Winter - Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin
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Nacht, Sturm und Lawinengefahr.<br />
2 Fallbeispiele<br />
Spörri Balz, Michel Werner<br />
Bericht über zwei (fast hoffnungslose) terrestrische<br />
Rettungseinsätze: zwei Brüder am Lauitor im<br />
Dezember 2000, Lawinen-Verschüttung (3h 40min)<br />
am Jungfraujoch am 31.12.2002. Beide Fälle hatten<br />
ein „Happy End“.<br />
Quintessenz: Für die Bergrettung in solchen Fällen<br />
sind verlässliche Bergführer und Piloten<br />
unabdingbar. Ein Arzt ist immer mit an der „Front“.<br />
CPR im Gelände<br />
Katrin Blunschi<br />
Die Situation eines Herzstillstands auf einer Skitour<br />
bedeutet ein Dilemma: Hat es Zweck mit einer<br />
cardiopulmonalen Reanimation (CPR) anzufangen?<br />
Wie lange sollte man reanimieren? Es kommen<br />
zusätzliche Probleme auf einen zu: Material rutscht<br />
den Hang hinunter, Kälte und Nässe setzen<br />
Patienten, Material und Rettern zu. Weiterhin spielt<br />
die Geländeform eine Rolle: Tiefschnee, Steilheit,<br />
Untergrundbeschaffenheit. Wie kann der Patient<br />
unter CPR geborgen und transportiert werden?<br />
Besondere Schwierigkeit: terrestrischer Transport<br />
unter CPR!<br />
State of the art:<br />
Für die CPR gelten heute - egal ob Ein-Helfer- oder<br />
Zwei-Helfer-Methode - neue Richtlinien:<br />
alternierend 15 Herzmassagen und 2 Atemstösse.<br />
Nach Intubation gilt: ohne Unterbrechung<br />
Massieren und Beatmen. FiO2 mehr als 0,4,<br />
Atemzugvolumen 500ml, lange Atemstösse,<br />
Vasopressin 40 IE statt Adrenalin ist <strong>für</strong> die CPR<br />
möglich. Bei Kammerflimmern in zweiter Instanz<br />
Amiodaron 300 mg-Bolus statt Lidocain.<br />
Kreislaufzeichen (Bewegungen) gelten als<br />
Kontrolle der Perfusion statt die unsichere<br />
Pulskontrolle.<br />
Für mögliche Hemmung / Angst vor der Mund-zu-<br />
Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung bei<br />
Ersthelfern gilt: CPR „oben ohne“, - d.h. nur<br />
Herzmassage - ist besser als nicht zu reanimieren<br />
aber schlechter als „oben mit“. Telefonische<br />
Anweisungen können durch die Rettungsleitstelle<br />
gegeben werden.<br />
CPR bei Blitzopfern: Hier ist die Triage umgekehrt.<br />
Primär werden Patienten mit Herzstillstand<br />
versorgt, da die REA hier bessere Erfolgsaussichten<br />
hat. Der Herzstillstand ist häufig selbstlimitierend<br />
und die Hypoxietoleranz ist deutlich besser. Daher<br />
FORUM ALPINUM Nr. 4/04 8<br />
CPR aggressiv und länger als sonst üblich<br />
durchführen. Dilatierte Pupillen sind hier keine<br />
diagnostische Hilfe. Frühe Defibrillation bei<br />
Kammerflimmern durchführen, frühe Intubation<br />
besonders bei Verbrennungen in Gesicht und Hals,<br />
da exzessive Schwellungen zu erwarten sind. Man<br />
muss mit Kontrakturen und<br />
Wirbelsäulenverletzungen rechnen!<br />
CPR bei Hypothermie: primäres und sekundäres<br />
ABCDE, keine Aufwärmversuche draussen<br />
unternehmen, die Bradykardie ist bei Kälte<br />
physiologisch, Kammerflimmern kann unter 30°C<br />
einsetzen: 1-3 Defibrillations-Versuche, dann stopp.<br />
Kein Adrenalin, Atropin, Lidocain unter 30°C<br />
verabreichen! CPR bis ins Spital fortsetzen. Beim<br />
Lawinenopfer erfolgt der Tod durch Asphyxie,<br />
daher gilt hier der Algorithmus mit Atemhöhle<br />
(siehe Richtlinien von B. Durrer).<br />
ATLS und Bergrettung - Möglichkeiten und<br />
Grenzen<br />
Monika Brodmann Mäder<br />
In der Schweiz werden seit 1998 Kurse in<br />
Advanced Trauma Life Support (ATLS)<br />
durchgeführt. Bis zum Jahr 2002 wurden knapp<br />
1000 Ärztinnen und Ärzte in diesen 2- bis 2 1/2tägigen<br />
Kursen, die in Basel, Bern, Genf, Lausanne,<br />
Moudon und Zürich angeboten werden,<br />
ausgebildet. Mehr als die Hälfte der 92<br />
Instruktorlnnen sind Chirurglnnen, 113<br />
Anästhesistlnnen, und der Rest verteilt sich auf<br />
Allgemeinmedizinerlnnen und Internistlnnen (13<br />
%). Frauen sind mit 14% vertreten, und eine<br />
Mehrheit der Instruktorlnnen stammt aus der<br />
Deutschschweiz.<br />
Ziel der Kurse ist die Versorgung eines<br />
polytraumatisierten Patienten in der Notfallstation<br />
eines kleinen Spitals - wobei vor allem auch die<br />
Grenzen der Behandlungsmöglichkeiten und damit<br />
die Verlegung eines solchen Patienten in ein<br />
Zentrumsspital einen grossen Platz einnehmen.<br />
Den Kursen wird häufig vorgeworfen, sie seien auf<br />
die Situation in den Vereinigten Staaten<br />
zugeschnitten und deshalb <strong>für</strong> uns in der Schweiz<br />
unbrauchbar. Andere Kritiken betreffen die<br />
Therapieansätze und die schlechte Übertragbarkeit<br />
auf die Situation in der Praeklinik. .<br />
Trotz dieser Kritiken stellt sich in der praktischen<br />
Arbeit heraus, dass die Struktur dieser Kurse in der<br />
täglichen Arbeit und vor allem in der<br />
Zusammenarbeit mit Notfallstationen und<br />
Kolleglnnen anderer Fachspezialitäten eine gut<br />
anwendbare gemeinsame Sprache vermittelt und<br />
auf diese Weise die Zusammenarbeit wesentlich