Strafanzeige und Strafprozess - Strafverteidiger|büro

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28.10.2013 Aufrufe

"Aber Sie haben doch damals der Polizei gesagt, dass Sie die Geschwindigkeit des entgegenkommenden Autos als sehr hoch eingeschätzt haben!" Der unerfahrene Zeuge sieht sich hier häufig in Bedrängnis. Ihm wird vom Fragesteller nahegelegt, entgegen der bisher in der Hauptverhandlung gemachten Aussage nochmals das zu bestätigen, was er vor Monaten bei der Polizei gesagt hat. Schließlich hat er damals seine Aussage unterschrieben. Er will nicht in den Verdacht geraten, damals etwas Falsches unterschrieben zu haben. Dieser Druck wird größer, wenn er genüsslich gefragt wird: "Ist das hier auf dem polizeilichen Protokoll Ihre Unterschrift?" Nur der selbstbewusste Zeuge wird sich hier aus der Bedrängnis befreien können. Er muss allein sich, seiner Wahrnehmungsfähigkeit und seiner Erinnerung vertrauen, will er sich nicht einfach zum Werkzeug eines anderen machen lassen. Denn Widersprüche zwischen verschiedenen Aussagen sind denkbar. Sie finden eine natürliche Erklärung , ohne dass der Zeuge gleich in einer der sich widersprechenden Aussage gelogen haben muss. Eine Erklärung ist, dass normalerweise das Gedächtnis mit der Zeit nachlässt . Der Zeuge hat sich möglicherweise bei der polizeilichen Vernehmung noch an Dinge erinnert, die zwischenzeitlich seinem Gedächtnis entschwunden sind. Auch wenn diesem Gedächtnis durch den Vorhalt auf die Sprünge geholfen werden soll, bleibt in der Hauptverhandlung beim Zeugen unter Umständen nur ein schwarzes Loch. Er darf nur das sagen, woran er sich noch erinnert, und das ist unter Umständen nichts. Eine Abweichung der Zeugenaussage in der Hauptverhandlung zum polizeilichen Protokoll kann auch eine andere Ursache haben. In der Hauptverhandlung hat jeder die Worte gehört, die der Zeuge selbst gewählt hat. Dagegen beruht das polizeiliche Protokoll auf den Formulierungen des Polizeibeamten . Hierin können Widersprüche enthalten sein, die der Zeuge aus seiner Sicht nie so gesehen hat. Solche Widersprüche entdeckt erst ein nachbohrender Richter oder Verteidiger. In diesem Fall sollte sich der Zeuge von niemandem auf eine polizeiliche Formulierung festlegen lassen. Er sollte lieber in die Offensive gehen und zugeben, dass ihm seinerzeit bei der Polizei die jetzt aufgedeckte Ungenauigkeit der Aussage entgangen ist.

Schließlich kann es ausnahmsweise sein, dass sich der Zeuge in der Hauptverhandlung an sehr viel mehr als bei seiner Vernehmung vor der Polizei erinnert. Häufig wird er erst durch die polizeiliche Vernehmung auf die Problematik einiger Details aufmerksam gemacht. Daraufhin lässt er sich nach der Vernehmung noch Dinge durch den Kopf gehen, über die er zuvor nicht nachgedacht hat. Randdetails, die er bislang nicht für wichtig erachtete, stehen ihm auf einmal später wieder vor Augen. Die nachträgliche Beschäftigung mit dem Thema kann also dazu führen, dass der Zeuge in der Hauptverhandlung mehr Angaben macht, als dies im polizeilichen Protokoll nachzulesen ist. Auch dies sollte der Zeuge vor Gericht offen so erklären. Er ist der Erwartung von niemandem verpflichtet. Er muss allein vor sich selbst verantworten, ob er sich zum Zeitpunkt der Aussage noch an bestimmte Dinge erinnert und diese wiedergeben kann. Fühlt sich das Gericht der Suche nach der Wahrheit verpflichtet, wird es das akzeptieren. Gerne neigen allerdings Gerichte dazu, nur das flugs abzufragen, was sie bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung im polizeilichen Vernehmungsprotokoll bereits gelesen haben. Das erspart Arbeit und Umdenken. Auf diese Einstellung muss der Zeuge vorbereitet sein. Umdenken muss auch der Zeuge, der ein gerichtliches Protokoll seiner Aussage erwartet. Auch wenn der Protokollführer oder der Richter den Eindruck erweckt, er würde fleißig mitschreiben, so täuscht dies. Ein den Inhalt der Zeugenaussage wird verbindliches Protokoll über bei Gericht nicht gefertigt . Die Frage des Zeugen: "Können Sie mir noch mal vorlesen, was ich vorhin gesagt habe?" ist also sinnlos. Allein entscheidend für das Urteil ist, was jedermann im Gerichtssaal gehört hat. Da das manchmal leider sehr unterschiedlich ist, muss der Zeuge damit rechnen, dass zwischen Verteidiger und Richter beispielsweise eine Diskussion darüber ausbricht, was er - der Zeuge - gerade gesagt hat. 5.) Die Vereidigung - wie muss der Zeuge schwören? Der Zeuge muss schwören. Mit himmlischer Unterstützung - "so wahr mir Gott helfe" - oder ohne, die Vereidigung hat dieselbe Wirkung. Ihm wird lediglich

Schließlich kann es ausnahmsweise sein, dass sich der Zeuge in der<br />

Hauptverhandlung an sehr viel mehr als bei seiner Vernehmung vor der Polizei<br />

erinnert. Häufig wird er erst durch die polizeiliche Vernehmung auf die<br />

Problematik einiger Details aufmerksam gemacht. Daraufhin lässt er sich nach<br />

der Vernehmung noch Dinge durch den Kopf gehen, über die er zuvor nicht<br />

nachgedacht hat. Randdetails, die er bislang nicht für wichtig erachtete, stehen<br />

ihm auf einmal später wieder vor Augen. Die nachträgliche Beschäftigung mit<br />

dem Thema kann also dazu führen, dass der Zeuge in der Hauptverhandlung<br />

mehr Angaben macht, als dies im polizeilichen Protokoll nachzulesen ist.<br />

Auch dies sollte der Zeuge vor Gericht offen so erklären. Er ist der Erwartung von<br />

niemandem verpflichtet. Er muss allein vor sich selbst verantworten, ob er sich<br />

zum Zeitpunkt der Aussage noch an bestimmte Dinge erinnert <strong>und</strong> diese<br />

wiedergeben kann. Fühlt sich das Gericht der Suche nach der Wahrheit<br />

verpflichtet, wird es das akzeptieren. Gerne neigen allerdings Gerichte dazu, nur<br />

das flugs abzufragen, was sie bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung im<br />

polizeilichen Vernehmungsprotokoll bereits gelesen haben. Das erspart Arbeit<br />

<strong>und</strong> Umdenken. Auf diese Einstellung muss der Zeuge vorbereitet sein.<br />

Umdenken muss auch der Zeuge, der ein gerichtliches Protokoll seiner Aussage<br />

erwartet. Auch wenn der Protokollführer oder der Richter den Eindruck erweckt,<br />

er würde fleißig mitschreiben, so täuscht dies. Ein<br />

den Inhalt der Zeugenaussage wird<br />

verbindliches Protokoll über<br />

bei Gericht nicht gefertigt . Die Frage des<br />

Zeugen: "Können Sie mir noch mal vorlesen, was ich vorhin gesagt habe?" ist<br />

also sinnlos. Allein entscheidend für das Urteil ist, was jedermann im Gerichtssaal<br />

gehört hat. Da das manchmal leider sehr unterschiedlich ist, muss der Zeuge<br />

damit rechnen, dass zwischen Verteidiger <strong>und</strong> Richter beispielsweise eine<br />

Diskussion darüber ausbricht, was er - der Zeuge - gerade gesagt hat.<br />

5.) Die Vereidigung - wie muss der Zeuge schwören?<br />

Der Zeuge muss schwören. Mit himmlischer Unterstützung - "so wahr mir Gott<br />

helfe" - oder ohne, die Vereidigung hat dieselbe Wirkung. Ihm wird lediglich

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