Strafanzeige und Strafprozess - Strafverteidiger|büro

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28.10.2013 Aufrufe

Der in der Umgangssprache allgemein verständliche Begriff der Tat ist damit für das Strafverfahren von grundlegender Bedeutung. Die Juristen haben an diesem Begriff daher - für Laien bis zur Unkenntlichkeit verstellt - herum interpretiert. Im Prinzip soll eine Tat ein einmaliger historischer und überschaubarer Vorgang sein, der klar umrissen ist und von jedem anderen historischen Vorgang unverwechselbar abgetrennt werden kann. Die Umschreibung der Tat in der Anklageschrift muss daher so genau sein, dass die beschriebene Tat mit theoretisch anderen Taten nicht mehr verwechselt werden kann. Wirft die Anklageschrift dem Tatverdächtigen beispielsweise vor, er habe irgendwann im Laufe des Vormittags in der Innenstadt von Frankfurt ein nicht näher beschriebenes Fahrrad gestohlen, reicht diese Tatbeschreibung nicht aus. Im selben Zeitraum sind am selben Orte mit Sicherheit zahlreiche andere Fahrräder gestohlen worden, die angeklagte Tat könnte mit diesen Taten verwechselt werden. Unverwechselbar sollte daher Tatort, Tatzeit und Tatobjekt geschildert werden. Der Diebstahl des roten Herrenfahrrads von Dr. Müller gegen 11.00 Uhr morgens an der Hauswand der Mainstraße in Frankfurt ist die Beschreibung einer solchen unverwechselbaren Tat. Die Tat kann allerdings weiterhin unverwechselbar bleiben, wenn einige Teile der Schilderung unpräziser werden. Kann die Tatzeit nicht genau festgelegt werden und heißt es daher in der Anklageschrift, der Täter habe irgendwann in der Nacht zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr morgens das Fahrrad gestohlen, ist die Tat nach wie vor exakt beschrieben. Durch die Nennung des Tatobjektes und zumindest die Einschränkung der Tatzeit ist eine Verwechselbarkeit mit anderen Diebstahlstaten nicht gegeben. Das kann sogar soweit gehen, dass dem Tatverdächtigen ein Mord an Juliane Müller in der Zeit von Juli 1989 bis August 1990 vorgeworfen wird. Das ist zwar höchst unbestimmt, möglicherweise kann ein Gerichtsmediziner den Todeszeitpunkt aufgrund der Leichenuntersuchung nicht genauer festlegen. Unverwechselbar kann die Tat unter Umständen aber trotzdem bleiben, weil zumindest das Opfer und die Todesursache genau identifizierbar ist. Andere Tötungsdelikte an dem selben Opfer sind nicht denkbar. Notwendig ist in diesem Fall allerdings, dass - steht schon der genaue Tatzeitpunkt nicht fest - zumindest

die weiteren Elemente des Tötungsdeliktes, wie zum Beispiel die Tötungsart, genau beschrieben werden. Auch wenn eine Tat ein überschaubarer und abgrenzbarer historischer Vorgang ist, muss diese Tat nicht immer nur wenige Sekunden oder Minuten umfassen. Ein langfristig aufgebautes Betrugsmanöver kann Wochen umfassen. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof die Figur der Fortsetzungstat erfunden. Immer dann, wenn der Tatverdächtige vergleichbare Taten begeht, die nicht allzu weit zeitlich und räumlich auseinanderliegen, kann eine Tatserie insgesamt als eine einzige Tat bewertet werden. Das funktioniert nicht bei Delikten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter, wie beispielsweise Tötungs-, Körperverletzungsdelikte oder Erpressung. Das kommt allerdings sehr häufig bei Diebstahls-, Betrugs- oder Drogentaten vor. Führt der Drogentäter immer wieder über einen Zeitraum von mehreren Monaten an bestimmten Wochentagen eine vergleichbare Menge von Drogen über die deutsch-holländische Grenze ein, so wird er nicht wegen zwanzig oder dreißig Taten der unerlaubten Einfuhr angeklagt, sondern lediglich wegen einer Fortsetzungstat. Gleiches gilt für sogenannte Einbruchsserien. Eine einzige Tat kann unter diesen Umständen Monate oder gar Jahre andauern. Das hat den Vorteil, dass lediglich eine einzige Tat angeklagt ist. Das hat für den Angeklagten allerdings den Nachteil, dass alle - auch die bislang unentdeckten - Teile dieser angeklagten Tat später in der Hauptverhandlung ohne weiteres mit verhandelt und auch mit verurteilt werden können. Wurden z.B. nur zehn Einbrüche einer Diebstahlsserie angeklagt, so kann sich später in der Hauptverhandlung ergeben, dass der Angeklagte tatsächlich in einer als einheitlich anzusehenden Serie zwanzig Mal eingebrochen ist. Damit würden zwar unerwartete Veränderungen der Anklage in der Hauptverhandlung eintreten. Diese Veränderungen bewegen sich aber im Rahmen der einen einzigen angeklagten Tat. Nach einem entsprechenden bloßen Hinweis durch das Gericht kann es auch die neu entdeckten Teile dieser Tat nunmehr in sein Urteil mit einbeziehen.

die weiteren Elemente des Tötungsdeliktes, wie zum Beispiel die Tötungsart,<br />

genau beschrieben werden.<br />

Auch wenn eine Tat ein überschaubarer <strong>und</strong> abgrenzbarer historischer Vorgang<br />

ist, muss diese Tat nicht immer nur wenige Sek<strong>und</strong>en oder Minuten umfassen.<br />

Ein langfristig aufgebautes Betrugsmanöver kann Wochen umfassen. Darüber<br />

hinaus hat der B<strong>und</strong>esgerichtshof die Figur der Fortsetzungstat erf<strong>und</strong>en. Immer<br />

dann, wenn der Tatverdächtige vergleichbare Taten begeht, die nicht allzu weit<br />

zeitlich <strong>und</strong> räumlich auseinanderliegen, kann eine Tatserie insgesamt als eine<br />

einzige Tat bewertet werden. Das funktioniert nicht bei Delikten gegen<br />

höchstpersönliche Rechtsgüter, wie beispielsweise Tötungs-,<br />

Körperverletzungsdelikte oder Erpressung. Das kommt allerdings sehr häufig bei<br />

Diebstahls-, Betrugs- oder Drogentaten vor. Führt der Drogentäter immer wieder<br />

über einen Zeitraum von mehreren Monaten an bestimmten Wochentagen eine<br />

vergleichbare Menge von Drogen über die deutsch-holländische Grenze ein, so<br />

wird er nicht wegen zwanzig oder dreißig Taten der unerlaubten Einfuhr<br />

angeklagt, sondern lediglich wegen einer Fortsetzungstat. Gleiches gilt für<br />

sogenannte Einbruchsserien. Eine einzige Tat kann unter diesen Umständen<br />

Monate oder gar Jahre andauern.<br />

Das hat den Vorteil, dass lediglich eine einzige Tat angeklagt ist. Das hat für den<br />

Angeklagten allerdings den Nachteil, dass alle - auch die bislang unentdeckten -<br />

Teile dieser angeklagten Tat später in der Hauptverhandlung ohne weiteres mit<br />

verhandelt <strong>und</strong> auch<br />

mit verurteilt<br />

werden können. Wurden z.B. nur zehn<br />

Einbrüche einer Diebstahlsserie angeklagt, so kann sich später in der<br />

Hauptverhandlung ergeben, dass der Angeklagte tatsächlich in einer als<br />

einheitlich anzusehenden Serie zwanzig Mal eingebrochen ist. Damit würden<br />

zwar unerwartete Veränderungen der Anklage in der Hauptverhandlung eintreten.<br />

Diese Veränderungen bewegen sich aber im Rahmen der einen einzigen<br />

angeklagten Tat. Nach einem entsprechenden bloßen Hinweis durch das Gericht<br />

kann es auch die neu entdeckten Teile dieser Tat nunmehr in sein Urteil mit<br />

einbeziehen.

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