Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS
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Eine für die USA spezifische <strong>und</strong> politisch außerordentlich bedeutsame Erscheinung<br />
ist die amerikanische Zivilreligion. Huntington definiert sie als „Verschmel<strong>zu</strong>ng<br />
von Religion <strong>und</strong> Patriotismus“, 9 wobei die Art der Religion keine<br />
Rolle spielt. Da<strong>zu</strong> zitiert er zweimal Präsident Eisenhower, der das so formuliert<br />
hat: „Unsere Regierungsweise ergibt nur einen Sinn, wenn sie auf einem<br />
tief empf<strong>und</strong>enen religiösen Glauben gründet. Und es kümmert mich<br />
nicht, welcher Glaube das ist.“ Und weiter: „Die Anerkennung eines höchsten<br />
Wesens ist der erste, gr<strong>und</strong>legende Ausdruck <strong>des</strong> amerikanischen Charakters.<br />
Ohne Gott gäbe es keine amerikanische Regierungsform <strong>und</strong> keine amerikanische<br />
Lebensweise.“ Huntington folgert daraus unmittelbar: „Wer die Existenz<br />
Gottes leugnet, stellt das F<strong>und</strong>ament der amerikanischen Gesellschaft<br />
<strong>und</strong> Regierung in Frage.“ 10<br />
Angesichts <strong>des</strong>sen ist es erklärlich, dass sich die überwältigende Mehrheit der<br />
US-Amerikaner da<strong>zu</strong> bekennt, an einen Gott <strong>zu</strong> glauben. 2003 waren es nach<br />
Huntington 92 Prozent. Daraus folgt, dass in den USA, wie es ein schwedischer<br />
Theologe einschätzt, „selbst die Atheisten eine religiöse Sprache sprechen.“<br />
Denn, so Huntington: „Von Atheisten haben die Amerikaner eine<br />
schlechtere Meinung als von den meisten anderen Minderheiten.“ 11<br />
Feindbild Islam<br />
Nach Huntington beruht die Identität Amerikas nicht nur auf der amerikanischen<br />
Zivilreligion, sondern ist ebenso „ein Produkt der gemeinsamen Kriegserfahrung“.<br />
Im Zusammenhang mit den von den USA in den vergangenen<br />
h<strong>und</strong>ert Jahren geführten Kriegen definierten die US-Amerikaner „ihr Land<br />
um vom gelobten Land <strong>zu</strong>m Kreuzfahrerstaat“. 12 Die von den USA <strong>und</strong> deren<br />
Bun<strong>des</strong>genossen nach dem Untergang der Sowjetunion inszenierten Kriege<br />
<strong>zu</strong>r Neuordnung der Welt zielen vor allem auf die neokoloniale Beherrschung<br />
<strong>des</strong> Nahen <strong>und</strong> Mittleren Ostens <strong>und</strong> damit auf die Beherrschung einer Region,<br />
deren Bevölkerung mehrheitlich aus Muslimen besteht.<br />
Das nach dem manichäischen Prinzip‚ wer nicht mit uns ist, ist gegen uns, für diese<br />
Kriege entwickelte ideologische Feindbild von der Achse <strong>des</strong> Bösen zielt bewusst<br />
darauf hin, den Islam als Quelle <strong>des</strong> Terrorismus erscheinen <strong>zu</strong> lassen<br />
<strong>und</strong> wird inzwischen begrifflich bis <strong>zu</strong>m Islamo-Faschismus <strong>zu</strong>gespitzt. So <strong>zu</strong>m<br />
Beispiel, wenn Josef Joffe fordert: „Nennen wir’s nicht ‚Islamismus‘ oder<br />
9 Ebenda, S. 136.<br />
10 Ebenda, S. 133, 137.<br />
11 Ebenda, S. 117 f.<br />
12 Ebenda, S. 83, 109.<br />
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