Strafanzeige und Strafprozess - Strafverteidiger|büro
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Schwerer oder einfacher Diebstahl, Vergewaltigung oder lediglich sexuelle<br />
Belästigung? Im Ermittlungsverfahren war der Beschuldigte noch mit der<br />
gesamten Palette der kriminellen Bewertung des Strafgesetzbuchs konfrontiert.<br />
Die Anklageschrift informiert ihn jetzt darüber, von welchem Delikt die<br />
Staatsanwaltschaft ausgeht.<br />
In barocken <strong>und</strong> zum Teil wenig verständlichen Formulierungen ist in der<br />
Anklageschrift zu lesen, welches Delikt der Angeschuldigte begangen haben soll.<br />
Es handelt sich zumeist lediglich um ein Zitat des Original-Gesetzestextes. Wen<br />
die Formulierungen irritieren, der kann dies im Strafgesetzbuch nochmals<br />
nachlesen: die Anklageschrift enthält eine Liste der Paragraphen, die die<br />
Staatsanwaltschaft für verwirklicht hält.<br />
So erschreckt der Angeschuldigte darüber ist, dass überhaupt Anklage gegen ihn<br />
erhoben worden ist, so kann auf der anderen Seite bereits die Bewertung der<br />
vorgeworfenen Tat eine erste Schadensbegrenzung darstellen. Wird zum Beispiel<br />
nicht - wie noch im Ermittlungsverfahren angedroht - ein Diebstahl in einem<br />
schweren Fall angeklagt, sondern lediglich ein einfacher Diebstahl, so weiß der<br />
Angeschuldigte, dass er mit einer Geldstrafe davonkommen kann. Beim<br />
schweren Diebstahl wäre auch das Minimum eine Freiheitsstrafe gewesen.<br />
Der Angeschuldigte darf zunächst davon ausgehen, dass er im Urteil später nicht<br />
schlimmer bestraft wird, als dies in der Anklageschrift angekündigt worden ist. Ist<br />
lediglich eine sexuelle Nötigung angeklagt, darf ein Gericht später nicht einfach<br />
wegen einer Vergewaltigung verurteilen. Der Angeschuldigte hat allerdings keine<br />
absolute Sicherheit. Kommt das Gericht später zu einer schwerwiegenderen<br />
rechtlichen Bewertung der Tat, kann es dann doch wegen des<br />
schwerwiegenderen Delikts verurteilen, wenn es den Angeschuldigten hierauf<br />
ausdrücklich hingewiesen hat. Erfolgt allerdings zu keinem Zeitpunkt ein solcher<br />
Hinweis, kann der Angeschuldigte zurecht darauf vertrauen, dass das Gericht die<br />
Sache nicht schwerwiegender sieht als die Staatsanwaltschaft.<br />
d.) Die angeklagte Tat