Strafanzeige und Strafprozess - Strafverteidiger|büro

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28.10.2013 Aufrufe

Schwerer oder einfacher Diebstahl, Vergewaltigung oder lediglich sexuelle Belästigung? Im Ermittlungsverfahren war der Beschuldigte noch mit der gesamten Palette der kriminellen Bewertung des Strafgesetzbuchs konfrontiert. Die Anklageschrift informiert ihn jetzt darüber, von welchem Delikt die Staatsanwaltschaft ausgeht. In barocken und zum Teil wenig verständlichen Formulierungen ist in der Anklageschrift zu lesen, welches Delikt der Angeschuldigte begangen haben soll. Es handelt sich zumeist lediglich um ein Zitat des Original-Gesetzestextes. Wen die Formulierungen irritieren, der kann dies im Strafgesetzbuch nochmals nachlesen: die Anklageschrift enthält eine Liste der Paragraphen, die die Staatsanwaltschaft für verwirklicht hält. So erschreckt der Angeschuldigte darüber ist, dass überhaupt Anklage gegen ihn erhoben worden ist, so kann auf der anderen Seite bereits die Bewertung der vorgeworfenen Tat eine erste Schadensbegrenzung darstellen. Wird zum Beispiel nicht - wie noch im Ermittlungsverfahren angedroht - ein Diebstahl in einem schweren Fall angeklagt, sondern lediglich ein einfacher Diebstahl, so weiß der Angeschuldigte, dass er mit einer Geldstrafe davonkommen kann. Beim schweren Diebstahl wäre auch das Minimum eine Freiheitsstrafe gewesen. Der Angeschuldigte darf zunächst davon ausgehen, dass er im Urteil später nicht schlimmer bestraft wird, als dies in der Anklageschrift angekündigt worden ist. Ist lediglich eine sexuelle Nötigung angeklagt, darf ein Gericht später nicht einfach wegen einer Vergewaltigung verurteilen. Der Angeschuldigte hat allerdings keine absolute Sicherheit. Kommt das Gericht später zu einer schwerwiegenderen rechtlichen Bewertung der Tat, kann es dann doch wegen des schwerwiegenderen Delikts verurteilen, wenn es den Angeschuldigten hierauf ausdrücklich hingewiesen hat. Erfolgt allerdings zu keinem Zeitpunkt ein solcher Hinweis, kann der Angeschuldigte zurecht darauf vertrauen, dass das Gericht die Sache nicht schwerwiegender sieht als die Staatsanwaltschaft. d.) Die angeklagte Tat

Mit der Bezeichnung des Delikts weiß der Angeschuldigte lediglich, dass ihm beispielsweise ein Diebstahl vorgeworfen wird. Zusätzlich muss die Anklageschrift darüber informieren, wie der Sachverhalt aussieht, den die Staatsanwaltschaft als Diebstahl bewertet. In zumeist recht kurzen Worten umschreibt die Anklageschrift die eigentliche Tat. Der Leser erfährt, wann, wo und unter welchen Umständen welchem Geschädigten welche Sachen weggenommen worden sind. Diese Tatbeschreibung in der Anklageschrift ist enorm wichtig für das gesamte Strafverfahren . Das Gericht darf nur über den Sachverhalt urteilen, den die Staatsanwaltschaft angeklagt hat. Entdeckt das Gericht darüber hinaus in der Hauptverhandlung durch Zeugenaussagen weitere Taten des Angeklagten, darf es grundsätzlich deswegen nicht verurteilen. Das Strafgericht ist an das Thema gebunden, das ihr die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift vorgegeben hat. Wirft zum Beispiel die Anklage dem Tatverdächtigen vor, er habe in der Nacht vom 02. auf den 03. April einen Audi PKW mit einem bestimmten Kennzeichen in der Bahnhofstraße vor dem Haus Nummer 8 in Hamburg aufgebrochen und ein Radio entwendet, so ist die angeklagte Tat fixiert. Stellt das Gericht später in der Hauptverhandlung fest, dass der Angeklagte mit dem beschriebenen Aufbruch nichts zu tun hat, aber in derselben Nacht fünf andere Autos aufgebrochen hat, kann es ihn deswegen nicht verurteilen. Der Angeklagte ist daher freizusprechen. Wegen der neuen Taten kann der Staatsanwalt später eine weitere Anklageschrift verfassen. Die Tatbeschreibung in der Anklageschrift gibt dem Angeschuldigten damit eine Sicherheit darüber, was ihn in der Hauptverhandlung erwartet. Weiteres Beispiel: Sind beim Angeschuldigten von der Polizei zwei gestohlene Pelzmäntel sichergestellt worden, wird ihm in der Anklageschrift das Delikt der Begünstigung oder Hehlerei vorgeworfen. Die Tatbeschreibung besteht in dem unredlichen Besitz dieser Mäntel. Hier kann sich der Angeschuldigte zumindest sicher sein, dass er in diesem Verfahren nicht auch wegen des mehrere Monate zurückliegenden Einbruchs in das Pelzgeschäft verurteilt werden kann. Der Einbruch ist eine ganz andere Tat als das spätere Aufbewahren der Beute. Nur die letzte Tat ist angeklagt und kann daher vom Gericht verurteilt werden (später kann allerdings die Staatsanwaltschaft aufgrund neuer Erkenntnisse unter Umständen noch eine neue Anklage wegen des Einbruchsdiebstahls erheben).

Mit der Bezeichnung des Delikts weiß der Angeschuldigte lediglich, dass ihm<br />

beispielsweise ein Diebstahl vorgeworfen wird. Zusätzlich muss die<br />

Anklageschrift darüber informieren, wie der Sachverhalt aussieht, den die<br />

Staatsanwaltschaft als Diebstahl bewertet. In zumeist recht kurzen Worten<br />

umschreibt die Anklageschrift die eigentliche Tat. Der Leser erfährt, wann, wo<br />

<strong>und</strong> unter welchen Umständen welchem Geschädigten welche Sachen<br />

weggenommen worden sind.<br />

Diese<br />

Tatbeschreibung in der Anklageschrift ist enorm<br />

wichtig für das gesamte<br />

Strafverfahren . Das Gericht darf nur über den Sachverhalt urteilen, den die<br />

Staatsanwaltschaft angeklagt hat. Entdeckt das Gericht darüber hinaus in der<br />

Hauptverhandlung durch Zeugenaussagen weitere Taten des Angeklagten, darf<br />

es gr<strong>und</strong>sätzlich deswegen nicht verurteilen. Das Strafgericht ist an das Thema<br />

geb<strong>und</strong>en, das ihr die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift vorgegeben hat.<br />

Wirft zum Beispiel die Anklage dem Tatverdächtigen vor, er habe in der Nacht<br />

vom 02. auf den 03. April einen Audi PKW mit einem bestimmten Kennzeichen in<br />

der Bahnhofstraße vor dem Haus Nummer 8 in Hamburg aufgebrochen <strong>und</strong> ein<br />

Radio entwendet, so ist die angeklagte Tat fixiert. Stellt das Gericht später in der<br />

Hauptverhandlung fest, dass der Angeklagte mit dem beschriebenen Aufbruch<br />

nichts zu tun hat, aber in derselben Nacht fünf andere Autos aufgebrochen hat,<br />

kann es ihn deswegen nicht verurteilen. Der Angeklagte ist daher freizusprechen.<br />

Wegen der neuen Taten kann der Staatsanwalt später eine weitere Anklageschrift<br />

verfassen.<br />

Die Tatbeschreibung in der Anklageschrift gibt dem Angeschuldigten damit eine<br />

Sicherheit darüber, was ihn in der Hauptverhandlung erwartet. Weiteres Beispiel:<br />

Sind beim Angeschuldigten von der Polizei zwei gestohlene Pelzmäntel<br />

sichergestellt worden, wird ihm in der Anklageschrift das Delikt der Begünstigung<br />

oder Hehlerei vorgeworfen. Die Tatbeschreibung besteht in dem unredlichen<br />

Besitz dieser Mäntel. Hier kann sich der Angeschuldigte zumindest sicher sein,<br />

dass er in diesem Verfahren nicht auch wegen des mehrere Monate<br />

zurückliegenden Einbruchs in das Pelzgeschäft verurteilt werden kann. Der<br />

Einbruch ist eine ganz andere Tat als das spätere Aufbewahren der Beute. Nur<br />

die letzte Tat ist angeklagt <strong>und</strong> kann daher vom Gericht verurteilt werden (später<br />

kann allerdings die Staatsanwaltschaft aufgr<strong>und</strong> neuer Erkenntnisse unter<br />

Umständen noch eine neue Anklage wegen des Einbruchsdiebstahls erheben).

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