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28.10.2013 Aufrufe

zehn unterschiedliche Tatversionen zu erwarten, so sollte der Angeklagte diese schweigend auf sich zukommen lassen. Das Ergebnis der Beweisaufnahme könnte eine einzige große Verwirrung sein. Nach dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten kann der Angeklagte die berechtigte Hoffnung haben, freigesprochen zu werden. Würde der Angeklagte stattdessen seine eigene und damit möglicherweise eine elfte Tatversion abliefern, so läuft er Gefahr, dass ihm diese unter Umständen als Lügengeschichte widerlegt wird. Er würde sich hier in jedem Fall bei der Beweiswürdigung negative Punkte einhandeln. Ist demgegenüber vorhersehbar, dass mit großer Sicherheit die Beweisaufnahme zu Lasten des Angeklagten ausgehen wird, ist er zum Handeln gezwungen. Dieses Handeln kann darin bestehen, dass er weiterhin schweigt und stattdessen - soweit vorhanden - Entlastungsbeweise beantragt. Es kann aber auch angezeigt sein, dass der Angeklagte in die Offensive geht und "seine" Entlastungsgeschichte gleich zu Beginn gegen die Belastungsgeschichte der Staatsanwaltschaft setzt. Das hat zumindest den atmosphärischen Vorteil, dass sich in den Köpfen der Richter bei der nachfolgenden Beweisaufnahme nicht nur eine einzige denkbare Variante des Tatgeschehens festsetzt. b.) Das Geständnis Sind die Vorwürfe der Anklageschrift - jedenfalls zum größten Teil - zutreffend und darf der Angeklagte auch erwarten, dass ihm die Tat in der Hauptverhandlung bewiesen wird, bleibt ihm häufig nur die Flucht nach vorn. Mit einem Geständnis erleichtert er möglicherweise nicht nur sein Gewissen, er darf sich auch sicher sein, dass das Gericht diese Verhaltensweise im Urteil strafmildernd berücksichtigen wird. Zum einen wegen der gezeigten Reue , zum anderen weil ein glaubwürdiges Geständnis weite Teile einer Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung überflüssig werden lässt. In dieser Konstellation ist es für den Angeklagten auch von Vorteil, wenn Gericht und Staatsanwaltschaft nach dem Geständnis auf die Vernehmung der noch auf

dem Flur wartenden Zeugen verzichten. Durch das Geständnis ist die Tat zwar bewiesen. In seiner eigenen Darstellung wird der Angeklagte jedoch stets die Formulierungen vermeiden, die die Tat in einem besonders ungünstigen Licht erscheinen lässt. Er wird über seine Motive, seine Beeinflussung durch Dritte oder möglicherweise eine unglückliche Verkettung von Umständen berichten. In jedem Fall ist es die Tatschilderung aus Sicht des Angeklagten, die das Gericht mit in seine Urteilsberatung nimmt. Demgegenüber erntet der Angeklagte häufig nur zusätzliche Negativpunkte, wenn verbitterte Zeugen in ihrer Aussage ihrem Unmut oder gar Hass gegen den Angeklagten freien Lauf lassen. Die Schilderung der unerträglichen Schmerzen des Verletzten können die Schöffen zu Tränen rühren. Die Zeugenaussage der betrogenen alten Frau hinterlässt vom Angeklagten nur noch das Bild eines widerwärtigen Ekels. Auch wenn solche Zeugenaussagen emotional gefärbt und sachlich übertrieben sind, wirken sie sich zu Lasten des Angeklagten bei der Strafzumessung aus. Das Geständnis zu Beginn der Hauptverhandlung kann dies vermeiden. c.) Erst schweigen, dann reden Nur das frühe Geständnis bringt umfassenden Strafrabatt. Viele Richter beeilen sich daher, den Angeklagten darauf hinzuweisen, dass ein Geständnis am Ende der Hauptverhandlung nicht mehr viel nützt. Das ist nur zum Teil richtig. Auch ein Geständnis am Ende der Beweisaufnahme kann als reumütiges Eingestehen der Tat bewertet werden. Die Strafreduzierung ist vielleicht geringer, unter Umständen hat der Angeklagte aber durchaus Veranlassung, dieses Risiko einzugehen und zu Beginn der Hauptverhandlung zu schweigen. Sieht er Chancen auf ein günstiges Ergebnis der Beweisaufnahme, hat er das Recht, diese Chance zu nutzen. Schweigen und abwarten kann sich für den Angeklagten auch deswegen als günstig herausstellen, da er sich auch im Laufe der Hauptverhandlung jederzeit

dem Flur wartenden Zeugen verzichten. Durch das Geständnis ist die Tat zwar<br />

bewiesen. In seiner eigenen Darstellung wird der Angeklagte jedoch stets die<br />

Formulierungen vermeiden, die die Tat in einem besonders ungünstigen Licht<br />

erscheinen lässt. Er wird über seine Motive, seine Beeinflussung durch Dritte<br />

oder möglicherweise eine unglückliche Verkettung von Umständen berichten. In<br />

jedem Fall ist es die Tatschilderung aus Sicht des Angeklagten, die das Gericht<br />

mit in seine Urteilsberatung nimmt.<br />

Demgegenüber erntet der Angeklagte häufig nur zusätzliche Negativpunkte,<br />

wenn verbitterte Zeugen in ihrer Aussage ihrem Unmut oder gar Hass gegen den<br />

Angeklagten freien Lauf lassen. Die Schilderung der unerträglichen Schmerzen<br />

des Verletzten können die Schöffen zu Tränen rühren. Die Zeugenaussage der<br />

betrogenen alten Frau hinterlässt vom Angeklagten nur noch das Bild eines<br />

widerwärtigen Ekels. Auch wenn solche Zeugenaussagen emotional gefärbt <strong>und</strong><br />

sachlich übertrieben sind, wirken sie sich zu Lasten des Angeklagten bei der<br />

Strafzumessung aus. Das Geständnis zu Beginn der Hauptverhandlung kann dies<br />

vermeiden.<br />

c.) Erst schweigen, dann reden<br />

Nur das frühe Geständnis bringt umfassenden Strafrabatt. Viele Richter beeilen<br />

sich daher, den Angeklagten darauf hinzuweisen, dass ein Geständnis am Ende<br />

der Hauptverhandlung nicht mehr viel nützt. Das ist nur zum Teil richtig. Auch ein<br />

Geständnis am Ende der Beweisaufnahme kann als reumütiges Eingestehen der<br />

Tat bewertet werden. Die Strafreduzierung ist vielleicht geringer, unter<br />

Umständen hat der Angeklagte aber durchaus Veranlassung, dieses Risiko<br />

einzugehen <strong>und</strong> zu Beginn der Hauptverhandlung zu schweigen. Sieht er<br />

Chancen auf ein günstiges Ergebnis der Beweisaufnahme, hat er das Recht,<br />

diese Chance zu nutzen.<br />

Schweigen <strong>und</strong> abwarten kann sich für den Angeklagten auch deswegen als<br />

günstig herausstellen, da er sich auch im Laufe der Hauptverhandlung jederzeit

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