Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS
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Die hier gezogene Grenze ist in der Realität natürlich fließend. So wie auch<br />
noch so theoretisch begründete Differenzierungen die Gepflogenheit nicht<br />
aus der Welt schaffen werden, den heutigen Kapitalismus schlechthin als sein<br />
imperialistisches Stadium <strong>zu</strong> bezeichnen.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt der Debatten ist die Beziehung zwischen Ökonomie<br />
<strong>und</strong> Politik. Ohne Analyse seiner ökonomischen Basis ist der <strong>Imperialismus</strong><br />
nicht auf den Begriff <strong>zu</strong> bringen. Darüber gibt es unter Marxisten kaum<br />
Meinungsverschiedenheiten. Zu bedenken gegeben wird jedoch, die machtpolitischen<br />
Dimensionen <strong>des</strong> Monopolkapitalismus stärker <strong>zu</strong> akzentuieren.<br />
Zwischen dem objektiv imperialistischen Charakter monopolkapitalistischer<br />
Verhältnisse <strong>und</strong> akuter imperialistischer Politik sei <strong>zu</strong> unterscheiden. Hinsichtlich<br />
der Beziehung zwischen Kapitalismus <strong>und</strong> <strong>Imperialismus</strong> herrschten<br />
ebenso wenig Automatismen wie zwischen Ökonomie <strong>und</strong> Politik.<br />
Die vermittelnde Rolle der Politik bei der Wechselwirkung zwischen Ökonomie<br />
<strong>und</strong> <strong>Ideologie</strong> bedarf keiner besonderen Begründung. Sie erlangt jedoch<br />
im <strong>Imperialismus</strong> besonderes Gewicht. Die Genese, Durchset<strong>zu</strong>ng <strong>und</strong> Reproduktion<br />
imperialistischer Strukturen <strong>und</strong> Aktivitäten bedarf in größerem<br />
Maße politischer Einflussnahme als die normale Realisierung kapitalistischer<br />
Logik.<br />
Deutlich wurde dies bereits beim historischen Übergang vom vormonopolistischen<br />
<strong>zu</strong>m monopolkapitalistischen Kapitalismus. Die Formierung der ökonomischen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen <strong>des</strong> <strong>Imperialismus</strong> vollzog sich aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong> Wirkens<br />
objektiver Tendenzen <strong>und</strong> Gesetzmäßigkeiten. Sie bedurfte jedoch in starkem<br />
Maße <strong>des</strong> Eingreifens der Politik <strong>und</strong> <strong>des</strong> Staates. Es ist kein Zufall, dass sich<br />
der Terminus imperialistische <strong>Ideologie</strong> <strong>zu</strong>nächst auf außenpolitische Erscheinungen,<br />
auf Militarismus als Konsequenz zwischenstaatlicher Rivalität, auf aggressiven<br />
Kolonialismus <strong>und</strong> Expansion <strong>und</strong> den Drang nach gewaltsamer<br />
Annexion fremden Territoriums bezog. Auf Aktivitäten also, die augenscheinlich<br />
politischer Natur sind <strong>und</strong> in besonderem Maße <strong>ihre</strong>n Weg durch das<br />
Medium der Öffentlichkeit nehmen.<br />
Und was sich da artikulierte, war eine neuartige Politik. Die Epoche eines<br />
„verhältnismäßig friedlichen Kapitalismus“ wurde abgelöst „von einer Epoche<br />
verhältnismäßig viel stürmischeren, sprunghafteren, katastrophaleren, konfliktreicheren<br />
Charakters ...“ 8 Vollzogen wurde der Übergang <strong>zu</strong> einer Politik,<br />
die in besonderem Maße ideologischer Begründung <strong>und</strong> Rechtfertigung, politischer<br />
Kalkulation, zynischer Demagogie <strong>und</strong> effektvoller Manipulation, einer<br />
selbstzerstörerischen Synthese von Täuschung <strong>und</strong> Selbsttäuschung<br />
8 W. I. Lenin, Werke, Bd. 22, Berlin 1960, S. 102.