Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS

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60 Beziehungen, die Überwindung der Feindschaft zwischen sozialen Gegnern, damit das Raumschiff Erde nicht im heißen Nebel der Unvernunft verglüht. Die Interessengegensätze in friedlicher Rivalität auszutragen und nicht auf militärische Gewalt zu setzen, muss zur Maxime aller Staaten und politischen Kräfte werden. Aber so weit sind wir noch nicht, leider noch lange nicht. Die Politik der USA, der NATO und anderer Mächte hat im letzten Jahrzehnt mehr Feinde gemacht als beseitigt. Das kann auf dem eingeschlagenen Kurs, die eigenen Interessen weltweit rigoros durchzusetzen, auch nicht anders sein. So hat zum Beispiel der Krieg gegen Irak Sarkawi und anderen Terroristen neue Freiräume geschaffen. 2 Irak ist zum Ausbildungszentrum für angehende Dschihadisten aufgestiegen. Täglich kreiert die unnachgiebige US-Außenpolitik radikale Islamisten, die als Märtyrer sterben wollen und dabei unschuldige Zivilisten mit in den Tod reißen. 3 Zudem nutzen radikale Islamgruppen seit Jahren das Internet, um für den Heiligen Krieg, den Dschihad, zu werben. In mehreren Sprachen lautet die Botschaft der islamisch-radikalisierten Gegenöffentlichkeit: „Der verdorbene Westen ist zum Untergang durch den heilbringenden Islam bestimmt.“ Es müsse weltweit ein Krieg gegen „Heiden und Kreuzritter“ geführt werden. Es sollen unter zahlreichen Internet-Verlinkungen auch Filme über Selbstmordattentate angeboten werden. Für die Kinder werden Dschihadkämpfer als Comic-Helden angepriesen. Die Glaubenskrieger nutzen das World Wide Web und stellen sich dort als mächtig und grausam dar. 4 Ihre Mittel nehmen sich jedoch im Vergleich zum Propagandaapparat der Anti-Terror-Krieger eher bescheiden aus. Nicht zu übersehen ist, dass es seit dem 11.09.2001 weltweit über 30 große Anschläge gab – in Madrid, London, auf Bali und Sinai, in Istanbul und Casablanca und weiteren Orten. Insgesamt waren es mehr als in den fünf Jahren vor dem Attentat auf das World Trade Center und der Eröffnung des weltweiten Krieges gegen den Terrorismus. Das ist ein Indiz für die Zunahme der Terrorgefahr und ein Zeichen von realer Bedrohung durch Terroristen. Zugleich ist es aber auch ein Indiz für die Erfolglosigkeit und Untauglichkeit des Krieges gegen den Terrorismus. 2 Siehe H.-D. Winter, Wenn der Westen nicht abrückt ..., in: Neues Deutschland vom 13.10.2005. 3 Siehe A. Hackensberger, Radikalisierung der islamischen Welt, in: Neues Deutschland vom 11.06.2006. 4 Siehe R. Meyer, Dschihad im Internet - Überzeugen mit Gräuel, in: Neues Deutschland vom 13.09.2006.

Die Ängste, die durch Terroranschläge hervorgerufen werden, erfahren durch die Propagierung von Feindbildern eine Verstärkung. Ob nun vom Terrorismus oder Islamismus die Rede ist, beides wird begrifflich nicht exakt gefasst, so dass sich die unterschiedlichsten Vorstellungen damit verbinden lassen. Misstrauen gegenüber Bürgern arabischer Staaten, gegen muslimische Bürger des eigenen Landes, Verdächtigung von Ausländern aus den Entwicklungsländern und auch diffuse Fremdenfeindlichkeit werden durch diese Feindbilder genährt. Die Medien verbreiten den Eindruck, die Terroristen seien immer und überall unter uns. Kein Wunder, dass Angst um sich greift. So hatten zum Beispiel vor der Fußballweltmeisterschaft 40 Prozent von 1.100 Bundesbürgern im Alter von 16 bis 65 Jahren Angst vor Terroranschlägen. 5 Bei einer 2005 durchgeführten Befragung von je 500 Bürgern aus allen 15 EU-Staaten hielten 55 Prozent die Bedrohung durch den Terrorismus für stark, 43 Prozent dagegen für eher schwach. Am sichersten fühlten sich die Finnen, von denen nur 6 Prozent eine Bedrohung durch den Terrorismus sehen. Am größten ist die Angst in Großbritannien, wo sich 76 Prozent der Befragten durch den Terrorismus bedroht fühlen. In Deutschland waren es zu dieser Zeit 54 Prozent. 6 Die Notwendigkeit, Terrorismus zu bekämpfen und Terrorakte zu vereiteln, bleibt unbestritten. Dazu ist der Einsatz polizeilicher und geheimdienstlicher Mittel legitim und wahrscheinlich auch effektiv, wenn darüber nicht vergessen wird, durch eine qualitativ veränderte Außen- und Entwicklungspolitik den Nährboden des Terrorismus auszutrocknen. Vor allem muss immer wieder die Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei der Wahl der Mittel gegen den Terrorismus angemahnt werden. Die Angst vor Terroranschlägen wird missbraucht, um die demokratischen Grundrechte einzuschränken. „Der moderne Sicherheitsdiskurs dreht sich längst nicht mehr allein um Einzelmaßnahmen – die Rede ist von einer neuen Sicherheitsarchitektur“ 7 , stellt Rolf Gössner, Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte fest. „Es geht im Kern dabei um zwei Tabubrüche, die auf dem Hintergrund deutscher Geschichte von besonderer Bedeutung sind. Erstens: die Militarisierung der ‚Inneren Sicherheit’, in deren Mittelpunkt der Einsatz der Bundeswehr als reguläre Sicherheitsreserve im Inland stehen soll – obwohl Polizei und Militär 5 Siehe http: //www.sport-news.de/nachrichten/deutsche-im-wm-fieber.html. 6 Siehe http: //www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/846/20826/. 7 R. Gössner, Bürgerrechte in Zeiten des Terrors, in: Neues Deutschland vom 11.09.2006. 61

Die Ängste, die durch Terroranschläge hervorgerufen werden, erfahren durch<br />

die Propagierung von Feindbildern eine Verstärkung. Ob nun vom Terrorismus<br />

oder Islamismus die Rede ist, bei<strong>des</strong> wird begrifflich nicht exakt gefasst, so dass<br />

sich die unterschiedlichsten Vorstellungen damit verbinden lassen. Misstrauen<br />

gegenüber Bürgern arabischer Staaten, gegen muslimische Bürger <strong>des</strong> eigenen<br />

Lan<strong>des</strong>, Verdächtigung von Ausländern aus den Entwicklungsländern <strong>und</strong><br />

auch diffuse Fremdenfeindlichkeit werden durch diese Feindbilder genährt.<br />

Die Medien verbreiten den Eindruck, die Terroristen seien immer <strong>und</strong> überall<br />

unter uns. Kein W<strong>und</strong>er, dass Angst um sich greift.<br />

So hatten <strong>zu</strong>m Beispiel vor der Fußballweltmeisterschaft 40 Prozent von<br />

1.100 Bun<strong>des</strong>bürgern im Alter von 16 bis 65 Jahren Angst vor Terroranschlägen.<br />

5 Bei einer 2005 durchgeführten Befragung von je 500 Bürgern aus allen<br />

15 EU-Staaten hielten 55 Prozent die Bedrohung durch den Terrorismus für<br />

stark, 43 Prozent dagegen für eher schwach. Am sichersten fühlten sich die<br />

Finnen, von denen nur 6 Prozent eine Bedrohung durch den Terrorismus sehen.<br />

Am größten ist die Angst in Großbritannien, wo sich 76 Prozent der Befragten<br />

durch den Terrorismus bedroht fühlen. In Deutschland waren es <strong>zu</strong><br />

dieser Zeit 54 Prozent. 6<br />

Die Notwendigkeit, Terrorismus <strong>zu</strong> bekämpfen <strong>und</strong> Terrorakte <strong>zu</strong> vereiteln,<br />

bleibt unbestritten. Da<strong>zu</strong> ist der Einsatz polizeilicher <strong>und</strong> geheimdienstlicher<br />

Mittel legitim <strong>und</strong> wahrscheinlich auch effektiv, wenn darüber nicht vergessen<br />

wird, durch eine qualitativ veränderte Außen- <strong>und</strong> Entwicklungspolitik den<br />

Nährboden <strong>des</strong> Terrorismus aus<strong>zu</strong>trocknen.<br />

Vor allem muss immer wieder die Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei der<br />

Wahl der Mittel gegen den Terrorismus angemahnt werden. Die Angst vor<br />

Terroranschlägen wird missbraucht, um die demokratischen Gr<strong>und</strong>rechte<br />

ein<strong>zu</strong>schränken.<br />

„Der moderne Sicherheitsdiskurs dreht sich längst nicht mehr allein um Einzelmaßnahmen<br />

– die Rede ist von einer <strong>neuen</strong> Sicherheitsarchitektur“ 7 , stellt<br />

Rolf Gössner, Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte fest.<br />

„Es geht im Kern dabei um zwei Tabubrüche, die auf dem Hintergr<strong>und</strong> deutscher<br />

Geschichte von besonderer Bedeutung sind. Erstens: die Militarisierung<br />

der ‚Inneren Sicherheit’, in deren Mittelpunkt der Einsatz der Bun<strong>des</strong>wehr als<br />

reguläre Sicherheitsreserve im Inland stehen soll – obwohl Polizei <strong>und</strong> Militär<br />

5 Siehe http: //www.sport-news.de/nachrichten/deutsche-im-wm-fieber.html.<br />

6 Siehe http: //www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/846/20826/.<br />

7 R. Gössner, Bürgerrechte in Zeiten <strong>des</strong> Terrors, in: Neues Deutschland vom 11.09.2006.<br />

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