Strafanzeige und Strafprozess - Strafverteidiger|büro
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"Auf diese Beleidigung haben Sie doch bestimmt das Messer gezogen <strong>und</strong> in<br />
blinder Wut sofort zugestochen?" fragt der Kommissar verständnisvoll, obwohl<br />
vom Zustechen im Bericht des Beschuldigten noch keine Rede war. Wer will sich<br />
der mitfühlenden Version des Polizisten schon verschließen? Es ist das<br />
einfachste für den Beschuldigten, mit "ja" zu antworten. Der Vernehmende ist<br />
zufrieden, fragt nicht weiter. Der Beschuldigte ist vielleicht froh, nicht mit<br />
denkbaren belastenderen Varianten des Tatbildes konfrontiert zu werden.<br />
Ist die erwartete Antwort in der Fragestellung erkennbar, drängt sie sich sogar auf<br />
oder lässt keine andere Möglichkeit zu, bindet der Vernehmende den<br />
Beschuldigten in unzulässiger Form. Es bedarf schon überdurchschnittlichen<br />
Durchsetzungsvermögens des Beschuldigten, den Vorgaben in einer solchen<br />
suggestiven Fragestellung<br />
Beschuldigte nicht ausgesetzt werden.<br />
zu widerstehen. Einem solchen Druck darf der<br />
Im angeführten Beispiel waren die Vorgaben noch relativ leicht erkennbar.<br />
Schwieriger zu durchschauen sind die durch Sprache versteckten Vorgaben in<br />
der Frage. Der Beschuldigte einer Unfallflucht wird z.B. zu seinen<br />
Wahrnehmungen hinsichtlich der Kollision seines Autos mit einem anderen<br />
Kraftfahrzeug gefragt. "Haben Sie bemerkt, wie sich die beiden Autos berührten?"<br />
wäre eine mögliche Fragestellung. Diese lässt dem Beschuldigten die Darstellung<br />
offen, von dem Unfall selbst nichts gehört zu haben <strong>und</strong> daher weitergefahren zu<br />
sein. "Wie haben Sie reagiert, als die beiden Autos zusammenkrachten?" lässt<br />
dem Beschuldigten diese Chance nicht. Will er die Frage ohne einen logischen<br />
Bruch beantworten, kann er allenfalls schildern, wie kopflos er war, <strong>und</strong> dass er<br />
dachte, es sei vielleicht alles nicht so schlimm. Dass er den Unfall bemerkt hat, ist<br />
schon nach der Fragestellung selbstverständlich; denn ein Zusammenkrachen ist<br />
laut <strong>und</strong> wird von jedermann gehört. Will der Beschuldigte dem Vernehmenden<br />
aber klar machen, dass er wirklich nichts gehört hat, muss er zunächst gegen die<br />
Fragestellung ankämpfen.<br />
Das Vorgehen des Vernehmenden wäre unfair, aber nicht verboten . Viele solcher<br />
Fragestellungen werden allein dem Rahmen der<br />
zulässigen Kriminaltaktik<br />
zugeordnet. Der Fragesteller gilt als geschickt, der auf diese Weise den<br />
Beschuldigten bindet, spätere Widersprüche schon in einer frühen Phase der