Sulden und der Ortler
Sulden und der Ortler
Sulden und der Ortler
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SULDEN UND DER ORTLER<br />
Vom Leben<br />
mit dem Berg<br />
Text: Sabine Holzknecht<br />
In <strong>Sulden</strong> wurde vor 200 Jahren ein alpiner Meilenstein<br />
gelegt: Am 27. September 1804 gelang dem Gämsenjäger<br />
Josef Pichler die Erstbesteigung des <strong>Ortler</strong>. Heute zählt <strong>der</strong><br />
Ort jährlich etwa 1000 Touristen je Einwohner. Dennoch ist<br />
er in seinem Kern geblieben, was er war: eine Ansammlung<br />
liebenswerter <strong>und</strong> schrulliger Charakterköpfe. Ein Porträt.<br />
lpinismus zwischen einst <strong>und</strong> jetzt: WŠhrend die Herr-<br />
A schaften Anno dazumal in Hirschle<strong>der</strong>nen <strong>und</strong> Loden zu<br />
Berge stiegen, ist man heutzutage bergsportiv funktionell <strong>und</strong><br />
mšglichst leicht gewandet. Die Aussichten sind die gleichen<br />
geblieben: auf dem gro§en Bild vom Hintergrat hinŸber zur<br />
Kšnigspitze, auf dem kleinen Bild wŠhrend <strong>der</strong> Gipfelrast von<br />
<strong>der</strong> Hintergrat- zur Vertainspitze.<br />
14 07/2004<br />
FOTOS: MALLAUN/ARCHIV STOCKER (KL. BILD)<br />
07/2004<br />
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Südostgrat<br />
SULDEN UND DER ORTLER<br />
Königspitze,3859 m<br />
16 7/2004<br />
<strong>Sulden</strong>grat<br />
<strong>Sulden</strong>joch,3434 m Hochjoch,3527 m<br />
on Bescheidenheit keine Spur. Im Gegenteil,<br />
V die <strong>Sulden</strong>er sind stolz auf die ebenso mŠchtigen<br />
wie prŠchtigen Gipfel ihrer Heimat. Immer wie<strong>der</strong><br />
wurde hier alpine Geschichte geschrieben. Den<br />
Ansto§ gab vor genau 200 Jahren ein GŠmsenjŠger<br />
namens Josele aus dem benachbarten Passeier Tal.<br />
FOTOS: ZAHEL/KRUG (KL. BILD)<br />
Monte Zebru<br />
Südostgipfel,3724 m Nordwestgipfel,3740 m<br />
Nord westflanke<br />
Hintergrat<br />
<br />
<strong>Ortler</strong>,3905 m<br />
Normalweg<br />
Gipfel<br />
im †berblick<br />
Königspitze,3859 m<br />
Erstbesteigung am 03. 08. 1864 durch Francis Fox<br />
Tuckett, Edward Buxton, Michel <strong>und</strong> Franz Biner.<br />
Südostgrat<br />
Weg <strong>der</strong> Erstbesteiger, heutiger Normalweg,<br />
Firn <strong>und</strong> Eis stellenweise 30 bis 42 Grad, im Fels<br />
kurze Passagen I, 4 – 5 Std. von <strong>der</strong> Casatihütte.<br />
<strong>Sulden</strong>grat<br />
Einer <strong>der</strong> ganz großen <strong>Ortler</strong>grate,<br />
Firn <strong>und</strong> Eis 45 bis 60 Grad, im Fels II bis IV.<br />
Zwei Varianten:<br />
Kurzer <strong>Sulden</strong>grat: 3 – 5 Std. vom <strong>Sulden</strong>joch<br />
(dorthin 2 Std. von <strong>der</strong> V° Alpini-Hütte);<br />
Langer <strong>Sulden</strong>grat: 7 – 9 Std. von <strong>der</strong><br />
Hintergrathütte.<br />
<strong>Sulden</strong>joch,3434 m<br />
Als Übergang ungebräuchlich, da <strong>der</strong> Zustieg von<br />
<strong>der</strong> <strong>Sulden</strong>er Seite zu schwierig <strong>und</strong> zu gefährlich<br />
ist. Jedoch günstiger Zugang von Süden, von <strong>der</strong><br />
V° Alpini-Hütte, zum Kurzen <strong>Sulden</strong>grat, 2 Std.<br />
Monte Zebru<br />
Südostgipfel,3724 m<br />
Nordwestgipfel,3740 m<br />
Erstbesteigung am 29.09.1866 durch Julius Payer<br />
<strong>und</strong> Johann Pinggera.<br />
Nordwestflanke<br />
Weg <strong>der</strong> Erstbesteiger, heutiger Normalweg,<br />
Firn <strong>und</strong> Eis am Gipfelhang 35 bis 40 Grad,<br />
4 Std. von <strong>der</strong> V° Alpini-Hütte.<br />
Hochjoch,3527 m<br />
Als Übergang ungebräuchlich, da <strong>der</strong> Zustieg von<br />
<strong>der</strong> <strong>Sulden</strong>er Seite zu schwierig <strong>und</strong> zu gefährlich<br />
ist. Jedoch günstiger Zugang von Süden, von <strong>der</strong><br />
V° Alpini-Hütte, zum Monte-Zebru-Normalweg.<br />
<strong>Ortler</strong>,3905 m<br />
Erstbesteigung am 27. 09. 1804 durch Josef Pichler,<br />
Johann Leitner <strong>und</strong> Johann Klausner.<br />
Hintergrat<br />
Landschaftlich großartig, Firn <strong>und</strong> Eis bis 40 Grad,<br />
im Fels meist II, Stellen IV–/A0, 5 – 7 Std. von <strong>der</strong><br />
Hintergrathütte.<br />
Normalweg von <strong>der</strong> Payerhütte<br />
Leichtester <strong>Ortler</strong>anstieg, Firn <strong>und</strong> Eis bis 40 Grad,<br />
Fels bis III–, 3 – 5 Std. von <strong>der</strong> Payerhütte.<br />
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18 7/2004<br />
W<br />
as dem MŸnchner seine Wei§wurst, ist dem Ò<br />
<strong>Sulden</strong>er<br />
<strong>der</strong> ãSpeckÒ. Bestaunt, verkostet <strong>und</strong> auch erworben<br />
wird die salzige SŸdtiroler Leckerei unter dem <strong>Ortler</strong> beim<br />
gleichnamigen Bauern. Und das ist schon seit altersher so, als<br />
die Touristen noch mit dem Fiat Panorama-Bus von Spondinig<br />
nach <strong>Sulden</strong> herauftuckerten.<br />
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FOTOS: KRUG/STOCKER (KL. BILD)<br />
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SULDEN UND DER ORTLER<br />
Touren für die längsten Tage des Jahres: Wenn im Juni <strong>der</strong> Bergsommer<br />
im Hochtal von <strong>Sulden</strong> längst Einzug gehalten hat, leckt<br />
die Hitze unweigerlich an den Schneefel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Dreitausen<strong>der</strong>.<br />
Dann dauert es nicht mehr lang, bis die Hochtourensaison losgeht.<br />
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ã1786 haben zwei Franzosen den Mont Blanc bestiegen.<br />
1804 ein SŸdtiroler den <strong>Ortler</strong>. Wenn man schaut,<br />
wie nahe diese Daten beisammen liegen <strong>und</strong> um wie viel<br />
<strong>der</strong> <strong>Ortler</strong> schwieriger ist, dann sieht man, dass Ò<br />
<strong>der</strong><br />
mo<strong>der</strong>ne Alpinismus in <strong>Sulden</strong> am <strong>Ortler</strong> begonnen hat.Ò<br />
Reinhold Messner, <strong>der</strong> erste Mann auf allen Achttausen<strong>der</strong>n ist als Wahl-Vinschgauer <strong>Sulden</strong><br />
natürlich verb<strong>und</strong>en. Beson<strong>der</strong>s aktuell durch die Arbeiten am neuen Messner Mountain Museum.<br />
FOTO: ZAHEL FOTO: KRUG<br />
M<br />
ajestät, das große Werk ist vollbracht.<br />
Ich verspüre eine unsagbare<br />
Freude“, schrieb Dr. Gebhard,<br />
seines Zeichens Bergoffizier <strong>der</strong><br />
österreichisch-ungarischen Monarchie, aus<br />
<strong>Sulden</strong> an den Erzherzog Johann nach<br />
Wien. Man schrieb das Jahr 1804 <strong>und</strong> man<br />
schrieb alpine Geschichte. Denn einem<br />
kleinen Gämsenjäger aus dem Südtiroler<br />
Passeiertal, Josef Pichler, war gelungen,<br />
was bislang als unmöglich galt: die Besteigung<br />
eines <strong>der</strong> höchsten Berge <strong>der</strong><br />
Ostalpen, des 3905 Meter hohen <strong>Ortler</strong>.<br />
Josef Pichler schaffte den <strong>Ortler</strong> auf<br />
einer seiner schwersten Routen – über die<br />
Hinteren Wandeln – direkt von Trafoi aus<br />
in einem Gewaltmarsch von mehr als neun<br />
St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> mit einer Ausrüstung, die<br />
eigentlich keine war: ohne Pickel <strong>und</strong> Seil,<br />
nur mit Holzstangen <strong>und</strong> Steigeisen, wie<br />
man sie beim Holzfällen verwendete.<br />
<strong>Sulden</strong> hatte einen Helden. <strong>Sulden</strong>,<br />
früher das Armenhaus Tirols, wurden zu<br />
einem Ort, <strong>der</strong> die internationale Bergsteiger-Elite<br />
anzog. In <strong>Sulden</strong>, so sagt<br />
Reinhold Messner, hat <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne<br />
Alpinismus angefangen.<br />
<strong>Sulden</strong> ist – auf den ersten Blick – ein<br />
Ort, <strong>der</strong> vom Ruhm seiner Berge lebt. Der<br />
<strong>Ortler</strong>, sozusagen das königliche Haupt,<br />
<strong>und</strong> seine Trabanten – Königspitze <strong>und</strong><br />
Zebru – ziehen jedes Jahr knapp 300 000<br />
Menschen an.<br />
Und <strong>Sulden</strong> ist – ebenfalls auf den<br />
ersten Blick – nicht unbedingt ein schöner<br />
Ort. Zersiedelt fehlt ihm ein richtiger<br />
Ortskern, <strong>und</strong> man hat das Gefühl, das<br />
Dorf bestehe aus mehr Hotels als Privathäusern,<br />
was möglicherweise auch stimmt.<br />
Auf den zweiten Blick, jenem, <strong>der</strong> ein<br />
wenig länger auf dem 320-Einwohner-Ort<br />
verweilt, offenbart sich indes, dass <strong>Sulden</strong><br />
ein Ort ist, <strong>der</strong> vor allem durch seine<br />
Menschen lebt. Sie, die ihre Seele nicht<br />
dem Tourismus verkauft haben, sind geblieben,<br />
was sie sind: einfach, ehrlich,<br />
schrullig, eine Sammlung von Spezialisten,<br />
die sich nicht verbiegen lassen <strong>und</strong> die mit<br />
Vorliebe eines tun: zusammenhalten.<br />
Anführer <strong>der</strong> interessanten Gemeinde<br />
ist Josef Hurton, genannt Don, Gletscherpfarrer,<br />
Seelsorger, vom Bischof<br />
ernannter Tourismuspfarrer, Sprachgenie,<br />
Regisseur, Kameramann, ehemaliger Chef<br />
<strong>der</strong> Bergrettung <strong>und</strong> Mitbegrün<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
ersten Lawinenh<strong>und</strong>eschule Italiens.<br />
Geboren im Jahre 1928 im slowakischen<br />
Pressburg, besucht Hurton Schulen<br />
in Österreich <strong>und</strong> in Ungarn <strong>und</strong> geht<br />
dann auf die Lateran-Universität nach<br />
Rom. In <strong>der</strong> Zwischenzeit werden die<br />
Grenzen <strong>der</strong> Ostblock-Län<strong>der</strong> dicht gemacht.<br />
Hurton kann nicht zurück in sein<br />
Land. Also kommt er als Kaplan nach<br />
Südtirol, nach Abtei im Ga<strong>der</strong>tal, nach<br />
Sexten im Pustertal <strong>und</strong> schließlich nach<br />
<strong>Sulden</strong> unter dem <strong>Ortler</strong>.<br />
Warum gerade <strong>Sulden</strong>? „Das war<br />
Zufall“, erzählt Pfarrer Hurton, „1960 kam<br />
eine riesige Lawine vom <strong>Ortler</strong> runter bis<br />
auf die Straße <strong>und</strong> schleu<strong>der</strong>te den damaligen<br />
Pfarrer von <strong>Sulden</strong> ins Bachbett. Man<br />
hat ihn dreieinhalb Monate lang nicht<br />
gef<strong>und</strong>en. Also fragte mich <strong>der</strong> Bischof, ob<br />
ich die Gemeinde übernehmen könnte.<br />
Nach <strong>Sulden</strong> meldete sich niemand <strong>und</strong><br />
man bräuchte jemanden, <strong>der</strong> ein wenig<br />
international veranlagt ist. So kam ich nach<br />
<strong>Sulden</strong> <strong>und</strong> es hat mir gleich gut gefallen.<br />
Der Bischof sagte mir, schauen Sie, Sie<br />
müssen Ihre Wege selbst finden, alles was<br />
Sie tun, ist uns recht. Das war das Beste,<br />
was er mir geben konnte, weil ich frei<br />
Mäuse fangen konnte in <strong>der</strong> Gegend. So<br />
habe ich einen Weg gesucht <strong>und</strong> habe<br />
gesehen, dieser Ort lebt in großen Gefahren,<br />
immer wie<strong>der</strong> Tote, immer wie<strong>der</strong><br />
Lawinen.“<br />
Was macht ein Pfarrer wie Hurton? Er<br />
meldet sich sofort freiwillig zur Bergrettung<br />
<strong>und</strong> geht mit ein paar Männern<br />
nach Österreich <strong>und</strong> in die Schweiz, um<br />
vom dortigen Bergrettungsdienst zu lernen.<br />
Er baut er die erste Lawinenh<strong>und</strong>e-<br />
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SULDEN UND DER ORTLER<br />
schule Italiens auf. Er dreht Filme, wie<br />
man mit den Gefahren am Berg umgeht,<br />
die er dann jede Woche den Touristen in<br />
<strong>Sulden</strong> vorführt <strong>und</strong> mit denen er zahlreiche<br />
internationale Filmpreise gewinnt,<br />
unter an<strong>der</strong>em in Cannes. 1970 übernimmt<br />
er die Leitung <strong>der</strong> Bergrettung.<br />
Jeden Tag geht er hinaus auf den Gletscher<br />
<strong>und</strong> gräbt Schneeprofile, misst, prüft,<br />
überwacht die Lawinenlage. Dreißig Jahre<br />
lang ist <strong>der</strong> Pfarrer die zentrale Anlaufstelle<br />
für Touristen <strong>und</strong> Bergsteiger, die<br />
Ski- <strong>und</strong> Hochtouren im <strong>Ortler</strong>gebiet<br />
unternehmen wollen.<br />
Die Bergrettung in <strong>Sulden</strong> hatte 1952<br />
<strong>der</strong> Bergführer Fritz Reinstadler gegründet.<br />
Bereits Reinstadlers Vater <strong>und</strong> Großvater<br />
waren Bergführer gewesen, doch<br />
damals war die Wintersaison kurz, vor<br />
März kam niemand in das tief verschneite<br />
<strong>Sulden</strong>. Der Broterwerb war hart, deshalb<br />
arbeitete Reinstadler nebenbei auch als<br />
Straßenmeister.<br />
Auf dem <strong>Ortler</strong> stand <strong>der</strong> heute 82-jährige<br />
bestimmt mehr als 300 Mal, das erste<br />
Mal mit zwölf Jahren, als er an einem Tag<br />
direkt von <strong>Sulden</strong> aus ohne Hüttenübernachtung<br />
auf den höchsten Gipfel <strong>der</strong><br />
Ostalpen stieg. „Mein glücklichster Tag in<br />
den Bergen ist <strong>der</strong> 28. September 1967<br />
gewesen“, erinnert sich <strong>der</strong> ehemalige<br />
Bergführer, „damals stand ich beim<br />
Sonnenaufgang auf <strong>der</strong> Königspitze –<br />
gemeinsam mit meinen vier Kin<strong>der</strong>n.“<br />
Auf die Königspitze steigt er mit über<br />
achtzig immer noch <strong>und</strong> Skirennen fährt er<br />
auch noch. So zum Beispiel das legendäre<br />
<strong>Sulden</strong>spitz-Rennen, dessen Tradition auf<br />
die dreißiger Jahre zurückgeht. Damals<br />
musste man noch zu Fuß die 1600<br />
Höhenmeter zum Startpunkt aufsteigen,<br />
<strong>der</strong> 2500 Meter lange Wettkampfhang<br />
wurde in tagelanger Arbeit von den jungen<br />
Burschen des Dorfes mit den Ski eingetreten,<br />
bis er annähernd einer Piste glich.<br />
Die internationale Ski-Elite fuhr früher<br />
das <strong>Sulden</strong>spitz-Rennen, so auch<br />
22<br />
7/2004<br />
ãDer Bischof sagte mir, schauen Sie, Sie mŸssen Ihre Wege<br />
selbst finden, alles was Sie tun, ist uns recht.<br />
Das war das Beste, was er mir geben konnte, weil ich Ò<br />
frei<br />
MŠuse fangen konnte in <strong>der</strong> Gegend.Ò<br />
Pfarrer Don Josef Hurton, Mitbegrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> ersten Lawinenh<strong>und</strong>estaffel Italiens, ehemaliger Chef<br />
<strong>der</strong> Bergrettung <strong>Sulden</strong>, Kameramann, Regisseur <strong>und</strong> Gletscherpfarrer von <strong>Sulden</strong>. Noch Fragen?<br />
Roland Thöni, Bronzemedaillen-Gewinner<br />
bei den Olympischen Winterspielen 1972<br />
im japanischen Sapporo <strong>und</strong> dreifacher<br />
Weltcupsieger. Er lebt seit 1975 in <strong>Sulden</strong><br />
<strong>und</strong> betreibt dort das berühmte „Sport<br />
Thöni“. Im Sportgeschäft kann man auch<br />
Ski leihen.<br />
Diesen Service nutzt eine Gruppe<br />
Österreicher im März 2002, die auf Skitour<br />
geht. Der Wetterbericht ist schlecht,<br />
Thöni rät ab, doch die Gruppe ist ent-<br />
wischen <strong>der</strong> Kirche in <strong>Sulden</strong><br />
Z <strong>und</strong> den Flanken des <strong>Ortler</strong><br />
gab es dank Pfarrer Don Josef<br />
Hurton stets enge Kontakte.<br />
FOTO: ZAHEL<br />
schlossen. Thöni gibt dem Führer seine<br />
Karte mit – „für den Fall <strong>der</strong> Fälle“.<br />
Der Fall tritt ein. In Nebel <strong>und</strong> Schneesturm<br />
verliert die Gruppe die Orientierung,<br />
irrt durch das spaltenreiche Gletschergebiet,<br />
sieht sich schließlich gezwungen,<br />
in einer Schneehöhle zu biwakieren.<br />
Der nächste Morgen bringt keine Besserung.<br />
Verzweiflung kommt auf. Da findet<br />
<strong>der</strong> Führer Thönis Telefon-Nummer, ruft<br />
mit dem Handy an, bittet um Hilfe. Kurz<br />
darauf stirbt er an Unterkühlung <strong>und</strong><br />
Überanstrengung, <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> Gruppe<br />
kann Dank Thöni gerettet werden.<br />
Zwei Dörfer weiter, talauswärts, wohnt<br />
Rolands Cousin, Gustav Thöni. Gustavs<br />
Vater hatte nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
die Skischule in <strong>Sulden</strong> aufgebaut <strong>und</strong><br />
geleitet, <strong>der</strong> junge Gustav hatte hier das<br />
Skifahren gelernt. Und zwar gründlich,<br />
wie sein vierfacher Sieg im Gesamtweltcup<br />
belegt. Nach seinem Rückzug aus dem<br />
aktiven Sport trainierte Gustav Thöni das<br />
italienische Ski-Ass Alberto Tomba in<br />
<strong>Sulden</strong>. Noch heute ist er Cheftrainer <strong>der</strong><br />
italienischen Nationalmannschaft.<br />
An Prominenz hat es in <strong>Sulden</strong> nie<br />
gefehlt. Schauspieler, Sportler, Politiker<br />
suchten das kleine Dorf auf 1906 Metern<br />
Höhe auf. Einer, <strong>der</strong> sich in <strong>Sulden</strong> richtig<br />
verliebt hat, ist Jürgen Todenhöfer, ehemaliger<br />
CDU-Politiker <strong>und</strong> heute stellvertreten<strong>der</strong><br />
Vorsitzen<strong>der</strong> des Burda-Vorstandes.<br />
Er hat sich in <strong>Sulden</strong> ein Haus gebaut,<br />
direkt am Fuß des <strong>Ortler</strong>. Hier hat auch<br />
Michael Jackson im März 2001 drei Tage<br />
lang gewohnt.<br />
„Niemand in Südtirol glaubt, dass<br />
Michael wirklich da war“, donnert Paul<br />
Hanny, Marketing-Manager von <strong>Sulden</strong><br />
<strong>und</strong> Tausendsassa. „Aber <strong>der</strong> Jürgen<br />
Todenhöfer wollte mir, nachdem ich ihm<br />
den Gr<strong>und</strong> für sein Haus beschaffen hatte<br />
<strong>und</strong> die Bauarbeiten organisiert hatte, eine<br />
Freude machen <strong>und</strong> hat den Michael nach<br />
<strong>Sulden</strong> eingeladen.“<br />
Dass <strong>der</strong> Michael tatsächlich da war,<br />
dokumentieren Fotos. Denn beim Hanny<br />
Paul muss man vorsichtig sein. Manchmal<br />
erzählt er nämlich auch Sachen, die nicht<br />
stimmen. So berichtete er beispielsweise<br />
1978 – als er noch gemeinsam mit seinem<br />
Bru<strong>der</strong> das Hotel <strong>Sulden</strong> führte – einem<br />
Radiojournalisten wie beiläufig folgendes<br />
Malheur: „Ich hatte den Inkasso <strong>der</strong> ganzen<br />
Woche in <strong>der</strong> Tasche, 18 000 Mark.<br />
Auf dem Weg zur Bank bleib’ ich beim<br />
Reinstadler-Bauern stehen. Wir haben was<br />
zu besprechen, es ist heiß, ich hänge meine<br />
Jacke an die Stalltür. Als ich zurückkomme,<br />
hat eine Kuh die halbe Jacke <strong>und</strong> das ganze<br />
Geld aufgefressen. 18 000 Mark im Bauch<br />
<strong>der</strong> Reinstadler-Kuh!“ Die Geschichte war<br />
erlogen <strong>und</strong> erstunken, doch <strong>der</strong> Journalist<br />
glaubte sie <strong>und</strong> strahlte sie im Radio aus.<br />
Daraufhin lief sie über die Nachrichtenticker<br />
<strong>der</strong> ganzen Welt <strong>und</strong> auch die Bild-<br />
Zeitung brachte die Geschichte auf <strong>der</strong><br />
Titelseite.<br />
Sein bester Streich gelang Hanny 1979.<br />
Er ernannte sich selbst zum Staatspräsidenten<br />
des frisch ausgerufenen Freistaates<br />
<strong>Sulden</strong> <strong>und</strong> führte eine eigene<br />
Währung ein, den <strong>Sulden</strong> Tschosch. Der<br />
Wechselkurs: zehn Tschosch für eine Mark.<br />
Die Touristen wechselten zuhauf <strong>und</strong><br />
konnten mit dem Tschosch in ganz <strong>Sulden</strong><br />
zahlen: in den Geschäften, den Bars, an <strong>der</strong><br />
Seilbahn.<br />
Bis ein italienischer Journalist kam,<br />
<strong>der</strong> dachte, er habe eine staatsfeindliche<br />
<strong>und</strong> politisch höchst brisante Verschwörung<br />
aufgedeckt. Er kolportierte die<br />
Unabhängigkeitsbestrebungen des Freistaats<br />
<strong>Sulden</strong> sofort nach Rom, tags darauf<br />
holte die Staatssicherheit Paul Hanny ab.<br />
„Die haben mich nicht lange eingesperrt“,<br />
lacht Hanny. „Inzwischen ist <strong>der</strong> Tschosch<br />
gewaltig im Wert gestiegen. Heute sind<br />
zehn Tschosch bereits drei Euro.“<br />
Auch Reinhold Messner ist in <strong>Sulden</strong><br />
ein oft gesehener Gast. 1982 hatte er mit<br />
Paul Hanny den 8201 Meter hohen Cho<br />
Oyu in Tibet bestiegen. Damals hatten 120<br />
Yaks das notwendige Material in das Basislager<br />
geschleppt. Dabei war die Idee entstanden,<br />
die ausdauernden Tiere nach<br />
<strong>Sulden</strong> zu bringen. Fünf Yaks wurden daraufhin<br />
mit <strong>der</strong> transsibirischen Eisenbahn<br />
nach Europa <strong>und</strong> dann in das Bergdorf am<br />
Fuße des <strong>Ortler</strong> gebracht. Inzwischen ist<br />
eine kleine Herde entstanden. Und im<br />
Dorf gibt es das – ebenfalls von Messner<br />
initiierte – Restaurant „Yak <strong>und</strong> Yeti“, in<br />
dem Yak-Ragout, Yakfleisch-Ravioli <strong>und</strong><br />
Yak-Gulasch serviert werden. Der Yeti<br />
erscheint dem Gast aber höchstens nach<br />
ausgiebigem Weinkonsum.<br />
FOTO: KRUG
SULDEN UND DER ORTLER<br />
Als Reinhold Messner 1986 auch den<br />
letzten <strong>der</strong> vierzehn Achttausen<strong>der</strong> gemeistert<br />
hatte, feierte er seinen Erfolg ebenfalls<br />
in <strong>Sulden</strong>. Das ZDF-Sportstudio sendete<br />
50 Minuten lang live aus <strong>Sulden</strong>. „Es war<br />
das erste Mal“, erzählt Paul Hanny, <strong>der</strong><br />
den Event organisiert hatte, „dass die<br />
Sportsendung das Studio in Mainz verließ.<br />
Das erste Mal raus aus dem Studio <strong>und</strong><br />
dann nach <strong>Sulden</strong>. Das ZDF kam mit<br />
Übertragungswagen <strong>und</strong> mehreren Redaktionsstäben.<br />
Die Veranstaltung kostete fast<br />
800 000 Mark. Wir waren alleine <strong>und</strong> hatten<br />
niemanden hinter uns, aber wir haben<br />
es geschafft.“<br />
Alleine zu sein <strong>und</strong> es trotzdem zu<br />
schaffen, das scheint für die Leute in<br />
<strong>Sulden</strong> eine Art Leitmotiv zu sein.<br />
Hansi Klöckner etwa, von 1976 bis<br />
1996 Wirt <strong>der</strong> Schaubachhütte auf 2581<br />
Metern Höhe, stand vor dem Problem,<br />
dass es auf <strong>der</strong> Hütte kein Telefon gab.<br />
Doch so ganz ohne Kontakt zur Außenwelt<br />
eine Hütte zu führen, ist schwierig <strong>und</strong><br />
mühsam. Also baute sich Hansi Klöckner<br />
eine Radiostation. Radio Oberland wurde<br />
<strong>der</strong> höchstgelegene Radiosen<strong>der</strong> Europas.<br />
Hansi legte Musik auf, berichtete über<br />
Wetter- <strong>und</strong> Schneeverhältnisse – <strong>und</strong> gab<br />
seine Bestellungen auf. Nicht selten konnte<br />
man im Radio hören: „Hier ist Hansi<br />
Klöckner, Radio Oberland. Wenn jemand<br />
in <strong>Sulden</strong> mich hört, also, ich brauche zwei<br />
Kilo Brot, vier Kilo Nudeln <strong>und</strong> zwölf<br />
Eier. Der Nächste, <strong>der</strong> auf die Schaubachhütte<br />
hochsteigt, soll das bitte mitbringen."<br />
Das System funktionierte.<br />
Ein an<strong>der</strong>er Hüttenwirt, <strong>der</strong> in <strong>Sulden</strong><br />
Geschichte schrieb, war Severino Compagnoni<br />
von <strong>der</strong> Casatihütte am Fuße des<br />
Cevedale. Im Februar 1963 galt <strong>der</strong> Wirt<br />
als vermisst. Er war ins Tal hinab gestiegen,<br />
um Vorräte zu holen. Nachdem er<br />
nach drei Tagen immer noch nicht auf die<br />
Hütte zurückgekehrt war, gab seine Frau<br />
Alarm. Peppi Reinstadler, <strong>der</strong> damals bei<br />
<strong>der</strong> Suchaktion dabei war, erinnert sich<br />
24 7/2004<br />
ãHeller Tag ist es jetzt, die Sonne siegt! Seitlich nur fallen<br />
ihre Strahlen ein É <strong>und</strong> schon beginnt es sich in <strong>der</strong> Wand<br />
zu regen. Zuerst ein Knistern, dann rieseln Eissplitter Ò<br />
<strong>und</strong><br />
nun pfeifen auch schon die ersten Steine durch die Luft.Ò<br />
Hans Ertl, er durchstieg in den Jahren 1930 <strong>und</strong> 1931 zusammen mit Hans Brehm<br />
<strong>und</strong> Franz Schmid die Nordwände von Königspitze <strong>und</strong> <strong>Ortler</strong> jeweils als Erster.<br />
noch gut: „Wir suchten den ganzen Tag,<br />
doch wir konnten den Severino nicht finden.<br />
Als die Nacht hereinbrach, kehrten<br />
wir auf die Casatihütte zurück. Am nächsten<br />
Morgen waren sechzig Zentimeter<br />
Neuschnee gefallen. Die Suchbedingungen<br />
wurden immer schwieriger. Wir teilten<br />
uns auf. Ich suchte mit zwei Männern<br />
das Gelände unterhalb des Eisseejochs ab.<br />
Dabei entdeckte ich eine Spalte, die schon<br />
fast ganz zugeschneit war. Ich glaubte,<br />
etwas zu hören <strong>und</strong> beschloss, mich in die<br />
Spalte abzuseilen. Meter um Meter ließen<br />
meine Kollegen mich ab. Nach 35 Metern<br />
and aufs Herz! Eigentlich ist<br />
Hdie Kšnigspitze aus rein<br />
Šsthetischen Gesichtspunkten <strong>der</strong><br />
absolute Hingucker Ÿber <strong>Sulden</strong>,<br />
<strong>und</strong> das nicht nur von <strong>der</strong> SchaubachhŸtte<br />
aus. Ihre eisgepanzerte<br />
Nordwand zŠhlt noch heute zu<br />
den ganz gro§en kombinierten<br />
WŠnden <strong>der</strong> Ostalpen.<br />
FOTO: GES. FÜR ÖKOLOGISCHE FORSCHUNG/GROSSE<br />
war ich plötzlich neben dem Severino. Er<br />
hing in <strong>der</strong> Spalte, auf dem Rücken hatte<br />
er die Holztrage mit den Vorräten, darüber<br />
war ein Transistorradio geschnallt, denn<br />
<strong>der</strong> Severino hatte beim Aufstieg zur<br />
Hütte eine Fussball-Übertragung hören<br />
wollen. Das war sein Glück gewesen, denn<br />
Trage <strong>und</strong> Radio hatten sich in <strong>der</strong> Spalte<br />
verkantet <strong>und</strong> verhin<strong>der</strong>t, dass Severino bis<br />
auf den Gr<strong>und</strong> gefallen war“, erzählt <strong>der</strong><br />
heute 76-jährige Peppi. 72 St<strong>und</strong>en hatte<br />
<strong>der</strong> legendäre Hüttenwirt in <strong>der</strong> Gletscherspalte<br />
gehangen, Radio gehört <strong>und</strong> wie<br />
durch ein W<strong>und</strong>er überlebt.<br />
„Heute ist die Arbeit <strong>der</strong> Bergrettung<br />
dank Hubschrauber <strong>und</strong> mo<strong>der</strong>ner Technik<br />
einfacher geworden“, berichtet Olaf<br />
Reinstadler, <strong>der</strong> seit 2000 die Nachfolge<br />
von Pfarrer Hurton bei <strong>der</strong> Bergrettung<br />
angetreten hat. Seit kurzem ist es den<br />
Männern in <strong>Sulden</strong> auch wie<strong>der</strong> erlaubt,<br />
den Sprengstoff aufzubewahren, den sie<br />
für die Sprengung <strong>der</strong> Lawinen benötigen.<br />
Nach den Bombenattentaten, die im<br />
Südtirol <strong>der</strong> sechziger Jahre für politische<br />
Unruhen gesorgt hatten, hatte die<br />
Regierung nämlich jeglichen Besitz von<br />
Dynamit untersagt. „Früher mussten wir<br />
sechs bis acht Tage warten, bis wir den<br />
Sprengstoff bekamen. Doch bis dahin<br />
waren die Lawinen schon abgegangen“,<br />
sagt Olaf.<br />
Seit November vergangenen Jahres besitzt<br />
<strong>Sulden</strong> auch eine neue Seilbahn. Mit<br />
einer Kapazität von 440 Menschen, die die<br />
vier Gondeln gleichzeitig fassen, ist sie die<br />
stärkste Seilbahn <strong>der</strong> Welt. Sie gehört wie<br />
alle weiteren Liftanlagen in <strong>Sulden</strong> dem<br />
österreichischen Investor Walter Klaus,<br />
<strong>der</strong> sich seit 20 Jahren in <strong>Sulden</strong> engagiert.<br />
Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahre war die damalige<br />
Betreiber-Gesellschaft in Konkurs<br />
gegangen. Die Lage war äußerst prekär,<br />
die Seilbahn in <strong>Sulden</strong> schien vor dem Aus.<br />
Dann holte man Walter Klaus ins Boot –<br />
<strong>und</strong> heute hat <strong>der</strong> Ort die mo<strong>der</strong>nste<br />
Seilbahn <strong>der</strong> Welt.<br />
Wie<strong>der</strong> einmal haben es die <strong>Sulden</strong>er<br />
es geschafft. Es bleibt dabei: <strong>Sulden</strong> ist<br />
kein hübscher Ort. Aber seine Menschen<br />
sind äußerst liebenswert. Und seine Berge,<br />
ja die sind gewaltig schön. ▲<br />
König <strong>Ortler</strong> <strong>und</strong> seine alpine Geschichte<br />
Die Chronik berichtet:„Noch zu Beginn des<br />
18. Jahrh<strong>und</strong>erts galt <strong>der</strong> <strong>Ortler</strong> als unersteiglich,<br />
bis Erzherzog Johann von Österreich,<br />
<strong>der</strong> För<strong>der</strong>er aller alpinen Unternehmungen,<br />
den Bergoffizier Dr. Gebhard<br />
zur Ersteigung <strong>und</strong> Vermessung desselben<br />
aussandte. Und tatsächlich gelang am<br />
27. September 1804 dem 39jährigen Graf<br />
Trapp’schen Gämsenjäger Josef Pichler,<br />
vulgo Passeirer-Josele genannt, mit zwei<br />
Zillerthalern, Johann Leitner <strong>und</strong> Johann<br />
Klausner aus Zell, die erste Besteigung <strong>und</strong><br />
zwar über die Hinteren Wandeln von Trafoi.“<br />
27. 09. 1804 Erstbesteigung des <strong>Ortler</strong> durch<br />
Josef Pichler, Johann Leitner <strong>und</strong> Johann<br />
Klausner über die Hinteren Wandeln.<br />
1805 Josef Pichler besteigt den <strong>Ortler</strong> über den<br />
Hintergrat gemeinsam mit den Brü<strong>der</strong>n Hell <strong>und</strong><br />
einem Jäger aus Langtaufers.<br />
1834 Josef Pichler führt mit 70 Jahren Professor<br />
Thurwieser auf den <strong>Ortler</strong>.<br />
1864 Erste Begehung über das Bergl <strong>und</strong> die<br />
Hohe Eisrinne durch Francis Fox Tuckett <strong>und</strong><br />
Edward Buxton.<br />
07. 07. 1865 Erste Begehung <strong>der</strong> Nordseite<br />
durch Edm<strong>und</strong> von Mojsisovics, Johann<br />
Pinggera <strong>und</strong> Veit Reinstadler.<br />
1875 Errichtung <strong>der</strong> später mehrmals<br />
erweiterten Payerhütte.<br />
15. 06. 1875 Erste Begehung des Südgrates<br />
durch Otto Schück, Peter Dangl, Alois Pinggera.<br />
1878 Erstbegehung <strong>der</strong> Minnigero<strong>der</strong>inne<br />
durch die Brü<strong>der</strong> Pinggera <strong>und</strong> Prof. Minnigerode.<br />
27. 06. 1879 Erste Begehung <strong>der</strong> Ostwand<br />
(Schückrinne) durch Otto Schück, Peter Dangl,<br />
Peter Reinstadler.<br />
FOTO: ARCHIV HANNY/STRUPPI<br />
22. 08. 1889 Erste Begehung des Nordostgrates<br />
(Marltgrat) durch Loius Friedmann, Robert Hans<br />
Schmitt, Albrecht von Krafft, Otto Fischer <strong>und</strong><br />
Edm<strong>und</strong> Matasek.<br />
1904 Erste Begehung des Rothböckgrates<br />
durch H. Rothböck, F. Angerer <strong>und</strong> F. Pinggera.<br />
Juni 1931 Erstbegehung <strong>der</strong> <strong>Ortler</strong>-Nordwand<br />
durch Hans Ertl <strong>und</strong> Franz Schmid.<br />
1934 Erste Begehung über die Südwestwand<br />
durch die Führer Pirovano <strong>und</strong> Dr.Taddei.<br />
Juli 1963 Peter Holl <strong>und</strong> Helmut Witt finden<br />
einen neuen Weg durch die <strong>Ortler</strong>-Nordwand.<br />
25. 08. 1963 Erste Solobegehung <strong>der</strong> <strong>Ortler</strong>-<br />
Nordwand durch Dieter Drescher.<br />
Februar 1965 Erste Winterbegehung des Marltgrates<br />
durch Helmut Larcher <strong>und</strong> Dieter Drescher.<br />
Januar 1966 Erste Winterbegehung des Rothböckgrates<br />
durch Ulli Kössler <strong>und</strong> Fritz Pichler.<br />
20. 04. 1971 Erste Ski-Abfahrt über die<br />
Schückrinne durch Heini Holzer.<br />
Februar 1975 Erste Winterüberschreitung<br />
<strong>Ortler</strong> – Monte Zebru – Königspitze durch Ulli<br />
Kössler, Helmut Larcher <strong>und</strong> Dieter Drescher.<br />
11. 07. 1975 Erste Ski-Abfahrt über die<br />
Minnigero<strong>der</strong>inne durch Heini Holzer.<br />
31. 08. 1981 Reinhard Patschei<strong>der</strong> durchsteigt<br />
an einem Tag die drei Nordwände von <strong>Ortler</strong>,<br />
Monte Zebru <strong>und</strong> Königspitze.<br />
24. 06. 1983 Erste Ski-Abfahrt über die <strong>Ortler</strong>-<br />
Nordwand durch Andreas Orgler.<br />
03. 04. 2001 Abbruch <strong>der</strong> „Schaumrolle“, <strong>der</strong><br />
Gipfelwächte an <strong>der</strong> Königspitze.
FOTO: STOCKER<br />
SULDEN UND DER ORTLER<br />
200-jähriges Jubiläum <strong>der</strong> <strong>Ortler</strong>-Erstbesteigung – die Events<br />
Alles in allem wird <strong>der</strong> Normalanstieg zum <strong>Ortler</strong> häufig unterschätzt.<br />
Er verlangt immerhin Felskletterei bis zum unteren dritten Schwierigkeitsgrad<br />
– <strong>und</strong> die Beschaffenheit des Gletschers am Weg zum Gipfel<br />
verheißt spannungsreiche Augenblicke im Spaltenlabyrinth.<br />
Die Geschichte des Alpinismus ist<br />
noch jung an Jahren <strong>und</strong> zählt<br />
doch bereits so viele Meilensteile.<br />
Einen ihrer ersten legte ein Jäger<br />
aus dem Südtiroler Passeiertal,<br />
als er sozusagen in <strong>der</strong> Nachbarschaft<br />
alpinistisch zum<br />
Wil<strong>der</strong>n ging <strong>und</strong> vor 200 Jahren<br />
als Erster den <strong>Ortler</strong> bestieg. Für<br />
die stolzen <strong>Sulden</strong>er Gr<strong>und</strong><br />
genug, das Jubeljahr mit je<strong>der</strong><br />
Menge Feierlichkeiten zu begehen.<br />
Und dass sie sich dabei<br />
alle Mühe gaben, zeigt das breite<br />
Angebot mit Festivitäten für<br />
jeden Geschmack.<br />
<strong>Ortler</strong>-Jubiläums-Wochen<br />
03. bis 10. Juli 2004<br />
11. bis 18. September 2004 (leicht)<br />
Auf dem sechstägigen Programm<br />
stehen ausgedehnte Wan<strong>der</strong>ungen<br />
im <strong>Ortler</strong>gebiet wie die Drei-Ferner-<br />
Wan<strong>der</strong>ung, eine Gletscher-Tour ins<br />
ewige Eis <strong>der</strong> <strong>Sulden</strong>spitze <strong>und</strong> eine<br />
Wan<strong>der</strong>ung entlang <strong>der</strong> alten<br />
Waalwege nach Matsch. Außerdem<br />
sind ein Besuch auf <strong>der</strong> Churburg,<br />
auf <strong>der</strong> <strong>der</strong> Erstbesteiger Josef<br />
Pichler sein Brot verdiente, <strong>und</strong> ein<br />
26 7/2004<br />
Bergführer-Stammtisch geplant, auf<br />
dem Bergführer Geschichten aus<br />
ihrem Leben erzählen.<br />
<strong>Ortler</strong>-Erstbesteiger-<br />
Wochen<br />
3. bis 10. Juli 2004<br />
11. bis 18. September 2004<br />
(anspruchsvoll)<br />
Auf diesem ebenfalls sechstägigen<br />
Programm stehen ausgedehnte<br />
Wan<strong>der</strong>ungen zu den verschiedenen<br />
Schutzhütten r<strong>und</strong> um den<br />
<strong>Ortler</strong>. Höhepunkt <strong>der</strong> Woche bildet<br />
die Besteigung des <strong>Ortler</strong> auf dem<br />
Normalweg. Auch hier gibt es einen<br />
Bergführer-Stammtisch mit interessanten<br />
Anekdoten <strong>und</strong> Geschichten<br />
zur Erstbesteigung.<br />
<strong>Ortler</strong> Gipfelkreuz<br />
31. Mai 2004<br />
Das restaurierte Gipfelkreuz wird<br />
neu aufgestellt <strong>und</strong> gesegnet.<br />
Ein Blick in die<br />
Vergangenheit<br />
20. Juni bis 15. Oktober 2004<br />
Im „Haus <strong>der</strong> Berge“ findet eine<br />
Fotoausstellung r<strong>und</strong> um den <strong>Ortler</strong><br />
<strong>und</strong> seine Erstbesteigung statt.<br />
2. <strong>Sulden</strong>er Straßenfest<br />
20. August 2004<br />
Das Straßenfest steht in diesem<br />
Jahr ganz im Zeichen des <strong>Ortler</strong>.<br />
R<strong>und</strong> um König <strong>Ortler</strong><br />
14. September 2004<br />
Multivisionsshow r<strong>und</strong> um den<br />
<strong>Ortler</strong> mit Reinhold Messner im<br />
Freizeitzentrum <strong>Sulden</strong>.<br />
Informationen <strong>und</strong> Anmeldungen<br />
zu diesen Veranstaltungen gibt es<br />
in <strong>der</strong> Alpinschule <strong>Ortler</strong> in <strong>Sulden</strong>,<br />
Tel. 0039/0473/61 30 04,<br />
www.alpinschule-ortler.com<br />
Eröffnung des Messner<br />
Mountain Museum<br />
25. September 2004<br />
Reinhold Messner eröffnet in<br />
<strong>Sulden</strong> sein neues Museum r<strong>und</strong><br />
um die Eis- <strong>und</strong> Gletscherwelten.<br />
<strong>Ortler</strong>fest<br />
26. September 2004<br />
Feste <strong>und</strong> Feiern r<strong>und</strong> um das<br />
200-jährige Jubiläum <strong>der</strong> <strong>Ortler</strong>-<br />
Besteigung in <strong>Sulden</strong>.<br />
Hommage an Josef Pichler<br />
27. September 2004<br />
Auf den Tag genau 200 Jahre nach<br />
<strong>der</strong> Erstbesteigung durch den<br />
Gämsenjäger „Pseirer Josele“<br />
besteigt Reinhold Messner den<br />
<strong>Ortler</strong> auf <strong>der</strong> Original-Route über<br />
die Hinteren Wandeln.<br />
Informationen zu diesen<br />
Veranstaltungen gibt es beim<br />
Tourismusverein <strong>Sulden</strong>,Tel. 0039/<br />
0473/61 30 15, www.sulden.com<br />
Auf den Spuren<br />
des Jager Josele<br />
28. August 2004<br />
Auf den Spuren des Erstbesteigers<br />
Josef Pichler wird eine Wan<strong>der</strong>ung<br />
über die Heiligen Drei Brunnen <strong>und</strong><br />
zur Berglhütte unternommen.<br />
Alternativ steht auch ein Aufstieg<br />
zur Payerhütte <strong>und</strong> die Besteigung<br />
des <strong>Ortler</strong> auf dem Programm. Am<br />
Abend ist ein Empfang auf dem<br />
Schloss Churburg vorgesehen.<br />
Informationen:Tourismusverein<br />
Schlu<strong>der</strong>ns, Tel. 0039/0473/73 70 74,<br />
www.schlu<strong>der</strong>ns.suedtirol.com<br />
Das Messner Mountain Museum (MMM) in <strong>Sulden</strong><br />
Nach Messners Sammlung alpiner Curiosa in <strong>Sulden</strong> (Bild unten) wird<br />
das MMM <strong>Sulden</strong> einer <strong>der</strong> vier Ableger, die um das Messner-Bergmuseum<br />
in Firmian bei Bozen<br />
entstehen.„Vier Themen sollen in<br />
vier Häusern dargestellt werden“,<br />
erklärt Reinhold Messner, „das<br />
Thema Eis in <strong>Sulden</strong>, das Thema<br />
Fels am Monte Rite in den Dolomiten,<br />
das Thema Religion auf<br />
Schloss Juval <strong>und</strong> das Thema<br />
Bergvölker wahrscheinlich in einem Museum im Pustertal.“<br />
In <strong>Sulden</strong> will Messner auf einer unterirdischen Fläche von 350<br />
Quadratmetern anhand von historischen Erinnerungsstücken, Statements<br />
von alpinen Pionieren, von Gletschern, von Nord- <strong>und</strong> Südpol,<br />
von Schneemenschen <strong>und</strong> vor allem von den großen Eisgebirgen<br />
erzählen, wobei <strong>der</strong> <strong>Ortler</strong> im Zentrum <strong>der</strong> Ausstellung steht.<br />
Das Museum wird am 25. September 2004 eröffnet.<br />
FOTO: HANNY