Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS
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gleichen Tag hieß es in einem redaktionellen Artikel der FAZ: „Der Irak soll<br />
als Feind verschwinden, indem die Amerikaner ihn mit imperialen Mitteln neu<br />
gründen. Die Verwerfungen der postkolonialen Zeit werden durch einen <strong>neuen</strong><br />
demokratischen Kolonialismus <strong>zu</strong>geschüttet.“ Von dieser Zielset<strong>zu</strong>ng ist<br />
inzwischen längst nicht mehr die Rede. Zu offenk<strong>und</strong>ig ist das Desaster dieses<br />
Krieges. Die ehemalige Außenministerin der USA, Madeleine Albright,<br />
hält es für möglich, „dass sich die Invasion im Irak <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> Folgen letzten<br />
En<strong>des</strong> als eines der größten Desaster der amerikanischen Geschichte erweisen<br />
werden. ... Die Invasion im Irak sollte eine Machtdemonstration der Vereinigten<br />
Staaten darstellen. Statt<strong>des</strong>sen hat sie die Grenzen dieser Macht aufgezeigt.“<br />
19<br />
Für das Scheitern der imperialistischen USA-Strategie im Irak war <strong>und</strong> ist der<br />
religiöse Faktor von erheblicher Bedeutung. Obwohl kompetente Strategen<br />
rechtzeitig genau darauf hingewiesen hatten, hat die Bush-Administration den<br />
Islam als Quelle eines spezifischen Widerstandswillens gegen imperialistische<br />
Aggressoren maßlos unterschätzt. Bereits im Oktober 2001 – also unmittelbar<br />
nach dem 11. September 2001, als die meisten moslemischen Länder noch<br />
diesen Terror verurteilten – antwortete Huntington in einem Interview auf die<br />
Frage, was passiert, wenn US-Truppen Irak angreifen?: Ohne überzeugende<br />
Beweise für die Unterstüt<strong>zu</strong>ng <strong>des</strong> Al Qaida-Netzwerkes durch den Irak „wäre<br />
es verhängnisvoll, Irak an<strong>zu</strong>greifen. Ein solcher Angriff würde <strong>zu</strong> einem<br />
Krieg ganz anderer Art führen. Er würde große Teile der Bevölkerung <strong>und</strong><br />
der Regierungen in der moslemischen Welt aufbringen, die jetzt die internationale<br />
Koalition gegen den Terror unterstützen.“ 20<br />
Madeleine Albright erinnert in <strong>ihre</strong>r Analyse dran, dass hohe Vertreter christlicher<br />
Kirchen die Bush-Administration vor einem Angriff auf den Irak wegen<br />
der <strong>zu</strong> erwartenden Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den Religionen<br />
nachdrücklich gewarnt haben. So hatte Papst Johannes Paul II. noch<br />
im März 2003 Kardinal Pio Laghi als Sondergesandten <strong>des</strong> Vatikan <strong>zu</strong> US-<br />
Präsident Bush geschickt, um ihn unter Hinweis auf die <strong>zu</strong> erwartenden zivilen<br />
Opfer <strong>und</strong> einer Beschädigung der Beziehungen zwischen Christen <strong>und</strong><br />
Muslimen von seiner Absicht ab<strong>zu</strong>bringen, den Irak an<strong>zu</strong>greifen. Petros VII.<br />
von Alexandria, der zweithöchste Patriarch der griechisch-orthodoxen Kirche,<br />
warnte, der Einmarsch in den Irak „würde als Angriff auf den Islam<br />
19 M. Albright, Der Mächtige <strong>und</strong> der Allmächtige …, a.a.O., S. 201.<br />
20 Der Tagesspiegel vom 13.10.2001, S. 7.<br />
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