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20 Gängig sind auch so genannte Strategiepapiere, Positionsbestimmungen politischer Ziele durch Berater oder Organisationen wie die das Konzept gerechter Kriege aktualisierende Erklärung What we´re fighting for vom April 2002, die 60 amerikanische Intellektuelle unterzeichnet haben, von denen ein Viertel das Amt von Präsidenten oder Direktoren bestimmter Fonds, Zentren oder Assoziationen bekleiden. Derartige Denkfabriken, die sogenannten Think Tanks, sind in den letzten Jahren in zunehmendem Maße Gegenstand analytischer und kritischer Aufmerksamkeit geworden. Sie können als Zentren organisierter Ideologieproduktion angesehen werden, als „Hegemonieapparate im Kampf um die öffentliche Meinung“ 43 , neben den traditionellen Institutionen zur Bereitstellung von parteilichem Wissen. Sie sind nach Tobias Bader „einer bestimmten Partei/Interessengruppe und damit einer eindeutig festzumachenden Weltanschauung oder Ideologie verhaftet“. 44 Zunehmend lässt sich ihre privatwirtschaftliche Struktur – und mithin ihre Profitorientiertheit –, also die Konkurrenz von ideologieproduzierenden Gebilden um finanzkräftige Sponsoren feststellen, eine den Irrationalismus imperialistischer Bewusstseinsentwicklung zweifellos befördernde Perspektive. Wesentlich ist, dass in den Think Tanks die Lokalisierung bürgerlicher Ideologieproduktion und ihre Zuordnung zu bestimmten sozialen Subjekten manifest wird. Es geht nicht nur um die Geldgeber wie Unternehmerverbände, Banken, Fonds, Stiftungen etc. Hinzu kommt die personelle Repräsentanz bestimmter Vertreter des großen Kapitals in den verschiedensten Vereinigungen, womit deren Verflechtung und Koordination belegt ist. „Ungeachtet scheinbar unterschiedlicher Stellungnahmen bilden die Produzenten der herrschenden Ideologie eine relativ homogene Gruppe ...“, schreibt Pierre Bourdieu und spricht von „Reflexionsgruppen aus hohen Militärs, Wirtschaftsleuten und Absolventen der Grand Ecoles“ als „Orten an der Schnittstelle zwischen intellektuellem Feld und Feld der Macht, also dort, wo aus der Sprache Macht entsteht ...“. 45 Interesse verdient zudem der theoretische Ansatz, die internationale Struktur und Wirksamkeit derartiger Institutionen als Moment transnationaler Klassenformierungsprozesse zu beleuchten. Bei allen Konflikten innerhalb der USA und zwischen Europa und Nordamerika verfügen „die herrschenden 43 D. Plehwe, B. Walpen, Buena Vista Neoliberal?, in: K.- G. Giesen (Hrsg.), Ideologien in der Weltpolitik, Wiesbaden 2004, S. 55, 57. 44 T. Bader, Neokonservatismus, Think Tanks und New Imperialism, Köln 2005, S. 117. 45 P. Bourdieu, Interventionen, Bd. 2, Hamburg 2003, S. 9 f.

Klassen ... über einen (neoliberalen) Grundkonsens“, der den sozialliberalen Grundkonsens der Nachkriegszeit abgelöst hat. 46 Es handelt sich offenbar um die ideologische Flankierung von „Keimformen eines globalen staatsmonopolitischen Regulierungssystems im Interesse der transnationalen Konzerne“. 47 Hinsichtlich der Perspektiven und des Reifegrades transnationaler Klassenformierungsprozesse sind gewiss noch viele Fragen zu klären. Unstrittig jedoch dürfte sein, dass sich Elemente einer internationalen Übereinstimmung jeweiliger Klasseninteressen der Monopolbourgeoisie und längst gegebener ideologischer Gemeinsamkeiten wechselseitig ergänzen. Anti-Islamismus, Antikommunismus, Neoliberalismus oder Rassismus sind keine nationalen Erscheinungen. Autor: Prof. Dr. Erich Hahn, Mitglied der Leibniz-Sozietät e.V. 46 D. Plehwe, B. Walpen, Buena Vista Neoliberal?, a.a.O., S. 53. 47 W. Gerns, Lenins Imperialismustheorie und heutiger Kapitalismus, in: Marxistische Blätter, Heft 03/2000, S. 64. 21

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Gängig sind auch so genannte Strategiepapiere, Positionsbestimmungen politischer<br />

Ziele durch Berater oder Organisationen wie die das Konzept gerechter<br />

Kriege aktualisierende Erklärung What we´re fighting for vom April 2002, die<br />

60 amerikanische Intellektuelle unterzeichnet haben, von denen ein Viertel<br />

das Amt von Präsidenten oder Direktoren bestimmter Fonds, Zentren oder<br />

Assoziationen bekleiden.<br />

Derartige Denkfabriken, die sogenannten Think Tanks, sind in den letzten<br />

Jahren in <strong>zu</strong>nehmendem Maße Gegenstand analytischer <strong>und</strong> kritischer Aufmerksamkeit<br />

geworden. Sie können als Zentren organisierter <strong>Ideologie</strong>produktion<br />

angesehen werden, als „Hegemonieapparate im Kampf um die öffentliche<br />

Meinung“ 43 , neben den traditionellen Institutionen <strong>zu</strong>r Bereitstellung<br />

von parteilichem Wissen. Sie sind nach Tobias Bader „einer bestimmten Partei/Interessengruppe<br />

<strong>und</strong> damit einer eindeutig fest<strong>zu</strong>machenden Weltanschauung<br />

oder <strong>Ideologie</strong> verhaftet“. 44 Zunehmend lässt sich <strong>ihre</strong> privatwirtschaftliche<br />

Struktur – <strong>und</strong> mithin <strong>ihre</strong> Profitorientiertheit –, also die Konkurrenz<br />

von ideologieproduzierenden Gebilden um finanzkräftige Sponsoren<br />

feststellen, eine den Irrationalismus imperialistischer Bewusstseinsentwicklung<br />

zweifellos befördernde Perspektive.<br />

Wesentlich ist, dass in den Think Tanks die Lokalisierung bürgerlicher <strong>Ideologie</strong>produktion<br />

<strong>und</strong> <strong>ihre</strong> Zuordnung <strong>zu</strong> bestimmten sozialen Subjekten manifest<br />

wird. Es geht nicht nur um die Geldgeber wie Unternehmerverbände,<br />

Banken, Fonds, Stiftungen etc. Hin<strong>zu</strong> kommt die personelle Repräsentanz bestimmter<br />

Vertreter <strong>des</strong> großen Kapitals in den verschiedensten Vereinigungen,<br />

womit deren Verflechtung <strong>und</strong> Koordination belegt ist. „Ungeachtet<br />

scheinbar unterschiedlicher Stellungnahmen bilden die Produzenten der herrschenden<br />

<strong>Ideologie</strong> eine relativ homogene Gruppe ...“, schreibt Pierre Bourdieu<br />

<strong>und</strong> spricht von „Reflexionsgruppen aus hohen Militärs, Wirtschaftsleuten<br />

<strong>und</strong> Absolventen der Grand Ecoles“ als „Orten an der Schnittstelle zwischen<br />

intellektuellem Feld <strong>und</strong> Feld der Macht, also dort, wo aus der Sprache<br />

Macht entsteht ...“. 45<br />

Interesse verdient <strong>zu</strong>dem der theoretische Ansatz, die internationale Struktur<br />

<strong>und</strong> Wirksamkeit derartiger Institutionen als Moment transnationaler Klassenformierungsprozesse<br />

<strong>zu</strong> beleuchten. Bei allen Konflikten innerhalb der<br />

USA <strong>und</strong> zwischen Europa <strong>und</strong> Nordamerika verfügen „die herrschenden<br />

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D. Plehwe, B. Walpen, Buena Vista Neoliberal?, in: K.- G. Giesen (Hrsg.), <strong>Ideologie</strong>n in der<br />

Weltpolitik, Wiesbaden 2004, S. 55, 57.<br />

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T. Bader, Neokonservatismus, Think Tanks <strong>und</strong> New Imperialism, Köln 2005, S. 117.<br />

45 P. Bourdieu, Interventionen, Bd. 2, Hamburg 2003, S. 9 f.

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