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Strafanzeige und Strafprozess - Strafverteidiger|büro

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angebrüllt hat <strong>und</strong> er in einem Reflex mit dem Brotmesser zugestochen hatte,<br />

muss er möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt im Protokoll lesen:<br />

"Ich war an diesem Morgen wieder wütend auf meine Frau. Ich weiß auch nicht<br />

wie es geschehen konnte. Beim Frühstück habe ich dann plötzlich das Messer<br />

ergriffen <strong>und</strong> ihr gezielt dreimal dieses Messer in der Herzgegend in den Körper<br />

gestoßen. Meine Frau hatte keine Möglichkeit, sich zu wehren."<br />

Von einer wortgetreuen Wiedergabe der Aussage des Beschuldigten kann im<br />

Protokoll keine Rede sein. Erstaunlicherweise ist dies auch gesetzlich nicht<br />

vorgeschrieben. Es soll ausreichen, wenn der vernehmende Polizeibeamte<br />

ausgestattet mit seiner kriminalistischen Erfahrung eine korrekte Inhaltsangabe<br />

der Aussagen des Beschuldigten wiedergibt.<br />

Dabei hat der Vernehmende die Aussage unverfälscht <strong>und</strong> wahrheitsgetreu<br />

wiederzugeben. Dass in der Praxis viele Vernehmungsprotokolle an diesem<br />

hohen Anspruch scheitern müssen, ergibt sich aus der Natur der Sache. Die vom<br />

Polizeibeamten verfasste Inhaltsangabe muss notgedrungenerweise immer Teile<br />

der Aussage weglassen. Auslassungen führen bereits zu<br />

jedenfalls zu Missverständnissen .<br />

Verfälschungen ,<br />

Die Auswahl der zu protokollierenden Angaben trifft der Vernehmende. Der<br />

Polizeibeamte wählt damit aus, was wichtig <strong>und</strong> was unwichtig ist. Hat er allzu<br />

sehr sein vorläufiges Bild von der Tat vor Augen, orientiert sich seine Auswahl an<br />

diesem Tatbild <strong>und</strong> nicht an dem vom Beschuldigten geschilderten Bild.<br />

Nicht die Worte des Beschuldigten finden sich im Protokoll wieder, sondern die<br />

Formulierungen des Polizeibeamten . Dies wird als hohe Kunst des Kriminalisten<br />

gepriesen, wenn er mit seinen präzisen Worten exakt <strong>und</strong> auf den Punkt gebracht<br />

den Kern der Aussage wiederzugeben vermag. Dass das eigentliche Interesse<br />

des Beschuldigten <strong>und</strong> das, was er eigentlich sagen wollte, möglicherweise dabei<br />

auf der Strecke bleibt, ist angesichts der menschlichen Schwächen des<br />

Vernehmenden nur allzu natürlich.<br />

Alles dies könnte vermieden werden, wenn beispielsweise ein umfangreiches<br />

wortgetreues Protokoll mitstenografiert würde. Dies ist möglich, aber in

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