Strafanzeige und Strafprozess - Strafverteidiger|büro
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kann, sind zwei völlig verschiedene Sachverhaltsdarstellungen in der Akte - eine<br />
in der Anzeige <strong>und</strong> eine in der Beschuldigtenvernehmung. Aussage gegen<br />
Aussage, das ist nicht unbedingt ein erfreuliches Ergebnis für den Beschuldigten.<br />
Die Staatsanwaltschaft wird die Frage, wem zu glauben ist, häufig offenlassen<br />
<strong>und</strong> Anklage erheben, damit im <strong>Strafprozess</strong> der Richter eine endgültige<br />
Entscheidung treffen kann. Das war sicherlich nicht das Ziel des Beschuldigten.<br />
Es kann aber noch schlimmer kommen. Im Laufe der Vernehmung bemerkt der<br />
offen redende Beschuldigte häufig, dass der Polizeibeamte nicht unbedingt der<br />
aufgeschlossene Gesprächspartner ist, als den dieser sich zunächst dargestellt<br />
hatte. Viele Dinge, die der Beschuldigte zu seiner Entlastung vorgetragen hat,<br />
werden skeptisch hinterfragt <strong>und</strong> überraschend in ihr Gegenteil verkehrt.<br />
Beispiel: Der Beschuldigte, der mit dem Vorwurf der Vergewaltigung seiner<br />
früheren Fre<strong>und</strong>in konfrontiert wird, gibt in aller Offenheit zu, dass es in der<br />
vergangenen Woche ein Versöhnungsgespräch zwischen beiden gegeben habe,<br />
bei dem es auch zu sexuellen Kontakten kam. "Es kam also zum<br />
Geschlechtsverkehr", konstatiert der Vernehmende. Der Beschuldigte will die<br />
besondere Einvernehmlichkeit des sexuellen Geschehens darstellen <strong>und</strong><br />
beschreibt in allen Details den lustvollen <strong>und</strong> zum Teil heftigen Liebesakt. "Ganz<br />
schön gewaltsam", stellt die Polizei fest, die aus der gesamten Darstellung nur<br />
eine Betrachtungsweise wählt: Ein gewaltsam durchgeführter<br />
Geschlechtsverkehr. Dass dieser gegen den Willen der Frau durchgeführt wurde,<br />
ergibt sich aus deren Anzeige. Der Beschuldigte hat durch sein rechtfertigendes<br />
Reden das Tatbild abger<strong>und</strong>et. Durch Schweigen statt Reden hätte er sich<br />
zumindest nicht geschadet.<br />
Ein weiteres Beispiel: Die Ehefrau soll ihren Mann im Bett erschlagen haben. Bei<br />
der Polizei legt sie ein Geständnis ab. Totschlag - bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe<br />
drohen ihr maximal. Bei der Vernehmung fragt sie der Kommissar<br />
vertrauensselig: "Ihr Mann hat doch sicherlich geschlafen, als sie zugeschlagen<br />
haben?" Dies hat er zwar nicht, aber die beschuldigte Ehefrau will sich im<br />
Nachhinein nicht als ganz brutale Verbrecherin darstellen, die den Ehemann<br />
sehenden Auges tötet. Sie bejaht daher die Frage <strong>und</strong> begeht damit unbewußt<br />
einen eklatanten Fehler. Die Tötung des Schlafenden wird von der