Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS
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Am deutlichsten zeigt sich die Revitalisierung kriegerischen Denkens daran,<br />
dass in der Bun<strong>des</strong>republik eine Wendung vollzogen worden ist von Gewehr<br />
bei Fuß <strong>zu</strong>m Gewehr im Anschlag, von Verteidigung der Bun<strong>des</strong>republik <strong>und</strong><br />
<strong>des</strong> Bündnisses <strong>zu</strong>r Militärintervention weltweit. „Wir sind bereit, Kriege für<br />
den Frieden <strong>zu</strong> führen – nicht allein, doch im Verein mit anderen“, so brachte<br />
Theo Sommer diese gravierende Wende auf den Begriff. „Außenpolitisch sind<br />
wir damit eine andere Republik geworden. Was militärische Interventionen<br />
<strong>zu</strong>r Wahrung oder Wiederherstellung <strong>des</strong> Friedens anbelangt, so ist der Bruch<br />
eindeutig schärfer als die Kontinuität.“ 22<br />
Befriedigt konstatiert Constanze Stelzenmüller: „Die überraschende Leistung<br />
der rot-grünen Koalition war es, der deutschen Außenpolitik das Militär als<br />
Instrument der Machtprojektion <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>geben. Das Tabu eines Einsatzes<br />
der Bun<strong>des</strong>wehr jenseits von Lan<strong>des</strong>- <strong>und</strong> Bündnisgrenzen fiel schnell.“ 23<br />
Diesen Tabubruch haben allerdings alle Bun<strong>des</strong>tagsfraktionen mit Ausnahme<br />
der Linken begangen. Rudolf Seiters bekam für seinen Ruf ins Parlament Diplomatie<br />
ohne Schwert ist eine Diplomatie ohne Wert Beifall von der CDU/CSU-<br />
Fraktion <strong>und</strong> von der FDP. Aber von den Grünen erforderte der Tabubruch<br />
einen Gesinnungswandel vom Pazifismus <strong>zu</strong> Bellizismus.<br />
Neuerdings verfügen wir mit dem Weißbuch 2006 <strong>zu</strong>r Sicherheitspolitik Deutschlands<br />
<strong>und</strong> <strong>zu</strong>r Zukunft der Bun<strong>des</strong>wehr über eine <strong>zu</strong>sammenfassende Darstellung<br />
der deutschen sicherheits- <strong>und</strong> verteidigungspolitischen Strategie <strong>und</strong> mithin<br />
der ideologischen Glaubenssätze, mit denen sie begründet wird. Im Gegensatz<br />
<strong>zu</strong>r amerikanischen Sicherheitsstrategie nennt das Weißbuch die Dinge<br />
selten beim Namen. Man hat offensichtlich großen Wert darauf gelegt, die<br />
harten Tatsachen weich <strong>zu</strong> spülen, <strong>und</strong> herausgekommen ist ein verwaschener<br />
Text.<br />
Dennoch lässt sich auch aus ihm ablesen, wie weit kriegsideologische Auffassungen<br />
<strong>und</strong> Wertungen die offizielle Denkweise der Berliner Republik<br />
bestimmen. Die deutsche Sicherheitspolitik geht danach von derselben Bedrohungslage<br />
aus wie die der USA: internationaler Terrorismus, Weiterverbreitung<br />
von Atomwaffen, Staatenzerfall <strong>und</strong> Entstaatlichung der militärischen<br />
Gewalt. 24 Entgegen dem Anspruch, von einem umfassenden Sicherheitsbegriff<br />
aus<strong>zu</strong>gehen, wird Sicherheit vorrangig militärisch definiert. Als<br />
22<br />
T. Sommer, Die deutsche Außenpolitik: unterwegs. Entwurf einer Reiseroute für die<br />
Diplomatie der Berliner Republik, in: DIE ZEIT vom 01.03.2001, S. 10.<br />
23<br />
C. Stelzenmüller, Das falsche Sparschwein. Die Politik hat die Bun<strong>des</strong>wehr verraten, in:<br />
DIE ZEIT vom 07.03.2002, S. 1.<br />
24<br />
Siehe Weißbuch 2006 <strong>zu</strong>r Sicherheitspolitik Deutschlands <strong>und</strong> <strong>zu</strong>r Zukunft der Bun<strong>des</strong>wehr,<br />
S. 20 f.<br />
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