Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS
Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS
22 Horst-Dieter Strüning Zum Menschenbild des Neoliberalismus: der homo oeconomicus Problemformulierung Die Sirenen der neoliberalen Ökonomie, bemerkt R. Rilling, 1 „locken mit Konsumismus und der großen Reduktion von Komplexität“, sie zeigen, fährt er fort, die „Krise des seit der weltpolitischen Wende von 1989/90 dominierenden Neoliberalismus. Die Sirenen der Ökonomie repräsentieren eine „aktuelle Zeit“, in der auf neue Weise zwei wesentliche gesellschaftliche Prozesse zusammengehen; und zwar die „maßlosen Dynamiken einer entfesselten Ökonomie“ einerseits mit „einer von Kriegskalkülen geprägten“, das heißt „neu entgrenzenden und entgrenzten Politik“ andererseits. In diesem auf die durch den 11. September ausgelöste Fusion von „totalem Markt und totalem Krieg“ bzw. von „Terror der Ökonomie und der Gewalt des Militärs“ abzielenden Zusammenschluss sind zugleich anthropologische Bilder konstituiert worden, die ihren ökonomistischen und aggressiv-militanten Ursprung nicht verheimlichen können und die globalen wirtschaftlichen und politischen Interessenlagen der neoliberalen herrschenden Klasse zum Ausdruck bringen. Ideologischen Lehren, (religiösen) Weltanschauungen, aber auch den Gesellschaftswissenschaften mit Einschluss der Ökonomie liegen immer bestimmte Menschenbilder, implizit oder explizit ausformuliert, zugrunde. Menschenbilder sind Vorstellungen, die sich Menschen von einzelnen Menschen, auch von sich selber, von mehreren und von dem Menschen überhaupt machen. Es sind Vorstellungen von dem, was der Mensch ist, was er kann und was er soll. 2 Menschenbilder heben gewisse Eigenschaften und Aspekte beim Blick auf den Menschen hervor und bündeln sie. Gleichzeitig schließen sie aber auch alle anderen denkbaren Aspekte aus. Sie vermitteln uns Perspektiven, mit denen wir bestimmte Entitäten sehen sowie andere ausblenden; sie haben eine selegierende und repräsentierende Funktion, insofern sie Vereinfachungen der objektiven Realität, nicht deren tatsächliche Kopien darstellen. 3 1 R. Rilling, Über die Sirenen der Ökonomie, in: http://www.rainer-rilling.de/texte/sirenen.html, S. 9. 2 Siehe Mueller Science, Psychologie der Menschenbilder, in: http://www.muellerscience.com/PSYCHOLOGIE/Allgemeine/einzel... , S. 1 f. 3 Siehe P. Schmid, Menschenbilder und ihre Wirkung, in: http://pfs-online.at/papers/paper-ibk.htm#text, S. 3.
Menschenbilder leiten aufgrund ihres normativen Charakters unser Handeln an, beziehen sich darauf, wie der Mensch sein bzw. wie er sich verhalten soll. Der normative Charakter der Menschenbilder fußt auf mehr oder weniger schweren ontologischen Annahmen über das Wesen oder die Natur des Menschen. Nicht minder versuchen Menschenbilder unser Verhalten zu erklären, insofern sie sich durch eine explikativ-normative Doppelfunktion 4 auszeichnen. Menschenbilder dienen als Vor- oder Leitbilder für Sozialisations- und Bildungsprozesse über Rechtspolitiken bis hin zu individuellen Lebensentwürfen und -stilen, auf kollektiver und individueller Ebene gleichermaßen. 5 Menschenbilder haben nicht nur eine regulierende Funktion im Erkenntnisprozess und in der Praxis; sie konstituieren 6 auch in der Vermittlung von der Theorie zur Praxis menschliche Realität, Wirklichkeiten nach Menschenmaß. Es wäre inadäquat, wollten wir Menschenbilder als isolierte Instrumente der Weltdeutung und Wirklichkeitsorientierung sehen. Es gibt nämlich auch eine andere Klasse von Vorstellungen, die unsere Weltdeutung leiten, die Weltbilder. Diese beiden Vorstellungsklassen hängen miteinander auf mannigfache Weise zusammen und bestimmen auch andere Bilder, wie Natur- und Gesellschaftsbilder oder Geschichtsbilder. Neben dem homo flexibilis ist das Menschenbild des homo oeconomicus (HO) die andere supplementäre Hauptversion der neoliberalen Anthropologie. Während der HO im Folgenden zur kritischen Würdigung ansteht, verweisen wir beim homo flexibilis auf R. Sennetts anregende Darstellung. Zunächst skizzieren wir in Grundzügen das komplexe, nicht leicht auf den Begriff zu bringende Phänomen des Neoliberalismus, der begründungstheoretisch die Konstitutionsebene des HO bildet. Neoliberalismus in Grundzügen Unter Neoliberalismus (NL) verstehen wir das Konzept der entfesselten Markwirtschaft des gegenwärtigen globalen Kapitalismus. Von seinen Verteidigern wird er als alternativloses, erfolgreiches Wirtschafts- und Gesellschaftskonzept angepriesen, das mindestens drei relevante Werte vermitteln soll. Zum einem das Streben nach Nutzenmaximierung, zum anderen das Interesse an wirtschaftlichem Erfolg. Schließlich lässt er sich durch einen unerschütterlichen, quasi-religiösen Glauben an das harmonische Wirken der 4 Siehe B. Siebenhüner, Homo sustinens als Menschenbild für eine nachhaltige Ökonomie, in: http://www.sowi-online.de/journal/nachhaltigkeit/siebenhuemer.htm, S. 1. 5 Siehe Uniforschung, Die Deutungshoheit im Selbstverständnis. In der Tradition der Marburger Aufklärung: ein Theologe und ein Philosoph im Gespräch über Orientierungsleistungen von Menschenbildern. 6 Siehe P. Schmid, a.a.O. 23
- Seite 1 und 2: ( D S S ) e . V . DDDD r e s d e n
- Seite 3 und 4: Inhalt ERICH HAHN Ideologische Prob
- Seite 5 und 6: Stadium die Differenz zwischen kapi
- Seite 7 und 8: edurfte. Die absolute Unvereinbarke
- Seite 9 und 10: nämlich eine straffe Rechtsordnung
- Seite 11 und 12: dem Denkhorizont der heutigen, ehem
- Seite 13 und 14: imperialistischer Aktivitäten nach
- Seite 15 und 16: Selbstbewusstseins und zur Schwäch
- Seite 17 und 18: Wir hatten von Anzeichen für die B
- Seite 19 und 20: Jahre 1991 erinnert an einen sehr
- Seite 21: Klassen ... über einen (neoliberal
- Seite 25 und 26: Modell einer autoritären Marktgese
- Seite 27 und 28: Was beschreibt bzw. erklärt die RC
- Seite 29 und 30: eine Praxis, die sich daran ausrich
- Seite 31 und 32: entstanden.“ 2 Es sei nur „als
- Seite 33 und 34: teilt, spiegelt sich dieser Gegensa
- Seite 35 und 36: gefährlicher.“ 11 In diesem neue
- Seite 37 und 38: Allein schon wegen der vergleichswe
- Seite 39 und 40: Am deutlichsten zeigt sich die Revi
- Seite 41 und 42: sind, die ihnen angemessene (milit
- Seite 43 und 44: Ernst Woit USA-Strategen über die
- Seite 45 und 46: Eine für die USA spezifische und p
- Seite 47 und 48: gleichen Tag hieß es in einem reda
- Seite 49 und 50: großer Kriege zwischen den Kulture
- Seite 51 und 52: andern an. Historisch ordnet die eh
- Seite 53 und 54: Harry Pursche Zur Funktion der Krie
- Seite 55 und 56: hast und wie du vielleicht sterben
- Seite 57 und 58: In der gesamten Argumentation wird
- Seite 59 und 60: Lothar Glaß Ideologie, Feinde, Fei
- Seite 61 und 62: Die Ängste, die durch Terroranschl
- Seite 63 und 64: ist schwach und dekadent, es fehle
- Seite 65 und 66: Siegfried Schönherr Rüstungsfinan
- Seite 67 und 68: Die weltweiten Rüstungen bzw. Rüs
- Seite 69 und 70: Beherrschung der unmittelbaren sozi
- Seite 71 und 72: und Finanzpolitik immer mehr im pri
22<br />
Horst-Dieter Strüning<br />
Zum Menschenbild <strong>des</strong> Neoliberalismus:<br />
der homo oeconomicus<br />
Problemformulierung<br />
Die Sirenen der neoliberalen Ökonomie, bemerkt R. Rilling, 1 „locken mit<br />
Konsumismus <strong>und</strong> der großen Reduktion von Komplexität“, sie zeigen, fährt<br />
er fort, die „Krise <strong>des</strong> seit der weltpolitischen Wende von 1989/90 dominierenden<br />
Neoliberalismus. Die Sirenen der Ökonomie repräsentieren eine „aktuelle<br />
Zeit“, in der auf neue Weise zwei wesentliche gesellschaftliche Prozesse<br />
<strong>zu</strong>sammengehen; <strong>und</strong> zwar die „maßlosen Dynamiken einer entfesselten<br />
Ökonomie“ einerseits mit „einer von Kriegskalkülen geprägten“, das heißt<br />
„neu entgrenzenden <strong>und</strong> entgrenzten Politik“ andererseits. In diesem auf die<br />
durch den 11. September ausgelöste Fusion von „totalem Markt <strong>und</strong> totalem<br />
Krieg“ bzw. von „Terror der Ökonomie <strong>und</strong> der Gewalt <strong>des</strong> Militärs“ abzielenden<br />
Zusammenschluss sind <strong>zu</strong>gleich anthropologische Bilder konstituiert<br />
worden, die <strong>ihre</strong>n ökonomistischen <strong>und</strong> aggressiv-militanten Ursprung nicht<br />
verheimlichen können <strong>und</strong> die globalen wirtschaftlichen <strong>und</strong> politischen Interessenlagen<br />
der neoliberalen herrschenden Klasse <strong>zu</strong>m Ausdruck bringen.<br />
Ideologischen Lehren, (religiösen) Weltanschauungen, aber auch den Gesellschaftswissenschaften<br />
mit Einschluss der Ökonomie liegen immer bestimmte<br />
Menschenbilder, implizit oder explizit ausformuliert, <strong>zu</strong>gr<strong>und</strong>e. Menschenbilder<br />
sind Vorstellungen, die sich Menschen von einzelnen Menschen, auch<br />
von sich selber, von mehreren <strong>und</strong> von dem Menschen überhaupt machen. Es<br />
sind Vorstellungen von dem, was der Mensch ist, was er kann <strong>und</strong> was er soll. 2<br />
Menschenbilder heben gewisse Eigenschaften <strong>und</strong> Aspekte beim Blick auf<br />
den Menschen hervor <strong>und</strong> bündeln sie. Gleichzeitig schließen sie aber auch<br />
alle anderen denkbaren Aspekte aus. Sie vermitteln uns Perspektiven, mit denen<br />
wir bestimmte Entitäten sehen sowie andere ausblenden; sie haben eine<br />
selegierende <strong>und</strong> repräsentierende Funktion, insofern sie Vereinfachungen der<br />
objektiven Realität, nicht deren tatsächliche Kopien darstellen. 3<br />
1 R. Rilling, Über die Sirenen der Ökonomie, in:<br />
http://www.rainer-rilling.de/texte/sirenen.html, S. 9.<br />
2 Siehe Mueller Science, Psychologie der Menschenbilder, in:<br />
http://www.muellerscience.com/PSYCHOLOGIE/Allgemeine/einzel... , S. 1 f.<br />
3 Siehe P. Schmid, Menschenbilder <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> Wirkung, in:<br />
http://pfs-online.at/papers/paper-ibk.htm#text, S. 3.