Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS

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40 die für die Sicherheit Deutschlands maßgeblichen Organisationen werden in dieser Reihenfolge genannt: NATO, EU, OSZE und VN. 25 Der Auftrag der Bundeswehr ist neu gefasst: „Die Bundeswehr als Instrument einer umfassend und vorausschauend angelegten Sicherheits- und Verteidigungspolitik sichert die außenpolitische Handlungsfähigkeit, leistet einen Beitrag zur Stabilität im europäischen und globalen Rahmen“. 26 Danach ist also die außenpolitische Handlungsfähigkeit abhängig von der Militärmacht, über die Deutschland verfügt. Außenpolitik mit Waffen und Soldaten! Das hatten wir schon, und genau das sollte nie wieder sein. In der weiteren Bestimmung des Auftrags wird festgelegt, die Bundeswehr habe regional und global zur Stabilität und Verteidigung der Verbündeten beizutragen – nicht zum Frieden – und für nationale Verteidigung zu sorgen. Einen Friedensauftrag hat die Bundeswehr nicht. „Vor diesem Hintergrund“, heißt es weiter, „ muss Deutschland über ein im internationalen Kontext angemessenes Streitkräftekontingent für friedenserzwingende Maßnahmen verfügen.“ 27 Hieraus ergibt sich eine grundsätzliche Veränderung der Wehrmotivation. „Das ganze Spektrum der Auslandseinsätze bestimmt heute das Selbstverständnis der Soldatinnen und Soldaten.“ 28 Der lange Zeit auf beiden Seiten geltende Grundsatz, kämpfen wollen und kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen, gilt nicht mehr. Kämpfen wollen und kämpfen können, um zu kämpfen, lautet jetzt die Aufgabe. Schon lange bevor die meisten Bundestagsabgeordneten ahnten, wofür sie die Verantwortung übernehmen werden, sind deutsche Soldaten auf die neue Aufgabe vorbereitet worden. „Schwieriger als nur materielle Vorbereitung“, so waren sich Vorreiter der Umwidmung der Bundeswehr zu einer Armee im Einsatz, wie Oberstleutnant i.G. Herden, bewusst, „ist dabei die notwendige mentale Bewusstseinsänderung – bei Soldaten und anderen Bürgern. Beide müssen fern jeder Realitätsverdrängung verstehen, in welches politische und soziale Umfeld die Soldaten geschickt werden, und welcherart die Situationen 25 Siehe ebenda, S. 33 - 65. 26 Ebenda, S. 70. 27 Ebenda, S. 90. 28 Ebenda, S. 80.

sind, die ihnen angemessene (militärische) Reaktionen abverlangen.“ 29 Die Soldaten werden es beim Gegner „wahrscheinlich nicht mit disziplinierten und modern ausgerüsteten Soldaten im westlichen Sinne, sondern mit Kriegern zu tun haben – Banditen, die keine Loyalität kennen, aus Gewohnheit Gewalt anwenden und an Recht und Ordnung kein Interesse haben.“ Wie weit ist das noch entfernt, die Frage sei erlaubt, vom Feinbild Untermensch? Der Generalstabsoffizier Herden, Bereichsleiter für Analysen und Risikoprognosen im Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr, wies ausdrücklich darauf hin, seine Erkenntnisse im intensiven Gedankenaustausch mit Mitgliedern der amerikanischen Military Intelligence Community gewonnen zu haben. Er zog aus ihnen den Schluss, dass es unklug wäre, die Soldaten der Bundeswehr „nicht für die brutalen kleinen Kriege gegen die kleinen bösen Männer auszubilden. Deutschland wird um eine Beteiligung an diesen Kriegen gebeten werden ... Nicht immer wird man die Schmutzarbeit den Partnerländern überlassen können.“ 30 So konnte es schon vor einem Jahrzehnt jeder lesen und wissen, der es wollte. Auf Bedenken, die von verschiedenen Seiten geäußerte wurden, deutsche Soldaten in den gefährlichen Süden Afghanistans zu schicken, antwortete der ehemalige Vorsitzende des NATO-Militärausschusses General a.D. Klaus Naumann kernig: „Soldaten sind Kämpfer. Und wenn ein Volk nicht mehr den Willen hat, Soldaten zum Kampf einzusetzen, dann wäre es besser, die Streitkräfte abzuschaffen.“ 31 Besser wäre es schon, wenn das Volk diesem Rat in letztgenannter Richtung folgen würde. Das Bewusstsein des Volkes aber wird in einen Nebel getaucht, aus dem die wahren Absichten für den Gebrauch des Krieges als Mittel der Politik nur selten aufscheinen. Und so bleibt die Kriegsideologie vorherrschend – bis neue schlechte Erfahrungen und bessere Einsichten wieder eine Umkehr erzwingen, oder bis es zu spät dafür ist. Eine objektive Bedingung dafür, dass die Kriegsideologie den beherrschenden Einfluss auf die Politik und die öffentliche Meinung verliert, ist sicher die, dass die gegenwärtige kriegerische Politik erfolglos bleibt und im Desaster endet. Die subjektive Kraft, die dafür sorgen könnte, dass die Kriegsideologie ihre Dominanz einbüßt, sehe ich in einem vielschichtigen Parallelogramm 29 R. Herden, Die neue Herausforderung (1). Das Wesen künftiger Konflikte, in: Truppenpraxis/Wehrhausbildung, Heft 02/1996, S. 68. 30 Ebenda, S. 144. 31 K. Naumann im Deutschlandfunk am 23.10.2006. 41

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die für die Sicherheit Deutschlands maßgeblichen Organisationen werden in<br />

dieser Reihenfolge genannt: NATO, EU, OSZE <strong>und</strong> VN. 25<br />

Der Auftrag der Bun<strong>des</strong>wehr ist neu gefasst: „Die Bun<strong>des</strong>wehr als Instrument<br />

einer umfassend <strong>und</strong> vorausschauend angelegten Sicherheits- <strong>und</strong> Verteidigungspolitik<br />

sichert die außenpolitische Handlungsfähigkeit,<br />

leistet einen Beitrag <strong>zu</strong>r Stabilität im europäischen <strong>und</strong> globalen Rahmen“.<br />

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Danach ist also die außenpolitische Handlungsfähigkeit abhängig von der Militärmacht,<br />

über die Deutschland verfügt. Außenpolitik mit Waffen <strong>und</strong> Soldaten!<br />

Das hatten wir schon, <strong>und</strong> genau das sollte nie wieder sein. In der weiteren<br />

Bestimmung <strong>des</strong> Auftrags wird festgelegt, die Bun<strong>des</strong>wehr habe regional<br />

<strong>und</strong> global <strong>zu</strong>r Stabilität <strong>und</strong> Verteidigung der Verbündeten bei<strong>zu</strong>tragen –<br />

nicht <strong>zu</strong>m Frieden – <strong>und</strong> für nationale Verteidigung <strong>zu</strong> sorgen. Einen Friedensauftrag<br />

hat die Bun<strong>des</strong>wehr nicht.<br />

„Vor diesem Hintergr<strong>und</strong>“, heißt es weiter, „ muss Deutschland über ein im<br />

internationalen Kontext angemessenes Streitkräftekontingent für friedenserzwingende<br />

Maßnahmen verfügen.“ 27 Hieraus ergibt sich eine gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Veränderung der Wehrmotivation. „Das ganze Spektrum der Auslandseinsätze<br />

bestimmt heute das Selbstverständnis der Soldatinnen <strong>und</strong> Soldaten.“ 28 Der<br />

lange Zeit auf beiden Seiten geltende Gr<strong>und</strong>satz, kämpfen wollen <strong>und</strong> kämpfen<br />

können, um nicht kämpfen <strong>zu</strong> müssen, gilt nicht mehr. Kämpfen wollen <strong>und</strong><br />

kämpfen können, um <strong>zu</strong> kämpfen, lautet jetzt die Aufgabe.<br />

Schon lange bevor die meisten Bun<strong>des</strong>tagsabgeordneten ahnten, wofür sie die<br />

Verantwortung übernehmen werden, sind deutsche Soldaten auf die neue<br />

Aufgabe vorbereitet worden. „Schwieriger als nur materielle Vorbereitung“,<br />

so waren sich Vorreiter der Umwidmung der Bun<strong>des</strong>wehr <strong>zu</strong> einer Armee im<br />

Einsatz, wie Oberstleutnant i.G. Herden, bewusst, „ist dabei die notwendige<br />

mentale Bewusstseinsänderung – bei Soldaten <strong>und</strong> anderen Bürgern. Beide<br />

müssen fern jeder Realitätsverdrängung verstehen, in welches politische <strong>und</strong><br />

soziale Umfeld die Soldaten geschickt werden, <strong>und</strong> welcherart die Situationen<br />

25 Siehe ebenda, S. 33 - 65.<br />

26 Ebenda, S. 70.<br />

27 Ebenda, S. 90.<br />

28 Ebenda, S. 80.

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