren angelangt,<br />

schweift dein Blick über lange Regalreihen voll ordentlich<br />

sortierter Bücher, über die Statuen der wichtigsten Geistesgrößen<br />

des angloamerikanischen<br />

Sprachraums wachen. Im Schatten<br />

von Milton und Shakespeare fi ndet<br />

sich schließlich der Auskunftsschalter,<br />

hinter dem mit wachem Auge die<br />

diensthabende Bibliothekarin, eine<br />

gestrenge Dame Anfang fünfzig, dich<br />

bereits auffordernd anblickt. „Kann<br />

ich Ihnen helfen, junger Mann?“<br />

lautet ihre Frage.<br />

Du stellst dich kurz vor, verweist<br />

auf deinen Onkel und seine Studien<br />

vor Ort und bittest um <strong>Ein</strong>sichtnahme<br />

in die Bücher, die er zuletzt<br />

konsultiert hat. Sie runzelt kurz die<br />

Stirn, rückt ihre Lesebrille mit den<br />

halbmondförmigen Gläsern zurecht,<br />

schaut in ihre Belegliste für die Lesesaalplätze<br />

und verweist dich an<br />

Leseplatz 31 im ersten Stock. Du<br />

bedankst dich freundlich und steigst<br />

die große Freitreppe nach oben.<br />

Im ersten Stock erwartet dich eine<br />

düstere Atmosphäre. Die schwarzen<br />

Regenwolken lassen kaum einen<br />

Lichtstrahl durch die stumpfen Fensterscheiben,<br />

die dicken, staubigen<br />

Teppiche schlucken jedes Geräusch<br />

deiner Schritte, die wenigen Studenten,<br />

die sich an diesem kalten Novembernachmittag in<br />

die Bibliothek verirrt haben, wirken wächsern und tot im<br />

fahlen, kränklichen Schein der Leselampen. Nach kurzer<br />

Suche fi ndest du den gesuchten Leseplatz, lässt dich nieder<br />

und widmest dich dem kleinen Stapel abgegriffener<br />

Bücher, die dort auf dem Tisch liegen. Als erstes fällt dir<br />

eine kurze Notiz der Bibliotheksleitung an deinen Onkel<br />

in die Hände, die oben auf dem Stapel liegt. Sie lautet:<br />

„Sehr geehrter Dr. Simms,<br />

mit großem Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, dass<br />

mehrere der Bücher, die Sie zu konsultieren wünschten,<br />

aus Gründen des Bestandsschutzes aus der allgemeinen<br />

Benutzung entfernt und in eine Sondersammlung eingestellt<br />

werden mussten. Sollten Sie dennoch in die betroffenen<br />

Titel <strong>Ein</strong>sicht wünschen, so wenden Sie sich bitte<br />

für eine Sondergenehmigung an den Bibliotheksleiter Dr.<br />

Armitage. Ich hoffe auf Ihr Verständnis für diese Maßnahme<br />

und bitte Sie, die entstandenen Unannehmlichkeiten<br />

zu entschuldigen.<br />

Hochachtungsvoll<br />

Diane Long<br />

Leiterin der Benutzungsabteilung.“<br />

Du schüttelst kurz irritiert den Kopf und siehst die<br />

Bücher im Stapel durch, nur um festzustellen, dass es<br />

sich dabei ausschließlich um Wörterbücher und Lexika<br />

zu Mythologie, Symbolik und Volkskunde handelt. Die<br />

16 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

Die Orne-Bibliothek.<br />

Werke scheinen zwar interessant, sind aber offensichtlich<br />

nicht die brisanten okkulten Werke, die Dr. Shalad<br />

erwähnte.<br />

Du beschließt, diesem neuen Mysterium auf den Grund<br />

zu gehen, greifst dir die Mitteilung der Bibliothek und<br />

machst dich wieder auf den Weg zum Auskunftsschalter.<br />

Die Bibliothekarin scheint dich bereits erwartet zu haben<br />

und nimmt mit unbewegter Miene deine Bitte um<br />

ein Gespräch mit dem Bibliotheksleiter entgegen. Mache<br />

eine Probe auf Ansehen oder Überzeugen. Du kannst nur<br />

auf eines von beiden würfeln und hast insgesamt nur einen<br />

Versuch.<br />

Gelingt der Wurf, so wirst du zu Dr. Armitage vorgelassen.<br />

Weiter geht es bei Abschnitt 54.<br />

Misslingt er, so teilt dir die Bibliothekarin höfl ich mit,<br />

dass Dr. Armitage heute leider nicht zu sprechen ist und<br />

gibt dir einen Termin in einer Woche. Frustriert bleibt dir<br />

nichts anderes übrig, als Velma in Abschnitt 10 von deinem<br />

neuesten Rückschlag zu erzählen.<br />

47<br />

Endlich fi ndest du den Lichtschalter und betrachtest im<br />

fahlen Licht der nackten Glühbirne die ehemalige Schlafstatt<br />

deines Onkels. Das Bett ist zerwühlt, die Laken sind<br />

mit merkwürdigen Flecken übersät und riechen streng<br />

nach sämiger, gärender Fäulnis. Nach einer schnellen<br />

oberfl ächlichen Suche fällt dir auf, dass etliche Kleidungsstücke<br />

Harveys verschwunden sind, darunter auch<br />

sein geliebter Morgenrock, der innerhalb seiner eigenen<br />

vier Wände eine Art Markenzeichen für ihn war. Neben<br />

Essensresten, Unrat und toten Fliegenmaden fi ndest du<br />

auf Anhieb nichts Weiteres von Interesse. Mache trotzdem<br />

einen Fertigkeitswurf auf Verborgenes erkennen.<br />

Gelingt dieser, so lies bitte in Abschnitt 12 weiter.<br />

Andernfalls solltest du in Abschnitt 2 eine neue Entscheidung<br />

treffen, wie es weitergehen soll.<br />

48<br />

Du bist zwar kein Experte für Ausschachtungsarbeiten,<br />

aber dieser Tunnel sieht defi nitiv seltsam aus. Das lehmige<br />

Erdreich glänzt feucht und hat sich noch kaum<br />

abgesetzt, woraus du schließt, dass er erst vor Kurzem<br />

angelegt wurde. Verwundert musst du erkennen, dass es<br />

keinerlei Stützbalken oder andere Sicherungen gegen das<br />

<strong>Ein</strong>stürzen gibt und dass die Erde offensichtlich nicht mit<br />

Spitzhacken und Schaufeln bewegt, sondern mit scharfen<br />

Krallen herausgekratzt wurde. Als dir obendrein anhand<br />

der Richtung der Kratzspuren klar wird, dass der Tunnel<br />

von außen in den Keller gegraben wurde, wird dir ganz anders.<br />

Mache einen Stabilitätswurf. Gelingt dieser, so steckst<br />

du diese grausige Erkenntnis gut weg und verlierst keine<br />

Stabilitätspunkte. Andernfalls verlierst du einen Punkt<br />

und fragst dich ernsthaft, ob du der mysteriösen Kreatur<br />

wirklich begegnen willst, die diesen niedrigen Kriechtunnel<br />

angelegt hat. Solltest du sogar schon das Tagebuch<br />

deines Onkels gelesen haben, verlierst du 1W3 Punkte<br />

Stabilität, weil gewisse unglaubliche Dinge sich gar nicht<br />

mehr so unglaublich anhören ...<br />

Weiter geht es in Abschnitt 57.<br />

49<br />

Unter Aufbietung all deiner geistigen Reserven drängst du<br />

die blinde Panik wieder zurück, setzt dich einen Moment<br />

ruhig hin und gehst im Geist noch einmal den Weg durch,<br />

den du bislang durch das lichtlose Labyrinth zurückgelegt<br />

hast. Du hast eine grobe Vorstellung, in welcher Richtung<br />

der Keller liegt, und diese beruhigende Erkenntnis gibt dir<br />

die Kraft, die Gegenrichtung einzuschlagen und dich tiefer<br />

in den Irrgarten von verschlungenen Tunneln vorzutasten.<br />

Wer oder was auch immer diese Stollen gegraben<br />

hat, hatte kein menschliches Gehirn und seine Denkweise<br />

war eindeutig chaotisch und kaum durchschaubar, da<br />

bist du dir absolut sicher. <strong>Ein</strong>e halbe Ewigkeit später hellt<br />

sich die Schwärze vor deinen Augen zu dem diffusen Rotlila<br />

eines frischen Blutergusses auf. Du hältst einen Augenblick<br />

inne und versicherst dich, dass dir deine Sinne<br />

keinen Streich spielen. Nein, es ist eindeutig — vor dir<br />

erhellt ein schwaches Flackern einen kleinen, steingefl iesten<br />

Raum. Vorsichtig richtest du dich so weit wie möglich<br />

auf, massierst wieder ein wenig Leben in deine geschundenen<br />

Glieder und bewegst dich so leise wie möglich auf<br />

das Licht zu. Weiter in Abschnitt 25.<br />

50<br />

Der <strong>Leiche</strong>nfresser springt dich an und versucht, dich<br />

mit seinen Krallen und Fangzähnen in Stücke zu reißen.<br />

Du musst dich nun dem Kampf stellen. Besitzt du<br />

eine Schusswaffe, so kannst du einmal feuern, bevor das<br />

Wesen dich erreicht. Aufgrund der geringen Distanz gilt<br />

die Schussdistanz als Kernschussweite, die deine Trefferchance<br />

verdoppelt. Die gummiartige Konsistenz des<br />

Wesens hat allerdings zur Folge, dass du den durch die<br />

Schusswaffe angerichteten Schaden halbieren musst.<br />

Im Nahkampf kannst du auch auf andere Waffen zugreifen,<br />

falls du welche bei dir hast, ansonsten musst du<br />

dich leider auf Faustschläge und Ausweichen beschrän-<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 17


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

ken. Da du etwas geschickter bist, kannst du den Ghoul<br />

schlagen, bevor er selbst an der Reihe ist. Du hast in jeder<br />

Runde nur eine Attacke.<br />

Der Ghoul greift, sobald er an der Reihe ist, mit zwei<br />

Klauenschlägen und einem Biss an, für die er jeweils eine<br />

Trefferchance von 30% hat und mit denen er bei einem<br />

gelungenen Treffer 1W6+1W4 Punkte Schaden anrichtet.<br />

Er wird bis zum Tod kämpfen und auch für dich ist Flucht<br />

leider keine Option. Der Ghoul hat zu Kampfbeginn 13<br />

Trefferpunkte.<br />

Gelingt es dir, die Monstrosität zu töten, so lies weiter<br />

bei Abschnitt 56.<br />

Gewinnt der Ghoul, so gehe zu Abschnitt 20.<br />

51<br />

Mit dem Mut der Verzweiflung reißt du das Henkelkreuz<br />

unter deinem Hemd hervor und streckst es der sabbernden<br />

Horde entgegen. Schnell rezitierst du den Sprechgesang<br />

und erwartest eine beeindruckende Zurschaustellung<br />

übernatürlicher Macht. Die Ghoulmeute zuckt<br />

jedoch kurz zurück und beobachtet dich aufmerksam.<br />

Irgendetwas stimmt nicht! Deine geistigen Reserven sind<br />

fast aufgebraucht und der gewaltige Sog, der von dem<br />

Kreuz ausgeht, ist ein schwarzer Strudel, der deinen Verstand<br />

auslöscht und in die Tiefen des Vergessens hinabreißt.<br />

Zumindest bekommst du nicht mehr mit, wie die<br />

Bestien dich bei lebendigem Leib auffressen.<br />

ENDE<br />

52<br />

Unbändiger Zorn wallt in dir auf — für diese Abscheulichkeit<br />

hast du Kopf und Kragen riskiert und diese ganzen<br />

Qualen auf dich genommen! Mit einem unartikulierten<br />

Schrei stürzt du dich auf das Ding, das einmal dein Onkel<br />

war, und versuchst, es mit bloßen Händen zu zerfetzen.<br />

Das Wesen ist offensichtlich so überrascht von deinem<br />

Angriff, dass es noch nicht einmal den Versuch der Gegenwehr<br />

unternimmt. Die anderen Monster sind allerdings<br />

nicht so zurückhaltend. In einer unaufhaltsamen<br />

Woge stürzen sie sich, einem Rudel ausgehungerter Ratten<br />

gleich, auf dich, scharfe Krallen fahren in dein Fleisch,<br />

lange Fangzähne beißen ganze Klumpen aus deinem Leib<br />

und die zwei größten der Kreaturen greifen deine Beine<br />

und versuchen, dich in der Mitte entzweizureißen. Das<br />

Scheusal, das an allem Schuld ist, schaut mit traurigen<br />

Augen dem Massaker zu, macht aber keinerlei Anstalten<br />

einzugreifen. Das Letzte, was du vernimmst, sind seine<br />

Worte: „Mein armer Neffe, es hätte nicht so enden müssen.<br />

Aber bald werden wir wieder vereint sein.“ Dann<br />

packt es mit festem Griff deinen Kopf und macht sich<br />

daran, mit seinen scharfen Fangzähnen deinen Schädel<br />

wie eine Nuss aufzuknacken. Deine Schmerzensschreie<br />

verstummen erst, als es mit kleinen, sorgfältigen Bissen<br />

anfängt, dein Gehirn zu verspeisen.<br />

ENDE<br />

53<br />

Der Schuppen scheint zwar kaum noch etwas Brauchbares<br />

zu enthalten, aber du entschließt dich, nicht ganz<br />

so schnell aufzugeben. Nach einigen Minuten intensiver<br />

Suche entdeckst du in der hintersten Ecke, fast verdeckt<br />

von dicken Spinnweben, eine große Holzfälleraxt, die<br />

sich sicherlich als Waffe gebrauchen ließe. Als du die Axt<br />

ergreifen willst, fällt dir zu spät eine huschende Bewegung<br />

auf und mit Entsetzen siehst du eine Spinne mit<br />

einem sanduhrförmigen, roten Fleck auf dem schwarzen<br />

Leib über deinen Handrücken huschen. Mache einen<br />

Glückswurf.<br />

Gelingt er, so lies bitte in Abschnitt 63 weiter.<br />

Andernfalls schlage bitte Abschnitt 7 auf.<br />

54<br />

Dr. Armitage bittet dich freundlich in sein Büro, das in<br />

einem Zustand kontrollierten Chaos’ auf seine Persönlichkeit<br />

als besessener Arbeiter, der zu viel Zeit in seiner<br />

Bibliothek verbringt, schließen lässt. Der ältere, distinguierte<br />

Herr erinnert dich mit seinem weißen Mundbart,<br />

schütteren Haupthaar und altmodischen Anzug ein wenig<br />

an Sigmund Freud.<br />

Er bietet dir einen Sitzplatz an, lauscht aufmerksam<br />

deiner Erzählung und der Bitte um <strong>Ein</strong>sichtnahme in die<br />

gesperrten Werke, faltet schließlich die Hände und gibt<br />

dir nach einer ausgiebigen Kondolenzbezeugung seine<br />

Antwort: „Ihr Onkel Dr. Simms ist mir wohlbekannt. Er<br />

hat in den letzten Jahren hier ausgiebige Studien in Bereichen<br />

des Okkulten betrieben, die ich zuletzt mit wachsender<br />

Sorge betrachtet habe. Wie ich in letzter Zeit selbst<br />

schmerzlich erleben musste, gibt es in der Tat mehr Ding’<br />

im Himmel und auf Erden, als unsere Schulweisheit sich<br />

träumt, um es mit den Worten des großen Barden auszudrücken.<br />

Ich möchte Sie nicht bevormunden, dennoch<br />

möchte ich Ihnen dringlichst raten, von Ihrer Suche nach<br />

den Geheimnissen Ihres Onkels Abstand zu nehmen.<br />

Wenn Sie trotzdem entschlossen sind, der Sache auf den<br />

Grund zu gehen, so sollten Sie wissen, dass Sie sich einer<br />

großen Gefahr aussetzen. Ich bin gerne bereit, Ihnen zu<br />

helfen, doch zuerst müssen Sie mir mehr über die Studien<br />

ihres Onkels berichten. Ich kenne zwar die Werke, die<br />

er studiert hat, weiß aber nicht, was genau er entdeckt<br />

hat.“ Dr. Armitage blickt dich auffordernd an und scheint<br />

gespannt auf deine Antwort zu warten.<br />

Wenn du das Tagebuch deines Onkels in deinem Besitz<br />

hast, so kannst du es Dr. Armitage vorlegen und seine<br />

Reaktion in Abschnitt 15 nachlesen.<br />

Solltest du das Tagebuch nicht besitzen oder es Dr. Armitage<br />

nicht zeigen wollen, so musst du dir in Abschnitt<br />

10 eine andere Vorgehensweise überlegen.<br />

Bitte notiere die Abschnittsnummer 15. Solltest du das Tagebuch<br />

zu einem späteren Zeitpunkt finden, so kannst du direkt zu<br />

Dr. Armitage zurückkehren und es ihm zeigen.<br />

55<br />

Du wendest dich wieder dem Gewirr von Stollen und<br />

Gängen zu. Systematisch folgst du den Quergängen, zuerst<br />

auf der einen Seite, dann auf der anderen, nur um<br />

immer wieder vor eiskalten Tümpeln zu stehen, an denen<br />

<strong>ohne</strong> Tauchausrüstung kein Weiterkommen ist. Immer<br />

tiefer arbeitest du dich in das Labyrinth vor. Immer<br />

unwirklicher werden die vielfarbigen Pilze und Schimmelgeflechte,<br />

auf die du stößt. Nach Stunden des Herumwanderns,<br />

kurz bevor deine immer trüber leuchtende Taschenlampe<br />

endgültig den Geist aufgibt, kommst du aus<br />

den halb versunkenen Stollen wieder in einen Bereich,<br />

der befestigt wirkt. Wenige Ecken weiter werden aus den<br />

Gängen verbundene Katakomben, in denen sich wahllos<br />

Gebeine stapeln, von denen viele die Spuren von na-<br />

18 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

genden Fangzähnen tragen! Mache einen Stabilitätswurf;<br />

misslingt er, verlierst du einen Punkt.<br />

Mit jedem Schritt wächst deine Anspannung — du hast<br />

das Gefühl, kurz vor dem Ziel zu stehen.<br />

Lies weiter in Abschnitt 13.<br />

56<br />

Nach hartem, fast aussichtslosem Kampf weicht endlich<br />

das bösartige Funkeln aus den Augen der Kreatur und<br />

mit einem letzten rasselnden Keuchen bricht der <strong>Leiche</strong>nfresser<br />

zusammen. Am Ende deiner Kräfte sinkst<br />

du neben dem stinkenden Kadaver nieder und ringst um<br />

Atem, bis das Klirren in deinen Ohren verklingt und die<br />

Sternchen vor deinen Augen verblassen.<br />

Du zwingst deinen geschundenen Leib, sich wieder zu<br />

erheben, und stolperst mit müden Schritten weiter in den<br />

Tunnel auf der anderen Seite der Gruft.<br />

Gehe zu Abschnitt 13.<br />

57<br />

Nach längerem Zögern und Überlegen kommst du zu dem<br />

Schluss, dass dich der unheimliche Tunnel sehr wahrscheinlich<br />

näher an das Rätsel um deinen verschwundenen<br />

Onkel bringen wird. Du fasst all deinen Mut zusammen<br />

und betrittst die ersten Meter in gebückter Haltung,<br />

da der Tunnel sehr niedrig ist — seine Erbauer müssen<br />

sich fast auf allen Vieren fortbewegt haben. Deine Schuhe<br />

sinken fast bis zu den Knöcheln im schlammigen<br />

Erdreich ein, die Luft ist abgestanden und stickig und<br />

dein Rücken ist schnell von einsickerndem Grundwasser<br />

durchnässt, das beständig auf dich herabtropft und dir in<br />

die Augen läuft. Bereits nach wenigen Schritten verliert<br />

sich das schwache Licht der Kellerlampe, und die Dunkelheit<br />

wird so undurchdringlich, dass du die Hand vor<br />

Augen nicht mehr sehen kannst. <strong>Ein</strong>e tragbare Lichtquelle<br />

wäre jetzt ein wahrer Segen!<br />

Eilige Flucht aus Arkham!<br />

Hast du eine Taschenlampe bei dir, so gehe zu Abschnitt<br />

16.<br />

Andernfalls geht es weiter in Abschnitt 36.<br />

58<br />

Du fasst dir ein Herz und öffnest mit einem Ruck die Tür<br />

des Eisschranks. Dein Blick fällt auf eine undefi nierbare,<br />

längliche Masse, die fast vollständig von Maden bedeckt<br />

ist. An einem Ende des Objekts sticht dir ein goldenes<br />

Schimmern ins Auge, das sich deutlich von den Grün-<br />

und Gelbtönen des restlichen Fleischklumpens abhebt.<br />

Erst nach einiger Zeit wird dir bewusst, was da vor dir<br />

liegt — ein verwesender menschlicher Arm, der deutliche<br />

Bissspuren zeigt und an einem der verkrümmten Finger<br />

noch einen Ehering trägt! Dein Körper reagiert schneller<br />

als dein Geist und mit einem mächtigen Würgen entledigst<br />

du dich des letzten Restes von Velmas Kochkunst,<br />

und auch so mancher von dir heute konsumierter Kaffee<br />

benetzt nun den Küchenboden. Du schlägst hastig die<br />

Türe des Eisschranks wieder zu und stolperst auf weichen<br />

Knien zurück in die Diele.<br />

Mache einen Stabilitätswurf. Gelingt dieser, so kostet<br />

der widerwärtige Anblick keinen Punkt, bei einem misslungenen<br />

Wurf 1W3 Punkte.<br />

Nachdem du mehrfach kräftig durchgeatmet hast, geht<br />

es in Abschnitt 2 weiter.<br />

59<br />

<strong>Leiche</strong>nfresser, dunkle Kulte und fi nstere Riten — nein,<br />

das ist dir defi nitiv alles eine Nummer zu groß! Du entschuldigst<br />

dich höfl ich bei Dr. Armitage und verlässt auf<br />

schnellstem Weg die Bibliothek. Bald fi ndest du dich am<br />

Bahnhof wieder und wartest ungeduldig auf den Nachtzug<br />

nach Boston. Als er endlich eintrifft, bist du bis auf<br />

die Knochen durchgefroren, aber glücklich, diesem kranken<br />

Ort endlich den Rücken zu kehren.<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 19


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Mit Fauchen und Dampfen verlässt der altersschwache<br />

Zug die Stadt. An der regenverschmierten Scheibe ziehen<br />

die grauen Häuser Arkhams mit ihren durchsackenden<br />

Giebeln und verhangenen Fenstern vorbei, die mehr<br />

unaussprechliche Geheimnisse bergen, als du jemals<br />

erfahren wollen würdest. Mit einem letzten Schaudern<br />

starrst du in die trägen Fluten des grüngrauen Miskatonic<br />

— die Farbe des undurchsichtigen Wassers erinnert dich<br />

an altes, faulig-schwärendes Fleisch, und nur mit größter<br />

Mühe gelingt es dir, die vor deinem inneren Auge auftauchenden<br />

Bilder deines geliebten Onkels in den Händen<br />

schattenhafter <strong>Leiche</strong>nfresser aus deinem Bewusstsein zu<br />

drängen. Als du kurz darauf aus einem unruhigen Schlaf<br />

hochschreckst, wird dir klar, dass du zwar dein Leben gerettet<br />

hast, aber dafür für lange Zeit mit Alpträumen und<br />

der bohrenden Ungewissheit über das Schicksal deines<br />

Onkels wirst leben müssen ...<br />

ENDE<br />

60<br />

Mit zitternden Fingern reißt du das silberne Henkelkreuz<br />

unter deinem Hemd hervor und streckst es dem<br />

stinkenden Wesen entgegen. Der Sprechgesang, der seine<br />

Kraft aktiviert, kommt in einem hektisch gepressten<br />

Schwall über deine Lippen, und die Wirkung zeigt sich<br />

schnell. Die Kreatur wird von dir weggeschleudert, als<br />

wäre sie von einer riesigen Faust in den Leib geschlagen<br />

worden. Mit einem dumpfen Krachen schlägt sie in die<br />

rückwärtige Wand der Gruft und fällt hart zu Boden. Du<br />

merkst, wie deine Kraft anfängt zu versiegen und durch<br />

das Kreuz in die Umgebung abfl ießt. Dein Blick zieht sich<br />

langsam zu einem dunklen Tunnel zusammen und völlig<br />

entkräftet sinkst du auf die Knie. Mit der Ohnmacht<br />

kämpfend, nimmst du nur noch am Rande wahr, wie sich<br />

das Monster leise winselnd an dem leeren <strong>Sarg</strong> hochzieht<br />

und ängstlich fi epend aus der Gruft kriecht, dann<br />

schwinden dir die Sinne.<br />

Du weißt nicht, wie lange du bewusstlos in der kalten<br />

Gruft gelegen hast, und deine Sinne kehren nur langsam<br />

wieder zurück. Du dankst leise Dr. Armitage für sein<br />

wertvolles Geschenk, das dir das Leben gerettet hat, und<br />

gönnst dir noch ein paar Minuten der Ruhe, bis dir plötzlich<br />

siedend heiß ein Gedanke durch den Kopf schießt.<br />

Die Kreatur hat sich davongeschleppt und wird sicher<br />

versuchen, andere ihrer Art zu Hilfe zu holen. Du kannst<br />

hier nicht bleiben!<br />

Deine Glieder schreien in lautem Protest, als du dich<br />

mühsam wieder erhebst und kraftlos aus dem Mausoleum<br />

schleppst. Du folgst den Spuren des Wesens in der<br />

Hoffnung, es noch zu erreichen, bevor es Alarm schlagen<br />

kann, und wankst den gemauerten Tunnel mit grimmiger<br />

Entschlossenheit entlang, einem ungewissen Schicksal<br />

entgegen.<br />

Gehe zu Abschnitt 13.<br />

61<br />

„Sie verheimlichen mir doch etwas, Mr. Eleazar! Was<br />

war mit meinem Onkel los, das Sie so nervös gemacht<br />

hat?“ Du setzt dein entschlossenstes Gesicht auf und<br />

starrst dem blass gewordenen, dürren Kerl fest ins Auge.<br />

Er schluckt nervös, versucht beruhigend zu lächeln und<br />

entgegnet mit einem leichten Zittern in der Stimme: „Wie<br />

ich bereits sagte, war alles soweit normal und wir ...“ Du<br />

wendest dich mitten im Satz ab, setzt deinen Hut auf und<br />

lässt die Bemerkung fallen: „Vielleicht möchten Sie lieber<br />

mit der Polizei sprechen, Mr. Eleazar? Ich vermute allerdings,<br />

dass das nicht allzu gut für Ihre Geschäfte wäre ...<br />

die Leute könnten ja fast annehmen, dass Sie etwas mit<br />

den verschwundenen <strong>Leiche</strong>n zu tun haben, von denen<br />

man in der Zeitung liest. <strong>Ein</strong>en schönen Tag noch!“<br />

Jasper Eleazar war Augenzeuge seltsamer Begebenheiten.<br />

Du gehst einige Schritte auf die Tür zu und wie erwartet,<br />

tritt der Bestatter dir händeringend in den Weg.<br />

„Bitte, so warten Sie doch! Sie sollten wirklich keine voreiligen<br />

Schlüsse ziehen. Ich führe ein respektables Traditionsunternehmen.<br />

Ich habe defi nitiv nichts mit dem<br />

Verschwinden ihres Onkels zu tun! Es ist nur ...“<br />

Du hältst inne, blickst ihn auffordernd an und meinst:<br />

„Ja bitte? Was war los mit meinem Onkel? Nun sagen<br />

Sie’s schon.“ Er ringt kurz mit sich, seine dürren Schultern<br />

sacken merklich ab und mit zum Boden gesenktem<br />

Blick murmelt er leise: „Sie werden mich für verrückt<br />

halten, aber Sie wollen es ja unbedingt hören! Als ich<br />

Ihren Onkel wusch, fi el mir auf, dass er etwas ... merkwürdig<br />

... war. Seine Haut war aschgrau und fühlte sich<br />

irgendwie gummiartig an. Und dann war da noch sein<br />

Gesicht ... seine Züge wirkten fast ... hundeartig. Ich<br />

dachte mir zunächst: Jasper, du spinnst! Ich machte kurz<br />

Pause, um Luft zu schnappen, aber als ich zurückkam,<br />

sah er noch genauso aus, bis auf seine Gesichtszüge — es<br />

sah fast aus, als würde er grinsen! Er war aber ganz sicher<br />

tot, ich habe seinen Puls gefühlt und ihm einen Spiegel<br />

vor den Mund gehalten, der nicht beschlug. Ich habe ihn<br />

dann schnell gewaschen, ihm seinen Sonntagsanzug angezogen<br />

und den <strong>Sarg</strong> sofort zugenagelt. Ich habe sogar<br />

ein paar Nägel mehr als sonst in den Deckel geschlagen<br />

— mir war die ganze Sache einfach unheimlich! Wissen<br />

Sie, als Bestatter sieht man so einige Sachen, die einem<br />

keiner glauben würde, aber das war wirklich unheimlich.<br />

Sie müssen mir glauben, dass das alles ist!“ Er nimmt mit<br />

20 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

feuchtem, klammem Griff deine Hand und blickt dich<br />

fl ehend an. Du bist dir nicht sicher, ob der gute Mann<br />

noch ganz bei Verstand ist, er scheint aber wirklich an<br />

das zu glauben, was er dir gerade erzählt hat. Du löst mit<br />

sanfter Gewalt seine Hände von den deinen, versicherst<br />

ihm, dass du ihm glaubst, und verlässt schnell das düstere<br />

Bestattungsinstitut. Auf der Straße atmest du erst einmal<br />

tief durch und beschließt, dass du bei einer Tasse Kaffee<br />

bei Velma überlegen solltest, wie es weitergeht. Unter<br />

Abschnitt 10.<br />

62<br />

Du rennst und rennst, bis deine Lungen in Flammen stehen<br />

und deine Beine schwerer sind als Blei — und immer<br />

noch rennst du weiter. Das schrille Fiepen und kehlige<br />

Bellen der Monsterrotte, die mehrmals nahe genug<br />

kommt, um nach deinen Beinen zu schnappen, droht<br />

deinen Verstand endgültig zerbrechen zu lassen. Irgendwann,<br />

als der Drang aufzugeben und sich hinzulegen fast<br />

übermächtig geworden ist, erblickst du voraus das gelbliche<br />

Glühen der Kellerlampe unter Harveys Haus. Du<br />

weißt nicht, woher du die Kraft für einen letzten verzweifelten<br />

Spurt noch nimmst, aber tief in deinem Inneren<br />

fi ndest du noch ein letztes Quäntchen Entschlossenheit,<br />

hetzt die Kellertreppe hinauf und hinaus in den<br />

Vorgarten. Im strömenden Regen<br />

brichst du zusammen und blickst mit<br />

schwindenden Sinnen in den grauen<br />

Himmel, der erste Anzeichen des<br />

hereinbrechenden Tages zeigt. Aus<br />

dem Haus vernimmst du die frustrierten<br />

Mieplaute der Kreaturen, die<br />

sich offensichtlich nicht ins fahle Tageslicht<br />

hinaustrauen.<br />

Du hast die Wahrheit herausgefunden,<br />

aber dafür einen hohen<br />

Preis bezahlt. Auch wenn ein Aufenthalt<br />

im Sanatorium deine geistige<br />

Verfassung wiederherstellen kann,<br />

so bleibt dir doch die bohrende Gewissheit,<br />

dass es unter Arkham und<br />

mit Sicherheit noch vielen weiteren<br />

Städten Kreaturen gibt, die sich von<br />

den Toten ernähren, und dass eine<br />

davon alles über dich weiß. Du wirst<br />

wohl nie wieder richtig ruhig schlafen<br />

können ...<br />

ENDE<br />

63<br />

Refl exartig lässt du die Axt fallen und schleuderst mit einer<br />

schnellen Bewegung die Schwarze Witwe weit von<br />

dir. Mit hämmerndem Herzen untersuchst du hektisch<br />

deine Hand und stellst erleichtert fest, dass du die Spinne<br />

losgeworden bist, bevor sie beißen und ihr todbringendes<br />

Gift in deinen Körper pumpen konnte. Du greifst<br />

die Axt, verlässt auf schnellstem Weg den Schuppen und<br />

untersuchst gründlich die ganze Kleidung, um mögliche<br />

weitere Krabbeltiere aufzuspüren. Sobald du sicher bist,<br />

dass du keine weiteren blinden Passagiere aufgenommen<br />

hast, wendest du dich wieder dem Haus zu. Notiere die<br />

Axt als Nahkampfwaffe auf dem Charakterblatt. Solltest<br />

Du sie in einem Kampf verwenden wollen, so hast du<br />

mit ihr eine Grundtrefferchance von 25% und richtest<br />

1W8+2+Sb Schaden mit ihr an.<br />

Schlage nun bitte Abschnitt 45 auf und entscheide<br />

dich, wie es weitergehen soll.<br />

64<br />

Mit hämmerndem Herzen starrst du auf die zwei winzigen,<br />

roten Punkte auf deinem Handrücken. Als sich auch nach<br />

einigen Minuten keine Symptome einstellen, atmest du<br />

tief durch, schnappst dir die Axt und wendest dich wieder<br />

dem Haus zu. Notiere die Axt als Nahkampfwaffe auf dem<br />

Charakterblatt. Solltest du sie in einem Kampf verwenden<br />

wollen, so hast du mit ihr eine Grundtrefferchance von<br />

25% und richtest 1W8+Sb Schaden mit ihr an.<br />

Schlage nun bitte Abschnitt 45 auf und entscheide<br />

dich, wie es weitergehen soll.<br />

65<br />

Du ziehst die kleine Kette an der Deckenlampe und fi ndest<br />

dich vor einer schmutzigen Holzstiege, die in den<br />

düsteren Keller hinunterführt. Mit einem vagen Gefühl<br />

der Bedrohung in der Magengrube steigst du vorsichtig<br />

die wackelige Treppe hinunter, die unter jedem deiner<br />

Schritte erzittert und ominöse knarrende Laute von sich<br />

gibt, so als würde sie jeden Moment unter dir zusam-<br />

Welche Geheimnisse birgt dieser Keller?<br />

menbrechen und du in unkontrolliertem Fall in die halbdunkle<br />

Tiefe stürzen.<br />

<strong>Ein</strong> Gefühl der Erleichterung macht sich bei dir breit,<br />

als du wohlbehalten unten ankommst.<br />

Dieses wandelt sich aber schnell zu ungläubiger Überraschung.<br />

Zwischen Regalen voll <strong>Ein</strong>machgläsern und Stapeln<br />

von Feuerholz öffnet sich gähnend der fi nstere Schlund eines<br />

nach erdigem Verfall stinkenden Tunnels, der sich nach<br />

wenigen Metern in der Dunkelheit verliert. Sobald du deine<br />

erste Verwunderung überwunden und dich noch einmal<br />

kräftig gekniffen hast, um sicherzustellen, dass du das Ganze<br />

nicht nur träumst, näherst du dich vorsichtig der unregelmäßigen<br />

Öffnung und nimmst sie in Augenschein.<br />

Mache einen Ideenwurf.<br />

Gelingt der Wurf, so gehe zu Abschnitt 48.<br />

Hast du keine Idee, so lies weiter in Abschnitt 42.<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 21


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

66<br />

Während seines Monologs ist dir aufgefallen, dass der Beerdigungsunternehmer,<br />

besonders bei der Beschreibung<br />

der Bestattungsvorbereitungen, sehr nervös wirkte und<br />

scheinbar bemüht war, dir etwas zu verheimlichen. Du<br />

kannst noch einmal nachhaken und mit einem Fertigkeitswurf<br />

auf Überzeugen versuchen, dem halbseidenen<br />

Bestatter die Wahrheit aus der Nase zu ziehen.<br />

Gelingt der Wurf, gehe zu Abschnitt 61.<br />

Andernfalls kannst du dich bei Velma erst einmal etwas<br />

stärken, in Abschnitt 10.<br />

67<br />

Du merkst, dass du hier nicht weiterkommst. Vielleicht<br />

fällt dir bei einer Tasse Kaffe etwas Besseres ein. Gehe zu<br />

Abschnitt 10.<br />

68<br />

Mit ohrenbetäubendem Knallen löst sich ein Schuss —<br />

und schlägt in die Wand über deinem Kopf ein. Holzsplitter<br />

und Putzbröckchen regnen auf dich nieder, der<br />

beißende Geruch von Pulver macht sich breit und dei-<br />

ne Welt zieht sich auf einen kleinen schmalen Bereich<br />

zusammen, als deine Wut in panische Angst umschlägt.<br />

Auf allen Vieren suchst du Schutz hinter dem Bett, bis du<br />

einige Momente später realisierst, dass der Fremde gefl<br />

ohen ist und du außer Gefahr bist. Vorsichtig reckst du<br />

den Kopf über das Bett und versicherst dich mit einigen<br />

Blicken, dass der Angreifer wirklich verschwunden ist.<br />

Dein Blick fällt auf das pockennarbige <strong>Ein</strong>schussloch in<br />

der Wand, und begleitet von einer Welle der ungläubigen<br />

Erleichterung wird dir klar, dass die Kugel deinen Kopf<br />

nur um wenige Zentimeter verfehlt hat.<br />

Du dankst im Stillen deinem Schutzengel und siehst<br />

dich vorsichtig im Schlafzimmer um. Lies bitte weiter in<br />

Abschnitt 47.<br />

69<br />

Das Letzte, was du wahrnimmst, ist der grelle Lichtblitz<br />

des Mündungsfeuers. Du spürst nicht mehr, wie dein<br />

Kopf von der Kugel nach hinten gerissen wird, die genau<br />

zwischen deinen Augen in deinen Schädel dringt. Lautlos<br />

sackst du zusammen. Dies ist dein<br />

ENDE.<br />

22 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong><br />

<strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Teil 2: Das Gruppenabenteuer<br />

von Bernhard Bihler<br />

Vorbemerkung<br />

Dieser Teil enthält alle wesentlichen Informationen für<br />

ein Gruppenabenteuer, in dem Sie die Ereignisse des Soloabenteuers<br />

zu einem erfolgreichen Abschluss bringen<br />

können. Sollten Sie das Soloabenteuer noch nicht durchgespielt<br />

haben, so gehen Sie bitte an den Anfang zurück<br />

und spielen es jetzt. Andernfalls nehmen Sie sich nur<br />

den Spielspaß, die wahren Hintergründe des Abenteuers<br />

selbst zu ergründen. Wenn Sie „<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>“<br />

nicht als Spielleiter leiten, sondern als <strong>Spiele</strong>r erleben<br />

wollen, dann hören Sie bitte hier auf zu lesen.<br />

Als <strong>Ein</strong>stieg der <strong>Spiele</strong>r in das Abenteuer bieten sich<br />

drei einfache Ansätze:<br />

b Sie geben einem Ihrer <strong>Spiele</strong>r das Soloabenteuer vorab<br />

und lassen ihn die Handlung als Harold Simms erleben.<br />

Wählen Sie als Anfangspunkt für das Gruppenabenteuer<br />

einen Endabschnitt, bei dem Harold Arkham<br />

lebend verlässt und lassen Sie Ihren <strong>Spiele</strong>r auch für<br />

das Gruppenabenteuer Harold weiterspielen. In diesem<br />

Fall ist es an Harold, ein paar wackere Mitstreiter<br />

aufzutreiben, die mit ihm nach Arkham zurückkehren,<br />

um Onkel Harvey das Handwerk zu legen.<br />

b Möchten Sie Ihre <strong>Spiele</strong>r weitgehend unvorbereitet in<br />

das Abenteuer starten lassen, so gehen Sie davon aus,<br />

dass Harold auf seinen Onkel gestoßen ist, dabei den<br />

Verstand verloren hat und mit Glück die Flucht ergreifen<br />

konnte (entsprechend Endabschnitt 62). Nachdem<br />

er in ein Sanatorium in Boston eingewiesen wurde,<br />

kontaktiert er ein paar alte Freunde (die <strong>Spiele</strong>rcharaktere),<br />

erzählt ihnen seine Geschichte und bittet sie<br />

um ihre Hilfe. Sie sollten die <strong>Ein</strong>führungsszene in der<br />

Anstalt entsprechend unangenehm gestalten und sich<br />

vorher entscheiden, wie klar Harolds Verstand ist und<br />

wie viel er bereits bei seinem Besuch in Arkham in Erfahrung<br />

bringen konnte. Als <strong>Spiele</strong>rcharaktere bieten<br />

sich ehemalige Kommilitonen an und möglicherweise<br />

der Nervenarzt, der Harold behandelt und mehr über<br />

die haarsträubende Geschichte seines Patienten in Erfahrung<br />

bringen will. Sie sollten sich auch überlegen,<br />

ob Harold den Charakteren Prinns Crux Ansata übergibt<br />

und ob er in der Lage ist, ihnen den Sprechgesang<br />

zur Aktivierung des Artefakts beizubringen (Details zu<br />

diesem Artefakt fi nden sich im Spielleiter-Handbuch).<br />

b Die dritte Möglichkeit geht davon aus, dass Harold bei<br />

seiner waghalsigen Suche leider ums Leben gekommen<br />

ist, zuvor aber das Tagebuch seines Onkels gefunden<br />

und Dr. Armitage übergeben hat. Nachdem Dr.<br />

Armitage mehrere Tage nichts mehr von Harold gehört<br />

hat, geht er von dem Schlimmsten aus und sucht<br />

ein paar vertrauenswürdige Leute, die sich des Problems<br />

annehmen. Er selbst wird sie nicht begleiten, da<br />

er sich von den Ereignissen in Dunwich vor ein paar<br />

Wochen noch nicht recht erholt hat, und sein Vorrat<br />

an magischen Artefakten ist leider auch aufgebraucht.<br />

Er kann aber den Charakteren mit gutem Rat zur Seite<br />

stehen und ihnen wertvolle Informationen über<br />

Ghoule zukommen lassen. Für diese Variante wären<br />

als <strong>Spiele</strong>rcharaktere am ehesten Studenten und Dozenten<br />

der Miskatonic-Universität geeignet, denen Dr.<br />

Armitage vertraut.<br />

Hintergrundinformationen<br />

Um dem Spielleiter die nötigen Hintergründe in konzentrierter<br />

Form an die Hand zu geben und noch vorhandene<br />

Lücken zu schließen, rollen wir noch einmal<br />

kurz die Vorgeschichte auf. Dr. Harvey Simms war ein<br />

angesehener Orientalist und Spezialist für die Kulturen<br />

des Mittleren Orients und Vorderasiens. Nach einer<br />

langen und angesehenen Karriere in Harvard und Cambridge,<br />

die neben Forschung und Lehre auch zahlreiche<br />

Expeditionen umfasste, stieß er in den letzten Jahren<br />

vermehrt auf düstere Mythen und Legenden von seltsamen<br />

Totenkulten und unaussprechlichen Riten, die ihn<br />

immer mehr faszinierten, zumal diese offensichtlich von<br />

der Fachgemeinschaft der renommierten Wissenschaftler<br />

entweder totgeschwiegen oder ins Lächerliche gezogen<br />

wurden. Er veröffentlichte in kleinen Fachzeitschriften<br />

mehrere Artikel zu seinen neuen Forschungen und setzte<br />

sich so dem Spott seiner Kollegen aus. Verbittert ob der<br />

negativen Reaktionen zog er sich in die kleine Universitätsstadt<br />

Arkham zurück und widmete sich im Geheimen<br />

seinen Studien. Wider Erwarten stellte sich die örtliche<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 23


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Orne-Bibliothek als wahrer Hort des verborgenen Wissens<br />

heraus, und schon nach wenigen Monaten hatte<br />

er im blasphemischen „Cultes des Goules“ einen Zauber<br />

gefunden, der es ihm ermöglichte, mit den örtlichen<br />

Ghoulen in Kontakt zu treten. Die erste Begegnung mit<br />

den <strong>Leiche</strong>nfressern war wie eine Offenbarung für ihn,<br />

bestätigte sie doch alles, was er bislang vermutet hatte<br />

und weswegen er ins Mark gedemütigt worden war. Die<br />

Ghoule ihrerseits wussten zunächst nicht genau, was sie<br />

mit dem wunderlichen alten Kauz anfangen sollten. Ihre<br />

bisherigen Beziehungen zu Menschen hatten sich auf<br />

die Essenszeiten und die Verehrung durch wenige völlig<br />

wahnsinnige Kultisten beschränkt. Auch schien er keiner<br />

der mächtigen Magier zu sein, mit denen sie in der Frühphase<br />

der Kolonialisierung von Massachusetts zu tun<br />

hatten. Nach längerem Palaver einigten sie sich darauf,<br />

ihn fürs Erste gewähren zu lassen. Harvey hingegen war<br />

hin und weg von der fremdartigen Kultur der Nekrophagen<br />

und verbrachte immer mehr Zeit mit ihnen. Mehr<br />

und mehr rutschte sein zerrütteter Verstand in die endgültige<br />

geistige Umnachtung und sein Interesse steigerte<br />

sich zur Obsession. Er erlernte die Sprache der Ghoule<br />

und nahm auch immer mehr von ihrem Verhalten an.<br />

Als er damit begann, auch selbst menschliche <strong>Leiche</strong>n zu<br />

verspeisen, stellten sich die ersten körperlichen Veränderungen<br />

schnell ein. Er war verzückt, als er erkannte,<br />

dass er sich in einen Ghoul verwandelte, machte sich<br />

aber schnell klar, dass er so nicht weiter unter Menschen<br />

leben konnte — und plante sein eigenes Ableben. Er änderte<br />

sein Testament und bestimmte, dass sein Leichnam<br />

nicht einbalsamiert werden sollte, da Formaldehyd giftig<br />

für Ghoule ist, und verfügte, dass er im geschlossenen<br />

<strong>Sarg</strong> aufgebahrt werden möge — damit niemand der<br />

Trauernden seine körperliche Veränderung bemerken<br />

würde. Seiner eigenen Beisetzung wohnte er aus den<br />

Schatten des Mausoleums heraus bei und musste zu seiner<br />

großen Bestürzung miterleben, wie seine Scharade in<br />

sich zusammenfi el, als der <strong>Sarg</strong> aufbrach und statt seines<br />

Leichnams nur Steine zum Vorschein kamen. <strong>Ein</strong> Blick in<br />

die Augen seines Neffen Harold machte ihm klar, dass er<br />

schnell handeln musste, um zu retten, was noch zu retten<br />

war. Er sammelte in seinem Haus alle Schriftstücke und<br />

Besitztümer ein, die er in sein neues Leben mitnehmen<br />

wollte, wobei ihm aber in seiner Eile das Tagebuch unbemerkt<br />

neben den Schreibtisch fi el, und kontaktierte ein<br />

menschliches Mitglied des Ghoulkultes, das im Haus Stellung<br />

bezog und den übereifrigen Neffen davon abbringen<br />

sollte, tiefer in das Geheimnis um das Verschwinden des<br />

Onkels einzudringen. Ab diesem Zeitpunkt nimmt die<br />

Handlung des Soloabenteuers ihren Verlauf.<br />

Die Ghoule Arkhams<br />

Ghoule sind schon seit Jahrhunderten in der Gegend<br />

Arkhams ansässig. Ursprünglich wurden sie von den Indianern<br />

des Stamms der Misquat verehrt, doch mit dem<br />

Beginn der Kolonialisierung verschlechterte sich ihr Status<br />

beständig. Dies gipfelte in einem Angriff der puritanischen<br />

Stadtbevölkerung im Jahre 1704, dem viele der<br />

<strong>Leiche</strong>nfresser zum Opfer fi elen. Seitdem bemühen sich<br />

die Ghoule, im Verborgenen zu bleiben und alle Spuren<br />

ihrer Anwesenheit zu verwischen. Der Großteil von ihnen<br />

haust in Grüften und Tunneln im Old Wooded Graveyard,<br />

einem alten Friedhof auf der Südseite des Miskatonic, der<br />

seit 1818 nicht mehr für Bestattungen genutzt wird und<br />

um den sich allerlei Gerüchte und Aberglauben ranken.<br />

Angeblich soll auf dem Galgenhügel in seiner Mitte der<br />

Geist von Goody Fowler umgehen, einer Hexe, die 1704<br />

dort hingerichtet wurde. Dieser üble Ruf sorgt dafür, dass<br />

sich nur selten Menschen auf den Friedhof verirren, und<br />

somit können die Ghoule dort weitgehend ungestört<br />

ihrem Treiben nachgehen. Ihre Hauptnahrungsquelle<br />

ist der Christchurch-Friedhof im Stadtteil French Hill<br />

im Südwesten von Arkham, der dem weit verzweigten<br />

Stollensystem angeschlossen ist, das die Ghoule über die<br />

Jahrhunderte hinweg angelegt haben, um ungesehen an<br />

fast jeden Ort in der Stadt gelangen zu können. In der<br />

letzten Zeit ist ihre Nahrungsversorgung allerdings massiv<br />

bedroht. Moderne Techniken der <strong>Ein</strong>balsamierung, vor<br />

allem die Verwendung von giftigem Formaldehyd, haben<br />

dafür gesorgt, dass ein großer Teil der frisch bestatteten<br />

<strong>Leiche</strong>n für die Ghoule ungenießbar wurde und einige<br />

von ihnen sind an der „vergifteten“ Nahrung bereits gestorben.<br />

In der Folge hat sich unter den Ghoulen großer<br />

Hunger breitgemacht, der sie zu immer verzweifelteren<br />

Maßnahmen treibt und langsam auch vor Mord nicht zurückschrecken<br />

lässt. Wurden früher Kanalarbeiter oder<br />

wagemutige Studenten, die die Tunnel erkunden wollten,<br />

nur mit Fieplauten vergrault, so wächst nun immer mehr<br />

das Risiko, dass derart Unglückliche von ausgehungerten<br />

Ghoulen angefallen, zerfetzt und verspeist werden.<br />

Nachforschungen<br />

Je nachdem, welchen <strong>Ein</strong>stieg der Spielleiter für das<br />

Abenteuer wählt, kann dieser Abschnitt unterschiedlich<br />

lang sein oder sogar ganz entfallen, falls Harold Simms<br />

einer der <strong>Spiele</strong>rcharaktere ist oder sie vorab gründlich<br />

informiert. Die wichtigsten Handlungsschauplätze sind<br />

im Soloabenteuer eingehend beschrieben, deshalb werden<br />

hier nur noch einmal kurz die Orte aufgeführt und<br />

die Abschnitte angegeben, die sich mit ihnen befassen:<br />

q Dr. Saltonstalls Büro — Abschnitt 30<br />

q Polizeiwache — Abschnitt 21<br />

q Eleazar’s Funeral Home, Bestattungsinstitut —<br />

Abschnitt 38<br />

q Dr. Shalads Büro — Abschnitt 34<br />

q Orne-Bibliothek der Miskatonic-University —<br />

Abschnitt 46<br />

q Haus des Onkels — Abschnitt 45<br />

Bitte bedenken Sie, dass sich durch Harold Simms’<br />

Nachforschungen im Soloabenteuer an mehreren Stellen<br />

Veränderungen ergeben haben können. Falls Sie einen<br />

Ihrer <strong>Spiele</strong>r das Soloabenteuer vorab spielen lassen,<br />

sollten Sie sich von ihm genau berichten lassen, was er<br />

bereits gefunden und mitgenommen hat. Die wichtigsten<br />

Fundstücke sind Prinns Crux Ansata aus Dr. Armitages Besitz<br />

(Abschnitt 17) und das Tagebuch des Onkels aus dem<br />

Arbeitszimmer in seinem Haus (Abschnitt 22).<br />

Machen sich die <strong>Spiele</strong>r die Mühe, noch einmal gründlich<br />

nachzuforschen, so sollte der Spielleiter dies bel<strong>ohne</strong>n,<br />

indem er ihnen den menschlichen Handlanger der<br />

Ghoule auf den Hals hetzt. Der schmierige, rattenartige<br />

Kerl im abgetragenen Trenchcoat wird ihnen in einer<br />

24 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

dunklen Ecke aufl auern und versuchen, ihnen ihre Untersuchungen<br />

mit vorgehaltener Waffe abzunehmen —<br />

und gegebenenfalls das Feuer auf sie eröffnen. Seine<br />

Spielwerte fi nden sich im Anhang.<br />

Die <strong>Spiele</strong>r sollten am Ende ihrer Nachforschungen<br />

über folgende Informationen verfügen:<br />

a Onkel Harvey hat in Folge seiner okkulten Studien<br />

die Verwandlung zum Ghoul durchgemacht, haust<br />

nun unter Arkham und stellt eine große Gefahr für<br />

die Stadt dar (Details siehe im Abschnitt Hintergrundinformationen).<br />

a Die Ghoule leben in einem weitverzweigten Tunnelsystem<br />

unter der Stadt, das Verbindungen zu den<br />

Friedhöfen aufweist. Im Keller unter Harveys Haus<br />

befi ndet sich ein Zugang zu den Tunneln. Der Zugang<br />

in der Gruft unter dem Christchurch-Friedhof könnte<br />

den <strong>Spiele</strong>rn ebenfalls bekannt sein, dies ist aber nicht<br />

zwingend erforderlich.<br />

a Die Behörden Arkhams, allen voran die Polizei, haben<br />

kein sonderliches Interesse daran, das Verschwinden<br />

von Onkel Harvey aufzuklären.<br />

a In letzter Zeit häufen sich die <strong>Leiche</strong>ndiebstähle, hin<br />

und wieder verschwinden auch Kanalarbeiter oder<br />

Studenten, die sich bei Mutproben in die Kanalisation<br />

begeben haben. Entsprechende Artikel fi nden sich in<br />

den Ausgaben der Lokalzeitungen der letzten Monate.<br />

a Dr. Henry Armitage, Leiter der Orne-Bibliothek der<br />

Miskatonic-Universität, kennt sich nicht nur in seinen<br />

Bibliothekskatalogen sehr gut aus, sondern verfügt<br />

auch über Kenntnisse des Übernatürlichen, die den<br />

Charakteren sehr nützlich sein könnten.<br />

a Velma’s Diner hat den besten Kaffee in Arkham.<br />

Die Ghoul-Halle unter Potter’s Field.<br />

In die Tunnel<br />

Egal, wie lange die Charaktere mit Nachforschungen<br />

verbringen, irgendwann müssen sie in die Tunnel der<br />

Ghoule unter Arkham vordringen, um Onkel Harvey<br />

den Garaus zu machen. Im Anhang fi ndet sich eine grobe<br />

Übersichtskarte der Tunnel, auf der nur die größten und<br />

am häufi gsten genutzten Tunnel verzeichnet sind. Neben<br />

diesen Haupttunneln gibt es unzählige Nebenstollen,<br />

die entweder in alte Keller führen, auf die Kanalisation<br />

der Stadt stoßen oder nach wenigen Metern verschüttet<br />

sind. Der Großteil dieser Stollen ist hand- oder besser<br />

krallengegraben, nicht abgestützt und dementsprechend<br />

zum Teil einsturzgefährdet. Je länger ein Tunnel nicht gewartet<br />

wird, desto größer wird die Anzahl der Haarrisse<br />

in den Wänden und Decken, durch die das Grundwasser<br />

einsickert, bis schließlich eine kritische Grenze erreicht<br />

wird und es zum Wassereinbruch kommt, der innerhalb<br />

weniger Augenblicke große Bereiche überfl utet. Als<br />

Schutzmaßnahme gegen die Überschwemmungsgefahr<br />

haben die Tunnel die Eigenart, nicht in einer waagerechten<br />

Ebene zu verlaufen, sondern ständig anzusteigen und<br />

wieder zu fallen, damit im Falle eines Wassereinbruchs<br />

nur die tiefer gelegenen Stollenabschnitte mit Wasser<br />

volllaufen und nicht weite Bereiche des Tunnelnetzes<br />

überfl utet werden.<br />

Der Streckenverlauf der Gänge wirkt sehr willkürlich<br />

und ist von ständigen Richtungswechseln, Kurven und<br />

Biegungen geprägt, was daran liegt, dass die Ghoule beim<br />

Anlegen ihrer Tunnel Felsen oder alte Fundamente einfach<br />

umgraben, anstatt sich die Mühe zu machen, durch<br />

Hindernisse hindurchzugraben. Aufgrund dieser Bequemlichkeit<br />

sind die meisten Tunnel auch sehr niedrig<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 25


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

und beengt, nur in den wenigsten Abschnitten kann ein<br />

Mensch aufrecht stehen — und nur an Kreuzungen, in<br />

natürlichen Hohlräumen oder Grüften können sich zwei<br />

Personen problemlos aneinander vorbeibewegen.<br />

Diese räumliche Enge stellt in den Gängen ein großes<br />

Problem für die Charaktere dar. Sperrige Gegenstände<br />

und Waffen wie Gewehre oder Fotostative behindern<br />

das Fortkommen enorm und können kaum effi zient<br />

eingesetzt werden, entsprechende Fertigkeitswürfe sind<br />

mindestens schwer oder völlig aussichtslos, beispielsweise<br />

ist es unmöglich, eine Holzfälleraxt in den Tunneln zu<br />

schwingen. Sollte es zum Kampf kommen, so kann sich<br />

immer nur der vorderste Charakter daran beteiligen, die<br />

hinter ihm befi ndlichen Charaktere können höchstens<br />

indirekt ins Geschehen eingreifen oder darauf warten,<br />

dass ihr Vordermann zusammenbricht oder sich fl ach auf<br />

den Tunnelboden presst, um den Weg freizugeben.<br />

Der <strong>Ein</strong>satz von Schuss- oder Explosivwaffen bringt noch<br />

weitere Probleme mit sich. In der Enge der Tunnel werden<br />

Pulverdampf und Gewehrknall schnell überwältigend und<br />

die Erschütterungen durch das Abfeuern großkalibriger<br />

Schusswaffen oder das Zünden von Dynamit können leicht<br />

zu katastrophalen Tunneleinstürzen führen.<br />

Neben der Enge und dem chaotischen Verlauf der Tunnel<br />

fi nden sich nur an ganz wenigen Stellen phosphoreszierende<br />

Pilze oder andere natürliche Lichtquellen,<br />

ansonsten ist es so dunkel, dass man <strong>ohne</strong> eigene Lichtquelle<br />

die Hand vor Augen nicht sieht. Die Luft ist stickig<br />

und abgestanden, ein übler Moder- und Schimmelgeruch<br />

steigt in die Nase, der stellenweise von starkem, süßlichen<br />

Verwesungsgeruch überlagert wird. Überall sickert<br />

Wasser durch die Decke, das schnell die Kleidung durchnässt<br />

und die Charaktere frieren lässt.<br />

Die Akustik in den Gängen ist ungewohnt — zumeist<br />

schluckt das Erdreich selbst lautere Geräusche, während<br />

an anderen Stellen seltsame Echos, Fiepen, Kratzen und<br />

Sabbern ans Ohr hallen. Die Orientierung ist unter diesen<br />

Umständen mehr als schwer und es ist so gut wie unmöglich,<br />

die Tunnel zu kartografi eren.<br />

Zu allem Überfl uss wimmeln die Tunnel natürlich auch<br />

noch vor Ghoulen, die hier zu Hause sind und jeden Winkel<br />

der Gänge wie ihre Westentasche kennen.<br />

Das <strong>Ein</strong>dringen der Investigatoren wird nicht lange unbemerkt<br />

bleiben, zumal die Ghoule nach Harolds Stippvisite<br />

mit weiterem Ärger rechnen und besonders aufmerksam<br />

durch ihr Reich schlurfen. Sobald die <strong>Ein</strong>dringlinge<br />

entdeckt worden sind, werden sich drei Ghoule an ihre<br />

Fersen heften und sie verfolgen. Die Ghoule sind noch<br />

nicht so hungrig und verzweifelt, dass sie direkt angreifen,<br />

sie werden zunächst versuchen, die Charaktere zu<br />

verängstigen und zu verjagen. Als Erstes wird ein Ghoul<br />

über parallel verlaufende Stollen die Gruppe überholen<br />

und sich in einem Stichgang verstecken. Sobald der erste<br />

Charakter an dem Gang vorbeikommt, nimmt der Ghoul<br />

Maß und wirft ihm einen halb abgenagten Schädel an den<br />

Kopf. Das eklige Wurfgeschoss richtet einen Punkt Schaden<br />

an, kratzt aber für 0/1W3 Punkte an der Stabilität des<br />

Angegriffenen. Daraufhin bemühen sich die Ghoule mit<br />

unheimlichen Geräuschen wie Fiepen, Sabbern, Schlürfen,<br />

Wimmern und Knochenklappern die Investigatoren<br />

in die Knie zu zwingen. Diese Kakophonie, zusammen<br />

mit der gelegentlichen, huschenden Bewegung im Augenwinkel,<br />

kostet noch einmal 0/1W3 STA. Reicht dies auch<br />

noch nicht aus, um die lästigen Menschen in die Flucht<br />

zu schlagen, legen die Ghoule einen Hinterhalt. Zwei von<br />

ihnen umgehen wiederum die Gruppe und verbergen<br />

sich an einer geeigneten Stelle, an der ein Stichgang auf<br />

den Tunnel stößt. <strong>Ein</strong> Ghoul versteckt sich im Seitengang,<br />

der zweite im Gang voraus und der letzte schleicht hinter<br />

der Gruppe her. Sobald die Gruppe den Seitengang passiert,<br />

greifen die Ghoule von vorne, hinten und von der<br />

Seite an. Sie werden nicht bis zum Tod kämpfen, sondern<br />

nach der ersten schwereren Verletzung ihren Angriff abbrechen<br />

und sich zurückziehen. Idealerweise werden sie<br />

noch versuchen, den schwächsten Charakter zu packen<br />

und zu verschleppen, um ihn auszuhorchen und dann<br />

zu verspeisen. Diese Guerillaangriffe werden sie so lange<br />

fortsetzen, bis die Charaktere sich zurückziehen, tot sind<br />

oder die drei Ghoule erledigt haben.<br />

Die Vorteile der Ghoule liegen in ihrer weit überlegenen<br />

Ortskenntnis, ihrer hohen Schadensresistenz und<br />

der Tatsache, dass sie sich in den Gängen leichter und<br />

schneller fortbewegen können als ihre Gegner. Sie sind<br />

aber an helles Licht nicht gewohnt. Der Lichtstrahl starker<br />

Taschenlampen, direkt in die Augen gerichtet, wird<br />

einen Ghoul erst einmal vertreiben, bis ihm klar wird,<br />

dass es ihm nicht schaden kann. Nutzen die Charaktere<br />

ihre Lichtquellen, um die Ghoule zu blenden, so erhalten<br />

diese einen Abzug von 20 Prozentpunkten auf ihre Werte,<br />

werden aber bevorzugt die Menschen angreifen, die<br />

die Lichtquellen tragen.<br />

Lassen die verbliebenen Charaktere von einer weiteren<br />

Erforschung der Tunnel ab, nachdem einer von ihnen gefressen<br />

wurde, so werden die Ghoule ihrerseits aktiv und<br />

stellen ihnen nach. Ihre Hotelzimmer werden durchsucht<br />

und wertvolle Waffen oder Artefakte gestohlen, die <strong>Ein</strong>brecher<br />

lassen einen Gruß in Form der angenagten Hand<br />

des Verstorbenen mit seinem Ehering daran zurück, ein<br />

menschlicher Diener der Ghoule belästigt sie an Orten,<br />

an denen sie sich sicher glauben, etc. Die Ghoule werden<br />

nicht locker lassen, bis die Charaktere tot sind oder ArkArkham verlassen haben.<br />

Die Schlüsselstellen der Ghoultunnel<br />

1 — Potter’s Field: Der Tunnel, der in dieses Gebiet führt,<br />

verzweigt sich schnell in ein unübersichtliches Gewirr<br />

von kleinen Stollen. Über den Tunneln liegt Potter’s Field,<br />

der Armenfriedhof von Arkham, auf dem Landstreicher,<br />

mittellose Alleinstehende und Fremde <strong>ohne</strong> großes Zeremoniell<br />

bestattet werden. Die kleinen Stollen enden<br />

meist nach wenigen Metern in einer aufwärtsführenden<br />

Sackgasse am aufgebrochenen Boden eines einfachen,<br />

leeren Kiefernsarges.<br />

Inmitten des Ganglabyrinths befi ndet sich eine Halle,<br />

in der ein kleines Rudel von Ghoulen haust, die sich den<br />

Armenfriedhof als Nahrungsquelle erschlossen haben.<br />

Bestattungen sind zwar etwas seltener in Potter’s Field als<br />

auf dem Christchurch-Friedhof, dafür sind die <strong>Leiche</strong>n in<br />

der Regel aber gut genießbar, da sie aus Kostengründen<br />

nicht einbalsamiert werden. Die Wände der Halle bestehen<br />

aus aufgestapelten Knochen und Schädeln, und in<br />

ihrer Mitte befi ndet sich ein grobes Nest aus alten <strong>Leiche</strong>ntüchern,<br />

schmutzigen Kleidungsstücken und leeren<br />

Schnapsfl aschen. Die fünf Ghoule, die sich hier regelmäßig<br />

aufhalten, sind besonders degeneriert und verschlagen.<br />

Sie kennen sich sehr gut in den Gassen Arkhams<br />

26 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

aus und wissen sehr genau, wie man sich unbemerkt dort<br />

herumtreiben kann und wo man nützlichen Kleinkram<br />

finden kann, den die wohlhabenderen Bürger einfach<br />

wegwerfen. Beim ersten Anzeichen von Gefahr machen<br />

die „Pennerghoule“ sich aus dem Staub und verstecken<br />

sich, mit Ausnahme eines Ghouls, der so betrunken ist,<br />

dass er nichts mitbekommt. Die geflohenen Ghoule sind<br />

neben ihrer Feigheit aber auch sehr revierverbunden und<br />

machen sich bald daran, den <strong>Ein</strong>dringlingen nachzustellen<br />

— schließlich wollen sie nicht, dass ihr bequemes<br />

Nest und ihre gute Nahrungsquelle verloren gehen.<br />

Die Charaktere werden schon bald an der Oberfläche<br />

von Gestalten in Schlapphüten und dreckigen Trenchcoats<br />

verfolgt, die nach einer üblen Mischung von Verwesung<br />

und Fusel stinken. Direkte Konfrontationen scheuen die<br />

Pennerghoule allerdings, vielmehr werden sie die Charaktere<br />

bespitzeln und ihnen indirekt schaden, indem sie<br />

die anderen Ghoule über ihre Aktivitäten auf dem Laufenden<br />

halten. Sollten die Ghoule beobachten, wie die<br />

Charaktere Dinge verstecken oder <strong>Leiche</strong>n verschwinden<br />

lassen, so nutzen sie die Gelegenheit, um die versteckten<br />

Sachen selbst zu stehlen oder kompromittierende Beweise<br />

wieder hervorzuholen und so zu platzieren, dass sie<br />

mit den Charakteren in Verbindung gebracht werden.<br />

2 — Onkel Harveys Haus: Das Haus des verschwundenen<br />

Onkels wird im Soloabenteuer ausführlich beschrieben.<br />

Hier noch einmal die relevanten Abschnitte zur<br />

schnellen Übersicht:<br />

c Gartenschuppen — Abschnitt 6<br />

c <strong>Ein</strong>gangshalle — Abschnitt 2<br />

c Küche — Abschnitt 40<br />

c Wohnzimmer — Abschnitt 14<br />

c Studierzimmer und Bibliothek — Abschnitt 24<br />

c Schlafzimmer im Obergeschoss — Abschnitt 4<br />

c Keller — Abschnitt 65<br />

Im Keller hat sich seit Harolds Besuch allerdings eine<br />

Veränderung ergeben. Die Ghoule haben den Gang, der<br />

zu ihrem Tunnellabyrinth führt, zum <strong>Ein</strong>sturz gebracht,<br />

um ihre Spuren zu verwischen. Die Charaktere können<br />

entweder den <strong>Ein</strong>gang im Christchurch-Friedhof benutzen,<br />

sofern sie ihn kennen, oder sich mit Spitzhacke und<br />

Spaten ans Werk machen. Mit dem richtigen Werkzeug<br />

braucht es etwa 100 Mannstunden, um den Zugang zu<br />

den Tunneln freizulegen. Die Arbeiten erzeugen allerdings<br />

genug Lärm und Bodenbewegungen, um die Aufmerksamkeit<br />

der Ghoule zu wecken. Sobald die Charaktere<br />

den Durchbruch schaffen, erwartet sie bereits ein<br />

kleines Begrüßungskomitee von einem halben Dutzend<br />

Ghoulen. Der Anblick der sabbernden Ghoulhorde kostet<br />

0/6 STA, sie lassen sich allerdings relativ leicht mit grellem<br />

Licht und Schusswaffen verscheuchen. Versuchen<br />

die Charaktere dennoch, diesen Weg zu nehmen, obwohl<br />

die Ghoule von Anfang an von ihrem <strong>Ein</strong>dringen wissen,<br />

so werden sie es extrem schwer haben und werden auf<br />

Schritt und Tritt von hungrigen <strong>Leiche</strong>nfressern verfolgt<br />

und angegriffen. Der Widerstand der Ghoule wird immer<br />

heftiger, je weiter sie in die Tunnel eindringen, und mit<br />

jedem zurückgelegten Meter wächst die Gefahr, dass sie<br />

nie wieder das Tageslicht erblicken. Die Charaktere sollten<br />

schnell erkennen, dass sie hier nicht weiterkommen<br />

und besser einen anderen Weg wählen sollten, der sie mit<br />

Heimlichkeit ans Ziel bringt.<br />

3 — Christchurch-Friedhof: Dieser Friedhof ist die letzte<br />

Ruhestätte für Arm und Reich. Das Areal ist von einer<br />

2,5 m hohen Steinmauer umgeben, die mit rostigen Eisenspitzen<br />

besetzt ist, und wird nachts von einem Friedhofswärter<br />

bewacht, der in einem kleinen Gebäude beim<br />

Haupteingang wohnt. Die Ghoultunnel erstrecken sich<br />

unter dem gesamten Gelände, konzentrieren sich aber<br />

unter den Mausoleen entlang der Mauer. Im Mausoleum<br />

der Familie Cotton findet sich ein Zugang zu den<br />

Tunneln. Auch wer ihn nicht gezielt sucht, kann ihn mit<br />

Verborgenes erkennen finden. Hinter einer Engelsstatue an<br />

der Rückwand des Mausoleums führt eine grob behauene<br />

Wendeltreppe nach unten und geht dann in einen<br />

der Tunnel über. Schmale Seitengänge zweigen in regelmäßigen<br />

Abständen vom Hauptstollen ab und führen zu<br />

den Grüften unter den anderen Familienmausoleen, die<br />

teilweise von einzelnen Ghoulen bewohnt werden. Unter<br />

dem Christchurch-Friedhof hausen allerdings relativ<br />

wenige Ghoule, da die häufigen Beisetzungen sie stören<br />

und die Gefahr, durch einen Friedhofsbesucher entdeckt<br />

zu werden, relativ hoch ist. Den älteren Ghoulen ist auch<br />

das moderne Ambiente des ökumenischen Friedhofs zuwider<br />

und somit ist der Christchurch-Friedhof ein idealer<br />

Ausgangspunkt für ein <strong>Ein</strong>dringen in die Ghoultunnel.<br />

Sollten die Charaktere noch nicht vom <strong>Ein</strong>gang im Cotton-Mausoleum<br />

wissen, so sollte der Spielleiter ihnen<br />

eine Möglichkeit geben, darauf zu stoßen. Am einfachsten<br />

wäre ein erster Hinweis über die Zeitungsartikel der<br />

letzten Zeit, die den Friedhof mit dem Verschwinden von<br />

<strong>Leiche</strong>n in Verbindung bringen, und auch Onkel Harvey<br />

sollte ja hier bestattet werden. <strong>Ein</strong> Gespräch mit Friedhofswärter<br />

Martin Pickering könnte den entscheidenden<br />

Hinweis geben. Der alte Kauz ist immer durstig, und ein<br />

paar Schluck Whiskey in Verbindung mit vorsichtigen<br />

Fragen (Überzeugen) bringen den Tipp, dass es nachts immer<br />

wieder komische Geräusche aus Richtung der Cotton-Gruft<br />

gibt. Sein Alkoholismus macht es auch leicht,<br />

nachts unbemerkt auf das Friedhofsgelände zu gelangen.<br />

Geben die Charaktere ihm am späten Nachmittag eine<br />

Flasche Schnaps, so wird er diese in kürzester Zeit leeren<br />

und die ganze Nacht im Vollrausch durchschlafen.<br />

4 — Old Wooded Graveyard: Unter dem alten Waldfriedhof<br />

liegt die Hauptbehausung der Ghoule Arkhams. An<br />

der Oberfläche bietet sich dem Besucher der leicht unheimliche,<br />

aber idyllische Anblick eines alten Friedhofs<br />

der Kolonialzeit, auf dem seit über 100 Jahren keine Bestattungen<br />

mehr stattgefunden haben. Zwischen verwitterten,<br />

efeuüberwucherten Grabsteinen und baufälligen<br />

Mausoleen erhebt sich ein kleiner Hügel, der von einer<br />

uralten Weide bestanden ist, die um einen unleserlichen,<br />

geborstenen Grabstein herum gewachsen ist — der Galgenhügel,<br />

auf dem 1704 die Hexe Goody Fowler von den<br />

guten Bürgern Arkhams hingerichtet wurde. Das Gelände<br />

wird von einem niedrigen, schmiedeeisernen Zaun<br />

umfasst und ist nachts unbeleuchtet.<br />

Unter der Erde bietet sich ein eindeutig weniger idyllischer<br />

Anblick. In den halbversunkenen Grüften tummelt<br />

sich die große Ghoulgemeinde Arkhams und geht ungestört<br />

ihrem unbeschreiblichen Treiben nach. Die meisten<br />

der Ghoule hier sind schon mehrere Hundert Jahre alt<br />

und trauern immer noch ihren goldenen Jahren in der<br />

Zeit vor der Kolonialisierung nach, als sie von den India-<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 27


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

nern des Misquat-Stammes wie Götter verehrt und regelmäßig<br />

mit Menschenopfern gefüttert wurden. Im Laufe<br />

der Jahre hat sich unter ihnen eine schwere Niedergeschlagenheit<br />

und lähmende Inaktivität breitgemacht, gefördert<br />

durch ihre Angst vor Entdeckung und erneuter<br />

Verfolgung. Seit kurzem weicht diese depressive Untätigkeit<br />

aber einer neuen, energetischen Hoffnung. In der<br />

größten Gruft, direkt unter der Galgenweide, wohnt seit<br />

kurzem der Grund für diesen Stimmungswandel — Onkel<br />

Harvey. Er erkannte sehr schnell, dass sich bei seiner<br />

neuen Familie etwas ändern muss, um die Stasis der entmutigten<br />

<strong>Leiche</strong>nfresser zu brechen und sie in eine neue,<br />

glorreiche Zukunft zu führen. Seine Ansprachen vor der<br />

versammelten Ghoulgemeinde finden regen Zulauf und<br />

er verspricht ihnen eine neue goldene Ära, in der sie keinen<br />

Hunger mehr leiden müssen und wieder ihren angestammten<br />

Platz in der Welt einnehmen können. Noch<br />

sind seine Versprechungen und Pläne eher vage, aber<br />

erste konkrete Schritte sind nur noch eine Frage der Zeit.<br />

Seine Planungen laufen derzeit in verschiedene Richtungen,<br />

mit den folgenden Hauptaspekten:<br />

d Mehrung des Wissens der Ghoule über die moderne<br />

Welt.<br />

d Stärkung des menschlichen Ghoulkultes. Harvey hat<br />

erkannt, dass er Agenten braucht, die unerkannt an<br />

der Oberfläche seine Pläne ausführen können. Insbesondere<br />

möchte er Sympathisanten in Schlüsselstellungen<br />

in der Stadtverwaltung und ihren Exekutivorganen<br />

platzieren, die so die Geheimhaltung der<br />

Ghoule gewährleisten können.<br />

d <strong>Ein</strong>flussnahme auf die örtlichen Bestattungsunternehmen,<br />

um zu erreichen, dass weniger <strong>Leiche</strong>n einbalsamiert<br />

werden und die Verwendung von giftigem<br />

Formaldehyd aufhört. Als ersten Schritt hat er Ghoule<br />

abgestellt, die die Bestatter beobachten und ihre Lebensgewohnheiten<br />

und Geschäftspraktiken ausspionieren,<br />

um Erpressungsmaterial zu sammeln. Die<br />

Tunnel werden derzeit um Stichtunnel in die einzelnen<br />

Bestattungsinstitute erweitert, die einen schnellen<br />

und ungesehenen Zugang jederzeit möglich machen.<br />

d Erweiterung des Mythoswissens der Ghoule. Harvey<br />

plant derzeit seinen größten Coup: einen <strong>Ein</strong>bruch in<br />

die Orne-Bibliothek der Miskatonic-Universität. Als<br />

Mensch hatte er dort seine ersten größeren <strong>Ein</strong>blicke in<br />

den Mythos und er hat eine Vorstellung davon, welche<br />

Schätze in den Magazinbeständen der Bücherei lagern.<br />

Kurz vor seiner Transformation wurde aber der Zugang<br />

zu den entsprechenden Werken verschärft und Harvey<br />

ist sich bewusst, dass der Bibliotheksleiter Dr. Armitage<br />

den Braten gerochen hat. Er will deshalb besonders<br />

vorsichtig vorgehen und keine Fehler machen, die<br />

eine Spur zu den Ghoulen legen könnten, und somit<br />

sind diese Pläne nur etwas für die fernere Zukunft —<br />

möglicherweise wird er warten, bis Dr. Armitage eines<br />

natürlichen Todes gestorben ist.<br />

d Verbesserung der Ernährungssituation der Ghoule.<br />

Harvey hat einige extreme Pläne in dieser Hinsicht.<br />

Diese reichen von <strong>Ein</strong>flussnahme auf die Medizinische<br />

Fakultät der Universität, um in den Forschungslaboratorien<br />

einen neuen, tödlichen Stamm von Grippeviren<br />

züchten zu lassen, der zahlreiche Menschen tötet, bis<br />

zu Plänen, die Fundamente von Wohnblocks derart<br />

von unten zu unterhöhlen, dass sie einstürzen und<br />

auf einen Schlag Dutzende Neuzugänge für die Speisekammern<br />

der Ghoule zur Verfügung stehen — Arkham<br />

stehen interessante Zeiten ins Haus, falls Harvey<br />

nicht aufgehalten wird!<br />

Harveys Gruft gleicht mittlerweile einer Mischung aus<br />

unsortierter Bibliothek, Beinhaus und Militärhauptquartier.<br />

Inmitten von Bücherstapeln und halb abgenagten<br />

Gliedmaßen steht auf einem steinernen Sarkophag seine<br />

alte Schreibmaschine, auf der er seine Pläne herunterhackt<br />

und nebenbei ein Manifest über die glorreiche<br />

Zukunft der <strong>Leiche</strong>nfresser schreibt. An den Wänden<br />

hängen Planungsskizzen und Stadtpläne mit bunten<br />

Fähnchen, ein halbfertiger Plan der Kanalisation und der<br />

Ghoultunnel zeugt von seinem Ordnungssinn und vermerkt<br />

Punkte, an denen l<strong>ohne</strong>nde Ziele für seine Hausabbruchspläne<br />

stehen. Harvey ist fast immer hier zu finden,<br />

wie er in seinem alten, geblümten Hausmantel vor<br />

seiner Schreibmaschine hockt und Pläne schmiedet. In<br />

den Ecken und Winkeln der Gruft drückt sich ein halbes<br />

Dutzend seiner loyalsten Ghoulbrüder herum, die stets<br />

ein wachsames Auge auf ihn haben. Seine Gruft ist einer<br />

der wenigen Räume in den Tunneln, die über elektrisches<br />

Licht verfügen. Liebend gerne hätte Harvey in seinem<br />

Domizil einen Radioempfänger, um auf dem Laufenden<br />

zu bleiben, bislang hat er aber noch keine Möglichkeit<br />

gefunden, in der Tiefe einen entsprechenden Empfang zu<br />

bekommen.<br />

Um die Zentralgruft herum befinden sich weitere alte<br />

Grüfte, in denen sich die abgenagten Gebeine vergangener<br />

Generationen Arkhams stapeln und weiteren Ghoulen<br />

als Wohnstatt dienen.<br />

5 — Hauptsammler unter dem Independence Square:<br />

Unter dem Stadtplatz von Arkham befindet sich eines der<br />

beeindruckendsten Bauelemente der Kanalisation, der<br />

große Hauptsammler auf der Nordseite des Miskatonic.<br />

Die riesige Halle ähnelt mit ihren mächtigen Stützsäulen<br />

und ihrer hallenden Akustik einer unterirdischen Kathedrale.<br />

Hier laufen die Hauptkanäle unter der Federal,<br />

Whateley und Armitage Street zusammen und lenken<br />

die Abwässer über den Hauptkanal unter der Peabody<br />

Avenue in den Miskatonic. Der Hauptsammler dient aber<br />

vor allem als Rückhaltebecken, das bei starkem Regenfall<br />

verhindert, dass die Kanalisation überläuft und Straßen<br />

und Keller überschwemmt. Die Ghoule haben ihre eigene<br />

Verwendung für die „Kathedrale“ gefunden. Sie dient<br />

ihnen als Tempel und Versammlungshalle, in der sie den<br />

Schwarzen Mann anbeten und in der Harvey seine großen<br />

„Volksreden“ schwingt. An den Stützsäulen in den<br />

hinteren Ecken des gewaltigen Raumes hängen die meiste<br />

Zeit mehrere <strong>Leiche</strong>n, die in der feuchten und kühlen<br />

Luft die richtige Reife erreichen und somit besonders<br />

lieblich schmecken. <strong>Ein</strong>e Entdeckung durch Kanalarbeiter<br />

ist relativ unwahrscheinlich, da diese nur selten zu<br />

Wartungsarbeiten hierher kommen und die Ghoule über<br />

einen Kanalarbeiter, der dem Ghoulkult angehört, normalerweise<br />

bereits im Voraus Bescheid wissen.<br />

Harveys Ansprachen finden einmal die Woche hier<br />

statt und ziehen einen Großteil der Ghoule an. <strong>Ein</strong>e dieser<br />

Versammlungen wäre die ideale Gelegenheit, um viele<br />

Ghoule auf einmal zu erledigen, beispielsweise indem<br />

man während der Ansprache die Stützpfeiler sprengt<br />

und somit den Hauptsammler zum <strong>Ein</strong>sturz bringt und<br />

28 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

die <strong>Leiche</strong>nfresser unter zig Tonnen Gestein begräbt. Die<br />

Charaktere könnten bei ihren Erkundungen der Tunnel<br />

auf die Versammlungen aufmerksam werden, wenn sie<br />

mehrere Gruppen Ghoule sehen, die in dieselbe Richtung<br />

laufen.<br />

Onkel Harvey und seine Leibwache.<br />

6 — Ritualhöhle der Misquat-Indianer: Der Tunnel öffnet<br />

sich hier in eine natürliche Höhle in der bewaldeten<br />

Uferböschung des Miskatonic. Der Zugang von außen<br />

ist schon lange nicht mehr möglich, seit der Pfad zum<br />

Höhleneingang bei einem Unwetter weggespült wurde<br />

und dichter Pfl anzenbewuchs die Höhlenöffnung vor<br />

neugierigen Blicken verbirgt. In dieser Höhle wurden die<br />

Ghoule vor der Kolonialisierung von den Misquat-Indianern<br />

angebetet und gefüttert, wovon noch zahlreiche<br />

verstörende Malereien an den Höhlenwänden zeugen.<br />

Die Ghoule kommen nur noch selten hierher, deshalb<br />

eignet sich die Höhle hervorragend als zeitweiliger Stützpunkt<br />

und Ruheplatz für die Investigatoren. Die Wandmalereien<br />

zeigen in einer Abfolge von Szenen die Riten,<br />

mit denen die Ghoule verehrt wurden, von der Kontaktaufnahme<br />

durch den Schamanen über die Vorbereitung<br />

des Opfers bis hin zu seiner rituellen Verspeisung durch<br />

die herbeigerufenen Ghoule. <strong>Ein</strong> eingehendes Studium<br />

der Malereien kostet 1/1W4 STA, erlaubt es aber dem<br />

in Anthropologie Kundigen, interessante Rückschlüsse zu<br />

ziehen. Diese sind:<br />

e Die Ghoule wurden vor der Kolonialisierung von den<br />

ortsansässigen Indianern verehrt und rituell gefüttert.<br />

e Die Schamanen hatten einen speziellen Zauber, mit<br />

dem sie die <strong>Leiche</strong>nfresser rufen und milde stimmen<br />

konnten, sofern für ein <strong>Leiche</strong>nmahl gesorgt war. Mit<br />

einem gelungenen Wurf auf INx3 kann der Anthropologe<br />

den Zauber Kontakt zu Ghoulen aus den Malereien<br />

ableiten und lernen.<br />

e Das <strong>Leiche</strong>nmahl hat einen festen Ablauf, die Ghoule<br />

speisen streng nach ihrer internen Hierarchie, Herz<br />

und Hirn stehen nur dem Anführer der Ghoule zu.<br />

e Das letzte Bild zeigt den Anführer der Ghoule nach<br />

dem Ende des <strong>Leiche</strong>nmahls. Die Kreatur hat die Körperhaltung<br />

und Symbolik des verspeisten Indianers<br />

angenommen und die versammelten Indianer feiern<br />

das Ereignis. Anthropologie liefert auch hier eine Erklärung:<br />

Die Szene lässt darauf schließen, dass der Ghoul<br />

die Seele des Opfers verspeist und somit für sein Weiterleben<br />

nach dem Tod gesorgt hat.<br />

7 — Eleazars Bestattungsunternehmen: Der Tunnel<br />

mündet hier im Keller des Bestattungsunternehmens<br />

von Jasper Eleazar, den wir schon aus Teil 1 (dem Soloabenteuer)<br />

kennen. Gestapelte Kisten und Särge verbergen<br />

die Öffnung des Ganges von der Kellerseite aus. Der<br />

Raum dahinter dient zum Waschen der <strong>Leiche</strong>n und ihrer<br />

<strong>Ein</strong>balsamierung. In Regalen, Schränken und auf Tischen<br />

fi nden sich zahlreiche Flaschen und Tiegel mit Flüssigkeiten,<br />

Salben und Pasten, und in der Mitte des Raums liegt<br />

auf einem Tisch mit Metallplatte die <strong>Leiche</strong> einer alten<br />

Dame, die gerade in Arbeit ist. In einem der Schränke fi nden<br />

sich 30 Flaschen Formalin, eine 35-prozentige wässrige<br />

Lösung von Formaldehyd, die bei der <strong>Ein</strong>balsamierung<br />

von <strong>Leiche</strong>n Verwendung fi ndet. Diese Chemikalie<br />

ist für Menschen nur milde haut- und augenreizend, für<br />

Ghoule jedoch ein potentiell tödliches Gift. Hautkontakt<br />

bewirkt bei den <strong>Leiche</strong>nfressern einen irritierenden, stark<br />

juckenden Ausschlag, der sie extrem gereizt und wütend<br />

macht, aber ansonsten kaum behindert. Wird das Formalin<br />

jedoch injiziert oder in ihrer Nahrung verborgen, so<br />

zeigen sich schnell Vergiftungssymptome, die von Augenreizungen<br />

über Lähmungen der Extremitäten bis hin zum<br />

Exitus führen. Die Potenz des Giftes richtet sich nach der<br />

injizierten Menge Formalin: Pro cm³ (Milliliter) beträgt<br />

sie POT 6. Unter den Gerätschaften im Keller fi nden sich<br />

auch 5 Spritzen mit einem Fassungsvermögen von je 5<br />

cm³. Diese lassen sich im Kampf gegen einen Ghoul verwenden.<br />

Um die aufgezogene Spritze in den Gegner zu<br />

rammen und ihren Inhalt zu injizieren, muss man erfolgreich<br />

Ringen. Gelingt das Manöver, so zeigt sich schnell<br />

die verheerende Wirkung, die das Formalin mit POT 30<br />

hervorruft — der Tod stellt sich nach etwa 6 Sekunden<br />

ein. Mit Glück hat die Spritze diese missbräuchliche Verwendung<br />

unbeschadet überstanden und kann wiederverwendet<br />

werden.<br />

Jasper Eleazar weiß nichts von der Existenz der Ghoule<br />

und ihrem Tunnel, der in seinen Keller mündet. Seit er<br />

Onkel Harvey auf seinem Tisch hatte, vermutet er allerdings,<br />

dass es mehr Ding’ im Himmel und auf Erden gibt,<br />

als ihn die Highschool gelehrt hat. Der Bestatter hat es<br />

in der Vergangenheit mit seinem Berufsethos oft nicht<br />

so genau genommen und für die entsprechende Summe<br />

auch mal eine <strong>Leiche</strong> verschwinden lassen oder einen<br />

Medizinstudenten mit Forschungsmaterial versorgt. Nun<br />

fragt er sich aber, ob diese <strong>Leiche</strong>n wirklich nur für anatomische<br />

Studien verwendet wurden ...<br />

Sein Gehilfe Stephen Whitmarsh ist allerdings nicht so<br />

unwissend wie sein Arbeitgeber. Der hässliche Mittzwanziger<br />

macht die ganzen Drecksarbeiten, für die sich sein<br />

Chef zu fein ist, und ist vor ein paar Monaten beim Aufräumen<br />

auf den Tunnel im Keller gestoßen. Seine Neugier<br />

hat ihn in Kontakt mit den Ghoulen gebracht, zu seiner<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 29


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Erleichterung haben sie aber sein Leben verschont und<br />

ihn stattdessen in den Ghoulkult initiiert. In der letzten<br />

Zeit hat Stephen im Kult Karriere gemacht. Seine Arbeit<br />

im Bestattungsunternehmen macht ihn für Harvey sehr<br />

interessant und zu einer Schlüsselfi gur für seine Pläne,<br />

auf die Bestatter Arkhams <strong>Ein</strong>fl uss zu nehmen und die<br />

Verwendung von Formalin zu unterbinden.<br />

Sollten die Charaktere auf Stephen aufmerksam werden,<br />

so stellt er eine wertvolle Informationsquelle für sie<br />

dar. Er kennt in groben Zügen die Pläne Harveys und weiß,<br />

dass Formalin für Ghoule extrem giftig ist. Man muss allerdings<br />

schon sehr hart mit ihm umspringen, um diese<br />

Informationen aus ihm herauszuholen. Stephen war der<br />

Kultist, der Harold im Haus seines Onkels aufgelauert hat.<br />

Ist Harold bei der Gruppe und hatte er im Soloabenteuer<br />

Kontakt mit dem Kultisten im Schlafzimmer, so wird er<br />

Stephen sofort wiedererkennen, sobald er ihn sieht.<br />

8 — Tunnel unter der Miskatonic-Universität: Die<br />

Ghoultunnel gehen hier in einen verwirrenden Komplex<br />

von Wartungsschächten, Heizungskanälen und Kellerräumen<br />

über, der sich unter dem Campus der Miskatonic-<br />

Universität erstreckt. Neben dem Hausmeister und den<br />

Handwerkern der Uni werden diese Gänge auch intensiv<br />

von den abenteuerlustigeren Studenten der ehrenwerten<br />

Alma Mater genutzt. In den größeren Kellern fi nden in<br />

unregelmäßigen Abständen wilde Studentenpartys statt,<br />

und unter den männlichen Erstsemestern gilt es als Mutprobe,<br />

die Tunnel allein zu erkunden — zwei der Studentenverbindungen<br />

greifen auch gerne bei der Auswahl<br />

ihrer neuen Mitglieder auf diese Mutproben zurück. Über<br />

die Jahre haben die Architektur- und Bauingenieursstudenten<br />

die regulären Schächte sogar noch um zahlreiche<br />

von Hand gegrabene Stollen erweitert, so dass mittlerweile<br />

alle Gebäude am Campus mindestens einen unterirdischen<br />

Zugang haben. Die Ghoule kommen nur selten<br />

hierher, da ihnen in den Gängen eindeutig zu viel Betrieb<br />

ist. Seit Onkel Harvey aber das Ruder übernommen hat,<br />

treiben sich hier mehr Ghoule herum, die in den Tunneln<br />

nach einem Zugang zu den Magazinen der Orne-Bibliothek<br />

suchen. <strong>Ein</strong>en derartigen Zugang gibt es in der Tat,<br />

er ist jedoch nur schwer zu fi nden. Sollten die Charaktere<br />

sich mit einem Studenten anfreunden, der sich in den<br />

Tunneln auskennt, so könnten sie auf diesem Weg Zugang<br />

zu den Schätzen der Bibliothek erhalten, <strong>ohne</strong> von<br />

Dr. Armitage die Erlaubnis zu haben. Im schlimmsten Fall<br />

könnten sie dadurch natürlich die Ghoule auf die richtige<br />

Fährte bringen und Harvey unwillentlich mit dem Mythoswissen<br />

versorgen, nach dem er sucht ...<br />

Optionale Szenen<br />

Die folgenden kurz umrissenen Szenen sollen dazu dienen<br />

die Handlung auszubauen. Sie sind für die Primärhandlung<br />

nicht notwendig, stellen aber eine Bereicherung<br />

dar. Verwenden Sie einfach, was ihnen gefällt und<br />

ignorieren Sie den Rest.<br />

Mein armer Mann!<br />

Dieses Handlungselement kann entweder als alternativer<br />

Handlungsbeginn eingesetzt werden oder den Charakteren<br />

helfen, falls sie mit dem Gesetz in Konfl ikt kommen<br />

oder bei den Behörden nicht weiterkommen.<br />

Amelia Hartwell ist äußerst unzufrieden mit ihrer Situation<br />

und den Behörden Arkhams. Die resolute Witwe<br />

eines ehemaligen Stadtrates von Arkham hat vor wenigen<br />

Wochen ihren geliebten Ehemann Benjamin zu<br />

Grabe getragen und sich in Trauer auf ihren Familiensitz<br />

zurückgezogen, bis ihr ein ungeheuerlicher Umstand<br />

das Korn verhagelt hat. Ihr Dienstmädchen entdeckte<br />

in der Auslage eines örtlichen Pfandleihers den Ehering<br />

und die Krawattennadel, mit denen ihr geliebter Mann<br />

beerdigt wurde, woraufhin Amelia sich umgehend an<br />

die Polizei wandte und den Vorfall meldete. Detective<br />

Stuckey erwies sich aber als wenig kooperativ und es<br />

brauchte einen handfesten Gerichtsbeschluss, bis ihr<br />

Mann exhumiert wurde. Leider fanden die Beamten nur<br />

noch einen leeren, aufgebrochenen <strong>Sarg</strong> vor — von der<br />

<strong>Leiche</strong> und ihren Besitztümern fehlte jede Spur. Die folgenden<br />

Ermittlungen verliefen im Sand. Amelia ist sehr<br />

aufgebracht und bereit, Himmel und Hölle in Bewegung<br />

zu setzen, um ihren Benjamin wiederzubekommen und<br />

ihn endgültig zur ewigen Ruhe zu betten.<br />

Die Witwe genießt aufgrund ihrer vornehmen Abstammung<br />

aus altem Arkhamer Geschlecht, ihres beträchtlichen<br />

Vermögens und der Stellung ihres verstorbenen<br />

Ehemannes hohes Ansehen in Arkham. Sie kann<br />

entweder selbst auf den Plan treten und den Charakteren<br />

aus einer prekären Situation mit dem langen Arm<br />

des Gesetzes heraushelfen oder als Auftraggeberin und<br />

Gönnerin fungieren. Die Charaktere könnten auch bei<br />

ihren Nachforschungen von selbst auf sie stoßen. Der<br />

Fall des Verschwindens ihres Ehemanns machte schließlich<br />

Schlagzeilen. Stellen sich die Charaktere gut mit<br />

ihr, so gewinnen sie eine wertvolle Verbündete, die<br />

über großen <strong>Ein</strong>fluss in den besseren Kreisen Arkhams<br />

verfügt und auch bereit ist, die Nachforschungen der<br />

Charaktere finanziell zu unterstützen. Benjamins <strong>Leiche</strong><br />

werden sie allerdings leider nicht finden, da diese<br />

schon vor Wochen von den Ghoulen verspeist wurde. In<br />

Harveys Gruft finden sich allerdings noch sein silberner<br />

Flachmann mit Widmung und sein Abschlussring mit<br />

dem Wappen der Miskatonic-Universität und Namensgravur.<br />

Gehen die Charaktere der Spur der gestohlenen<br />

Schmuckstücke nach, so könnten sie über den Pfandleiher<br />

auch eine Spur zum Ghoulkult in der Stadt finden,<br />

allerdings ist es sehr schwer, dem Hehler Informationen<br />

über seine Lieferanten zu entlocken, da er Todesangst<br />

vor den Kultisten hat.<br />

Not macht erfinderisch<br />

Nicht alle Ghoule sind von Harveys überzogener Heilsbotschaft<br />

begeistert. Die Lebensumstände der Ghoule waren<br />

zwar vor seinem Kommen alles andere als paradiesisch,<br />

aber die strenge Geheimhaltung ihrer Existenz erwies sich<br />

als hervorragender Schutz vor den deutlich zahlreicheren<br />

Menschen. <strong>Ein</strong> Ghoul aus seinem inneren Zirkel fürchtet<br />

vor allem die Folgen seiner extremen Pläne. Suzanne<br />

Checkley ist nach Harvey der „neuste“ Ghoul Arkhams. Die<br />

junge Frau hatte das Missvergnügen, vor wenigen Jahren<br />

dem exzentrischen Maler Richard Upton Pickman Modell<br />

zu stehen — und kurz darauf begann ihre Transformation<br />

zum Ghoul. Sie trauert sehr ihrem menschlichen Dasein<br />

nach und hat auch nach Jahren immer noch große<br />

Anpassungsschwierigkeiten. Als Harvey auftauchte, war<br />

30 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

sie zunächst sehr erfreut, einen Leidensgenossen gefunden<br />

zu haben, der sich auch noch gut an die Welt oben<br />

erinnert. Schnell erkannte sie jedoch, dass Harvey noch<br />

verrückter ist als alle anderen Ghoule zusammen. Harvey<br />

seinerseits vertraut ihr fast vollständig und spricht oft seine<br />

Pläne mit ihr durch, um mögliche Schwachstellen zu<br />

erkennen. Bislang gelang es ihr noch, seine extremsten<br />

Pläne durch logische Gegenargumente zu entkräften, aber<br />

sie muss leider erkennen, dass die Stimme der Vernunft<br />

immer weniger Gewicht bei ihm hat.<br />

Sobald die Charaktere anfangen, in den Tunneln Ärger<br />

zu machen, wird sich Suzanne für sie interessieren, in<br />

der Hoffnung, dass sie ihr helfen können, Harvey aufzuhalten.<br />

Sie wird allerdings zögern, sich ihnen zu zeigen,<br />

aus Furcht vor ihrer Reaktion, sobald sie ihre verzerrte<br />

Ghoulgestalt zu Gesicht bekommen. Zunächst wird<br />

sie versuchen, ihnen Botschaften in schriftlicher Form<br />

zukommen zu lassen. Sollten die Charaktere sich von<br />

Briefen in gebrochenem Englisch, die mit Graberde und<br />

verklumptem Blut beschmiert sind, nicht beeindrucken<br />

lassen, so wird sie versuchen, sie in den Tunneln abzupassen<br />

und ihnen aus einem dunklen Seitengang in einer<br />

Mischung aus halb vergessenem Englisch und Ghoulgefi<br />

epe zufl üstern. Nur im allergrößten Notfall wird sie sich<br />

zeigen und den Charakteren direkt gegenübertreten.<br />

Suzanne ist ein ideales Mittel, um den Charakteren genauere<br />

Informationen über Harveys größenwahnsinnige<br />

Pläne zukommen zu lassen und sie im Notfall auch aus<br />

einem aussichtslosen Kampf zu retten.<br />

<strong>Ein</strong>stürzende Neubauten<br />

Harveys Pläne, die Speisekammern der Ghoule zu füllen,<br />

haben sich doch schneller entwickelt als zunächst angenommen.<br />

<strong>Ein</strong> erster Feldversuch für das „Operation Abbruch“<br />

steht kurz bevor. Für diesen Feldtest hat Harvey<br />

das Terrace Building in der Gedney Street 611 vorgesehen,<br />

ein 5-stöckiges Apartmenthaus mitten in der Stadt, das<br />

erst vor 10 Jahren gebaut wurde und voll belegt ist. Gemäß<br />

seinen Plänen haben Ghoule die Fundamente des<br />

Gebäudes untergraben und große Hohlräume angelegt, in<br />

denen nur noch wenige Erdpfeiler dem Fundament Halt<br />

geben. In der nächsten Nacht um 3 Uhr sollen die Ghoule<br />

eine nahe gelegene Wasserader anstechen, das Wasser<br />

in die Hohlräume leiten und dann auf den <strong>Ein</strong>sturz der<br />

durchweichten Erdpfeiler warten. Kurz nach dem Wegsacken<br />

der letzten Stützelemente wird das Fundament<br />

auseinanderbrechen, die tragenden Mauern werden ihre<br />

Integrität verlieren und das Gebäude wie ein Kartenhaus<br />

in sich zusammenfallen. Die Bew<strong>ohne</strong>r des Hauses werden<br />

von fallenden Trümmern erschlagen und im Schutt<br />

eingeschlossen und sind somit reif für die Ernte.<br />

Die Charaktere können von diesem perfi den Plan aus<br />

verschiedenen Quellen erfahren. Am besten eignen sich<br />

dafür Suzanne der Ghoul oder Stephen Whitmarsh, der<br />

Kultistenhandlanger von Jasper Eleazar, die diese Informationen<br />

aber erst kurz vor dem geplanten Zusammenbruch<br />

erhalten. In einem verzweifelten Wettlauf mit der<br />

Zeit müssen die Charaktere die Ghoule aufhalten und<br />

das geschwächte Fundament abstützen oder, sollten sie<br />

zu spät kommen und die Hohlräume bereits gefl utet sein,<br />

die Hausbew<strong>ohne</strong>r evakuieren, bevor das Terrace Building<br />

einstürzt.<br />

Dieses Handlungselement eignet sich besonders dann,<br />

wenn die Spannung am Spieltisch nachlässt oder die<br />

Charaktere die Bedrohung durch Onkel Harvey nicht besonders<br />

ernst nehmen.<br />

Alternativ könnte der Plan auch eingesetzt werden,<br />

um allzu lästige Charaktere indirekt zu beseitigen. In diesem<br />

Falle wird nicht das Terrace Building unterminiert,<br />

sondern die Unterkunft der Charaktere, vermutlich also<br />

eines der Arkhamer Hotels oder ein Studentenwohnheim.<br />

Die Charaktere sollten auch in diesem Fall gewarnt<br />

werden oder zumindest im Vorfeld die Gelegenheit erhalten,<br />

merkwürdige Kratzgeräusche im Keller ihres Hauses<br />

zu hören.<br />

Allein im Dunkeln<br />

Dieses Handlungselement kommt ins Spiel, sobald die<br />

Charaktere die Tunnel unter der Miskatonic-Universität<br />

erforschen. Als sie sich einer Biegung nähern, zerreißt<br />

ein hysterischer Schrei die Stille, auf den Wimmern und<br />

Fiepen folgen. Umrunden die Charaktere die Biegung,<br />

so sehen sie einen jungen Mann im zerfetzten Jackett,<br />

der gerade von zwei sehr hungrig wirkenden Ghoulen in<br />

eine Ecke gedrängt wird und vor den Augen der näher<br />

kommenden Investigatoren in gnädige Ohnmacht fällt.<br />

Retten die Charaktere ihn aus den Klauen der sabbernden<br />

<strong>Leiche</strong>nfresser, so können sie einen Freund fürs Leben<br />

gewinnen, der sich noch als sehr nützlich erweisen<br />

wird. Nach einer guten Prise Riechsalz oder ein paar saftigen<br />

Ohrfeigen kommt der junge Student auch schnell<br />

wieder auf die Beine und erzählt seine Geschichte. Es<br />

handelt sich bei ihm um den 22-jährigen Gerald Fowler,<br />

einen Geschichtsstudenten der Miskatonic-Universität<br />

im ersten Semester. Er wollte in die Sigma-Delta-Kappa-Studentenverbindung<br />

aufgenommen werden und ist<br />

deshalb in die Tunnel hinabgestiegen, um im Rahmen<br />

des Aufnahmerituals zu beweisen, dass er ein ganzer<br />

Kerl ist. Eigentlich sollte er nur einen Tunnel vom Keller<br />

des Verbindungshauses zum Heizungskeller des Verwaltungsgebäudes<br />

nehmen, um von den dort wartenden<br />

Burschenschaftlern eine kräftige Bierdusche zu bekommen,<br />

leider hat er aber eine falsche Abzweigung genommen<br />

und ist prompt den Ghoulen in die Arme gelaufen,<br />

die hier in der Gegend nach den Kellermagazinen der<br />

Orne-Bibliothek suchen. Die ganze Angelegenheit ist<br />

ihm sichtlich peinlich und er ist seinen Rettern zutiefst<br />

dankbar. Gerald kennt sich ein wenig in den Tunneln<br />

unter der Uni aus und kann den Charakteren den Zugang<br />

zur Orne-Bibliothek zeigen, wenn sie ihn danach<br />

fragen. Er ist auch in der Geschichte Nordamerikas bewandert<br />

und hat vor seiner Immatrikulation an der örtlichen<br />

Hochschule ein paar Semester Anthropologie in<br />

Boston studiert. Zeigt man ihm die Wandmalereien in<br />

der Ritualhöhle der Misquat-Indianer, so kann er eine<br />

volle Interpretation liefern und auch den Zauber ableiten.<br />

Sollte es zu diesem Zeitpunkt bereits zu Todesfällen<br />

unter den Investigatoren gekommen sein, wäre Gerald<br />

ein möglicher Ersatzcharakter. Seine Spielwerte finden<br />

sich im Anhang.<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 31


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Spielleitertipps<br />

„<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>“ ist kein Gruppenabenteuer<br />

im herkömmlichen Sinn, das die Handlung von A bis<br />

Z vorgibt, vielmehr versteht es sich als eine Art Baukasten,<br />

der dem Spielleiter die wichtigen Hintergründe,<br />

Ortsbeschreibungen und Spielwerte an die Hand<br />

gibt, um selbst das Abenteuer gestalten zu können.<br />

Die wichtigsten Fragen werden beantwortet, einige<br />

entscheidende Punkte muss der Spielleiter aber selbst<br />

festlegen. Beispielsweise wird nicht die Frage beantwortet,<br />

wie viele Ghoule überhaupt unter Arkham<br />

leben. Die Antwort: so viele, wie benötigt werden!<br />

Jedenfalls sollte die Zahl der Ghoule die Fähigkeiten<br />

jeder Spielgruppe übersteigen, die Ghoule unter Arkham<br />

vollständig auszurotten, es geht nur darum, die<br />

aktuelle Gefahr durch die Kreaturen abzuwenden.<br />

Diese Gefahr ist gebannt, wenn die <strong>Spiele</strong>r Onkel<br />

Harvey erledigen und die Ghoule somit schnell wieder<br />

in ihre gewohnte Lethargie zurückfallen.<br />

Wenn Sie sich fragen, wie die Handlungselemente<br />

und Bausteine ein harmonisches Ganzes ergeben sollen,<br />

so wird im Folgenden ein möglicher Handlungsablauf<br />

exemplarisch dargestellt. Wir wählen als <strong>Ein</strong>stiegsvariante<br />

die erste Möglichkeit, bei der Harold<br />

Simms von einem der <strong>Spiele</strong>r durch das Soloabenteuer<br />

geführt wurde und nun ein paar gute Freunde zusammengetrommelt<br />

hat, um Onkel Harvey endgültig<br />

den Garaus zu machen. Gehen wir davon aus, dass<br />

sich Harold gründlich in Arkham umgesehen hat, das<br />

Tagebuch erbeutet und Dr. Armitage um Hilfe gebeten<br />

hat. Nach einem nervenzerfetzenden Besuch der<br />

Ghoultunnel hat er seinen Onkel gefunden, gerade<br />

noch rechtzeitig die Flucht angetreten und das Soloabenteuer<br />

in Abschnitt 62 beendet.<br />

Die Charaktere kommen frohgemut in Arkham an<br />

und begeben sich umgehend zu Onkel Harveys Haus,<br />

um in die Tunnel hinabzusteigen, nur um festzustellen,<br />

dass der Zugangstunnel eingestürzt ist. Unbeeindruckt<br />

von diesem kleinen Rückschlag besorgt man<br />

Schaufeln und Spitzhacken, spuckt in die Hände und<br />

geht ans Werk. Nach einem Tag fl eißigen Buddelns<br />

bricht man endlich durch, nur um in ein Begrüßungskomitee<br />

von Ghoulen zu stolpern, das sich aber leicht<br />

in die Flucht schlagen lässt. Suzanne wird auf die Investigatoren<br />

aufmerksam und beginnt sie zu beobachten.<br />

Die Charaktere dringen tiefer in die Tunnel ein,<br />

bis der immer heftigere Widerstand der Ghoule ein<br />

erstes Opfer fordert und man sich zur Flucht wendet.<br />

Dreckig und blutend stolpern sie aus Onkel Harveys<br />

Haus heraus und laufen prompt der Arkhamer Polizei<br />

in die Arme, die sie umgehend wegen nächtlicher<br />

Ruhestörung, unbefugtem Betreten, Landstreicherei<br />

oder unter irgendeinem anderen vorgeschobenen<br />

Verdacht festnimmt. Als sich die Charaktere im Knast<br />

noch das Mütchen kühlen und über die Ungerechtigkeit<br />

der Welt philosophieren, schaltet sich Amelia<br />

Hartwell ein und bewirkt ihre Freilassung. Sie lädt<br />

sie zu sich ein, erzählt ihnen von ihrem Mann und<br />

bittet sie, sich um den Fall zu kümmern. Langsam<br />

zeichnet sich ab, dass das Treiben der Ghoule weitere<br />

Kreise zieht als bislang angenommen. Die Charaktere<br />

nehmen sich den zwielichtigen Pfandleiher vor und<br />

quetschen aus ihm den Namen seines Lieferanten<br />

für Grabbeigaben heraus, der sich als Totengräber<br />

auf dem Christchurch-Friedhof entpuppt. Suzanne<br />

verfolgt ihre Nachforschungen und lässt ihnen eine<br />

erste fast unleserliche Notiz zukommen, die sie vor<br />

dem Ghoulkult in der Stadt warnt. Man beobachtet<br />

den Totengräber und kommt dabei mit Friedhofswärter<br />

Pickering ins Gespräch, der bei einem Gläschen<br />

Selbstgebranntem von den seltsamen Geräuschen<br />

aus der Cotton-Gruft erzählt. Danach greift man sich<br />

den Totengräber und prügelt aus ihm den Namen<br />

seines Kultistenchefs heraus: Stephen Whitmarsh,<br />

Gehilfe von Bestatter Eleazar.<br />

Man begibt sich umgehend zum Bestattungsinstitut.<br />

Als Stephen jedoch Harold sieht, riecht er sofort<br />

den Braten, fl ieht in den <strong>Ein</strong>balsamierungsraum im<br />

Keller, reißt den Kistenstapel um und fl ieht in die<br />

Ghoultunnel. Dank seiner überlegenen Ortskenntnis<br />

schüttelt er leicht seine Verfolger ab und warnt Onkel<br />

Harvey. Dieser ist langsam aber sicher von den<br />

lästigen Ermittlern genervt, setzt die Pennerghoule<br />

von Potter’s Field auf sie an und gibt den Befehl,<br />

„Operation Abbruch“ vorzubereiten. Suzanne wird<br />

langsam nervös und schickt den Charakteren eine<br />

zweite schwer verständliche Botschaft, in der sie sie<br />

davor warnt, dass am Zugang zu den Tunneln im Bestattungsinstitut<br />

Ghoule auf sie warten und dass sie<br />

beobachtet werden. Des Weiteren deutet sie an, dass<br />

Harvey etwas Großes und sehr Gefährliches plant.<br />

Die Charaktere wenden sich mit der Bitte um <strong>Ein</strong>sichtnahme<br />

in die Mythoswerke der Bibliothek an Dr.<br />

Armitage. Er zeigt zwar viel Verständnis für ihre prekäre<br />

Lage, lehnt aber ab und hat außer ein paar guten<br />

Ratschlägen und einer Tasse Tee leider keine weitere<br />

Hilfsstellung für sie. Man entschließt sich, einen<br />

weiteren Ausfl ug in die Tunnel zu unternehmen und<br />

wählt diesmal den <strong>Ein</strong>gang auf dem Christchurch-<br />

Friedhof. Nach längerer Suche kommen die Charaktere<br />

in die Nähe des Ghoulhauptquartiers unter<br />

dem Old Wooded Graveyard, schrecken aber vor der<br />

großen Anzahl an Ghoulen in diesem Bereich zurück<br />

und fi nden stattdessen die Ritualhöhle der Misquat-<br />

Indianer. Sie erkennen zwar die wichtige Bedeutung<br />

der Wandmalereien, da aber kein Anthropologe unter<br />

ihnen ist, können sie keine genaue Deutung vornehmen<br />

und begnügen sich damit, die Wände der Höhle<br />

gründlich zu fotografi eren. Auf dem Rückweg verlaufen<br />

sie sich im Tunnellabyrinth und geraten in die<br />

Gänge unter der Miskatonic-Universität. Dort stoßen<br />

sie auf Gerald Fowler und retten ihn vor den Ghoulen.<br />

Sie unterhalten sich mit ihm und erfahren, dass<br />

er sowohl einen Zugang zur Orne-Bibliothek kennt<br />

32 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

als auch über anthropologisches Wissen verfügt.<br />

Man verabredet sich für die nächste Nacht, um die<br />

dann entwickelten Fotos zu analysieren und sich im<br />

Anschluss in die Bibliothek zu schleichen. Auf dem<br />

Rückweg zu ihrer Wohnung fallen den Charakteren<br />

zum ersten Mal die Pennerghoule auf.<br />

Inzwischen unterhöhlen die Ghoule das Terrace<br />

Building und bereiten „Operation Abbruch“ für die<br />

kommende Nacht vor. Onkel Harvey kündigt seinen<br />

Ghoulbrüdern ein großes Festmahl für die Morgenstunden<br />

an und beraumt für den Morgen eine große<br />

Versammlung im Hauptsammler unter dem Independence<br />

Square an. Suzanne wird richtig nervös und<br />

macht sich verstärkt daran, aus Harvey herauszukitzeln,<br />

was er vorhat, erfährt aber erst kurz nach ein<br />

Uhr von „Operation Abbruch“.<br />

Am Abend treffen sich die Charaktere mit Gerald,<br />

lassen von ihm die Fotos interpretieren und schleichen<br />

sich dann in die Orne-Bibliothek. Sie werden<br />

allerdings von den Ghoulen dabei beobachtet, die<br />

ihnen in die Bibliothek folgen. Als die Charaktere<br />

gerade das „Cultes des Goules“ im Magazin gefunden<br />

haben, greifen die Ghoule an, zerfetzen Gerald und<br />

stehlen das Buch. Der Kampfl ärm zieht Aufmerksamkeit<br />

auf sich und die Charaktere müssen fl iehen.<br />

Entmutigt in ihrer Unterkunft angekommen, wartet<br />

dort bereits die hysterische Suzanne auf sie. Gewalttätigkeiten<br />

können gerade noch vermieden werden<br />

und Suzanne kann sie davon überzeugen, dass sie<br />

die mysteriöse Briefschreiberin ist und ihnen gegen<br />

Harvey helfen will. Sie erzählt ihnen von „Operation<br />

Abbruch“ und eilt mit den Charakteren zum Terrace<br />

Building. Mit vereinten Kräften kann gerade noch<br />

eine Katastrophe verhindert werden. Man beratschlagt<br />

kurz und fasst einen wagemutigen Plan. Die<br />

Versammlung in den Morgenstunden stellt eine gute<br />

Gelegenheit dar, Chaos zu stiften und so Suzanne die<br />

Gelegenheit zu geben, an Harvey heranzukommen<br />

und ihn mit einer Spritze Formalin zu vergiften.<br />

Am Morgen setzt man den Plan in die Tat um. Die<br />

Ghoule sind im Hauptsammler zusammengekommen,<br />

Harvey schwingt eine große Rede, alle Blicke sind<br />

auf ihn gerichtet. Die Charaktere greifen mit starken<br />

Karbidlampen und lauten Schüssen an. Panik bricht<br />

unter den Ghoulen aus, Harveys Leibwächter drängen<br />

nach vorne, um die Angreifer zu erledigen, und<br />

im allgemeinen Chaos zieht Suzanne die Spritze und<br />

jagt sie Harvey in den Rücken. Ob die todesmutigen<br />

Charaktere aus dem Hexenkessel des Hauptsammlers<br />

lebend entkommen können?<br />

Soviel zur Theorie. Der oben kurz dargestellte<br />

Handlungsablauf stellt nur einen möglichen Verlauf<br />

von vielen dar und es ist unwahrscheinlich, dass sich<br />

das Abenteuer genau so entwickeln wird, wenn Sie<br />

es leiten. Dennoch lassen sich ein paar allgemeingültige<br />

Punkte daraus ableiten. Am entscheidendsten<br />

sind die Querverbindungen zwischen den einzelnen<br />

Handlungselementen — Element A führt zu B, dann<br />

zu C etc. Verpassen die <strong>Spiele</strong>r aber Element B, so<br />

bringen Sie Element F ins Spiel, das stattdessen zu<br />

Element C führt. <strong>Ein</strong> konkretes Beispiel: Schaffen die<br />

Charaktere es nicht, den Pfandleiher auszuquetschen,<br />

so erwähnt Amelia, dass sie den Bestatter Eleazar,<br />

der die Beerdigung ihres Ehemannes organisierte,<br />

sehr zwielichtig fi ndet und bittet die Charaktere, ihn<br />

unter die Lupe zu nehmen. Als sie dort ankommen,<br />

erkennt Stephen Harold und gibt Fersengeld — die<br />

Handlung läuft wieder.<br />

Liegt Ihnen das Improvisieren nicht so sehr, dann<br />

sollten Sie sich vor dem Spiel einen roten Faden zurechtlegen,<br />

ähnlich dem Handlungsablauf wie oben<br />

dargestellt. Kein Abenteuerautor kennt Ihre <strong>Spiele</strong>r<br />

so gut wie Sie und darum sollte es Ihnen leicht fallen<br />

abzuschätzen, wie Ihre <strong>Spiele</strong>r an das Abenteuer<br />

herangehen werden und wo sie Schwierigkeiten haben<br />

werden. Sind ihre <strong>Spiele</strong>r beispielsweise extrem<br />

misstrauisch und haben die Angewohnheit, jeden<br />

potentiellen Informanten erst einmal auf Verdacht<br />

zu erschießen, so wird Suzanne vermutlich keine<br />

Chance haben, ihnen die wichtigen Informationen<br />

zukommen zu lassen. Wenn Sie ein derartiges Problem<br />

bereits im Vorfeld erkennen, können Sie Suzanne<br />

natürlich trotzdem so einsetzen wie vorgeschlagen,<br />

haben dann aber bereits Notfallplan B im Ärmel,<br />

wenn die Charaktere Suzannes Innereien über den<br />

Tunnel verteilen.<br />

Die Vorlieben und Eigenarten Ihrer <strong>Spiele</strong>r zu kennen,<br />

ist das A und O eines Erfolg versprechenden<br />

<strong>Spiele</strong>abends. Lieben Ihre <strong>Spiele</strong>r das actionlastige<br />

Spiel mit Tommyguns und Explosionen, so lässt sich<br />

„<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>“ leicht als Pulp-Adventure<br />

Marke Indiana Jones spielen. Genauso gut eignen<br />

sich die Ghoultunnel Arkhams für düstere Verfolgungsjagden<br />

im Stil von „Der dritte Mann“ oder für<br />

fi nstere Intrigenspiele, bei denen Onkel Harvey die<br />

Rolle eines Dr. No oder Auric Goldfi nger zufällt. Die<br />

Leinwand ist bereitet, nun ist es an Ihnen und Ihren<br />

<strong>Spiele</strong>rn, eine Handlung hineinzubringen.<br />

<strong>Ein</strong>e letzte Schlussbemerkung zu den Ghoulen sei<br />

aber noch gestattet. Abgesehen von ihrer merkwürdigen<br />

Physiognomie und ihren abartigen kulinarischen<br />

Gewohnheiten liegt der wahre Horror der Ghoule<br />

darin, dass sie uns Menschen so ähnlich sind. Das<br />

ist es aber auch, was sie wirklich gefährlich macht.<br />

Sie sind zu intelligenten Strategien fähig, werden<br />

sich nicht hirnlos in die Schusslinie der Charaktere<br />

werfen und lernen aus ihren Fehlern. <strong>Spiele</strong>n Sie die<br />

Ghoule fremdartig, aber intelligent, und Ihre <strong>Spiele</strong>r<br />

werden vor ihnen Respekt haben. In diesem Sinne<br />

kann auch Suzanne zu deutlich mehr als einem praktischen<br />

Informationslieferanten werden. Bringen Sie<br />

in ihrer Darstellung herüber, dass sie zwar noch viele<br />

menschliche Eigenarten hat, aber im Kern trotzdem<br />

ein leichenfressendes Monster ist — dann wird sie<br />

den <strong>Spiele</strong>rn im Gedächtnis bleiben.-<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 33


H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong><br />

Detective Ray Stuckey, 37,<br />

korrupter Bulle<br />

1,82 m groß, schlank, schwarze Haare, Dreitagebart, kaut<br />

immer auf einem Zahnstocher herum<br />

ST 15 KO 15 GR 15 IN 15 MA 11<br />

GE 15 ER 12 BI 9 gS 45<br />

Trefferpunkte: 15<br />

Schadensbonus: +1W4<br />

Angriff:<br />

- Faustschlag 65%, Schaden 1W3+Sb<br />

- Ringen 55%, Schaden speziell<br />

- Schlagstock 50%, Schaden 1W6+Sb;<br />

- .45er Revolver 55%, Schaden 1W10+2<br />

Fertigkeiten: Ansehen 35%, Ausweichen 54%, Bibliotheks<br />

nutzung 35%, Fahren (Auto) 45%, Feilschen<br />

45%, Fotografi e 12%, Gesetzeskenntnisse 25%,<br />

Horchen 50%, Klettern 60%, Persönlichen Vorteil<br />

erkennen 40%, Poker <strong>Spiele</strong>n 49%, Psychologie 60%,<br />

Schleichen 20%, Springen 35%, Spurensuche 15%,<br />

Überreden 55%, Überzeugen 40%, Verbergen 29%,<br />

Verborgenes erkennen 50%<br />

Besitz: Dienstrevolver, Handschellen, zerknitterter<br />

Trenchcoat, billiger Anzug, Zahnstocher<br />

Dr. Henry Armitage, 65,<br />

Leiter der Orne-Bibliothek<br />

1,68 m, schlank, weißer Mundbart, stets ordentlich gekleidet<br />

ST 11 KO 8 GR 12 IN 18 MA 16<br />

GE 10 ER 13 BI 24 gS 55<br />

Trefferpunkte: 10<br />

Schadensbonus: —<br />

Angriff:<br />

- Faustschlag 50%, Schaden 1W3<br />

Fertigkeiten: Bibliotheksnutzung 95%, Buchführung<br />

40%, Cthulhu-Mythos 18%, Englische Literatur 75%,<br />

Fremdsprache (Deutsch) 70%, Fremdsprache (Französisch)<br />

80%, Fremdsprache (Griechisch) 68%, Fremdsprache<br />

(Latein) 75%, Geschichtskenntnisse 65%,<br />

Kryptografi e 75%, Muttersprache (Englisch) 98%,<br />

Okkultismus 29%, Psychologie 48%, Überzeugen 75%<br />

Zauber: Banne Sohn des Yog-Sothoth, Pulver des<br />

Ibn-Ghazi<br />

Besitz: Füllfederhalter, Pfeife, Schlüssel zur Orne-<br />

Bibliothek, Beutel mit vier Älteren Zeichen<br />

Werte eines typischen Ghouls<br />

ST 17 KO 13 GR 13<br />

IN 13 MA 13 GE 13<br />

Bewegungsweite: 9<br />

Trefferpunkte: 13<br />

Schadensbonus: +1W4<br />

Angriff:<br />

- Biss 30%, Schaden 1W6+Festbeißen<br />

- Klauen 30%, Schaden 1W6+Sb<br />

Panzerung: Schusswaffen und Projektile richten nur<br />

den halben (aufgerundeten) Schaden an<br />

Fertigkeiten: Graben 75%, Horchen 70%, Klettern 85%,<br />

Schleichen 80%, Springen 75%, Verbergen 60%, Verborgenes<br />

erkennen 50%, Verwesungsgeruch wittern 65%<br />

Stabilitätsverlust: 0/1W6 Stabilitätspunkte<br />

Anhang<br />

1. Daten und Werte<br />

Martin Pickering, 58, Friedhofswärter<br />

des Christchurch-Friedhofs<br />

1,64 m, schlaksig mit Bauchansatz, graue dünne Haarsträhnen,<br />

ungepfl egt, Alkoholfahne<br />

ST 12 KO 8 GR 12 IN 11 MA 10<br />

GE 14 ER 8 BI 9 gS 34<br />

Trefferpunkte: 10<br />

Schadensbonus: —<br />

Angriff:<br />

- Faustschlag 60%, Schaden 1W3<br />

- Schaufel 45%, Schaden 1W6<br />

Fertigkeiten: Elektrische Reparaturen 25%,<br />

Geschichts kenntnisse 30%, Horchen 45%,<br />

Mechanische Reparaturen 50%, Okkultismus 15%<br />

Besitz: billiger Anzug, Schlüssel zum Friedhof, Flachmann<br />

mit Selbstgebranntem<br />

Stephen Whitmarsh, 26, Bestattergehilfe<br />

und aufstrebender Kultist<br />

1,84 m, kräftig, schwarze schmierige Haare,<br />

Tick im linken Auge<br />

ST 14 KO 13 GR 15 IN 12 MA 8<br />

GE 13 ER 6 BI 9 gS 0<br />

Trefferpunkte: 14<br />

Schadensbonus: +1W4<br />

Angriff:<br />

- Faustschlag 65%, Schaden 1W3+Sb<br />

- .45er Revolver 50%, Schaden 1W10+2<br />

Fertigkeiten: Buchführung 15%, Chemie 20%,<br />

Cthulhu-Mythos 08%, Fremdsprache (Ghoul) 18%,<br />

Handwerk (Bestatter) 30%, Horchen 40%,<br />

Mecha nische Reparaturen 40%, Schleichen 30%,<br />

Verbergen 40%<br />

Zauber: Kontakt zu Ghoulen<br />

Besitz: Arbeitskleidung, Revolver, Knochenamulett,<br />

gestohlene Eheringe und Schmuck<br />

Typischer Ghoulkultist, gesichtsloser<br />

Handlanger der <strong>Leiche</strong>nfresser<br />

schmierig und abgerissen<br />

ST 13 KO 12 GR 13 IN 10 MA 9<br />

GE 12 ER 5 BI 9 gS 0<br />

Trefferpunkte: 13<br />

Schadensbonus: +1W4<br />

Angriff:<br />

- Faustschlag 60%, Schaden 1W3+Sb<br />

- Klappmesser 45%, Schaden 1W4+Sb<br />

- .38er Revolver 40%, Schaden 1W10<br />

Fertigkeiten: Ausweichen 30%, Cthulhu-Mythos 05%,<br />

Fremdsprache (Ghoul) 10%, Horchen 40%, Mechanische<br />

Reparaturen 30%, Schleichen 40%, Verbergen 50%<br />

Besitz: Arbeitskleidung, dunkler Mantel, Schlapphut,<br />

Revolver, Klappmesser, Knochenamulett<br />

34 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>


<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel<br />

Onkel Harvey Simms, ehemaliger Professor<br />

für Orientalistik, jetzt angehender Ghoulmessias<br />

1,74 m, schlaksig, gummiartige Haut, lange Zähne und Klauen,<br />

geblümter Morgenmantel<br />

ST 16 KO 12 GR 11<br />

IN 18 MA 16 GE 12<br />

Bewegungsweite: 9<br />

Trefferpunkte: 12<br />

Schadensbonus: +1W4<br />

Angriff:<br />

- Biss 30%, Schaden 1W6+Festbeißen<br />

- Klauen 25%, Schaden 1W6+Sb<br />

Panzerung: Schusswaffen und Projektile richten nur<br />

den halben (aufgerundeten) Schaden an<br />

Fertigkeiten: Anthropologie 85%, Archäologie 25%,<br />

Bibliotheksnutzung 70%, Cthulhu-Mythos 24%,<br />

Fremdsprache (Arabisch) 84%, Fremdsprache (Farsi)<br />

62%, Fremdsprache (Hindi) 58%, Fremdsprache<br />

(Latein) 54%, Fremdsprache (Paschtu) 48%, Fremdsprache<br />

(Sanskrit) 82%, Graben 60%, Horchen 65%,<br />

Klettern 60%, Muttersprache (Englisch) 85%, Muttersprache<br />

(Ghoul) 85%, Okkultismus 40%, Schleichen<br />

75%, Springen 65%, Überzeugen 68%, Verbergen<br />

60%, Verborgenes erkennen 70%, Verwesungsgeruch<br />

wittern 50%<br />

Zauber: Kontakt zu Ghoulen, Rufe/Vertreibe Nyogtha,<br />

Schwarze Wandlung, Verschrumpeln, Voorisches<br />

Zeichen<br />

Besitz: geblümter Morgenmantel, Schreibmaschine,<br />

unsortierte Bibliothek<br />

Stabilitätsverlust: 0/1W6 Stabilitätspunkte<br />

Suzanne Checkley, 28,<br />

Ghoul wider Willen<br />

1,68 m, schlank, gummiartige Haut, kurze Zähne und lange<br />

Klauen<br />

ST 14 KO 15 GR 11<br />

IN 14 MA 16 GE 15<br />

Bewegungsweite: 9<br />

Trefferpunkte: 13<br />

Schadensbonus: +1W4<br />

Angriff:<br />

- Biss 35%, Schaden 1W4+Festbeißen<br />

- Klauen 45%, Schaden 1W6+Sb<br />

Panzerung: Schusswaffen und Projektile richten nur<br />

den halben (aufgerundeten) Schaden an<br />

Fertigkeiten: Buchführung 60%, Graben 60%,<br />

Horchen 84%, Klettern 78%, Kunst (Singen) 18%,<br />

Muttersprache (Englisch) 40%, Muttersprache (Ghoul)<br />

65%, Psychologie 20%, Schleichen 88%, Springen<br />

75%, Stenographie 64%, Überreden 34%, Verbergen<br />

60%, Verborgenes erkennen 60%, Verwesungsgeruch<br />

wittern 65%<br />

Besitz: Stenoblock, Bleistift, zerfl edderte Modemagazine<br />

Stabilitätsverlust: 0/1W6 Stabilitätspunkte<br />

Amelia Hartwell, 64,<br />

einflussreiche Witwe<br />

1,54 m, gebaut wie ein Schlachtschiff, grauer Dutt, schwarze<br />

Trauerkleidung<br />

ST 9 KO 14 GR 9 IN 15 MA 17<br />

GE 7 ER 12 BI 16 gS 78<br />

Trefferpunkte: 12<br />

Schadensbonus: —<br />

Angriff:<br />

- scharfe verbale Zurechtweisung 99%,<br />

Schaden Egoverlust<br />

Fertigkeiten: Ansehen 75%, Buchführung 55%,<br />

Feilschen 35%, Gesetzeskenntnisse 40%, Horchen<br />

60%, Kunst (Klavier spielen) 35%, Psychologie 45%,<br />

Überreden 40%, Überzeugen 60%, Verborgenes erkennen<br />

40%<br />

Besitz: feine Trauerkleidung, Medaillon mit Bild ihres<br />

verstorbenen Mannes, erhebliches Privatvermögen<br />

Werte eines typischen<br />

Pennerghouls von Potter’s Field<br />

ST 15 KO 16 GR 13<br />

IN 11 MA 13 GE 10<br />

Bewegungsweite: 9<br />

Trefferpunkte: 15<br />

Schadensbonus: +1W4<br />

Angriff:<br />

- Biss 30%, Schaden 1W6+Festbeißen<br />

- Klauen 30%, Schaden 1W6+Sb<br />

Panzerung: Schusswaffen und Projektile richten nur<br />

den halben (aufgerundeten) Schaden an<br />

Fertigkeiten: Alkohol wittern 90%, Graben 50%, Horchen<br />

75%, Klettern 60%, Schleichen 70%, Springen<br />

75%, Verbergen 85%, Verborgenes erkennen 50%,<br />

Verkleiden 30%, Verwesungsgeruch wittern 30%<br />

Besitz: dreckiger Trenchcoat, Schlapphut, Flasche mit<br />

üblem Fusel<br />

Stabilitätsverlust: 0/1W6 Stabilitätspunkte<br />

Gerald Fowler, 22,<br />

glückloser Geschichtsstudent<br />

1,76 m, schlaksig, braune Haare, schwaches Kinn<br />

ST 11 KO 14 GR 12 IN 15 MA 10<br />

GE 8 ER 10 BI 15 gS 50 (46 nach seiner<br />

Begegnung mit den Ghoulen)<br />

Trefferpunkte: 13<br />

Schadensbonus: —<br />

Angriff:<br />

- Faustschlag 50%, Schaden 1W3<br />

Fertigkeiten: Ansehen 20%, Anthropologie 38%,<br />

Archäologie 23%, Bibliotheksnutzung 62%, Fremdsprache<br />

(Französisch) 39%, Fremdsprache (Latein)<br />

42%, Geschichtskenntnisse 57%, Horchen 45%, Okkultismus<br />

35%, Orientierung 45%, Schleichen 25%,<br />

Schwimmen 60%, Überreden 35%, Überzeugen 64%,<br />

Verborgenes erkennen 52%<br />

Besitz: Anzug, Taschenlampe, Benutzerausweis der<br />

Orne-Bibliothek<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong> 35


2. Plan der Ghoultunnel unter Arkham<br />

36 <strong>Ein</strong> <strong>Sarg</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Leiche</strong>

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