Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS
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Ernst Woit<br />
USA-Strategen über die wachsende ideologische<br />
Bedeutung der Religionen <strong>und</strong> <strong>ihre</strong>n Einfluss auf die<br />
Möglichkeiten imperialistischer Kriegführung<br />
Gerade im Zusammenhang mit dem immer offenk<strong>und</strong>igeren Scheitern der<br />
USA-Strategie <strong>zu</strong>r neokolonialistischen Beherrschung <strong>des</strong> Nahen <strong>und</strong> Mittleren<br />
Ostens wird von einflussreichen Strategen <strong>des</strong> USA-<strong>Imperialismus</strong> immer<br />
stärker die Bedeutung der Religionen als wesentlicher ideologischer Faktor<br />
<strong>des</strong> politischen <strong>und</strong> insbesondere auch <strong>des</strong> militärischen Kräfteverhältnisses<br />
hervorgehoben. Dabei wird die veränderte ideologische Bedeutung der Religionen<br />
<strong>zu</strong>nehmend auch als Reflex epochaler gesellschaftlicher Veränderungen<br />
beurteilt. So schätzt Samuel P. Huntington ein: „Im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden<br />
die Gesellschaften der westlichen Länder (mit der bemerkenswerten<br />
Ausnahme der Vereinigten Staaten) weitgehend säkularisiert; Kirche <strong>und</strong> Religion<br />
spielten im öffentlichen, gesellschaftlichen <strong>und</strong> privaten Leben eine<br />
immer geringere Rolle. Das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert jedoch ist als ein Jahrh<strong>und</strong>ert der<br />
Religion angebrochen. Fast überall außer in Westeuropa suchen die Menschen<br />
in der Religion Rat, Hilfe, Trost <strong>und</strong> Identität. ... Gewaltsame Auseinanderset<strong>zu</strong>ngen<br />
zwischen religiösen Gruppen werden auf der ganzen Erde<br />
immer häufiger.“ 1<br />
Die ehemalige Außenministerin der USA, Madeleine Albright, gibt in <strong>ihre</strong>m<br />
Buch Der Mächtige <strong>und</strong> der Allmächtige heute ganz offen <strong>zu</strong>, dass die USA von<br />
der islamischen Revolution im Iran völlig unvorbereitet getroffen wurden.<br />
„Unsere Experten erfassten weder das Ausmaß der Feindseligkeit gegenüber<br />
dem Schah noch das Ausmaß der Loyalität, auf das sich die muslimischen<br />
Kleriker stützen konnten.“ Sie kommt schließlich <strong>zu</strong> der Einschät<strong>zu</strong>ng: „Wir<br />
hatten es hier mit einem wahren politischen Erdbeben <strong>zu</strong> tun, das der Französischen<br />
oder Russischen Revolution in nichts nachstand.“ 2<br />
Damit korrespondiert eine Einschät<strong>zu</strong>ng, die Huntington hinsichtlich der<br />
gr<strong>und</strong>legenden Inhalte <strong>des</strong> ideologischen Kampfes im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong><br />
heute bereits 1996 traf: „Der Konflikt zwischen liberaler Demokratie <strong>und</strong><br />
Marxismus-Leninismus im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert war ein flüchtiges <strong>und</strong> vordergründiges<br />
Phänomen, verglichen mit dem kontinuierlichen <strong>und</strong> konfliktreichen<br />
1 S. P. Huntington, Who are we?, Hamburg, Wien 2004, S. 32.<br />
2 M. Albright, Der Mächtige <strong>und</strong> der Allmächtige. Gott, Amerika <strong>und</strong> die Weltpolitik,<br />
München 2006, S. 59.<br />
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