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Ideologie des neuen Imperialismus und ihre Positionen zu ... - DSS

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dem Denkhorizont der heutigen, ehemals reformistischen Sozialdemokratie,<br />

für die selbst die Thematisierung der Verteilungsverhältnisse tabu ist.<br />

Interessant ist nun, wie Lenin, der die Arbeit Hobsons gründlich analysierte,<br />

dieser Argumentation begegnet. Anderthalb Jahrzehnte später <strong>und</strong> angesichts<br />

der Realität eines imperialistischen Weltkrieges war für ihn die Überwindung<br />

der kapitalistischen Ordnung keine Frage einer fernen Zukunft. Sein Problem<br />

war, die geistigen Vorausset<strong>zu</strong>ngen einer systemsprengenden Praxis <strong>zu</strong> klären.<br />

Ihm ging es nicht mehr nur darum, die Existenz <strong>und</strong> den Charakter imperialistischer<br />

Verhältnisse kritisch dar<strong>zu</strong>stellen, sondern Illusionen <strong>und</strong> Halbheiten<br />

der vorhandenen Kritik auf<strong>zu</strong>decken. Die Kernfrage einer Kritik <strong>des</strong> <strong>Imperialismus</strong><br />

sei die nach der Möglichkeit einer gr<strong>und</strong>legenden Änderung durch<br />

Reformen, also einer Abstumpfung der Widersprüche oder <strong>ihre</strong>r Verschärfung<br />

<strong>und</strong> Vertiefung. Deshalb legte er den Akzent der Argumentation auf den<br />

Nachweis <strong>des</strong> gesetzmäßigen, notwendigen Charakters <strong>des</strong> <strong>Imperialismus</strong> „als<br />

Ganzes“, als einer „bestimmte(n) Entwicklungsstufe <strong>des</strong> höchstentwickelten<br />

Kapitalismus“. Deshalb vertrat er die Auffassung von der „Unvermeidlichkeit<br />

<strong>des</strong> <strong>Imperialismus</strong> <strong>und</strong> seines endgültigen Sieges über den friedlichen Kapitalismus<br />

in den fortgeschrittenen Ländern der Welt“. 15 Die Konsequenz war die<br />

Orientierung auf eine gr<strong>und</strong>sätzliche gesellschaftliche Alternative.<br />

Und <strong>des</strong>halb war ihm Hobsons Kritik am Unvermeidlichkeitspostulat imperialistischer<br />

Praxis suspekt. In der Annahme, die benannten Missstände seien<br />

auf dem Boden kapitalistischer Verhältnisse vermeidbar, nicht alternativlos,<br />

sah er eine reformistische Illusion. Hobson habe Kautsky vorweggenommen,<br />

„indem er sich gegen die Unvermeidlichkeit <strong>des</strong> <strong>Imperialismus</strong> wandte <strong>und</strong><br />

sich auf die Notwendigkeit berief, die Konsumtionsfähigkeit der Bevölkerung<br />

<strong>zu</strong> heben (unter dem Kapitalismus!).“ 16 „Das Herrschaftsverhältnis <strong>und</strong> die<br />

damit verb<strong>und</strong>ene Gewalt ... das ist es, was aus der Bildung allmächtiger wirtschaftlicher<br />

Monopole unvermeidlich hervorgehen musste ...“. 17<br />

In diesen Debatten ging es um Selbstverständigungsprozesse der Linken angesichts<br />

einer tiefgreifenden Zäsur in der Entwicklung der kapitalistischen<br />

Gesellschaft. Die Frage nach der Vermeidbarkeit oder Unvermeidlichkeit von<br />

Monopolkapitalismus <strong>und</strong> <strong>Imperialismus</strong> war zwar im philosophischen Vorfeld<br />

sozialistischer Praxis angesiedelt, sie betraf jedoch ein zentrales Paradigma<br />

bürgerlicher Apologetik. Durch die weltanschauliche Naturalisierung der<br />

diese Gesellschaft tragenden Beziehungen <strong>und</strong> Prozesse wird deren historisch<br />

15 Lenin, Werke, Bd. 22, a.a.O., S. 102 f.<br />

16 Lenin, Werke, Bd. 22, a.a.O., S. 293.<br />

17 Lenin, Werke, Bd. 22, a.a.O., S. 211.<br />

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